Situationen werden gestellt, die Beleuchtung sorgfältig gewählt und theatralische Themen werden inszeniert Dieswirddeutlich, um nurbeispielhafteinigewenige zu nennen, in den symbolistischen Tanzaufnahmen von Rudolf Koppitz. welche, einmal losgelöst von ihrem sachlichen Zusammenhang. nämlich der Dokumenta- tion einer in Wien auftretenden Gruppe, ein suggestives Eigenleben gewinnen, der Konfrontation von Akten mit einem aus dem konstruktiven Flepertoire entlehnten Bühneninventarium,eineVorgangsweise,die sich spä- ter bei Robert Mapplethorpe wiederfindet, der hier die Fotografiederdreißigertlahreintelligentzitiert,beidem Art-Deco-Fotografen schlechthin, dem Tschechen Frantisek Drtikol, sowie auch bei den Psychodrameri des Amerikaners George Platt-Lynes. Bei ihm wie auch bei Man Fiay,dem Meisterdersurrealistischen Fotogra- fie, wird eine Welt vorgestellt, welche in ihrer rätselhaf- ten Verschlüsselung traumhafte Obsessionen und Vor- stellungen eben durch die Fotografie Wirklichkeit werden läßt, da ia gerade die Fotografieden Authentizi- tätscharakter besitzt, welchen auch die lotorealistisch- ste Wiedergabe eines Salvador Dali nicht ersetzen kann. Die surrealistische Fotografie mit ihren präzisen Inszenierungsvorstellungen führt bis in die sechziger und siebziger Jahre unseres Jahrhunderts, bis zu den Arbeiten des Japaners Eikoh Hosoe oder von Arthur Tress. Platt-Lynes istein MeisterderStudienfotogralieund der Lichtregie, Es gibt keine schnellen oder spontanen Bil- der. Jede Aufnahme ist unabhängig vom Zufall insze- niert und folgt einem Aufbau, dessen Grammatik archi- tektonischen Flegeln gehorcht. Gesten und Posen sind ausgesucht und entsprechen einer ausgeklügelten Regie.MansiehtdenEinflußdes Films. MancheAufnah- men erinnern an Stills. Durch das Einfügen von Bezugs- personen und Gegenständen stellt Lynes Beziehungen her,erfindetSzenen,derenverrätselterCharakternicht sofort die Logik der jeweiligen Geschichte preisgibt. Platt-Lynes fur lange Zeit verborgenes Werk hat vor allem auf Robert Mapplethorpe gewirkt. der in seiner Arbeit, einer reinen Studiofotografie, ebenfalls Bezie- 30 1r1v' JKAX t a hungen inszeniert, stellt. die wiederum auch vom Modell hin zum Fotografen selbst bezogen sind. Mapplethorpe steigert in seinem Werk die Posen thea- tralisch. arbeitet wie Drtlkol und Platt-Lynes mit Studio- Hintergründemdiedas ModelLmanchmal auch Körper- details isolieren, fast stillebenhaft Vereinzeln. Das Geschehen wird durch den Fotografen nicht gedeutet. ist dadurch vieldeutig und nach verschiedenen Inter- pretationsmöglichkeiten hin ollen. Das MornentderSelbstdarstellung,derSelbstinszenie- rung im Bilde, nicht in Hinblick auf das Selbstportrait oderdiekommerzielleStudioaufnahme,hatphotohisto- risch eine alte Tradition. Als Beispiel nenne ich hier die Kooperation des Fotografen Trcka mit Egon Schiele, der in ekstatischen Posen den Selbstausdruck im Bild fixiert, Vorläufer der expressiven Kunst eines Arnulf Rainer. Der Aspekt der Selbstdarstellung, der Setbstinszenie- 5 runginderFotogratiealsein Entgrenzungsvorgang eigenen Ich wird in der Kunst der siebziger Jahre wesentlich. In seinen Selbstgesprächen verwende aus Griechenland stammende, heute in New lebende Künstler Lucas Samaras den eigenen Kt und den privaten Lebensbereich als Material Objekt. Selbstbeobachtung und untersuchung sin Stichworte. Die Selbstinszenierung dient der Konti derÜberprüfung. Dasfotogratische Bilderlaubtdie wandlung in anderes, fremdes. lrri Bild werden stel tretend die geforderten Transformationen durc spielt, der Künstler wird zum iiPeeping Tomir, der selbst beobachtetDiese (Grahwanderungelemen Traumbilder als expressiver Ausdruck privater Ko erfahrung gelingt Samaras wie auch dem Schwi Urs Lüthi auf eindrückliche Weise. Sie verlassen Bereich des Selbstbildnisses in Richtung inszenii Selbstdarstellung, entwerfen Bilder des Selbst Wunsch und Traumvorstellungen, die sich in dersu stiven Wirklichkeit der Fotografie bildhaft materia ren, transformieren sich, schaffen Doppelexister wechseln das Geschlecht, arbeiten mit den Mittelr Verkleidung und Entblößung. Aufdem Hintergrundi cher und westlicher Erfahrungen hat Eikoh Hosoi YukioMishimademdurch Harakiri umgekommen] nischen Schriftsteller in iiKilled by Flosesii eine Trz reise des Selbst inszeniert. Gerade die verletzende Entbloßung ist eine Opferh lung, die der Künstler in den späten sechziger unc hen siebziger Jahren vollzogen hat. Sie soll zugl unseren auf heile Kunst gerichteten Geschmacks zont verletzen, Zum Teil sind dies "Akte der s masochistischen Selbstvergewisserung, mittels c die Künstler ihren Zweifel, ihre Verzweiflung an uns Gesellschaft in aggressive Schutzbehauptui umsetztenti (Werner Hofmann). Die Freude an schauspielerischen Metamorphose wird bis zu e men Formen getrieben, lrn inszenierten Bild wirr Künstler zur historischen Figur. Der Italiener Salv- detsichselbst inder Pose Flallaelsab, LuigiOntanii historische Figuren oderantike Kunstwerke nach.