nur um zwei Vorbauten vermehrt. Die Portale wurden zu Anbauten, die Apsis zum Treppenturm, wie es den Erforder- nissen entsprach. Ein eigentümlieher Zug ist die leichte Einsehwingung der geraden Seiten. Es entstand ein an sich rationaler Bau 7 der einzige rein architektonische Ühcrraschungseffekt sind die ovalen Salons, die man in einem Polygon eigentlich nicht vermutet 7 vielleicht mit dem Hinter- gedanken, den Bau als „normales" Lust- haus zu verwenden, wenn man der Narretei überdrüssig vxar, wie es ja ziemlich bald geschehen ist. Das Ungewöhnliche liegt in der malerischen und plastischen Ausstat- tung, und hiefür bedurfte der geschickte Theatermaler kaum eines Vorbildes, hier konnte er seiner Phantasie freien Lauf lassen. Durch den flimmernden Wechsel meist ruinenhafter Scheinarchitekturen und verschiedenartige tektonische Absurditäten verwandelte er den Baukörper in ein amorphes Gebilde. Bei den Seheinarchitek- turcn mögen Reminiszenzen an behauste antike Ruinen mit ihrer oft wunderlichen Verbauung mitgespielt haben, bei der Auf- einanderhäufung untektonischer Gebilde vielleicht eine Erinnerung an ähnliche Spielereien Dürcrs 31. Im übrigen mag das seltsame Quodlibet wie im Spiel herangereift sein, ein Einfall den andern gebärend. Eine Beschreibung des Laxenburger Schloß- parkes aus dem Jahre 1851 bemerkt bei der Erwähnung des verschwundenen Kurio- sums, es sei ungewiß, welche Laune ge- meint war, da es ja eine böse und eine gute gebe 32. Armes, pedantisches 19. jahrhun- dert, das nicht mehr raprire von bumeur zu unterscheiden verstand. Aber auch ein Zeitgenosse, Gaheis, wußte dem Haus der Laune keinen rechten Sinn zu geben, wenn er es als leorzlixrh-allegoriube Dichtung be- zeichnet und von seinen imaginären Be- gleitern eine Jinnlirbe Darrlellung der äxter- reirbixcben Cbaraklerr, oder da: Bild der Haf- lebenr, oder eine SqIyre auf da: menrrhlirhe Leben überhaupt nennen läßt. Einzelheiten zu deuten, wie es Gaheis versucht hat, führt zu nichts, denn sicher liegt der Sinn dieses Quodlibets aus Panoptikum, Grusel- kabinett, Verkehrter YVelt, Knusperhäus- chen und noch anderen, undefinierbaren Elementen im Ganzen. Wenn wir eine Deutung versuchen wollen, ist es daher am besten, zunächst vom Gesamteindruck aus- zugehen und dann nach einem Schlüssel, irgendeinem sprechenden Symbol, zu suchen. Da fällt zunächst der eigentümlich wehrhafte Charakter des Gebäudes ins Auge, hervorgerufen durch die Hellebar- den, Türmchen, Gitter und die sich in lustiger Herausforderung im Winde dre- henden Ballons und Fähnchen. Anderseits rufen die Maßwerkfenster und die Apsis die Vorstellung eines verfallenen Sakral- baues hervor. Den Schlüssel finden wir, wie es sich gehört, beim Eingang: der symbo- lische Sinn der links und rechts aufgemalten erloschenen Lichter liegt doch wohl auf der Hand. Das Haus der Laune war demnach ein etwas brüchiger Tempel der Unvernunft (däraixon, nicht rtupidilä), gegen den An- 14 srurm der Vernunft in Verteidigungsbcrcit- schaft versetzt und mithin zu einer schal ks- närrischen Trutzburg geworden. Auf geist- reiche Art manifestiert sich hier dic da- malige Einstellung dcs Wiener Hofes zur Aufklärung bzw. zu ihrer österreichischen Spielart, dem Joscphinismus. Daß manch zynischer oder frivoler Zug, wie dic Klosterzellen zwischen Hieroglyphen und Bukranien oder der Abbe im Badezimmer, das Gegenteil zu besagen scheinen, paßt zum Widerspruchsvollen Bild der Epoche und zu einer herrschenden Klasse, die von den Ideen, die sie bekämpfte, schon infiltriert war. Ein Zeitgenosse, Widemann, hat den tieferen Sinn des Gebäudes erkannt, ich schließe mit seinen Worten, die uns in die Gedankenwelt der empfindsamen Zeit füh- rcn: War dar ganze Gebäude für eine Bedeutung, für einen geheinzen Sinn habe? - Ich glaube keinen andern, alr den der Name anzeigt Laune irt der Witze: Halbrrhiuerter, und beide rind mit der Phanlzrie verwandt. Sie theilen rirh in dar holde Gerrhafl, dem Sterblichen rein Darein zu Verrrhänen, und die Kuliuen und Szenen, {wi- rrhen denen er die lragirrh-komirrhe Farre, Leben genannt, aufgufuhren gezwungen irt, mit täurehenden Aurrirhlen, rpanirrhen Srblärrern und arkadirehen Gefilden zu bemalen. Alag aurh immer nirhir dahinter rejn! Sie zaubern in die kalte Gegenwart warme Ahnungen, erhähenjrden Genuß, und rindfa oft da: Einzige, war den Srbaurpieler an die kahlen Bretter ßrrell. Wie gliirklirh irt der Menrrh, re lange rie reinen Horen Rarenkränge ßerhten; ra lange rie nur durrh ihren magirrben Schleier, mit der Regen- bagenr Farben bemalt, ihmjeden Gegenrland er- rrheinen larrenl 7 Tritt aber die Vernunft hinzu, und {errelßt rie den Skhleier um Wahrheit zu rurhen, war finde! rie? Dürtere, unbertinlmte Gertallen, ewig rrhwankend durrh einen farben- laren Aetber; ein verrinnlirhter Nirhlr, derren Anrehauen jeder Gefühl errtarren, die l'hränen nerriegen, aber aurh die Freude uerrlummen maebt. Sie fühlt den Haurh der Apathie, und der Älenrehheit rrhänrte Blulhen welken! er Wa ßürhtet rie hin, um der Vernirblung {u ent- gehen? Inr Reich der Idealimzur - der S peku- lation i der Pbanlarie! ANMERKUNGEN 31. 32 31 Vgl. D.Frcy, 3.2.0., S. 13. Irn 3. Buch der "Untat- Weisung der Messung" bildet Dürer durch Stapelung on Dingen vcrschledcnxler Art eine „Victoria" für cmcn Baucmschlächter und bin "Gcdichlnlus" Pur einen Trun- kenbold und bemcrkl dazu „S Hchs hab ich von Aben- lhcuer wegen wolllcn anzeigen". Von früheren Wcrkcn Hohmbcrgs wäre 2.11. die Frstdekontion der FlSildC von St. Michael vun 1773 zum Vtrgleich heranzuziehen: u. a. xäuschxm dort Schcinaxchireknuren Nebengebäude vor, die um RauchgL-schirren und gruncn Pyramiden äschmückt waren, vgl. Hainiich. a. a. 0., S. B. M calis, 21.10., s. 24.