Peter Baum Die Biennale von Venedig 1980 vngste historische Effizienz und fragwürdiger Barometer auf der Suche nach neuen Standpunkten ' nicht nur bei Biennalen, sondern gelegentlich zh bei anderen Großaussteilungen schon öfter vonnene Eindruck, daß nämlich die jeweils zu- :t besichtigte Schau auch die mit Abstand ilechteste war, schien sich heuer auch in Vene- zu bestätigen. Obwohl die Organisation deut- l an Profil und Tempo gewonnen hat und von I strukturellen Krisen der vorangegangenen lre wenig verspürt wurde, hielten sich Zuspruch er gar Begeisterung für das Gezeigte nicht nur den von Künstlern, Museumsleuten, Journali- n und Kunsthändlern besuchten Eröffungsta- I deutlich in Grenzen. Einen Gradmesser für die uelie Kunstszene der Welt geben Biennalen lei- schon lange nicht mehr ab, und zwar unabhän- davon, ob sie zentralistisch durch ein iertenteam oder (wie in Venedig) auf der Basis oncmer Länderbeiträge erstellt werden. Die lfalt des heutigen künstlerischen Geschehens windert dabei eher eine optimale Repräsentanz. daß sie eine solche fördert, da auch Auswahl I technische Abwicklung immer schwieriger I kostenaufwendiger, von den revisionsbedürf- lfl Aspekten so mancher von den Länderkom- sären verantworteten Beiträgen erst gar nicht 'eden. inoch war Venedig auch 1980 eine Reise wert I in einigen größeren Abschnitten der Biennale ,h von durchschnittlicher bis überzeugender zlität, was vor allem für die unter dem Titel lnst der siebziger Jahren in den Hauptpavlllons Giardini gezeigte Sonderausstellung zutraf. vationen waren heuer in Venedig beteiligt, die iauplätze der Geschehnisse - vergleichbar ieren Veranstaltungen - über mehrere Institu- ler an historischen Bau- und Kunstwerken so rreichen, stets von neuem faszinierenden dt verteilt. Die benutzte Ausstellungsfläche be- i nach den Angaben der Veranstalter 60.000 idratmeter, der offizielle Katalog (la Biennale visive '80) umfaßt über 260 Seiten mit zahlrei- n Abbildungen in Schwarzweiß, Einführungs- :en und den Abhandlungen der für die künstle- he Auswahl der einzelnen Nationenbeiträge antwortlichen. gleich bei den Verantwortlichen zu bleiben: iille Bonito Oliva und der Schweizer Harald emann hatten nicht nur den historischen :kblick auf die ereignisvollen siebziger Jahre zuwählen (sie wurden dabei von Michael npton und Martin Kunz unterstützt), sondern erzogen sich auch in vorderster Front dem vlei wierigeren Unterfangen einer Standortsuche das nächste Dezennium. Sie konnten die erste gabe mit beträchtlichem Erfolg, die zweite nur höchst vagem absolvieren. Ob sich ihr Einsatz eine Vielzahl der in Venedig innerhalb der Ab- JTIQ der "achtziger Jahre-i vorgestellten jungen istler gelohnt hat, ist vor allem deshalb frag- , weil man nahezu überall genug andere Maler, ektkünstler, Filmer oder Zeichner kennt, die grund ihrer bisher vorliegenden Ergebnisse mit it geringeren Vorschußlcrbeeren zu bedenken lesen wären. jüngste kunstgeschichtliche Rekurs begann 1, 2 Magdalena Abakanowltz, Environment, neuntellig, den gesamten polnischen Pavillon füllend 3 Lisa Steele, Kanada, nThe Ballad of Dan peoplesu, 1976. Fotogramm 4 Joseph Beuys 5 Maria Lassnig, "Selbstbildnis mit Telephonu_ 197a. öu Leinwand, 72,5 x 90 cm allerdings auch im Hauptpavillon des Biennale- geländes eher mit einer Enttäuschung: Andy War- hols hoch und in serieller Formation gehängte neue Porträts sind im wesentlichen nur eine Wie- derholung bekannter Methoden und Erfahrungen und obendrein auch von der Auswahl der Perso- nen nur mäßig interessant. Warhol erreicht in den meisten dieser Bilder nicht annähernd die auf me- thodischer Verdichtung und technischer Verfrem- dung beruhende Ausdruckskraft, wie er sie etwa in den besten seiner gleichfalls erst vor kurzem er- schienenen Porträtserie von zehn prominenten jü- dischen Persönlichkeiten (darunter Sigmund Freud, Franz Kafka, Albert Einstein, Sarah Ber- nard, die Marx-Brothers und George Gershwin) vorweist. Was Warhol nicht gelang, konnte freilich einige Schritte weiter Joseph Beuys für sich beanspru- chen: nämlich optimale Aufmerksamkeit für seine riesige Rauminstallation "Das Kapitalu. vRaum 1970- 1977i: war der Untertitel des mit mehreren dominanten, für die Beuys'sche Aura inzwischen schon hinlänglich bekannten Requisiten ausge- statteten Environments. Es zog vor allem dann vie- le Menschen an, wenn sich Beuys (wie an den Er- öffnungstagen) selbst in ihm befand, für Photo- graphen posierte und in lapidaren Worten auf eine Flut hereinbrechender Fragen und Wünsche rea- gierte. Für den Beuys-Kenner ist "Das Kapitalti so etwas wie ein Kompendium spezifischer Anliegen, dessen Gegenstände in inhaltlichem und wohl- ausgewogenem formalem Konnex zueinander ste- hen. Für denjenigen, der Beuys ignorierte, weil ihm dessen Oeuvre zu sehr Zumutung scheint, konnte auch Venedig nicht die notwendige Offen- barung bringen. Auch wenn man mitunter die Gefolgschaft ver- sagt, bleibt die Bedeutung eines Beuys für die Kunst der siebziger Jahre unbestritten. Dies gilt, wenn auch nicht in dieser Universalität und Grundsätzlichkeit, ebenso für einen Richard Ser- ra, Don Judd, Sol Lewitt oder Cy Twombly, die gleichfalls in der Auswahl von Oliva und Szee- mann Berücksichtigung fanden. Mit seinen Über- zeichnungen von Totenmasken und Totenbildnis- sen vermochte Arnulf Rainer einmal mehr zu be- weisen, daß er zu den ganz wenigen Künstlern von heute zählt, die die Formulierungen extremer Exi- stenzerfahrungen wagen können, ohne ins Peinli- che abzurutschen. Seine Serie von Photoüberar- beitungen zählte zum Elndrucksvollsten der ge- samten Biennale und rückte den starken Eindruck des offiziellen Beitrages dieses Künstlers 1978 nachhaltig in Erinnerung. Als zweiten österreichi- schen Künstler neben Rainer zeigte man den 1938 geborenen Günter Brus, der mit einer repräsentati- ven Auswahl seiner mehr und mehr geschätzten Zeichnungen seine höchst charakteristische Ei- genständigkeit, auf diese Welt sensibel zu reagie- ren, unterstrich. Walter De Maria und Christo, die zu den konse- quentesten und eigenständigsten Vertretern einer die große Dimension bevorzugenden Projekt- und Land-Art zählen, sah man nur in Form beschei- dener Dokumentationen. Bei Richard Long und 59