202
alte und moderne
Antiquitätenmesse 1985
Neue Hofburg, Wien
9. 17. November
Die Erweiterungspolitik
amerikanischer Museen
in den 70er Jahren
Moderne österreichische
Glasmalerei
f.
r.
Essay
Farbe und Licht
v. I. .r.r-r,.lnle.wf......
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neuentdecktes Selbstbildnis
jungen Maulbertsch
Ernst Stöhr
ns Waldburgers Mondseer Hochaltar
NORDISMO-Diskussion
ef Hoffmanns Ateliereinrichtung
Kunstkauf ist ein Akt
der Lebensfreude
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MARTIN JOHANN SOHMIDT KREMSER SOHMIDU, JOSEPH
SOHWEMMINGER, JOSEF FEID, RUDOLF VON ALT, JOHANN
WERNER, EDUARD SWOBODA, JOSEF LAUER, JOHANN MICHAEL
NEDER, FRAIX
REITER, JOSEF
STEINFELD, OARL MARKO, JOHANN BAPTIST
OLZER, MATTHIAS SOHMID, OEOIL VAN HAANEN,
RUDOLF HAUSLEITHNER, JULIUS VON BLAAS, HANS CANON,
ANTON HLAVAOEK, EMIL JAKOB SOHINDLER, MARIE EGNER,
ANTON ROMAKO, OARL SOHUOH, THEODOR VON HORMANN,
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UGO DARNAUT, EUGEN VON BLAAS, FERDINAND
LUDWIG GRAF, ALFRED ZOFF, JOHANN NEPOMUK GELLER,
JOSEF STOIIZ
ALFRED BUOHTA,
ER, GEORG MERKEL, ANTON FAISTAUER,
LOIS PREGARTBAUER, HELENE FUNKE,
JOSEF DOBROWSKY, ERNST HUBER, FERDINAND KITT UND
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Erlesene Auswahl von Kunstgewerbe. Gemälde. Skulpturen.
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2011202 klIHSt
alte und moderne kunsi 30. Jahrgang 1985 Heft 2011202
Edward A. Maser
Ein neuentdecktes Selbstbildnis
des jungen Maulbertsch
Manfred Koller
Melchior Hefeles Modell für den Hochaltar
von Sonntagberg
Franz Wagner
Hans Waldburgers Mondseer Hochaltar 11
Gerhard P. Woeckel
Bemerkungen zur deutschen Barockmalerei
anhand der Besprechung der Neuauflage 1984
des Kataloges der Deutschen Barockgalerie
in Augsburg 17
Kurt Rossacher
Zur NORDlSMO-Diskussion 20
Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Sammlung von Metallen zu einer Neuerwerbung
Elisabeth Schmuttermeier
Silber des 18., 19. und 20. Jahrhunderts 22
Cynthia Prossinger
Josef Hoffmanns Ateliereinrichtung für Ernst Stöhr 24
Eva Banszky-Kiss
Die Wiener Confiserie Altmanh Kühne, 1935 30
Charlotte Blauensteiner
Jugend gestaltet
Eine Sonderschau bei der Internationalen
Handwerksmesse in München 34
Jost Schäfer
Historisches bei Flobert Rauschenberg 36
Helga Kessler-Aurisch
Die Erweiterungspolitik amerikanischer Museen
im Laufe der siebziger Jahre 41
Alois Vogel
Farbe und Licht
Moderne österreichische Glasmalerei 51
Kurt Rossacher
Modell und Bronzeguß
zwei Obstholzmodelle Hans Krumpers für die
Bronzestatuen der Jahreszeiten 59
Künstlerprofile
Robert Keil 80 Jahre
von Robert F. Keil jun. 58
Sepp Schmölzer
von Leopold Netopil 64
Österreichisches Museum für angewandte Kunst 65
Aktuelles KunstgeschehenIÖsterreich 66
Fundamente derWissenschaft 70
Kunst und Antiquitäten 72
Bildnachweis und Impressum vor Seite
Tilelbilder
Heinrich Tahedl, Apsisgeslaltung vPlingslenw. 130 m1 große
Glasfensterwand. WildendürnbachIWeinvieneIINÖ.
Franz Anton Maulberlsch, Selbstbildnis in jungen Jahren,
ÖllPappa, 38 28,7 cm. Privatbesitz
Herausgeber Kurt Rossacherin Verbindung mitGerharl Egger, Herbert Fuxund Wilhelm Mrazek.
Redaktion Franzwagnerund Leopold Netopil in Zusammenarbeit mit Kurt RossacheLAloisVogel
und Christian Wili-Döring. Anschrift der Redaktion Wien Österreichisches Museum lür ange-
wandte Kunst. Stubenring 5,A-1010 Wien 0222I725696IDw. 2992, Anschrift der Redaktion Salz-
burg Salzburger Barockmuseum. Postfach 12. A-5024 Salzburg 0662177432. Eigentümer und
Verleger AMK-Verlag. 11-6040 Innsbruck, Kugeliangweg 15 05222162531-0.
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A'504O Innsbruck, Kugeliangweg 15. 05222162531-0. Erscheinungsort Innsbruck. Preis
inkl. Porto Jahresabonnement. Nummern davon Doppelhette öS 590.- Inkl. MWSL.
DM 83.-. sFr 73.-, Einzelheft öS 150.- Rates. second class mail included. subscrlptlon
issues numbers per anno US 42.- by air US 62.-.
Bildnachweis Seitenangabe in Ziffern
Aus L. Allcway American PopArl, New York, 1974, 40 AMKA
Redaktion WienISalzburg67,69,72-TheArtInstituteofChica-
go, 47, 48 Archiv P. Asenbaum. Wien, 70, 71 Städtische
Kunstsammlungen, Augsburg, 17. 18 Archiv E. Bänszky-
Kiss, Budapest, 3033 Bundesdenkmalamt. Wien,
Kirchol, 1A3IMejchar 3,4 Archiv L. Castelli. New York, 40
L. CasteIliGallery, New York, 40 Cleveland Museum of Art,
Cleveland, 49 Diözesan-Bildstelle, LinzlDr. E. Widder. 12
Archlv H. Eschlböck, Linz, S5 Archiv V. Häuselholer, Wien,
35 Hamburger Kunsthalle, 19 Archiv K. Herber, Wien, 35
Aus lnterieur 1900, 1. Jg., 26 Archiv F. Jakowitsch, NO..
53. 54 Archiv E. Janss, Thousand OakslOaL, 39 Archiv
Dr. Fl. Kailiun., Wien, SB-A. Kolozs, Museumlür Kunstgewer-
be, Budapest, 32 G. Kraus, Wien-Mauer, 55 Aus Zoran
Krzisnik, Giselbert Hoke, Residenz-Verlag, Salzburg 1967, 56
-LandesbildstelleSalzburg, 13-Aus Magnum, Frankfurtam
Main, 1956. Heil10,53 Archiv E. A. MaserlChicago,
G. Meister, München, 34 Archlv G. Nandori. Wien, 65 Na-
tional Gallery oiArt, Washington D. 0., 41 '43 Neumeister,
München, 5963 Österreichische Galerie, Wien,
Österreichisches Museum lür angewandte KunstIG. Aba.
G. Mayer, Wien, 22, 23, 25-29Il. Schindler, NarbuttßLieven,
65 Orsz. Müemleki Fologyeloseg. Sümag, Archiv J. Fla-
taitz, Wien, 34 Archiv R. FiauschenberglKalalog, Washing-
ton. 37 -Aus A. FloesslenAnton Faistauer. WienerVolksbuch-
verlag, 1947, 52 Salzburger Barockmuseum, Salzburg. 20,
21 70, 71 Archiv S. Schmülzer, Klagenfurt, 64, 65 Archiv
C. Schrack-Praun, Wien, 56 Archiv I. Sonnabend, New York,
39- Archiv Sonnabend, NawYork. 39- Stedelijk Museum,
Amsterdam, 36 H. S1eiskal,Salzburg.60-63 Ernst-Stüm-
Archlv. St. Pölten, 27-29 Archiv H. Tahsdl, Wien, 51, 52, 57
The Metropolitan Museum 01 Art, New YcrklR. Cheek. 45l
M. Barcellona, 4GIL. Gardiner, 46 United States Information
Agency, Wien, 44, 50 Aus Ver Sacrum, 3. Jg.l1900, 24, 26!
1.Jg,i1898, 26 -Archiv F. Wagner. Salzburg, 11, 12, 14, 15
Archiv L. Waltl, Innsbruck, 65 Weber, Graz, 54 Aus Kata-
log A. WickenburgIPressehaus F. Molden, WienIOnh, Graz. 53
Kunstverlag Wollrum, Wien, 55, 57
Gelörden durch das
Bundesministerium für Wissenschait
und Forschung
Gefördert durch das
Bundesministerium für Unterricht und
Kunst
Edward A. Maser
Ein neuentdecktes Selbstbildnis
des jungen Maulbertsch
zehn Jahren etwa stellte ich die traditionelle Datie-
und Interpretation des weltbekannten Selbstpor-
Maulbertschs in der Österreichischen Galerie in
ge. das früher als Altersporträt, ein oder zwei
re vor seinem Tod entstanden, angesehen worden
worin das Jugendliche Porträt auf der Papierrolle
Bildnis seines einzigen überlebenden Sohnes
ieutet wurde, Ich fand, daß das Portrat auf einem
leren basierte, dem des langiahrigen Kollegen
späteren Schwiegervaters Maulbertschs, Jakob
imutzer, des Begründers und ersten Direktors der
Kupferstecher-Akademie.die spätermitderKunst-
demie vereinigt wurde. Diese Tatsache legte es
iedaßessichhiernichtumeinezufalligeWiederver-
idung einer Komposition handelte wie Haberditzl
hte', sondern andere Gründe maßgebend waren,
auch eine neue Deutung des Selbstbildnisses
töglichen. Ich meine, daß gerade die Ireie und sug-
.tive Malweise und das Geheimnisvolle, dasalle For-
ier in diesem Bild gesehen haben, seit es Haberditzl
die ÖsterreichischeGalerieangekaufthat. rnitMaul-
tschs enger Verbundenheit mit Schmutzer erklärt
'den können, Dabei kornmtvorallem dieTatsachein
racht, daß t780, weniger als drei Monate nach dem
seiner ersten Frau, Barbara, mit der er 35 Jahre
ebt hatte, der 56iahrige Maulbertsch Schmutzers
"ahrlge Tochter Katharina heiratete, ein Mädchen.
ser seit dessen Kindheit gekannt hatte. Der Ehe sind
in zwei Söhne entsprossen, wovon nur einer den
ler überlebte. Das Problem wird noch schwieriger,
1h man bedenkt, daß bei den wenigen Porträts und
bstbildnissen alle in Fresken, die Maulbertsch
iut, er immer mitgroßem Konnen auf genaueste Por-
ähnlichkeit bedacht war, wie ein Blick auf seine
teren Selbstporträts alle al tresco zeigt. In
rteg rnalte er als Sliiähriger 1757158 auf dem Seilen-
zr der iiAnbetung der Hirten" einen Brot und Milch
bringenden Hirten, der wohl ein Selbstporträt sein
ßAbb. 3. Die Details seiner Physiognomie sind klar
markant die lange, stark vorspringende Nase, die
breite gewolbte Stirn. der bewegliche. ausdrucksvolle
Mund,diezurNasenwurzelzu buschigenAugenbrauen,
daskleine runde Kinn undder lange Hals lauterZuge,
die auch im Selbstbildnis der Österreichischen Galerie
trotz seiner Frontalitat zu finden sind 7. der starke
Schatten im Gesicht rechts ist eben durch die stark vor-
springende Nase bedingt Abb. 5.
Dieselben Züge konnen auch in einem anderen Selbst-
portrat beobachtet werden. In den leider zerstörten
Fresken der Schwechater Pfarrkirche von 1764 malte
Maulbertsch in dem Vierungslresko ein Selbstbildnis
als Kirchendiener im Talar mit Bettchen. der für Moses
die Gesetzestaleln ernporhält eine auch an sich nicht
uninteressante Darstellung, denn es gab damals keine
so gekleideten Mesner im katholischen Österreich
Abb. 4. Hiersieht man, daßdie Physiognomiedieselbe
ist. aber einen noch schalkhalteren Ausdruck hat als in
Sümeg, den Ausdruck eines Mannes, dessen Humor
schon in Jüngeren Jahren evident war, Angesicht
ser Beispiele genauer Selbstbildnisse begann IC
der sogenannten iiexpressionistiscltenir Qualitä"
Selbstbildnisses im Belvedere zu zweifeln und dar
auch an der Deutung des Knabenbildnisses linl
Bild. Konnte dieses nicht anstatt ein Porträts
Sohnes des Künstlers auch ein Selbstbildnis se
dem sich der alternde Maler im Rückblick als der
zehniährigesieht,dervorvielenJahrennachdergr
Stadt Wien kam, um seine künstlerische Ausbil
zu beschließen? Konnte nicht die Tatsache, dal
Selbstporträteine rascl-igemalte Kopievielleicht
eine Parodie aufdas Porträt Sclimutzers ist, daran
deuten, daß Maulbertsch vielleicht der jungen
rina Schmutzer damit sagen wollte. daß er gealte
und sich seitdiesen frühen Jahren sehrverändertl
mit einem Wort, daß er "alt genug sei, um ihr Vat
seinirv Könnte man nicht meinen, dal Maulbertscl
Eranz Anton Maulbertsch, Selbstbildnis in jungen Jahren.
OllPappe, 38 28,7 crn. Privatbesitz
anz Anton Maulbertsch, Kopf des Hirten Selbstbildnisaus
Fresko der "Anbetung der Hirtenri, 1757158, in der Pfarr-
che SumegiUng Ausschnitt
anz Anton Maulbertsch. Kopf des Kirchendieners Selbst-
dnis aus dem Vierungsfresko der Ptarrkirche zum
Jakob des Alteren, 1764, SchwechatiNiederosterreich
zrstört 1945 Ausschnitt
anz Anton Maulbertsch, Selbstbildnis ca. 1779180, Wien,
sterreichische Galerie. Ausschnitt
anz Anton Maulbertsch, Die Hand des Malers aus dem
ibstbildnis in jungen Jahren Abb. 1,2 Ausschnitt
anz Anton Maulbertsch, Die Hand des Malers aus dem
rlbstbildnis in der Österreichischen Galerie Abb. 5. Aus-
hnitt
zrkungen
ie EdwardA MasermFranzAnton Maulbertsch as Portraitist Some
stions about lhe Viertrta SetlPorlraitm Panllreon, XXlXIA. 1971.
292-307
tl Martin Haberdiizl, FranzAlrtari Maulbertsch, Sonderhelt der uMll-
ngen der Österreichischen Galerien, bearbeitet von Gertrude
äriharrtmer WIEN l977,S 566,Artm 451
inschflll lauter SEIDSIEPOIIIEH VON fMäiEIÄIUICOIIIIGUSÜGIFSIHWQ
BaumeisIer-Famiilß Conslanz Spätere Provertieriz
trinOltoWessnerH85t i924 JetzttmeulopäischenPrlvatbesitz
einer alten und noch immer lebendigen Tradition eines
Vanitasbildes folgt Subleyras Selbstportät in der Aka-
demie, schon damals in Wien, ist ein gutes Beispiel
dafür, das den unaufhaltsamen Gang der Zeit symboli-
siert, und daherannehmen, daß das Bild nicht um 1794,
zwei Jahre vor seinem Tod. sondern, mehr überzeu-
gend, näher dem Datum seiner Hochzeit rnit Katharina
Schmutzer, also um 1780, anzusetzen wäre? Dasganze
Problem des Selbstbildnisses in der Österreichischen
Galerieistalsoweitgehendnoch nichtgelösLelnelnter-
pretation, wie eben vorgeschlagen, ist durchaus mög-
lich, sie entspricht den tatsächlichen Gegebenheiten
in Maulbertschs Leben eher als das gefühlvolle und
melancholische Wermächtnisrr, das die Forschung der
dreißiger Jahre dem Bild mitgegeben hat. Seine Bezie-
hung zum Schmutzer-Porträt und seine skizzenhafte
Malweise wären dann kein Rückgriff aut eine frühere
Stilphase, den Maulbertsch kurz vor seinem Tod voll-
zogen hätte, denn in seinem Alter malte er ja ganz
anders, sondern sie wären vielleicht durch Hast oder
einen ganz bewußten Mangel an Ernst zu erklären, näm-
lich als privaterScherz zwischen dem ungleichen Paar.
Daurkundliches Material nichtvorhanden ist, bleibt das
Ganze natürlich eine offene Frage. Da aber bewiesen
werden kann, daß Maulbertsch ein ausgezeichneter
Bildnismaler von großer Genauigkeit war, fehlt für die
höchst eigenartige Selbstdarstellung der Österreichi-
schen Galerie die entsprechende Erklärung.
Das ganze Problem von Maulbertschs Porträtrnalerei
sicherlich nicht die Hauptsache in seinem Werk, als
welche die monumentalen Fresko- und Ölgemälde gel-
ten müssen stellte sich mir neu, als ich im vergange-
nen November von einem Freund eine Fotografie und
ein Ektachrom eines Selbstbildnisses in Wien erhielt. Er
hatte es gerade als ein dem Italiener Amigoni zuge-
schriebenes Werk erworben. Beim ersten Blick der
inzwischen von anderen Maulbertsch-Forschern bestä-
tigt wurde erkannte ich, daß es nicht von dem italieni-
schen Rokokomaler, sondern nur von Maulbertsch
gemaltwordenseinkonnte,abereinSelbstbildnisinsei-
nenjungenJahrendarstellteAbb.1, DiePhysiogni
ist unverkennbar. Interessanterweise zeigt eine
schritt auf der Rückseite Abb. daß es sich ein
Besitz eines Mitglieds der Architektenfamilie Thur
Konstanz befunden hatteä so stammt das
immerhin aus dem Bodenseegebiet, wo Maulbei
geboren wurde.
Ein Vergleich mit den gesicherten Selbstporträts bi
tigt die Identität des Dargestellten Abb. dies
Nase, Stirn, stark vertretende Backenknochen, gt
die Nasenwurzel buschige Augenbrauen und das kl
runde Kinn wie das Porträt in Sümeg Abb. und
mehr das verlorene Porträt in Schwechat Abb
obwohlzweifellosin äiterenJahrenAberhierhabe
nicht die eher witzige Darstellung in der Verkleir
eines Hirten oder eines Kirchendieners, sonderr
ernsteres, verbindlicheres Selbstporträt eines jur
Mannes, der in einen Spiegel hinunterblicktdieser
sehr klein gewesen sein und sehr sorgfältig seine
in Malerei überträgt und zwar in meisterhafter
trotz seines jugendlichen Alters. Das wird noch dt
oher, wenn man das Bild mit dem Selbstbildnis
Österreichischen Galerie vergleicht Abb. wc
Züge dieselben zu sein scheinen, die Art der Ma
aber sehrversohieden ist. Das späte Selbstporträt;
die freiere skizzenhaftere Malweise, diedie Forscl
als seinen frühen Malstil betrachtet. wie auch sein-
skizzen, Das frühe Selbstporträt hingegen ist sorgf
malerisch ausgeführt. Das beweist wiederum, daß
Selbstporträt in der Österreichischen Galerie nich
Rückgriff auf einen früheren Stil zu verstehen ist,
dern als eine flüchtige, hastige vinformelleii Art
Malerei, die der biedere Maulbertsch nicht für solcl
bedeutungsvolles Porträt verwendet hatte. als welr
das Bild in derösterreichischen Galerie bishervers
den wurde.
Das neu gefundene Selbstporträt ist eine Bereiche
unserer Kenntnisse von Maulbertschs Frühzeit,
noch immervoll ungeloster Fragen ist. lndiesem Bil
der Künstler noch einjunger Mann, etwa in den Zwz
gerjahren. Die Identifikation mit Maulbertsch basiert
nicht nur auf der physiognomischen Ähnlichkeit,
obwohl diese überzeugend ist. Sie beruht auch auf dem
Kolorit.besonders im offenen Kragen und indem blauen
Rock mit den für ihn typischen Weißhöhungen. Die
Hand des Porträtierten verdient auch besondere
Beachtung Abb. 6. Sie ist in einerfreieren. lockeren Art
gemalt als das Gesicht, sie war wahrscheinlich nicht
Ergebnis der genauen Beobachtung im Spiegel. In der
Tat legt ihre Stellung im Bild die Ansicht nahe, daß sie
überhaupt ohne Hilfe des Spiegels gemalt wurde. Der
junge Maler mischt seine Farben auf der Palette. deren
oberer Rand an der Unterkante des Bildes zu sehen ist.
Bemerkenswert ist auch die Art, wie der Pinsel gehalten
wird mit zwei Fingern, wobei der kleine Finger in einer
fast affektierten Weise abgespreizt ist ebenso wie
der alte Maulbertsch seine Hand mit dem Pinsel im spä-
ten Selbstporträt malte Fig. obwohl das dort in einer
so summarischen und skizzenhatten Artgeschieht, daß
es aussieht wie eine expressionislisch gemalte Hand,
etwa von Soutine. Aber wie man sieht der Pinsel
wird von zwei Fingern gehalten und der kleine wegge-
streckt wie in dem neu gefundenen Jugendporträt.
Wann dieses neue Selbstbildnis gemalt worden ist, muß
offenbleiben. Es ist nicht datiert, aberaus seiner genau-
eren Betrachtung kann man gewisse Schlüsse ziehen.
Die Züge sinddie eines sehriungen Mannes, das maleri-
sche Können. besonders die Behandlung der Hand, läßt
an den freien. lockeren Malstil denken, der für seine
Frühzeittypisch ist, obwohl das Gesichttschließlich die
Hauptsache mit glatten Pinselstrichen sorgfältig
durchmodelliert ist. Für einen jungen Maler schon an
sich eine große Leistung. Trotz der Gefahr einer viel-
leichtzu subjektiven Interpretation möchte ich aus dem
Ausdruck dieses Jugendportrats Anhaltspunkte für
seine Datierung gewinnen. Es ist das Gesicht eines auf
sich selbst vertrauenden Menschen, der hinunterblickt
eine Pose, die vielleicht durch den Spiegel bedingt ist
und fast frech, oder besser mutig dreinblickt das
Gesicht eines jungen Mannes, der schon mit 15 Jahren
sein Vaterhaus in Langenargen verließ, vielleicht hinauf
nach Ulm ging, um dann mit einer Ulmer Schachtel die
Donau hinunterzufahren nach der großen kaiserlichen
Haupt- und Ftesidenzstadt Wien, wo er viel von Van Roy
lernte und an der Malerakademie bei Troger und Mildor-
fer studierte. Seine künstlerische Tätigkeit in den Jah-
ren 1745 49, als die Akademie während des Österrei-
chischen Erbfolgekrieges geschlossen war, ist uns fast
unbekannt. Wir wissen nur, daß er noch als Student am
15. August 1745 in der Pfarrkirche zum hl. Michael in
Fischamend Barbara Schmidtin, die 24jährige Tochter
eines Baders zu Vösendorf, Johannes Schmidt, heira-
tete, mit der er dann fast 35 Jahre in kinderloser Ehe
zusammenlebte. Erging an die Akademiezurück, als sie
wiedereröffnetwurde, und seine Fähigkeiten waren mit
26 Jahren schon so groß, daß er mit seinem Gemälde
"Die Akademie mit ihren Attributen bey den Füßen
Minervensr 1750 den 1. Preis erhielt und damit akade-
mischer Maler wurde, 1759 wurde er ordentliches Mit-
glied der Akademief ln den späten vierziger oder frü-
hen fünfziger Jahren muß Maulbertsch sein Selbstpor-
trät gemalt haben, das ihn sowohl selbstbewußt, als
auch vielleicht unbewußt als arrivierten Maler in
der kaiserlichen Residenzstadt zeigt. Es ist das sympa-
thische Gesicht eines jungen Malers voll Vertrauen in
das eigene Können, zur Zeit als er seine Arbeit für die
Piaristen begann, die in seinem ersten großen Fresko
auftrag für die Decke der Kirche Maria Treu zwischen
1752 und 53 kulminierte eine unerhörte Leistung für
einen Maler seines Alters. der in der Verherrlichung
Mariens durch das Alte und Neue Testament gewisser-
maßen auch seine eigene Glorie der Nachwelt hinter-
ließ? Etwas vorn unerschrockenen. sich selbst vertrau-
enden. um nicht zu sagen übermütigen Charaktereines
jungen Mannes, der alles zu wagen bereit ist, spricht
aus diesem Porträt.
Wofür das Porträt gemalt worden war, ist auch unbe-
kannt. DieTatsachedaß es aus derKonstanzerGegend
auf uns zukommt, läßt vermuten, daß Maulbertsch es
vielleicht für seine Familie in Langenargen gemalt und
dorthin geschickt hat, ehe er seine verwitwete Mutter
und zwei verwaiste Schwestern nach dem Tod des
Vaters am 20. Mai 1748 zu sich nach Wien kommen ließ.
was anscheinend schon vor 1750 geschah. Vielleicht
hat seine Mutter es bei dieser Gelegenheit einem Mit-
glied der Familie Thumb gegeben, von dem. der In-
schrift auf der Rückseite des Porträts nach, das Bild
später erworben wurde.
Solche Ergänzungen zu Maulbertschs Werk sind nicht
nur an sich wichtig. sie lassen auch viele Probleme sei-
nes Oeuvres neu sehen. Das hier vorgestellte frühe
Selbstporträt, meisterhaft in Form und Farbe und in der
Genauigkeit des physiognomischen Details. ist so sou-
verän in der Definition der Form und in der Behandlung
der Farbe, daß man an manchen Bildern zu zweifeln
beginnt, die heute als seine frühesten Werke angese-
hen werden. Sicherlich malen alle Künstler in einem
Selbstporträt anders als in vielfigurigen Kompositionen
und besonders den Skizzen dazu, doch dergroße Unter-
schied zwischen dem Porträt und manchen von den
Frühwerken verlangt eine genauere Untersuchung?
Die Bereicherung unserer Kenntnisse von Maul-
bertschs Frühzeit und seinem Talent als Porlrätist, die
die Entdeckung von diesem Bild bedeutet, ist beacht-
lich. Sie beleuchtet sozusagen diese so wichtige
Periode im Leben des Malers, worüberwirwirklich allzu
wenig wissen. Sie bietet uns auch einen Maßstab
einen absoluten womit man die oft ziemlich fragwür-
digen Frühwerke, die man ihm zugeschrieben hat, ver-
gleichen kann. Letztens stellt sie die Frage wenn Maul-
bertsch solch ein ausgezeichneter Porträtist war, wo
sinddieanderen Bilder, dieerbestlmmtwährend seines
langen Lebens gemalt hat? Obwohl er im Hauptberuf
Freskant war ein Kirchen- und Historienmaler
hatte er klarerweise das Talent und die Fähigkeit und
sicher auch die Gelegenheit, um ab und zu Porträts zu
malen. Sie sind nicht vorhanden. Dasselbe dürfte man
auch von den Stilleben und Blumenstücken sagen, die
zu malen erebenfalls fähig war, wenn man an die präch-
tigen Beispiele solcher Malerei denkt, die man in dem
Kirchstettener Deckenbiid, auch ein Frühwerk. sehen
kann. Das völlig unenuartele Erscheinen des Jugend-
selbstbildnisses läßt hoffen. daß auch solche Bildervon
ihm eines Tages ans Licht kommen werden.
DielnschriftaufderRückseitedesSelbstbildnissesinjungen
Jahren Abb. 1. 2. Ausschnitt
Anmerkungen
Die Informationen über Maulbertschs Leben stammen hauptsächlich
von Haberdilzl und von Klara Garas. Franz Anlon Maulbeüscrl 1724 NS
1796. Arnallriea-Verlag, Wien 1960, urld Klara Garas. FranzAnlon Maul-
bensch, Leben und Werk. Verlag Galerie Welz. Salzburg 1974.
Siehe die schöne Beschreibung in Hzberdllll. s. lls tl
Wiezurri Beispiel Bruno Bushart in einem Brief vom 2a 1985 wer
in jungen Jahren so meisterlich mit Form und Farbe umzugehen ver-
steht, kann die Vieler! Unherlollenheitsn, die in den angeblichen Früh-
werken zulagelreien. nicht verbrochen haben
Für kollegiale Hilfe und ihre Meinungen über das neuenldeckte Selbst-
panrax mochte ich Frau Dr, Gertrude Aurenllammer. Hotrat DlrSk-
tor a. D. Dr, Hans Aurerlhammer. Wien, und Prof. Dr, Bruno Busharl.
Augsburg, herzlich danken,
nfred Koller
alchior Hefeles Modell für den
zchaltar von Sonntagbe
sich in der Malerei sert dem 16. Jahrhundert die
ze in Form verschiedener Entwurfsstufen als neue,
fertigen Kunstwerk unabhängige Gattung durch-
so sind gleicherweise erst mit der Renaissance
Sstäbliche Bau- und Altarmodelle als Planungshilfe
ahnt z.B. Kirchenmodell der wSchönen Maria" in
ensburg, Stadtmuseum. Der überlieferte Bestand
erartigen Baumodellen istjedoch ungleichgeringer
energemalterEntwürfeAberauch von Altarmodel-
iat sich nur ein geringer Bruchteil des einst Vorhan-
en erhalten. der zudem sehr verstreut und wenig
rscht ist. Nach Vorstufen im Stuckbarock des
lahrhundertstreten um 1700 in barockenSakralräu-
der österreichischen Kernlande die ersten konse-
nten Raumschöpfungen auf, bei denen Raumform,
oration und Inhalt als einheitliches Ganzes konzi-
tworden sind Wien, Universitätskirche, St. Peter;
skirche Melk etc In planungstechnischer Hin-
setzten derartige Gesamtkonzepte eine umfas-
Je Abstimmung jedes Details mit dem Ganzen und
dementsprechend koordinierte Arbeitsweise aller
-iligten Künstlervoraus. Diesewarambestendurch
imaßstäbliche Vorlagen möglich, mit deren Hilfe in
zhmend konkreteren Stufen die Raumgestaltung
ihre Einrichtung entwickelt und dem Auftraggeber
inschaulichtwerden konnten. Es nimmtdahernich
der, daß derartige komplette Miniaturkirchen, teil-
iemitAltemativprojekten durch eingeklebte Papier-
anten und abhebbare Gewölbe zum leichteren Ein-
t. erst aus dem 18. Jahrhundert in größerer Zahl
ahnt sind? Denselben Voraussetzungen folgend
pricht. daß auch in derArchitekturtheorie um diese
ausführliche Anleitungen zum Bau von Architektur-
ellen verbreitet werden. In Nicolaus Goldrnanns
Serstmals erschienenem Handbuch der Civil-Bau-
st werden insgesamt 12 Punkte zur Modellherstel-
ausführlich besprochen,wobeidasganzeXllCapi-
Vom Außsehen von dem Modell oder Mustern
ielt. Dessen wichtigste Aussagen für die künstleri-
Planung und technische Herstellung seien ein-
im Wortlaut zitiert, nachdem wir annehmen dür-
daß Goldmanns von L.C. Sturm herausgegebene
erga ztesowieindererstenHälftedes18,Jahrhun-
mehrfach neu aufgelegte Schrift Hefele sicher
innt gewesen ist.
angs wird das Vorbild der Italiener hervorgehoben,
ame sie öffters gleichsam ein Muster vollkomme-
ärösseerstlichvon Holtzeautfrichtenl. unddarin-
die Fehler rechtschaffen rnit mindern Kosten als
ach im Wercke selbsten geschehen mag verbes-
und abschaffen könnenri.
wird erstens ein Maßstab gewählt, wwelcher ohne-
hrden hundersten Teil halte des rechten Maaßsta-
indem man ein Fuß in jeweils 10 Teile und diese
lerum zehnfach unterteilt. Als Material ist Holz den
findlicheren Materialen WachsoderGips vorzuzie-
Der Maßstab ist aus Messingblech herzustellen.
wäre es gut. irdaß man zwey Maaßstäbe rnachte
an nach den Füssen getheilet lden andern nach den
uln also daß sie beyde zusammen ihre richtigen
iältnuß hätten und möchten beyde Maaßs 'be
so lang seyn als das gantze Muster ist .. Dieser
ßstab soll vor der Vorwand des Musters fest
acht werden xi
ier werden verschiedene Bretter für die Grund-
eunddieAußen-undlnnenwandernitihrehÖffhun-
Anmerkungen
KlessrnariritRedi.Berlrägezurßesctircrite derölskizzevomtß DIS
zum 18 Jahrhundert, BraunschweigHeizog-Ulrich-Museurn t984
Koller, in Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken Bd
Stuttgart 1984,8 278 und passim BUCltrI8l-SUChlar1d,H' Hie-
bCl,ElrtAugäburgerHHUWIBISISIGQ!FISHGISSBHCC.MUrlChCrl19b tB
Regensburger Modett der i-scriöneri MBYIBM von t52ui2i
hulcrRollc, arm iiriainrrairkireriiienei
Oslälr SCHEFI Barock bIS 1720130. phil. DISS. um
Pollnroß. GGISlllChGS Zelt- und Krlegslager Die WIHHHI Peters-
Altarmodell zum Sohntagberger Hoctialtar von Mel
Hetele, um t75t. nach Restaurierung 1980181 vgl. AI
Benediktinerstift SeitenstettenrNiederösterreich,
Sammlungen
klrßrte als barockes Gesamrkunstwerk, In Jahrbuch des Verei
GeSCrllChte der Stadt Wien 1983, l42 II
SCrtIeSSl. Rokokofassung und Maleiialillusion, Mittenwald
S. I6 ll H. Keiler Reß. BOZZCNO. lrt Reallexikori zur deul
Kunstgeschicrileßd.ll,Stuttgaitt948,Sp IOBI 798 75 Merk,
kuristdes Barock, Ausst- Fiankliiiiluetaignaiis t9 E.
Kraft, eine Manerikmri gSglUppe von I5? ziii aiiauberiierei
derSchwanthaler-Wer JBILIH Mlttellurl en derOsterr lerie
21 tf,Abb l3tAltarrrtodellThorri ..
neriiesde wool Eiriuiiveimieiriiieiiiesxxiieimeaei ndro
zos befindet SICH in lrtftSbruCkEr Privatbesitz HINWEIS Caram
ergestellt und verleimt. Der sechste Punkt betrifft
in und Pfeiler. Danach wkönnen dieselbe auß har-
oltze nach dem verjüngten Maaßstabe gedrehetl
"eitet werden; Aber die Knäuffe und Seulenfüsse
an besser auß Bley gegossen. Scamozzi preisetl
ian die Stämme auß schönen Holtzelweiches des
iors den man gebrauchen will Farbe am nech-
xämelbereiteSiekonten abersonstenlwann man
einen Stein zubrauchen gesonnen ist auch auß
ipffel Bäumen oder auß Birnbäumen-Hoitze
thun
achten die Baumeisterische Zierden als die
itschnüre Bilder Blinde Bilder und Gelän-
Gängiein kan man auch schnitzen und kan dar-
itwas auß Bley gegossen werden besonders die
an Stücke die offtmahls in einer Grösse in einen
er vorkommen Man kan die Fruchtschnüre und
eichen niederige Zierrathen in Stahl graben und
last schlagen .ri Gebalke und Sparrenköpfe sind
auszuarbeiten, ndie Simse auff dem Fiammstock
Jziehenri Fiammhobel spart Zeit gegenüber dem
itzen. Nach weiteren Angaben für Dächer und
knäute heißt es abschließend iiWann also das
eMuslerbereitetlundaneinandergefügetistlkan
tOeifarben nach dem Leben angestrichen werden
man keinen Unterschied sehe was auß HoItzeI
was auß Bleye bereitet sey jedoch muß man mit
Iarben nicht der Sache heucheln, daß man es
1er mahle als es in Wahrheit seyn soliß Zu allem
sind "geschickte Hand Arbeiterii Voraussetzung.
Wenn aber aus Geldmangel der Bau nicht ausgeführt
werden kann. soll es den Baumeister nicht reuen. da
dann nder Mangel" nicht an ihm gelegen seif
Die verbindliche Rolle von Altarmodellen im Kraftespiel
zwischen Auftraggeber und Projektanten zeigen am
deutlichsten Wettbewerbe mit mehreren Konkurrenz-
modellen, wie sie in der Barockarchitektur des frühen
1B. Jahrhunderts mehrfach belegbar sind 1.8. Neue
Sakrlstei von St. Peter in Rorn 17155. Wiener Karlskir-
che 17166. Denn nur genaue Modelle konnten geistli-
chen oderweltlichen Auftraggebern. die in Kunstdingen
weniger erfahren waren, eine verlaßliche Urteils- und
Diskussionsbasis liefern, wie der Dekan von Unertl
1729fürden Hochaltarvon St. Peter in München treimüv
tig zugibt wWie aber sich ein grosses und khostbahres
Werkh, als ein in diser Kunst nit genuegsamb erfahrner
ohne einen Model zu setzen mir nit getrauet, so habe
erwendten Asamb bedeithet. Ersolle eines dergleichen
anfertigen .ii' Eben diese Motivation stand auch hin-
terden beiden für den Hochaltarder Stiftskirche Zwettl
erhalten gebliebenen, geschnitzten und illusionistisch
gefaßten Altarmodellen. Das erste wurde 1726 nach
den Planen von Matthias Steinl hergestellt; das in der
Folge realisierte zweite Modell entwarfen in Zusam-
menarbelt von Architekt und BildhauerJosef Munggen-
ast und Johann Känischbauer. Für beide Modelle sind
die mit der Ausfertigung betrauten Tischler. Bildhauer
und Faßmaier bekannt und auch mehrere Entwurfs-
zeichnungen erhalten? uer 1131 mit dem Pas
Bildhauer Josef Matthias Götz für die Bildhauer
der endgültigen Ausführung geschlossene Kor
erwähnt eigens eine Vergrößerung seiner Fig
gegenüberdem Modell um etwa Schuh." Daraus
die entscheidende Rolle der Modelle in der Beurte
der Entwurfsproportionen erkennbar und geht ii'li
deren maßstäbliche Konstruktionsform hervor, ot
diese meines Wissens noch nirgends genau übe
werden konnte.
Ihrer zweiten Hauptfunktion nach sollten diese Mr
mit Hilfe der im 18. Jahrhundert zu letzter Hocr
entwickelten Faßmaierei einen Vorgeschmack de
bigen und materiellen Erscheinung bieten.
kamen, immer noch auf traditionell empirischer
iage, auch zahlreiche Ersatztechniken zum Zwecl
Materialillusion zum Einsatz, bei denen kostbarel
stoffe durch billigere lmitation dargestellt, aber
gesteigert und optisch bereichert werden konnter
den deutschsprachigen Malerhandbüchern
Periodegibtvcraiiem deriiWohianführende Mahli
Johann Meichior Crökers Auflagen von 171
1804'" einen guten Einblick in die Vielzahl von
ten und Techniken. die ihrerseits selbst bereits in
langen literarischen Tradition stehen. Zur Bestät
ihrer Anwendung benötigt man allerdings stets ve
chende Prüfung der zeitgenössischen kunstte
schen Praxis an erhaltenen Objekten. die vor alle
Zuge der Befunderhebung für geplante Restaun
gen nie versäumt werden sollte."
Zu dem kunsthistorischen Interesse an derartige
taticnen tritt mit der heute möglichen anaiyti
Überprüfbarkeit immer stärker auch die techn
Seite, da bis ins Fiokoko wder Künstler noch sein eii
Technologeri bleibt und erst gegen Ende des 18.
hunderts Johannes Beckmann, Göttingen
erstmals Technologie als selbständige Wissens
auftritt." Unterdiesen Perspektiven betrachtet,
die erhaltenen barocken Altarmodelle und derjew
Vergleich mit ihrer Ausführung im großen ent
dende informationsquellen dar. nach dener
ursprünglichen künstlerischen lntentionen Uni
technisch-wirtschaftlichen Umstände ihrer Umse
indasangestrebtewerkerstangemessenbeurteil
den können. Daher erleichtern derartige Modelle
die Beantwortung aller Fragen nach der vUrsprün
keitii und wOriginalitäfrr der verwirklichten Arb
Zugleich erhellen sie die Utopie dieser Begriffe im
del langer Planungs- und Entstehungszeiten od
folge der Spurentilgung durch spätere Schicksal
Von den zahlreichen Großalfaren des österreichi
Hoch- und Spätbarock sind an Modellen neben
für Zwettl nur die für das Neukloster in Wiener
stadtß und für Sonntagberg erhalten geblieben
auch mit ihrer ausgeführten Großform zu vergiei
innerhalb dieser Gruppe kann das letztgenannt-
auch zeitlich späteste als das künstlerisch und
nisch am meisten vollendete eingestuft werden
SonntagbergerAltarmodell ist. wie die übrigen ge
ten Beispiele außer von Zwettl il. im Besitz
damaligen Besteilers.der Benediktinerabtei Seite
ten. NÖ.,verblieben, gemeinsam miteinergraphi
Variante Pricrat Sonntagberg, in dieser Zeits
wurde dank der Forschungen von Franz Wini
Graetz die Entstehungsgeschichte des Altares
Sonntagberg und seines prachtvollen Silberrah
für das Gnadenbild bereits dargelegt und zu letz
auch das originaigroße hoizgeschnitzte Biidl
modeil als Vorlage für den Silberschmied jetz
lin, Kunstgewerbemuseum im Schloß Charlotier
identifiziert." Die 198OI81 durch das Bundesder
amt in Wien erfolgte Untersuchung und Ftestauri
des Sonnfagberger Altarmodelle liefert den Anlat
nochmals mit dessen Besonderheit und dem Veri
mit den Ergebnissen der 1967 abgeschios
Restaurierung des aufgeführten Hochaltares der
fahrtskirche Sonntagberg zu befassen."
Der in den Jahren um 1750 im Zenit seiner Berühi
schnill aus einer gemalten Darstellung des Sonntag-
;er Hochallares am Sonntagberg. Diese stellt das von
3-1757 ausgeführte Altarsladium in rosa Echlmarmo-
sowie mit weißmarmornern Tabernakelaulbau und
eln sowie Genien zu seilen des Knabenbildes dar. Die
irleilung dieser Darstellung als definitiver Ausführungs-
oder repräsentative Ansicht nach erfolgter Fertigstel-
muß olfen bleiben.
llahrlskirche SonmagberglNiederösierreich. Ausgelührv
iochaltar nach der letzten Restaurierung 1963 1966 in
letzigen unbefriedigenden Beleuchtungssituation. Dage-
ispwiedas Modellzeigt,ursprünglichzumindestderAul-
tbaldachin auch von rückwärts durchllchlei geplanl
rasen.
schnitt aus einer gemalten Darstellung des Sonntag-
ger Hochaltares am Sonntagberg. Diese stellt das von
1757 ausgeführte Altarstadium in rosa Echtmarmo-
sowie mit weißmarmornem Tabernakelaulbau und
ein sowie Genien zu selten des Knabenbildes dar. Die
irteilung dieser Darstellung als definitiver Ausführungs-
oder repräsentative Ansicht nach erfolgter Fertigstel-
lmuß offen bleiben.
llahrtsklrcheSonntagberglNiederosterreich.Ausgeführ-
iochaltar nach der letzten Restaurierung 1963 1966 in
jetzigen unbefriedigenden Beleuchtungssiluation. Dage-
istwiedas Modellzeigt.ursprünglichzumindestderAuf-
tbaldachin auch von rückwärts durchllchtet geplant
lesen.
kungen 22
eldmann. Vollstandige Anweisung zur Clvli-Bau-Kurisi. Wollenbul-
696. 55 11 Nachdruck Ausg 169a. Baden-BadenlStraBburg
ager. Fiiippe Juvarra il concorso di modelll del 1715 bandito da
ienie xi per la nuova sagrestla di Pietrn. Rom 1970
regehzurßaugesehichte derKarlsklrche. llT WlenerJahrbuch liir
rtgeschich1elx.1s34.s 101 146. Sedirnayr. Johann Bein-
Fischer von Erlach. wien München 1966. 206 verlorene
alle von Fischer. Hlidebrandt. Feldinando ealli-Bibiena
assl wie Anm als 22
iberl. Die Kunstdenkmälerdes Zisterziensersllftes Zwetti. Österr
ittepcgrabhie 29. wien 940. s. 92. Abb 8B 94. Barockausst
Prandtauer und sein Kunstkreis. still Melk 1960. Kat Nr. 253
leil Zweltl 11 L. Ptiiiringer-zwanewetz. Matthias steinl. W157i-
zhen 1966. 239. Kat Nr. 43. Abb. 226 Modell zwettl ti
-il zil. Anm a. s. 337. Ftegest 423
nn Melcliiorcrbker. Derwohl anluhrende Mahler. Aull. Frankfurt
eipz1g17t9Nachdruckder4 Aiillagelena Plßmltßlbilßgfiphle
ommerltar neu hisg. von Schlessl.Mltteriwald1983 Ein Exem-
1er zweiten Autlage. Frankfurt und Leipzig 1721. befindet sich in
ltiltseiblinthelr Gottweig rreiindi. Hinweis von Gregor Lechner
von schiessl. s. XVll. angeluhrte viel vermehrte Auliage Jena
ist demnach bereits die drittel.
hiessi. Die Bestatigung kunsllechmscher Quellen durch technolo-
ie uniersuchurigsbetunde. in- Mallechnik resiaurb 1980. Heft 1.
rines Beckmann. Anleitung zur Technologie eder Kerlrllrilß der
lwerke. Fabriken und Manufakturen. vornehmlich derer. die mit
andwirtschait. FOllZey und Cameralwissenschall in nachster Ver-
ing stehen. Nebst Beitragen zur Kunstgeschichte. Gottingen 1777
111.. schiessl zit. Anm. a. s. 93 11 sowie Bibliographie 8.15611.
eit in Restaurierung durch das Eundesdenkrnalamt.
ndisch-Graetz. Jakob Christoph Schlettel Ein Bildhauer des wie-
spatbardck. phil Diss. Wien 1950 Dars Die Entstehungsge-
ihte des l-lbchaltares von sbnntagberg und die Marrriorengel von
Schletterer. in alte und moderne Kunst es. 1963. s. is 11 pers..
vlcldell iurden Silberrahrnen des Gnadenbildee vdn Sonntagberg.
te und moderne Kunst 97. 196a. s. so ll.
aurierurig tsi-Itoiai in den Restaurierwerkstatten des Bundesdenk-
mtes. wien Elisabeth Plulzner. Michael LOIChII Zur Hochaltarre-
ierung selbst siehe den Bericht V0f1 Michael Plallenblchler bei
ipel. lnnenreslaurierung der waillahrlskiiche Sonntagberg. N0
ilerr. zeitschrili für Kunst und Denkmalpflege xxil. 196a. s. 24 11..
331
lie Reformenuberslchl im Aussi -Kai Jeiselinische Plarrgrundun-
wien. WienlHistor. Museum siadi wieril 1965. a1
igitz. üsterreiehs Gnadenstatten in Kult und Brauch. Bd 2. wien
1851i.
Koller. neslauriergeschichte. in M. Koller. H. Paschinger.
andlstelten. Die wiener Festsaule. in Flestauralorenblätter 6.
lsaas 37fl.hrsg.Österr. sektinn liC. 1030 wien. Arsenal 1514
Wibiral. Zur Restaurier-ldeelegie an den Akademien rrri 1a. Jahr-
ert. in Restauratoreribiäller 7. wien 1983. 2911
ller. zur seziaigeschichle von Kunst und Handwerk irri 17 Jahr-
ert. in wcllenbutieler Arbeiten zur Barockiorschung. Bd 13114
scheinen. Ei. Bushart. Augsbu rg unddlewende derdeutschen
urn 1750. in' Festschrift lur werner Gloss. Munchen 1968.
11
ulnahmswerk übergab Hefele am 25 oklcber1s57-ieine original-
nung von dem Altar am Sorlntagberg Schuh. zbll hoch. und
ch breitii- Czerny. Die Mitglieder der wiener Akademie Bild-
der Akademie der bildenden Künste in wien. Hell 1i. wien 1978.
Die Zeichnung ITlUB leider als verschollen gelten.
irertner. Melchlor Hetele. eiri unvergessener österreichischer
iekt 1716- 1794. in' alte und moderne Kunst so. 196a. 1911.
ers. Melchibr Hefele. ein Architekt des Dcriauraumes 1716 bis
i. in osibaverisehe Grenzmarken 1x. 1967. s. 14411
iußtechnik vgl. Burg. Der erldhauer Franz Anton Zauner und
-zeit.wien1s15.s.11011.erneMalerialubersichibretete wache.
lastik. in alte und incderne Kunst 197213. 1980. s. 3011. Zur Ablei-
der wiener Gußtradiliori aus Italien siehe Schwarz. Georg Rat-
cnrier. Kategbrien der Plastik. Munchen 196a. s. 1711.
illfahrtszentrum auch im Rahmen von Mehrcirts-
hrten stehende Sonntagberg ober Waidhofen an
bbs ist bemerkenswert auch hinsichtlich der
ieschichte zur Errichtung derartig aufwendiger
inaltäre und ihren Folgen wenige Jahrzehnte vor
uslöschen dieser Frörnmigkeitsbewegung durch
iselinischen Prozessions- und Wallfahrtsver-
Denn die Besucherzahlen des Heiligtums
hten 1756. zur Zeit der Ausführung des neuen
iltares. 87.000 Personen und stiegen im folgenen
757.zurZeit seinerVollendung mit den damit ver-
nen Feierlichkeiten. auf einen Höhepunkt von
Wallfahrern." Weil Abt Dominik Gußmann
einen Neider Melchior Hefeles an dessen Fähig-
und Planungen Zweifel bekommen hatte. warseit
las Werk zunächst um Jahre verzögert worden.
der Streitsache zu Wien geführten Prozesse
igten jedoch Hefeles Standpunkt. wobei die Pro-
aL
'44
fessorenderkaiserlichenAkademieerstmalslaßbarals
die entscheidenden Gutachter auftraten. Diese Rolle
der Akademie als oberste Instanz in Kunstsachen und
Denkmalpflege innerhalb der Maria Theresianischen
Staatsverwaltung ist auch durch andere Quellen für
Mailand 1745 und Wien 1776 bekanntfs Dem ent-
sprichtauchdieinden zahlreichen. umdieJahrhundert-
wende in Süddeutschland erfolgten Akademiegründun-
gen vollzogene endgültige Trennung der Künstler von
ihrer früheren. zünltisch-handwerklich organisierten
Berufsausübungfg So wurde Helele. zur konsequenten
Bestätigung seiner Rehabilitation. im Jahre 1757 auch
als Mitglied derWiener Akademie akzeptiert mit einem
leider verschollenen Originalplan seines Sonntagber-
ger Hochaltares als Aulnahmestück?" Melchior Hefe-
les Bildungsweg und Schaffen von seiner Tiroler Her-
kunft über den Ausbau der Würzburger Residenz und
den 1742 an der Wiener Akademie erhaltenen Architek-
turpreis bleibtiedoch bis zum Sonntagberger Hoc
im dunkeln." Seine außergewöhnliche Mehrlacl
bung und -ausbildung als Bildhauer. Erzgieße
Architekt kommt nach dem Sonntagberger Hoc
vor allem auch am reichen Bleigußschmuck
1771 vollendeten Bischofsresidenz in Passau zur
druck. Leider ist uns über die wirtschaftsgescl
chen und technischen Voraussetzungen der Blü
Erzgusses um diese Zeit in Wien noch wenig
von Donner. Moll. Kohl. Messerschmidt bis zu
und Fischen."
Mangels fehlender Vollständigkeit der überlie
Dokumente kann der Planungsprozeß des Sonnt.
ger Altares nicht in allen seinen Stadien studiel
den. Es fehlt zunächst das inhaltliche Konzei
Abstimmung mit dem gesamten Raumprograrnr
dies etwa 1732 für Maria Taferl eine riAnmerkung
die iilnventionii der Legende und die i-Architek
derallerneueste undaccuratesten Mesure-ierläua
Ferner fehlen alle Detailpläne sowie der von
le der Akademie präsentierte Gesamtplan, aus
auch der vorn Planer dem zweifelnden Abt bis zur
agserfüllung vorenthaltene iiMaßstabK ersichtlich
esen sein rnuß", der je nach Projekt frei gewählt
len mußte vgl Goldmann-Sturm 1696. Anm 4.
ialb laßt sich die Maßstabfrage für das erhaltene
nalmodell Hefeles unddiegraphischeAusführung
ndirekt erschließen. Das plastische Modell mißt
54 cm bei 60 cm Tiefe gegenüber etwa 20
8.05 Breite und 7.9 Tiefe samt Altarstufen
gemessen. Daran läßt sich ein Größenverhältnis des
Planungsmaßstabes von 115 ableiten, wobei die
ursprüngliche Aufmessung nach dem Fußmaß in Rela-
tion zum Flaumquerschnittzu setzen wäre. 'rdie Über
lieferung einer ursprünglich geplanten Aufstellung
unterderVierungskuppel liefertdas Modell leiderkeine
exakten Anhaltspunkte. Seine Rückseite ist, mit Aus-
nahmedesAufsatzes,vonAnfang an nichtvollausgear-
beitet gewesen und ist nun durch eine materialmäßig
eindeutig spätere Rückwand verschlossen. Jedoch ist
nicht auszuschließen,daßbereitszuvoreineRückwand
bestanden hat, mit der das vorliegende Modell gegen-
übereiner ursprünglich freiräumlichen Planung berl
modifiziert werden ist. Denn selbstdiefür alle Beieu
tungseffekte sowichlige Durchlichtung des Aufsatzt
dachins ist nur mehr am Modell wirksam, während
gebaute Altar vor der Kirchenapsis trotz Oberfen
heute kein Rücklichterhält und nurmit Hilfe künstlic
Beleuchtung in seiner räumlichen Selbständigl
erkennbar wird,
Das vorwiegend alttestamentarische Figuren;
grammmitdenSkulpturenvon M0ses,Aaron, Melch
dech und Ezechiel, Engeln und Genien sowie nu
ReliefsOrnamentenundiit2Schildervorstellenddit
Stamme lsraelsk im Gebälk über den l2 kanneliei
Rundsäulen sollte Hefele laut dem Hauptkontrakt
14. Jänner l75l herstellen vgegossen von BlauB
Zünn und gloisten gelösten Beysatzir. Auf dem M0
sindjedoch nuralleGirlandenundEierstabedie Kar
lurenstäbe an den Säulenschäften und die 12 Schil
gegossen aus ca. 60W Zinn und 40m Blei. der
rigstschmelzenden Blei-Zinnlegierung. auch als
zinn bekannt, während Goldmann-Sturm 1696
Bleiguß erwahnen Anm. 4. Die Figuren und Übfli
Zierate des Modells sind holzgeschnitzt und ebenso
Blattgold bzw. Blattsilbergefaßt. In derAusführung
die Reliefs an Sockel und Mensa aus feuervergo
tenn Bronzeguß,alleübrigenOrnamentemitAusnar
deram holzernenAufsatz geschnitztemausölvergo
tem Bleiguß. Die großen Strahlenkränze von Gnac
bild und bekrönender Weltkugel sowie Tabernakelt
bestehen dort aus feuervergoldetem Kupferblech,
Gnadenbildrahmen selbst aus getriebenem Sill
blech. Des weiteren bestehen der Altarsockel,
monolithen Säulen und der Architrav aus rötlichen
rosafarbenen Salzburger Marmorsorten Adneterl
scheck und Untersberger Forellenmarmor, währ
der Aufsatz mit seiner innen kassettierten Kuppel
marmormiertem Holz diesen optisch angeglichen
Auch alleAufsatzfigurenunddievordenSäulenpos
ten sind entgegen dem Vertragstext aber gleich wil
Modell aus Lindenholz geschnitzt und blattvergol
ebenso wie der erst 1968 aus vorhandenen Resten
derhergestellte siebenarmige Leuchter vor dem
denbild.
Der formale Vergleich von plastischem Modell, ger
terVariante und ietzigem Zustand derAusführung
in mehreren Details verschiedene Verluste,
gesamten Schmuck zeigt nur die Bildansichtn",
läßtsichausderGegenüberstellungmitderAusführ
erschließen. daß beide iiModelleii mit Ausnahme
unten noch zu erörternden Farbigkeit formal dem
chen, abschließenden Planungsstadium angehö
Am plastischen Modell fehlen an den Sockeln die
chen Konsoltischchen und ist die Monstranz fälscr
von der Expositur in dieTabernakelnischeversetzti
den, deren Kreuz wiederum fehlt, Ferner fehlt der
benarmige Leuchtervollständigundmußtediefehle
obere Hälfte der Gloriole des bekrönenden Glc
ergänzt werden. Am Sonntagberger Hochaltar ist
der Restaurierung 1963 66 die Reduzierung der
rioledesGnadenbildrahmensbelassenwcrdenreit
Besatz mit silbernen Engelsköpfchen und Wol
sowohl auf gemalter Darstellung und Modell. Die
lenden Bleigußorriamente wurden dagegen ergä
Leiderwaren zur materiellen Bestandsaufnahme kl
genauen Materialanalysen möglich ie gußtechnis
Vergleiche ermöglicht hätten.
Die auffälligsten Materialunterschiede zwischen
tragstext, Modellen und Ausführung betreffen nur
beiden knienden Engel mit dem Tabernakel-Ziboi
und das Engelpaar zuseiten des Gnadenbildes,
Vertrag sollten diese Genien aus Zinngußgemachti
den, auf dem plastischen Modell sind sie wie die
kenengel der Gnadenbildglcriole rnattversilbert In
nate und glanzversilbert Gewänder, Flügel
Wolken und ebenso der Tabernakelbaldachin Sa
Glanz-, Bekrönung Mattsilber. Der Vertragstext
als Variante aber auch ausdrücklich Tiroler Marmc
die Figuren an, die gemalte Ansicht stellt die gleic
kungen 23 30
lsser,H.Tletze,DieDenkmälerdespolitiscrien BellrkesPdggsiall.
r. Kunsttopograptiie. 5.1.4, wleri 1910, 93
iecir-Graelz,issoizltixrirrrlais 169, Anm 1Bc,undi963.S ls
iische Analysen durch das Labor des Bundesdenkmalarntes
aschinger. Richard Falsch i51 die Angabe von lMessingl rrrl
ogderBarockausstellungMelki960zit.Arim.8Kai Nr 240 Zur
lschen Werkstoffgescnicrite der künstlerisch eingesetzten Me-
lerungen eieilegrllridiegerinu Scnlessl,TechntkenderFaßmale-
iarockundRokokoworrns19815 sii -Vgl ceiarvlerirrslurms
illbauanleitungllit Anm
.r, Cl Ll CrVi. Bleigiiffel. farbig lavieii stark ausgebielcnt, mit
el oxydlerten Pulverrrietallfionungen Gold- bzw Silbertarben
lazu Schlessl. wie Anm 25 Die Allardarstellung selbst mlßl
42,2 cm die übermittelten Daten verdanke ich der Hilfe von P.
diktwagner.Seitenslettenlundlstdarrlltumiuriddielelalfiegroßer
iur Heieles Aufnahrnestilck belegten Maße Anm 20i
lsChGr2e1Z195Ü1Zi1 Anm. u. s. 171, anm 25
utorschaftderFarbzelchnunglsiunbekanni,ebensowledleAus-
ng der Farbiassung des plastischen Modells, welche normaler-
-professlonellen Faßmalem lukarn Still Melk ließ was Abi
iayr die bekannten Ansichten Gemälde und Kupleislicli Seines
acnlossenen Bauvorhabens durch Franz Roserisilngl und seine
..........c..... zu... uuiliiingvwr"
ger Hochaltar Abb. mit der
Ubertassung von 1862 durch
den Faßmaler Ferdinand
Donke aus SteyrlOberöster-
reich.
Altarrrlodell zum SOHHIBQDQP
ger Hochaltar Abb. in der
Seitenansicht von links, nach
Restaurierung. Auch die lfifiä
ren Altarstlegen sind irn Modell
ausgeführt, die Rückwand ist
dagegen erst später 1862?
dazugekommen.
Signaturdes Flestauratorsdes
Faßmalers undvergolders Fer-
dinand Danke aus SteyrIOO.
von 1862, auf der Unterseite
der Mensastuien des Altarmoe
dells für den Sorintagberg. Auf
irin geht der in Abb gezeigte
Ubermalungszustand zurück.
beiden Bruder nach umfangreichen Vermessungsarbelten herstellen
Hiletze, Die Denkmaie des politischen Bezirke Melk, Österr. Kunst.
Opograptiie Bd. lll, Wien 1909, 215. Roserislingl ist als Mitarbeiter
1ui die Orrlamentlkbei derAusluhrung des Sonntagberger Hochaltares
genannt WlndlschGraetz 1950, Zlt. Anm 14, 1SB1,Anm 17
Auidas Marmorgescrienk alswicntigesArgument iürdie Entscheidung
zur Ausführung hat mich Benedikt Wagner mündlich hingewie-
sen.
Perndl. Die Stiftskirche von Garsten. Ihre Baugeschlchte und AUS"
slattung, ln Jahresbericht Kollegium Petrlnurrl. ieszrsa, LlnZ 1963.
29, Ferner vgl AussL-Kat. 200 Jahre Diözese LiriZ,GarSten19B5
Die Farbanalysen wie Anm 25 ergaben Mischungen von Bleiweiß rrilt
organischem. rotem Farblack Rosatbne bzw mit Kupfergrun und
lndigo Blautöne. dIE originalen versiioerllrlgerl und vergulallrigerr der
Holzieile Sind mit rotem Pcllmeni unterlegt. die Blattmetallauliagen der
Gußteile erfolgten direkt mit Arilegeöl lzurbarocken Vergoldungslech-
nik vgl Schlessl 1983. Anm 25
Firnisarialyse mittels Gaschromatugiaphie wie Anm 25 Grundsatz-
ilcii 151 auf die Bedeutung und rvioglichste Erhaltung originaler Flrnlsse
an Barockaltarfassungen hinluweiseri Vgl M. Koller, Barockaliaire ln
Österreicn Technik Fassung Konservierung, in Der Altar des
1B JahrnunderistForschungen und Berichte der Eaueund Kunstdenk-
rnalpllege in BadenWurtiemberg Bd s. München 1979, 24811
lzligel iil weil Udl uliu iil uer HUSIUHYUFIQ CiurCn
Schletterer kamen schließlich weißer Marmor ur
bester zur Anwendung. Aus dieser Gegenüberst
läßt sich keine zeitliche Differenzierung zwischr
stischem und gemalterri iiModellii erschließen, ui
sonstigen Hinweise aufdenkbare Modellvarlante
selben Planungsstadiums fehlen. Aus dern Proz
lauf ist bekannt, daß für eine Ausführungsvarian
Skulpturen in Holz der Akademieprofessor J. C.
terer vorgesehen war. welche nach unserem Moc
mit den Mitteln der Fassungstechnik hergestell
berimitation erscheinen sollten. Von einer altern
Herstellung in Silbertrelbarbeit hat man vern
schon wegen der dann unvermeidlichen. dem
rnieeinfluß entzogenen Beauftragung eines gewe
organisierten Goldschmiedes abgesehen. zum
Goldschmied Flatzesbergerdie ganze Kontrovers
gelöst hat. Die schließlich zustande gekommeni
führung in weißem, poliertähigem Marmor durc
Akademiker Schletterer ist daher als resultier
Kompromiß anzusehen. Daraus ergibt sich als
scheinliche Entstehungszeit des plastischen Moc
Seitenstetten der Zeitraum zwischen dem 14.
1751 Hauptkontrakt Hefeles mit geplanten Blei
liguren und dem 21. Mai 1752 Verhandlungsabs
in Wien mitdem vom Rektor undAkademieprofes
darunter J.C. Schletterer, unterfertigten Vergleir
Die gemalte Darstellung muß dagegen infolge de
bereits weiß gezeigten Engel- und Tabernakelges
erst nach dem Prozeßende bzw. zugleich rriit Hi
Ausführungskontrakt vom 26.Jänner1754 entsti
sein. im letzteren wurden die Tabernakelarchi
und die Engel bei Gnadenbild und Tabernakel üb
stirrirnend als iivon gleichen Stein weißri verelnba
feuervergoldetem Zlerat von iiharterri Metalle."
ganz auszuschließen ist aber auch die Möglichkeit
Fiepräsentationsabbildung, die aus Anlaß der
hung oder bald danach entstanden sein könnte?
Die größte Überraschung erbrachte die Restauri
des plastischen Modells hinsichtlich seiner Farbi
Nach eineraufder Unterseite der Mensastufen be
chen Inschrift wurde das Modell iiRenovirt anno
von Ferdinand Donke Vergolder und Marmorir
Stadt Steyrtl. Letztererist 1ür1B93auchv0n einerl
raumreinigung der ehem. Stiftskirche von G2
bekannt geworden." Er hat das Modell vollst
überfaßt, wobei er sich hinsichtlich der Farbigke
ursprünglichen Marmorierung von dem intensiv vs
ten Originalfirnis hat täuschen lassen Sockel rott
Aufbau beigegelb in stumpfer Öltechnik schwac
ädert marmoriert, alle Goldteile matt in Öltechnik
vergoldet, die oxydierten Blattversilberungen wi
mit weißer Ölfarbe überstrichen. Die ursprünglic
wässriger Proteintechnik ausgeführte Modellm
rierung war dagegen insgesamt sechstärbig
stufen und Sockel rotbraun mit weißer Äderuni
Adneter Rotscheck-Marmor, Mensa grauschwa
weißen Adern, Säulerlsockel und Reliefrahrrien rt
violett und hellblau gesprenkelt, Sockel von Gn,
bild, Moses und Melchisedech sowie Profile
Gebälks und des Aufsatzes ll'i Blau-Weiß gespre
und die 12 Kannelurensäulen. der Frles im Gebäl
das Kuppelinnere des Aufsatzes in sehr lir
schwach gesprenkelter Kombination von He
und Rosa." An Metalleffekten zeigte das Modell
nur Silber und Gold jeweils in Kombination von rr
und glänzend polierter Oberfläche, deren ursprür
weicher Kontrast durch jetzt dunkel oxydierte M.
berteile und teilweise belassene Gold- und Silber
iassungen von Donke jetzt unruhiger als ehedem
Die Originalität des überaus stark gegilbten Firn
Mastixharz, vielleicht mit organischen Zusätzen
durch die erst darauf angelegten originalen G.
schritten Blattgold über Minium-Ölanlage zu be
gen. Jedoch ließ sich der Firnis infolge seiner Ver
dung und zahlreicher Fehlstelleri unter der Dr
scherl Übermalung nicht als Originaloberflächer
ten.BeiderFreilegungdirektaufdie Marmorierung
Altarmodell zum Sonntagberger Hochaltar Abb. 1.
nung während der Restaurierung 1980181. Rechts sin
Schnitzliguren und gegossenen Ornamente abgenon
und ist die originale rosa-blaue Marrnorierung freigele
jedoch die Goldinschriften sorgfältig ausgespart.
der fein abgestuften Farbkomposition der Marmo-
'ungen dürfen wir jedoch annehmen, daß der Firnis
priinglich nur als Oberflächenschutz und nicht als
bverändernder Faktor aufgebracht worden ist, so
durch den Restaurierungsvorgang seiner Entfer-
tg keine Verfälschung desursprünglichen Fassungs-
tzeptes eingetreten ist.
te interpretierende Auswertung des Vergleiches die-
kräftig bunten Modellmarmorierung mit dem verbli-
anen Farbaspekt der gemalten Darstellung der zwei-
big-hellen Marmorausführung fällt schwer. Hinsicht-
derAusbleichung der Farben der gemalten Ansicht
re eine gesonderte Spezialuntersuchung nötig.
Ienfalls fallen heute dort die dunkeloxydierten Gold
Silber bezeichnenden Metallpulverhöhungen als
zu harter Kontrast zur Altararchitektur heraus.
dererseits linden sich für den intensiven Blauaspekt
Modellfassung in Seitenstetten keinerlei Hinweise.
daß auch hinsichtlich der Marmorierung die gemalte
rstellung ebenso wie in der SiIber-Weißmarmor-
ferenz bei den Engeln ganz in die Nahe der endgülti-
Ausführung gerückt werden muß. Zu diesem
tgensatz der Farberscheinung von plastischem
idell und Altarausführung ergeben sich mehrere Fra-
n. Zunächst wird die ursprüngliche Absicht eines
iglichen Materialillusionismus gemäß der geplanten
sführungstechnik interessieren. In Österreich sind
rartige blau-rosa gesprenkelte Marmore nicht hei-
sch und entsprechen nichtden vor allem in Italien tra-
ionellen Marmorsorten." Daher dürfen wir anneh-
zn, claß dem plastischen Modell ein Sockel aus ech-
Marmor, aber Stuckmarmor für den Aufbau ent-
rochen hätte. Analogien dazu bieten unter anderem
schon genannten Gnadenaltäre von Zwettl oder
ariaTaterl, aberauch dfeWandgliederung inderWall-
irtskirche am Sonntagberg selbst." Heute ist deren
rbkonzeption von Innenarchitektur und Dekoration
igrünweiße Architekturmalerei mit erdgrünen Fel-
rn, grauvioletter Stuckmarmorarchitektur und Gold-
tamentik gestimmt. Aufgrund der Baudaten der
1enausmalungDanielGran und Agostino Tassi schu-
1738-43 die Gewölbemalereien, Josef Wiedon
48-50 die Langhauswande und Kapellen" muß
Zeitpunkt des Altarkontraktes zwischen Abt Domi-
und Melchior Hefele die farbige Raumkomposition
reits festgelegt und weitgehend vollendet gewesen
sein. Nach der Kenntnis zeitgenössischer Fiaumpla-
nung ist es nicht vorstellbar, daß die Farbfassung von
Hefeles Vertragsmodell beliebig gewählt worden wäre,
Vielmehrkönnenwirin ihrden Versuch annehmen,dem
fast vollendeten Raum sein farbiges Zentrum zu geben.
das mit der ähnlich kleinteilig marmorierten Stuckmar-
morgliederung in farbiger Beziehung gestanden wäre.
Aufgrund fehlender Analysen kann angesichts der heu-
tigen, in graurosaundgrauvioletten Tönen variierenden
Stuckmarmorfarbe von Pilastern und Gesimsen nurver-
mutet werden. daß diese ursprünglich intensiver blau
und rosa getönt waren. Derartige einseitig ins Warme
erfolgte Farbveränderungen konnten zuletzt in der
Stiftskirche Melk am Verlust der Blau- und Grünwerte
innerhalb der Raummarmorierung nachgewiesen wer-
den Ausbleichung von Indigof. Die Farbausmischung
von Stuckmarmor mit organischen Farbstoffen beson-
ders lndigoblau, Gelb- und Pupurtöne geht auch aus
den zeitgenössischen Rezepturen hervor." Ob nun
Daniel Gran oder Joseph Munggenast für die vDirec-
tionit der Polychromie" des lnnenraumes entschei-
dend gewesen sind. muß hier dahingestellt bleiben. In
diesem Zusammenhang verdientjedoch die bei der letz-
ten Fassadenuntersuchung erschlossene und auch
durch eine alte Ansicht erhärtete Außenfarbigkeit von
Munggenasts Architektur in hellgrauer Gliederung zu
lichtrosa Flachen Beachtung."
Mit der schließlich vollzogenen Entscheidung für eine
Ausführung in Salzburger Marmorsorten schränkte
sichdieverfügbare Farbpalettenaturgemäßwesentlich
ein. Doch vielleicht verrät dieser Umstand auch den in
der zweiten Projektphase stärkeren Einfluß der als
Gutachter beteiligten Akademiemitglieder zu denen
Daniel Gran bekanntlich eher in Konfrontation gestan-
den ist. Es könnte sein, daß sich einmal aus neuen Quel-
len die aufgezeigten Widersprüche klären lassen und
die hier gestellte Frage nach der Autorschaft der farbi-
gen Gesamtkonzeption des Sonntagberger Heiligtums
Ihre Auflösung findet. Unabhängig davon führt uns aber
das restaurierte Sonntagberger Hochaltarmodell Hefe-
Ies die hohe Qualität und Intensität der Planungsarbeit
im spätbarocken Kunstschaffen vor Augen. Diese
Erkenntnis sollte uns weiter anspornen über die faszi-
nierenden Einzelwerke hinaus stets diegrößeren künst-
lerischen und geistigen, aber auch die technisch-wirt-
schaftlichen Zusammenhänge ihrer Entstehung im
Auge zu behalten.
Anmerkungen 31 37
Vgl. Kleslinger, Die nutzbaren Gesterne Salzburgs, Salzbu
und Enzyclopedia lialiana. Bd. Xlll. Art. Marmore 71287
Verwendung der italienischen Marrnortypologte und Sortent
nung um WAÜISO nördllßh der Alpen belegt ein mit l4 Marrno
ausluhrltch beschnlteter Altareniwurl von J. Fltcardi lur den
tar der Walllanrtskirche Maria Einsledeln in der Schweiz Ausst
berger Barockbaumeister. Bregenz 1973, außer Katalog
Eine Parallele zur kostbaren Marmdraustührung eines Altar
ursprünglich geplanterStuckmarmorausluhrung stelltdervon
1720entstandene Hochaiiarder Benedikttnerstrftskirchevon
in 0Ö.dar. stehe Punrtnger-Zwanowetzizit Anrn 8,S, 236. Nr.
hohen Aufwand feuervergoldeter Bronzegtisse an Marmoraltl
man Sich In der dsterrAltarkunst des lB. Jahrhunderts uberau
leisten können B. Hochaltar der Basilika Marlazell 1692
HochaIiarDomWienerNeustadi1769 75. HeuttgeAltarsche
den häufig durch diese aus Spargrunden erfolgte Zusammen
von miteinanderunstabtlen Materialien irire Erklärung Hba
goldeie HolzschnitzereientnverbtndungmttMarmurwtein derl
Che von Melk extrem stark ab. erhalten Sich dagegen aufStuckr
aitären viel besser.
E. Knab. Daniel Gran, Wien Muncrien 1977. B9 ff,
II Koller-l Hamrner- PaschingerAM FlanacheLKtr
Fralatursaal von snrt Melk, Untersuchung und Restaurierung
ms 193a, in' Ösrerr Zeitschrift tut Kunst und Denkmalpflege
tsao. IOI
Vgl cmkertwte Anm toi-xAurtage Jena rzaetneu nie
Schlessl. Mtttenwald tsaaykunstkabtneitcap 25, s. aeo
Schiessl 1979 zti Anm s. at tt
Unveröffentlichte Uniersuchungsberichte des Bundesdenkm
Wien l9B1 Koller. suwtevotivansicht im NÖ, Landesmuseu
log Barcckausstellung Melk tsso, Kai, zum t2.
nz Wagner
ns Waldburgers
rndseerHochaltar
ldsee, Ptarrkirche, Hochaltar, 1626, von Hans Wald-
ier
kungen
im V07! Abt Bernhard Lidl herausgegebenen Chronrcon Lunaela-
.. StadtamhollHegensburg 1748, ist auf S. 375 lri lakonischer
evermerkt IMiUfItIUS abbas nosier in basllrca nostra marus altare
1.1 Zum Chronicon selbst vgL. Hertha Awecker. Das Crirorllcdri
elacense und Sein Verhältnis zu anderen Mondseer StlllSChiOnl-
in Mitt. d. Oberüsterr. Landesarchivs, 1952, S. 29- 42.
ili Guby, Hans Waldburger, Bildhauer Zu Salzburg, In Kunst und
ithandwßrk, 21. 1918, S. 373- 394, hier 385
liograohie Hans Waldburgersund seines Vaiers ausfuhrlicn Franz
her, Die erste Barockisierung der Stiftskirche St. P8181 und die
des Hans Waldburger, in. Festschritt St. Pater Stud. Mill,
idtktinerordens. .,93, 19815 527 552, hiels. 632 635. Die
agung in den Augsburger Hochzeitsamtsprotokollen vom 29. April
SiadtaichivAugsbiirg, HAP, hier Band II, i. 68. dem das Zitat ent-
nen ist, kann nuridie SChOh VOn Guby vermutete schwäbische Her-
Hans Leonhard Waldburgers beweisen Verzeichnet wird die Hei-
-Hans Leonhari Waltbuigei. Bildhauer und Burger lu Augsburg,
Elisabetha Bockspergeiin von Sailzburg. er Wallburgar hat sei
iuevernienerversenrieben. das syrhmedas Burgsrrachi erhalLbis
Ins athle erscheinen.
Neben den berühmten Skulpturen Meinrad Guggen-
bichlers beherbergt die ehemalige Benediktinerabtei-
und heutige Pfarrkirche Mondsee ein weiteres, für die
Geschichte der Barockplastik bedeutsames Werk, den
am Gebälk des Hauptgesimses mit MDCXXVI datierten
Hochaltar. Überlieferten die archivalischen Quellen
bisher nur spärliche NachrichtenÄ so hatte 1918
Rudolf Guby? als erster die Schnitzfiguren dieses Alla-
res dem Schaffen Hans Waldburgers zugeordnet. Mit
ein Grund für die durchaus berechtigte Zuschreibung
Gubys war seine Entdeckung des zugehörigen Fatima-
lervertrages vom O. März 626, dermitAnt0n Waldbur-
ger, einem Bruder des Bildhauers, abgeschlossen wor-
den ist.
Hans und Anton waren Söhne des aus Augsburg stam-
menden lnnsbrucker Hofbildhauers Hans Leonhard
Waldburgerund seinerersten,derSalzburgerKünstler-
familie Pocksberger entstammenden Frau Elisabeth,
die in der Salzburger Stadtpfarrkirche riim 70ten Jahr
umb Faßnacht Hochzeitf gefeiert hatten. Hans Wald-
burger ist von seiner Hochzeit am 11. Janner 1605 mit
Barbara Salvadori bis zu seinem Tod er wurd
12. Juli 1630 im Peterslrledhot begraben ausge
men weniger Reisen ununterbrochen in Salzburg
weisbar; die Annahme Gubys von einem langjäh
Aufenthalt Waldburgers in Eichstätt entbehrt
Grundlage.
Im Mondseer Hochaltar stehen neben dem zentr
oben rundbogig geschlossenen irSchreinri mit der
stellung der Marienkrönung. der die heiligen Wolf
und Benedikt zugesellt sind, je zwei das Hauptgt
tragende Säulen; zwischen diesen stehen in Nisr
die Figuren von Petrus und Paulus. über den Nischr
je ein Gemälde mit der Darstellung des Erzengels
hungsweise Mariens aus der Szene der Verkündii
angebracht. Ganz außen auf Konsolen steher
wSchreinwächteru die Statuen der Bayernher
Odilo, des Gründers von Mondsee, und Tassilo, se
Sohnes. Zwischen zwei stehenden Figuren am
gesims, Stephanus und Laurentius, erhebt sicr
anlaufenden Voluten mit den Wappenschilden von
Mondsee und Abt Mauritius 1616 1633 der Au
Mcndsee, Plarrkirche, Blick aus Richtung Orgelempore nacr
Osten
Mondsee, Flarrkirche, Mittelgruppe des Hochaltares
Auszuges, in dessen Mitte, umgeben von Putten und
en. die Freifigur des Patrons der Stiftskirche, des
lichael, steht. Auf den Gebälkskröpfen des Aufsat-
sitzen Putti. die jeweils in der äußeren Hand einen
wzweig, in der inneren einen Schild mit dem Wappen
er Karls VI. beziehungsweise dem von dessen
tahlin Elisabeth von Braunschweig-Wcltenbüttel-
eburg tragen. Die Anbringung dieser Wappen er-
wohl im Zusammenhang mit der Errichtung des
gen Fieliquienschreines um den Tabernakel durch
Bernhard Lidl im Jahre 1734f Den ursprünglichen
land der Predellenzone muB ein bei Guby erwähn-
damals aber iischon sehr schadhaftesti Votivbild
aigt haben, welches früher im Pfarrhof von Mondsee
iewahrt wurde, heute aber verschollen ist.
on das Wappen Karls VI. erweist, daß Waldburgers
im Laufe der Zeit einigen vRestaurierungenu und
inderungen unterworfen gewesen ist. An der Rück-
des Altares sind lediglich zwei kurze lnschrilten zu
in vRenoviert 187111 und wFlenovirt 177511, beide
ll zeitgenössischen Ursprungs Hatte Fludolph Hin-
uber 1869 den Mondseer Hochaltar als "den ge-
macklosesten von allen Altären der Stiftskirche?
eichnet, so notierte Eduard von Sacken zehn Jahre
ter vDer Hochaltar ist in edlen Renaissanceformen
geführt, alle Figuren tüchtig geschnitzt und bemalt;
ter, 1775, wurden noch häßliche Figuren hinzuge-
fügt. das Ganze 1871 renoviertß Abgesehen davon,
daß von Sacken keine Quellefürdie nHinzufügung häßli-
cher Figurenu angibt, nimmt Heinrich Decker, ebenfalls
ohne Quellennachweis und ohne Angabe von Gründen,
ndie Engel und Engelsköpfe im Aufsatz rund um die
Gestalt des hl. Michaels Waldburgersw für Arbeiten der
Werkstatt Meinrad Guggenbichlers in Anspruch und
datiert sie mit 1685 Gewiß kann genaues über das tat-
sächliche Alter dieser Figuren nur anläßlich einer
gesamten Einrüstung und entsprechenden Untersu-
chung des Altares ausgesagt werden. Jedenfalls ist die
Befestigung der beiden Putten neben der Hl.-Geist-
Taube mittels Drähten im obersten Teil des Mittelleldes
nicht die originale. Vor allem jedoch kann keine Rede
davon sein, daß, wie Wilfried Lipp noch 1981 festzustel-
len glaubte, Waldburgers Mondseerwerk die nur npar-
tiell übermalte Originalfassung-r" von 1626 trägt. Für
Leute, die archivalischen Nachrichten mehr vertrauen
als den eigenen Augen, sei überdie entstellende völlige
Neufassung des gesamten Mondseer Hochaltares im
Jahre 1937 aus den Akten des damaligen Landeskon-
servators für Oberösterreich folgendes zitiert wDie in
Restaurierung befindlichen Statuen habe ich bei Faß-
maler Firlei besichtigt. Hiebei konnte ich mich davon
überzeugen, daß unter der Fassung, die vom Ende des
vorigen Jahrhunderts stammt, nur bei einer Statue eine
entweder barocke oder vielleicht sogar aus der Entste-
Worigau bei Neumarkt am Wallersee. Filialkirche. Hans
Valdburger, Marienkrönung, getaßtes Lindenholzrellel, um
625
erkungen 18
lronicon wie Anm. 1. hier s. 443- 449 Conslmilem idem Abbas
lemnitatem anno sequente1732 corpori Cunradl Marlyris er Abba-
nosui impendil, quos Passavrr in iusiam homlnis starurum Cnrrlposl-
gemnis ac urlionrhus exornaturrudiel9Apr1l1sredux advenli, ipsa
minica lI'l Abbaus translatrone lestiva honoraium, alque in summa
clesiae clauslralis Altari reposttum. scrinioque deaurato lnclusum
fesltvitale octoduanis vicrnarum Parochiarum Processronibus
lemnitata.
Datum 1775; Otto Schmid, Beiträge zur Geschichte des ehemali-
Benedictiner-Stittes Mondsae in Oberösterreich, in Stud Miit d.
nediktinerordens ...3.15a2und4,1aa3,rrrar4.1aßs.S.104-Scngn
halbes Jahr nach dem Amtssntritte des Abtes Opportunus Dunkl
11. 1773, am 9. Mai 1774 trat das Sun ein verheerender Brand ..
lS Sun blieb erhalten, nur brannte die ganze Dachung weg...
dolph Hinlerhuber, Morldsee und seine Umgebung, Wien 1969, hier
uard vOrl Sacken, Die Kirche der ehemaligen Benediktiner-Abtei
mdseein Ml1t.d.k kßentralßommissiom. .,NF5, 1875849138
hier S. 53.
rinrich Decker, MeinradGuggenbichler, wian 1949. Kstalognummer
auf S. B2.
llried Llpp llTi Katalog der Ausstellung wDas Mondseeland
schichte und Kulturn Ooerbsterreichlsche Landeseusslellung
B1, hier Katalognurnmer aul 467 4GB.
ten des Landeskorrservators für Oberösterreich damals Dr. Erwin
iniSCrl, Ordnungsnummer Zl 778136, hier Zitat nach Aktenvermerk
11 17. Februar 1937, im Bundesderikmalamt, Amt des Landeskonser-
orsfürüberbsterreioh in Linz. Ich darlauch an dleserStelle Herrri
wdeskonservator Hofrat Dr. Wlblral für die Seirlerleit gewährte
aubrliS zur Akteneinsicht herzlich danken.
Anm. 10, hier Zitat als Aktenvermerk vnm 17. Jänner 1938.
ip wie Anm. 9.
thar Pretzeti, Salzbnrger Barockplasttk. Berlin 1535, hier S. B.
l. Anton Legner in' Katalog der Ausstellung lSpätgoltk in Salzburg
lslik und Kurlstgewerbec, Salzburg 1976. hier Nr 352 aul S. 164 bis
mit aller älteren Lit. Kurt GSCriWintler, Naturwissenschaftliche
tersuchungen am Jüngling vom Magdalensberg. In. Mitt blati der
lseen Osierreichs. NF H31, 198115 105- 108.
diesem Problem Franz Wagner, Zur Tätigkeit Veii Eschays als Hot-
ihauer des Salzburger Erzbischols Wcll Dietrich von Fialtenau.
und moderne Kunst. 23, 1978. Heft 159, S. ii i5
a-Nortrud Kaiser. Der Skulptieite Altar der Fruhrenaissance in
utschlarid. Bde. FrankrtmlM 1978
aodor Mutter, Deutsche Plastik der Renaissance DIS zum Dreiergish-
an Krieg, Konigsleinrraunus 196a. s. 14
red Schadlar Ka1aldg der Ausste ung -WeIl im Umbruchu, Augs-
19ao, hier Bd. ll. s. 160.
hungszeit stammende Fassung im Gesichte vorhanden
ist. Diese wird als Anhaltspunkt türdie neu herzustellen-
den Flelschlassungen dienen. Von der unter der letzten
Fassung vorhandenen Vergoldung der Gewänder kann
nichts erhalten bleiben, weil die zuletzt angebrachte
Bronzierung sich so test mit der darunter befindlichen
Fassung verbunden hat, daß diese bei der Entfernung
der letzten Fassung sich gleichfalls loslöstnm Das
Ergebnis der wRestaurierungu von 1937 spiegelt sich in
den Schlußworten der Vermerke des damaligen Lan-
deskonservators, deren makellos iarockanische For-
mulierung wahrscheinlich einen Fritz von Herzma-
novsky-Orlando in hellste Freude versetzt hätte "Nach
der Fertigstellung wurde mir bekannt, daß der Alter zu
neu wirke. Es muß nunmehr auf die natürliche Patinie-
rung gewartet werden daher ad Actalr"
Auf der wschwarz-gotd dominiertenk und somit wie
noch zu zeigen sein wird historisch falschen Neube-
malung von 1937 mag vielleicht die Meinung beruhen,
daß der Mondseer Hochaltar rwdie Auseinandersetzung
renaissancezeitlicher Stiltendenzen mit älteren Tra-
ditionen zeigtrr". daB in ihm wdie Überlieferungen der
deutschen Spätgotik sprechem". Nun ist für die Kenn-
zeichnung der um 1800 einsetzenden und etwa mitdem
Mondseer Hochaltar im wesentlichen abgeschlosse-
nen Entstehung des frühbarocken Schnitzaltares im
Gebiet zwischen Donau und Alpen kaum ein Begriff
irretührenderalsderderTradition,alsderderÜberllete-
rung. Die Tradition wie die Überlieferung zur Spätgotik
hin war doch bereits spätestens dann gebrochen, als
etwa der rJüngling vom Helenenbergerr, jene 1502 auf-
gefundene antike Großbronze eines Epheben", seinen
Einzug in die Residenz der Salzburger Erzbischüle hielt,
als derSalzburger Bürgermeister und mit Venedig Han-
del treibende Kaufmann Waginger seinen Vornamen
Virgil in Vergil umwandelte, als dem nackten menschli-
chen Körperdas besondere Interesse eines Meisters IP
und seiner Zeitgenossen galt"; Ute Kaiser's hat die
Unterschiede des skulptierten Altars der Frührenais-
sance in Deutschland zum dem der Späten Gotik ein-
deutig festgestellt und beschrieben. Der abermalige
Unterschied, derdes frühbarocken Altares nördlich der
Alpen zu diesen Renaissancealtaren, ist so betracht-
lich. daß tatsächlich von einer i-Wiedergeburt des
SchnitzaltaresWzu sprechen ist. SolcheWiedergebul-t
hat aber nichts mit Tradition zu tun, sondern ist etwas
ganz anderes. ist derbewußte Rückgriff auf Formen aus
einerwguten alten ZeituvordenJahrenderReformation.
was wohl aus Vorstellungen von einer eigenständigen,
cisalpinen Gegenreformation resultiert."
Historische Begriffe sind wie Münzen. die man durch
die Hand gleiten läBt. ohne die Prägung genau zu
betrachten. Hubert Jedln, der große Geschichtsschrei-
ber des Tridentiner Konzils, hat in einer ebenso knappen
13
aufschlußreichen Studie gefordert. daß man die
iffe rrKatholische Reformer und rrGegenreforma-
nicht im Sinne von einem Entweder-Oder, sondern
einem Sowohl-Als-auch verwenden solle nDie ka-
sche Reform istdieSelbstbesinnung derKircheauf
tatholische Lebensideal durch innere Erneuerung,
iegenreformation ist die Selbstbehauptung der Kir-
Kampf gegen den Protestantismusß"
im Sinne solcher Selbstbesinnung wie solcher
stbehauptung kann man am Beispiel eines sozusa-
iußeren Merkmals des Mondseer Hochaltars nach-
en,daßderwwiedergeboreneu Schnitzaltardesfril-
BarocknichtsmitwTraditionuzu tun hat, sondern mit
bewußten Setzen von Zeichen, die dem Bildbedürf-
nd Bildbekenntnis eines neuen Zeitalters entwuch-
DerrundbogigeAbschlußdesMittelsiücks,diebei-
auseinandergerückten Doppelsäulen daneben mit
iiguralen Darstellungen zwischen ihnen. das breite
atgebälk und die bekronende Freifigur des wSie-
darüber sind doch wesentliche Merkmale der
mittelalterlichen Ehrenpforien wle deren Vor-Bil-
der antiken Triumphbogen, die ihrerselts ßzum
für eine Wohltat oder zum Gedächtnis an ein
gnis von besonderer Tragweite errichtet-r wur-
im Sinne der Gegenreformation wird also auch
iondseer Hochaltar der Triumph der nmit Kampf-
geist erfüllten ganzen Kirchen" sichtbar. Im Sinne der
katholischen Reform aber wird bewußt auf ein Gedan-
kengut spätgotischer Altarretabel" angespielt. Diese
Retabel sind auf manche ihrer Eigenschaften hin unter-
sucht worden. zum Beispiel auf die eines Reliquien-
schreins." Meines Wissens ist jedoch bisher nicht
beachtet worden, daß die Skulpturen in den spätgoti-
schen Schreinen unter Baldachinen stehen, deren Vela
von Engeln gehalten werden, daß also diese nSchreiner
auch als Throntabernakel" und somit als Herrschafte-
zeichen"; autgefaßt werden können.
"Es lag nahe, daß man die Gestalt der Ehrenpforten und
Triumphbogen in den neuzeitlichen Festdekorationen
auch dann verwendete. wenn ein Durchschreiten nicht
notwendig warm" Die von Abt Christoph Wasner 1592
bis 161 begonnene innere Reform des Klosters Mond-
see wurde von seinem Nachfolger Mauritius Faber
1616-1633" auch nach außen hin vollendet Am
Ende der Hauptachse der Abteikirche, am Ende einer
durch keinen Lettner mehr gestörten wvia sacrak steht
seit 1626 ein monumentales Triumph- und Herrschafte-
zeichen des neu gefestigten katholischen Glaubens
Abb. 2.
Wenn so der Mondseer Hochaltar am Anfang einer
neuen Zeit steht Lothar Pretzell behauptete 193?
das Gegenteil wenn hier das Bild des Altar- und Kir-
Hans Waldburger. hl. Petrus. 1805. Von einem ehem
Hochaltar der Stiftskirche St. PeterISalzburg heute
der Museum cf Art, LawrencelKansaslUSA
Hans Waldburger. hl. Thomas, 1613. Vom ehemaligei
der Bartholomauskapelle in der Stiftskirche St. Pete
burg heute Annaberg bei AbtenauISalzburg, Frie
Kapelle
Hanswaldburger, hl. Benedikt Attribute modern, irür
Lecnhardu, 1625. Vom ehemaligen Seitenaltar im süc
Querarm der Stiftskirche St. PeterlSalzburg heui
abtei St. PeterlSalzburg
HensWeldburger,hLBenedikt.1628.Vomehemaligen
altar der Benedlktinerinnenstiftskirche Nonnberg in Sa
heute Fillalkirche Scheflau bei GolllnglSalzburg
Anmerkungen 19 27 Anm. 28 34 s. S. 16
Hubert Jedln. Katholische Reformation oder Gegenreiormati
Gegenreformation. hrsg. von Ernst Walier Zeeden Weger
schung Band 311i, Darmstadt 1973, s. 4a a1, hier s. a0,
Heinz Kahler,ArtikeiTriumphbogeri, in Reailexikun Pauly-W
VII, 1939, S. 373 493. hier Sp. 373.
Jedin wie Anm. 19, hierS 75.
Zur Definition des Begriiies rReiabel-z Walter Paatz. Siiddi
Schnitzaliäre der Spätgoiik. Heidelberg 1963.
Harald Keller, Der Flügelaltar als Reiiquiehschrein, lli. Siu
Geschichte dereuropäischerr Plastik Festschrift rürTheodo
zum 19. Ami! ises. München rsss. s. 125-144.
Andreas Aiicioi, Die Geschichte des Thmntabernakels. in La
Clio, v2, Brüssel 1949150, s. 537- sss.
Vgl Franz Wagner. Die Siegelbilder der Salzburger Erzhisch
Spltmlltelalters. m. alte und moderne Kunst. 23. 197a, H4
s. 12 re.
Hans-Merlin von Erfia. Artikel nihrenpforteu. Fleallexikun u.
schen Kunstgeschichte. IV. 195a. sp. 1443- 1504. hier Sp.
rFaber- Iatinislen aus i-Schmidir; zur Klosterrefdrm vgl. Chroni
Anm. hier S. 375,
atrons bewußt in den oberen Teil des Altars
tw wurde, so wurde mitderzentralen Darstellung,
bewußt und nicht aus Tradition. die Spätgotik
und zwar mit einem ihrer beliebtesten Themen,
er Marienkrönung.
tleinen spätgotlschen Filialkirche zum hl. Martin
gau bei Neumarktam Wallersee hatsich eine der
ruppe des Mondseer Hochaltares sehr ähnliche
erhalten. Es ist ein 108 cm breites und insgesamt
hohes, gefaßtes Lindenholzrelief mit der Dar-
der Marienkronung, welches in dem 1913
anenen zehnten Band der Österreichischen
apographiealsvorzüglicheSalzburgerArbeitder
1600 bezeichnet worden ist." Eine 1962 vor-
mene Abnahme eines Öltarbenanstrichs des
19. Jahrhunderts ergab, daß es sich um ein
ändiges Werk Hans Waldburgers handeln muß"
unktderoben rundbogig geschlossenen Darstel-
die kniende, nach links aufwärts blickende
na, die die Hände wie zum Gebet gefaltet hat.
diagonal schräg über der Madonna halten im
Teil des Bildteldes Christus und Gottvater die
über dieser schwebt die Taube des HI. Geistes.
der Madonna sind zwei adorierende Engel ange-
die in ihrer Haltung Sitzfiguren auf Segmentgie-
beln entsprechen. Die handelnden Gestalten knien oder
sitzen auf über die ganze Fläche verteilten Wolken; Put-
tenkopfe und spielende Putten bevölkern die Szene.
Ein formaler Vergleich dieses Reliefs mit der Mittel-
gruppedes MondseerHochaltaresergibtnebenzahlrei-
chen verschiedenen Einzelheiten ebenso zahlreiche
gleiche. Die Madonna kniet in beiden Werken mit ihrem
etwas zurückgenommenen Knie auf einerWolkenbank.
ln Pfongau ist dieses Knien jedoch nur ein leichtes,
undifferenzienes, schwebendes, whimmlischesu; die
Zehen des rechten Fußes, der wie abgerutscht er-
scheint, lugen unter einer großen Manteldraperie her-
vor. In Mondsee ist der rechte Unterschenkel ganz in die
Horizontale heraufgenommen, das Knien wird dadurch
sicherer, körperhafter, uirdischerk. Die Oberkörper mit
der Gestik der Hände sind spiegelbildlich gegeben. der
Kopf der Mondseer ist gesenkt und der Blick der Augen
aufwärts gerichtet, in Pfongau ist auch der Kopf etwas
gehoben. Der Oberkörper Christi ist beide Male gleich
ausgebildet. Während der Mondseer Christus frontal
sitzt und den Oberkörper gedreht hat, sind bei der Pfon-
gauer Figurdie Beine in die Relieffläche und damit in die
Körperachse genommen. Gottvater thront, in beiden
Fällen fast ganz gleich, frontal. den Kopf gesenkt, das
linke Bein etwas hochgezogen; auch hier lugen die
nackten Zehen unter dem Mantel hervor. Verblüffend
ähnlich ist die Haltung der auf dem Weltkugelsze
ruhenden linken Hand Gottvaters Daumen und Zr
finger umgeben das Kreuz des Szepters, der dritte
der vierte Finger sind zusammengenommen, wäh
sich der zweite beziehungsweise der fünfte von dit
abspreizen. Gänzlich verändert gegenüber Pfonga
in Mondsee der untere Bereich der Komposition.
knienden Engel sind durch die Standfiguren de
Mondsee besonders verehrten Heiligen ersetzt, dl
die des Gründers des Ordens Benedikt und die
Wiedererneuerers des Mondseer Klosters im 10.
hundert Wolfgang.
1626 stand Hans Waldburger auf der Hohe se
Ruhmes" und war mit Aufträgen überhäuft."
selbstverständlich. daß er alle diese Arbeiten
allein bewältigen konnte. Wir kennen drei hervc
gende Bildhauer. die während der Arbeit am Mond
Hochaltar in Waldburgers Werkstatt als seine Gese
tätig waren Den damals 22 Jahre alten Ferdinand
mann,der nach dem Todewaldburgersdie Augsbu
Werkstatt seines Onkels Christoph ll Murmann
nahm und dort am 20. Oktober 1675 verstarb";
damals 23 Jahre alten Hans Pernegger wden jüi
remr, der dann Waldburgsrs Werkstatt in Salzt
weiterführte". und den damals 24 Jahre alten Ja
Gerold, dessen Vormund Hans Waldburger ab
gewesen war. Wenn hier nun eine Gruppe von vier
eigenhändigen Standliguren Hans Waldburgers abge-
bildet ist Abb. 5-8. die in meiner Arbeit von 198235
eingehend besprochen wurde. so wird damit der Unter-
schied dieser Skulpturen zu den Standtiguren Petrus-
Pauius und Benedikt-Wolfgang im Hauptgeschoß des
Mondseer Hochaltares deutlich. So deutlich. daß bei
KenntnisderspälerenWerkederdrei genannten Gesel-
ien in diesen Standliguren die einzelnen Hände genau
unterschieden werden können. Diese Unterschiede hat
mit großem Einfühlungsvermögen Johannes Ramhar-
ter in seiner soeben abgeschlossenen Wiener Disserta-
tion über Leben und Werk des Jakob Geroid überzeu-
gend beschrieben.
Für die Herkunft des Pfongauer Reliefs aus der Abtei
Mondsee sprechen biographische Notizen zum Leben
eines der Mönche" P. Georg Socher wurde am 6. Au-
gust 1747 in der Gemeinde Neumarkt am Waiiersee
geboren. möglichenueise in Pfongau selbst. Nach Able-
gen der Profeß und nach der Priesterweihe wurde er
1774 Professor für Philosophie an der Universität Salz-
burg und ieltetedas Stift nach dem im Jahre 784 erfolg-
ten Tode des Abtes Opportun Dunki als Administrator.
Nach der durch kaiserliches Dekret vom 20. Oktober
1791 befohlenen Aufhebung der Abtei Mondsee war
P. Socher Pfarrer in dem Pfongau benachbarten Straß-
waichen und verstarb dort am 26. November 1807. So
wäre der Weg eines Kunstwerkes aus der Pralatur der
Abtei Mondsee in eine Kirche des Heimatortes des letz-
tenAbteiadministratorserkiarbanwomitdas Plongauer
Relief in einen engeren Zusammenhang mit der Entste-
hungsgeschichte des Mondseer Hochaitares gestellt
werden kann.
Der Auftrag für ein spätgolisches Altarretabei hatte
stets einen rRißu. eine nVisierungx vorausgesetzt
plastischen Bereich hatte der mittelalterliche Hütten-
betrieb nur das origlnalgroße Modell im Maßstab 11
gekannt. Ebenso wurden im Bereich der Malerei keine
Skizzen im kleinen Format verwendet. sondern nur der
originalgroße Vorentwurf auf der zu gestaltenden Fla-
che selbst. die sogenannte Sinopie." Erste plastische,
skizzenhaft vorbereitende Entwürfe für eine Skulptur,
die eine Zeichnung ergänzen oder ersetzen können,
tauchen im 5.Jahrhundert auf. 482 ist zum ersten Mal
die Anwendung des Begriffes Bozzetto nachweisbar.
und zwar für eine kleine Tonskizze Verrocchios zu des-
sen Christus-Thomas-Gruppe an Or San Micheie nla
boza principio di si beila cosaw". Obwohl die Termine
iogie der Unterscheidung von Bozzetto und Modeiio
schon im 16. Jahrhundert fließend war". wäre doch
zwischen Studienarbeiten innerhalb des Schaffenspro-
zesses und dem für den juridischen Verkehr mit dem
Auftraggeber notwendigen Vertrags- oder Ausfüh-
rungsmodeilo.aisosinngemäßzwlschen wdisegnox und
wexempiuml. der Unterschied klarzustellen. Bei dem
Pfongauer Relief kann es sich seinem nmodeilou-haften
Charakter nach nur um ein nexemplumu. nur um ein für
denAuftraggeberbestimmtes undineinem Zusammen-
hang mit dem juridischen Kontrakt stehenden Werk
handeln. also um das. was man dann in den österreichi-
schen Klostern als nPralaturstücki bezeichnete. Jeden-
falls schließen die hervorragende Qualität des Pfon-
gauer Reliefs wie die kleinen formalen Unterschiede zu
dem Mitteiteil des Mondseer Hochaltares aus. daß es
nach diesem gearbeitet wurde. Daß Waldburger italie-
nische Werkstettgewohnheiten gekannt hat. steht
außer Zweifel. Abgesehen davon, daß er in Salzburg
eine Italienerin geheiratet hatte. war er gewißwie seine
Kollegen Michael Pernegger" oder Veit Eschay" auf
Wanderschaft in Italien gewesen.
Um nochmals von der nWiedergeburt des Schnitzaita-
res im frühen 17. Jahrhundert zu sprechen 1605 bis
1606 errichtete Hans Waldburger in der Benediktiner-
abteikirche St. Peter in Salzburg einen neuen Hoch-
alter" der Saizburger Historiograph Johannes
Stalnhauser" war in seinen zeitgenössischen Kirchen-
beschreibungen ein braver Abschreiber alles dessen,
was er auf Abiaßtafeln und ähnlichen anderen Doku-
menten lesen konnte; künstlerische Eigentümlichkei-
ten berührten ihn jedoch fast nie. Umso größerer
Bedeutung kommt daher Stainhausers Bemerkung zu.
wenn er diesen Altar einen vdurchbrochenenu. ja sogar
einen ndurchiichtetenk nannte. Zwar bildeten diese
Altäre wie einst in der Spätgotik Körper im Raum. ihre
Schreine waren aber keine in sich geschlossenen
Gehäuse mit bemalten Flügeltüren mehr. Vielmehr bil-
deten sie rahmende Gerüste für vieifigurige plastische
Kompositionen, deren Dramatik durch die bewußte
Lenkung des jeweils nach Entfernung der mittelalterli-
chen Glasgemäide voll einfallenden Tagesiichts noch
gesteigert wurde. insbesondere bei den freistehenden.
bei den wdurchiichtetenir Figuren wie bei dem Michael
des Mondseer Hochaltars.
FastgleichzeitigmitwaidburgerserstemHochaltarbau
für St. Peter" wurden in der Reichsabtei St. Ulrich und
Afra zu Augsburg durch Hans DegierausWeilheim 1604
der neue monumentale Hochaltar und 1607 die beiden
großen Seitenaltäre geschaffen, norignelle Versuche.
die Erscheinung des spätgotischen Schnitzaitares, sei-
nen hochstrebenden Aufbau und seine räumliche Viel-
falt mit antikischen Gliedern und mit fruhbarocker.
dekorativer Pracht zu verbindenix".
Nachdem in der rRenaissancew nur geringe Hinzufü-
gungen von Farbe bei den kleinplastlschen Bildwerken
schon zu einer Unterscheidung bestimmter Partien der
Oberfläche genügt hatten während im großen For-
mat Bronze und Marmor schimmerten war in den
oben genannten Werken die Farbe wieder zu einem
wesentlichen Bestandteil der biidnerischen Vorstellung
geworden. Leider ist nach Mitteilung des Stiftsarchivs
Reichersberg der eingangs erwähnte Faßmaiervertrag
mit Anton Waldburger derzeit dort nicht auffindbar.
Aber nicht nur durch den Vergleich mit der restaurier-
ten Fassung von Degiers Aitären in St. Ulrich und Afra
wissen wir. daß die 1937 erfolgte. rschwarz-goid domi-
nierte-r Neubemalung des Mondseer Hochaltares nicht
dem ursprünglichen Zustand entsprechen kann. in dem
Kontrakt vom 28. August 1628 zwischen der Äbtissin
des Benediktinerinnenklosters Ncnnberg in Salzburg
und Hans Waldburger über die Errichtung eines neuen
Hochaltares für die Klosterkirche" heißt es ausdrück-
iich. daß alle ornamentaien Verzierungen am Altar ver-
goidet, der Altaraufbau selbst jedoch wweiß und gemar-
beiliert zu fassen seien. Diese blaue Marmorierung auf
weißem Grund ist heute noch auf dem seit 1853 in der
Filialkirche in Scheffau bei Goiling" aufgestellten Altar
genau zu studieren. Auch fürdie Fassung der einzelnen
Skulpturen wurden genaue Anweisungen gegeben."
Aus dem Vergleich solchervertragstexte mitdem heuti-
gen Zustand mancher Kirchenausstattungen kann man
sich ungefähr ein Bild von der Größe der Beschädigun-
gen oder gar dertotalen Verluste von originalen Fassun-
gen machen. die durch verantworlungslose Kirchen-
maleraus deren Unkenntnis der Eigenart der ursprüng-
lichen Oberflächengestalt entstanden sind. Wie wohi-
tuend überzeugen da vorzügliche Konservierungen
durch hervorragende Restauratoren. wie sie etwa auf
Seite 10 dieses Heftes abzulesen sind. Und wenn
sich Gudrun Rotterdurch die Nichtbeachtung aller spä-
teren Veränderungen verleiten ließ. nzwischen dem
distanzierend überfeinerten Klassizismus des Mond-
seer und dem volkstümlich derben Barock des Nonn-
berger Aitares einen unvereinbaren Gegensatzus" zu
erblicken. so ist solches nur ein Beispiel mehr für die
Unsachiichkeit mancher kunstwissenschaftlicher
wAussagenii, die. aus weichen Gründen auch immer.
darauf verzichten. vor allem anderen den originalen
nTextit eines Kunstwerkes in ihre Überlegungen einzu-
beziehen.
in Degiers und Waldburgers großen Aitären wurde
durch alle beschriebenen Faktoren eine völlig neue.
eine nveristischeir Sinnfäiiigkeit plastischer Darstellung
erfunden und erreicht. rrwie solche Anschaulichkeit
gewiß auch aus einem inneren Zusammenhang mit den
Tendenzen des geistlichen Schauspiels der Gegenre-
formation resultierten". Wie der Vergleich der Marien-
krönungsgruppe des Mondseer Hochaltares mit dem
Relief in Pfongau gezeigt hat. kam dabei selbstverständ-
lich dem bildlichen Zentrum des Aitares eine besondere
Bedeutung zu. "Das Relief im Schaffen Hans Waldbur-
gersu wird daher das Thema meines Beitrages in einem
der weiteren Hefte dieser Zeitschrift bilden.
Anmerkungen 28 51 Anm. 28 34 s. Text S. 14. 15
Pretzeli wie Anm. 13. hier
Öslerr. Kunsttopographie 10. 191a. hier s. 115.
FranzWagner.SaizburgerDenkmaipflege1960 -19621n'Mitt Ges. 1.
Saizb. Landeskunde 103. 1963. S. 71 -92, hier S. 78- 79 und Ta-
fel 7.
Wle die Steuerbeschreibung der Stadt Salzburg aus dem Jahre 1623
vermerktuandesarcnsalzb .GBh.ArCh.XXVil. 15. verfügten damals
Waldburgers Kollegen Lorenz Kreuzthaler. Matthäus Murmann und
Hans Konrad A598! über ein steuerbares Vermögen von jeweils 200
Gulden. das steuerbare Vermögen in bar von 5000 Gulden des Hans
Waldburger dazu kam nOCh das Eigentum von Hausarn hatte
damals kein anderer Künstler in Salzburg aurluweisen. nur einige Kauf-
ieute hatten solchen Besitz
Sowar zum Beispiel der am29..luii lßaüverbrannte Hochaltarder Pas-
sauer Franziskanerkirche -von dem beruemblen Billhauer Wallburger
zu Salzburg gemacht geweslu BayHStA. Hochsliftsiiteralien Passau.
Lit. Nr. 1547 Bericht des Salzbeamlenvon St. Nikula über die Errich-
tung eines neuenHochaitaresdurch JohannSeitzan Kurfürst Max Ema-
nuel. Auch der 1628 aufgestellte und 1702 verbrannte Hochaiter der
Stiftskirche Schlägt war von Waldburger geschaffen worden P. Ever-
mod Hager. Die Kunstdenkmlller des Stiftes Schlägl, Linz 1918. hier
17 18.
Franz Wagner. Matthäus Murrnann und die künstlerischen Beziehun-
gen zwischen Augsburg undsaizburg in der Zeit um 1600. m1 Jb. d. Ver.
für Augwurger Bistumsgeschichte. 17. 1983. S. 152-196.
Franz Wagner, Die Salmurger Bildhauer mit dem Familiennamen
Pernegger. in Vorbereitung.
Wagner wie Anm. a.
P. Pirrnin Lindner OSB, Das Proreßbuch der Benediktinerabtei Mond-
see. in Arch. Gesch. D102. Linlt Beilage zum Linzer Diözesanbialt.
2. 1915. S. 133- 190. hier S. 180.
S0 heißt es zum Beispiel in dem mischen dem Abt von Mondsee und
Michael Pacher am 13. Dezember 1471 abgeschlossenen Venragüber
dieErrlchtung des Aitaresinoerwalilehrtskirchevon Shwollgang Zlt.
MIÖG 33.1912. S. 481 482 IVOn erst ist Zu merken. das dy 1816i S01
gemacht werden nach dem auszug und visierung, als er Facher uns
hat zubracht gen Männsee IWBltGrB Beispiele bei Hans Huth. Künstler
und Werkstatt der Splttgotlk. Darmstadt 1957.
Robert 081'181. Wandmalerei und Zeichnung in Italien Die Antange
der Enfwurrszelchnung und ihre monumentalen Vorstufen. in Mitt. d.
kunsthist. Inst. Florenz 5. 1940. S. 217 313. hier S. 220- 222.
Harald Keller. Artikel r-Bozzetton in! Reallexikon der Deutschen Kunst-
geschichte. ii. 1948. hier S9. 1081.
Oertel wie Anm. 35. hier S. 239 240.
Wagner wie Anm. 34.
Wagner wie Anm. 15. t1lEl Regesten auf S. 15.
Wagner wie Anm. 3. hier S. 645.
Wiiilbald Hauthaiered. JohannesStainheuser, Das Leben, Regierung
undWandei. .WoilDie1richen.gewesten Ermlschoien zu Selzburg.in1
Mitt. G68. i. Salzb. Landeskunde 13. 1873. S. 140. hier Nr. 172 auf
S. 95; dazu Wagner wie Anm. 3. S. 544 645. Zu Stainhausier Hans
Ospaid. Johann Stalnhauser. Ein Salzburger Historlograph des begin-
nenden 17. Jahrhunderts 1570 1625. in Mitt. d. Ges. Saizb. Len-
deskunde 1101111. 197011971. S. 124.
Wagner wie Anm. 3. hier S. 644 645.
Tliman Breuer. Stadt Augsburg Bayerische Kunstdenkmaie. Mün-
chen 1958. hier S. 44.
Der Kontrakt im Wortlaut zitiert in Österr. Kunsttopographie 1911,
S. XLV XLVi.
Eduard Angermenn. Krrchenluhrer nGcliiing und seine vier Kirchem.
Salzburg 1966. hier S. 14. mit weiterer Lit.
Zur Literatur über die Geschichte der Farbfassung vgl A. Ballestrem.
Scuipture polychrome Bibliographie, in' Studles in Convarsation 15.
197D, Nr. 4. Ferner. Thomas Brachart. Die Techniken der poly-
chromen Hoizskuiptur. in Maiteohnik-Restauro, 1972. S. 15a 11a und
S. 237 264.
Gudrun Retter. Die Entwicklung des österreichischen Altarbeues im
17. Jahrhundert, Maschschr. Dlss. Unlv. Wien 1956. hier S. B5.
Müller wie Anm. 17, hier S. 15.
Sri
1G
rhard P. Woeckel
emerkungen zur deutschen
arockmalerei
Wand der Besprechung der Neuauflage
'84 des Kataloges der Deutschen
rockgalerie in Augsburg
ldrlsche Kunstsammlungen AugsburglBayerische Staats-
äldesammlungen. Deutsche Barockgalells. Katalog der
älde.
te vermehrte und überarbeitete Auflage. Orig-Brosch.
S., Signaturentafel mit 87 Fakslmileabbildungen. 135
rarzweißabblldungen. Augsburg 1984, DM 18.-, ca.
26.-.
H. Schönleld, wll Tem Die Zeit als Allegorie der Ver-
ngllchkeit. um 1645. llLeinwand, 102 77 cm. Augsburg,
rutsche Barockgalerie Inv. Nr. 12177
erkung
Zur Erorrnung der Deutschen Eardckgalerie ll1 Augsburg am 2. Mal
In Kunstchronik. 23. Jg" NOV. 1970. Heft 11, 313 320
Wenn man von E. Hubalas großer Monographie 1981
über Johann Michael Ftottmayr einmal absieht, steht es
außer Frage, daß die Beschäftigung mit der deutschen
Barockmalerei heutzutage eher rückläufig ist. Eine
ausdrücklich hervorzuhebende Ausnahme ist jedoch
die Publikation
Deutsche Barockgalerie Augsburg. Katalog der
Gemälde"
Es verdient bemerkt zu werden, daß die hier anzuzei-
gende Neuerscheinung im wahrsten Sinne des Wortes
ein i-Handbucha ist, wie die Maße 19 12,5 2,9 cm zei-
gen. Die Bearbeitung der ersten Auflage des Augsbur-
ger Galeriekataloges lag in den Händen des allzu früh
verstorbenen Kollegen Ekkehard von Knarre, während
die zweite seit 1975 durch Gode Krämer erfolgte. Aut-
grund einiger hier zu erwahnenden Zahlenangaben ist
es möglich, den erfreulichen Zuwachs der Galerie fest-
zustellen. Der neue Katalog wurde um nichtweniger als
65 Gemälde vermehrt. Mehr als die Hälfte der Bilder
wurde seit der ersten Auflage des Kataloges durch die
Stadt Augsburg erworben. Aus altem Galeriebestand
kamen 30 Gemälde hinzu. Bedeutende Leihgaben wer-
den dem Kreis der Freunde und Förderer der Städti-
schen Kunstsammlungen Augsburg sowie der
Sammlung Georg Schäfer, Schweinturt a. M.
verdankt.
Sehr zu loben ist, daß auf eine Anregung unsererseits
der zweiten Auflage des erstmals 1970 erschier
Kataloges inzwischen ein ikonographisches Verz
nis 299 31 hinzugefügt wurde. Sehr begrü
wert ist eine ebenfalls erst jetzt erstellte Slgnat
Tafel mit 87 Faksimiles.
Angesichts des knappen hier zur Verfügung stehe
Raumes wird man gewiß das nötige Verständnis
aufbringen, wenn wir uns anschließend nur mit
exemplarischen Werken beschäftigen. die den
stand der Deutschen Barockgalerie entnommen
Die ganze Verzweiflung eines Jahrhunderts, das
Katastrophe des nicht enden wollenden Dreißig
gen Krieges verstrickt war, ist in einem in jenerZei
geführten Bild Inv. Nr. 12.177 in einer gera
beklemmenden geistigen Aussage dargestellt
S. 223 f., Abb. 19. Es wurde um 1645 von Johann
rich Schönfeld 1609- 1684 gemalt Abb. 1. Bez
nendenneise ist es wll Temporx Die Zeit genannt.
eineAllegoriederVergänglichkeit.xllTempo-rersc
am Sockel eines Tisches, an dem als Hauptfigu
meditierender Chronos, der antike Gott der Zeit,
Es ist gar keine Frage, daß das Bild, das J. H. Schö
auf dem Gipfel seiner Meisterschaft gemalt hat, Zl
bedeutendsten Werken gehbn, welche die Deut
Barockgalerie aus der Mitte des 17. Jahrhunr
besitzt.
Wie eine solche Vanitas-Allegorie der seifenblasi
B. Denner J. van Schuppen de P. Ferg -F. W. Tamm
Neuzuschreibung nFamilienbild-n, vor 1725. OllLeinwand,
1265x1425 cm. Augsburg, Deulsche Barockgalerie
lnv. Nr. 12170
B. Denner J. van Schuppen Fde P. Ferg F. W. Tamm,
wDrei Kinder des Ratsherm Banhold Heinrich Brockesu, vor
1725. ÖlILeinwand, 110x172 cm. Hamburg. Kunsthalle
lnv. Nr. 36
Putto. ein Motiv, das auf einen 1594 datierten H.-
Goltzius-Stichzurückgehnsich andererseitsbisweitins
1B. Jahrhunderthineinverfolgen läßt, zeigt ein Stilieben
als Mementori mori Augsburg. Deutsche Barockgaie-
rie; lnv. Nr. L707; Kat. S. 23f..Abb.41 ;Slgn. 1. Eswurde
von dem böhmischen Maler Johann Adalbert Anger-
meyer 1674-1740 geschaffen.
Eine in jeder Hinsicht andersartige Konstellation zeigt
sich, wenn wir als zweites Augsburger Gemälde eine
querformatige Komposition mit dem Kurztitel nFami-
llenbiidu betrachten Augsburg. Deutsche Barockgale-
rie; lnv. Nr. 12.170; ÖlILw.; 126,5 142,5 cm; Kat. S. 189
Abb. 56 als rNorddeutsch um 1730-1 Abb. 2. Um mit
dem diesem Gemälde zugrundeliegenden Bildpro
gramm zu beginnen, istdarauf hinzuweisen, daß dieser
Biidtypus seit dem Ende der Barockmaierei nicht mehr
bekannt ist. Daßerim 18.Jahrhunderldes öfteren nach-
weisbar ist, zeigt ein Blick auf ein um 1780181 von
Johann NepomukdellaCroceU 736 -1819ausgeführ-
tes Gemälde Salzburg, Mozartmuseum. Es ist das
bekannte Mozart-Famiiienblldnis. Während Vater Leo-
pold Mozart dem berühmten Geschwisterpaar zuhört,
18
das vierhändig musiziert, erscheint über der Familien-
szene im Louis-SeIze-Rahmen das Bildnis der verstor-
benen Frau, die Mutter der Kinder. im Gegensatz zu
dem Mozart-Familienbildnis, wo als dunkler Hinter-
grund ein schlichter Innenraum erscheint. wurde als
Ambiente auf dem Augsburger Gruppenporträt eine
üppige Parklandschaft dargestellt. Man kann mit
Sicherheit davon ausgehen. daß dieses Motiv vom
betont großbürgerlichen Auftraggeber gewählt wurde.
Erst in zweiter Linie, wenn überhaupt. scheinen ikono-
graphisch die Feigen vSymboi der Fruchtbarkeit. deren
sichtbarer Ausdruck die Kinderschar ist im Zusam-
menhang mit den Weintrauben auf die Bibelsteile des
Alten Testaments Prophet Micha 4,4 vorn friedlichen,
gottbehüteten Leben anzuspieienz.
Von der Schar ihrer Kinder umgeben, ist auf dem Augs-
burger Familienbiid als Hauptfigur eine noch jüngere
WitweausoffensichtiichsehrbegütertemHausedarge-
stellt. Sie dürfte einer großbürgerlichen Ratsherren-
oder Partrizierfamilie angehört haben. Die Dame ist von
ihren vier Kindern, drei Mädchen und einem blondiocki-
gen Knaben, dem Stammhalter. umgeben. Währenddie
älteste Tochter rechts sich in der Fiolle einer jungen
Pomoria gefällt, sind die beiden jüngsten Kinder damit
beschäftigt. dem Betrachter das von einer Draperie
umgebene Hochoval-Portrat des verstorbenen Vaters
als ßBild im Bilden zu präsentieren. Einige sich auf meh-
rere Details stützenden Einzeibeobachtungen machen
es äußerst wahrscheinlich, daß als Ausführungson des
Gemäldes in erster Linie die Hansestadt Hamburg in
Betracht kommt. Übersehen wurde bisher, daß bei
intensiver Betrachtung des Augsburger Familienbiid-
nisses Stiielemente zu beobachten sind. die sich auidie
holländische Feinmaierei Adriaen van der Werff oder
eines Gerrlt Dou zurückführen lassen. Andererseits ist
angesichts einer solchen Figurenkomposition eine
intensive Berührung mitderenglischen Malerei voraus-
zusetzen. insbesondere mit der von William Hogarth
gepflegten Gattung der nconversation pleceu. Gruppen-
bildern, die "zwischen dem Repräsentations- und dem
Genrebild stehenu G. Gerkens. Wieder andere Details
weisen mit aller Deutlichkeit stilistisch darauf hin. daß
es sich bei dern Augsburger Familienbiid keineswegs
um die Erfindung eines einzelnen, sondern in Wirklich-
Anmerkungen
RDK,VIIJMDnchen1981.89.1025,IOJQmitAbb.fäurStilfindungsind
solche Uberlegungen. wie sie auf dem Boden der Uberinteruretalion
gedeihen, wenig hlllreioh.
20. Ausstellung im BAT-Haus. Zur Jahrhundevtfeier der Hamburger
Kunsthalle 12. B. 12. 9. 1969. Kai. bearb. v. G. Gerkens, Nr. 10. S. 15.
18 mit Farbabbildung auf dem Umschlag.
NachG.GerkensS. 1B hnndeltasslch um die Brackes-Kinder Elarthold
Heinrich geb. 1715. Johann Bernhard geb. 1715. Anne llsabe geb.
717.
keit um eine In jener Zeit keineswegs seltene Gemein-
schaftsarbeit von mehreren Malern handelt. Eine sol-
che Hypothese wird zur unumstößiichen Gewlßheit,
wenn man das genannte Augsburger Bild mit einem
etwagleichzeitigentstandenenGruppenbiidnisvondrei
Kindern vergleicht. Ein vergleichsweise sehr ähnlich
komponierter landwirtschaftlicher Hintergrund wurde
auch in diesem Falle zum Ambiente bestimmt. Das zu
vergleichende Gemälde befindet sich im Besitz der
Kunsthalle in Hamburg lnv. Nr. 36! Abb. 3. Aufgrund
der alten Inschrift auf der Rückseite des Bildes ist
zu belegen, daß es sich um eine erwiesene Gemein-
schaftsarbeit von vier miteinander befreundeten
Malern ist. Von Balthasar Denner 1685-1749 wur-
dern die nPortraitsc, von Jacob van Schuppen 1670
Paris 1751 Wien die t-Figurenw, von Franz de Paula
Ferg 680 Wien 1740 London und von Franz Werner
Tamm1658 1724die vBlumenc gemalt. Nach G. Ger-
kens legen nstilistlsche Erwägungen, das Alter der Kin-
der und die Lebensumstände der Malern eine Datierung
des Hamburger Bildes nahe. die zwischen 1721 und
spätestens um 1724 anzusetzen ist. Dargestellt sind
drei Kinder des Hamburger Ratsherrn und Barockdi-
ters Barthold Heinrich Brockes 1680 1747'. Die
listischen. motivischen und kompositionellen Übers
stimmungen. die beide Gemälde außer ihrer weicht
tonigen Malerei auf engste miteinander verbinden.
derart zwingend, daß man in dem Augsburger Familii
blld sich ebenfalls ein Gemeinschaftswerk vorzustel
hat. das von den bereits genannten Malern vor 17
ausgeführt wurde.
Abschließend ist zu dem oben beschriebenen Gemai
zu sagen, daB man Augsburg zu der Qualität des
dem norddeutschen Kunstraum stammenden Spati
rockbildes nur beglückwünschen kann.
Wenn hier mit besonderem Nachdruck auf die zwe
Auflage des Kataloges der Deutschen Barockgale
hingewiesen wird, geschieht dies unter der Vcrauss
zung. daß in allen von mir nachgeprüften Fällen
Anschluß an die letzten wissenschaftlichen Erken
nisse erreicht ist. Sehrzu loben ist die Übersichtlichk
derAnordnung. Der neue Katalog derAugsburgerGa
rie ist jedem Freund der deutschen Barockmalerei
und werwäre das nicht? aufs wärmste zu empfehlt
Rossacher
NORDlSMO-Diskussion
tNr. 95 dieser Zeitschrift erschienen vier Beiträge zum
Terminus NOFIDISMO von Gerhard Boti, Dieter Ronle
JVI Hossacher. Daraulliin wurde am 24. und 25. Septem-
i84 ein Symposien im Saizburger Barockmuseum abge-
unter Teilnahme von
rd Boti, Germanisches Naiionalmuseum Nürnberg;
Busnart, Universität München; Bettina Fenr, Bonn;
Feuchlniüller, Didzesanmuseum Wien; Franz Fuhr-
UniversiiäiSaIzburgKlara Garas, Museum derSclidnen
in Budapest; Rüdiger Klessmann, Herzog-Anlon-Ulrich-
JITi Braunschweig; Franz Matsche, Universität Münster;
imMesserer, Universiiätäalzburg;PavelPreiss, National-
Prag; Kur! Rossacher, Salzburger Barockmuseum;
Wagner, Saizburger Barockniuseum; Kun Woiserschla-
lie Galerie am Joanrieum Graz.
Diskussion bestand aus einem terminologischen
einem kulturhistorischen Teil. Als Oberbegriff
Ie der Expressivismus als in der Kulturgeschichte
nicht verankerter Begriff für besonders aus-
ksbetonte Spannungskunst herausgearbeitet. Er
Extrembegrilf der Ausdruckskunst Polarbegriff,
iem Formaten. Klassischen gegenübersteht,
Expressionismus ist ein Teil des Expressivismus.
Begriff NORDMISMO Nordheit wird als Leitwort
en Expressivismus aus klangiichenGründen vorge-
agen. Das Wort NOFlDlSMO kommt in ltalien für
sse künstlerische Erscheinungen des Nordens als
iruck für Verfremdung, Ferne. Einsamkeit, Klage,
Dieser Begriff ist nicht nur ein Begriff der Himmels-
ung für welchen das Wort Nordicismo genügt
sondern er ist auch als Begriff von unten nach
für das Schöpfungserlebnis des Künstlers zu den-
Zitat Josef Weinheber n. Stirn, die hinauf zu den
wen leidet und lodert und fragtk. Der Ausdruck
ie erstmalig nach Meinung Kurt Rossachers von
eppe Fiocco, Universität Padua, vorzwei cappricci
Irancesco Guardi gebraucht. Erwird in Italien auch
Verken Franz Kafkas, Robert Musils und Aiessan-
vtagnascos verwendet. Rückfragen beim romanti-
Efl Institut in Salzburg ergaben, daß der Terminus
bei E. T. A. Hofmann hervorragend verwendbar
Einzelne Bedenken wurden hinsichtlich der rein
iraphischen Fticntungsbezogenheit des Terminus
ißert. Es wurde betont, daB NORDISMO Auflösung
der Norm, Loslösung vom Kanon, gegen etablierte
Kunst, Zugehörigkeit zu einer anderen Welt fern aller
akademischen Regeln zeigt.
Die bisher verwendeten zweipolaren Begriffe wie
Dyonisisch-apollinisch, sentimentalisch-naiv. klas-
sisch-romantisch, waren auf seilen des expressiven
Pols nicht durch die Jahrhunderte raumdeckend. Am
deckendsten ist das Begriffspaar expressivistisch-
klassisch bzw. NORDlSMO-classico.
Nach Darstellung Kuri Rossachers erlauben die Polar-
begriffe nur eine flächige Gegenüberstellung der Ereig-
nisse, nur ein zweidimensionales Beurteilen ohne
Raumtiete und innerem Zusammenhang. Diese fla-
chlge Darstellung wäre nurdurch Denken in die Torsion
der dritten Dimension und Hohersteigen in die Serpen-
tine möglich. Serpentine und Drall sind bei der großen
Kunst immanente wesentliche Komponenten.
Zu den beiden Polarbegrilfen führt die zentripetale
Formsuche im Gegensatz zur zentrifugaien Ausdrucks-
suche. Das Zusammenwirken beider Kräfte führt zur
jeweiligen Formfindung.
Der zentrifugaie NOFlDlSMO zeigt die offene Form,
während das zentripetale Classico von der geschlosse-
nen Form beherrscht wird.
NOFtDISMO und Tragik im allgemeinen löst der Künst-
ler im NOFlDlSMO sich heftig befreiend seine Pro-
bleme, Aus dem NORDISMO erwächst somit nicht das
tragische Werk es wird aufgehoben.
Die Äußerungen des NORDISMO dienen der Enth
mung, er drückt Trauer, Angst, Furcht. Entset.
Grauen. aberauch Verzückung und Ekstase aus.
jedoch in jedem Falle die kulturhistorische ebenso
die spezielle psychologische Situation ausschlag
bend.
Die Ausdrucksmittel des NORDISMO werden in
Lichtführung. in der Farbgestaltung, der Verfremd
und im Bewegungsablauf eingesetzt. Bei der Licht-
Farbführung ist die Betonung des hellldunkei, die'
schärfung und das Aullodern von Farbtönen ebenso
das Hinwenden zur Grisaille kennzeichnend.
Die Verfremdung erscheint als Hauptmittel des
DISMO. Sie erfolgt als Disproportionierung der Be
gung der Statik, des Physiognomlschen.
Der Begriff der Verfremdung wurde von den Teiii
mern in seiner generellen Verwendung teilweise
grund seinervielfältigen anderen Anwendung auf iit
rischem und phiiosophischem Gebiet abgelehnt.
Rossacherpiädiertjedoch, den Begrilfverfremdung
Ausdruck für eine extreme atmosphärische Veräi
rung des Natürlichen beizubehalten.
Die Ausdrucksmittel der Bewegung umfassen
Gesten und Gebärden der Arme, die Ekstase unc
Verzückung der Gesamtfigur.
Die Übermalung wird als spezielles Ausdrucksrr
Arnulf Reiners festgehalten.
Die Verhüllung tritt bei der Verwendung von Salzbu
Rotscheckmarmor auf den Grabmaiern der Spatg
Venedig, Hallte 18. Jahrhundert, "Apotheoseii OllLein-
wand, 64,5 X515 cm Salzburger Barockmuseum
Johannwolfgang BaumgartnerKufstein.1712- t761Augs-
burg, iiLegende des Papstes Stephanusr. OlILeinwand,
31,2 21,6 cm Salzburger Barockmuseum
auf, hervorragendstes Beispiel das Grabmal von König
Kasimir IV. von Polen in Krakau von Veit Stoß.
Die Verpackung und Verhüllung wird auch als moder-
nes Kunstmittel des NORDISMO durch den Amerikaner
Cristo ausgeübt.
Die Formzertrümmerung als Erneuerungsmittel des
NORDISMO wird bei der Erneuerung des internationa-
len Stiles ab 1440 durch Hans Mutscher und Jakob
Kaschauer eingesetzt.
Es wird die Frage nach Architekturnordismo gestellt.
Die Frage, ob der gotische Barock Giovanni Santinis in
Böhmen NORDISMO sein könne, wurde verneint.
In derArchitekturdes Benedikt Ftied wurdefür das frühe
16. Jahrhundert ein bedeutendes Beispiel des NOR-
DISMO festgestellt.
Es wurde festgehalten, daß die großen Auftraggeber in
Staat und Kirche die Meisterdes Klassischen und Form-
voliendeten bevorzugten, während die Vertreter des
Expressivismus-NOFIDISMO ihre Aufträge vom mittle-
ren Klerus, vor allem von den Klöstern in den Provinzen
erhielten.
Die Abgrenzung zwischen NORDISMO und Manieris-
mus wurde dahingehend geklärt. daB letzterer im
Gegensatz zum NORDISMO keinen extremen Polarbe-
griff der Spannungskunst darstellt. Es wurden aller-
dings für das späte 16. Jahrhundert Affinitäten zwi-
schen NOBDISMO und dem expressiven Manierismus
festgestellt.
Historischer Teil
DieSituation um 500wurdeaufgrund derbedeutenden
kulturhistorischen Wende als Ausgangspunkt gewählt.
Hier bot sich der sogenannte Donaustil als typischer
breiter Ausbruch des Nordismo an. Er trägt sämtliche
genannte Kriterien. Es wurde jedoch allgemein festge-
stellt, daß mit dem Begriff Donaustil alleine das Phäno-
men nicht hinreichend umschrieben werden kann, son-
derndaßdieWirkungenviel weiterreichen. Hinweisauf
die grundsätzliche Bedeutung des Maximiliansgrabes
in Innsbruck.
Im zweiten Viertel des 7. Jahrhunderts sind in Gesamt-
europa Einzelphänomene des NOBDISMO sichtbar,
während in Deutschland angesichts des 30jährigen
Krieges die künstlerische Produktion sinkt, ist dort an
bedeutenden Werken des NORDISMO rnit Ausnahme
der Skulpturen der Familie Zürn und dem Epos des
Grimmelshausen wenig in dieser Richtung zu verzeich-
nen. Inder Lombardei hingegen kornmteszu einem Auf-
glühen des Expressivismus in der Kunst des Moraz-
zone, des Cerano und des Tanzio da Varallo, Zur selben
Zeit tritt das Phänomen des NORDISMO in Spanien bei
el Greco auf. Als Symbolbild wird das große Porträt des
GroßinquisitorsvonGrecogenanntAls kulturhistorisch
bedeutende Motivation für diese Phänomene mag die
Inquisition gelten, weiche als Gegenwaffe gegen die
neuen heliozentrischen Weltgesetze des Kepler und
Galilei eingesetzt wurde.
Es wurde festgestellt. claß in Deutschland nach dem
Ende des Krieges um 1660 eine Welle des NOFtDISMO
einsetzt. deren Hauptvertreter der späte Johann
Heinrich Schönfeld, Hendrik Scheits und Michael
Wiilmann sowie die Bildhauer Andreas Thamasch und
Michael d. J. Zürn bis hin zu Matthias Braun sind.
Ca. um 1740 beginnt in Zentraleuropa eine Periode des
breitgestreuteh NOFIDISMO. Unter Zentraleuropa
wäre Österreich, Süddeutschland bis zur Mainlinie,
Böhmen und Mähren. Ungarn und die Lombardei und
Venezien zu verstehen. Als frühestes Beispiel dieser
Nordismowelle gelten die Pandurenszenen des Joseph
lgnaz Mildorfer.
Das Barockmuseum plant für 1985 eine Ausstellung
unter dem Titel NORDISMO. der Expressivismus des
Barock in Zentraleuropa. In dieser Ausstellung sollen
Künstler des NOFIDISMO, Maler und Bildhauer zwi-
schen 1740 und 1770 zusammengefaßt werden. Außer
Mildorfersollen Paul Troger, FranzAnt0n Maulbertsch.
Franz Sigrist d. Ä., die Brüder Winck. Johann Christopf
Liska sowie die Bildhauer lgnaz Günther, Johann Bap-
tist Straub, Ferdinand Dietz, Josef Anton Feuohtmayer
und Matthias Braun zusammengefaßt werden. Die
Frage, ob gleichzeitig als Kontrast Werke der Klassik
gezeigt werden könnten, mußte aus Raumgründen ver-
neint werden.
Die aus den Gesprächen hervorgegangenen Meinun-
gen der einzelnen Teilnehmer werden als wertvolle
Anregungen bei der Bearbeitung des Ausstellungskata-
loges Berücksichtigung finden.
21
Elisabeth Schmuttermeier
Silber des
18., 19. und 20. Jahrhunderts
Als ein Sammiungsschwerpunkt unserer Metailabtel-
lung muß das WienerSilberangesehen werden. Für das
18. JahrhundertweistdieSammlungjedoch speziell auf
dem Sektor des Gebrauchsslibers große Lücken auf.
Das Österreichische Museum fürangewandte Kunst ist
daher bestrebt. durch gezielte Ankäufe diese Bestände
zu ergänzen. Der Mangel an Wiener Silber aus dem
18. Jahrhundert erschwert jedoch diese Bemühungen.
Vor allem haben die Kriege. die zu Beginn des 19. Jahr-
hunderts In Europa geführt wurden. gewaltig zur Dezi-
mierung der Goldschmiedearbeiten beigetragen. So
wurden die Finanzen mittels der österreichischen
Repunzierungsvorschrift von 1806 verbessert. was
nicht nur eine starke Verteuerung der Punzierungsge-
bührfür neu erzeugteSilberwaren mit sich brachte. son-
dern auch die Auflage enthielt, schon Im Privatbesitz
befindliche Gold- und Silbergegenstände zu repunzie-
ren. Die Ftepunze war somit nur eine Empfangsbestäti-
gung fürdie entrichtete Steuer. jedoch kein Hinweis auf
den Feingehait der Objekte'. Da der Staatshaushalt
damit noch immer nicht genügend saniert war, erließ
KaiserFranz Il.l.am 19. Dezember 1809das Silberein-
iieferungspatent. Demzufolge mußte alles Silbergerat,
Teekanne, Silber. Joseph M. Kiermayer. Wien 1783, ÖMAK
lnv. Nr. G0 2065
Kerzenleuchter, Silber, Franz Lorenz Torlrrsky. Wien 1793,
OMAK lnv. Nr. G0 2067
mit Ausnahme von Löffeln Eßbesteck. Uhrgehäusen
und anderen Kleinigkeiten, abgeliefert werden, außer
der Eigentümer konnte den Metaliwert in Konventions-
münze bezahlen und so die Gegenstände für sich
behalten'.
Bedeutende Stücke aus früheren Epochen gingen
jedoch auch aus modischen Aspekten verloren, zumal
es durchaus üblich wer. unmoderne Gegenstände ein-
zuschmelzen. um daraus neue Gefäßtypen mit zeitge-
mäßem Dekor herzustellen. Dabei bleiben Silber und
Gold vom Wert her erhalten. die äußere Form aber
wurde geändert und somit zerstört.
Von den wenigen Stücken. die sich bis in unsere Tage
erhalten haben, iaßt sich kaum ein spezifisch wienerl-
scher Stil ablesen. Bedingt durch seine geographische
Lage in Europa und die daraus resultierenden zahlrei-
chen politischen und dynastischen Beziehungen war
Österreich immer wieder den verschiedensten Einflüs-
sen fremder Geschmacksrichtungen aller Art ausge-
setzt. So haben die Wiener Goldschmiede je nach mo-
dischem Trend nach englischen, französischen,
niederländischen, skandinavischen und süddeutschen
Vorbildern gearbeitet.
Schüssel. Silber. lgnaz Sebastian Würth, Wien 1794. ÖMAK
lnv. Nr. G0 2068
Deckelterrine mit Unterteller, Silber, Josef BirrdeLWien 181
oder 1819, ÖMAK lnv. Nr. G0 2064
22
sterreichisches Museum für angewandte
Jnst Sammlung von Metallen lzu einer
auerwerbung
Als Beispiel einer englischen Beeinflussung muß die
Teekanne gesehen werden, die Josef M. Kiermayer
1783 ausgeführt hat Abb. 1. Der Corpus ist gedrückt
birnenförmig. der Ausguß glatt und gerade, der flache
Deckel in den Gefäßkörper eingelassen, damit im obe-
ren Teil der runde Umriß bewahrt bleibt.
Glatte, geometrische, kaum verzierte Formen sind für
das einfache TafeIQerätderQOerJahre des 8. Jahrhun-
derts charakteristisch. Der von Frankreich ausge-
hende, beginnende Empirestil wird bereits spürbar. Bei
der Beurteilung der einzelnen Objekte muß auch
bedacht werden. daß Gefäßtypen und Dekore teilweise
erst fünf bis zehn Jahre nach ihrem Aufkommen in
Frankreich und England in Mitteleuropa in die Produk-
tion aufgenommen wurden. Der Leuchtertypus mit run-
dem, leicht profiliertem Fuß mit glattem Balusterschaft
Abb. wurde bereits bald nach seinem Auftreten
um 1790 in England in Wien abgewandelt, um sich
dann zum typisch schlanken, hochgezogenen Wiener
Empireleuchterzu entwickelnvon eigenstandigerWie-
ner Provenienz kann man diesbezüglich erst im ersten
Viertel des 19. Jahrhunderts sprechen.
Kaffse- und Teeservice, Silber, Entwurf Ettore Sottsas.
Ausführung Ftossi Aroandi, Cleto, Munari. Vicenza
198i. OMAK Inv. Nr. Gc 2063
Ein Jahr später als das Leuchterpaar entstand die
sicherlich zu einem Speiseservice gehörende Schüssel
Abb. 3. Die zylindrische Form mit dem sparsam einge-
setzten Blattdekor an den Henkeln weist in ihrer
Schlichtheit bereits auf das nun auch in Wien einzie-
hende Empire hin. das dann im Aussehen und Dekorbei
der Deckelterrine Abb. vollständig ausgeprägt Ist.
Die aus 15lotigem Silber gefertigte Deckelschüs-
sel weist viele Stilmerkmale auf, die bei den Arbeiten
von Martin Guillaume Biennais, einem der Hcfgold-
schmiede von Napoleon I. in Paris. zu finden sind'.
Man kann die Wiener Goldschmiede betreffend ihrer
handwerklichen Qualitäten im ersten Drittel des 19.
Jahrhunderts sicherlich mit den anderen europäischen
Goldschmiedezentren gleichsetzen.
Es ist jedoch nicht nur Aufgabe des Museums, be-
stehende Lücken der Sammlungen zu schließen, son-
dern auch Gegenwärtiges darin aufzunehmen. So
waren beispielsweise das Zusammenwirken von form-
schönem Design und guter handwerklicherAusführung
bei dem Kaffee- und Teeservice, nach einem Entwurf
von Ettore Sottsass1981 in Vicenza ausgeführt, bestim-
mend für den Ankauf Abb. 8.
Anmerkungen
Hans Schdrl. Das Purtzeribuctt. Linz 1949. tt.
Alfred Rohrwasser. osterreicris Purizen. Edelmelallpunzierung iriÖster-
reich von r524 bis 1984, Perchtoldsdorf 1993. s. 12.
Da die Wiener Amtspunze rrirt wechselnder Jahreszahl ari ihrer letzten
Stelle verschlagen lSl, reißt sich nicht exakt feststellen, ob die Deckellar-
ririe l8t2oderiS19 entstanden ist. Wäre das Enlstehurigsdatum tatz.
müßle die Deckelschüssel zeitgleich in Form und Dekor mit französi-
schert Arbeiten angesehen werden. Es nette keine provirizlelie Verzöge-
rurig stattgefunden.
'23
Cynthia Prossinger
Josef Hoffmanns AtelieLr-
einrichtung für Ernst Stöhr
DleAutorvndankltürdleimZugederErstellungdlesesBeltrageserhaltene
Unterstützungdurchdasüsieneicmsche MuseumtürangewandteKunst
lnsbescndeve dem geschäftsführenden Leiter, Oberrat Plot. akad.
RestaulatcrMag Ludwig Neustiltenund Dr.ChristlanWittDörrlng, Leiter
der Sammlung von Möbeln und Holzarbeiten.
Anmerkungen
Aus einem zeiigenbsslschen Werbeprospekt nHotel St. Johann am
Wocheiner Seelübelkrainx,
Nachlul von Robert Oerley, 1940
Ernst Star" zum Gedächtnis. Karl Graf, 191a
Ver Sacrum, Jg,Hell6,Mä11t900,S.116-130.
Ver Sacrum, lbid
RobellOerley. op Clt
Tesiamentansche Widmung der Frau Mary Losen. WlmbreullBundes-
republlk Deutschland, 0-5341.
'Östelreichisches Museum lur angewandte Kunst, Wlefl, lnv. Nr,
1127034 2721; Die Atellereinlichtung bestemaus- Bett. ßettbTruhe.
hohe Kästen, halbhoher Kasten. Autsaizkssten, Toilette-Tisch.
Arbeitstisch, Waschtisch, Handtuchhalter, Nachlkastchen.
Wandetageren und Sessel.
Der Maler-Dichter Ernst Stöhr verbrachte mehrmals
zwischen den Jahren 1893 und 1909 die Sommermo-
nate am Wocheiner See in Krain heute Bohinjsko
jezero. Seine Kusine. Fritzi Tirmann, später seine Frau.
besaß dort das Hotel St. Johann. das unmittelbar am
Wocheiner See, umgeben von einem Fichtenwald,
standÄ In einem Nachruf, anläßlich des 80. Geburts-
tages des Künstlers im Jahre 1940. schrieb der
tekt Robert Oerley, daß Ernst Stöhr ein Alelieri
gleich am See liegend, baute? Mit Hilfe eines
lachen MaurermeisterserrichteteerseinAteliehd.
ausgestattet war, daß es allen seinen Bedürfnisser
kommen entsprach? In dieser naturgebundenen
lierlheit schuf Stöhr seine Dichtungen und Radii
24
gen. die das Sprachrohr der Secessionisten, Ver
Sacrum, schmückten. Höchst wahrscheinlich verkehr-
ten manche Mitglieder dieser Vereinigung öfters in sei-
nem Atelier am Wocheiner See. Zu dieser Zeit schrieb
ErnstStöhrseinewichtigsten BeiträgefürdieZeitschrift
Ver Sacrum.
Gerade aus Pompeji, wo er römische Ausgrabungen
besichtigt hatte, zurückgekehrt, schrieb Stöhr einen
kleinen Aufsatz für das Ver Sacrum. Beeindruckt von
der Einfachheit und Schlichtheit der römischen Wohn-
räume. bemühte er sich, einfache Textillustrationen
anzufertigen. Er wählte eine ihm wohlvertraute Stube
aus die Zeichnungen zeigen einen schmalen. einge-
wölbten, langgezogenen Raum in verschiedenen
Tages- und Nachtstimmungen Abb. 1. Der bildliche
Zyklus beginnt mit einer einfachen Konturfederzeich-
nung, geht über zur Kohiezeichnung bis zur Detail-
freude der Bleisiiftzeichnung. Durch Wechseln der
Techniken versuchte Stöhr wein Leben, das nach innen
gehtr zu verbildlichenf ln Alltagstätigkeiten werden,
subjektiv gesehen, Ewigkeitswerte hineinprojiziert.
in diesem Sinneschriebstöhr wich schaue in die Stube,
wenn morgens die Sonne hineinscheint, und wenn das
Abendlicht darinnen verdammert auch den Frieden,
den das Lampeniicht verbreitet, fühle ich und die Stille
des kleinen Nachtiichtes, alles ist mir vertraut. .6 Bei
der Errichtung seines eigenen Ateliers trachlete Stöhr
nach einem ähnlichen, einfachen Lebensstil. Erbewies,
daß er auch die Fähigkeiten eines guten Architekten
hatte das Atelierhaus war "räumlich und zwecklich
gleich gutrrs.
Durch eine Schenkung ist die Einrichtung dieses Ate-
liers fast vollständig auf uns gekommenÜ Das Österrei-
chische Museum für angewandte Kunst in Wien istjetzt
im glücklichen Besitz einer Zfteiligen Wohn-Schlaf-
zimmereinrichtung aus dem Stöhr-Atelierß Abb. 6. Die
Möbelstücke sind größtenteils aus einfachem Fichten-
holz und zeigen Spuren von Farben, die dafürsprechen,
daß sie ursprünglich grün gebeizt waren, Der Stil dieser
Möbelgegenstände, gekennzeichnet durch eine duali-
stische Mischung von dynamisch-gekurvten Detailfor-
men und blockhafter Körperlichkeit, entsprechen der
frühsecessionistischen Phase Josef Hoffmanns. Daß
die Möbeleinrichtung fast gänzlich aus der ldeenwelt
Hoffmanns stammt, beweisen folgende Vergleiche mit
dem gesicherten Oeuvre Hoffmanns.
Die Zeitschrift Das lnferieur bringt im Jahrgang 1900
ErnstStöhr.TextillustrationfürdenAufsatznEinealteStube-i
aus Ver Sacrum, 3. Jg., Heft 6. März 1900, S. 116- 130
ErnstStdhnTextillustrationfürdenAuisatzirEinealteStubeu
aus Ver Sacrum, Jg., Heft Marz 1900, S. 116- 130
lnterieurentwurf von Josef Hoffmann aus Das lnterieur.
1900, 1. Jg., Tafel 32
Sessel aus der Ateliereinrichtung für Ernst Stöhr -Sessel-
rahmen und Sitzgestell aus Buchenholz. Sitzfläche und
ornamentaleEinlagederRückenlehneausweichholz.Hohe
87 cm Lange 44 cm Breite 41 cmISitzhöhe 45 cm.
Entwurf von Josef Hoffmann, um 1898. Österreichisches
Museum für angewandte Kunst, inv, Nr. 2721
Toilette-Tisch aus der Ateiiereinrichtung für Ernst Stöhr
mit klappbarem Spiegel, Weichholz, massiv. Höhe 165 cm
Breite 119 cm Tiefe 40,5 cm. Entwurf von Josef Hoff-
mann, um 1898, Österreichisches Museum für angewandte
Kunst. lnv. Nr. 2715
Arbeitstisch aus der Ateliereinrichtung für Ernst Stöhr
Weichholz massiv, in der Zarge eine Lade. Höhe 78 cm
Lange 98 cm -Breite 66,5 cm. Entwurf von Josef Hoff-
mann. um 1898. Osterreichisches Museum fürangewandte
Kunst, lnv. Nr. 2718
für"
111'317.
Und dann Nr sthtmmxrweilun wg...
Dunhrlndtm a... Wizicngruni
um. 1....... Wttlith Blutenrqcn
Schickt um du Tag dm mtm Kuss
Mu Wir wzrddn Gott emgqcn.
Da- mm an"... irommzn "w.
RAINER wurm nun
......w1
1'111.11 pi,
715731 1713i ".1
Zweitürlger Kasten aus der Atetiereinrichtung fur Ernst
Stöhr Weichholzkorpus, Seitenwände und Turen mit
ornamentaten Feldern mit Laugsägeauflagen aus Ahorn
und Nußbaumholz. Hbhe 205 cm Länge 17 cm Breite
50cm. Entwurtdoset Hoffmann, um 1898. Österreichisches
Museum für angewandte Kunst, lnv. Nr. 2710
DekorativelliustrationfüreinGedichtvon FtatnerMariaRilke
von Joset Hoffmann, Aus Ver Sacrum. 1. Jg. Heft 1898
Landhaus nBergerhöhexlNiederösterreich Blick zur Bett-
ntsche. Abgebildet im VerSacrum, 3. Jg., Hef15. 1900. S. 81.
Einrichtung von Josef Hoffmann. um 1899
10 Zweitüriger Kasten aus der Atetiereinrichtung für Ernst
Stöhr Weichholzkorpus. in den Türen und Seitenwänden
OrnamentteldermitLaubsägeauttagenausAhorn-undNuß-
baumhotz. Höhe 205 cm Länge 117 cm Breite 49 cm.
Entwurf von Josei Hoitmann, um 1898 Österreichisches
Museum für angewandte Kunst. lnv. Nr. 2711
Schablone für ein Laubsägernotiv, kolorien von Josef Hofß
mann. Stadtmuseum St. PdltenlErnst-Stöhr-Archiv ohne
lnv. Nr. mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr, Karl
Gutkas
11
10
12 Betttruhe aus der Ateliereinrichtung für Ernst Stbhr
WeichhoizkorpuszweiseitlichabklappbareAblageflachen.
Höhe 39.5 cm Länge 124,5 bzw. 183 cmoffen Breite
48.5 crn. EnlwuifvonJosef Hoffmann. um 1898. Österreichi-
sches Museum für angewandte Kunst. lnv. Nr. 2709
Entwürfe für Innenräume und Einzelmöbel von Josef
Hoffmann. Durch einfache Konturzeichnungen schafft
Hoffmann eine Einheit von Wänden, Decke und Möbel-
siücken. Die Möbelstücke weisen einen einfachen
nBrettlstilu auf, der durch gekurvte EinzeldurchbiIdun-
gen belebt ist. In einerZeichnung entdecken wir, neben
einer Sitzbank und einem Kasten, einen Sessel. der in
Form und Gedanken dem ausgeführten Stöhr-Sessel
entspricht Abb. und 4. Die Rückenlehne weist das
gleiche Laubsägemuster auf; nur die zwei gedrechsel-
ten Stäbe zwischen den vorderen Beinen des Sessels
fehlen am ausgeführten Werk. im ganzen wirkt aberder
gezeichnete Sessel leichter als derausgeführte. Fürdie
Kanzlei desAdvokaten Dr. Walter Brix verwendete Hoff-
mann diesen Sesseltyp in leicht abgeänderter Form
wieder." Diese, 1899 datierte Einrichtung wurde auch
in grün gebeiztem Holz ausgeführt, Die hohen, schma-
len Kasten zeigen eine ausgesagte Halbkreis-Bekrä-
nung, die an einige ausgeschweifte Details der Stöhr-
Möbelstücke z. B. Toilette-Tisch, erinnern Abb. 5.
Als Hilfsmittel zur Datierung und Stilbestimmung der
Stühr-Einrichtung dienen Josef Hoffmanns graphische
Beiträge zu der Zeitschrift Ver Sacrum. Verschiedene
Hefte des Jahrganges 1900 sind mit Vignetten und
Buchschmuck Hoffmanns verziert. Das Motiv, linear-
stilisierte Blumen. findet man sowohl als Ftandzeich-
nung im VerSacrum als auch im Laubsägeschmuck am
Stöhr-Kasten Abb. -10. An einem zweiten Kasten
Stöhrs kommt eine andere linearisierie Pfianzenform
aus Ver Sacrum vor. Wie Sekler vermutet, sind diese
Entwürfe in der Zeit von 1898l99 entstandenf" Man fin-
det sie am MetaIl-Glas-Portalbogen der Geschäftsnie-
derlage nApoilo-r 1899 und am Wandverbau im Wohn-
raum des Landhauses irBergerhöhe-i 1899.
Die letztgenannte Einrichtung ivBergerhöher weist
einige stilistische Parallelitäten zur Stöhr-Einrichtung
auf. Die Türen wurden mit vhornartigenu Ausformungen
abgeschlossen, die Vertafelung grünlich gebeizt, die
Möbelstücke einfach und funktionell gehalten und die
Räumlichkeiten zweckmäßig aufgeteilt. Obwohl die
genaue Aufteilung der Möbelstücke im Raum nicht
dokumentarisch belegt ist, ist anzunehmen, daß sie in
ähnlicher Weise wie in der "Bergerhöherr gelost wurde.
Der Maler Ernst Stohr brauchte eine multifunkticnelle
lnnenraumeinteilung für seine Zwecke. Josef Hoff-
manns Möbelideen, wie die Bett-TruheAbb. 12 mit auf-
klappbaren Seitenteilen, erfülltendiese Bedingungen in
hohem Maße.
In diesem Zusammenhang sind einige Skizzen, die
Ernst Stöhr angefertigt hat, von großem Interesse."
Ein Blatt zeigtvierVersionen eines Spiegelaufsatzesfür
einen Waschtisch. Es sindbloße Ideen, die durch flüch-
tige Konturzeichnungen hingeworfen sind, so, als ob
Stöhr zum Bleistift griff um seine Vorstellungen im
Gedankenaustausch zu verbildlichen. Es ist anzuneh-
12
men, daß sein Gesprächspartner der Architekt und
FreundJosefHofimannwarAbb. 13. DadieseSkizzen
beim Nachlaß Ernst Stöhrs entdeckt worden sind, stellt
sich die interessante Frage, inwiefern Ernst Stohr mit
Josef Hoffmann bei der Gestaltung seines Lebensrau-
meszusammengearbeitethat.Weildiese Frage keines-
wegs leicht zu beantworten ist, möchte ich diese Skiz-
zen detailliert besprechen.
Dadie Skizzen im Charakter nicht einheitlich sind, kann
man sie mindestens in zwei Gruppen einteilen eine
Gruppe von Vorstudien und eine zweite von unausge-
führten Ideen Abb. 14 und 15. Besonders aufschluß-
reich ist eine kolorierte Zeichnung Stöhrs von einem
Waschtisch mit Spiegelaufsatz. Der Waschtisch ohne
Aufsatzist im Besitz des Österreichischen Museumsfür
angewandte Kunst in Wien und ist eine Meisterleistung
des idealistischen Funktionalismus derfrühsecessioni-
stischen Phase. Der wBrettIstilw findet hier seine volle
Entfaltung das Vorderteil miteiner Lade und zweiTüren
wird von zwei Fichtenbrettern umrahmt. Diese Bretter
sind die Tischfüße und gleichzeitig Seitennischen, in
denen Handtücher aufgehängt werden können. Stöhrs
kolorierte Zeichnung gibt uns Auskunft nicht nur über
die ursprüngliche Farbigkeit des Mobelstückes, son-
dern auch über die ursprüngliche überschwingende
Bekronung mit Spiegel. Sogar der Maßstab des Gegen-
standes und das Verhältnis von Hohe zu Breite sind
angegeben. Hier haben wir es höchstwahrscheinlich
mit einer fertigen Idee zu tun.
Die Zeichnung von einem zweitürigen Kasten auf Qua-
dratrasterpapier ist von anderer Natur Abb. 16. Die
Türen des Kastens sind mit einem flammenartigen
Muster verziert, die Seitenteile verjüngen sich nach
oben. wo eine schwere Bekrönung das Ganze
abschließt. im Gegensatz dazu sind die drei Kasten, die
aufuns gekommen sind, ausgewogen und streng gehal-
ten Abb. 10. Die Türen und Seitenteile der Kasten sind
nur teilweise mit Laubsägeintarsien ausgeschmückt.
Für ein solches Laubsägemotivtand sich die Schablone
unter den Werken von Ernst Stöhr Abb. 11. lhrCharak-
ter ist ebenso in den Vignetten Hoffmanns im Ver
Sacrum zu sehen. Zusätzlich zu diesen Laubsageintar-
sien sind dieTüren mit Kannelierung verziert. Umrahmt
von zwei Brettermdievom unteren Fußzuroberen kanti-
gen Bekrönung durchlaufen, wirkt der Kasten in der
Gesamtform klar umrissen. Die Kastenzeichnungen
von Ernst Stöhr dagegen wirken verspielter Hoffmanns
Kästen sind mit äußerster Ökonomie der Form geschaf-
fen worden. Dieser Vergleich gibt Auskunft über den
wahren CharakterderZusammenarbeitzwischen Stöhr
und Hoffmann. Stöhrs leicht manierierte Exzesse wer-
den durch Hoffmanns innere Logik der Form gebandigt.
Diese Kasten zeigen eine Klarheit und Strenge, die für
Hoffmanns spätere Entwicklung maßgebend war."
Man erkennt die Zusammenfügung der verschieden-
Anmerkungen 12
Sekler. Eduard F., Josef Hoffmann. Residenl-Varlag, Salzburg und
Wien. 1982, Werksvarzeichnis Nl. 3D.
Sekler. ibld.. WV 68.
Emst-Swnr-Arcniv. sn. Pbllsn. Slammuseurn, abgebildet mn neunaw
cnev Genehmigung von Prof. m. Karl Gutkas.
Sskler. w. m. Werksvovzelchnls Nr. 54.
27
sten Ideen zweier Künstler in einer flüchtigen Bleistift-
skizze Stöhrs Abb. 17 und 18. Er zeichnete das Kopf-
ende seines Bettes und fügt dazu zweigartige Ständer
für Vasen oder Kerzenii, die das Bett umschlingen. Ob
diese zusätzlichen Verzierungen jemals ausgeführt
worden sind, können wir nicht feststellen. Das Kopf-
ende des Bettes ist durch drei vertiefte Felder getäfelt
und umrahmt von zwei gekurvten Flügeln. die in einem
leichten Bogen die konkave Krümmung der Panellie-
rung fortsetzen. Diese Flügel besitzen gekrümmtes
Holzgitterwerk wie es in der frühsecessionistischen
Phase Josef Hoffmanns häufig anzutreffen ist. Ähnlich
aufgebaut sind zwei Waridetagere. die eine Verwandt-
schaft mit der Einrichtung nBergerhöheK, die fraglos
Hoffmann zugeschrieben wurde. zeigen. Bei der
Demontage von der Zimmerwand fand man auf dem
Rücken einer der Etageren einen Zettel mit dem Aul-
druck Secession. womit eindeutig auf die Herkunft die-
ser Möbelstücke hingewiesen wurde. Die bisher
beschriebenen und analysierten Skizzen und Möbel-
15
Stücke weisen auf Beziehung zu einer Frühphase Josef
Hoffmanns. nämlich um 1898199. hin.
Zwei andere Skizzen von Ernst Stöhr weisen auf Hoff-
manns Phase um 1900101 hin. Die Aquarellzeichnung
von Ernst StöhrsAtelierkasten istvon besondererQuali-
tät Abb. 20. Der untere Teil des Kastens besteht aus
vier Laden, umrahmt von zwei Türen, und wird abge-
schlossen von einer riesigen durchgehenden Lade. Der
obere Teil zeigtdas Bildnis von Stöhrs Frau, eingebettet
zwischen zwei Pfeilerkasten mit viereckigen Glasfen-
stern und schmalen Fächern für Nippes oder kleine
Kostbarkeiten. Der Aufbau und die Formgebung ent-
spricht dem Stil der Einrichtung der Künstlerkolonie auf
der Hohen Warte. Insbesondere findet man bei Einrich-
tungsgegenständen derVilla Henneberg 1900l01stili-
stische Parallelen zu dem Atelierkasten Stöhrs. Der
Kamin mit dem Porträt Marie Hennebergs von Gustav
Klimt als Hauptakzent ist in ähnlicher Weise wie Stöhrs
Atelierkasten konzipiert."
1901 zurZeit Hoffmanns Tätigkeit in der Künstlerkolo-
18
ÄesÄlt
13 Ernst Stöhr, Skizze zu einem Waschtisch Stadtmuseum
St. PöltenlErnst-Slohr-Archiv ohne lnv Nr. mit freund-
licher Genehmigung von Prof. Dr. Karl Gutkas
14 Ernst Stöhr. kolorierte Zeichnung für einen Waschtisch mit
Spiegelaufsatz.StadtmuseumSt.PoltenlErnst-Stöhr-Archiv
ohne lnv Nr. mit freundlicher Genehmigung von Prof
Dr. Karl Gutkasi
28
I9
15 Waschtisch aus der Ateliereinrichtung für Ernst Stöhr
Welchholz massiv, mit zwei Türen und einer Lade. An den
Seiten je eine Nische mit Rundstab. Höhe 73 cm Länge
108,5 cm Breite 53,5 cm. Entwurf von Josef Hoffmann.
um 1898. Österreichisches Museumfür angewandte Kunst.
inv. Nr. 2717
16 Ernst Stöhr. Zeichnung zu einem zweitürigen Kasten. Stadt-
museum St. PöItenlErnst-Stbhr-Archiv ohne lnv. Nr, mit
freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Karl Gutkas
17 Ernst Stöhrleichnungzu einem Bett. Stadtrnuseum St. Pöl-
tenlErnst-Stöhr-Archiv mit freundlicher Genehmigung von
Prof. Dr. Karl Gutkas
18 Bett aus der Ateliereinrichtung von Ernst Stöhr Weich-
holz. massiv, Höhe 38 cmKopfteil- Hühe81cmFußteiI
wLänge2i4cm-Breite160,5 cm. EntwurfvonJosef Hoff-
rnann. um 1898. Osterreichisches Museum fürangewandte
Kunst, lnv. Nr. 2708
19 Ernst Stöhr, Skizze zu einem Schreibkaslen. Stadlmuseurn
St. PbltenIErnst-Stöhr-Archiv ohne lnv. Nr. mit freund-
licher Genehmigung von Prof. Dr. Karl Gulkas
20 Ernst Stöhr. kolorierte Zeichnung zu einem Atelierkasten.
Stadtmuseum St. PöltenlErnst-Stöhr-Archiv ohne lnv. Nr.
mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Karl Gutkas
Anmerkungen 13 15
rt r-Einfache Möbel- von Josef Hoffmann, Das lnterieur, ll. Jg., 190i,
193-208.
rl Ernst-Stbhr-Archlv. Stadtmuseum St. Polten, ohne lnv. Nr.
Kolo Moser. Atellerkasten. Österreichisches Museum für angewandte
Kunst. lnv. Nr. 2062.
20
nie aufder Hohen Warte, erschien in derZeitschrift Das
Inrerieur einer seiner wenigen Aufsätze über Kunst
vEinfache Möbeln." Die Gedanken. die Josef Hoffmann
darin explizierte, spiegeln den Anfangsidealismus der
secessionistischen Bewegung wider das Ziel war, dem
Leben durch Einfachheit. Ehrlichkeit und Gediegenheit
seine Würde zu erhalten. illustriert wurde dieser Auf-
satz mit Skizzen. die schon ein Jahr zuvor entstanden
sind und die tatsächlich den Versuch darstellen, dem
modernen Fühlen und Denken passende Gestalt zu
geben. Hoffmann unterscheidet in dem Begleittext zwi-
schen drei Möbeltypen Brettl, Pfeiler- und Koffermö-
bei. Zwei dieser Möbeltyoen finden ihre Ausführung ent-
weder in den Möbelstücken der Stöhr-Einrichtung oder
in den Möbelskizzen Ernst Stöhrs. Zu dem Brettl-Typus
gehörend, sind esdie schon besprochenen Kästen, das
Bett mit der Truhe und außerdem ein Arbeitstisch. Was
man unter Hoffmanns Bezeichnung nKoffermbbel-r zu
verstehen hat. kommt bestens zum Ausdruck in Stohrs
Zeichnung eines hohen Kastens mit ausklappbarer
Schreibfläche." Mehrere gezeichnete Versionen die-
ses Schreibkastens sind vorhanden offenbarhaben wir
es ebenfalls mit der Ausarbeitung einer Idee. mit dem
Prozeß des Gedankenwechselspieles zwischen Stöhr
und Hoffmann zu tun. Englische Vorbilder imitierend.
zeigt der Schreibkasten innen kleine Kompartimente,
genannt wpigeonholesli. für die Aufbewahrung von Brie-
fen oder anderen Papieren. Durch Aufklappen der
Schreibfläche steht der Kasten mit zweit" igem Unter-
bau und verglaslem Oberteil als geschlossener, schiffe-
kofferähnlicher Schrank da. Der Oberteilwurde zusätz-
lich durch eine persönliche Note. ein Bild einer lesen-
den Frau von Stöhr, geschmückt. Eine ähnlich geartete
Zusammenarbeit bei der Ausführung eines Möbel-
stückes gab es beim Atelierkasten Kolo Mosers hierhat
Moser Hoffmanns ursprünglich grüngebeizten Kasten
miteinem von ihm entworfenen Kupferrelief geziert um
1898.'5 Der Schreibkasten Stöhrs erinnert augenfällig
an seine Zeichnungen einer Alten Stube, worin er
Freude an dem aufgehäuften Alltagskram auf einem
Kasten fand Abb. 2. 19.
Zusammenfassend liegt die Vermutung nahe. daB der
Maler Ernst Stöhr und der Architekt Josef Hoffmann in
der Ausarbeitung dieses Projekts eng zusammengear-
beitethaben. ÜberdieAusführung istkeine Dokumenta-
tion auf uns gekommen. Allerdings variiert die Qualität
der Tischlerarbeiten erheblich. Wahrscheinlich waren
einfache Tischler aus der Umgebung des Wocheiner
Sees am Werk. Eine Ausnahme sind die zwei Etageren,
die von der Secession stammen. Die Einrichtung,
zusammen gesehen mit den Zeichnungen Stöhrs, gibt
uns eine wesentliche Auskunft über die künstlerische
Intention derAnfangsphase des Secession. Der Stil der
Möbelstücke expliziert eine Übergangsphase im Schaf-
fen Josef Hoffmanns die Abwendung vom gekurvten
Stil derfrühsecessionistischen Phasezum Beginn einer
tektonischen Durchbildung. Man erkennt diese Ent-
wicklungslinie, wenn man die stilistische Vielfältigkeit
und Verschiedenartigkeit der ausgeführten Möbel-
stücke mitden Skizzenideen von ErnstStöhrvergleicht.
29
BänszkyAKiss
Ein traditionsreiches Unternehmen und Einflüsse der Wiener Schule auf Unge
äwlenerconflsene Altmanna seine künstlerische Ausprägung durch KunsrundKunstgewerbe
hne, 935 Gyula Kaesz und Katö Kaesz-Lukärs
lvada mnrkx
näfismar km1
ntiserie Altmann Et Kühne. Wien. Graben. Frontalansicht
Hauptauslage in wohlausgewogener Harmonie des Am-
ntes
nutzmarken der Coniiserie Altmann 8. Kühne
nllserie Altmann Kühne. Wien, Graben, Hauptauslage
Portal mit dem reichen Koniektsortiment
srkungen
Mitteilung von Frau Katü Kaesz-Lukäis.
lle Kaesr Jedermanns Wohnung. In Mngyar Eplieszel 1944. I.
2a.
Eva Bänszky-Kiss Gyula Kaasz im Druck. Oorvlna-Verlag. Buda-
tllentwuri von Eva Szabc. in deren Werkstatt man zu den Entwürfen
mehreren hervorragenden Architekten und Innenarchitekten der
che traditionell handgewobane Slotte erzeugt wurden. Literatur
lt K065i Eva P. Szabd. Keplömüväsletl Kildd. Budapest 1971.
in den Jahren nach 1930 nahm das ungarische Kunstge-
werbe einen wesentlichen AulschwungAuf die sorgen-
volle Lage der Nachkriegszeit und auf den Rückschlag.
den man in der Weltwirtschaftskrise zu erleiden hatte,
folgte auch im wirtschaftlichen Leben des Landes eine
gewisse Konsolidierung. Die kulturellen Beziehungen
Ungarns weiteten sich aus, ungarische Aussteller
erzielten 1933 und 1936 auf der Mailänder Triennale
nennenswerte Erfolge, wie auch 1937 auf der Pariser
Weltausstellung und 1938 in Berlin bei der Veranstal-
tung einer internationalen Handwerksausstellung.
Auch die im Lande veranstalteten Ausstellungen
bezeugten den Aufschwung. u. a. die 1935 im Budape-
ster Museum für Kunstgewerbe organisierte v-Schönes
Heim -frohes Lebena. Deren Anlaßwardie 50.Wieder-
kehr der Gründung des ungarischen Landesvereins für
KunstgewerbelOrszagos Magyar lparmüveszeti Tärsu-
lat. Eines unter den zur Schau gestellten, meist reprä-
sentativen Ensembles entstand auf Bestellung der
heute noch existierenden Wiener Oonfiserie Altmann
und Kühne mit dem Titel wSüßwarenladen und Kondito-
rei für ein Hotel am Semmeringm. Das Portal wie auch
das lnterieur entwarf Gyula Kaesz. die Wandbemalung,
also die Innendekoration, die Verpackungspapiere und
Konfektschatullen seine Gattin Kato Kaesz-Lukäts. im
folgenden sei das Augenmerk auf die Tätigkeit des her-
vorragenden Künstlerehepaares im besonderen aut
das Lebenswerk dieser beiden Kunstschaflende
lenkt. welches dem ungarischen Kunstgewerbe
jenseits der Landesgrenzen zur Ehre gereichen ko
Gyula Kaesz. 1897 in Budapest geboren, besucht
selbst die Kunstgewerbeschule. Er beendete seir
dium 1917 mit dem Lehrgang für lnnenarchitektu
Lehrer war er bis 1952 an der gleichen Schule tatl
Zeitabschnitt zwischen 1952 und 1958 deren
direktor. Seine konsequente moralische Haltung.
selbst inmitten der Weltenbrände unerschüttel
Menschlichkeit und nicht zuletzt sein immenses
nen, wie sein absolutes Urteilsvermögen und eine
dezu visionare Vorstellungskraft im Hinblick auf
tige Entwicklungen vermochten ganzen Generati
von ungarischen Architekten und Entwerfern eine
bare Mitgift auf ihren Lebensweg mitzugeben.
offenen pädagogischen Grundeinstellung zui
wuchsen mehrere seiner Schüler in verschied
Kunstbereichen zu international bedeutenden
lern heran. So etwa Alexander Bodon. der in Hc
lebende Architekt. Ferenc Haar auf Hawaii.
Kerneny. der in der Schweiz verstorbene Bildh
Katö Nandor. die iüngstverstorbene, eine Mitarbe
Boltensterns, die sich auf dem Gebiet der lnnenl
tektur in Österreich betätigt hat und in Wien ihr
beschloß. Auch Amerigo Tot, der in Rom zum Bildl
wurde, gehörte zu diesem Kreis.
zlö Moholy-Nagy, der sich international einen gro-
Namen machte, erkannte in seinem Landsmann
ila Kaesz dessen hervorragenden Sinn für Pädago-
und berief ihn in der zweiten Hälfte der zwanziger
re als Lehrer an das Bauhaus. Urn diese Zeit war
llB Kaesz noch Aushilfslehrer an der Budapester
istgewerbeschule. Dessenungeachtet lehnte er die
anvolle Berufung mit der Begründung ab, daß er
daheim gute Künstler erziehen wolle'.
die Entwicklung von Kaesz übte neben der unga-
hen Volkskunst die Wiener Schule eine entschei-
de Wirkung aus. Seine Frühwerke zeigen ganz deut-
die Stilmerkmale von Dagobert Peche, wie im
Ieren diejenigen der Art Deco, dem Stil, der sich in
zwanziger und dreißiger Jahren entwickelte und
lerne Elemente mitTradition und dekorativen zu ver-
"nelzen suchte.
Entwicklungsrichtung der ungarischen Gegen-
idskultur knüpfte sich im Zeitabschnitt zwischen
beiden Weltkriegen mit zahlreichen Faden an die
ner Werkstätte. In Österreich wie auch Ungarn
torial beide gleichermaßen aus der k. k. Monarchie
hrumpft- blieb die lndustrie unterentwickelt. Das
len der Möglichkeit von Großbetriebsproduktionen
abriken sicherte die Vorbedingungen höher ent-
xelter Manufakturen. Gyula Kaesz und einige seiner
orragendsten Kollegen befaßten sich gleich den
stern der Wiener Werkstätte mit dem Gedanken
der Übereinstimmung von Konstruktion und
ichbarkeit, mit der Schönheit von Material und
dies alles zu vereinen. Auch beachteten sie vor-
nlich und in gesteigertem Maße die Prätensionen
erster Qualität.
Kaesz publizierte auch immerwiederund betonte
einen Schriften und pädagogischen Werken stets
neigende Bedeutung der sozialen Bedürfnisse. Er
te und verkündete, daß der Weg in Zukunft zur Mas-
vroduktion führt und es die zu lösende Aufgabe sei,
nungen von kleinen Leuten mit geringen Erwerbs-
lichkeiten dementsprechend auszustatten "Die
senproduktion von Möbeln hoher Qualität ist das
tige Mittel, welches ermöglicht, daß sich die kleine
tenz eine Wohnung verschafferi? Niemals verlor er
VlenschenausdemAuge,dieBedürfnissederer, für
ir seine Gegenstände entwarf und ausführte und
lfl er mit seinem so engagierten Naturell nicht nur
in, sondern auch deren Umwelt umformen und ver-
ern wollte.
hoher Bildungsgrad, gepaart mit äußerster künst-
her Sensibilität, halfen ihm stets bei der richtigen
zhatzung der allerneuesten internationalen
nntnisse und deren Umsetzung auf heimische Ver-
iisse. Erwar ein Kunstschaffender, der seine Über-
ung jederzeit und überall lehrend verkündete.
irch wollte er auf Zeitgenossen und Schüler und
raufdieGesellschaftseinesZeitaltersbewußtWir-
ausüben. Oft beschrieb er, den heimischen Ver-
issen vorausschauend, seine humanen Prinzipien
verbreitete diese, die, wenn auch ihre Verwirkli-
in dem gegebenen gesellschaftlichen Rahmen
möglich war, zu jeder Zeit aus rationalen Wurzeln
nrkeimten. Alle diese Eigenschaften heben Kaesz
tierische und schöpferische Persönlichkeit über
er Zeitgenossen.
in den Aufgaben des Möbelentwerfens und denen
nnenausstattung befaßt er sich vorwiegend mit
itektur. Aus seinen Händen kommen viele Bau-
Villen in Budapest am rechten Donauufer, in
idrä, am Plattensee, Häuser in der Provinz. Dazu
lentlichen Bereich Bankpaläste, wie die National-
asse in Budapest, die Oberländische Handels-
Kaschau sowie die DebrezinerSparkasse. Ferner
er Ausstellungseinrichtungen, wie für die Mai-
er Triennale 1933, die nNationale Drucksachen-
ellung 1938rr u. a. Auch zahlreiche Ausstellungs-
ons sind mit seinem Namen verknüpft. Seiner
rsellen Anlage entsprach es, sich auch zeitlebens
iebrauchsgrafik zu beschäftigen. So stammt eine
Reihe von Plakaten, Signeten, Titelblättern von ihm.
Auch die Buchkunst war ein Gebiet, das ihm stets am
Herzen gelegen war. im Buche sah er die Verkörperung
vom Gedanken des jedermann übermittelbaren Schö-
nen. 1958 eröffnet er seine Bücherausstellung mit fol-
genden Worten 1110000 Exemplare eines Buches
so hoch stellt sich heute eine Durchschnittsauflage
können, pro Band zumindest Menschen zählen,
50.000 Menschen genießen eine so bedeutende Ent-
faltung der Buchgrafik gehört zu den schönsten Ergeb-
nissen unseres kulturellen Lebens vv4K
Gyula Kaesz starb siebzigjährig am 12. Mai 1967. Seine
umfassendeTätigkeitals Künstler, EntwerterundArchi-
tekt, insbesondere jedoch seine Arbeit als Kunsterzie-
her, belohnte der ungarische Staat von zahlreichen
künstlerischen Auszeichnungen abgesehen mit der
höchsten Verleihung eines solchen, dem Kossuth-
Preis. Seine künstlerisch anspruchsvolle, Liebe und
Harmonie ausstrahlende Persönlichkeit bleibt für alle
ungarischen Künstlerzu allen Zeiten ein Vorbild und gilt
als ethischer Maßstab
Die Planung für die Confiserie Altmann und Kühne in
Wien aus dem Jahr 1935 weist alle Merkmale der Art-
Deco auf. Eingang und Schaufenster sind vollkommen
glatt, ein leichtes Metallgerüst trägt die großen Glas-
platten. Im Innenraum wird die kühle Eleganz des Wie-
ner Grabens durch intime Atmosphäre, gediegenen
Komfort und Geborgenheit abgelöst. Hinter dem halb-
kreisförmigen Ladentisch, dem eine Metallschiene
gesetzt ist, reihen sich in einem eingebauten
schrank die von Frau Kato Kaesz-Lukats entworfi
Bonbonnieren. Neben den grazilen runden Metallt
chen stehen einladende rotlackierte Taborette.
um, die Wand entlang, läuft ein wunendlichesu Sofa
dem Raum die Prägung gibt. Der Grundton des Sto
zugs ist graublau mit eierschalenfarbenen Tüpi
Die noble, heitere NotederFarbigkeitdiegewinnel
Proportionen des Mobiliars, die launig straffe Fröh
keit der Verpackungen heben die Kühle des mode
lnterieurs Glas und Metall in eine einlar
freundliche, behagliche Stimmung. Eine harmonis
Begegnung des Natürlichen mit dem Ästhetischen
Elegance mit der Modernität des erforderlichen,
Bestimmung angepaßten Komfon, mitder intimenE
mung. Gyula Kaesz erhielt für die Einrichtung
lnterieurs der Confiserie Altmann und Kühne in
Wiener City 1935 den Großpreis des ungarischen
desvereins für Kunstgewerbe.
Auf der MailanderTriennale des Jahres 1938WUfdl
Confiserie von Altmann Kühne mitsamt den Kon
kassetten und Bonbonnieren und allen übrigen
packungspapieren von Katö Kaesz-Lukats aberr
ausgestellt. Das lnterieur wurde mit dem Grande
mio D'onore der Triennale gekrönt.
Heute befinden sich einzelne Stücke des Mobiliars
Altmann B. Kühne im Besitz von Frau Kaesz-Luka
Budapest. Das typische prägende Dekor ihrer Ver-
packungspapiere ist aber bis zur Stunde und das
spricht für ihre zeitlose Qualität in Verwendung und
vermag auch heute, 50 Jahre nach ihrer Entstehung,
den Käufern der Konditorei am Wiener Graben echte
Freude zu bereiten. lm Zeitabschnitt zwischen den bei-
den Weltkriegen war in allerWelt eine Belebung und ein
Aufblühen der Gebrauchsgrafik festzustellen. Mit dem
Aufschwung des geschäftlichen Lebens führte dies
naturgemäß zu einer reiferen Auftragslage von Entwür-
fen fürAnnoncen von Verpackungspapieren und sonsti-
gen merkantilen Drucksachen. Der Vorstoß der
Reklame, in deren Gefolge die Gebrauchsgrafik sich
entwickelte, ist gleichfalls eine Begleiterscheinung der
Art Deco; zufolge des Anspruchs auf rasche Kommuni-
kation rief dies eine weitere Reihe von dekorativen
Arbeiten ins Leben. Der Stil des Mittelstandes dieser
Epoche. welcher Heiterkeit. etwas Modernität, geome-
trisierende Ornamentik mit völkischen Einflüssen und
orientalischerMotivikaufüberaushohem Niveau einzu-
stimmen verstand, legte innerhalb der angewandten
Künste, vorwiegend der Grafik, durch qualitätvolle
Schöpfungen Zeugnis ab. Auch bedeutende Künstler
befassen sich in Ungarn mit sog. Fteklamegralik, denn
nur so konnten sie unter den drückenden wirtschaft-
lichen Verhältnissen der Nachkriegsjahre existieren.
Darunter zählten zu den international bekannteren
Robert Bereny, Sandor Bortnyik, Lajos Kassak. Lajos
Kozma, Albert Kner, Farkas Molnar und Josef Rippl-
Ftönai.
Die bis zum heutigen Tag schöpferisch tätige Kato
Kaesz-Lukatsdie so gewinnbringend auchfürdas Wie-
ner Haus Altmann ßt Kühne arbeitete, wurde 1900 ge-
boren. Sie begann ihre Studien an der Hochschule für
bildende Künste in Budapest, wechselte an die Kunst-
gewerbeschule, wo sie 1925 abschloß. Sie war in zahl-
reichen Bereichen des Kunstgewerbes tätig. Sie
bemalte Möbel, entwarf lntarsien, illustrierte Märchen-
bücher und schuf Textilapplikationen. In allern fällt
sofort ihre frische Erzählerlust auf, die bezeichnend ist
fürihrenStil,ebensowieihrevorliebezum Dekorativen,
dieAnwendung von Holz, Kunsimotiven und ihr spieleri-
scherHumorSeit EndederzwanzigerJahrebefaßtesie
sich auch mit Gebrauchsgrafik. Fürdie von ihrentworfe-
nen Packungen, Kopfleisten. Signete sind einfühlende
Fachkenntnis von hohem Niveau, Klarheit und Ele-
gance in der Linienführung charakteristisch. In der
Kunst von Frau Kaesz-Lukats gesellten sich zu Heiter-
keit und schöpferischer Phantasie ein strenger Respekt
vorden Gesetzlichkeiten derTypographie, ia des einzel-
nen Buchstabens. Ihre in jener Periode entstandenen
Werke kann man als Glanzleistungen ungarischer Gra-
fik und auch des ungarischen Art Deco bezeichnen. In
zahlreichen westeuropäischen Fachzeitschriften sind
über diese Arbeiten Publikationen erschienenf Im
Jahre 1979 hat eine im Museum für Kunstgewerbe in
Budapest veranstaltete Ausstellung das gesamte
Lebenswerk der Künstlerin präsentiert
Aus all dem geht hervor, daß die Inhaber der Wiener
Confiserie Altmann 8. Kühne bei der Wahl des Grafikers
von einem guten Kunstsinn Zeugnis geben. Die nach
den Entwürfen von Frau Kaesz-Lukats hergestellte
betreffende sämtliche Ausstattung vom Firmenpapier
bis zum Verpackungsmaterial konnte mit seinem
besondern wSchickrr die Kundschaft bis heute erobern
und festhalten. Das gesamte grafische Vokabular der
sinnreichen formschönen variablen Schächtelchen,
das mit Märchenfiguren überstreute Verpackungspa-
pier gaben der Ware schon von außen her einen ent-
sprechenden Wert. DiemitbesondererSorgfaltgeform-
ten Bonbonnieren und Schächtelchen sind bisweilen
Miniaturnachahmungen von Möbeln. Im wahrsten
Sinne des Wortes verniedlicht wie aus Großvaters Zei-
ten.Manchmalsindsieherzförmigoderähneln Blumen,
sind oft mehrbödig und vielgliedrig. wobei bisweilen
nach Öffnen des Deckels verborgene Schubfächer zum
Vorschein kommen. Man hat diese schrnückenden Aus-
stattungspapiere zumeist auch in verschiedenen
Grundfarbentönen verfertigt. Die Oberfläche aller die-
ser Behältniskörper beleben meist Figuren einer
Traumwelt viele von ihnen lächeln nun schon seit
einem halben Jahrhundert und erfolgreich uns an.
Bei ihrer Betrachtung heute ist es, als ob sich ein Tor zu
jenerZeitöffnet. Man sieht Equipagen an Zauberschlös-
sern vorbeisausen, man sieht marschierendes Militär.
auch präsentierende Wachposten und lustwandelnde
Liebespärchen. Gelegentlich hat man zu den mit Papier
in Mehrfarbendruck kaschierten Liliputschatullen,
Kommödchen. altmodischen Reisekoffern, Hutschach-
teln und Bonbonnieren auch die linearen Varianten des-
selben Dekors in Einfarbendruck verfertigt. die man
dann als einfaches Einwickel- bzw. Packpapier verwen-
den konnte. Zu diesen jederzeit brauchbaren und
gebräuchlichen Verpackungssortimenten entwarf Katö
Kaesz-Lukats zusätzlich auch festliche Extrapapiere zu
Feiertagen, Etwa für den Gebrauch in derWeihnachts-
zeit, für die Ostertage oder den hl. Nikolo. Hiebei paßte
sie sich selbstredend in bezug auf Farben dem jeweili-
gen Charakter des festlichen Anlasses symbolisierend
an. So schienen ihrz. B. fürdieWeihnachtszeitGrün mit
Silber kombiniert oder Gold treffend zu sein. Am Nikolo-
tag sollte Kardinalrot oder im Lenz mochten Pastellfar-
ben wie Hellrosa, Pastellblau oder -grüh passend sein.
Mit einem heutigen Terminus wäre die Künstlerin. ein-
fühlsam und praxisbezogen, sinngerecht als eine Mei-
sterin des Packaging-Design zu bezeichnen.
Wie sehr der Firmeninhaber die Arbeit der Künstlerin
schätzte. geht daraus hervor, daß er als er nach dem
Anschluß Österreichs an Deutschland, 1938, aus Wien
fliehenrnußte-aus New Ycrkschrieb u. ..verlcralles.
mein alleiniges Kapital, das ich mitnehmen konnte, bil-
den Ihre Packpapiere und Bonbonschachtelnti -womit
er persönlich den Wert unterstreicht und ausdrückt wie
diesewinzigemdemScrieine nach nutzlosen Utensilien
dem Geschenk Anmut verleihen. Sie ziehen an durch
Confiserie Altrnann 8. Kühne. Wien, Graben, Kato Kaesz-
Lukatsexquisite Konfektschatullenmitderntypischenfigura-
len Streudekor
Confiserie Altrnann 81 Kühne. Wien. Graben, Katö Kaesz-
Luka'tsAuswahldesvariantenreichenSortimentsan Konfekt-
schatullen in den traditionellen Ausformungen und dem typi-
schen Streudekor
Confiserie Altrnann S. Kühne. Wien. Graben, lnnenraumge-
staltungvonGyuta Kaesz-halbkreisfürmigsrVerkaufstisch
mitVitrinenetnbau und Wandvitrirre sowie Blick aufdie übrige
Innenausstattung mit Wandsofa und Tischen sowie Markise
mit Landschaften und Eisenstühlen
OonfiserieAltmann8tKühne,Wien.GraDemeinpaarderKon-
ditoretstuhle aus Eisen und Blech von Gyula Kaesz
Anmerkungen
Unteranderarr 1936 und 193a lr1 der Gebrauclvsgraphlk, 193a inArIand
Indusfry, In den Jahrgängen 1932. 1934, 1935. 193a und 1939 der Zeit-
schritt Modern Puüilrlly, des weiteren in den Jahrgängen 1932, 193a,
1934, 1935 vom CdmmerciaiArI and lnduslry.
Ausstellung der Werke der Frau Katü Kaesz-Lukats im Museum für
Kunstgewerbe, Budapest 1979 Geleitwort das Katalogs aus der Feder
von Ferenc smart und Eva Banszky.
ihre fröhlich-bunte Frische und Sonnigkeit, die den
grauen Alltag durchbricht und man darf es getrost
behaupten-verbreiten künstlerischeWerte. diejeder-
mann leicht erreichen können. Daß aber eine solche
Bonbonniere viele Jahrzehnte lang, genau ein halbes
Jahrhundert, beliebt und kaufanreizend bleiben konnte,
verbürgt auch die Güte der enthaltenen Ware, was
deren Umlauf und Gängigkeit, wie ihre Wertschätzung.
auch im internationalen Bereich. zu steigern vermag.
Nach dem 2. Weltkrieg hörte Frau Katö Kaesz-Lukats
auf, grafischeArbeiten fürden Handel anzufertigen. Sie
wollte und mußte ihre schöpferische Tätigkeit neu
akzentuieren, in allem neu von vorne anfangen. Sie ver-
legte sich ab da vorwiegend auf die Illustration von Mär-
chenbüchern,von Lehrbüchern undauf Entwürfe für Di-
plome, Auszeichnungen etc. Sie vermochte auch in die-
sen Bereichen Leistungen von hohem Niveau zu brin-
gen. den wertvollsten Teil ihres Lebenswerkes bilden
dennoch die angewandten grafischen Arbeiten aus den
dreißigerJahren. darunterdieSignlfikantenfürAltmann
St Kühne.
Heute sind diese in den zwanziger und dreißiger Jahren
entstandenen Arbeiten und Entwürfe von Frau Kaesz-
Luka'ts in Ungarn nicht mehr im Blickfeld, um nicht zu
sagen. fast vergessen. Sie gehören vor allem für Gene-
rationsgleiche und Kenner nunmehr zu jenen Leistun-
gen, welche man aufs neue zu entdecken hätte. Aus die-
semGrundeschauenwirmitbesondererGenugtuung in
die Auslagen der Confiserie Altrnann Kühne, deren
Rechtsnachfolger nach wie vor den Stil mit den Schöp-
fungen der Künstlerin hochgehalten hat. Damit hat sich
in Wien ein aus der Blütezeitder ungarischen Merkantil-
grafik stammender Kunstwert am Leben gehalten und
damit deren Ruf und Glanz bis zur Gegenwartverbreitet
und wachgehalten.
33
Charlotte Blauensteiner
Jugend gestaltet
Eine Sonderschau bei" der Internationalen Handwerks-
messe in München
Zum 6. Mal war bei der diesjährigen Internationalen
Handwerksmesse in München die Sonderschau
iiJugend gestaltetk zu sehen. ln der Halle wo auch
nochdie InternationaleSchmuckschau gezeigt wird, ist
diese Ausstellung in die EXEMPLA integriert aus die-
ser ist sie seinerzeit auch wherausgewachsenit. Die
EXEMPLAzeigt seit 1970 Handwerk in seineraktuellen
Bedeutung und in den verschiedensten Ausdrucksfor-
men. Die ldee und Realisierung. vorallem aberdas hohe
Niveau, waren durch all diese Jahre Fritz Gotthelf zu
verdanken; nach seinem plötzlichen Tod ist nun Peter
Nickl zusammen mit Heidi Howcroft verantwort-
lich. DieThematik stimmte heuerbesonders gutzusam-
men, denn in der EXEMPLA hieß sie vAltes Handwerk in
jungen Händenlr und zeigte traditionelle Techniken
von der Korbtlechterei bis zur Putztechnik, vom Pflaste-
rer bis zum Hersteller von Buntpapier wie sie von der
jungen Generation weitergeführt und ausgebaut wer-
den.
wJugend gestaltetlr hatte in diesem Rahmen immer
schon eine Sonderstellung. So sehr auch die handwerk-
liche Basis als unerläßlich empfunden wurde, lag bei
dieser Sonderschau der Schwerpunkt doch immer auf
"Gestaltungix. Kunsthandwerk also, wenn man diese
Bezeichnung im ursprünglichen, guten Sinn verwenden
kann und das sollte man tun, allen verbalen und gei-
stigen Mißbräuchen zum Trotz.
DieAltersgrenzewurdemitSOJahrenfestgelegt- rela-
tiv hoch, wie immer wieder festgestellt wird; aber es
zeigt sich, daß unter dieser Grenze kaum die entspre-
chende Ausbildung vollendet und eine eigene Persön-
lichkeit entwickelt ist.
iiJugend gestaltettt ist international in diesem Jahr
waren 11 Länder beteiligt Belgien, Bundesrepublik
Deutschland, CSSFt, DDR, Finnland, Großbritannien!
Schottland, Italien. Niederlande. Österreich. Polen und
Schweiz. International besetzt ist auch die Jury, die in
jedem Jahr Preise vergibt, die aus einer Urkunde und
einer Kleinskulptur bestehen.
Wichtiger als diese Kennzeichnungen und Auszeich-
nungen ist aber wohl, daß junge Menschen ein Forum
der Öffentlichkeit finden, wie sie es sich selbst doch
nicht so leicht schaffen können. 300,000 bis 400.000
Menschen strömen jährlich durch die Hallen, und wenn
auch nur ein relativ kleiner Teil dies offenen Auges tut,
bringt es doch fürdie Kunsthandwerkereine Konfronta-
tion mildem Publikum, für die Besucher aber einen oft
unbewußlen Anstoß zur Auseinandersetzung mit
Gestaltung, Material, Form. Der immer sorgfältig und
meist unter großem Zeitdruck gemachte Katalog ist für
die Jungen eine weitere dokumentarische Veranke-
rung.
1985 waren verschiedene Veränderungen bei den mit
der Vorbereitung befaßten Institutionen vorgegangen.
Vielleicht bahnen sich deshalb auch bei den Exponaten
Änderungen an; dem unvoreingenommenen Betrach-
ler scheint es aber, daß dieAndersartigkeitjeweiis doch
eher mit den Persönlichkeiten der Künstler hervortritt
die großen Zusammenhänge werden wohl erst spä-
terablesbarsein. DieAusstellung ist sehrübersichtlich,
die Präsentation zurückhaltend, die Qualität überwie-
gend sehr gut. Man erwartet dort nicht Perfektion den-
noch ist sie oft vorhanden, sondern Experimentier-
treude, nichtdie Ergebnisse langer Erfahrung, sondern
O11
Jacqueline MeinemalNiederlande. Tragbares Blatlerorna-
ment Preisträgerin
Simon MoorelGroßbritannien. Teller, Kristallglas, frei gebla-
sen Preistrager
Judith FlataitzlÖsterreicn. Kannen, 1984 Feinsteinzeug,
Plattentechnik
Veronika HauslholerlOsterreich, Dekorstolf
Karin HerberlÖsterreich. Gobelin
ehr den Mut zu Ungewöhnlichem und Enthusiasmus.
aß gewisse nModenw und vWellenu auch hier ein Echo
iden, ist auch und gerade bei jungen Menschen nicht
vermeiden, aber ebenso vieles geht schon wieder
xer diese Tendenzen derzeit ist das also die Post-
oderne hinaus. Dazwischen gibt es immer wieder
ich ganz junge Menschen, die unbeirrt beim Klassi-
hen oder scheinbar Klassischen bleiben. ohne Spe-
ilation, sondern einfach, weil Hand und Material es so
fordern.
iflallend ist die starker hervortretende Abwendung
im Gebrauchsgegenstand und seinen funktionellen
spekten und eine deutliche Hinwendung zur Fabulier-
zude und Phantasie, natürlich mit allen Gefahren des
isrutscfiens. Daß die Grenzen zwischen Gebrauchs-
igenstand und freiem Kunstwerk auf diese Art oft ver-
eßen, darf nicht verwundern und ist im übrigen eine
eittendenz, die wohl tatsächlich eine Veränderung bei
an Begriffen wKunst-r, wHandwerkw und nDesignu her-
iiführen wird.
10 Preisträgerdieses Jahres bieten mit ihren Arbei-
eine sehr charakteristische Übersicht dieser Aus-
allung
enn etwa die Keramikerln Jennifer Lee GB ihre
ibauten Gefäße äußerst einfach anlegt, wird die klas-
;che Form nur durch Kleinigkeiten, hier ein unregel-
äßiger Rand, dort eine Einsprengung. aufgelockert.
2m gleichen Tonmateriel entlockt Christian Wisse
verblüffende und beinahe flimmernde Farbnuan-
T.
non Moore GB hat in seinen Glastellern und Gefä-
durchaus das ornamentale Vocabuiatre der Post-
aderne aufgenommen, das wirkt aber keineswegs
adisch, sondern unbekümmert. Besonders erfreu-
h,daß nachJahrenwiedereinmalgedrechseltesHolz
sehen ist, nämlich Teller von Margherita Guasina
tkühnen Farbstreifen.
enn eine Designergruppe, TAG GB, auftritt, ist das
in Ausweichen auf die Massenproduktion, sondern es
heint uns damit ein Weg aufgezeigt, der in den letzten
hren irgendwie in Vergessenheit geraten ist die
ndwerklich hergestellte Kleinserie oder sogar das
tzelstiick, die als Vorstufe und als Vorbild mit allen
äglichkeiten des Experimentierens dem Industrie-
signer gegenüber im Vorteil sind.
Blätterkleider und Umhänge tatsächlich zusam-
angenahte BlätterderJacqueline MeinemaNLsind
rTriumph der Phantasie über alles tragbar "Vernünf-
ex und besonders reizvoll. Matthias Mönnich Bun-
srepublik Deutschland stellt getriebene Goldscha-
aus, uralte einfache Formen, bei denen nur die
gierungen miteinem stufenlosen Farbablaufvon gelb
weiß, die höchste technische Anforderung stellen,
sind.
iTextilkünstler aus Belgien, Michel Linthout, wieder.
mit Papieres istsogarSchmirgelpapier insehrorigi-
ller,dennochtextilwirkenderVerarbeitungvertreten.
ine Materialkollegin Hilde van Snick Ei verwendet
ar Textil, verfremdet die Textur aber bewußt durch
plikationen und Stickerei. Und wieder eine andere
xtilkünstlerin, lnes Hilla Bundesrepublik Deutsch-
id, arbeitet mit Bronzegeweben, die wie verschieden
spannte Federn wirken.
eösterreichische Beteiligungan dieserSonderschau
zte sich vonuiegend aus Textiikünstlern zusammen.
ihl Objekt als Gebrauchsgegenstand sind die an
reizvollen -Kannen von Judith Rataitz. Einen luftig
kenden Dekorstoff mit bewußten optischen Effekten
gt Veronika Hauselhofer. Karin Herber benützt bei
em Gcbelin zwar die klassische Technik, bindet sich
er sonst weder formal noch farblich an ein Schema.
tnchen dieserjungen Kunsthandwerker wird man in
iteren Jahren wieder begegnen. Und es wird dann
sondersinteressantsein,dankdieserAusstellungdie
iglichkeit zu haben, Entwicklungen, persönliche wie
werationsmäßige, abzulesen, Vergleiche zu ziehen
vielleicht auch festzustellen, wieweit diese heute
IHQSHK dann ihre Zeit geprägt haben werden.
Jost Schäfer
Historisches bei
Robert Rauschenberg
Ftobert Rauschenberg, wCharleneu, 1954. Öl, Papier. Stoff,
Holz, Metall auf Heizplatte. 226 284 cm. Amsterdam. Ste-
delijk Museum
Robert Rauschenbsrg, nEarth Day 22, 1970m. Collage Vor-
lage für Plakat der American Environment Foundation,
101,6 75,9 cm
Robert Rauschenberg. vCurrents Collagen-r, 1970. Eine
Reihe aus 28 Zeitungs- und Fotocollagen, Transferdruck,
Gouache, jeweils 76,2 762 cm. Privatbesitz R. Rauschen-
berg
Anmerkungen
Vgl. Wißmann, J. Collagen oder die Integration von Realität Im Kunst-
werk, lrl Poetik und Herrrleneutik, München 1966. S. 327 360.
Ohne diesen Illustrailonscharakter selnerArbeiten wären auch die Bil-
der zu Dantes Inferno nicht lTlÖgliCh gewesen, mit denen er die Illarari-
Scrle Vorlage illustrierte; Vgl. Liebermanrl, W.S Die Illustrationen Zu
Dantes Inferno, irY Katalog Rauschenbsrg, DLisseldorIIBerlln. 1980.
S. 18 ff.
Rauschenberg nach Seckler, D. G. The artist speaks R. Rauschen-
berg, in. Art in Amsrica S4l3, 1966. S. 73 l.
Ebd. S. B1.
Vgl, Davis, D." Strnng Currerlt. in Katalog Hauschenberg, zil. Anm.
S. 93 N.
Die Prulestderrlonslratlon von x-Earth Dayu LLS. mitorganlslert von
Senator E. Kennedy richtete sich gegen dlE Verschmutzung von um
und Wasser durch die Industrie. in der Presse wurde uEarth Daya durch
andere politische Ereignisse. bes solche. GIB im Zusammenhang rrlit
dem Vietnam-Krieg standen, etwas an den Fland gedrängt und ironi-
siert So schrieb der l-HeraldTriburleu am 24. April, also zwei Tage spa-
ter, lnalnerRandglosse IEARTH DAY IN NEWYORK -Everybodytolk-
ed about pcllulion yesterday Earth Day- but the air hers was more
pollutadthanusuaLTha Air ResourcesAdrninislrl-zllon saidthatair pollu-
tion rose tc Mnsatislactorily high leveis' because ot 'Iow winds during
the morning'. The readlng were sulrur dioxide 12 parts per rrlilllon
Beikaumeinem zweiten KünstlerunseresJahrhunderts
hat das Belanglose, dem Alltag abgelegte und Ver-
brauchte solch Ieidenschaftliches Interesse geweckt,
wie bei Rauschenberg. ZahlreicheEnvironments, Colla-
gen und Combines usw, die seit den 50er Jahren ent-
standen sind, weisen eine bunte Vielfalt gefundener
Gegenstände auf, an denen sich ihr Gebrauchscharak-
terebensowieihre Herkunftwiderspiegelnl-Charlenew,
1954.
Dieses Interesse am Alltäglichen in der Kunst ist natür-
lich nicht neu. Die Neugier an Dingen, die uns täglich
umgeben, mit denen wirganz selbstverständlich umge-
hen und die Auskunft über unser Milieu erteilen, spricht
sich in der neuzeitlichen kunsthistorischen Tradition
schon zu Beginn der Stillebenmalerei aus und findet
ihren ersten Höhepunkt in der Malerei des 17. Jahrhun-
derts. Unter den veränderten Vorzeichen des 19. Jahr-
hunderts untersuchte vor allem Manet das großstädti-
sche Alltagsmilieu und stellte dessen psychologische
Auswirkungen auf das bürgerliche Dasein dar. Der
bei Manet oft vereinsamte Mensch in seiner Um-
gebung tritt als Darstellungsthema in der Kunst des
20. Jahrhunderts fast vollständig zurück. An seiner
Stelle finden sich seit den rlready madesr Duchamps
immer häufigerdie von Menschen selbsterzeugten und
zweckdienlichen Produkte. Ihnen gilt von nun an immer
stärker das Augenmerk der Künstler. und in ihrer Form
nimmt der Alltag in der modernen Kunst Gestalt an. Sie
übernehmen in ihrer physikalischen Vorhandenheit
geradezudie Statthalterschaftdes traditionellen illusio-
nistischen DarstelIungsmodus' und bezeugen in die-
sem Sinne das Dasein des Menschen in seiner moder-
nen Lebenswelt.
Unter dieser Perspektive teilt Rauschenberg seine
Grundhaltung mit anderen Künstlern verschiedenster
Provenienzen, unterscheidet sich von ihnen aber durch
seine besondere Motivwahl, seinen Gestaltungsvcr-
gang und seine künstlerische Zielsetzung. So etwa
um nur zwei Persönlichkeiten zu nennen von
K. Schwitters, der den Abfall der Zivilisation sammelte,
um dessen schöne Seite sichtbar zu machen' nMBYZ-
bild 25 An. Oder von Andy Warhol, der wie ein lebloser
Automat auf die vor allem medial geprägte Welt
reagiert, um ihr mit Ihren eigenen Mitteln die visuelle
Konsumierbarkeit und Allgegenwart Ihrer eigenen
Erzeugnisse rücksichtslos vor Augen zu führen nBrillo
Boxesw, 1964.
Demgegenüber hält Rauschenberg an der Originalität,
an der Einmaligkeit der an Ort und Zeit gebundenen und
von ihm gesammelten Gegenstände fest, deren Aus-
wahl zwar auch nach den Gesichtspunkten des bild-
kompositionellen Aufbaues fällt, deren Funktion aber
gleichwohl weniger im ästhetischen Wirkungsbereich
liegt als vielmehr in ihrer Wiedererkennbarkeit." Damit
tragen sie einen besonderen Anteil an der prosaischen
Aussage eines Bildes. Nach Rauschenbergs eigenen
Vorstellungen sollen sie denn auch nicht zu einer "illu-
stration of my will, but more like an unbiased documen-
tation of what observedr" beitragen. Demnach läßt
sich seine BildweltintentionellalseineArtd0kumentari-
scher Rechenschaftsbericht über die eigene, extrover-
tierte Existenz in deralltäglichen Umweltverstehen. Die
Materialien in einem Bild sind dabei einerseits an den
jeweiligen Zeitraum des persönlichen Erlebens ge-
knüpft, in den sämtliche Aktivitäten des Wahrnehmens,
Auseinandersetzens, Auswählens. Sammelns, Gestal-
tens etc. eingehen. Andererseits tragen sie auch ihre
eigenen Schicksalsspuren, die der tägliche und oft bei-
läufige Umgang mit ihnen hinterlassen hat.
So fließt der alltägliche Erlebnisbereich in die Zeit einer
Bildentstehung Rauschenbergs mitein, dieer häufig mit
nur sparsam gesetzter, freier Malfaktur kompositorisch
abschließt. Damit setzt er sich zugleich vom wAbstrak-
ten Expressionismusu ab, der seine Bildsprache allein
aus dem spontanen und in der Spontanität kontrol-
lierten Aktionssystem von Künstler Farbe Lein-
wand zu beziehen sucht. Der Aktionsradius Rauschen-
bergs dagegen dreht sich nicht allein um den
Gestaltungsakt als Quelle künstlerischer Inspiration
und Kreation, sondern um das Dasein als seiner eige-
nen historischen Existenz, die sich an den Spuren frem-
der Existenzen, von Ereignissen und Ereignisketten
reibt, diese Spuren sammelt und in iedereinzelnen Bild-
gestaltung jeweils neu dokumentarisch festhält.
II
Sein Interesse an alltäglichen Handlungen, Aktionen
und Erlebnissen, deren nur scheinbare Belanglosigkei-
ten durch seine Beschäftigung zu bedeutsamen Zeu-
gen gegenwärtigen menschlichen Daseins werden,
scheint Rauschenberg darüber hinaus zu keinen weite-
ren Absichten verleitet zu haben "Mywork was never
protest against what was going on, it was an expression
cf my own involvementw 966.' Doch schon jeder Ver-
einerbloßen Bestandsaufnahme muß man dem
gegenhalten bedeutet auch zugleich immer
on Stellungnahme und Wertung. Und dies umso
'ker. als gerade in seinen eigenen Bildern, vorvvie-
der 60er Jahre, ein Auswahlverfahren aus Motiv-
eichen auffällt, das über die für ihn typischen
idlungs- und Aktionsmomsnte hinaus ein gezieltes
fresse für "Historisches-i erkennen lassen.
tat er über einen Zeitraum von einigen Monaten Ar-
Fotografien und Schlagzeilen aus der Presse
ammeltundsofortzuderMammutseriederwCurrent
agenu 1970 verarbeitet. Ursprünglich geplant
en die iwOurrentsw als Zeichnungen. "aber dann pas-
te Kambodscha und ,earth day', die Protestbewe-
unter den Künstlern. Da beschloß ich, mich nur
2h Zeitungen mitzuteilen, die brandneuen Neuigkei-
eben, die wir vergessen, sobald wir sie gehört
en. Das wollte ich zu meinem Material machen .115
von den Schlagzeilen ausgehende Krisenstimmung
dem gesamten Erdball versuchte Rauschenberg in
wCurrentsv einzufangen; doch reduplizierte er
iit allerdings mehr den Naohrichtenwert, deren
ockwirkung auf den Augenblick der Gegenwart
ogen bleibt und von den nachfolgenden Ereignissen
rholt und verdrängt wurde.
moch machen die nCurrentsrr seine Absicht deut-
aus der Tagesaktualitat tragende Grundstimmun-
herauszufiltern, die tiefer liegen als das ereignis-
Geschehen, und eben diese in ihrer gleichsam
mischen Tragweite im Bilde zu bannen. Das hat
schenberg in einerlangen Reihe von Arbeiten -vor
'Tl in Siebdrucken mit Ölfarbe verfolgt, die auf
kante äußere Anlässe zurückgehen und denen wie-
JlTl charakteristische Haltungen und Handlungen
modernen Menschen ursächlich zugrunde liegen.
lnnervationscharakter solcher Anlässe für Rau-
enberg und der Bedeutungshorizont dieser Bilder
an im folgenden Gegenstand einigerAnalysen sein.
Earth Day. 22Aprilv 970 listet er protestierend die
ien der Zivilisation und ihres bedenkenlosen Mas-
onsums auf Die großindustrielle Produktion und
technische Fortschritt zeitigen durch ihre grenzen-
Expansion die törichte Selbstzerstörung der
tnsnotwendigen Umwelt, der Landschaft, des Was-
und der Luft. Der von den Amerikanern selbst zum
ipentier erkorene Seeadler wird hier zum sarkasti-
an Wahrzeichen einer Pioniermentalität, die ihre
iabe nicht mehr im Erschließen und Erhalten men-
anwürdiger Lebensräume, sondern in Pervertie-
gerade in ihrer Zerstörung und völligen Vernich-
sieht?
einer symbolträchtigen Anwesenheit findet sich der
er schon in früheren Arbeiten, wie z.B. in i-Kitew
P3. Der historische Anlaß für rKiteu die militäri-
Einmischung der USA in die Angelegenheiten
erer Länder war Rauschenberg Anlaß für diese
entstehung. ohne aber diese konkrete politische
achezurausschließlichen Bildaussagezu machen.
iandelt sich hier vielmehr um vier Bildmotive, die
irschiedlichen Zeiträumen zugehören und in nKilel
inern Sinnzusammenhang verschmolzen sind. So
an mit amerikanischen Fahnen aufmarschierende
laten in historischen Uniformen auf den Plan und
andie Basisfüreinen hierarchischen Bildaufbau ab.
den Soldaten findet sich die farbige Reproduktion
modernen, sich im Einsatz befindenden Army-
schraubers; daneben eine kleine Strandszene mit
akümmerten Badeurlaubern. Dem irdischen Be-
enthoben, thront der entrückte rotweiße r-Dra-
gleichsam heraldisch-zeitlos über den Vergan-
"teits-undGegenwartsmotiven,derenthematischer
ammenhang ein historisches Kontinuum herstellt,
itdie Zeltdifferenz überbrücktunddie unterschwel-
ermanent vorhandene Aktualität möglicher militä-
ter Auseinandersetzung erhöht. Besonders der
das Rot dämonisierte Adler strahlt die signalisie-
le Warnung vor allgegenwärtiger kriegerischer
rohung und arroganter Vernichtung aus. Auch die
fast aggressiv gegen die Leinwand geführten schwar-
zen Pinselstriche mit ihren nach unten schlierenden
Farbfetzen fügen sich als emotionale Ausdruckträger
nahtlos in das Stimmungsgefüge ein. Die zumeist frei
aufgetragenen breiten Farbspuren fungieren darüber
hinaus als kompositionelle Verbundstücke der Sieb-
drucke untereinander und fernerhin als Vergegenwärti-
gung des Künstlers Fiauschenberg ins Bild hinein,
womit wiederum zugleich die Zeugenschaft der Bild-
aussage durch seine Anwesenheit bekundet wird.
Ebenso wie der Adler in wEarth Day und in wKiteli auf-
taucht. und nicht nur als erzählendes, sondern stärker
noch als poetisches Stimmungsmotiv versetzt ist. greift
Rauschenberg häufig auf vergleichbar markante
Motive zurück, welche auf die Gegenwärtigkeit des
durch sie Repräsentierten in verschiedenen Zusam-
menhängen aufmerksam machen. Zu solchen Versatz-
stücken zählen u.a. gleichfalls die in historischen Uni-
formen aufmarschierenden Soldaten, die wiederholt in
wLocku 1964 und wDie hardr 1963 auftreten. oder
auch der Army-Hubschrauber in nDry Celle 1963 und
nTracerti 1964. wo sich auch der Adler wiederfindet.
Nicht immer bezieht Rauschenberg Stellung aus-
schließlich zur Bedrohung menschlichen Lebens und
Lebensraumes durch irrational geleitetes Handeln. Er
beobachtet auch den erfolgreich Handelnden. etwa im
Sport', und besonders den modernen Menschen in sei-
ner technischen Fortschrittlichkeit. Hier gerade zeich-
netersichkraftseinerRationalitätaus.dieerpositivnut-
zen kann. um seinen Lebensraum zu erforschen und
seinen Gesichtskreis zu erweitern. ohne zugleich seine
Moral zu gefährden. Das sieht Rauschenberg vor allem
inderÄra Kennedys verwirklicht. mitdessen Popularität
sich lange Zeit die Hoffnung einer Wende in der ameri-
kanischen Kultur und Gesellschaft symbolisch ver-
band. Sein Bildnis findet sich denn auch noch nach sei-
nem gewaltsamen Tode in mehreren Arbeiten Rau-
schenbergs wieder. z. B. in wQuotec 964 oder vRetro-
active-r 1964.
Gleichwohl begleitet die Heroisierung dieser Zeit in sei-
nen Bildern eine sichtbare Skepsis. die sich aus einer
momentanen. überschwenglichen Begeisterung über
technische Errungenschaften und einem zu einseitigen
Glauben an deren Möglichkeiten nährt. So hat er in i-Die
hard-i den Landungsverlauf der Raumkapsel des US-
Astronauten G. Cooper in seinen einzelnen Phasen
gleich zweimal festgehalten und die Kapsel selbst nach
der geglückten Landung im Ozean groß eingeblendet.
Diese Stationen des Manövers waren im damals neuen
Farbfernsehen live zu verfolgen und Anlaß für Rau-
schenberg. beide Fortschritte der Technik sofort aufzu-
greifen und ihnen in einem Triptychon zu huldigen.
Zugleichaberkonfrontierterden BetrachtermitAnspie-
lungen aufdenkbare und sich eben aus derTechnik und
ihren Möglichkeiten heraus entwickelnde Gefahren und
dämpftdaduroh empfindlichjenenGegenwartsoptimis-
mus. dem die Fortschrittsgläubigkeit ihre Scheuklap-
pen aufsetzt. Als Zeichen für eine verstandesmäßig
kaum kontrollierbare. dennoch aber in der Entwicklung
rationalen Fortschrittes immer mitschleichende Gefah-
renzone. stehen neben den Bildern der Raumkapsel
wiederum die aufmarschierenden Soldaten in histori-
schen Uniformen und direkt daneben spielende Kinder.
der ebenfalls schon bekannte Army-Hubschrauber und
im Katastropheneinsatz stehende Feuerwehrmänner.
ln ihrer glühend roten und gelben. ganz vunrealisti-
schenrr Farbigkeit gewinnen diese Motive an aufdringli-
cher Signalkraft. die zu der ansonsten an Naturnähe
orientierten und im Ausdruck fast heiteren Farbigkeit
kräftig kontrastiert.
Aufmerksamkeit für die Gefahrenzone zwischen Tech-
nik und Kriegsmaschinerie fordert Rauschenberg ganz
drastisch. wenn er von dem Betrachter anstelle einer
kontemplativen eine aktive Teilnahme verlangt wie vor
wDry Cellk 1963. Er rnuß hier ganz nahe vor das tech-
noide Werk treten und in ein Mikrophon sprechen. um
die gesamte audiovisuelle Wirkungsbreite auszulösen
und den realistischen Effektzu erleben. Daraufhin simu-
liert ein an das Mikrophon gekoppelter Motor das
Geräusch eines Kriegshubschraubers. der. als Sieb-
druck auf Glas reproduziert, unmittelbar vor seinen
Augen in der Luft zu schweben scheint.
NocheinigeJahre späterhatsich Rauschenberg durch-
aus positiv zur technologisch bestimmten Gegenwart
geäußert undvoreinereinseitigenVerteufelungundfIie-
henden Abscheu fast gewarnt iiAtype of heresy is deve-
loping whlch affirms that technological progress is
monster.thattherobotistheincarnationofdevil.Weare
ashamedoftechnology.someareturningtheirbackson
it. fleeing the technological presentß Gerade aber, um
nicht aus der technologisch bestimmten Gegenwart zu
entfliehen. wendete sich Rauschenberg der Technik zu
und arbeitete u.a. mit dem Ingenieur B. Klüver zusam-
men. Doch entgegen seiner ausgesprochenen Hoch-
schätzung der Technik, die ihm auch neue künstleri-
sche Horizonte eröffnete. sprechen seine Werke mit
technischen Geräten oder Motiven deutliche Warnun-
gen vor dem blinden Umgang mit ihr aus und machen
auf ihre gefährlichen Eigenschaften aufmerksam. die
sich nur allzuleicht hinter ihrer vordergründigen Nütz-
lichkeit verbergen können. Daß hierin auch Rauschen-
bergs Absicht liegt. hat er erst in einem späteren State-
ment aus dem Jahre 1974l75 betont wBy working
together sharing information teohnology and art could
beawayofawakeningtheconscienceofpeopletoavoid
crucial desasterß
Schon ineinem seinerfrühesten Siebdrucke. in i-Glideru
1962. schürt er eindringlich das Bewußtsein für die
sich einschleichende. Flaum und Zeit durchdringende.
alles beherrschende Technik. Zwar ist sie ein Produkt
des Menschen. droht aber übermächtig zu werden und
ihn wiederum zum Mittel herahzusetzen Dem Netz
einer Spinne gleich. entwickelt sich in lGlideru ein
Radarschirm von der oberen rechten Bildecke aus in
das Bild hinein, von dem die kleinen Menschen gleich-
sam eingefangen zu sein scheinen.
Die Themenwahl Rauschenbergs aus den Bereichen
Technik. Krieg. Tagesereignisse und Naturfällt ganz
analog zu seinen Materialsammlungen aus einem
spontanen Erlebnisverhältnis zu markanten Ereignis-
sen derAlltagswirklichkeit heraus. Dabei spiegeln seine
Bilder nicht nur die eigene Betroffenheit. Begei-
sterung und Anteilnahme insbesondere an den Ereig-
nissen des modernen Fortschritts ebenso aber auch
eine tiefe Skepsis an deren möglichen zerstörerischen
Folgen. Von hier aus beziehen sie einen tieferen und
durchaus moralischen Gehalt Indem sie nämlich den
emotionalen Stimmungsbereich ansprechen und zu
Bewußtsein bringen wollen. warnen die Bilder zugleich
davor, das technologisch Machbare bedenkenlos zur
modernen Handlungsmaxime zu erheben.
Die jeweilige Größe und Form seiner Gegenstandsmo-
tive fügt Rauschenberg den kompositionellen Bezügen
eines Leinwandformates ein und konsistiert sie mit den
Spuren der eigenen Lebendigkeit. mit freien aber
nichtsdestoweniger gezielten Pinselstrichen. So ver-
bindet er die gewissermaßen schon vollzogenen Hand-
lungsablaufe. Situationen und Ereignisse, die in den
Fotos. Siebdrucken und an anderen gesammelten
Materialien festgehalten sind. mit den Farb- und Mach-
Spuren seines Gestaltungsvorganges. Dadurch erhält
das einzelne Bild nicht nur seine persönliche Signatur
unddamitauchdenStellenwertdes0riginales.sondern
bezeugt auch die aktive Anwesenheit der Künstlerexi-
stenz in der Gegenwart und deren bewußte Anteil-
nahme an ihr. wodurch die Bildaussage erst an Authen-
tizität gewinnt.
Neben seiner eigenen dokumentiert Rauschenberg die
Existenz des Künstlers und der Kunst häufig durch
Reproduktionen von Kunstwerken. die er als Bilder im
Bilde in einen Collagezusammenhang einbringtÄ" Auch
hier begegnen sich Vergangenheit und Gegenwart.
allerdings In Form von Zitaten aus der Kunstgeschichte
und der profanen Lebenswelt des Alltages. wie z. B. in
i-Persimmonu 1964. Hier umrahmen eine amerikani-
sche Straßenszene mit Coca-Cola-Reklame und Pas-
santen, zu Reihen gestapelte Abfallfässer und eine
übergroße Augenpupille die Reproduktion eines Bild-
ausschnittes der rVenus bei der Toiletten des Rubens.
Derironisch gemeinte Bildtitel undlast an Boshaitigkeit
stoßende Bildwitz von zwei sich in einem Bilde begeg-
nenden und zu gleicher Darstellungswürdigkeit ab- und
aufgewerteten Motivbereichen kann nicht davon ablen-
ken. daß Rauschenberg eine klare Verbindung zur
kunsthisforischen Tradition herzustellen sucht. Denn
das bestimmende Bildmotiv ist ja das als Meisterstück
der internationalen Kunstgeschichte anerkannte Werk.
dessen Thema auf die Sinnlichkeit seines voyeuristi-
schert Betrachters abzielt. Über den Spiegel als einem
raum- und hier auch zeitüberbrückenden Instrument
visueller Erkenntnis treffen in nPersimmomi die auch in
der Gegenwart geltenden. akzeptierten ästhetischen
Normen der Tradition und das scheinbar Belanglose
und einer entsprechenden Norm entbehrende Alltags-
milieu aufeinander. Dennoch gewinnt auch dieses an
Bedeutung und unverhüllter Aussagekraft. wenn ihm
die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wird, wie der
Nacktheit der Venus die ja schließlich auch ohne die
Neugier des Betrachters völliger Bedeutungslosigkeit
anheim fallen würde.
Zwar konkurrieren in i-Persimmona zwei unterschiedli-
che ästhetische und kulturelle Normen miteinander.
denen zudem aufder einen Seite Beständigkeit. auf der
anderen Flüchtigkeit anhaften. doch betreibt Rau-
schenberg hier kein Abwägen auf einer Werteskala
zugunsten der einen oder anderen Seite. Und er fällt
auch kein Urteil über die Kunsttradition. die ihm vor
allem durch Rubens und Veiazquez präsent ist irTra-
pezk. 1964; nTracem. 1964; wCrocusu. 1962; w-Break-
through llr. 1965." Vielmehr ließe sich i-Persimmonu
als eine programmatische Vorstellung seiner eigenen
Kunstauffassung verstehen. die sich an keinen vorge-
gebenen Normen orientiert. sondern die jenseits alles
Normativen sich an die Fersen der lebendigen Gegen-
wart heftet und deren widersprüchlichste Phänomene
geradezu als Stimulanzien aufgreift. um mit ihnen ein
getreues und angemessenes Stimmungsbild der Ge-
genwart zu zeichnen.
Die Hüllenlosigkeit vergangener weiblicher Schönheit
vor einem Spiegel bietet sich als aliegorische Figur
förmlich an. um krasse und aussagefähige Gegensätze
zu konstruieren. Als solche stehen sich in rCrocusii
1962 Allegorie und Wirklichkeit. Schönheit und Häß-
lichkeit, Kunst und Technik gegenüber. Auch hier hat
sich Rauschenberg des Siebdruckverfahrens bedient.
die ausschließlich schwarze Druckfarbe dabei in unter-
schiedlichen Sättigungsgraden venuendet und da-
durch den Ausdrucksgehalt eindringlich erhöht. Wie-
derum ist es ein Militärfahrzeug. das als technisches
Produkt die Gegenwart vertritt. Das Kreuzzeichen an
seinem Führerhaus hat Rauschenberg mit weißer
Farbe auf dem kaum noch kenntlichen Werk des Veiaz-
quez handschriftlich wiederholt das Bild damit gera-
dezu gebrandmarkt und die Stimmung unmittelbar
bevorstehender drohender Vernichtung heraufbe-
schworen. Dazu tragen die übergroßen schwarzen
Insekten wesentlich bei.die alsAllusion aufdie bekann-
ten Fliegen in niederländischen Stilleben des 17. Jahr-
hunderts interpretiert werden könnten. Dort ist der
Lebenshbhepunkt bereits überschritten und der unauf-
haltsame Verfall schon programmiert. Hier ist es die
erschreckendevision einermöglichenAusmerzungder
kulturellen abendländischen Tradition und ihrer Werte
durch den blind vernichtenden Einsatz militärisch
genutzter Technologie.
Der Visionäre Pessimismus. der den Betrachter vor
wCrocusu befällt, bleibt in dieser Eindeutigkeit bei Rau-
schenberg einmalig. Seiner Zielsetzung gemäß. den
eigenen Beschäftigungen und Beobachtungen Aus-
druck zu verleihen. muß denn auch ein entsprechend
vielfältiges visuelles Angebot an Motiven folgen. Man-
che von ihnen treten als ausdrucksvolle Spurenele-
mente wiederholt auf. von denen die markantesten und
hier interpretierten sich in wiTracerv 1964 wiederfin-
Robert Flauschenberg, xKileM, 1963. Öl und Siebdruck auf RobertRauschenbergwDiehardu,1963.0lILeinwand,3Teile Robert Rauschenberg, -Glideru, 1962 ÖllLeü
Leinwand. 213 152 cm. Besitz Mr. und Mrs. Michael Sonn- je 122x184 cm. Besiiz Edwin Janss, Thousand OakslKali- 244 X153 cm. Besitz lleana Sonnabend, New York
abend, New York fornien
Anmerkungen 11 s. s. 4D
den.Wiezu einem Rebus autgerastert, führen sie aufdie
Fährte der Gegenwart, ihrer Alltagskultur, ihren Wert-
vorstellungen und Errungenschatten. Der Schlüssel
seiner Autlosung liegt in der Sichtbarkei ihrer Indizien
und dem Gespür tür deren tietere Sinn- und Stimmungs-
zusammenhänge.
lll
Der Motivkatalog Rauschenbergs des hier behandelten
Zeitraumes der 60er Jahre reicht über die bestimmen-
den Themen aus dem Umkreis der Technik hinaus und
umtaßt ebenso Szenen, Situationen, Ereignisse und
Menschenbilder u.a. aus dem Sport. der Pop-Musik,
dem Film oder auch Selbstporträts Flauschenbergs.
Eingang in seine Bildwelt finden sie jedoch gleicherma-
ßen aus einem Grund Sie sind Notizen, Anmerkungen
und Dokumente, die seine erlebte Zeit begleiteten und
die zusammen mit seinen Gestaltungsspuren Autobio-
graphisches festhalten. Darüber hinaus aber sind die
Bilder mehr noch Zeugen ihrer Zeit, die einer Autopsie
gleich Aussagen machen über die Indizien von verbor-
genen und doch vorhandenen Grundstimmungen der
Gegenwart."
Diesesieht Ftauschenberg sich durch ein menschliches
Verhalten äußern, das vor allem durch die moderne
Technologie geprägt ist. Die aus diesem Verhältnis
erwachsenden Handlungen versucht er zu erlassen,
indem er ihre bezeichnenden Erzeugnisse undprägnan-
ten Spuren in seinen Bildern bannt. Allerdings zeugen
diese von einem Bewußtsein, dessen Aufmerksamkeit
ausschließlich derJeizt-Zeitgilt und das der Frage nach
der Zukunft ausweichend mit einer unreflektierten.
selbstzerstörerischen Gleichgültigkeit antwortet. Aus
dieser Perspektive sind sie iispezifische Historienbil-
dem" die den Betrachter auf die emotionale, ja biswei-
len moralische Bewußtseinsebene seiner Zeit aufmerk-
sam machen wollen und die in diesem Sinne auch heute
noch nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben."
RobertFtauschenberg,iwPersirnmonw, t964.0iundSiebdruck
aul Leinwand. 233,6x 127 cm. Besitz Mr. und Mrs. Leo
Castelli, New York
Robert Flauschenberg, iiCrocusu, 1962. Ol und Siebdruck auf
Leinwand, i52 91 cm. Leo Caslelli Gallery, New York
Robert Rauschenberg, iiTracerii, 1964. Ol und Siebdruck auf
Leinwand, 2i 3,3 X1524 crn. Besitz Frank M. Titeiman, Boca
FtatonlFlorlda
Anmerkungen 17 Anm. ti s. Text S. 3B
Themen aus dem Sport in nSh0rtslopu 1962, oder wDusk bouniyn,
1979 nalurlich diirten auch hier die Motive nur in ihrem Zusammen-
iiang gesehen werden. Unter dieser Voraussetzung ließen sien ganze
Moiivketien aulreihen, die das Kernlnema Fiauschenbergs. Mensch,
Aktion und Gegenwart umrahmen würden.
Flauschenberg nach Ouotes irt Parinaud, rUri lntervista con Rauschen-
bergir, in Le Arli. 1969, 26, Aul dteses Zitat bezieht sich auch
L,Allvway Rauschenbergs Entwicklungin Katalog Hauschenbergzit.
Anm 40 ll .d0ch legt Alloway die Beziehung Rauschenbergs zur
Technik sicher etwas zu elnseilig positiv aus.
Rauschenberg Statementtor unreleasedtiim nMosiiy aboui Rauschen-
bergii, produced by Reiner Moritz, 1974 75 Zur Zusammenarbeit
Rauscnenbsrgs s. Davis, vom Experiment zur ldee, Köln 1975.
85 ll
Das Blld der Venus des Velazquez tindet slch auch in iIEXllSg 1962. ver-
gleichbar ist hier auch das Foto eines Aktes mit Spiegel in nBantarnI
t965
Als Konterlei der geseilscnaltiicnen Verhältnisse hätten die Zitatbilder
slcher ihren eigenen Stellenwert in den Ausstellungen r-Ari about Arte,
Wiiiiney Museum otAmerican Art. 1978, und v-Nachbilder Vom Nut-
zen und Nachteil des Zltierens iür die Kunst-i. Kunstverein Hannover
1979, einnehmen können
Entgegen der Annahme L. Allowaysverhindert die Moiivviellalt bei nau-
schenberg keineslalls. daß gleiche Motive in verschiedenen Bildern
gleicheoder anniieiie uirdnggraniiiaane- Bedeutung haben konnen und
von hier aus einer beschreibenden Interpretation den Weg weisen. In
diesem Sinne wurde hier vertahren. ln seinem Buch iiAmerican Pop
Am, New York 1974, dagegen schreibt Alloway iiTtte data accurnu-
lated lri itie siik-screened pairitings is nut program to be decoded
iconograpnically by reterence to set er prior rnaanings nie icono-
graphy lies in lhe multiplicity, not in its reductidn. ni ebd. sa
Diesen Terminus hat Adrian! In seiner Besprechung der iiCurrentsii
Rauscnenbeigs benutzt. der nwie kaum ein anderer seiner Zeit aul der
Spur bleibt. und selbst oder gerade in abgedroschene Obeitlach-
lichkeit spezilische J-iistorienbilder" umreißt". ders Hauscnenberg
Zeichnungen, Gduachen, Collagen 1949 biS t979, in Katalog Rau-
schenberg, zit Anm 2. 75.
"Historisches-i arbeiten viele Kunstler des 2D Jahrhunderts aul. Vgl.
dazu die Kataloge der Ausstellungen wArl abcui Art-r oder i-Naciibilden.
zit Anm Eine rnarkantePersönlichkeit aus dem Umkreis Rauschen-
bergs, die sich mit diesem Thema belaßt hat. ist Rivers Dessen Inter-
esse zieii allerdings starker aul dasTliema monumentaler historischer
Ereignisse und deren bildliche Umsetzung in dieGatturig des Historien-
bildes Belting steht in dem Bild nThe History ot the Russan Revolu-
tionii von nivers die kunsllerische Ausbreitung des Hlstdrienbildes
selbst als eines Topas derAutarbeitung von Geschichte in der Gegen-
wart Der Meinung Bettings, daBRauschenberg irrieegeiisaiz zu nivers
gerade das Subiektiv Expressive renle, rTiuß allerdings widersprochen
werden, da Ftausciienberg und das war zu zeigen hier das Anliegen
sich als riisierisaiies und rnitnin helangencs Wesen mit seiner
Gegenwart auseinandersetzt und tßlqlich aucii seine PersOriliChkEit
nicht vüllig riinterden gewahiien Motiven verstecken will seitirig,
Larry Rivers und dte Historie in der modernen Kunst in Art Internatio-
nal, vol Lugano 1982. 72 783
40
elga Kessler-Aurisch
ie Erweiterungspolitik
"nerikanischer Museen
Laufe der siebziger Jahre
ast Building, National Gallery of Art, Washington, D.C.
nerkungen
llcLanathan, Richard, National Gallery Ol All. EiSl Euilding, Washing-
an, D.C., 1978. S. 3.
zberlda, 3.
äcon, Davrd, W., Wransandprogrammes -the National Gatlerys Easl
luildrngu,il11COr10I5S8Llr178,5.253.
AcLanathan, FL, a. 0., S.
benda, 3.
3001!, D., a. a. O., S. 263.
llcLanakhan, a. a. 0.,
Ibenda,
rbenda, s. 91.
In den siebziger Jahren erlebten viele amerikanische
Museen geradezu einen wBoomit an Zuwachs. Neue
Museen, zum Beispiel das High Museum of Art in
Atlanta, Gecrgia, entstanden, weltberühmte Institutio-
nen wiedie National Gallery otArt in Washington, D.C.,
das Metropolitan Museum o1 Art in New York, das Art
Institute in Chicago und das Cleveland Museum ol Art
wurden vergrößert. Dieser Beitrag will versuchen, an
Hand einigerBeispieledie Beweggründe fürdieAn-und
Umbauten verschiedener Museen darzulegen, ist es
doch in einer Zeit, da auch die europäischen Museen
eine große Wachstumsphase erleben, interessant zu
vergleichen, wie man in den USA ähnliche Probleme
löst. Die rein baulichen Voraussetzungen sind natürlich
türjedesderhierbetrachteten Museen unterschiedlich,
abertrotz dieser Verschiedenheiten lassen sich einige
Tendenzen erkennen, die für das amerikanische Mu-
seumswesen heute bezeichnend sind.
Das EasrBuilding derNational GalleryofArt in Washinge
ran, D. C.
Unter den oben angeführten Museen ist das neue East
Building der National Gallery ot Art in Washington, D. C.
Abb. sicherlich derspektakulärste Museumsanbau.
Schon 1967 entschied der Verwaltungsrat nTrusteesri
der National Gallery, daB eine Vergrößerung unum-
gänglich geworden sei. Die Räumlichkeiten der 1941
von Andrew Mellon gestifteten National Gallery konnten
nachdreißigJahrendieimmernochwachsendeSamm-
lung nicht mehr ausreichend beherbergen. Insbeson-
dere tehlten Räume für Sonderausstellungenf Solche
Sonderausstellungen hält der DirektorderNationalGal-
lery, Carter Brown, heute wie damals für besonders
wichtig, da sie dem Publikum Bereiche außerhalb der
eigenen Sammlung des Museums, die hauptsächlich
aus Malerei und Skulptur des 14. bis 19. Jahrhunderts
besteht, zugänglich machen? Der Verwaltungsrat
beauftragte deshalb das Architekturbüro I.M. Pei ßt
Partners mit der Planung eines Neubaus!
Das neue East Building ist in seiner Konzeption als
stellungsort für die Kunst des 20, Jahrhunderts Ul
Sonderaussteliungen bestimmt. Daneben sollte
auch das neue wCentre forAdvanced Study in thet
Artsrr untergebracht werdenf
Der vorausblickende Andrew Mellon hatte für
Erweiterung der National Gallery, das trapezför
Gelände zwischen der Osttlanke der National Ga
der Pennsylvania Avenue, dem Ceremonial Drivr
dem Madison Drive als Teil der ursprünglichen
kung vorgeseheni Abb. 2. Eine große Heraust
rung fürden Architekten des Neubaus lag darin, at
sern unregelmäßigen Terrain ein Gebäude zu erric
das ein harmonisches Gegengewicht zu dervon J.
sel Pope in neoklassischer Formensprache angele
National Gallery darstellen würde. Es sollte
monumental wirken, da es einen prominenten
gleich zu Füßen des Capitols, einnehmen würdea,
das Hauptgebäude jedoch zu übertrumpfen.
Dielunktionsbedingten Anlorderungemdiean den
bau gestellt wurden, waren zahlreich. Das East
ding, schreibt Carter Brown, wurde als ein Ort ger
in dem vKernstücke verschiedener Aspekte der
des 20. Jahrhunderts und sogar der Kunst des 21.
hunderts in Räumen verschiedener Größe und
maße ausgestellt werden können. Die Räume sr
voneinander abtrennbar sein, um ein Höchstma
Flexibilität zu bietenß Das Gebäude sollte auch
ein ästhetisches Erlebnis für den Museumsbesc
sein und ein vgroßartiges architektonisches Rau
fühlk vermitteln?
Die architektonische Lösung des Problems fand
Pei darin, daß er das trapezförmige Gelände diag
unterteilte, wodurch ein spitzwinkeliges und ein
winkeliges Dreieck entstanden. Ein drittes Dreieck
tacettierte Glasdach, verbindet diese beiden Grun
dreiecke und somit die beiden Gebäudeteilef
Ecktürmen des größeren der beiden dreieckigen
iudeteile befinden sich aufvier Etagen die Ausstel-
sräume. Die Türme sind durch Umgänge verbun-
ztie sich zum Teil brückenartig überden großen, mit
sticht erfüllten Innenhof schwingen Abb. 3. Die-
inenhoi ist das Kernstückdes East Building. Archi-
nisch stellt er das Zentrum dar und ist der größte
des Gebäudes. Er dient nicht nur als Durch- und
angzudenverschiedenenStockwerken dereigent-
Ausstellungsräume, er ist selbst sowohl Ausstel-
sort vieler eigens angefertigter Kunstwerke als
ein architektonisches Kunstwerk in sich; fast ver-
tenderisch in seinen Proportionen und spektakulär
die Brücken. die ihn auf verschiedenen Ebenen
spannen, unddieinteressanteBlickeaufden Flaum
auf die hier ausgestellten Kunstwerke erlauben.
'all wiederholt sich die Dreiecksform vom
idriß bis zu den Facetten des Glasdaches. Dieser in
an Formen so dynamische Innenhof stellt ein
zngewicht zu den lnnenhöfen der alten National
zry dar, die eher Orte der Ruhe und Entspannung
kleineren Bauteil des East Building. in dem Teil,
sich über dem rechtwinkligen Dreiecksgrundriß
bt, ist das wCentre for Advanced Study in the Visual
untergebracht. im Gegensatz zu dem dramatisch
Jchteten großen Innenhof des Museumsteils, sind
hierdie Büros der Kuratoren und derverwaltung und die
Räume für das vCentre for Advanced Studyrr um eine
sechsstöckige Bibliothek angeordnet. die gleichzeitig
den funktionellen, symbolischen und sichtbaren Mittel-
punkt des Gebäudes darstellt"
Das iwCentre for Advanced Study in the Visual Artsri ist
eine neuartige Einrichtung, ein wissenschaftliches For-
schungsinstitut, in dem Kunstforschung auf höchster
Ebene gefördert werden soll. Bis zu zwanzig Professo-
ren und junge Wissenschaftler aus den USA und aus
anderen Ländern sollen hier die Möglichkeit haben.
nicht nur in Kunstgeschichte, sondern auch in angren-
zenden Gebieten, wie Architektur. Design, Anthropolo-
gie, Film u. a., zu forschen. Während die Professoren als
vvisiting scholarsir hauptsächlich ihre eigenen For-
schungen betreiben werden, sollen die jungen Wissen-
schaftler, die meist gerade promovierte Akademiker
sind, engmitdem Stabder National Galleryzusammen-
arbeiten. Für ihre Forschungen stehen ihnen allen die
Originalwerke der Sammlung zur Verfügung, darüber
hinauseine350.000 Bücherumfassende Bibliothek, ein
Fotoarchiv von Millionen Bildern und ein Datenzen-
trum."
Die erwünschte Flexibilität des Gebäudes erreichte
l. M. Pei durch eine Zement- und Stahlkonstruktion, die
das Gewicht aufdrei Hauptstützen verteilt. Dies ermög-
licht es, in jedem Ausstellungssaal schwere Skulpturen
National Gallery oi Art mit dem in Fiic
Weißes Haus vorgesetzten East Bu
Washington, D.C
East Building, Innenhof unter iacetti
Glasdach, National Galiery of Art, Wa
ton, D.C.
Anmerkungen 10 -17
Ebenda, S. 91.
Brown, J. wWhat is becorne IJf the Nafioi
iery cf Art, in. Connoisseur. 175, 259
nThe SeCOnd Oentury, The Comprehensive AI
turai Plan für the Metropoiitan Museum Ar
Tne Metropcliian Museum ct Art, ohne Datum
Ebenda, 17.
Ebenda, S. i4ii5
Ebenda, S. i7,
Martin, Willian,The Metropolitan Museum A51
ed, in' American Institute Of Architects Jourr
TQBLS 31.
Ebenda, S. 35.
aufzustellen. Das Glasdach des lnnenhofes ha
lichte Höhe von 24,40 rn, ist an zwei Seiten 68.60
an der dritten Seite 45,70 rn lang. Seine Fläche
1600 m". Das Sicherheitsglas hängt in einem Ra
ausgeschweißtem Stahl undAluminium. Besondr
ter gegen Ultraviolettstrahlen sind in das Glas
baut, wie auch eine elektrische Heizung, um Schi
schmelzen. Die Wände des Gebäudes bestehe
Zement und Klinkersteinen, die mit 1,5 cm dicker
morplatten verkleidet sind. Die Deckenhöhe de
stellungssäle ist von Metern bis 10,70 variabi
Wände der Ausstellungssäle sind aus DGSOFK
Sperrholz gefertigt und mit Wandpappe verkleic
daß auch sie sich problemlos schnell umsetzen
Weiter tragen zur Flexibilität die acht Fahrstüh
deren größterObjekte biszu einer Langevon 5,50
einem Gewicht von bis über 800 Kilo transpoi
kann.
Diedoppelte Funktion des East Building, teils Mu
teils Forschungszentrum, wird durch das Neben
der der beiden Bauteile verdeutlicht. die nur duri
Glasdach verbunden sind. Die Ästhetik des Ne
beruht auf der dramatischen Auswertung der Ast
trie, die durch das ungleichmäßige Grundstück
geben ist. l.M. Pei zeigt sich hier als Meister des
mit unregelmäßigen Formen, scharfen Winkel
überraschenden Durchblicken. Das ganze Ge
ultramodern. In der feinen Handhabung der mit
chf gewählten edlen Materialien, besonders des
essee Marmor von hoher Qualität aus demsel-
teinbruch gebrochen. von dem auch die Steineder
lden der National Gallery gefertigt sind zeigt
las ästhetische Feingefühl des Architekten.
der konsequent durchgeführten Asymmetrie des
iuilding und trotz seiner Modernität erzielt Pei die
em Verwaltungsratder National Gallery beabsich-
znge Beziehung zwischen den beiden Bauten. Der
au setzt sich in der Mittelachse des West Building
ational Gallery fort. Diese Hauptachse zieht Pei
idie Mitte des größeren Dreiecks und läßt sie in der
des mittleren, am weitesten entfernten Turmes
ufen Abb. 3. Eine weitere wichtige Beziehung
der auf das altere Gebäude abgestimmten Far-
it, die durch die Vennendung des gleichen Mar-
hergestellt wird.
lte und das neue Gebäude sind durch einen unter-
hen Gang miteinanderverbunden. Nicht nur wird
Besucher ein leichter. wetterunabhängiger
tg von einem Teil zum anderen Teil des Museums
glicht, es wurden auch Teile des Museums. die als
service areasri bezeichnet werden, also z. B. die
ügige Cafeteriasowie der Buchladen der National
'y. hier untergebracht. Über diesem unterirdi-
Gang liegt ein Brunnen in der Achse zwischen
eiden Eingängen. Eine reizvolle. belebte Verbin-
zwischen Außenwelt und Untergeschoß wird
das fließende Wasser des Brunnens geschaffen,
ch als Kaskade gegen den unteren Teil der breiten
erfront der Cafeteria ergießt.
tetropolitan Museum of Art in New York
gensatz zu dem alleinstehenden, mitderArchitek-
sälteren Gebäudes vollkommen brechenden East
ng der National Gallery. stellen die seit über zehn
Jahren andauernden Erweiterungspläne des Metropoli-
tan Museum of Art in New York ein Beispiel des inte-
grierten An- und Ausbaus eines Museums dar Abb. 4.
im selben Jahr, 1967. in dem die ersten Schritte zur Pla-
nung des East Building der National Gallery in Washing-
lon getan wurden. ging in New York der Verwaltungsrat
des Metropolitan Museum daran, sich mitderVergröße-
rung des Gebäudes zu befassen. Ein Gesamtplan dafür
wurde von dem renommierten Architektenbüro Kevin
Fioche,John DinklooäAss. vorgelegt. Dieser erste Plan
wurde noch drei Jahre lang modifiziert, bevor man mit
dem Ausbau begann."
Eine Enneilerung des Museums war aus zwei Gründen
dringend geworden einmal war seit dem letzten Anbau
von 1931 die jährliche Besucherzahl von 1.2 Millionen
auf 4.5 Millionen angewachsen; zum anderen war die
Sammlung des Metropolitan Museum um einige sehr
großzügige Schenkungen reicher geworden. die adä-
quat untergebracht werden mußten. Zu diesen Schen-
kungen gehören derTempel von Dendur, die Sammlung
Michael C. Rockefeller, die Sammlung lrwin Unter-
meyer. die Sammlung Andre Meyer und die Sammlung
Ftobert Lehmanfz
Ein Blick aufden schematischen Grundriß des Metropo-
litan Museum verdeutlicht ein weiteres Problem die
baulich ganz unregelmäßige Substanz des Museums.
Von dem ganzen Gebäudekomplex weist allein die
Hauptfassade entlang der Fifth Avenue eine symmetri-
sche Anordnung auf. Wie die Fiäumlichkeiten, so waren
auch die einzelnen Sammlungen und Abteilungen plan-
los nebeneinander angeordnet. Francis Taylor, ein frü-
herer Direktor des Metropolitan Museum, hatte in den
vierziger Jahren einen brillanten Gesamtplan vorge-
schlagen, der das Metropolitan Museum in verschie-
dene liMuseenu unterteilte, wobeijedes llMUSSUFfia eine
Kultur- oder eine Zivilisation darstellen sollte. Zum Bei-
spiel sollte nördlich des Vestibüls die Alte Orientalische
Kunst. südlich die Europäische Kunst untergeb
werden, im westlichen Teil die Angewandte Kuns
die Kunst derAmerikanischen Kulturen." Leiderv
dieser Plan jedoch nicht ausgeführt. und es blie
einem für jeden Besucher verwirrenden Nebene
der. Weitere Probleme stellten die überfüllten Dr
und Büros dar sowie der zu eng gewordene Hauj
sang."
Dieser Haupteingang und das monumentale Ves
die vGreat Hall", waren das erste, was die Architi
in Angriff nahmen, denn zur Feier des hundertjäh
Bestehens im Jahre 1970 sollte das Metropi
Museum in neuem Glanz erstrahlen";
Danach ging man an die Umgestaltung der bestl
den Sammlungen und die notwendigen Anbauten
neu hinzu gekommenen Schenkungen. Ein
Gesamtplan dafür war von Rache und Dinkeloc
grund intensiver Studien der verschiedenen Abtl
gen des Museums ausgearbeitet worden. Gene
von der Firma Ftoche, DinkelooäAss. befragte diel
toren aller Abteilungen und studierte deren Samt
gen. um die günstigsten räumlichen Bedingungei
die optimale Unterbringung der Kunstwerke zu erz
ten. Dabei wurde jede Abteilung unter verschied
Gesichtspunkten betrachtet, analysiert und syste
siert nach der historischen, der gesellschaftlicher
religiösen,derinstitutionellen.dertechnologische-
dergeographischen Bedeutung ihrer Kunstwerke.
Umfang nach wurde nicht nur von der vorhand
Sammlung ausgegangen, sondern auch die zukür
vwachstumsrateu einer jeden Abteilung mit
zogen."
Die Analyse der Zusammensetzung des Publil
spielte ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Planun
Umgestaltung des Metropolitan Museum. Di
Museum dient einem breiten Spektrum von Besucl
das von Schulkindern über Touristen bis zu Sac
ständigen und Forschern reicht"! Die Kunstwerke wur-
den in drei qualitativ abgestufte Gruppen unterteilt in
Meisterwerke, die für jeden Besucher interessant sind,
in Kunstwerke von eher genereller Bedeutung, die den
Hauptbestandteil der ständigen Sammlungen ausma-
chen. und in Objekte. die nicht unbedingt dauernd aus-
gestellt zu sein brauchen. Nach dieser Einteilung wur-
den dann die Ausstellungsräume arrangiert. Für jede
Abteilung wurde ein lnformationsbereich eingerichtet,
der dem Besucher die historischen und gesellschaftli-
chen Hintergründe der Sammlung erläutert, eine Hilfe,
deren der Sachverständige natürlich nicht bedarf und
die deshalb so angeordnet ist, daß sie die Betrachtung
der Objekte selbst nicht beeinträchtigt." Nach diesem
meist am Eingang zu den Schauräumen der Abteilung
liegenden lnformationsbereich wurden die restlichen
zur Verfügung stehenden Räume so eingeteilt. daß
44
einige Räume den Meisterwerken und den Werken der
zweiten Kategorie zukommen und einige Fiäume für
wechselnde Ausstellungen der jeweiligen Abteilung zur
Verfügung stehen. Diese kann der Kurator dazu nützen,
seineSammlung nachverschiedenen Gesichtspunkten
interpretativ dem Besucher vorzustellen. Weitere
Räumlichkeiten, die iStudy-storageu. enthalten die
Objekte, die für das allgemeine Publikum von geringe-
rem lnteresse sind. Der Zugang zu diesen iiStudiende-
potsti wird von Forschern und Sachverständigen beson-
ders geschätzt, da sie ihnen die Möglichkeit bieten,
viele die bekannten Hauptwerke ergänzende Kunst-
werke kennenzulernen und zu untersuchen."
Die Büroräume der Kuratoren liegen jeweils nahe bei
den Ausstellungsräumen. Wenn möglich, sind auch die
Restaurationsräume und die Bibliothek. die zu jeder
Abteilung gehören, daneben angeordnet, so daß jede
Abteilung einen wissenschaftlichen Nukleus hat, um
den sich die Ausstellungsräume gruppieren.
Als erster größerer Anbau wurde der iiLehman-Pavilionu
in Angriff genommen. Robert Lehman hatte es bei sei-
ner großzügigen Schenkung zur Bedingung gemacht,
daß seine Sammlung zusammen bleiben müsse."
Diese letzte der großen privaten Sammlungen Ameri-
kas stellte einen solchen Gewinn für das Metropolitan
Museum dar, daß man zum ersten Mal bereit war. sich
Bedingungen solcher Art zu beugen. Somit wurde der
Bau eines neuen Flügels unumgänglich. Für diese Ver-
größerung des Museums wurden von den Architekten
Roche und Dinkeloo mehrere alternative Pläne vorge-
legt. Einer dieser Pläne sah vor, das ursprüngliche
Lehman-Haus an der 54sten Straße, fürdas Flobert Leh-
man seine Sarnmlungzusammengestellt hatte, nachzu-
bauen. Denn Fiobert Lehman ging es sehr darum. die
Atmosphäre dieses Hauses, die für ihn so große Bedeu-
tungfürdieWürdigungseinerSammlunghatte.zuerhal-
ten." Dieser Plan wurde jedoch abgelehnt, da die
Räume für Besucherströme zu klein waren. Schließlich
gab Robert Lehman seine Einwilligung, daß ein zwei-
stöckiger Pavillon für seine Schenkung erbaut wurde.
Der iiLehman-Paviticnu stellt im Grundriß ein auf eine
Ecke gestelltes Quadrat dar, das mit einer Ecke an die
westliche Langsseite des Metropolitan Museum
anschließt, an der Stelle, wo nach einem Plan von Cal-
vert Vaux von 1880 ein Eingang vom Central Park her
vorgesehen wann Große Pfeiler tragen das pyramidale
Glasdach des Pavillons, das Tageslicht in den Innenhof
eindringen läßt. Der Pavillon ist soweit in den Erdboden
eingebettet. daß von außen nur die schrägen Glasflä-
chen des Daches zu sehen sind.
Die wichtigsten Räume des ursprünglichen Lehman-
Hauses, die von der Pariser Firma Floyaux ausgestattet
worden waren, wurden reproduziert. Für die übrigen
Kunstwerke die Sammlung Lehman umfaßt italieni-
sche Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts, Bronzen
vom Mittelalter bis zum Manierismus und 1600 Zeich-
nungen dient eine Reihe von Ausstellungssalen, die
umeinenzentralen Innenhof angeordnet sind. Dankdes
Nebeneinanders der Ftoyaux-Zimmer und der moder-
nen Galerien läßt sich sowohl die private Atmosphäre
des Lehman-Hauses nachempfinden wie auch jeder
Vorteil eines modernen Museumsbaus genießen.
Büros. Depots, Seminarräume und eine Bibliothek sind
ebenfalls hier untergebracht. Das Publikum kann durch
die weiten. vorn Innenhof her beleuchteten Säle gehen,
ohne gedrängt zu werden. Die durchbrochenen Wände
zum Innenhof erlauben immer wieder Durchblicke auf
Kunstwerke an gegenüberliegenden Wänden, so daß
sich die Werke von vielen Seiten und aus interessanten
Blickwinkeln darbieten. In dem vor direktem Licht
geschützten unteren Stockwerk befinden sich die
Räume, in denen die reichen Schätze der graphischen
Sammlung dieser Schenkung in oft wechselnden Aus-
stellungen zu sehen sind. Der iiLehman-Pavilionu wurde
irn Mai 1975 eingeweiht.
Der neue Flügel für den Tempel von Dendur war der
nächste Schritt in dem Eniireiterungsplan des Metropoli-
tan Museum. Direktor Hoving war es 1967 gelungen,
dieses großartige Kunstwerk für das Metropolitan
Museum zu erwerben, indem er einen besonderen
Raum dafür zugesichert hatte, der diesem ägyptischen
Steinbau des ersten Jahrhunderts vor Christus
geschützte Aufstellung bieten würde. Der logische
Platz für den neuen Flügel war in der Nähe der beste-
henden Ägyptischen Abteilung am Nordende des
Museums.
DerGesamtplan von Floche und Dinkeloo sah ursprüng-
lich einen Ganzglasbau vor, in den Maßen von 61
40 18 in dem der Tempel in der traditionellen Ost-
West-Ausrichtung aufgestellt werden sollte. Die uner-
wartete Schenkung in Millionenhöhe von Dr. Sackler
machte jedoch für diesen Flügel eine bedeutende
Umplanung erforderlich, denn nun wurde es nötig, ihn
an seiner Südflanke mit dem Altbau zu verbinden und
eine Empore einzuziehen. Infolgedessen fällt jetzt das
Metropoiiian Museum o1 An, New York. Blick au! die Ein-
gangsiront und oben über dem Hudson die Sky-Line
wAdmoldlngton RoomxlAbteilung iür Amerikanische Kunst.
Meivopoliian Museum Art. New York
ölHaverhill Hoom-IAbteiIung für Amerikanische Kunst.
Meiropolitan Museum oi Art, New York
Licht nur noch seitlich von Norden und von oben durch
das Dach ein. An der Ausrichtung des Tempels wurde
festgehalten. Er steht auf einem Sockel aus Sandstein.
Vor seinem Pyion deutet ein flaches Wasserbecken
seine ursprüngliche Lage am Nil an. Trotz der Umplae
nungen wirkt der Tempel in diesem Glas- und Stahlbau.
dessen Boden und Wände ganz auf seine Farbigkeit
abgestimmtsind, sehr imposant ein antikes monumen-
tales Kunstwerk, gerettet durch moderne Technologie.
An der Umgestaltung derÄgyptischen Abteilung, zu der
derTempel von Dendurgehört, wurde noch einigeJahre
gearbeitet. bis sie nach im ganzen fünfundzwanzigjähri-
gem Umbauen 1984 vollständig fertig wurde. Bevor
diese fürdas Metropolitan Museum sehr wichtigeAbtei-
lung in neuem Glanz gezeigt werden konnte, wurde ein
weiteres langjähriges nSorgenkindii. die Abteilung für
Amerikanische Kunst, neugestaltet.
Diese 1924 eröffnete Abteilung erfreute sic
Anfang an großer Beliebtheit. war es doch eine
keit, daß ein Museum von Weltrang die amerikai
Kunst sammelte und aussteilte. Diese Wertschz"
der eigenen jungen Kultur, der wAmerican heri
hatte zur Folge, daß die Sammlung des Metro;
Museum dank vieler großzügiger Spenden rast
wuchs. Die letzte bauliche Vergrößerung war de
sprechend auch der Anbau des iiVan-Renss
Roomu von 19319 Beide Bauteile der Abteilung;
kanischer Kunst, die sich recht ungeschickt
Haupttrakt des Metropolitan Museum anfügten,k
teten ein besonders schwieriges Problem für
Gesamtplan, der ein symmetrisches, harmoni
Konzept verfolgte. Der Gesamtplan von Roche ur
keloo löst auch dieses Problem auf geniale Weist
von der Baubehörde als unsicher abgelehnte
Anmerkungen 18 24
14
Ebendli. S. 35.
Ebenda. S. 35.
Ebenda. S. 35.
nPublic lnlormation Bulletinu, The Metropolltnn Musaum An, Mal
1975; ungeüruckms lnlormalionshlan, o. s.
m'a Second Cenluryu, u. a. 0.. s. 44.
Ebenda, s. 49.
Ebenda, s. a5.
lAstor-CourtxlAbleilung Iür Ostasiatische Kunst. Metropoli-
tan Museum Art. New York
wMichael-CL-Rockeieller-Sammlungl, Metropolltan Mu-
seum cf Art. New York
Ar! lnstituteoTChicago. Hauptgebäude mit dem Eingang von
dev Michigan Avenue
sealer-Zimmeru wurde in einen neuen. klimatisier-
laal verlegt. Der stehengebliebene alte Teil der
lung Amerikanischer Kunst, der die nPeriod
nsu aus amerikanischen Häusern des 17. bis
ahrhunderts beherbergt, wurde von den neu erbau-
alen geradezu ummanteltAbb. 5. G. Die Gemälde-
Skulpturensammlung ist in dem dreistöckigen
liehen Teil des Flügels untergebracht. lm Ganzen
es neun Ausstellungssäle. in denen die ständige
tellung gezeigt wird. Daneben gibt es noch die
ng and Joyce Wolf-SpecIal-Exhibition-Galleryir für
erausstellungen.
chün und praktisch diese weitläufigen. durch
slicht erhellten Säle auch sind allein die Fläche
imerikanischen Flügels wurde gegenüber dem frü-
verzehnfacht der spektakulärste Teil des
Flügels ist der vCharles-Engelhard-Courtu. ein
1200 großer. umglaster Innenhof, der sich zwi-
dem Haupttrakt des Museums und dem neuen
.u des Amerikanischen Flügels erstreckt, Er dient
usstellungsort vieler Großplastiken. die zwischen
Bäumen und um ein großes Wasserbassin angeordnet
sind und den Eindruck vermitteln, als befände man sich
hier schon im angrenzenden Central Park. Die Innen-
wände sind mit archilektonischam Schmuck verziert
mit der Loggia der Laurelton Hall mit den berühmten
Kunstglasfenstern von Louis Tillany vView of Oyster
Bayu 1905; mit Fenstern des Avery Coonly Play House
von Frank Lloyd Wright und mit einem Kamin aus einem
Haus der Vanderbilts von La Forge, Post und Saint-
Gaudens von 1882. Die Fassade der United States
Branch Bank, die 1822- 24 an der New Yorker Wall
Street erbaut wurde, bildet den Eingang zu den wPeriod
Ftoomsu. Das stilvoll gestaltete Ambiente dieses einem
riesigen Gewächshaus ähnlichen lnnenhofes bietet
dem Besucher einen OrtderRuhe und der Entspannung
ein wunderbarer Übergang zwischen Natur und
Kunst, nicht nur ein Verbindungsglied in einem großen
Baukomplex. Der lang erwanete Flügel wurde im Juni
1980 eröffnet.
Noch bevordie Südseite des Museums, die auch umgee
baut und erweitert werden mußte. in Angriff genommen
Anmerkungen 25 29
lPublic Information Bulletinx, The Metrdpolitz
1981;ungedruck1esInformationsblatt!
Marlin,W.,a.a.O,S 34.
Ebenda, S. 36.
vSecdnd cemuiy. a. 0.. s. 4.
Ebenda. S. 4.
Museum A11,
in konnte. mußten die Architekten für eine weitere
ügige und überraschende Schenkung Platz fin-
shandelte sich dabei um die Rekonstruktion eines
sischen Hofes der Ming Dynastie. den Brooke
1981 dem MuseumschenkteAbb. 7. lhreSpende
.9 Millionen Dollar ermöglichte dieses sowohl
ische wie diplomatisch bedeutende Projekt. Die-
achbau des Hofes eines Gelehrten aus dem Gar-
lS Meisters der Fischernetze aus Soochow stellt
nur eine Bereicherung der Abteilung Ostasiati-
Kunst dar, sondern auch den ersten bleibenden
austausch zwischen den USA und derVplksrepu-
tinafs Überraschungen dieser Art. von denen es
ire in der vierzehnjährigen Umgestaltungspe-
tes Metropolitan Museum gab, notigten die Archi-
flexibel zu bleiben, ohne ihr vereinigendes
ntkonzept aufzugeben."
ein halbes Jahr nach der Eröffnung des vAstor-
konnte als letzter Teil der großen Anbauten das
tnt zum Tempel-von-Dendur-Flügel. der Michael-
zkeleller-Flügel. eröffnet werden. Wie der nördli-
lügel besteht auch dieser Flügel aus Glas und
Ähnlich wie schon im Falle des nördlichen Flü-
mußten auch hier die Architekten von ihrem
lnglichen Plan abgehen. Der Michael-O-Flocke-
Flügel solltederprimitiven Kunst Afrikas, der Pazi-
Inseln und der präkolumbianischen. indiani-
amerikanischen Kunst gewidmet sein. Die 1500
le Skulpturen aus Stein, Holz und Terrakotta.
aus Gold, Silber und Edelsteinen sowie Textilien
lten auf zwei Stockwerke verteilt werden. Die
Etage sollte ursprünglich balkonartig angelegt
n. so daß der Besucher die unten aufgestellten
lastiken auch von dort aus hätte betrachten kön-
tls noch vor Vollendung des Flügels die Andre-
-Schenkung an das Metropolitan Museum kam.
beschlossen. sie im oberen Stockwerk des
Südtlügels unterzubringen. Die Architekten
sahen sich deshalb wiederum veranlaßt umzuplanen.
Nelson Rockefeller. der die Sammlung primitiver Kunst
im Namen seines verstorbenen Sohnes dem Metropoli-
tan Museum vermacht hatte, wollte. daß niemand auf
seine Schenkung herabsehen sollte. Der balkonartige
obere Stock wurde deshalb in eine geschlossene Etage
umgeplant. Am Anfang wie am Ende der Längsseite
zum Park blieben von dem ursprünglichen Konzept
noch zwei kleine emporenartige Öffnungen erhalten,
die den Blick hinunter und vor allem hinaus gestatten.
Zwei sehr verschiedene Sammlungen befinden sich
also heute übereinander die nach geographischer Her-
kunft geordneten Werke der primitiven Volksstämme in
sehr hohen, dunklen Räumen des Untergeschosses, in
denen die einzelnen Objekte dramatisch angestrahlt
sind und wie aus mythischem Dunkel auftauchen, dar-
über in von gefiltertem Tageslicht erhellten Sälen
Hauptwerke der europäischen Malerei des neunzehn-
ten Jahrhunderts Abb. 8.
Eine weitere Vergrößerung des südwestlichen Flügels,
durch die die symmetrische Anlage der Westfassade
des Metropolitan Museum vollendet werden soll. ist
noch in der Planung. Hier sollte mit einer Spende von 4D
Millionen Dollar von Walter Annenberg ein technisch
bestausgerüstetes "Communication Centeru der Film-
und Televisionskunst eingerichtet werden. Dieses Pro-
jekt scheiterte bislang jedoch an den Vorwürfen, das
Metropolitan Museum werde durch solche Fliesenspen-
den eines Industriellen nverkommerzialisiertrr,"
Noch ist der Gesamtplan. wie ihn Roche und Dinkeloo
vorgelegt haben, nicht voll durchgeführt. das wneuerr
Metropolitan Museum seinervollendung jedoch schon
recht nahe. Aus dem architektonisch unübersichtli-
chen, in über hundert Jahren nwillkürlichw gewachse-
nen Bau ist heute ein Museum geworden. wie es schon
1874. also zu Beginn seiner Existenz. von dem Verwal-
tungsrat des Museums erträumt worden war nEin
Kunstmuseum. untergebracht in geräumigen. stattli-
chen Gebäuden. Sammlungen bestehend aus Wr
der größten Künstler unserer Welt, etwas woraufi
Land stolz sein kannß"
Für die in den letzten Jahren so dringend geworc
Anbauten befand sich das Metropolitan Museum
für New York ganz unerhörten Glückslage. über
stiges Bauland zu verfügen. Die gesamte neu bei
Fläche reicht nicht über das Terrain hinaus. das
dem Museum von der Parks Commission verpa
wurde? Fredrick Law Olmsted, der Schöpfer des
tral Park, in dem das Metropolitan Museum liegt
einer der nTrusteesr des Museums. und seiner
stützung ist es zu verdanken. daß das Museum ein
vorteilhaften Platz im Central Park zugestanden be
Es ist das einzige Gebäude, das das Privileg hat.
grünen Lunge der Millionenstadtzu liegen. Die Lag
Metropolitan Museum im Park und sein Verhältr
ihm warvon Anfang an ein wichtiger Gesichtspun
die Erbauer und Erweiterer des Museums. Zwar la
Haupteingang und somit der Hauptakzent sei
Errichtung der "Great Halle 1885 zur Fifth Avenut
doch blieb die ldee eines zweiten Haupteinganges
Park herbis zu demjüngsten Plan von Roche und
loo bestehen.
Ein solcher zweiter Haupteingang ist aus praktis
Gründen nichtvervvirklichtworden, aberdie Gesta
der Westlassade. die in den Park hineinreicht.
Hauptproblem des Gesamtplans. Die Westfassat
aufdiegesamte Länge,vom Tempel-von-Dendur-F
über den Flügel für Amerikanische Kunst und
vLehman-Pavillonu bis zum Michael-Q-Ftocket
Flügel erneuert worden. Ein ganz neuer Eindruck
Metropolitan Museum ist dadurch entstanden.
Glaskonstruklion der neuen Anbauten läßt nicht
Falle des vCharles-Engelhard-Courta den Eindrucl
in das Museum reichenden Parks entstehen, son
bei aller Geschlossenheit und Schlichtheit der F01
wirken diese Glasbaulen mit ih ren abgeschrägten
lO
den leicht und luftig, lassen das Grün des Parkes reflek-
tieren und streben bewußt eine Ähnlichkeit mit den
Parkarchitekturen des 19. Jahrhunderts wie dem Cry-
stal Palace von Brighton an?" Der weiche Übergang
zwischen Kunst und Natur, den schon die "Trusteesu
des Metropolitan Museum in den siebziger Jahren des
letzten Jahrhunderts erhofften. ist nun verwirklicht wor-
den. So schreiben Fredrick Olmsted und seine Kollegen
wider Park möge den ermüdenden Geist und die bleiche
Gesichtstarbe durch den Kontakt mit den Schönheiten
der Natur erlrischen. das Museum soll das Auge bele-
ben und öffnen durch die besinnliche Betrachtung der
von Menschenhand gefertigten Schdnheitkr"
Das Metropolitan Museum ist heute nach allen Seiten
hin abgerundet, alle unansehnlichen Wände und Ecken
sind verschwunden. innen hat eine Neuorientierung
stattgefunden. Durch die Anbauten an derWestseite ist
zu der ursprünglichen Nord-Süd-Achse nun noch eine
ebenso wichtige Ost-West-Achse hinzugekommen.
11
Durch Verlegen und Neugestalten vielerAbteilungen ist
ein logisches und übersichtlicheres Nebeneinander
entstanden, das dem riesigen Besucherstrom gewach-
sen ist. Noch ist nicht iedes Problem gelöst. aber das
Metropolitan Museum kann geordnet und geschlossen
und doch mit noch Platz lür Wachstum in sein zweites
Jahrhundert hineingehen.
Das Ar! Institute in Chicago
Nicht nurdie Museen dergroßen Städte an derOstküste
der USAwurden inden letztenJahren wesentlich ausge-
baut. auch das Art Institute of Chicago und das Cleve-
land Museum of Art erfreuten sich in den letzten Jahr-
zehnten eines solchen Zuwachses an Objekten und
Besucherzahlen, daß sie wiederholt vergrößert werden
mußten.
Der letzte Anbau des bekannten Art Institute ol Chicago
Abb. 9. 10warder 1977 von dem renommierten Chica-
goerArchitektenbüroSkidmore, Owings Merrill fertig-
10 Art Institute ol Chicago. Eingang vom Coiumbus Drive
11 Art Institute of Chicago. Flugbild mit dem proiektierten Sud-
llügel
Anmerkungen 30 37 Anm. 37 s. Text S. 50
Ebenda, 52.
EhendaS 7.
nNeWS FleleaSe-cThe Art lrrstltute OÜCNCEQQJUU 1983. ungedrucktes
lnlorrnallonsblatLo
Ebenda
Ebenda.
mvess Reiease-Jhecleveland Museum otAmApni 1952. ungsdruck-
ies lnlolmallonsblall.
Ebenda.
EckharoLW g-Yaklng unan lmperlalTisklJrvTlmeNr 46. Novem-
ber 12, 1984. S. 42
4B
leveland Museum ot Art. Modell mit dem Originalgebäude
1d den einzelnen Zubauten bis zur New Addition der 80er
ihre
eilte Teil am Columbus DTIVQT Dieses Gebäude
ein Gegengewicht zu dern ursprünglichen Haupt-
les Museums dar siehe Abb. 9. Es enthält die
rlnthosh-Court-Galleriesir, ein Auditorium mit 1000
ilätzen. eine Cafeteria, ein Restaurant und die
instruktion des historischen iiStock Exchange
ing Roomir von Chicago. Dieser Neubau ist durch
916 erbaute, als Überbrückung der Eisenbahn-
egestaltete iiGunsaulus Hall" mit dem alten Haupt-
es Art Institute verbunden Abb. t. Wie die Luft-
ahme zeigt Abb. 11, liegen zwischen den beiden
südlich ausgerichteten Trakten die für Chicago so
tigen Eisenbahngleise. Diese Hauptschlagader
landels für die Staaten des Mittelwestens der USA
rite Chicago seinen Reichtum ein Reichtum, der
ich auch auf kulturellem Gebiet wie in der Stiftung
Art Institute 1882 seinen Niederschlag fand. Das
rt das sonst unübliche Nebeneinander von
zumsbau mit Bahngleisen. Trotz des erstvor relativ
2r Zeit fertiggestellten Neubaus sieht sich das Art
ute heute schon wieder dazu gezwungen, weitere
,uten zu planen.
inblick auf eine weitere Vergrößerung wurde im
1983 die iiCampaign for Chicagos Masterpiecerr,
Aktion zur Spendensammlung für die Renovierung
lergrößerung des Art Institute, gestartet. Es müs-
4925 Millionen Dollar aus privaten Spenden
mmelt werden. Der Erweiterungsbedarf besteht,
rotz des Neubaus von t977 seit über zwanzig Jah-
einegroßen Anbauten derAusstellungssäle erfolgt
13
zveland Museum of Art mit dem
fertiggestellten neuen Flugel
12
sind und in diesen Jahren über 25.000 neue Objekte
erworben wurden? Das neunzig Jahre alte Glasdach
des wAllerton Buildingii und des Ostflügels, durch das
nicht nur Nässe. sondern auch die gefährlichen Ultra-
violettstrahlen dringen, bedarf dringend der Erneue-
rung. Für die Reparatur des Daches, der Stuckdecken
und Balustraden,derErweiterungderBibliothek,fürein
neues Restaurationslaboratorium und einige andere
kleinereÄnderungen werden t0,25Milli0nen Dollarver-
anschlagt." Runde 20 Millionen Dollar soll ein neuer
dreistöckiger Südflügel kosten, dessen Lage auf der
Luftaufnahme in Weiß eingezeichnet ist Abb. 11, Wie
im Falledes neuen East Buildingder National Gallery in
Washington, soll dieser neue Flügel hauptsächlich für
Sonderausstellungen Raum schaffen. Die Gesamtflä-
che für Sonderausstellungen des Art Institute soll
dadurch um 50ProzentvergroßertwerdenWährendim
Erdgeschoß des neuen Flügels die Sammlung europä-
ischer angewandter Kunst untergebracht werden soll
und auch viel Raum für Depots geplant ist. sind für die
zwei oberen Stockwerke neue Säle für amerikanische
Kunst und für Sonderausstellungen vorgesehen. Ein
Skulpturengarten, mit einem balkonartigen Umgang
und von einem Glasdach überdacht, wird sicherlich der
interessanteste Teil des Neubaus werden. Er dürfte,
ausden Skizzen zu schließemAnklange andieGlasbau-
ten des Metropolitan Museum aufweisen.
Das Cleveland Museum ofAlt in Cleveland
Auch das Cleveland Museum ofArt, das eine der schön-
sten und umfassendsten Sammlungen in den
besitzt, muß trotz wesentlicher Vergrößerungen
60er Jahre bereits wieder anbauen. t971 war
.000 große Flügel, entworfen von den Archite
Marcel Breuer und Hamilton SmtULGlDQEWSihIWO
Abb. 12? Auf drei Stockwerken sind hier zwei
Säle für Sonderausstellungen untergebracht, dans
Vortragssäle, Unterrichtsräume, ein Auditorium
Büros. Aus dieser Raumaufteilung läßt sich erken
daßauchdiesemMuseumderRaumfürdieimmerv
tiger werdenden Sonderausstellungen fehlte.
kam hier, daß die erzieherische Seite dieses Muse
eine immer größere Rolle zu spielen begann. Des
wurden die neuen Votragssäle und Unterrichtsrä
benötigt." Schon Mitte 1982 plante das Museum
weiteren Anbau. Neun neue Ausstellungssäle
große und vier kleinere und eine Erweiterung
Bibliothek sollen in dem neuen, von Peter van Dijk
worfenen Flügel untergebracht werden Abb. t3.
neuen Ausstellungssäle, die sich im dritten Stock bi
den werden, sollen dem Museum die Möglicl
geben, selneweitergewachseneSarnmlungwestlir
KunstinkontinuierlichchronologischerAnordnung
stellen zu können. Die Bibliothek, die 110.000 Büi
und Zeitschriften und 400.000 Dias umlaßt und mit
Kunstsammlung ständig wachst, soll sich auf
unteren Stockwerken räumlich ausdehnen köni
Dieser Anbau, wesentlich kleiner als der neue Fli
von BreuerundHamilton-erhateineGrundfläche
nur 3365 soll dem Cleveland Museum of
Anmerkung 37 48
Wachstumsmoglichkeiten bis ins 21. Jahrhundert
geben.
Das Jßaul-Gerty-Cenler in Los Angeles
Wenn die Projekte der National Galiery und des Metro-
politan Museum of Art im Vergleich zu diesen Um- und
Anbauten geradezu großartig wirken. so kann man
erwarten, daß selbst sie von dem noch im PIanungssta-
dium befindlichen l-Paul-Getty-Center in Los Angeles
in den Schatten gestellt werden. Für rund 100 Millionen
Dollar wollen die wTrusteesw des J.-Paul-Getty-Trusts
das neue Kunstzentrum an der Westküste erbauen.
Da das schon seit langem bestehende J.-Paul-Getty-
Museum in Malibu Abb. 14. das architektonisch eine
Rekonstruktion der Villa dei Papiri in Herculaneum ist
und sich wegen seines architektonischen Charakters
nicht zum Ausbau eignet. plant man dank des enormen
Reichtums. in dessen Besitz das Getty-Museum nach
Paul Gettys Tod gekommen ist. ein räumlich getrenntes
Kunstzentrum in West Los Angeles anzulegen. Auf
einem rund ha großen Terrain nördlich des Sunset
Boulevard undwestlich des San Diego Freeway soll die-
ser Riesenkomplex entstehen. Geplant sind ein Kunst-
museum. das John Walsh Jr. leiten soll. und ein wCenter
tor the History of Art and the Humanitiesw. das der For-
schung der Kunstgeschichte im erweiterten Rahmen
der Geisteswissenschaften dienen soll. Einer interna-
tionalen Gruppe von Wissenschaftlern soll hier die Mög-
lichkeit gegeben werden zu arbeiten und zu forschen.
Ein wichtiger Teil des neuen Kunstzentrums soll die
450.000 Titel umfassende Bibliothek und die Millionen
Fotografien umfassende Diathek werden. Kurt Forster
vom Massachusetts Institute ofTechnology wurde hier-
für als Direktor gewählt. Weiterhin ist ein neues iwCon-
senlation lnstituteu vorgesehen, das ebenfalls ein inter-
nationales Forum werden soll, an dem Konservierung
und Restaurierung in Theorie und Praxis gelehrt und
betrieben werden sollen.
Der Architekt. dem die Ehre zukommt. dieses wichtige
Projekt zu gestalten. wurde von einer siebenköptigen
Expertenkommission ausgewählt. Die Wahl tiel autden
50
Amerikaner Richard Meier. in Europa bekannt durch
das Frankfurter Museum. Meier hat gerade das High
Museum of Art in Atlanta, Georgia. vollendet und gilt als
der größte Vertreter der rationalen. funktionellen
modernen Architektur und der Tradition von Mies van
der Rohe und Le Corbusier. der heute in den USA tätig
iSl.
Das High Museum otArt in Atlanta ist ein typisches Bei-
spiel für Meiers Stil. der besonders durch die Verwen-
dung von weißen Porzellanplatten als Außenverklei-
dung der Wände und weißen relingartigen Geländern
charakterisiert ist. Das geplante Getty-Kunstzentrum
wird aber. so meinte Meier in einem vor kurzem von
i-Timeu publizierten Interview. eine neue Stilphase für
ihn bedeuten. teils weil die weiße Porzellanverkleidung
der spektakulären Lage des Getty Center zwischen
Pazifik und wDowntownk Los Angeles nicht entspre-
chen würde. teils weil er selbst seinen Stil etwas verän-
dern möchte."
Muß man sich heute noch mit Spekulationen über die-
ses Riesenproiekt eines Museumsbaus begnügen. so
kann man doch aus den schon vollendeten Enueiterun-
gen der amerikanischen Museen einige Schlüsse zie-
hen. Die Entscheidungen. die aufgeführten Museen zu
erweitermberuhenalle aufdersehrpositivenTatsache.
daß sowohl die Sammlungen selbst wie auch die Besu-
cherzahlen innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte sehr
gewachsen sind. Besonders die National Galiery of Art
und das Metropolitan Museum of Art profitieren von
äußerst großzügigen Spenden aus privater Hand, die so
umfangreich waren. daß ganze Flügel bzw. ein neues
Gebäude erforderlich wurden. Sehr interessant zu ver-
merken ist auch die Tatsache. daß die Museumsneu-
bauten etwa in Atlanta und in Los Angeles die Verschie-
bung der Bevölkerung der USA in die südlichen und
westlichen Staaten reflektieren. Eine Bewegung. die in
der Industrie begann, da diese sich dorthin verlagerte.
wobilllgereArbeltskrättezufinden waren,hatzurFolge,
daß durch die Erschließung dieser Gebiete nun auch
dort Kunst- und Kulturzentren entstanden sind.
Der Grund, weshalb die Museen besser besucht wer-
den. liegt in den von vielen der großen Museen der USA
veranstalteten Sonderausstellungen. Nie zuvor waren
Kunstschätze aus so vielen Teilen der Welt einmalig
dem amerikanischen Publikum zugänglich. innerhalb
kurzer Zeit wurden Ausstellungen wie "Tutankhamunk.
wDer Reichtum Dresdens". "Schätze der Bronzezeit in
Chinau, "Schätze des Kremlsii und wGriechische Kunst
der Ägäischen lnselnit usw. in New York. Washington.
San Francisco. Chicago und an anderen Museen
gezeigt. Diese Art von Sonderausstellungen fand beim
amerikanischen Publikum sehr großen Anklang und
wurde somit rasch zu einem wichtigen Finanzierungs-
mittel der Museen. Diese werden ja nicht wie in Europa
vom Staatfinanziert. sondern müssen sich selberfinan-
zieren. Die Sonderausstellungen brachten Millionen
von Besuchern in die Museen. die dann auch zu häufige-
ren Museumsbesuchen wiederkehrten. Um diese lukra-
tiven Attraktionen so gestalten zu können, daß der Mu-
seumsbetrieb als solcher nicht davon gestört wird. be-
nötigten alle erwähnten Museen neue Räumlichkeiten.
Der größere Publikumsandrang brachte weitere not-
wendige Vergrößerungen der Museen mit sich. Restau-
rants, Caleterias und die im großen Stil aufgezogenen
Museumgeschäfte, in denen neben Büchern auch
Museumsreproduktionen verkauft werden, sind heute
schon ein lMuß-i fürjedes größere Museum in den USA.
Eine weitere. sehrzu begrüßende Neuigkeit der ameri-
kanischen Museen ist ihr verstärktes Einsetzen für die
Kunstforschung. Forschern zugängliche Bibliotheken
und Fototheken sind an allen größeren Museen zu lin-
den. Ganz besonders wichtig sind darüber hinaus For-
schungsstipendien und die neuen internationalen For-
schungsinstitute. wie man sie in Washington und bald
auch in LosAngeies eingerichtet hat bzw. plant. Sie stel-
len einen ganz besonders positiven Ansatz für das
Kunstleben in den USAdar. da sie überdieSensationen.
die das breitere Publikum auch auf dem Gebiet der
Kunst liebt. hinausgehen und eine hervorragende Basis
für seriöse wissenschaftliche Forschungsarbeit im
Gebiet der Kunstgeschichte. der Restauration und der
Konservierung von Kunstschätzen sind.
Alois Vogel
Farbe und Licht
Moderne österreichische
Glasmalerei
Betrachtung an einigen Beispielen
mm!
im
93mm
Die älteste Glasmalerei Europas ist uns aus dem Jahre
800 bekannt und stammtausSery-les-Mezieres. Es han-
delt sich dabei um ein Ornamentfenster, von dem aller-
dings nur mehr Bruchstücke vorhanden sind. Auch die
tiguralenScheibenausdem Kloster Lorch, um880,sind
nur in wenigen Resten Zeugen jener Zeit.
Die verhältnismäßig kleinen Fenster und damit düste-
ren Fiäume in der Bomanik ließen nur selten den
Wunsch nach einer farbigen Gestaltung der Scheiben
aulkommen. Ganz anders die Gotik. Sie bringt mit ihren
großen Maßwerkfensfern, mit dem Aufbrechen der
Fläume, mitdern Bestreben, die Materie durch den Geist
zu überwinden, eine Hochblüte der Glasmalerei. Das
Licht wird als unmateriellste Gestaltungsmöglichkeit
erkannt und als Symbol die Flamme überden Häuptern
der Apostel zu Pfingsten, das Licht, das Paulus vor
Damaskus umflutete u. v. a. transzendenten Schdpfer-
tums eingesetzt.
Im 12. Jh. erreicht die Glasmalerei in Frankreich eine
besondere Blüte, während sie im deutschen Raum erst
in derzweiten Hälfte des 3. Jh.san Bedeutung gewinnt.
In Österreich finden wir aber bereits um 1400 eine Wie-
ner Herzogswerkstatt, und zu Beginn des 14. Jh.s war
die Judenburger Werkstatt weithin berühmt. Zu Beginn
des 15. Jh.s wurden mit dem sogenannten weichen Stil
der österreichischen Glasmalerei dann ganz hervorra-
gende Werke geschalfen, die weit über unseren Raum
bekannt sind. Besonders in der Steiermark und Kärnten
finden wir noch heute viele Zeugen dieser Kunst.
Mit dem Aufkommen der Renaissance wurde die Glas-
malerei zurückgedrängt. Nach 1530 verlor sie stark an
Bedeutung Erst im 9. Jh. mit dem Einsetzen des Histo-
rismus können wir wieder eine Belebung dieser Kunst-
gatfung feststellen und schließlich wird von den Künst-
lern des Jugendstils wieder eine eigene dem Glas
adäquate Aussage angestrebt und in etlichen Gesamt-
52
DIE
UN E2
Vüth?
kunstwerken wie ja auch in der Gotik gefunden. In
Österreich wären hier besonders die Glasfenster Otto
Wagners, Kolo Mosers und Leopold Forstners zu nen-
nen. Die Wiener Kirchen am Steinhof und im Zentral-
friedhof können hier als Beispiele genannt werden.
Doch auch an profanen Bauten finden wir schon Glas-
malerein. So etwa im Hotel Astoria, im Restaurant "Zur
großen Tabakspleifeir, und besonders bekannt wurden
jene der Villa Otto Wagners, alle in Wien,
Waren diese und viele andere Werke, die wir dem
Jugendstil zurechnen können, bis kurz vor dem Ersten
Weltkrieg entstanden, so sehen wir in den Jahren zwi-
schen den beiden großen Kriegen nur vereinzelte Fen-
stergestaltungen hierzulande, was natürlich haupt-
sächlich auf die schlechte wirtschaftliche Lage
zurückzuführen ist. Da auch die Bautätigkeit stagnierte,
wurden die Künstler kaum zu einer Arbeit auf diesem
Gebiet gefordert. Ab und zu kam es zu Aufträgen bei
Restaurierungen, die dann in Naturalien abgegolten
wurden. S0 schuf etwa der 1887 geborene Salzburger
Anton Faistauer, von dem die Fresken im Salzburger
Festspielhaus stammen, 1923l24die Fenster fürdie Kir-
che in Morzg im Lande Salzburg und hatte dafür zwei
Jahre mit seiner Familie in dem Ort freie Kost und Quar-
tier. Unter ähnlichen Bedingungen gestaltete der 1907
in Oberlaa geborene Heinrich Tahedl1933 die Glasfen-
ster von Maria Saal in Kärnten.
Dieliguralen DarstellungenderMorzgerFensterzeigen
das Marienleben. Sie sind in eine gotische Architektur
gestellt und stark von der graphischen Struktur der Blei-
ruten geprägt. Während die in freundlichen Farben
gehaltenen Scheiben in Salzburg einen ruhigen, volks-
nahen Erzählton bewahren, sehen wir bei dem Maria
Saaler Fenstereine Pieta in expressivem Naturalismus
in einem aus der Überlieferung kommenden symmetri-
schen Ordnungsgefüge eingebunden.
Heinrich Tahedl, der noch bei Josef Hoffmann, Steinhof
und Povolny auf der Wiener Kunstgewerbeschule stu-
diert hat, widmete sich schon truh der Arbeit mit Glas.
Erheiratete in dieGlasfirrna Dürr ein und lernte hier alle
praktischen Einzelheiten, die für diese Arbeit wichtig
sind, kennen. Schon 1933 erhielt er den begehrten
Heinrich Tahedi, Glasfenster für die Piarrkirctre des i'll. Ole-
mens Maria Holbauer, Am Gatterhblzl, Wien 12
Anton Faistauer, Glasfenster lür die Ptarrkrrche rn Morzg,
Land Salzburg
Heinrich Tanedl. Glasfenster "Pretau tur die Piarrkirche ifi
Maria Saal, Kärnten
Anton Faistauer, Glasfenster iur die Ptarrkirche in Morzg.
Land Salzburg Darstellung des Marieniebens
.392
Josef Mikl, Glasbetontenster lür die Plarrkirche Salzburg-
Parsch
Florian Jakowitsch, Apsisgestaltung der Herzmarienkrrche
Wr NeustadtlNiederdsterrerch
Alfred Wickenburg, Abendmatrlsengel, Glasfenster III der
KlrChe Maria Schutz, Kalklerten bei Grazßteiermark. 1963
Lobmeyr-Preis. Eine ebenso expressive Darstellung ist
sein kleines gotisches Fenster der Ftuprechtskirche in
Wien, das er anläßlich des Türkenbetreiungsjahres
1936 zu dem Thema wMarco D'Avian0u gestaltete. Das
sehr bewegte graphische Element, in der gegebenen
Fensteriorm eingebunde dominiert und wird haupt-
sächlich durch die Bleiruten bewirkt. Die Modulierung
der Gesichter, aber auch der Kleidung ist, wie in frühe-
ren Zeiten, durch die Sohwarzlotzeichnung auf den
Scheiben gegeben.
Schon bei einerdererstenArbeiten nach dem Krie
dieser Künstler in Glas ausführte, sehen wir abe
Abkehr von dieser Technik und den Einsatz der
farbigen Flächederunvermischten Farbenwiesi
immer mehr und mehr gerade in dieser Gestalt
weise zur Anwendung kornrnt, Es ist die Fruci
Erkenntnis, die aus den Farbentheorien von Adol
zeLden Bildern von Robert Deiaunay, den Schöplt
Florian Jakowitsch, "Adam und Evau, Glasbetonfenster,
Schorndorl, Bundesrepublik Deutschland
Allred Wickenburg, "Lamm Gottesu. Glasfenster in der
St Michael-Kapelle des bischöflrchen Schlosses Seggau
bei LeibnilzlSteiermark, 1960
xxäx
Guenther Kraus, Antikglaswand in der Friedholskapelle
Percrnoldsdon 1975176 4.50 15
Peter Bischof, nNiedersieigen Aufsteigen sich gegensei-
tig unterstützen, einander bedingenw. Glasfenster im Kreuz-
geng Stift Kiosterneuburg. 1965 entworien. 1970ausgeiühri
im Zusammenwirken mit der Glasfensteniverkstätte
SchlierbachlOberösterreich
54
Henri Matisses und Picassos sproß. Nach den Jahren
der Isolierung durch das Hitlerregime wurden nun alle
Entwicklungen, die sich in derubrigen Kunstweltvollzo-
genhabennachgeholt Beimanchenreinaußerlich und
unverarbeitet. bei anderen, die selbst schon einen
Standpunkt gelunden hatten, in einer kritischenAusein-
andersetzung und eigenen Gestaltung.
Zuerst langsam. dann aber ziemlich vehement setzte
auch die Bautätigkeit ein. Natürlich waren es auch ietzt
zuerst ausschließlich Sakralbauten, die mit Kunstle-
risch gestalteten Glaslenstern ausgestattet wurden.
Einerdieser frühen Kirchenbaulen nach dern Krieg war
der Betonziegelbau des Architekten l-lruschka in Wien
12, Gatterhölzl, für den Tahedl1958 die Fenster gestale
tete. Hier sehen wir zwar auch die expressive, sehr
bewegte Linienführung durch die Bleiruten gegeben,
doch die Farbllächen werden rein eingesetzt. Das gra-
phische Element wird uber die Fensterteilung fortge-
setzt und die figurale Darstellung ist streng konstruktiv.
DabeiwirddasThernajeweils vonder Farbsyrnbolikund
vorn Lichteinfall getragen.
Schon zwei Jahre vorher. 1956. wurde aber bereits die
Pfarrkirche in Salzburg-Parsch eingeweiht, die von der
in dieösterreichischeArchitekturgeschichle eingegan-
genen rrÄfbeltSgfUpDE 4a iW Holzbauer, K. Kurrent und
J. Spalt gebaut wurde. In ihr finden wir erstmals zwei
Fenster des damals jungen Wiener Malers Josef Mikl
geb. 1928 in Glasbeton ausgeführt. Siewurden in geo-
metrischen Formen aufgebaut, ornamental und streng.
Waren diese beiden Fenster eher Einzelarbeiten jener
urn Monsignore Otto Mauer gruppierten Künstler in
jenen Jahren. so beschäftigte sich der 1923 in Wiener
NeusladtgeboreneundinWien,Stuttgartund Parisaus-
gebildete Florian Jakowitsch viele Jahre intensiv und
hauptsächlich mit der Glasfenstergestallung. 1952
lernteerbeiJ.BarllettdieTechnikderGlasbetonlenster
li
xi
xi
55
11-1
"III
P1
Hiwi 11.11
12 Giselbert Hoke. vGesang der Jünglinge im Feuerolenk,
1966. Hinterglasmalerei, Liebfrauenkirche Oberursell
Frankfurt am Main
13 Clarisse Schrack-Praun, eines aus drei Glasfenster, 4,5
2,6 rn Pfarrkirche Hochneukirchen
iiiwraqigggr
7i'i'v?Ä-' 9x
ifäkvq
56
14 Heinrich TahedLApsisgestaftung HPYIHQSKEHK. 130 mlgroße
Glasfensterwand Wildendurnbach Weinviertel
15 Peterßischof. wDie Verwandlung des Lichtsii. Glasfenster in
der Kryptaapsis Stift Göttweig Entwurf und Ausführung
1982
v.
undschufschon1953inLa Motte-Chalancon,Südfrank-
reich, sechs Fenster figural in dieser Technik, von
denen Dr. Franz Eppel sagt, daß sie iiwie aus romani-
schen Figurerinischen herausleuchten,diestrenge Pro-
portion der ehrwürdigen Architektur annehmen und
sich, wie diese selbst, symbolisch verdichtenri. In der
Kirche von Schondorf bei Stuttgart wurdedann von Flo-
rian Jakowrtsch1954 das erste Mal im deutschsprachi-
gen Gebiet die Technik des Glasbetonfensters einge-
setzt, und ein Jahr später finden wir den Künstler in
Haubersbronn Bundesrepublik Deutschland in eben-
dieser Technik das Bonifatiusfenster gestalten. 1957
merkte man endlich auch in der Heimat, daß hier ein
Künstler am Werk ist, der Beachtung verdient, und er
wird 1957 mit der Apsisgestaltung der Herzmarienkir-
che in Wiener Neustadt betraut. Hier ist keine figurale
Darstellung mehrdurchgefuhrt, Wir sehen ein strahlen-
förmiges Ausgehen von Energiebündeln aus einem
kreisrunden, hostienförmigen Zentrum. Es folgten 1958
zwei große Wandgestaltungen in Vandans. Vorarlberg,
wo Jakowitsch ieweils die Oberlichttührung in das Kir-
chenschiff mit geometrischen Anordnungen, rhyth-
misch derSonnenbestrahlung aber auch dem sakralen
Geschehen entsprechend gestaltet.
Hier muß noch eines wichtigen großen Malers gedacht
werden, der in den frühen sechzigerJahren eineAnzahl
schöner Glasfenster schuf Alfred Wickenburg. Der
1885 in Bad Gleichenberg geborene, immer mit den
Bestrebungen der Jugend verbundene Künstler, schuf
fast achtzigjährig für die Sankt-Michaels-Kapelle des
bischöflichen Schlosses Seggau bei Leibnitz 1960 figu-
rale, symbolträchtige Fenster aus Betonglas. Walter
Koschatzky schreibt dazu n. .. Emanzipation zur Frei-
heitbiszurErkenntnisderGrenzezu neuerBindung.So
entstand schließlich das Seggauer Glasfenster aus
einer solchen, aus der visionären Unfaßbarkeit in der
Synthese, ausderBegnadungß Es folgen Fensterin der
Dreifaltigkeitskirche auf der Tauplitzalm 1963, Maria
SchutzinKalkleitenbeiGraz1963undimCaritas-Alters-
heim St. Martin in Straßgang bei Graz 1964. Wir sehen
auch hier reine Farbflächenzu liguralen Formen geord-
net.
riAus der visionären Unfaßbarkeit in der Synthese, aus
der Begnadungii werden solche Fenster geschaffen.
Dieser Satz scheint uns auf viele der Fenster zuzutref-
fen,dienun in dieserZeitvondenverschiedenen Künst-
lern gemacht wurden. Die Visionäre Unfaßbarkeit redu-
ziertediefiguralen FormenaufsymbolischeKürzeloder
auf reine Kompositionen in Licht und Farbe, Eine Syn-
these jenes Glaubens und jener Gnade aus der die
Schau des Künstlers gespeist wird und in der er Unfaß-
bares, Unvorstellbares. wie es der Religion gemäß ist,
auszudrücken imstande sein soll.
Ein besonders schönes Beispiel finden wir für diese Art
des Ausdrucks in Wildendürnbach im Weinviertel, wo
dieApsisderKirchevonH.TahedlzumThemaPfingsten
gestaltet wurde. Die 130 Quadratmeter große Glas-
wandbringtdieAusgießung des HLGeistesalleindurch
Farben und Formen zum Ausdruck. Das strahlende
Hellebricht ins Dunkle. dievollendete Form des Kreises
wiederholt sich im Zentrum, während in den dunklen
Randzonen die viereckigen weltlichen Glaselernente
vorherrschen.
Eine noch größereund ebenfallsaliein aufdie Farb- und
Formwirkung aufgebaute Gestaltung sehen wir bei den
Fenstern der Pfarrkirche St. Florian in Wien die von
dem 1927 in Warnsdort Böhmen geborenen und in
Kärnten lebenden Giselbert Hoke 1962 geschaffen
wurde. Hoke schuf schon 1953 für das Krematorium in
Villach Fenster, und wir sehen bereits bei diesen eine
symbolhafte Verkürzung dertiguralen Formen zu neuen
Ausdrucksmöglichkeiten. Der überaus fleißige und
erfolgreiche Maler, Universitätsprofessor auf der tech-
nischen Universität in Graz, führte inzwischen etwa
SDGIasaufIräge durch, Als Beispiel der letztgenannten
Gestaltungsweise seien die Tafeln der Liebfrauenkir-
che Oberursel-FrankfurtlM. genannt, denen der Ge-
sang der Jünglinge im Feueroten thematisch zugrunde
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liegt, Die Flammen werden durch diesen Gesang ver-
wandelt, werden zu kleinen Zungen, Blumen erblühen,
und die Körper fahren auf zu iichtern Sein.
Zu ähnlichen Ergebnissen, wenn auch au1 einem ande-
renWeg, kam PeterBischof. Der1934inWiengeborene
Maler ist immer wieder von der Bewegung fasziniert.
Schon das Fensterdes romanischen Karners in Marga-
rethen am Moos, Niederösterreich 1964. wird von sol-
chen, ehernichtliguralen Formen gekennzeichnet. Das
Kreuzgangfenster im Stift Klosterneuburg, das er 1965
entworten und das 1970 ausgeführt wurde, ist ein einzi-
ges Fließen. Der Titel iwNiedersteigen Aufsteigen,
sich gegenseitig unterstützen,einanderbedingenirsagt
schon viel dazu aus. Das dominierende Blau ist sowohl
die Farbe des Wassers, des Fiießenden, als auch des
Geheimnisvollen, Unergründlichen. Für das Stift Gott-
weig schuf der Künstler tur die Apsis der Krypta 1982
wiederbewegte Motive. Hier ist eindeutig einAufwärts-
streben in floralen Gebilden zu sehen.
Ähnliche Formen konnen wir auch bei den Fenstern der
ClarisseSchrack-Praunfeststellen,diefreilichganzaus
der Thematik kommen und bei denen das graphische
Element der Rippen das Prägende ist und die farbigen
ScheibenWeiteundTiefegeben. DieKünstlerin machte
erstmals 1965 tür die Kirche in Spillern, Niederöster-
reich, Betonglaslenster. 7967 folgte ein Fenster in der
Kirche von Zwöifaxing Mit den oben erwahnten stark
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TAU
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itä
konturierten drei Glasarbeiten in der Pfarrkirc
Hochneukirchenjeweilsin einemAusmaßvon4,5
Meter setzt sie ihr Werk fort.
Zuletzt sei wieder auf eine neue Technik verwiese
der Antikglaswand. Hier fallen die üblichen Trage
Große Flächen können einheitlich farbig gestalte
denwobeidurch dieAneinanderreihung derback
artigen Elemente FarbnuancierungenunddurchS
ren Unruhe hervorgerufen werden kann. Gue
Kraus, geboren 1930 in Klagenfurt, in Wien le
baute i975l76 in der Friedhotskapelle Perchtolc
eine solche Wand im Ausmaß von 4,50 15 Mete
Ersetztedabeiseine,auchfürsein malerischesOi
typischen. vom Tachismus kommenden Formen
Daß diese Technik auch und besonders im pro
Flaum gut anwendbar ist, hat er sehr uberzeuger
seinen Fenstern im Heilbad Oberlaa 1974 bewiei
Wir konnten von jedem der angeluhrten Kunstle
einige Beispiele nennen. Es handelt sich um Werk
für das Schalten ihrer Schopfer besonders signi
sind oder in der Entwicklung der Glasfenster
Bedeutung haben.
Vieleauch sehrertolgreicheundmitvielenAufträg
die Öffentlichkeit getretenen Glasgestalter konn"
diesem kurzenAbriß nicht genanntwerdenWirwt
sie in einer in Vorbereitung befindlichen spa
Betrachtung würdigen.
Robert Keil 80 Jahre
Der Maler Robert Keil hat am 25. Juli sein achtzigstes
Lebensjahr vollendet. Solche äußeren Anlässe bieten
die Gelegenheit, wieder einmal auf das Werk des nun
reif gewordenen Künstlers näher einzugehen, Ein Ein-
zelgänger, was sein künstlerisches Schaffen anbe-
langt, war er schon immer. Kompromißlosigkeit gegen-
über sich selbst und auch gegenüber den gesellschaft-
lichen Konventionen schuf die qualitativen Vorausset-
zungen für seine Kunst. So tritt er nur dann mit Ausstel-
lungen an die Öffentlichkeit, wenn er endgültige Formu-
lierungen zu seinen bildnerischen Gedanken und Pro-
blemen gefunden hat. Die beiden großen Kollektivaus-
Stellungen in Österreich 1958 im Museum für ange-
wandte Kunst und 973 in der Österreichischen Galerie
im Belvedere beweisen seinen Stellenwert in der
österreichischen Kunst der Nachkriegszeit.
Nicht Anpassung an Trends. sondern ständiges Suchen
nach prinzipiellen Gestaltungskriterien, die das kom-
plexe menschliche Denken und Handeln veranschau-
lichen, macht seine Persönlichkeit als Künstler so
schwer verständlich, wenn überhaupt faßbar. iiFlobert
Keil arbeitet abseits der Hauptströmungen der Kunst.
aber vielleicht gerade deshalb besonders nahe am Zen-
trum unserer geschichtsbestimmten Existenzr Wil-
fried Skreiner, 197i. Die Achtung vor dem, was bereits
von Künstlern vor ihm geschaffen wurde, verpflichtet
ihn gleichsam zurTradition. iiWir müssen mit derselben
ernsten, verpflichtenden Gesinnung antreten wie un-
sere großen Lehrer, wieCezanne, wievanGogh etc.. vor
uns. Wir hatten und haben es in anderer Form auch
schwer, physisch und künstlerisch zu existieren. Aber
die lebendige Verbundenheit mit der Tradition läßt uns
ganz aus uns heraus ehrlich arbeiten. Bei aller uns
Künstlern oft anhaftenden Verrücktheit ist uns aus der
Tradition das heißt in der Verbindung mit denen, die
vor uns waren und aus dem tiefen Erleben unserer
Gegenwartssituation ein ganz elementarer, tiefer und
verpflichtender Sinn für eine profane Askese Elgefltt
R. Keil, 1966.
Seine künstlerischen Wurzeln liegen im deutschen
Expressionismus, den er seit seiner Übersiedlung in
seine Wahlheimat Österreich in den späten zwanziger
Jahren immer mehr verfeinert hat. Die Abstraktion war
dietemperamentvolleund gestenreicheAntwortaufdie
Zeit der geistigen und künstlerischen Unterdrückung.
Doch gleichzeitig wurde damit ein Gestaltungsmittel
entdeckt, das über oberflächliche Assoziationsmög-
lichkeiten zu prinzipiellen Formulierungen unseres
Daseins führen sollte. Flächen und Linien fügen sich zu
einer harmonischen Aussage zusammen, die letztend-
lich auf den Schöpfungsgedanken hinweist. Sonne,
Wasser, Licht, Erde werden in ganzen Zyklen ausge-
arbeitet. sei es als Aquarell, Linolschnitt oder in der
Ölmalerei. Sie, die Urelemente, sind der Beweis der
göttlichen Ordnung, aus denen der Mensch in seiner
zerrissenen Existenz neue Hoffnung finden kann.
Nur als scheinbarer Widerspruch stehen diesen
abstrakten Schöpfungen die gegenständlichen Arbei-
ten gegenüber. Denn vorallem mit seinen Zeichnungen
orientiert er sich ständig an seinen künstlerischen Vor-
bildern, um sie anschließend neu zu interpretieren. Vor
allem die Kunst ltaliens. aber ebenso die Werke der
österreichischen Barockkünstler allen voran Maul-
bertsch kommen seinem temperamentvollen und
großzügigen graphischen Ausdruckswillen entgegen.
Hier abbildhalte Interpretation, dort abstrakte Vision;
das Thema und der in Malerei umzusetzende Gedanke
verlangen jeweils spezifische Gestaltungsweisen. Die-
ser Balanceakt setzt profunde Materialkenntnis und
Technik voraus. In den Linolschnitten beherrscht die
durchgehende Linie die Oberfläche, in der Kaltnadelra-
dierung werden die tonigen Nuancen effektvoll ausge-
nützt und schließlich kann Keil in der Ölmalerei seinem
Temperament freien Lauf lassen. In den großformati-
gen Werken sei es ein Altartriptychon oder ein Ent-
wurf für ein Glasfenster ergänzen sich die kräftigen
pastos aufgetragenen Farben mit den schwungvollen
Formen zu einer wunderbaren Synthese.
Die, oft genug leidvollen, Erfahrungen, die der Künstler
im Laufe seines Lebens sammelte, werden in seiner
Arbeit seinem optimistischen Weltbild untergeordnet.
Nicht einseitige Anklage oder Resignation. sondern
eine Art Leitfaden für eine bessere Welt wollen und
sollten seine Bilder vermitteln.
Robert F. Keil jun.
ER
Krilertde Venus. isve, FederlTusche. Paris, Louvre
Portral Robert Keil, 1961
xislolland lln, l964 ÄQuarelllPapier
iißlaue Sparinungu. 1954. OllLeinwahd
"Kompüslllüfi", i967 Linolschnitt
iiSalarriarikair, i958 OllLeltiwarid
AllartrlplvchonnDle seiicipiungi, 1972. Mlllellell OllPaneelplaite
Kurt Rossacher
Modell und Bronzeguß
zwei Obstholzmodelle
Hans Krumpers für die
Bronzestatuen der
Jahreszeiten
Hans Krumper, xsommen. Obstholzmodell, Detailansicht.
Privatbesllz
Anmerkungen
Dovolhan Diemer. Hans Klumpal. in Wlllelsbach und Bayem, Ausstel-
lungskalalog m1.
Bayerisches Nalionalmuseum, Kai. XHIIS. 144. Nv. 176.
Hans Krumper 1570-1634, herzoglich bayerischer
Hofbildhauer, lernte bei dern niederländischen Bild-
hauer Hubert Gerhard das Modellieren der Form in Ter-
rakotta und Wachs als Vorbereitung für den Bronze-
gußf
Daß er auch in dem einer Kunstkammerder Spatrenais-
sance würdigen Material des harten Obstholzes gear-
beitet hat. beweisen die Statuen des Sommers und des
Herbstes, welche unlängst aufgetaucht sind. Sie sind
die exakten Modellefürdie im Bayerischen Nationalmu-
seum aufbewahrten Bronzen in einer Folge dervierJah-
reszeiten." Daß der aus der Holzschnitzerstadt Weil-
heim gebürtige Sohn eines Holzbildhauers und vorerst
als Jüngling am Material des Holzes geschulte iiHans
Krumper von Weilheimrl auch wenigstens später gele-
gentlich zum edlen harten Obstholz griff, ist durchaus
plausibel und keineswegs auszuschließen.
Daß wir diese mutige Behauptung am Beispiel von zwei
neuentdeckten außerordentlich qualitätvollen Skulptu-
ren aufstellen. setzt einen grundsätzlichen sorgfältigen
Rundumvergleich zwischen den Bronzen und den Holz-
modellen voraus.
Es erweist sich, daßdie Holzmodelle nicht nur identisch
und in ieder Hinsichtebenbürtig, sondern in der Feinheit
der letzten Schärfe den Bronzen noch etwas überlegen
sind.
Wie einige erhaltene. in der Komposition jedoch noch
stark abweichende Zeichnungen erweisen, sind die
Bronzen dervierJahreszeiten fürvierkleine Brunnen im
Grottenhofder Münchener Residenz bestimmt, welche
um den Perseusbrunnen Hubert Gerhards postiert
waren.
Die vorliegenden beiden Holzmcdelle sind zur Verwen-
dung als autonome Dekorationsliguren im Inneren
eines Palastes entstanden. Beim weiteren Gußvorgang
hat man sie im Schalenguß in Wachs umgegossen. Die
nachziselierte Wachsform wurde sodann mit Gußsand
ummantelt und herausgeschmolzen. ln die Höhlung
wurde schließlich die flüssige Bronze eingegossen.
Zum Zwecke ihrer autonomen Aufstellung als Dekora-
tionsfiguren haben die Holzfiguren Standplinthen, wel-
che beim Umguß in Wachs weggelassen wurden, da für
die Bronzen in den Brunnen schmalere. dekorierte
Standbasen vorgesehen waren.
Die Maße bestätigen in hervorragender Weise unsere
Darstellung. Die Bronzen messen 85 cm, die Holzmo-
delle 91 cm. Bei einer Plinthenstärke von durchschnitt-
lich5cm und cm üblichem Gußschwund istdie genaue
Relation zwischen Modell und Bronze gegeben.
Die exakte morphologische Prüfung enueist die voll-
runde ldentität von Modellen und Bronzen. Der einzige
Unterschied ist das Bärtchen des Herbstes. welches
bei der Holzfigur fehlt. Diese ist darin iiflorentinischeru,
die Bronze wniederländischera. Es ist sichtlich am
Wachsmodell hinzugefügt worden.
Zur Frage möglicher vKopienrr. In derartiger Vollkom-
menheit wäre dies in hartem Obstholz schlechterdings
unmöglich. Irgendwo in dervollrunden Gestaltung wäre
eine weiche Stelle sichtbar. Ein derart bedeutender
Kopist hätte irgendwo Spuren seiner persönlichen
Handschrift hinterlassen. Repliken werden stets
schlanker und eleganter, die Hände zarter. Der charak-
teristische scharfe Gesichtsschnitt um 1600 wäre wei-
cher und lyrischer. Die markige Schrittstellung des
Herbstes würde eleganter, die Falten weicher, die
Gesarntqualität in dervollrunden Drehung unausweich-
lich geringer. Dies sind die in Jahrhunderten immerwie-
derevidenten Gesetzlichkeiten,welchezwischenOrigi-
nal und Replik auftraten.
Der sorgfältige Qualitätsvergleich der Oberfläche
erweist die Holzmcdelle den Bronzen stellenweise
überlegen. Besonders auffällig ist dies bei der Betrach-
tung des Rückens des Herbstes. Die rechte Schulter
zeigteinenlebendigerenAteminden DetailsderMusku-
latur. Auch die Gewänder sind in ihren Faltensäumen
den Bronzen etwas überlegen. Diefeinen Unterschiede
sind dienatürliche FolgederHerstellungderGußplastik
aus dem Modell.
Die neugefundenen Holzmcdelle Krumpers geben
einen interessanten Einblick in Möglichkeiten seiner
Arbeitsweise.
Gleichzeitig sind uns rnit diesen edlen Obstholzfiguren
zwei verlorene Kunstkammerstücke der bayerischen
Spätrenaissance neu geschenkt worden.
59
5. Hans Krumper, xSommerx, Obstholzmodell. Privat-
besitz
2. 4. Hans Krumper, nSOWIFTlSN. Bronze. Bayerisches
Nationalmuseum
9,11,13,15 Hans Krumper, "Herbstu ObslholzmodeH,
Prlvatbesilz
10,12,14,16 Hans Krumper, MHerbst" Bronze. Bayensches
Nanonalmuseum
13
14
16
xuiioiicipiuiiir,
äepg Schmölzer stellte kürzlich eine Auswahl seiner Arbeiten
Osterreichischen Museum für angewandte Kunst vor
ächmuck. Fotos. Objekte Sein komplexes Gesamtkomposito-
ium zeigt priori angeborene absolute Verbindung zu Natur
ind Umwelt.Als Schmuckmacher,Gralikeroder Fotograf. Sein
ieginn im minuzids-prazisen Handwerk einer Goldschmiede-
ehre sicherte ihm unleugbar Vorteile für seine gesamte Ent-
vicklung, Das Beherrschen-Lernen des Technisch-Material-
naßigen bestimmt seine Qrundausbildung.
as Ausstellungsbild im Osterreichischen Museum zeigt den
esten KernderSchmuckarbeiten, dichte Fotogruppen. Ein per-
tdnliches Bild des Künstlers entsteht. vorn Goldschmied.
iebrauchsgrafiker, Experimentator und Projektor. Objekte-
nacher und Fotograf Man kennt seine ersten bildnerischen
Jrschreie, Fiinge, Broschen, Anhänger u.ä., unbekümmert
risch, bisweilen mythologisch aspektiert Er fegte damals uber
ilacht alte Traditionen vom Tisch nicht in radikalem Neue-
ungsdrang-.erregteAufsehembeunruhigte.eSchmuckfor-
nen, die eine Fieaktualisierung des Jugendstils erkennen las-
aen und nicht nur eine assoziative sind neuer Ausdruck
echter Sinnenfreude, nicht Replik. Schmuck aus 1952, mit dem
ron 1985 im Vergleich, laßt den gewaltigen bildneriscnen
Sprung Schmölzers erkennen. Frühen. unverkennbar eigenge-
Jrägten Arbeiten folgten diametral Objekte in der Sprache des
teuenTrends. BeispieLein Objekt, an dem ergefundenen Klein-
rram auffadelt, das Nebensachliche versinnbildlrcnend. Aus
scheinbar visueller Unruhe entsteht ein freier. gebandigter
Drganismus Schmuck hatfurSchmölzereineirschbne-ivorder-
seite. Die Schwäche des Fiuckwärtstst verdeckt, nichtsichtbar.
Das reizt ihn zum Ausbruch zur freieren Objektkunst Hierkann
er einen neuen Weg einschlagen. großzügigerwerden Ein Ding
sobauerxdaßesrundumbetrachtbarist WennerdieseObjekte
lDf die Natur stellt, wird ihr Wesen ob Baum oder Pflanze
reinster Form deutlich.
Schmölzers Leben ist voller Unruhe. Immer packt ihn eine
aesondere Erscheinung, ein flüchtiger Eindruck Eine spontane
ldee oder Assoziation Sein Auge, von Kind an. ist unermüdlich
rege, ist malerisch stets hungrig Das Komplexe seiner Empfin-
dungen, kuhl und emotionell zugleich, läuft synchron. Zerietz-
len Wolkenhimmeln iwie sie uns allen begegnen entratselt
er unzahlige nZUYälllgert Gestaltformen, speichert sie sinnge-
aend. Olt rudimentäre lmpressionen, die sich ihm aufdrängen.
Schmölzer begann im 2. Weltkrieg als Soldat der deutschen
Wehrmacht zu fotografieren. Skandinaviens reine Landschaf-
ten. Stimmungen. faszinierten ihn. Sein Schauen, seine eigene
Sicht, pragten sich aus. Das führte auf langen Wegen zu den
Fotosequenzen späterer Jahre Er querte Kontinente, ließ sich
an Meeresufern nieder, um tieterals andere in die Geheimnisse
des Fotografierens einzudringen. Vorliegt ein reiches, viel-
laltiges Gesamtbild Von reiner Bilddokumentation bis zur
asthetisch-kombinativen Bildaussage, den phantastischen
Landschaften. Politisches Engagement und umweltschützeri-
sche Mitverantwortung prägen das iiSchwarzbuchri des Künst-
lers. Eine einzige dramatisierte Kettenseouenz anktagender
Bildautschreie von Hiob überSisyphus bis zum Aschentod nach
dem atomischen Feuerbrand, Bildschreckliche Abgründe,
massiv, alarmierend Das Deiormieren der Welt infolge sinn-
loser Eingriffe in die Natur. Zerstörung, Verwüstung, Bruch der
Werte, das endgültige Zerfallen unseres Universums. Eine
erschütternde Szenerie des Untergangs! Schmölzer stößt hier
Tore auf, die vom Gestalterischen, dem heißen Engagement
henweisheit und Vision erkennen lassen. Erentreißtsich unge-
heure Situationen eines diaboiisch-damonischen Lebens, Legt
grafisch-händisch letzte Hand an, um Eindrücke zu verdichten
oder zu schließen Sarkastisch brandmarkt er die Motorisie-
rung. Unter sturverkapselter Ftollerblechstirne laBt er idiotisch-
seelenlos zwei vtoteii Scheinwerferaugen starren Den Zerfall
aller Materie kündenstehende Baumleichen an Die präsumtive
Untergangssaat streut er abschreckend, inkarniert in nacht-
seitig-embroiden, goldglitzernden Wesenssubstanzen. von
metastatischen Schründen befallen. Ausfluö seines erahnten
iioverkillii; jene letzten, allerletzten Wesen "die danach" in
Asche und Staub zu Ende vegetieren, im tödlichen Glanz und
Knitterprunk ihrer silbernen Fblientotengewarider.
Ein kombinativer Exkurs ins Gebrauchsgrafische schließt hier
den Kreis. Schrnölzer gewann kürzlich in Moskau fur den Ent-
wurfaines Antikriegsplakates einen Preis. Motiv- eine conterga-
nische Figuration, aufwühlend, nur dem Schreckensbild der
Pestilenz vergleichbar.
Innerhalb der Fotografie nehmen seine ßpiegelungenr einen
festeri Platz ein Unter Nachwirkung des Kriegserlebnisses. in
Kriegsgefangenschaft, wo er automatisch dem Begriff Zelt im
Fluktuierendeswassersnachhing, entstanden EineFotoserie,
bei der das lllusionistische, Unperspektive und Symmetrische
tragend ist. Das Endproduktentsteht nach derAufnahme durch
Stürzen des Bildes Ergebnis lmaginationen von visuellen
Situationen wie Landschaften oder Parabeln.
Wie sehr gerade im Zusammenhang mit der Fotografie künstle-
rische Gegensatze und Grundsätzlichkeiten Schmolzer bewe-
gen, beweist sein Disput mit einem namhaften Kunstwissen-
schaftler um den Begriff der Präfiguration. Schmölzers
Standpunkt auch bei der Fotografie kann,wie bei der Malerei,
präfigurativ vorgegangen werden.
Die Fotografie, sichtlich dominant im Leben des Künstlers, läßt
die Frage stellen, ob Authentizität und ästhetische Freiheit sol-
cher künstlerischen Botschaft eher Zugang zum Nichtkünstler
schaffe? Das ließe das breite Engagement er litt nie an Man-
gel des Darstellbaren erklären. mit dem er seine ureigene
Zwiesprache mit dem Menschen betreibt. Wir verbuchen vor
allem dieses unerschöpfliche Fotooeuvre Schmölzers als rein-
stes, parabolisches Sensorium seiner Weltsicht Funkelndes
orbis pictus, von klassischer Zivilisation bis zur Primitivkultur
kontinuierliches Panorama einer geistig-transzendenten Welt-
landschaft.
Scnmolzer, kommunikativ, lehrte fruh, u. a. an der Salzburger
Sommerakademie In seiner Universalität ein Pratendent und
Prototyp dafür. wie Kunst und Kunsthandwerk in einer Person
kopulreren. leopold netopil
64
uvyp vvi II lklll-kal
terreichisches Museum für angewandte Kunst
terwerke des Historismus
Keramik Metall Email
aß Grafenegg bei KremsfNÖ.
iAusstellung, aus den Sammlungen des Österreichischen
ums bestritten, war Höhepunkt des i-Grafenegger Som-
1985". An diesem beständigsten kulturellen Anlaufpunkt
zrosterreichs, eine nicht eigentlich deklarierte Außen-
waren in einer umfassenden Schau ca. 70 Objekte ver-
telt. Eine Präsentation vorwiegend aus der zweiten Hälfte
9. Jahrhunderts, die abermals nichtverleugnen kann, daß
istorismus eine längst nicht gebührend geschätzte Epo-
it. Seine spürbar ausgeprägte Formensprache basiert auf
ihme und Verarbeitung verschiedenerStilelemente frühe-
iochenWaliraud Neuwirth siehtdiessoiiDieverwirrende
iltkunsthandwerklicherSchöpfungjenerZeitläßtsichaus
Hinwendung zu vergangenen historischen Stilen-Gotik.
issance, Barock, Hokoko aber auch zum Orient, zu Ost-
und zur Antike nur teilweise erklären. Industrialisierung.
iderungen in politischen, sozialen. wirtschaftlichen, ge-
zhaftlichen und anderen Bereichen. beeinfiußten ab der
iundertmitte auch Kunsthandwerk und Kunstindustrie.
Niederentdecken alter kunsthandwerklicher Techniken
ie Erfindung neuer Methoden gingen oft Hand in Hand und
en in vielen Fällen die Voraussetzungen für den Jugend-
mit dem Begriff Historismus verbindet sich für viele
das Bild vom ornamentuberladenen, technisch zwar per-
earbeiteten. künstlerischjedoch unbefriedigenden kunst-
iverklichenGegenstandodervomfabriksmaßig erzeugten
enprodukt. Daß diese einseitige Vorstellung nicht mehr
chtzuerhalten ist, untermauern Forschungsarbeiten und
ellungen, die in den letzten Jahren durchgefuhrtwurdermii
zuletzt auch ist es also neben der Grundidee, diese Aus-
ng auf Schloß Grafenegg zu veranstalten, auch die
nmte Absicht gewesen. hier mitzuhelfen. den Begriff des
rismus an Beispielen zu erklären. An österreichischem
thandwerk. von der kostbar-erlesenen Zierform bis zum
hen, handfesten Alltagsobjekt für den Gebrauch.
on uns recht oft propagierten iiKunstfahrten ins Grüneii
an nun heuer mit der Ausstellung und der Möglichkeit,
ißGratenegg iizu erlebenii, um ein hervorragendes Kapitel
hen, im Schloß des Historismus fügten sich die ausge-
an Objekte aus der Zeit als historisches Selbstverständnis
iem harmonisch-homogenen Ganzen. Eine Ausstellung
sterreichischen Museums, diedurchsorgfaltigeAuswahl.
das reiche Schaupotential reiche Früchte in punkto Be-
zrinteresse tragen sollte. 1. ovale Schale. farbloses ge-
fenes Glas. J. St L. Lobmeyr, Wien. Schnitt von C. Pietsch,
3Cl1Öf18U.l!lV.Gl1517 Service. Silber getrieben, teil-
ivergoldet, Ausl Gebr Frank, lnv. G0 832 I. n.
Schmölzer Schmuck, Objekte und Fotos
iKiinsterprofil. S. 64 Objekt aus der Ausstellung
iella Nandori Tapisserien und Schmuck
Üsterreichische Museum für angewandte Kunst stellt mit
ella Nandori eine Textilkünstlerin vor, die einen unge-
lichen Weg eingeschlagen hat. Ihre Laufbahn beginnt mit
apisserieweberei. Wandbehänge von subtiler Farbigkeit
ahen. Das Interesse an anderen kunsthandwerklichen
iikemvorallemderMetallbearbeitung,vermitteltihrdane-
lie Idee, beide Materialien miteinander zu kombinieren.
dem Zusammenspiel der so unterschiedlichen Werk-
sind es Dreidimensionalitat und Miniaturformat die
IZGH.
rei Jahren beschaftigt sich Gabrietla Nandori damit. ihren
ellungen durch Metalldrahte und Seidenfäden Ausdruck
leihen. Sie möchte in den kleinformatigen Werken wie
lbstesformuliert-demAugenblick,einem momentanen
il Dauer verleihen. Schmuckstücke von spezifischer Aus-
skraft, tragbar. zeitlos und originell. sind das Ergebnis.
rtigeWebstruktur.dankdemmetallenen Grundmaterialin
sche Formen gebracht, unddie delikaten Farbzusammen-
ngen der schimmernden Seide sind die Charakteristika
rbeiten Gabrietla Nandoris ihre Entwicklung beginnt mit
relativ großformatigen. üppig gefältelten, ja barocken
terspangen, Broschen und Halsketten. Dann wieder inter-
rt es sie, die Metallteile sichtbar zu machen Seide und
Metallgitter werden miteinander kombiniert. Dabei
ntsiesich einfacherer, bandartiger Formen. Die neuesten
len schließlich lassen formal und farblich Kühle und
ge erkennen, aufgelockert durch einzelne bewegte
ckelte Drähte. Man kann gespannt darauf sein, wie
ella Nandori sich weiterentwickelt. 4. Halsband
A. Völker
eramiker stellen vor
Österreichisches Kunsthandwerk der Gegen-
nil geringen personellen Veränderungen von der Galerie
iglHannover veranstaltete Ausstellung war Ausgangs-
für die Vorstellung dieser jungen österreichischen Kera-
Baumgartner. 1952 geb, KonigswiesenlOberdsterreich
schule für Gestaltung. Linz. Meisterklasse für Keramik!
lSGhElK, 1980 Atelier in Linz.
gsobjekie einergeistigen Haltungii. esoterisch. meditativ,
dünnwandig,sparsamerDekonbeigroßzugig funktionell
murtg.
Helga Eschlböck, 1951 geb.,
Hochschule tür Gestaltung, Linz, Meisterklasse für Ke
1977- 1982 Lehrbeauftragte für Gipstechnik an der
schule. Linz, 1982183 Stipendium in Ägypten. 1984
Werkstätte in Linz.
Gefaßformen iiunerwartetii im Vollenden hochröhr
bruchartig abgerissenen Manschettenkragungen Pur
objekt, 40 cm, red. gebrannt, 1250".
Martina Funder. 1953 geb., Wien
Akademie der bildenden Künste, WienlMeisterklasse füi
rei. Hochschule für künstlerische und industrielle Gesti
LinzlMeisterklassefürKeramik 1975eigeneWerkstattir
Ton als lebendiges Material bevorzugt. im Prozeß Fi
die nicht verlorengeht, skulpturale. relietartige Bildung
archaiisierendern Einschlag.
Frank Geffke, 1957 geb Berlin
1979 Studium an der Hochschule für Gestaltung, LinzIM
klasse für KeramiklG. Praschak. 1984 Lehrauftrag am gli
lnstitutlModell- und Formenwerkstätte.
Steinzeugarbeiten. mit Stahl kombiniert. industriell aspe
schlichte Gebrauchskeramik zu Alltag und Nutzen hin er
den Dekorlos.
Gabriele Hain, 1933 geb, AigenlOberösterreich
1975 Hochschulefür künstlerische und industrielle Geste
Linz. Ab 1980 Stipendium in Helsinki, 1981 Arbeitsvertr
Bing B. Grondahl, Kopenhagen Vertrag verlängert.
Vorwiegend iiweißeii Objekte, Grenzen der Formierbarki
Materials sollen erkundet und erfahren werden, Geome
mit leichten freien Formexkursen wie Faltungen, Fransu
Maria Jansa. 1949 geb.. Vorarlberg
1972 1977 Hochschule für künstlerische und indu
Gestaltung, Linz, 1980 eigene Werkstatt in FraxernNora
Gefäße, in sichverdreht und gewundemwirbelformend
Mlm Wirbel vergeht, entsteht die Bewegungii.
Ute Lehmann, 1960 geb. Salzburg
1978- 1983 Hochschule fur künstlerische und indui
Gestaltung, Linz. Sommerakademie fur bildende Kunst
burglK. Pack. G. Flumpf, L. Fischer.
KombinativaufgebauteObjekte,mitunterfigurativbiszu"
dern, Rauchbrand.
Ingrid Miura-Grininger. 1931 geb., Linz
1970 -1975 Linzer Kunstschule und Hochschule für küi
sche und industrielle Gestaltung. LinzfMeisterklasse füi
miklG. Praschak. Anschließend Lehrauftrag daselbst ui
1980 Assistentin.
Gefäße gedreht, gebaucht geformt, Zylinder und Kugel
gangspunkt. Einfache Gesteins- oder Aschenglasuren.
Margarete Nußbaumer. 1959 geb FeldkirchenlObei
reich
1973- 1977 Fachschule für Gebrauchsgraphik, Linz. 15
1982Hochschuletürkiinstlerischeund industrielle Geste
LinzlKeramik. 1982183 Staatsstipendium. Kunsthani
schule BergenfNorwegen. 1983 eigene Werkstatt in Be
Tagbezogene. dem Heute oder Augenblick zugeneigte
tane Arbeitsweise. Kreiselformen mit feinem Krakele.
Barbara Fieisinger, 1955 geb.
1973 1978 Hochschule fur künstlerische und inclus
Gestaltung. Linz, 1978179 Gerrit-Rietveld-Akademie,
dam, 1980 eigenes Atelier in Salzburg. Ab 1981 Assi
Hochschule für künstlerische und industrielle Gest
LinzlG. Praschak.
Eigenwillige Halbrundformen in Porzellan, gefügt mit ge
tenen und geplatteten Scheibenaufsätzen.
Stefan Strauss, 1957 geb. Wasserburgllnn
1976- 1979 Studium der Philosophie, BerlinIMür
1979- 1984 Hochschule für künstlerische und indu
Gestaltung, LinzIKeramik, seit 1984 Gerrit-Fiietveld-Akat
Amsterdam.
Meist Tonobjekte, figural, mit Engoben bemalt, totemäh
Lisa Waltl. 1957 geb. tnnsbruck
1971 1973 Kunstgewerbeschule, Innsbruck, 197617".
desfachschule für Keramik und Ofenbau, Stoob, 1977-
Hochschule fur künstlerische und industrielle Gestz
LinzlMeisterklasse Keramik, 1983184 Meisterjahr in
klasse für KeramiklG Praschak
Ruhige, einfache, auf Scheiben gedrehte Objekte aus Ein
len kombiniertes, hell gebranntes Steinzeug 6. Ge
Vasenform, Steinzeug. red 1280" I.
Laufende Ausstellungen
Edmund Moiret 883 1966 Möbel und frühe Plastiki
10. 11. 1985
Timc Sarpaneva Glaszeit
Gemeinsam mit dem Finnischen Museum für angevi
Kunst15.10.-17.11.1985
Maria Dünser-Baumschlager Schwingungenltextile
arbeiten
Reihe Österreichisches Kunsthandwerk der Gegenwart
11.10.-10.11.1985
Leopold Netopil. 1950- 1985
Plakate, Kataloge. Kunstbücher 24. 10. 24. 11. 1985
Glas 1905 1925. Vom Jugendstil zum Art Deco 26. 10
bis 26. 1. 1985
Wiener Porzellan 1718 1864
tuelies KunstgeschehenlÖsterreich
an
arie auf der Stubenbastei 5. Romerqueiie-Kunst-
tbewerb
1er wurden durch die Jury Leonore Boecki. Gunter
iisch der Preisträger des Vorjahres. Jan Hoet aus Gent.
rian Sotriffer, Dr, Dieter Ronte und Dir. Peter Baumaus 1800
ereichten graphischen Arbeiten von 843 Künstlerinnen und
stiern die preiswürdigsten ausgewählt. im Vorjahrwarauch
sogenannter iwEntdeckungspreisk geschaffen worden, der
ioch unbekanntes Talent durch dieses von einer Firma in
izügigster Weise geübte Mäzenatentum bekanntmachen
Bernhard Winkler. in Judenburg 1962 geboren. wurde mit
em Preis bedacht, Es gelang ihm dadurch auch die Auf-
ne in das Österreich vertretende Team der Triennale in
iberg zu erreichen, Den 1. Preis erhielt Georg Salner 26,
dem schon 1984 ein Werk angekauft wurde. Die Aussage
er Arbeiten beschränkt sich auf den reinen Strich. der Fan-
zdes Betrachters ist viel Spielraum gegeben, wobei immer
ler gegenslandsbezogene Figurationen aufscheinen. Der
eisgingan HubertRoithner1957,MiklSchüleLderdurch-
eigenständige Landschaften. Figuren, Stiileben zeichnet.
er Geschautes zerlegt und wieder mit einer sehr festen
eigenwilligen Handschrift aufbaut. Den 3. Preis machte
rHeuermannl937. lhrThema ist der Mensch in der Bewe-
Mit der Giasradlerung hat sie ein Medium gefunden. das
ind ihren Aussagen besonders zu entsprechen scheint.
ekauit wurden ferner Arbeiten von D. Brehm, C. Plischnig,
teininger. K.-H. Ströhle. F. Autrieth, Matt. Der Homer-
le-Fotopreis ging an Margot Pilz 1936, die mit ihren Fotos
ilytischi. wie Peter Corsen sagt, arbeitet. Die Exponate der
sträger und eine weitere Anzahl eingereichter Blätter
en alle zur Ausstellung. 22. 5. 15. 6. 1985i 1,5. Ro-
quelle-Kunstwettbewerb. 2. PreislHuberl Roithner. Land-
zft, Kohle
erie Würthie Esteiia Campavias
zr dem "Fiel nReise in das Unbekannteu zeigte die in derTür-
aufgewachsene, heute britische Staalsbürgerin Bronzepla-
Hi. Von der Keramik kommend. arbeitet die Autodidaktin in
gefäliigen, fließenden Formen. Ihre Figuren, Torsi und
traktionen menschlicher Gestalten haben etwas überaus
tes, in dem wohl auch das Widerspiel des Lichtes eine funk-
aile Rolle zugeteilt bekommt. Die Kühle, die von den Objek-
ausgeht, findet in den elegant geschwungenen Formen
dementsprechenden Begründungen. Somit wird der
achter auch kaum mehr als von einer Perfektion äußerli-
Erscheinungen angesprochen. 4. 22. 6. 1985
lhne Titel. 1981, Bronze
como Balla
Künstler. 1871 in Turin geboren. 1958 in Rom gestorben.
ärt zu den Vätern des Fulurismus. Er ist Unterzeichner des
en futuristischen Manifestes 1910. Die 28 hier gezeigten
anate entstammen dem für diese Entwicklung sehr wichti-
Zeitraum zwischen 1912 und 1928. Am besten schien uns
Bemühen des Künstlers mit dem ausgestellten Relief doku-
itiert,dasmitseinemmetallenenGlanzdieDynamikderFor-
iweitergibl. Es ist sicher ein ausgezeichnetes Beispiel die-
unstrichtung.undwirhättengernenochmehrundähnliche
ke gesehen. Doch weiters wurden hauptsächlich Graphi-
undeinige kieinformatigeÖlbilderaufPapiergeboten. Hier
ite man zwar verschiedene Phasen dieser Entwicklung
achten, Bewegungsstudien vergleichen, die Auswahl war
eher dürftig; die Präsentation nicht gerade vorteilhaft.
29. 19B5-3. Fiori spazio. 1914. ÖllPapierILein-
erie Ariadne Peter Rataitz
in Woifsberg geboren, studierte der Künstler in Wien bei
Josef Mikl. in einer gewissen geometrischen Strukturie-
in den neuen. hier gezeigten Arbeiten macht sich der Ein-
des Lehrers bemerkbar. Freilich sind die heftigen und
arordentiich fest aufgetragenen Farben viel pluralistischer
eurteiien als bei demjungen Mikl. Das Figuraie. anfangs in
ältiger Gestalt vorherrschend, wird immer mehr zurückge-
imen zu signalhalten Formationen. Ähnlich ist auch die Ent-
ziung in der Farbe. Von einer reichen Abstufung wird eine
iochromie angepeilt, vor der die angestrebten Zeichen,
2h einem Sigel, kürzelhaft wirken. Collagen in verschiede-
Materialien tragen zu einer starken Versachlichung bei.
.. 6.7.1985
nz von Zülow
abinett wurde die Mappe vDie Eiexiere des Teufels-i von
istark durch den Jugendstil geprägten Künstler aufgelegt.
andelt sich um Lithographien, die von Zülow in feiritonigen
ien aquarelliert wurden. Das Thema wurde vom Künstler
er besonders gerne aufgegriffen, gibt es ihm doch die Mog-
reiten, seiner Fantasiefreien Laufzu lassen undeineVielfalt
Figuren in des Szenarium zu placieren. Die köstlichen Blät-
indeingünstigesAngeootfürSammlerdiesesheutewieder
gefragten Malers. 4. e. s. 1. 1985
ie Galerie Wien Klaus Liedl
junge Bildhauer, das spricht für ihn, zeigt Skulpturen, die
eisen. daßer es sich nicht leicht macht, Nachdem viele drei-
ensional arbeitende Kollegen nur mehr Montagen. in Styro-
porgüssen, in Konstruktionen aus Fäpen. Schnüren oder fixier-
ten Anhaltspunkten dem Betrachter räumliche Gebilde sug-
gerieren, kommt hier wieder einmal ein Künstler, der seine
Ideen in hartem Stein manifestiert, im Verhältnis von Rauhem
und Glattem. in den Verschiebungen der Ebenen, in Einkerbun-
gen undAusbuchtungen werden Spannungen ausgedrückt. Mit
sparsamen Eingriffen. aber feinen und sauberen Durchführun-
gen. wird dem harten Material eine Schmiegsamkeit abgerun-
gen, die da und dort haptische Erfahrungen herausfordert. Es
scheint uns. daß wir es mit Klaus Liedl mit einer sehr eigenstän-
digen Nachfolge und Weiterentwicklung einer Richtung zu tun
haben. die von Karl Prantl einst angepeilt wurde und zu Unrecht
in der letzten Zeit immer mehr vernachlässigt wurde. 7. 5. bis
1. 6. 1985 4. i-Herrscher 1984. Schwarzer Porphyr
Franz Zadrazii
Dieser einzigartige Realist. der uns mit seinen vielen großfor-
matigen Bildern der Wiener Hauslasseden, Ausschnitten von
Ansichten von Stadtbahnhaltestellen oder Geschäftslokalen
die oft absurden Häßlichkeiten unserer Umgebung, über diewir
hinwegsehen. da wir alle Tage an ihnen vorübergehen. nahe
gebracht hat. kam in New York voll und ganz auf seine Rech-
nung. in immer neuen Variationen findet er in dieser Überstadt
immer aufs neue Anregungen. Mehr denn ie wird dern Betrach-
ter dieser Bilder, Gouachen und Radierungen bewußt. dait hier
geradedurch eine scheinbar fotografische Korrektheit mehr als
das Gezeigte ausgesagt wird. Wieviel Zwielichtiges taucht da
aus den Ansichten von Fabriken, wieviei unerfülltes Leben aus
den Gesichtern von Menschen auf! Fragmentarische Schriften
werden zu Trägern lragmentarischer Lebensbewäitigung. Puri-
tanische Nüchternheit und Strenge neben einer extensiven
Ökonomie. 4. 29. 6. 1985 Pintchick OountrylAus-
schnitt. ÖllNovopan
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung
Besucherstatistik der staatlichen
Museen und Kunstsammlungen
1985
Das Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung gibt bekannt. daß in den ihm
unterstehenden staatlichen Museen und
Kunstsammlungen in den Monaten
April 244,094
Mai 205.849
Juni 241.074
Besucher gezählt wurden.
Ewaid Waiser
Der Linzerzeigte Bilder in Öipastelikreide und Dispersionsfarbe
ausden Jahren 1978 bis 1985. Es ist hauptsächlich der mensch-
liche Körper, den Waiser in einer sehr expressiven Haltung mit
sparsamsten farblichen Differenzierungen, aber doch mit einer
zupackenden Art festhält. Breite Pinselstriche in nur geringen
Abstufungen setzen Torsi. Wenige lineare Elemente geben
Spannungen. die Bewegungen oder Haltungen suggerieren.
Hier scheint uns manches weitergeführt. das in frühen Miklbil-
dern angeschnitten aberauch vonAvramidis in sovielen graphi-
schen Arbeiten vorgegebenwurde. Ein einzelner Pinselstrich ist
da oft ausschlaggebend für Form und plastisches Empfinden,
für die Krümmung des Körpers. den Ansatz eines Oberschen-
keis oder eines Armes. Hier wird mit ganz wenigem Aufwand
möglichst viel erreicht. 4. 6. 29.6. 1965- 6. Arbeit aus
1985 in der Ausstellung
Kleine Galerie Wien Franz Oskar Sebr
Der Maler wurde 1933 in Wien geboren und studierte bei
A.P. Gütersloh. S. Pauser und H. Boecki. Er ist Kunsterzieher
und Lehrbeauftragter für Fachdidaktik an der Wiener Akade-
mie. Er hat sich besonders auf didaktischem Gebiet einen
Namen gemacht und Verdienste enuorben. Als Maler trat er.
wohl zu Unrecht, bis ietzt wenig hervor. Die Hauptthemen sei-
nes Schaffens sind der Mensch und die Natur. Die Acrylbiider
sind von einer kräftigen Farbnuancierung gekennzeichnet,
wobei oft starke Kontraste einkomponiert werden. iwln der Aus-
schnitthaftigkeit mancher Bildmotive wird versucht, das Einge-
bettetsein mit dem Umraum durch Verzahnung der Biidteiie
oder durch harmonisches Ausbalancieren anzudeuten-i.
erklärte der Künstler, Besonders stark scheinen uns die Akte.
Graphiken mit sicheren Strichen, Ohne besondere Matzchen.
beweisen einerseits das Konnen, andererseits die Schau- und
Ausdruckskraft des Malers. Bei diesen Arbeiten wird uns
bewußt. daß das Erbe seiner Lehrer verarbeitet der nächsten
Generation weitergegeben wird. 5. 25. 6. 1985
ivMlCYllC, 1983. AcryilKarton
Walter Csuvala
Auch der 1943 geborene Wiener ist besonders im Bereich der
zwischenmenschlichen Beziehung tätig. Neben seiner künstle-
rischen Arbeit widmet er sich als Trainer den Bereichen Grup-
pendynamik. Organisationsdynamik u. ä. m. Wie in diesen Diszi-
plinen sucht er auch in seinen Zeichnungen, es handelt sich
durchwegs um Figurales, um eine Erkundung des Eigentlichen
der personalen Begegung. Csuvala versucht das in einer vom
Denken undder Überlieferung iosgeiostenfreien Art. Die so ent-
standenen Graphiken sind Stenogramme von Empfindungen.
die ungefiltert Csuvaias Eindrücke reflektieren. 5. 27. 6.
was
Laszio Nadier
Nadier ist Ungar, 1945 in Keszthelyam Plattensee geboren. von
der Volkskunst kommend, bildete er sich an der Budapester
AkademiederKünste.SeineArbeltensindflächig undmeistvon
einemstrengenAufbau,Durchsein Herkommenimmermitdem
Bodenständigenverbunden.wurdeer auch zu Gobeiinarbeiten
angeregt. Hier schuf er sehr wirkungsvolle Webereien. Ver-
schachtelte Kompositionen von Stadtansichten mit reizvollen
Überschneidungen, Linienführungen und Farbabstufungen
sind Merkmale dieser Kreationen. 28. 6. 1B. 7. 1985
Winfried Opgenoorth
Der Düsseldorfer 1939 ist hauptsächlich Bilder- und Kinder-
buchiliustrator. Seit 1972 in Wien, erschien sein erstes von ihm
gestaltetes Buch 1979,Seine Bilder,eherkleinlormatig,platzen
von agierenden Personen und anderen Objekten. Es ist neben
dem erzählenden und fabulierenden Element auch ein starkes
kritisches Engagement zu spüren. 2. 7. 24. 7. 1985
Galerie Yppen Willi Helfert
Der 1922 geborene Autodidakt zeigte einige Ölbildar und Zeich-
nungen. Besonders letztere beweisen eine sehr konzentrierte
Arbeitsweise. Nicht nur in der Komposition des Bildausschnit-
tes. auch in der Bewältigung des Räumlichen mit sparsamsten
Mitteln gewinnen die Blätter an Qualität. Mit einfachen Suiets
oder Aussparungen kann Helfert Atmosphäre erreichen. 21 5.
bis 22, 6. 1985 Wald, Zeichnung
Österreichische Druckgraphik Österreichische
Kleinplastik ab 1945
Diese sehr umfangreiche Schau botArbeiten fastaller Künstler.
die sich nach dem Krieg in Österreich einen Namen gemacht
haben. Beider Fülle können nur einige genannt werden. Neben
den wichtigsten Malern der Wiener Schule des phantastischen
Realismus sind u. a. Attersee, Bischof, Frohner. Hrdlicka. Mes-
sensee, Schonwaid, Skricka, Steininger. Zechyr, Zens vertre-
ten. Bei den Biidhauern kdnnen die Namen Avramidis. Bertoni.
Bottoil, Fischer, Goeschi. Hietz, Hrdiicka, Moswitzer, Prantl.
Schagerl. Schwaiger, Urteil und Wotruba genannt werden. Auf-
fäilt. daß kein Vertreter des abstrakten Expressionismus. der
Aktionsmalerei und des Tachismus aufschien. Jedenfalls eine
sehr umfangreiche und sehenswerte Schau mit vielen günsti-
gen Möglichkeiten für den kleinen Sammler. 26. 6. 27. 7.
1985
Atelier 2000 Vatchko Vatchkov
in der Werkstätte Klaus Kogelnigs in der Neubaugasse ist für
einige Zeit der 1933 in Sofia geborene und in Paris lebende bul-
garische Bildhauer eingezogen. Er ist schon in seiner Heimat
mit großen Aufträgen bedacht worden, ehe er in die Kunstme-
tropole an der Seine übersiedelte. wo er regelmäßig ausstellt.
Hier konnte man Zeichnungen und Plastiken sehen. wobei
besondersdieweich geformten Figuren ansprachen, Das Mate-
rial. der geformte und geknetete Ton der Güsse ist überall spür-
bar und wirkt in seiner beschränkten Konsistenz mit Sprüngen.
Rissen und Glättungen je nach der Form der Körper stark.
12. 6. 12. 9. 1985?9.Aurore, Plastik. Alois Vogel
Salzburg
SalzburglTraklhaus Bernhard Barek
Bernhard Barek. der 1951 in Holiabrunn geboren wurde, gehört
zu jenen, deren tiefe Prägung der Auseinandersetzung mit
jenem Kierlinger Künstierkreis. der im Niederösterreichischen
Landeskrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie heimisch
geworden war, zu verdanken ist. Das Rupertinum versammelte
nun im Trakihaus Zeichnungen von eben diesen Anfängen um
1970 bis zur Farblithographienmappe nSaizburger Suiteii. die
1982183 in der Galeria Akademia vorgestellt wurde, und den
Arbeiten danach. Diese jüngeren Blätter vor allem zeigen. daß
Barek nicht bei der Symbolsprache der sogenannten wGeistes-
kranken stehengeblieben ist. Wo früher der Stift einer
folgte. die erst zu ziehen war, und sich paradoxerweise in
undurchdringliches Gewirr hinein befreite. bricht sich heute
eine ordnende Ökonomie der ihn führenden Hand die Bahn. Die
am Grund des Betrachters rührenden Gestalten der Unbewuß-
ten haben das spinnwebenartige Geknäuei um sich abgewor-
fen. Masken- und fratzenhaft. mit saugenden Augen, als insek-
tenartlge Kbrper. von denen man nicht wüßte, wo sie
anzugreifen einem ohne Widerstand gelänge, machen sie
durch des Lichtder Kühiheit. in dem sie stehen. nur noch mehr
betroffen. 20. 3. 21. 4. 1985.
Neukirchen am Großvenediger Andreas Herok
Vom 7. bis 13. Juli 1985 fand In Neukirchen am Großvenediger
zum zweiten Mal das Zukunftssymposion rKraftfeidri statt, Zum
67
lueiles KunstgeschehenIÖsterreich
1a war eine Ausstellung mit zehn jüngsten Arbeiten des
mrger Künstlers Andreas Herok zu sehen, der damit
tals an die Öffentlichkeit trat. 1962 geboren. definiert er
selbst als nexpressiven Romantikerx, meint freilich nicht
rückwärtsgewandte, ewigkeitsschwangere Pseudoro-
ik. die ihre Utopien im goldenen Zeitalter sucht, sondern
Romantik der Modernlt Ausdruckssuche in weithin aus-
rsloserZeiLdoch in leidenschaftlicherOffenheitlürallihre
ücke. Bewußt lenkt Herok die Wucht des Ausdrucks dabei
kontrollierten Bahnen der Gegenständlichkeit sein und
Betrachters Blick treffen sich brennpunktartig am Körper
"auenkörper. in Posen. sitzend, hockend. kauernd; monu-
al und frontal, dem Zuschauer zugewandt und ihm seine
lngnahme abzwingend. Auf eine erste Begegnung mit
litt derStadtSalzburg darf man gespannt sein. 7. 13. 7.
-10. wFrauenkörper-r von Andreas Herok in derAusslel-
nKraftfeldtt
burg Künstlerhaus Hermann Ober
fünfundseohzigsten Geburtstag des Malers war im Künst-
us wo er auch seit 1961 sein Atelier hat eine Werk-
von Hermann Ober zu sehen. Sie zeigt Arbeiten von 1950
eute. Nicht um eine Bestandsaufnahme eines xWEQSSc
elt es sich. jedem Werk, dessen Entstehung weit zurück-
eine bloß Verweischarakter tragende Bedeutung zubilli-
die es zum Dokument einer nEntwicklungu reduziert; viel-
bffenbart jedes der vielen Ölbilder eine Kraft und Eigen-
tigkeit, die esauch außerhaibseiner Schwestern undunab-
ig vom Wissen um Familienähnlichkeiten ulesbaru
ten. immer geht Hermann Ober aus von elementaren
rfahrungen Berg, Himmel, Körper. Doch sind sie ihm
aß für virtuose Formen. die Eigenleben gewinnen, so auch
ahinterstehende persönliche Erfahrung vermitteln undden
hauer in ein Gespräch zu ziehen vermögen. 4. 30.6.
11. iFigurenv
burg Ftomanischer Keller in der Hypo-Bank
man von Huene
Kiangskulpturem-Kunst.diedietechnisierteWelt.inder
ntsteht. weder verleugnen kann noch will bietet der
anische Keller in der Hypo-Bank ein höchst interessantes,
scharfe Kontraste setzendes Ambiente. Doch wie Stephan
Huenes Objekte Verbindungswege zwischen visuellen.
lischen und körperlichen Wahrnehmungen schaffen sol-
to findet man an ihnen in dieser Umgebung die Zeitüber-
eine andere Verbindung. die zwischen Sinnen und
lchtnis. eine Verbindung, die zu schaffen auch zum Wesen
lusik gehört. Denn ausgelöst von ihrer Umgebung enthal-
liese vier Objekte ebenfalls, und zwar im wahrsten Sinne
lVortes, eine Verbindung zur Musik der Titel i-Die Zauber-
ist keine leere Anbiederung an den sommerlichen Fest-
betrieb, er benennt das Programm, das hier verwirklicht
e. Auf welche Weise er sich auf Schikaneders Libretto
thl. wirdvom Künstler in einem Beihefterläutert, das zu die-
nregenden Ausstellung erfreulicherweise auflag. 12. bis
1985 12. St. v. Huene vor einem Objekt
Simon Wagner
arlberg
ienz Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis
er und Römer
Stich des 2000-Jahr-Jubiläums von Bregenz wurde diese
und einmalig zusammenfassende Ausstellung organi-
15v.Chr.wurdeunterTiberiusBrigantinumamBodensee-
gegründet. Damit ist eine solche Rückschau durchaus
indet und wird, wegen der Reichhaltigkeit und Vielfalt der
igten Objekte. die weit über die lokale Geschichte hinaus-
an. sicher auch viele Interessenten finden. Antike Stücke
denGrundstock. römische Wandmalereien, Reliefs. Sta-
Bronzen. Münzen und Gebrauchsgegenstände. Leihga-
zus den bekanntesten Museen der Welt. Aber auch Dar-
mgen der römischen Geschichte und Mythologie vom
lalter bis ln die Moderne hier reicht der Bogen der Darstel-
lfl von der Graphik, dem Gemälde. der Skulptur, der Tapis-
biszumKunstgewerbewerdengezeigt.VonMantegnabis
ssinddieWerkesehrvielerMeisterallerGenerationenver-
n. so daß ein hochinteressanter kulturhistorischer Über-
geboten wird. Deutlich sieht man, wie die einzelnen Epo-
die römische Welt und die römischen Gdtter gesehen
n. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter kommen aus den
en und wichtigsten Museen. Es ist eine Schau, die. um sie
ausschöpfen zu können, öfters besucht werden sollte.
i. 29. 9. 1985 13. Giorgio de Ohirico. Piazza d'Italia.
Privatsammlung
IlS Galerie Haemmerle Helmut Schnetzer und
iert Mueiier
934 geborene Schnetzer ist ein sehr leinfühilger Kerami-
ler fern aller modischen Experimente bei seinen Gefäßen
und ansprechende Formen erzielt. Allein die Maße und die
an der werkgerechten Werdu ng sprechen für die Qualität.
ler meint. durch bewußten Verzicht auf oberflächliche
te zur größtmöglichen Einfachheit zu gelangen, um damit
ssende Komplexität darstellen zu können. l1. 5. 9. G.
Malerei und Graphik der Schüler der Hochschule für
Gestaltung, Linz
Eswarsicherein WagnisundeineGenugtuung zugleich,daßes
diese Privatgalerie riskierte. noch unbekannten Schülern ihre
Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen und ihnen somit den
Schritt in die Öffentlichkeitzu erleichtern. Daß sich dieses Wag-
nis geiohnt hat. wird wohl nicht zuletzt auch dem Leiter der Mei-
sterkiasse für Malerei und Graphik, Eric Ess. zu danken sein.
29. 6. 4.8. 1985 14. xWaldn Zeichnung der Meister-
klasse
Dornbirn Kaplanhaus llse Konrad
Die 1940 geborene Künstlerin ist zwar in Wien zur Welt gekom-
men, übersiedelte aber schon mit 1OJahren nach Bregenz, wo
sie zur Schuleging. ihrStudium absolvierte sie in Paris. Zahlrei-
che Ausstellungen in Vorarlberg machten sie in ihrem Land
bekannt. Hier zeigte sie Aquarelle, Gouachen und Zeichnun-
gen. Der Malerin gelingt es allein mit einigen wenigen Farb-
fiecken. verschieden getönten Flächen, einzelnen Absetzun-
gen und Aussparungen Tiefe und Atmosphäre zu schaffen. Es
ist auch das Flimmern und Fließen der im Sonnenglast brüten-
den Städte des Orients. das der Arbeitsweise dieser wirklich
exzellenten Aouarellistin entgegenkommi. S. 19. 5. 1985-
15. Sadah-Jemen, Aquarell
Tirol
innsbruckI Landesmuseum Ferdinandeum Neuer-
Öffnung der Schausammiungen
Die chronologische Abfolge und die Darstellung von regionalen
Kunstkreisen stehen im Vordergrunddes Programms. im ersten
Geschoß sind der Altar von Schloß Tirol und die Madonna von
Pfons besonders zu erwähnen, im zweiten Geschoß ist Barock
und das 19. Jahrhundert dokumentiert. Mit den Werken von
Aibin Egger-Lienz beginnt die Darstellung der Kunst des
20. Jahrhunderts, In deren Mittelpunkt die Aspekte neuen Sach-
lichkeit stehen.
Die Moderne Galerie vermittelt im ersten Teil Werke von
Schiele, Kokoschka, Wacker. Kolig, Faistauer und Wotruba. im
zweiten Teil wird die österreichische Kunstszene mit jener
Tirols vereint. Gerade in der Präsentation des 20. Jahrhunderts
wurde dem Wunsch Rechnung getragen. wieder die große
Breite des Bestandes vorzulegen. Eröffnung Juni 1985.
Kärnten
Klagenfurt Kärntner Landesgaierie Moderne spani-
sche Malerei
Werke von 14 Künstlern gaben Einblick in die klassische
Moderne und das Gegenwartsschaffen des Landes. Erfreulich,
daß auch solch wesentliche Vertreter wie Mirö, Dali und Tapies
zu sehen waren. 20. 3. 28, 4. 1985
Fteintried Wagner
Seit seiner ersten Ausstellung 1971 hat Wagner immer wieder
für Überraschungen gesorgt. diesmal zeigteer acht großforma-
tige Bilder der im vergangenen Jahr entstandenen nSt-Necn-
Serien, deren vollständiger Titel nVerzückt erkannte St. Neon
Jana und Nanaw lautete. Durch das Malen mit dem ganzen Kör-
per ergibt sich eine zeitgenössische Form der Selbstdarstel-
lung. behaupten die Veranstalter. 22. 5. 23. 6. 1985
Die Ftyu-Gruppe aus Japan
Es handelt sich hier um junge Künstler auf der Suche nach
neuen Formen. Sie gehören einer Kunstgruppe der industrie-
stadtSakaidaan undhabensicheineErneuerungderzeitgenös-
sischen japanischen Kunst zum Ziel gesteckt. Auch die Kunst
des lkebana wurde demonstriert, 22, 23. 6. 1985
Viiiach IGalerie an der Stadtmauer Christine de Pauli
Die gezeigten Gouachen haben ausschließlich den Menschen
als gepeinigten, geschundenen und gequälten zum Inhalt.
Diese Figuren sind gesichtslose reine Schemen in einer ver-
gasten Um- oder Unweit, die ihren Schmerz gestisch dem Be-
schauer entgegenschreien. Eine bildgewordene Mahnung vor
einer schrecklichen Zukunft. 14. 5. S. 1985
Moderne Graphik in Bosnien und Herzegowina
Diese in Zusammenarbeit mit der Österreichisch-Jugosla-
wischen Gesellschaft zustandegekommene Ausstellung setzt
die schon seit längerer Zeit gepflogene Austauscharbeit der
Galerie erfolgreich fort. Die Zusammenstellung besorgte
die Kunstgalerle von Bosnien und Herzegowina in Sarajevo.
18 Künstler präsentierten Arbeiten von hohem technischen
Standard. Auch wurde ersichtlich, daß selbst die letzten Stil-
aspekte der europäischen Kunstszene hier verfolgtwerden und
ihren Niederschlag finden, 11. 22.6. 1985
Oberösterreich
Linz Neue Galerie Rolf lseli
Die großen Malereien und graphischen Arbeiten. die seit 1971
von dem 1934 geborenen Berner geschaffen wurden. konnten
in Zusammenarbeit mit dem Sprengel-Museum Hannover und
dem Wilheim-Hack-Museum Ludwigshafen gezeigt werden. Sie
vermittelten einen umfassenden Einblick in ein Oeuvre, das
innerhalb der europäischen Kunstszene einen eigenwilligen
Rang einnimmt. 18. 4. 25. 5. 1985
Kunst nach '45 aus dem Ulmer Museum
Die ausgewählten Gemälde und Objekte stammen aus de
tung Kurt Fried, Sie gaben dem Besucher einen kleine
druck von wesentlichen Entwicklungsiaufen der bild
Kunst nach 1945. Schwerpunkte bilden die Zero-Bewe
lnformel und abstrakter Expressionismus. konstruktive
und amerikanische Pop-Art. Die Namen der Prominente
chen von Arman. Antes. Bill. Ohristo. Fontana. Francis. lnr
Kelly. Klein. Lichtenstein. Mathieu, Prachensky. Rainer
lock, Piene, Rauschenberg bis Tapies und Warhol. 4.
27. 1985
Weis Galerie der Stadt Weis Wilhelm Traunw
DerAutodidaktwurde1916in Michelbeuern geboren undi
langem als Rechtsanwalt in Salzburg tätig. Seine Arbeit
zeigte hauptsächlich Landschafts- und Stadtbilder, sii
Anton Faistauers Vorbild orientiert und verraten viel Sil
Bildaufbau, was sich besonders in der Graphik beme
mach1.13.6. 7.7.1985
Niederösterreich
Pöchlarn Oskar-Kokoschka-Dokumentation
stlftakte
in der alljährlichen Sommerausstellung dieser Institution
denheuer28Aktzeichnungen,diederMeisterausschließ
den Jahren 1946 bis 1953 schuf, gezeigt. Die 1946 in Lr
entstandenenweiblichenAktesind bishersogutwieunbe
geblieben und konnten nun zum ersten Mal in Österreil
sehen werden. Es handelt sich um frei ausschwingende,
kräftlgakzentuierte Blätter mit einer Bekannten ausdem
deskreis als Modell. Jene von 1953 entstanden in Salzbt
Rahmen der l-Schule des Sehensw. Dargestellt sind steh
vcrnübergebeugte. sitzende oder zurückgeneigte Beru
delle. Oft sind nur Ausschnitte festgehalten. oft werden
Perspektiven mitwenigen Strichen zu einem für den Besc
zu ergänzenden Ganzen vereint. Es ist imponierend, micl
chem Elan der nicht mehr junge Kokoschka diesen Fz
BewegungundLebengibLEinausgezeichnetergroßform
Katalog bringt alle ausgestellten Blätter in Farbwiederg
5. 6. 15. 9. 1985 16. Aktzeichnung, sign. wC
Salzburgx
St. Pollen NÖ. Dokumentationszentrum für moc
Kunst Hubert Aratym
Der 1936m Gutenstein, NÖ..geborene Ktlnstlerhatgemei
mit der Dichterin Friederike Mayröcker ein Euch mit dem
ganz neuen Titel iwConfigurationena siehe die Jahrbüchr
1965 1972 gestaltet. Aratyms Arbeiten, zum größten Tl
den Philippinen entstanden. wollen seine Suche nach
lung der menschlichen Figur in ihren inneren Gegebenh
die Not, Verdammung und Sehnsucht zu Bilde bringen. Wi
das mit seinen von ihm in immer neuen Variationen pUppE
gesichtslosen Figurinen möglich ist. bleibt freilich eine
5. 6. 7. 7. 1985 17. Bild aus der Ausstellung
Ernst Hölfinger
Der heute 75jährige Maler, lange Zeit im Vorstand der be
ten Ktinstlervereinigung nDST Kreisu tätig. wurde schon
von Otto Benasch, dem damaligen Dlrektorder "Albertine
Teilnahme an der Blennale in Säo Pauio eingeladen. Stl
bescheiden wie er ist, wurde er von lauteren und mit der
strömungen schwimmenden Kollegen ins Abseits gedl
Doch was Qualität. saubere Gestaltung und durchda
Inhalt eines Bildes betrifft. wird gerade in dieser Aussti
sehr deutlich. Die feinen Abstufungen, Lichter. verhal
Farbakkorde beweisen den Könner. Wichtigste Requisite
ner von Symbolik geprägten Malerei sind die Eisenbahn
Uhr. Bewegung und Zeit und alles was mit diesen zusarr
hängt. Ein philosophisches Bekenntnis spricht aus diese
dern. 13. 7. 4. 8. 1985? 18. Lokomotiven llllAussz
1974. Eitempera und Öl
Buchberg Schioß Exakte Tendenzen
Zur heurigen Sommerausstellung wurden wieder Raum.
ten von verschiedenen Künstlern gezeigt. Hartmut Böhm,
führte eine sogenannte i-Quadratteilungu durch. Der Öst
cher Hellmut Bruch schuf eine i-Krelsbogendiagonalei,
Modell des Amerikaners Beverly Piersol ist vor allem auf
und Schattenwirkungen aufgebaut. lnge Dick setzt sparsz
Fotoinslallationen. Eva Bortnyik und Csaba Tubak haber
ein Licht-Raum-Objekt für den Bergfried in Buchberg
dacht. dessen Realisierung aber sicher inweiter Ferne lleg
im ersten Jahr von Dora MaurerUngarngeschaffene Ver
dung eines Raumes wurde aber nicht mehr erreicht. 22.
4. B. 1985 Alois
12
14 15
Fundamente der Wissenschaft
Zwei wichtige Neuerscheinungen
zur Kunst vum 1900 in Wien
Otto Wagnerwar der Meinung, daß nur wder Baukünstler allein
in seiner glücklichen Vereinigung von Idealismus und Realis-
mus aus der Zweckform die Kunstlorm schaffen kannu. In einer
Zeit wie der unseren. in welcher alle und jeder sich berufen füh-
len, über Architektur oder was sie darunter verstehen
möglichst wortreiche Meinungen abzugeben, sollte solch ein
Satz doch zu denken geben. Dies umso mehr. als nun ein wichti-
ges Buch innerhalb derbereits reichhaltigen Literatur überOtlo
Wagner erschienen ist'. das an Hand von Fotos. zeitgenössi-
schen Abbildungen, Beschreibungen und Entwurfszeichnun-
gen die von Wagner geplanten und verwirklichten Innenräume
und Einrichtungsgegenstände untersucht. Dazu werden außer-
dem schriftliche Quellen wie Manuskripte. Briefe und Doku-
rnentesowiebisherunpubliziarteTailedesWagner-Nachlasses
verwendet, wodurch vielfach neue Zusammenhänge eröffnet
und Beweislücken in der Wagner-Forschung geschlossen wer-
den können.
Paul Asenbaum und Reiner Zettl haben den Hauptteil des
Buches erarbeitet In einem Textteil von 23 Seiten inlormieren
sie eingehend über vDie Möbeln, von denen Hauptbeispiele aul
16 Farbtafeln vorgeführt werden; der anschließende vKatalogv
beschreibtausfuhrlich Die Wohnung Heckscher, Die erste Villa
Wagners. Das Wohnhaus Rennweg Beispiele für die Innen-
ausstattung der Wiener Stadtbahn, Die Vitrine der Firma Klin-
kosch auf der Jubiläumsausstellung 1898. Die Wohnung Köst-
lergasse 3. Die Pariser Weltausstellung 1900, Das Depe-
schenbüro nDie Zeiti. Den Neubau der Österreichischen Post-
sparkasse, Die Kirche Am Steinhoi, Die Wohnung Dübler-
gasse Den Zubau zur Postsparkasse und die zweite Villa Otto
Wagners. Voangestellt sind ein Vorwort von Julius Posener,
Peter Haikos instruktiver Beitrag iiOtto Wagners lnterieurs
Vom Glanz der franzdsischen Könige zur Ostentation der
modernen Zweckmäßigkeitw und dann Herbert Lachmayrs
Essay nModernität und Fortschritt bei Otto Wagnerl.
Lachmayrkennzeichnetzwar.wasmirwenigsinnvollerscheint,
die historislischen lnterieurs Wagners durch Zitate von Walter
Benjamin und Adolf Loos, alsovon erklärten Gegnern des Histo-
rismus. Trotzdem machen nicht nur Lachmayrs höchst lesens-
werter Beitrag. sondern auch die anderen Texte und vor allem
die subtile Forschungsarbeit von Paul Asenbaum und Reiner
Zettl deutlich, daß es Otto Wagner primär um eine funktions-
tüchtige, gestallerisch befriedigende Lüsung der Probleme
ging. weniger um ökonomische oder soziale Erneuerungen,
Auch iäßt Wagners späteres Verhalten zum Historismus wie
zum Secessionismus ihn bei aller Heftigkeit seiner in r-Die Bau-
kunst unserer Zeitu vorgetragenen theoretischen Ansprüche
in der Praxis als einen eher vorsichtig Handelnden erkennen.
Der Übergang vom Historismus zur Moderne, der sich beim
lnterieur und bei den Gegenständen des täglichen Gebrauchs
amunmittelbarstenvcllzieht,istinallenseinen Detailszuverfol-
gen und macht das vorzüglich ausgestattete Werkzu einem tat-
sächlichen Handbuch.
Gustav Klimt galt und gilt vielen wie ein Leitbild. Seine Haltung
als Künstler, als welcher er ohne jeden Kompromiß, ohne jede
Konzession an den Allerweltsgeschmack sein Leben lebte.
Künstlerschicksale gibl es in manchen Varianten. Klimt SOOCH
rnußte einen seltenen Weg gehen, der mit enthusiastischer
Anerkennung durch die Öffentlichkeit begann und der dann den
Bruch mit dieser Olfentlichkelt. das Unverständnis der höch-
stenSchichlenwiederbreitesten Bevölkerung, zurFolge hatte.
Zwar wäre es einmal sehr reizvoll. den künstlerischen Ge-
schmack jener Gesellschaltsschichten des 20. Jahrhunderts
zu untersuchen. die stets lauthals ihr Interesse für bildende
Kunslbezeugen. Abereswareriln erster LinieKlimtsspäte Blät-
ter, die zur Begründung seines Weltruhms als Zeichner beige-
70
tragen haben. Und auch lür sein Werk gilt. daß Zeichnungen zu
den besonders faszinierenden Äußerungen der bildenden
Kunst gehören.
Die Graphische Sammlung Albertina hat es nals eine ihrer
schönsten und drängendsten Aulgaben angesehenl, einen volle
ständigen Katalog aller Zeichnungen Klimts vorzulegen Alice
Strobl hat die Früchte ihrer zehnjährigen Forschung einges
bracht und damitein Werk geschaliemdemnur höchste Bewunß
derung und ungetelltes Lob zuteil werden kann gleiches gilt
lür die Arbeit des Verlages der Galerie Welz und die Drucktech-
nik der Firma Sochor."
Um eine möglichst klare Überschaubarkeit des großen Mate-
rials zu gewahrleisten, wurden die Kleinabbildungen der Stu-
dien zusammen mit dem Katalogtexl und dem ausgelührten
Werk einandergegenübergestelltundderdazugehörigeverbin-
dende Text mit mehreren Taleln den einzelnen Abschnitten vor-
angesetzt. Diese in sich geschlossenen Kapitel folgen einer
zeitlichen Ordnung nach den Jahren der Entstehung. was die
genaue Datierung jedes einzelnen Blattes zur Voraussetzung
hatte. Es genügte auch nicht die Feststellung, für welches
Gemälde die zeichnerischen Entwürle und Studien bestimmt
waren. da Klimt die Gewohnheit hatte. mit solchen Blättern oft
mehrere Jahre vor der Vollendung des Werks zu beginnen.
Mit der Entfaltung seines neuen. Linie und Flache besonders
betonenden Stils um 1896 wechselte Kliml ebenso wie knapp
nach 1903 die Papierqualität. Von feinkörnigem, aul beiden Sei-
ten mattem Papier sogenannten Wickelpapieren in verschie-
denen Farben ging er zu Packpapier über, aul das er meist
auf der rauhen Seite zeichnete. während er nach 1903 Japanv
papiere zu benützen begann, die die Obertlächenwirkung noch
steigerten. Des Ende des Jahres 1903 bedeutete für Klimt die
Schwelle zu seinem ureigensten Zeichenstil, in dem der UmriB
zum alleinigen Träger des künstlerischen Formwillens wird und
der dem Künstlerden Rul eines der größtenZeichner seiner Zeit
eingetragen hat. Die drei Bande von Alice Strobls Buch. selbst
eine Meisterleislung österreichischer Kultur. erweisen. wie
berechtigt dieser Flul ist. Franz Wagner
Nawllvmvmumull m4-
Gusiav Klimr, Srudie zum Bildnis Adele Blech-Bauer. Schwarze Kreide,
458x310mm.AIber1lna. Wien. lnv. Nr. 30704 Slrwl. Knr Nr. 1138.
1903104
Gusiav Kllmi, Liegendes Mädchen. Schwarze Kreide. gewischt. weiß
genäht, 275 X424 mm. Älbenina, Wien, lnv. Nr. 27930 Slrohl, KEL
Nr. 142. 1586i88
GusIav Klrmt. Sitzende alle Frau. Studie zum Fakultätsbild der Philosa
Dhie. Schwarze Kreide, 453 355 mm. Alberrina, Wien. Inv. Nr. 34555
0m Wagner. Postsparkasse. Zimmer das Direktors. das heutige Gou-
vernenrszlmmer Anfang 1907 renigges1ell1
0110 Wagner, Sehreibrisßh, 1906, 109X 107 X66 cm. grauoreun
geballtes Buchenholz und Aluminium, Großraumbüro
Otto Wagner Planzeiohnung nBAU.DES.K.K.POSTSFAHKASSEN-
ÄMTSGEBÄUDESJNWIEN. INTEFIIEUFLMASSTAB 110. DERAKTEN-
KASTEN-OBERBÄUHAT.OHO.WAGNER.I
Anmerkungen
Paul Asenbaum. PeIerHaiko, HerbertLacnmayr und Reiner Zettl, 0110
Wagner, Möbel und Innenräume. Salzburg 1984. Residenz-Verlag.
312 Seilen mil 399 Abbildungen.
Ailce Srrobl, Guslav Kllmi. Die Zeichnungen. Bände l. DieZeichnun-
gen 1875-1903 Kür. Nr. 71171332 Selten. ll. Die Zeichnungen
1904 715I2;Ka1. Nr. 1174 21881295 Sehen III, Dls Zeichnungen
19127 191a, Kai. Nr. 2139- 3174162 Seilen. Salzburg. 198011982!
1984, Verlag der Galerie Welz
71
1st und Antiquitäten
rnerkKtlnst-und
tt uttatenntesse
Wiener Kunst- und Antiquitätenmesse
bst 1985
von derAFtGE Iür Fachausstellungen im Zusam-
uirken mit den Landesgremien des Handels mit
iuitäten und Kunstgegenständen für Wien durch-
wrte Veranstaltung findet vom 9. bis 17. November
in den Räumen derWiener Holburg statt. Die unter
Vorsitz von Kurt Hossacher eingesetzte Jury hat
rnde Ausstellungsobjekte zur Zulassung vorgese-
Möbel und Kunstgewerbe bis 1840 Gemälde
Sraphikbis1940-Skulpturen bis1815eOriginal-
edes Jugendstilsvon 1900 1918 Teppiche bis
Schmuck bis 1815 sowie Gemälde, Skulpturen,
mik und original signierte und limitierte Graphiken
Aoderne.
vlesse wird Freitag, den 8. November 1985, 18 bis
hr, eröltnet und kann täglich bis zum 17. November
10 bis 19 Uhr besucht werden Dienstag und Don-
tag von 10 bis 21 Uhr. ARGElredln
ERBERT ASENBAUM, ANTIQUITÄTEN
1010 WIEN KÄRNTNER STRASSE 28
HTISIILIS Decker Harlem 1643-1678
ndschait mlt Brücke
IHolz, 35,5 32 cm
IESLAW BEDNAFICZYK
JNST ANTIQUITÄTEN
1010 WIEN DOFIOTHEERGASSE 12
idoli von Alt Wien 1812 1905
chloßpark von Teplitzrr, Aquarell!
rpier. 34 24 cm, sign. und dat.
eplitz 2. August '875w
FtOTHEUM WIEN KUNSTPALAIS
1010 WIEN 1. DOROTHEERGASSE 11
9. Kunstauktion September 1985
idolf von Alt Wien 1812 1905
1er Donnerkogel im Gosautalw
ckseitig betitelt, sign.
.Altrr. AquarelllPapler, 22 x21 cm Kat. Nr. 601
xe öS 35.000.ä Erlös öS 180.000.-
JROTHEUM WIEN KUNSTPALAIS
eiche Auktion
sei Telfner Meran 1874 1948 Klausen
ergeu, sign. nTellnerw. ÖllLeinwandlKarton
.2 47,5 cm Kat, Nr. 313
xe öS 20.000.- Erlös öS 65.000.-
EUMEISTER
ÜNCHENER KUNSTAUKTIONSHAUS KG
B000 MÜNCHEN 40, BAREFI STRASSE 37
ktion 229, September 1985
rorg Kolbe, vDer Tänzer Nijinskiu
lös DM 65.000.-
INSTHAUS LEMPERTZ INH. HANSTEIN
5000 KÖLN NEUMARKT
EW YORK. 17 EAST 96TH STREET, N.Y. 10128
Jhjahrsauktion 1985lModerne Kunst
1il Nolde. "Holzplastik und Blumen-r, 1928
'HOIZ, 88,5 73.5 cm
emals Sammlung SauerlandtIHBG
ös DM 500.000.-
guwclicr und Goldschmied
Paul qßppcnmllzzcr
MESSEPRÄSENTATION
Buchbesprechungen
Wander Bertoni, indisches Tagebuch, Verlag Jugend St
Volk, Wien 1985, 120 Selten
Versehen mit einem kurzen Vorwort des Rektors der Hoch-
schule für angewandte Kunst in Wien, Oswald Oberhuber, und
einer persönlichen Betrachtung Arnold Keyserlings rnit dem
Titel wDer belruchtende Geist Indiens" ist dieses Buch haupt-
sächlich eine Dokumentation derplastischen Arbeiten. die Ber-
toni auf Grund seiner Begegnung mit der indischen Kultur und
dem Leben in diesem Subkontinent gemacht hat. Eine kurze
Stellungnahme des Künstlers, die seine Entwicklung zu dieser
Schau charakterisiert, leitet zum Biidteil über. Es folgen 23
ganzseitige Abbildungen von Graphiken und 76 von Plastiken,
Die Bilder sind von außerordentlicher Qualität. Besonders die
Farbfotografien haben eine beeindruckende Klarheit. Jede
Form kommt deutlich zum Ausdruck, jede Knitterung oder
Gerinnungdes Materiaiswird greifbar. Raffinierte Farbnuancie-
rungen, Verwischungen und Beleuchtungen der Hintergründe
der Plestiken bringen Steigerungen, Die abgebildeten Werke
selbst sind freilich von sehr unterschiedlicher Qualität.
Eln biographisch-bibiiographischer Anhang, wie so oft recht
unvollständig, und eine Aussteilungsübersicht schließen den
schonen Band, der zum 60. Geburtstag des Künstlers erschie-
nen ist. Alois Vogel
Aibin Rohrmoser, Herbert Stejskal Werkprozesse.
Verlag Galerie Welz, Salzburg 1985,80 Seiten mit 105
Abbildungen, davon 90 in Farbe.
Kunstbücher können zwar den direkten Kontakt mit Material
und Farbe im Raum nicht ersetzen. können aber den gedankli-
chen Zugang zum Werk erleichtern, dienen zudem als eine Art
entaußertes Gedächtnis, das man zur Hand nehmen kann, und
können nicht selten selbst zum Kunstwerk geraten. Nun gilt
zwar nicht letzteres für das hier anzuzeigende Buch, eine ambi-
tionierte und gelungene Dokumentation zu Herbert Steiskals
künstlerischem Werk im Sinne der ersten zwei Aspekte stellt es
allemal dar, Deroptische Teil bietet quaiitatvoile Farbabbildun-
gen undvisuaiisiertdie Chronologie der Elilderdurch Anordnung
in Gruppen derart, daß auch deren i-innere Abfolge, die Rhyth-
mik der Schalfensprozesse nachvollziehbar wird. im zugehöri-
gen Text konzentriert sich Aibin Rohrmoser ebenfalls, nur zu
Beginn kurz die Person Steiskals und die prägenden Erfahrun-
gen der Ausbildungszeit beieuchtend, auf die dem Werkverlaui
immanentenGedankenverbindungen. Konsequent versuchter,
die Werke in das Licht einer Notwendigkeit und Geschlossen-
heit der künstlerischen Entwicklung zu stelien und glaubt so, in
den frühen bereits Gehalte der späteren vorweggenommen zu
wissen. Solcherart anregend, schmälert auch die manchmal
iiberbordende Metaphorik nicht das Verdienst, das Text wie
Buch als ganzem zukommt lehrreich Zugang zu schaffen und
gleichzeitig Freude zu bereiten.
Daidalos Berlin Architectural Journal 16 15. Juni
1985, Bertelsmann Fachzeitschriften, Gütersloh, 138
Seiten, zahlreiche Abbildungen.
In jüngster Zeit wendet sich dasinteresse der Architekten wie-
der vermehrt der Geschichte zu und beeinfiußt ihre Formen-
sprache ganz wesentlich. Die Unreflektiertheit eines starren
Vulgärrationaiismus macht dabei zum Teil allerdings der Unre-
flektiertheit eines starren Vulgärhistorismus Platz. Das
Dilemma zwischen dem rigiden Bewahren wsteingewordner
Zeugen einer großen Vergangenheit gleichbedeutend mit
dem Degradieren einst lebendiger Architektur zu Museums-
stücken im Maßstab 11 und dem Einbinden in Erfordernisse
heutiger Städteplanung gleichbedeutend andererseits mil
einer Veränderung der Pragmatik des Gebauten, die es seines
historischen Rahmens entkieidet dieses Dilemma hatzu vie-
ien halbherzigen Schandtaten geführt, aber auch zu wegwei-
senden architektonischen Leistungen. Die ganze Variations-
breite an theoretischer und planerischer Aktivität unter diesem
Blickwinkel versucht die neue Daidalos-Nummer teils zu doku-
mentieren, teils selbst auf den Begriff zu bringen. Zum Thema
nDie Verklärung des Fragments CoilageCity-rsind hlerAufsätze
von Architekten, Kunsthistorikern und Denkmalpflegern verei-
nigt und umkreisen in kenntnisreicher und abwägender Weise.
dabei mit essaistischer Verve und Formulierungskunst dieses
diftiziie Thema, Auch dem Augezur Freude mit gewohnt hervor-
ragendem Layout gestaltet, ist dieses Heft für jeden, der sich
mit Bauen beschäftigt, ein Gewinn. Simon Wagner
Oosiende Casino Kursaal
nEnsor in Ostenderbesitza, ein nBliCk in die Bibliographie
Ensors sowie rbas Haus von James Erisora. EineAusstellungs-
Trias zu Ehren des großen Künstlers. Neben Gemälden. Zeich-
nungen und Radierungen aus eigenen Beständen auch ein
Überblick der Literatur 1'100 Jahre von und überJames Ensoru.
Unter nEnsar lädt einn arbeiteten 27 Künstler an einer Monsier-
hommage.
74
Holzluster vergoldet
2. Hälfte 18. Jahrhundert
Höhe 100 cm
Durchmesser 95 cm
ANTIQUITÄTEN
OTTO BUCHINGER
INH. H. PÖHLMANN
A-4020 LINZ
BETHLEHEMSTRASSE
TEL. O732f7O 117
A-502O SALZBURG
THEATERGASSE
TEL, 06222! 76662
A43; 1.
VWenerJQunst-und
Anti UlWCImV-TSSC Festsaal, Stand 44
Jwuuß
.iäi.5rxe.-y-.äwbß..?..
3.
wlxiwhxkglßaxßnlvh. 1.41.1101 .1 1.Y
.149x145cm
..
.1
Verneh-Decke, Russisch-Azerbeidjan
19. Jahrhundert ca
Hinter einem Orientteppich steht im wesentlichen ein
anonymer Künstler. Kulturelle Strömungen sowie
künstlerische Beeinflussungen sind genauso leststell-
bar wie die Pflege des traditionellen Musterguts.
Gleichviel, ob ein primitiv-archaischer Nomadentep-
pich oder ein Knüpfwerk aus höiischer Manufaktur den
Betrachter zu fesseln vermag; um die wahre Schönheit
oder die elementare Ursprünglichkeit eines Teppichs
zu erfassen, bedarf es keiner speziellen Fachkenntnis-
se. Sensibles Kunstemptinden allein laßt den Betrach-
ter die ureigene Schöpfungskralt erkennen und den
Teppich als Kunstwerk verstehen.
Das Orientteppichhaus ADIL BESIM präsentiert autder
Wiener Antiquitätenmesse eine erlesene Kollektion an-
tiker Teppichraritaten und bemerkenswerter europä-
ischer Tapisserien.
Im Vordergrund ein flämischer Wandteppich, Brüssel.
aus dem 16. Jahrhundert. Hervortretend bei den ge-
knüpften Kostbarkeiten ein anatolischer Gebetstep-
pich, Melas, 19. Jahrhundert. ca. 191 135cm. in klas-
sischer Ornamentierung und Farbgebung.
Als besondere Rarität erscheinen einige turkmenische
Knüpfcbjekte. Unter anderem ein hellgrundiger Tekke
Kapunuk aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts,
ca. 108x80 cm, welcher ehemals als Zelteingangs-
schmuck Verwendung fand. Besonderes Interesse er-
fordert eine große turkmenische Zelttasche, die sich
als Tschaudor Tschowal aus dem letzten Drittel des
19. Jahrhunderts. ca. 79 121 cm. ausweist. Exaktdie-
se Knüpfrarität ist in der Turkmenenliteratur bei
W. Loges, Turkmenische Teppiche 1978. publiziert.
Eine Verneh-Decke. Russisch-Azerbeidjan, 19. Jahr-
hundert. mit den Maßen 149 145 cm. in außerordent-
lich perfektem Erhaltungszustand, gilt als Sammler-
raritätaus dem Bereich derorientalischen Flachweben.
Rostrot und Blau sind die typischen Grund- bzw. Haupt-
tarben. Die Ornamente sind reliefartig in Sumakh-
Technik eingeschlungen. wobei sogenannte Akstaffa-
Motive besonders reizvoll in Erscheinung treten. Die
Webarbeit legt Zeugnis von der künstlerischen Bega-
bung der Schah Sevan und darf als sehrbedeutend her-
vorgehoben werden.
Die Kollektion gibt einen deutlichen Überblick über das
hohe künstlerische Schaffen und verweist auf die kultu-
relle Bedeutung des Orientteppichs.
I...
WieKu- ndv
Annurtatenmesse Festsaal, Stand 2a
wie
DORUTHIEUM
AUKTIONS- VERSATZ- und BANK-GESELLSCHAFT m.b.H.
1010 Wien, Kunstpalais, Dorotheergasse 11,
Telefon 0222152 B5 65 FS 132 230 d0r0
650. Kunstauktion
Egon Schiele, 48,2 x31,8 cm Rufprcis oS 800.000,-
10.-13. und 16.-18. Dezember 1985
Beginn 14 Uhr
4., 5., 6., 9. Dezember 1985, 10-18 Uhr
Samstag, 7. DeZembcr1985,10-1z Uhr
Sonntag, 8.Dezember19BS,10-13 Uhr
Dienstag, 10. Dezember 1985 außer Kunst des
Zülhdß. und lugendslxl, iO-18 Uhr
KW
Die
Vielseitige
Sämilichn
Bankdiensfleislungen
Bausparkasse
Lebensversicherung
3.191151! Reisebüra
I7
Baugosallschaff
Roiffeisen-Zenfrolkosse Tirol
Innsbruck. Adamgasse 377
75
Notizen
Anfrage zu August Macke
Das Westfälische Landesmuseum für Kunst- und Kulturge-
schichte in Münster setzt auch nach der Bearbeitung der Skiz-
zenbücher, deren Publikation im Augenblick vorbereitet wird,
seine intensiven Bemühungen um die wissenschaftliche Ord-
nung und Erforschung des Werks von August Macke fort. des-
sen Gemälde und Zeichnungen einen Schwerpunkt in der
Sammlung des Museums darstellen. im Zusammenhang mit
einer Reihe von Publikationen und einer großen retrospektiven
Ausstellung, die zum 100. Geburtstag August Mackes 987 vor-
bereitet werden, soil auch ein überarbeitetes und ergänztes
Oeuvre-Verzeichnig der Gemälde erscheinen. das den inzwi-
schert weitgehend überholten Oeuvre-Katalog Gustav Vriesens
ersetzen soll.
Alle Besitzer von Gemälden August Mackes werden daher
gebeten. sich mit Dr. ErnstGerhard Güse im Westfälischen
Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte. Domplatz 10,
0-4400 Münster. in Verbindung zu setzen.
Bonn Rheinisches Landesmuseum
1935 erfolgte eine durchgreifende Um- und Neugestaltung des
damals so genannten nAntiquitati Rhenanorumu. Der Stuck fiel,
man setzteauf sachIicheArchitektur. Dledichte, fast verstopfte
Oberlichthalle im typischen Ambiente des 19. Jahrhunderts
wurde total ausgeräumt. in derneuformierten Schausammiung
waren ganze 6'6- des Objektbestandes 2500 von 45.000
vor das Publikum zu bringen. Diese in wirtschaftlich schweren
Zeiten erfolgte Neuordnung ging initiativ darauf los, die ausge-
stellten Objekte immer wieder auszutauschen. Eine bis heute
geltende Grundgesetziichkeit gesunder Museumsarbeit. Franz
Ölmann. ein Zeitgenosse, prägte das Wort i. .. eine sich wan-
delnde Schausammiung hält ihre Wirkung auf die Öffentlichkeit
lebendig-i. SO-Jahr-Feier-Blickpunkt Zukunft.
Cleveiarid Museum of Art
Am 13. November 1985 erfolgt die Eröffnung der Ausstellung
i-Kushan Scuipture Images from Ancient lndial. Werke zweier
Regionen Nordindiens Mathura und Gandhara. Sie sind
erstmals in den USA zu sehen. Außergewöhnliche Skulpturen
aus Stein, vom Fels. der diese indischen Landschaften domi-
niert. insgesamt 134 Objekte ausamerikanischen Kollektionen,
aus Europa und Indien. Die Ausstellung läuft hier bis 5. Jänner
1986. wird anschließend in New York 13. 2. 6.4. 1986 und
danach in Seattle 8. 5. 13.7. 1986 gezeigt werden.
Darmstadt Institut für Neue Technische Form
wEVERYBODY is THE SAME smail Taii Thin FAT ANd handi-
captlDesign für behinderte Menschenm Eine ähnliche Ausstel-
lung wie kürzlich in München, hatte diese zum Ziel, die Sonder-
steliungdes behinderten Menschen zu reiativieren,wenn schon
nicht aufzuheben. Ein spezielles. einlühlendes Design soll die
lntegrierung in die Gesellschaft erleichtern. Den besonderen
Lebensumständen soll nachgespürtunddaraus entwickeitwer-
den. was Mode. Alltag. Heim und Wohnen in dieser Hinsicht for-
dern. Hauptansatz Die echte Teilnahme am Geschick. unter-
stützt durch kreatives Design. Der Behinderte ist so
unprobiematischer in menschliche Alitagsabiäufe einzugiie-
de rn. Ein besonderes Design? Doch sicher, weil es unauffäl-
iig und ergänzend. zugleich anpassend, die anders gelagerten
physischen, psychischen, sozialen. emotionalen und morali-
schen Bedürfnisse respektiert.
Düsseldorf Galerie Norbert Blaeser und Galerie
Vömel
Peter Proksch. im Umfeld des wWiener phantastischen Realis-
musir angesiedelt, doch Einzelgänger. bestach wie Fuchs in sei-
nen früheren Arbeiten durch eine quasi altmeisteriiche Schaf-
fensweise. Antike. christliche und biblische Symbolik belebte
und erfüllte er mit eigenem ideengut. aktualisiertees. Seine hier
gezeigte siebenteiiige Apokalypse geht von der heutigen Bibel-
fassung aus. Ein Versuch alle Erkenntnisse im Vergleich mit
apokalyptischen Büchern des Alten Testaments alles was
sich änderte und hinzuordnete dementsprechend umzufor-
men. DabeierfuhrenThematik und Aufbau keinerlei Beeinträch-
tigung. Die geiungene Interpretation stößt am Ende auf die bei-
den Supermächte. Auf den so sinnlosen? Kampf, der die
Gegenwart mit einer der entscheidensteri Fragen der Mensch-
heit konfrontiert. Proksch deutet nach dem letzten Sinn solchen
Unsinns.
Galerie Vöimei Würdigung Ewald Matares. 40 Aquarelle. Skuip
turen und grafische Blätter. Ein letzter Landschalter romanti-
scher Prägung. Vorliebe für Landstriche um Rügen und jene
vom Rhein verraten den liebenden und tiefsinnigen Künstler.
Ausnahme p. e. v5 geometrisierende Kühe- als gekonnte humo
rige Umsetzung.
Frankfurt Kunstverein
4. Ausstellung der Jürgen-PontoStiftung zur Förderung junger
Künstler. Ein Professorenkoliegium der Düsseldorfer Kunst-
akademie schlug die Künstler vor, die Auswahl besorgte Dieter
GiaruslCH Galerie Tschudi
Neueröffnung der Galerie mit vUecker und seine Schüler
Arbeiten aus dem Giarneriandii. Dazu die bebilderte Studie
iiNatura als Niederschlag der ausgestellten Arbeiten. Uecker
und seine Studenten von der Düsseldorfer Kunstakademie
arbeiteten im uPtichisauu und am Kibntalersee. Ein guterAnfang
der Galerie Tschudi. Beste Ergebnisse junger. angehender
Künstler auf einem der ältesten Wege Kunst und Natur zu stu-
dieren.
Hertogenbosch Museum Het Kruithuis
liPicasso-Keramiklceine Sommeraussteiiung. Ein wesentlicher
Zweig des großen Basken ist die Keramik. Erstaunlich. wie ein-
fühisam er aus Malerei und Grafik in die dritte Dimension wech-
selte. Spontaneität des Formens und Bemalens, die. äußerst
lebendig, überraschte. Unvergleichlich seine vielen Varianten
körperlichen Gestaitens.
Karlsruhe Badisches Landesmuseum
n200Jahre Freimaurer in Karlsruher. 1785 unter dem Protekto
ral von Markgraf Friedrich von Baden als nLoge der Einigkeit-
gegründet. Der Bund trotzte nach mehrmaligen Verboten allen
widrigen Zeitläufen und politischen Wirren. Die Karlsruher Loge
iiLeopoid zurTreueu betreibt seit 1970 Public-Relation. Tage der
offenen Tilr und ähnliche Öffnungen zur Gesellschaft hin tun
alles. umdas in Unwissenheitentstelite und von schlechten Vor-
urteilen behaftete Bild der Freimaurer abzubauen. Die Ausstel-
lung hat um einen zentral aufgebauten Freimaurertempei mit-
tels Grafiken. Bildern. Urkunden, Medaillen sowie Kunst-
handwerk mit Freimaurersymboien, Textilien und Logenab-
zeichen ein ausreichend informatives Bild als Dokumentation
abzugeben. Festschrift und Plakat liegen auf.
Köln Museum für ostasiatische Kunst
ivJapanische Malerei im westlichen Stil des 19. bis 20. Jahrhun-
dertsmwieeineähnlicheimCIevelandMuseumofArt.gibtdiese
Einblick in die Praktiken japanischer Künstler ab dem 19. Jahr-
hundert. Europäische Einflüsse über zeitgenössische Kunst-
strömungen sind dort erkennbar. So wie europäische Künstler
das japanische Vorbild heute aisJaponismus bekannt auf-
nahmen und pflegten. taten dies durch Studium und Reisen
japanische Künstler nach Besuchen in Europa. Eine gegensei-
tige Befruchtung fand statt. Ein Merkmal fällt auf, die der
Moderne zugeordnete Kunst Japans hat sich mehr von den
europäischen traditionellen Stilformen als von den abstrakten
avantgardistischen angezogen gefühlt und sich deren Stiiele-
mente angeeignet.
Landsberg am Lech Altes Rathaus
300. Wiederkehr des Geburtslahres von Dominikus Zimmer-
mann. Dem großen Stukkalurarchitekien des süddeutschen
Rokokos widmete man eine Ausstellungsreihe. Zeichnungen
und Abbildungen Zimmermanns dokumentieren die Aufnahme
fremder Einflüsse. Wie er sie genial umsetzte und so zum Vor-
bild für nachfolgende Generationen wurde. Wesentlich die völ-
lig neue Sicht Zimmermanns. wissenschaftlich aufgeordnet als
Maler. Ein Katalog begleitet rnit i-Die Wiese von Hugo Schnell,
die wohl gründlichste Dokumentation von Leben und Werk
Dominikus Zimmermanns. Die Ausstellung. jeweils reduziert,
zieht von hier nach Wessobrunn. später nach Bailenhaus im
Schongau. im Augsburger Uirichskapitelsaal macht sie letzte
Station bis 1. Dezember 1985.
München Bayerisches Nationalmuseum
Man stellte die i-Neuerwerbungen des Jahres 19841 vor. Kunst-
werke von der späten Renaissance bis zum 20. Jahrhundert.
Vorwiegend Barock und Rokoko sowie Jugendstil. Herausra-
gend ein reich verzierter Deckelpokal von Jeremias Nathan,
Augsburg.gegen1590.Glanzpunktunterden Mbbein einerder
hochgeschätzten Verwandiungstische von David Roentgen,
entstanden um 1778. Seinerzeit in Paris mit sensationeller Wir-
kung gezeigt. Ein ähnliches, hochqualifiziertes Objekt befindet
sich im Österreichischen Museum für angewandte Kunst. Wien.
Zuwächse der übrigen Fechsammiungen kommen aus dem
18. Jahrhundert. Darunter eine besonders schone Sitzstatue
Voltaires von Houdon. Den verhältnismäßig spät begonnen Aut-
bau der Jugendstiisammiung 1983 setzte man mit der
Neuerwerbung von Werken Henry van de Veides. Otto Eck-
manns und charakteristischen Gläsern von Leveiiie, Galle und
Tiffany fort.
NeuperlachlGrünwaid Kunstzentrum Nr. 66
Zwei österreichische Künstler stellten hier gleichzeitig aus.
H. Kupeiwieser. LunzJSee. Niederösterreich. geboren. kommt
von der Wiener Hochschule für angewandte Kunst. Klassen
TasquiIIBrockIWeibel. Seine siibrig verschrumpeiten Skulptu-
ren stehen und liegen als rechte Kinder der Zeit. Das Stüt-
zende. das Haitungbewahren und sich Haltenmüssen in labilen
Umständen ist Ks. sinntälligstes Gestaltungsmoment. Körper,
gedreht, geschraubt und gewunden. mit einem kaum vermute-
häßiichere Biidsprache. Material wie aus der Gosse, wild
bemalt zur Aussage gebracht. Antikunst. bar alles ästhetischen
Auspizlsmus? Anotatlonen von rüdester vorortetrister Triviaii-
tät. auf Pflaster gewachsen oder liegen gelassen. Ein Werk.
das W. wikonographisch-folkioristische Wienstudienu nennt.
Auch i-Signaturcoilagen. Signaturalismen und Zurechtrückun-
gen-l. Kunstmit mehrsophistischer Ideologie und morbiderPer-
zeption. West siedelt zwischen Beat, Droge, Neurose also ganz
nah bei Freud. West zeigt auch Action. sog. Paszstücka. Legt
diese attraktiven Frauen auf Körper oder Hals, iäßt sie die
Objekte demonstrieren. Manches steht in Gruppe. in sich auf-
einander bezogen. Kunst, die i-in-r ist, die Aufmerksamkeit
erregt. i-Abbauv-Kunst in bemalter Wegwerfpappe mit Disper-
sionsmief. Widersprüche und Verdrängungen finden so bei
West ihre Ventile.
Sarasota Ringling Museum
Francesco Clemente. geb. 1951 Neapel, zählt zu den bedeu-
tendsten Vertretern des iiNew-Expressionismusr. Seit 1970
bekannt in der internationalen Kunstszene, zeigt man hier von
ihm 65 Werke. Der Künstler lebt in New York, Rorn und Madras.
Seine Malweise des provokativ-gestueiien mystischen Expres-
sionismus, lapidar-figurativ, vom Menschen zum Tier reichend.
ist inspiriert von historischen und mythologischen Ideologien
seiner Heimat Italien. Die Ausstellung lauft hier noch bis
6. Dezember. dann setzt sich dieser erstmaiigeAuftritt Clemen-
tes in den USA 1986 in Minneapoiis. Dallas. Berkely, Bulfalo und
im März 1987, als letztes, in Los Angeles fort.
West Springfield Rhinebeck Craft Fair
Man feiert mit Recht und Stolz den 20iährigen Bestand des
iiAOC Oraftfair W.Slthe .originai' Rhinebeckli. Eine zelebrierte
Jubiläumsveranstaitung rnit 600 Kunsthandwerkern, die
Schmuckkunst. Keramik. Mode und Kleidung, Ouilts. Metall,
Glas, Leder, Mobei und Hoizaccessoires schufen. in Stowel
Vermont begann es 1966 mit bescheidenen 60 Kunsthandwer-
kern. Sie zogen immerhin die ersten Tausend kauffreudigen
Besucher an. Wie die Entwicklung bis heute zeigt, ist qualitäts-
volies Kunsthandwerk ein untötbarer Faktor im Bereich zwi-
schen Kunst und menschlicher ideeller Ausrichtung.
Zürich Museum Beiierive
Eine interessante Sommeraussteliung zu den Züricher Festwo
chen i-Die Muschel in der Kunst-i von der Renaissance bis zur
Gegenwart. Muschel und Meeresschnecke gelten mit als älte-
steTierartdes Kosmos. Mitdieser Präsentation eröffnet sich ein
erregendes Kapitel natü chen Materials aus Urzeiten. Die Viel-
falt, ihre magischen Farben, ihre Musterung. geheimnisvollen
Windungen und Hühlungen stehen immer wieder im Blickfeld
der Künstler. Die oft iormgetreue Übernahme ihrer Grundfor-
men, ihres strukturierten Skeletts, verbunden mit dem Element,
dem Wasser, verbindet sich stets mit der Vorstellung vom
ersten Aufkommen animalischen Lebens. Auch die Ausstellung
zeigt die Muschel als ästhetisch attraktives und symboistarkes
Objekt. ihr unermeßiicher Reichtum in den verschiedenen
Materialien wird in Zusammenhängen zur europäischen Kunst
deutlich. Die Muschel als zeitlich überdauerndes, magisches
Urding hat alle Epochen belebt und bleibt selbst im auslaufen-
den 20. Jahrhundert Künstlern Vorbild.
Jean-Maubouies-Skuipturen aus Eisen und Glas 1983 1985.
Der Künstler. 1943 in Pau geboren. präsentiert äußerst gelun-
gen im Freilicht des Museumshofes seine neuesten Arbeiten.
Entwickelte er sich vorerst vom Konstruktivismus der fünfziger
Jahre ausgehend. wird er später raumgreifend und kontrastvoii
bis zu großzügigen, einfachen Beispielen von heute. Kombina-
tionen der Materialien Eisen und Glas. Er löst strenge geometri-
sche Grundformen und Ihre Gesetzlichkeiten teilweise auf. um
jetzt zu eleganten, trotz der Schwere ätherischen Lösungen zu
kommen. Ferbiiche Sonderreize rostrotes Eisen und grünlich
schimmerndes Glas, die im starken Licht des Tages besonders
wirken. ieopoid netopii
Mazhar S. lpsirogiu Wind der Steppe. Die schönsten
Blätter des Meisters Siyah Qalem. 32. Farbtat. mit
Faksimile-Wiedergabe im Originaiformat. Akad. Druck-
und Verlagsanstalt Graz, 36 Seiten Text, öS 680.-
Authentischeres Queilenmaterial über die nomadischen Step
penvolker als diese Blätter des von Forschern und Künstlern
genannten iiLeonardo der Steppe gibt es kaum. Wenn es ein
Publikum gibt, das auf Kunstwerke vor allem dann anspricht,
wenn sie aus möglichst lernen und fremden Zeit- und Kuiturzo-
nen stammen. dann dürfte es diese Faksimile-Ausgabe des Mei-
sters Mehmed Schwarzfeder faszinieren. in diesen großartigen
Schätzen des weltberühmten Topkapi-Sarayi-Museums in
enerKunst-und
Anti uitatenmesse
C. BEDNARCZYK
ZEREMONIENSAAL
STAND 54
RUDOLF VON ALT Wien 1812- 1905
wPromenade am Luzerner Sees
Aquarell auf Papier, gehöht mit
Deckweiß, 28,6x 38 cm, links
unten signiert wR Alte
Ehem. Sammlung Victor Zuckerkandl
KUNST UND ANTIQUITÄTEN
WIEN DOROTHEERGASSE 12
TELEFON o222xs2 4445
speziell erlesenes Kunstgewerbe
des 18. Jahrhunderts