Kurt Rossacher Modell und Bronzeguß - zwei Obstholzmodelle Hans Krumpers für die Bronzestatuen der Jahreszeiten I Hans Krumper, xsommen. Obstholzmodell, Detailansicht. Privatbesllz Anmerkungen 1 - 2 ' Dovolhan Diemer. Hans Klumpal. in: Wlllelsbach und Bayem, Ausstel- lungskalalog m1. l Bayerisches Nalionalmuseum, Kai. XHIIS. 144. Nv. 176. Hans Krumper (1570-1634), herzoglich bayerischer Hofbildhauer, lernte bei dern niederländischen Bild- hauer Hubert Gerhard das Modellieren der Form in Ter- rakotta und Wachs als Vorbereitung für den Bronze- gußf Daß er auch in dem einer Kunstkammerder Spatrenais- sance würdigen Material des harten Obstholzes gear- beitet hat. beweisen die Statuen des Sommers und des Herbstes, welche unlängst aufgetaucht sind. Sie sind die exakten Modellefürdie im Bayerischen Nationalmu- seum aufbewahrten Bronzen in einer Folge dervierJah- reszeiten." Daß der aus der Holzschnitzerstadt Weil- heim gebürtige Sohn eines Holzbildhauers und vorerst als Jüngling am Material des Holzes geschulte iiHans Krumper von Weilheimrl auch wenigstens später gele- gentlich zum edlen harten Obstholz griff, ist durchaus plausibel und keineswegs auszuschließen. Daß wir diese mutige Behauptung am Beispiel von zwei neuentdeckten außerordentlich qualitätvollen Skulptu- ren aufstellen. setzt einen grundsätzlichen sorgfältigen Rundumvergleich zwischen den Bronzen und den Holz- modellen voraus. Es erweist sich, daßdie Holzmodelle nicht nur identisch und in ieder Hinsichtebenbürtig, sondern in der Feinheit der letzten Schärfe den Bronzen noch etwas überlegen sind. Wie einige erhaltene. in der Komposition jedoch noch stark abweichende Zeichnungen erweisen, sind die Bronzen dervierJahreszeiten fürvierkleine Brunnen im Grottenhofder Münchener Residenz bestimmt, welche um den Perseusbrunnen Hubert Gerhards postiert waren. Die vorliegenden beiden Holzmcdelle sind zur Verwen- dung als autonome Dekorationsliguren im Inneren eines Palastes entstanden. Beim weiteren Gußvorgang hat man sie im Schalenguß in Wachs umgegossen. Die nachziselierte Wachsform wurde sodann mit Gußsand ummantelt und herausgeschmolzen. ln die Höhlung wurde schließlich die flüssige Bronze eingegossen. Zum Zwecke ihrer autonomen Aufstellung als Dekora- tionsfiguren haben die Holzfiguren Standplinthen, wel- che beim Umguß in Wachs weggelassen wurden, da für die Bronzen in den Brunnen schmalere. dekorierte Standbasen vorgesehen waren. Die Maße bestätigen in hervorragender Weise unsere Darstellung. Die Bronzen messen 85 cm, die Holzmo- delle 91 cm. Bei einer Plinthenstärke von durchschnitt- lich5cm und 1 cm üblichem Gußschwund istdie genaue Relation zwischen Modell und Bronze gegeben. Die exakte morphologische Prüfung enueist die voll- runde ldentität von Modellen und Bronzen. Der einzige Unterschied ist das Bärtchen des Herbstes. welches bei der Holzfigur fehlt. Diese ist darin iiflorentinischeru, die Bronze wniederländischera. Es ist sichtlich am Wachsmodell hinzugefügt worden. Zur Frage möglicher vKopienrr. In derartiger Vollkom- menheit wäre dies in hartem Obstholz schlechterdings unmöglich. Irgendwo in dervollrunden Gestaltung wäre eine weiche Stelle sichtbar. Ein derart bedeutender Kopist hätte irgendwo Spuren seiner persönlichen Handschrift hinterlassen. Repliken werden stets schlanker und eleganter, die Hände zarter. Der charak- teristische scharfe Gesichtsschnitt um 1600 wäre wei- cher und lyrischer. Die markige Schrittstellung des Herbstes würde eleganter, die Falten weicher, die Gesarntqualität in dervollrunden Drehung unausweich- lich geringer. Dies sind die in Jahrhunderten immerwie- derevidenten Gesetzlichkeiten,welchezwischenOrigi- nal und Replik auftraten. Der sorgfältige Qualitätsvergleich der Oberfläche erweist die Holzmcdelle den Bronzen stellenweise überlegen. Besonders auffällig ist dies bei der Betrach- tung des Rückens des Herbstes. Die rechte Schulter zeigteinenlebendigerenAteminden DetailsderMusku- latur. Auch die Gewänder sind in ihren Faltensäumen den Bronzen etwas überlegen. Diefeinen Unterschiede sind dienatürliche FolgederHerstellungderGußplastik aus dem Modell. Die neugefundenen Holzmcdelle Krumpers geben einen interessanten Einblick in Möglichkeiten seiner Arbeitsweise. Gleichzeitig sind uns rnit diesen edlen Obstholzfiguren zwei verlorene Kunstkammerstücke der bayerischen Spätrenaissance neu geschenkt worden. 59