iaissanceformen, die den österreichischen Er-
gnissen einen bestimmten Charakter, einen ei-
en Stil, eine iinationale Geschmacksrichtungll
ren. Dies war ein Grund mehr für Julius Les-
g, den Direktor des Berliner Kunstgewerbemu-
ms, über die österreichischen Exponate fol-
ides zu schreiben: iilm Jahre 1867 war von einer
etlichen Mitbewerbung um eine Großmacht-
llung im Kunsthandwerk, von einer wirklich ge-
rdrohenden Konkurrenz für das herrschende
nkreich noch nicht die Rede. Das hat sich seit
l-VGFÜDSSGHQD Jahren gewaltig geändert. Das
erreichische Kunstgewerbe hat sich auf vielen
wichtigsten Gebieten von dem französischen
fluß so gut wie völlig frei gemacht, und es ver-
ikt diesen Zustand nicht zufälligen Umständen,
idern einem bewußten planmäßigen und allsei-
in Vorgehen, dessen Früchte nicht mehr als
jliche Produkte einer künstlerischen Züchtung
usehen sind, sondern sich als bereits völlig
wachsen mit der gesamten Gewerbetätigkeit
. Landes erweisen. Die Bewegung in Österreich
einheitlich und systemathisch von dem Öster-
zhischen Museum geleitet, das sich das eigent-
ie und hauptsächliche Verdienst um die Her-
llung des jetzigen Standes des österreichi-
ien Kunstgewerbes erworben hat."
Jolf von Eitelberger und das "Österreichische
seum für Kunst und Industrien
i Bedeutung des Österreichischen Museums
ßte man nicht erst nach diesen Erfolgen richtig
zuschätzen. Von allem Anfang an stand Eitel-
gers Gründung im Mittelpunkt des allgemeinen
aresses, war doch die gewerbliche und indu-
elle Situation in allen mitteleuropäischen Län-
n die gleiche. Und so waren Wiens erstes Mu-
im und seine Schule das Vorbild, das bald in
'lin, Köln, Nürnberg, Hamburg und Dresden,
zr auch in den österreichischen Kronländern, in
ig, Brünn, Reichenberg, Lemberg, Olmütz und
dapest nachgeahmt wurde. Neben den Museen
l Schulen entstanden überall in Europa Vereine
Förderung des Kunstgewerbes und vermittel-
Zeitschriften nach dem Vorbild der Wiener
itteilungen des K.K. Österreichischen Mu-
imsu die theoretischen Kenntnisse und neuen
iormideen. Als schließlich Rudolf von Eitelber-
im Jahre 1885 starb, hatte sich sein in Wien
jonnenes Werk zu einer europäischen Reform-
vegung auf breitester Basis entwickelt, die uns
I heute aus gesehen mit größtem Respekt erfül-
muß. Seine museal-wissenschaftliche Reform-
vegung, die in ihrer ersten Phase bis in die
inziger Jahre reichte, war eine Antwort auf die
i Menschen bedrohenden Tendenzen des Ma-
iinzeitalters. Mit Hilfe ihrer Erkenntnisse und
sichten war es gelungen, die einander aus-
iließenden Bereiche von Wissenschaft, Tech-
und Industrie mit der Kunst in eine positive
bindung, zu einer Synthese zu bringen. Aus der
tlichen Distanz können wir feststellen, daß die
seai-wissenschaftliche Reformbewegung eine
mulstubeu für alle kunstindustrielien Probleme
Mesen ist, die dann um 1900 zur Werkstätte des
istlerisch schaffenden Handwerkers und Ge-
rbetreibenden umgewandelt werden konnte.
i 35jährige bewußt geplante Erziehungsarbeit
i Reformtätigkeit des Wiener Museums für
nst und Industrie hatte für diesen Umwand-
gsprozeß gründlich Vorarbeit geleistet. Auf
itester Basis hatte sie technisch und ästhe-
:h geschulte Kunsthandwerker hervorgebracht,
sich über dem Kopieren und imitieren von Vor-
lem zunächst ihrer eigenen Bedeutung bewußt
Morden waren. Sie hatte mit der Wiederaufnah-
alter Kunsttechniken ein steril gewordenes
wsthandwerk bereichert. Sie hatte durch die
wissensmäßige Rezeption der Vergangenheit in
Form von wissenschaftlichen Werken die Bedeu-
tung der Kunstindustrie und des Kunsthandwer-
kes für den einzelnen und für die Gesamtheit, für
die Volkswirtschaft und den nationalen Wohl-
stand in weiteste Kreise der Bevölkerung getragen
und eine alle Schichten umfassende Kunstge-
werbliche Bewegung entfacht. Sie hatte schließ-
lich durch die Einbeziehung der orientalischen
und ostasiatischen Kunst den engen kontinenta-
len Horizont erweitert und den Sinn für Qualität
geschärft. Der von Gottfried Semper aufgezeigte
Weg der Reflexion und Bildung hatte mit Hilfe der
musealen Kunstwissenschaft sein Ziel um 1900
erreicht: die Geburt eines neuen Stiles aus dem
Schoße der Kunst und von unten her, von den Be-
dürfnissen des Alltages, von den Gebrauchsfor-
men und vom Kunsthandwerk her.
Mögen für Eitelberger und seine Mitstreiter neben
den wissenschaftlich-pädagogischen Absichten
vorwiegend auch noch die patriotischen Gefühle
maßgeblich gewesen sein, so läßt sich aus der Di-
stanz eines Jahrhunderts sagen, daß ihr Werk und
die von ihnen eingeleitete Reformbewegung zwi-
schen 1860 und 1895 gleichzeitig auch eine allge-
mein menschliche und damit kulturelle Bedeu-
tung hatten: es war der Versuch, eine Humanisie-
rung der technischen und industriellen Revolution
mit Hilfe der Kunst zu erreichen und damit einen
wesentlichen Beitrag zur nlndustriekulturv zu lie-
fern.
Zeugnisse einer österreichischen wlndustriekul-
turt-
Die Epoche, in der sich das entfaltete, was wir als
den "Beitrag Österreichs zur lndustriekulturu be-
zeichnen, die Zeit von 1850 bis 1918, war noch bis
vor wenigen Jahren ausschließlich negativ be-
setzt und ein Gegenstand, für den es sich kaum
lohnte, sich ihm forschend zuzuwenden oder sich
in ihn gar liebevoll zu versenken. Sie war ein Ge-
genstand der Verachtung vor allem für alles, was
mit dem Stilbegriff bHiSIOfiSmUSn bezeichnet, als
Leistungen kunstindustrieller, kunstgewerblicher
Produktion überkommen war. Im Hinblick auf ihre
gesellschaftlichen Verhältnisse und Aspekte galt
sie als ein Zeitalter trügerischer Sicherheit und
Selbstsicherheit, dessen bürgerliche Welt im Feu-
ersturm des ersten Weltkrieges untergegangen
ist. Das hat sich seither aber gewandelt, und es
füllt uns mit gewisser Genugtuung, wenn die
storische, vor allem kunsthistorische Forschu
und hier wieder die Projekte der Fritz-Thyssen-S
tung, sich des 19. Jahrhunderts angenommen
ben, in welchem ja alle Voraussetzungen für
Gegenwart, für unsere moderne lndustrieges
schaft des 20. Jahrhunderts veranlagt W0l'l
sind. in diesen einschlägigen Fachkreisen kan'
zu einer Rehabilitierung dieser Zeit und da
auch im Vergleich mit unserer Gegenwart zu ei
Neubewertung ihrer Leistungen. Und nicht nu
Österreich bahnt sich eine Entwicklung an,
diese Zeit und ihre kulturellen Leistungen - es
ja das Zeitalter Kaiser Franz Josephs l. -
Grund von Ausstellungen, Publikationen und I
her wenig beachteten Fakten positiver sei
muß, als dies bisher aus vielfach ideologiscl
Gründen der Fall gewesen ist.
J. 8 L. Lobmeyr - Vom Glaserladen zur Welt-
firma
Zu den besonders typischen Produkten des Kur
gewerbes zählen vor allem die Schöpfungen
Wiener Glasfirma J. 8 L. Lobmeyr. Sie präsen
ren deutlich das, was aus den Reformbestreb
gen des nÖsterreichischen Museums für Ku
und Industrien im Hinblick auf die Bewältigi
der industriellen Produktion und Zusammenl
rung von Kunst und Industrie entstanden ist.
von dem Museum ausgehenden Reformtätigl
wäre kaum im Laufe der Jahrzehnte ein so aul
ordentlicher Erfolg beschieden gewesen, wenn
nicht zu allen Zeiten von den Lobmeyrs un
stützt worden wäre. Die Erfolge des Museums,
schließlich zur Anerkennung und zur Weltgelti
der österreichischen Kunstindustrie beitrug
gingen konform mit jenen der Firma Lobmeyr,-
aus einem Glasladen hervorgegangen, sich scl
nach wenigen Jahrzehnten zu einer Weltfirmal
wickelt hatte.
im Jahre 1823 war Joseph Lobmeyr aus der l
vinz, aus Grieskirchen, nach Wien zugewant
und hatte einen Glaserladen in der Weihburgg
se eröffnet. in der Folge entwickelte sich die
ma auf Grund der persönlichen Tatkraft, vor al
des jüngeren Sohnes Ludwig Lobmeyr, sowie
industriellen und wirtschaftlichen Aufschwun
zum prominentesten Glaswarenhändler in W
ja in der österreichisch-ungarischen Monarc
Ludwig Lobmeyr, der im Jahre 1864 das Gescl
übernahm, gehörte zu jenen Männern, welche
vorn Österreichischen Museum ausgehende
formbewegung von Anfang an unterstützten.
waren die Erfolge des Museums auch seine Ei
ge. Die Firma Lobmeyr war seit 1862 auf den Vi
aussteliungen vertreten und konnte für ihre I
dukte viele Anerkennungen und Auszeichnun
heimholen. Nach vierzigjährigem Bestand wai
unter der Führung Lobmeyrs gelungen, eine
derne österreichische Glaskunst von einem g
bestimmten und einmaligen Charakter aufzut
en. Ihre Merkmale erlangten als "Lobmeyr:
Weltgeltung. Auf den Weltausstellungen, an
nen die Firma Lobmeyr immer teilnahm, trat r
in umfassenden und einmaligen Darbietungen
Lobmeyrischen Produktion aller Welt vor Augi
Ludwig Lobmeyr hatte alle ideale der vom Ös
reichischen Museum getragenen kunstgewe
chen Reformbewegung erfüllt. Er hatte die Kü
ler gelehrt, ihre Entwürfe wieder dem Glas a:
passen, und alle Glaserzeuger veranlaßt, das L
te an Wirkungsmöglichkeiten aus dem Mate
herauszuholen. Seine Erzeugnisse müssen als
hervorragendsten Beispiele jener bürgerlic
Epoche angesehen werden, die unter der nicht
mer gültigen Stilbezeichnung "Historismus-x in
Kunstgeschichte eingegangen ist.