Wiener Künstler in Prag Die Szene ist im Sommerschloß Belvedere, einem der reprasentativsten und schensten Gebaude der Prager Nationalgalerie. Die Architektur ist einfach, ein italienischer Fri.ih- rerraissancebau mit Sauienurngang und Alta- nen, den krartige Anmut kennzeichnet. Ein ausgedehnter Garten umgibt sie. Der Bau ist Jahrhunderte alt Kaiser Ferdinand hat einst das Schloßchen, das sich auf einem Hugel gegenüber dem Hradschin erhebt, fur seine Gemahlin errichten lassen. Die Klarheit der Proportionen macht es auch als Schauraum lur moderne Kunst wohlgeergnet. wahrend des diesiahrigen l-reger Fruhlirlgs sah man dort 45 Plastiken und 40 Zeichnungen Fritz Wotrubas (Abb. rs, 19). Das Arrange- ment war ubersichtlich und schon, der Besuch rege und auch das offizielle Interesse groß. Jiri Kolallk, der Direktor der Prager Galerie. hatte gute Arbeit geleistet. Neben einem zahl- reichen erwachsenen Publikum kamen auch ganze schuikiassen unter der Fuhrung ihrer Lehrer. Die Werkauswahl Wotrubas begann mit dem Jungllngsiorso von 1930, der bereits das Entzucken von Arrstide Maillul erregte. Auf das ungemein lebensvolle bronzene Portrat der Mutter von 193a folgte jene noch immer realistische „Stehende Figur' von 1946, die der Kunstler aus dem Erleben der zerstorten Stadt und der Icrstorten Kathedrale schuf. Aus dem gleichen Jahr stammt ein antikisch- ernlacher Frauerrkopt. oie fruhe kubistlscne Phase wurde unter anderem durch die wie von Zyklopetthand hrngelageltc „Große tiee gende" (1551) dokumentiert. Der rohrenhalte „Torstf von 1553154 hat eine feine Lebendige lteii ln den spaicren iiinrziger und fruhen sech- ziger Jahren ist die Figur als saule, als Stele Vvoirubas bevorzugtes Thema. Fest abgesetzte kantige formen konnen den ruhenden Korper zu einer Landschaft machen, in der Exaktheit, in der Ordnung und Bau ist. Der „Hockende", den eine Gebarde kennzeichnet, welche den Menschen als ein Gefangnis seiner selbst er- scheinen lalst, kehrt wieder Sturmischere, dramatischere Zwischenspiele iaigen, und schließlich schreitet die Entwicklung zu ienen polyphonen, zuchtvoll sich erhebenden oder maiestatrsch aulrauschendcn architektonischen Gebilden fort, die Wotrubas Schaffen heute ausmachen. Dies ist ein eindrucksvolles, geschlossenes Werk Es ist eigensinnig. Es hat Logik. Es ist sprode und elnnehmend zugleich Es besitzt eine eigene Anrnur, Die Ausstellung irri Prager Sommerschloß Belvedere laßt etwas von der Faszination verstehen, die Wotrubas Werk seit langem aui der europaischerr Kunstszene aus- ubt. In die Stzidtlsche Galerie in Frag ist Carl Unger, Praiesser an der Wiener Akademie fur ange- wandte Kunst, rriit einer Schau (Abb. 20, 21) eingezageii, welche bereits in Mahnsch- Ostrau und Ulmutz zu sehen war 77 olbilder. Zeichnungen und Aquarelle geben einen Uber- blick uber die Entwicklung des Kunstlers von der fruhen Nachkriegszeit bis zum Jahre 1967. Es ist die erste Gesamtschau Ungers, der einer der Begrunder des ArtaClubs und der abstrak- ten Malerei in Osterreich war, uberhaupt. Carl Unger war ein Schiller von Boeckl Ein kolori- stischer Expressionismus ist demgemaß Aus- gangspunkt seiner malerischen Entwicklung geworden. Das Interesse an der Tektonik der Landschaft kam in den Bildern etwa um 1947 hinzu. Aul die so eingeleitete konstruktivisti- sche Periode folgten die kublstische Zeit (seit 1951i und die tachistische Phese (seit 1957). Die rein geometrische Abstraktion mit Qua- draten. Rechtecken, Kreisen wird durch Werke aus dem Jahre 1955 dokumentiert. Sie lSl bei Carl Unger selten. Immer geht er von einem Natureindruck aus. Zum Thema der Landschaft kommt (meist in sehr vteitgehen- der Abstrahiertlng) das Thema der Badenden am Strand, die Küste, der Hafen, der Flug. Es gibt leichte, duiiige Bilder bei uriger, durch deren tlachige Elemente gleichsam der Wind weht. Und es gibt brutende, lastende, schwere, robuste, vitale. Die harte Analyse wird zu- weilen ierlassen. Ein Stuck Landschaft oder auch ein Donaukraltwerk, ein Galopprennplatz Lind nicht zuletzt auch die menschliche Figur konnen dann Wieder auf unmittelbarere Weise erscheinen. Mit weit ausholenden starken Pinselhieben stellt Carl Unger urzeitliche Szenerie dar; auf eine feine, lyrische Weise wird das Thema ..Musik im Garten" behandelt lrn ganzen gesehen ist uriger kein tragischer Maler, viel eher einer des Gleichgewichts und des Glucks Johann Muschik 100 Jahre Gewerbemuseum Nürnberg a Wiedereröffnung Das Gewerbemuseum der Bayerischen Landes- gewerbeanslalt begeht in diesem Jahre den hundertsten Jahrestag seiner Grundtrrig. Ghichzeltlg konnte die Sammlung nach iahre- langer oenenierung wieder in grollerem urrie fang der Ollentiicnkeit zugänglich gemacht werden. Sie ist im Haupigebaude der Landesgewerbe- anstalt ausgestellt und zeigt wesentliche Teile der wertvollen Glass und Keramikbestande, außerdem Mobel. Gegenstände aus Zinn, Silber, Bronze, Email und Elfenbein sowie Bestecke, Uhren und Schmuck, 52 BILDTEXTE 18-22 18 19 20 21 Fritz Wotruba, Torso, 193D. Marmor. H. 155 cm Fritz Wotruba, Kauernder, 1951. Bronze, H. 25 cm Carl Unger, Großer Badestrand, 1953, OllLwda 180X 242 cm Carl Unger. Sommer am Fluß l, 1556. Z2 Z2 OllLwd, 91X12D ein (Abb. 19-21 aus der Ausstellung der Wiener Kunsiier an- laßlich des ..Frager Fruhlings" in Prag) Bernhard Grisel, Electus Pecturaris, 196a, TuschsFeder, 46,7x37.7 ein (üus der Ausstellung des Künstlers irri Osterrei- chischen Kulturinstitut in Rom) Bernhard Grisel - Secessionist in Rom Seit zwei Jahren lebt der österreichischi Bernhard Grisel in Rom und kann bereit zu den interessantesten Erscheinung Kunstlebens der Ewigen Stadt ge werden. Diesem Umstand kommt aui gegen, daß Grisel das halt, was man In schen Fachkreisen von einem osterrelcl Kunstler erwartet, naniiicn die Begri seines eigenen Werkes auf die letzte ergenstandrge und zielweisendc Strlri die von Gustav klimt ihren Ausgang r men hat. Grisel kam 1967 anlaßlich einer Auss zu der ihn die wohlrenommierte Galerii di Cavallo" eingeladen hatte, naci Mit dieser Ausstellung machte er sul Kunsttritik der italienischen Hauptsti sich aufmerksam In der Tageszeitung. wurde VDI allem auf das prazise grai Gefuhl des Kunstlers hingewiesen u Grisel von der „Art Nouveau" ausgeht, allein in der strengeren Auffassun Gustav Klimt und der „Wiener secessit standen werden rnuß Aber auch sein einaridersetzung niit den gegenwartige denzen, etwa der eines Fiov Lichterrstern klar erkannt „Mit der ihnri eigenen ze schert FElnhClt uberwindet er die aggl Botschaften der PopaArt". Loreriza nannte damals im „Momento Sera" einen außergewohnlichen Virtuosen dt gen Tuschzeichriung, der mit der Feder eleganten weiblichen Figuren Leben i und wies auf eine gewisse Aiiin Beardsley und Weselmann hin Grisel, dem lur 196Sf69 vom Buridesr riurn fur unierrichi ein Flomstipendii erkannt worden ist, stellte kürzlich gebnisse dieser Zeit in der Galerie de: reichischeri Kulturinstituts nein aus (Ai Wenn anfangs noch ein Konnex i "Wiener Schule" festgestellt werden so hat er sich von der lrrealitat der Tra volllg gelost und zu einem lyrischen esse Realismus getunden Arturo Bcvi stellt aniaßlitsh dieser Aus- im _Messagero" wohl auch fest, d Ursprunge Grisels in der „Wiener Sec zu finden seien. Aber die Verbindu Krimi ist von einigen wesentlichen A her gesehen verschieden. In den Werken Klimts erkennt Bovi der misrnus Boschs ebenso wie die Melr des Syrnbolisrnus irn ausgehenden lE hundert In den Bildvorstellungerr apres natura hat die lmaginatlon, die t lichung einer Idee wie in dem Trii "La Enigmatitzi" (nie Rätselhafte) einzelnen Varianten ihren Ausdruck. Fur BOVI spricht aus Grisels Bildern au Ironie, die oft dem osterreichischen Tt ment kongenial ist, und er erkennt ii eine Lebensfreude, die an die areh jcinischen Zeichnungen erinnert. Damit hat dieser romlsche Kunstkrriiki der wesentlichsten Merkmale von graphischer Arbeit getroffen, namlr Überwindung der Existenzarigst, der I dieslscher Verspleltheit ein rialurlichi heitsbegriii entegegengesetzt wird. ein Wal Ausstellungskalender ALBERTINA Bis 29 Sebtember1569: 200 Jahre Albertina, Herzog Albi Sachsen-Taschen und seine Kunstsa 7. Oktober blS 30. November 1969. Herbert Boeckl, Aquarelle und Zeich 20. November bis 20. Dezember 156 Clemens Holzmeisier, Brasilianische A turen 4. Dezember 1969 bis Februar 1970: Die Kunst der Graphik Vl., Flembrand GALERIE WELZ, SALZBURG 2. Juli bis 20 Jull1959I oita DIX, Zeichnungen und Graahik Z4. Juli bis 7. September 1965: Alfred Hrdlicka, Zeichnungen. Grapl Klelnplastik Im Souterrain: Defner-Kodre, Moderi Schmuck 10. September bis 5. Oktober 1969: Glselben Hoke, Gemalde und Zercl 7. Oktober bis 2. November 1969: Reiner Schiestl, Aquarelle und Graph 5. November bis 30. November l969 Norbert Drekel, Aquarelle und Granhi 2. Dezember bis 31. Dezember 1969: Weihnachtsausstellung STAATLICHE KUNSTSAMMLUNGEB DRESDEN Anfang August 196a (standiq): Alberririum (skulbttrensamirilurtg) -i ebteilung Anleng August bis Ende Oktober iee Kupferstichkabirictt: Freier Bruegel (zum 400. Todestag) Bis Oktober 1959: Plllnitz - Bergpalais Kunst des 18. Jahrhunderts Malerei und Grafik Albertinum. 15 September bis Januar 1970 RembrandtsRadierungen (zuin 300, Ti 21. September bis Januar 19701 Albertinum: 20 Jahre ori-iiik der DDR 2B. September 1969 bis auf weiteres Albertinum: Eroffnung einer Gemäldegalerie Neue Meister. Bildnerisches Volkssch standigen Abteili.