lMörbisch, Bgld. Luftaufnahme des Ortskernes. Im Vordergrund rechts die katholische Kirche, links daran anschließend das bis zu einem schma- len, senkredit verlaufenden Fahrweg reichende Planungsgebiet. 2 Mörbisch, Bgld., sag. Hof asse. 3 Mörbisdi, Bgld. Überda te Stiegenaufgönge in einer Hofgasse, dat. 1863 (Hauptstraße 121-123). 4Mörbisch, Bgld. Fassadenabwicklung des Pla- nungsgebietes. und aus eigener Anschauung Einsichten erlan- gen, die ihnen sonst kaum zugänglich wären. Diese Bestrebungen erfreuen sich des fördernden Interesses der Bundes- und Landesstellen. im eigenen Wirkungsbereich hat die Landes- regierung Schloß Esterhazy in Eisenstadt, ge- meinsam mit dem Bundesministerium für Wissen- schaft und Forschung die Schlösser Halbturn und Kiltsee restauriert und für kulturelle Einrichtun- gen nutzbar gemacht. Ebenfalls dem Zusammen- wirken van Bundes- und Landesinstanzen ist die Errichtung des Freilichtmuseums siidburgenländi- scher Holzbauten in Bad Tatzmannsdorf und die Rettung des einmaligen Kellerviertels von Heili- genbrunn zu danken. Die Aufzählung wäre mangelhaft, enthielte sie nicht wenigstens einige wichtige Kirchenrestau- rierungen, wie Frauenkirchen, Jois, Eisenstadt- Oberberg, Donnerskirchen, Draßburg, Ritzing, Eberau und Gaas-Maria Weinberg im katholi- schen, Oberschützen und Stadtschlaining im evangelischen Bereich. ln gleicher Weise wie den Einzeldenkmälern galt die Obsarge der mit dem Denkmalschutz befaßten Organe auch den alten Bauensembles. Hier waren allerdings nur Teilerfolge zu erzie- len, und zwar gelang es, dort einen wirkungs- vollen Ensembleschutz zu praktizieren, wo man es, wie in Eisenstadt, Rust oder Stadtschlaining, mit kleinstädtischen, aus mehr oder weniger re- präsentativen Bürgerhäusern zusammengesetzten Ensembles zu tun hatte. Der Kampf um das bur- genländische Darf hingegen wurde verloren, mußte verlorengehen, weil es hier um Probleme Zu den aufgezählten Fakten kommt aber noch als gravierendstes Element die innere Einstellung der Dorfbewohner zu den alten Höusern: Die weißgekalkten Dreiecksgiebel, die den burgen- löndischen Ortschaften ihr eigentümliches Ge- präge geben, sind für die Menschen, die hier leben, einfach keine Augenweide, sondern sie sind die Sinnbilder einer tristen Vergangenheit, die zu überwinden man alle Anstrengungen un- ternommen hat. Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, wieviel Armut und Not hier geherrscht haben ',wieschwer es in früheren Zeitenwar, bloß die Sicherung der nackten Existenz zu erlangen. Die Auswandererzahlen aus der Zeit vor und nach dem ersten Weltkrieg sprechen eine deut- liche Sprache, und noch heute ist der burgen- ländische „Pendler" der Beweis dafür, daß selbst in Zeiten der Hochkoniunktur das Land seine Kinder nicht ernähren kann. Sobald die Men- schen aber die Armut bezwungen und den so- zialen und wirtschaftlichen Aufstieg geschafft haben, wollen sie auch die äußeren Merkzeichen des früheren Lebensniveaus, die niedrigen, muf- figen, unpraktischen Häuser beseitigen. Kann man ihnen das verübeln? Daß die entstehenden Neubauten nur selten guten Geschmack verraten, steht auf einem an- deren Blatt. Die Ursachen sind leicht durch- schaubar: Sie liegen in einer Baugesinnung, die ihre Ideale in den Wohnanlagen der neuen Wiener Satellitenstddte in Kagran, Kaiserebers- dort und Stadlau sieht, in einer Baupraxis des „Do-it-yourself", in welcher irgendein Baumeister bloß seinen Stempel auf den selbstfabrizierten xA-muuscus MORCME "n: m: 455 MAUS m: aus: PARK m1 451- HAUS m: um "zu m: 41m um; m1 u}; u! um um nun "u; NR u: um: um 414D uAus NR 54 um w 411 Anmerkungen 1-2 'Vgl. dazu die iüngst erschienenen Aufzeidtnungen eines Lnnclarztes über die wirtschaftlichen, sozialen und hy- gienischen Verhältnisse im Seewinkel in den ersten Jahr- zehnten unseres Jahrhunderts u. Egermann, Die Ge- schichte der Marktgemeinde lllmitz, Eisenstadt 1974). 7A. Schmeller, Das Bur enland. Seine Kunstwerke, hi- storischen Lebens- und iedlungsformen, Salzburg 1965. ging, die weder mit Idealismus noch mit viel Geld zu bewältigen waren. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, sollen hier kurz iene Gegebenheiten dargelegt werden, die ieden Versuch zur Bewahrung der charakteristi- schen Dorflandschaft des Burgenlandes von vorn- herein zum Scheitern verurteilen mußten: Die altüberlieferten Baulichkeiten sind für die modernen wirtschaftlichen Erfordernisse, vor allem für die Aufnahme maschineller Einrich- tungen, viel zu gering dimensioniert. Die innere Organisation der dominierenden Hoftype, des Streck- bzw. Hakenhofes, eine stereotype, längsgerichtete Aneinanderreihung bestimmter Räumlichkeiten, erschwert den Ein- bau sanitärer Einrichtungen und steht somit der Erzielung eines höheren Wohnkomforts entgegen. Die verwendeten Baumaterialien sind von min- derwertiger Qualität, wodurch die Lebens- dauer der Gebäude verkürzt ist bzw. ein höherer Erhaltungsaufwand entsteht. Der Wohnwert ist durch primitive Fußböden, feuchte Wände, kleine Fenster und niedrig liegende Decken stark herobgemindert. Einreichplon für die Baubehörde drüdd, in der Überschwemmung der Dörfer mit billigen Mas- senprodukten der Baustoffindustrie, umgekehrt aber auch in der naiven Meinung besser situier- ter „Häuselbauer", alles, was teuer ist, müsse auch eo ipso „schön" sein. Bei den Vorarbeiten für sein Burgenland-Buch hat A. Schmeller anfangs der sechziger Jahre noch rund 150 interessante dörfliche Ensembles registriert 2. Es läßt sich nicht verschweigen, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur noch Rudi- mente davon vorhanden sind. Wenn trotzdem noch immer von einer „Rettung der burgenlän- dischen Dörfer" gesprochen wird, so zeugt das lediglich von Unkenntnis der Sachlage und un- belehrbarem lllusionismus. Worum es heute geht, ist der Versuch, neben ein paar markanten Ein- zelobiekten die eine oder andere Häusergruppe - wenigstens in ihrer überlieferten äußeren Er- scheinungsform - zu bewahren, wenn schon in der Innengestaltung im Interesse der Revitalisie- rung Konzessionen an selbstverständliche Erfor- dernisse einer zeitgemäßen Wohnkultur gemacht werden müssen. Hier weist nun das „Projekt Mörbisch" einen, wie es scheint, gangbaren Weg. 37