LUDWIG WELTI
Zur Tätigkeit van Anton Maulbertsrb dem Älteren
Am 31. August 1709 ist in das Taufbuch der Pfarrkirche von Lustenau
am Rhein in Vorarlberg, damals noch reichsfreier Reichshof unter
den Grafen von Hohenems, „D.(ominus) Antonius Maulbertsch pictor
de Schramberg, Hercinia silva", als stellvertretender Taufpate ein-
getragen.
Am 13. Juli dieses Jahres fand es Pfarrer Matthias Hemmerlin (T 1721)
der Mühe wert, bei der Taufe einer Maria Fitz, bei der dieser Maler
auch schon als Pate fungierte, erklärend zu bemerken: „nam usque
modo laboravit ab anno 1708, 6. Juni, in Fassung des Hohen Altars."
Pfarrer Franz Josef Rosenlächter (1- 1835) vermochte in der von ihm
geschriebenen Lustenauer Pfarrchronik die auf dem 1708 gemalten
Hochaltarblatt neben einem Wappen angebracht gewesenen Anfangs-
buchstaben „M. F. G. z. H. E." nicht zu enträtseln, weder Stifter noch
Maler des Blattes anzugeben. Die Buchstaben deuten auf Gräfin Maria
Franziska von Hohenems (1 1726) als Stifterin des von Anton Maul-
bertsch gemalten Hochaltarbildes hin. Dieses Hochaltarblatt wurde
samt dem barocken, vergoldeten Hochaltar nach dem Neubau der
Pfarrkirche 1830 (nach den Plänen des Suezkanalplaners Alois Maria
Negrelli) entfernt und verschleudert.
Anton Maulbertsch faßte auch die Seitenaltäre und malte das Orgelhaus
der Lustenauer Kirche zur allgemeinen Zufriedenheit so gut aus, daß
er 1721 einen Auftrag zur weiteren Ausmalung der vielleicht von
Michael Kuen aus Bregenz erbauten, 1677 eingeweihten Dorfkirche!
erhielt.
Gräfin Maria Anna Margaretha, eine geborene Thurn aus Schloß
Wartegg bei Rorschach, die zweite Gemahlin des Grafen Franz Rudolf
von Hohenems (1- 1756), trat jedoch für den seit 1695 in der Hohenemser
Dompropsteigasse wohnenden Maler Michel Walser ein, der in ihrem
Auftrage das Hochaltarblatt, einen in die Hohenemser Kulturlandschaft
gestellten St. Sebastian, in der Friedhofkirche in Hohenems gemalt
hatte. Sie gab ihm einen Empfehlungsbrief an den neuen Pfarrer
Georg l-lämmerle mit. Dessen Onkel, Pfarrer Matthias Hemmerlin
selig, hatte jedoch im Einvernehmen mit Hofammann Johannes
Hollenstein bereits einen Akkord mit dem wohl von Kaplan Jodok
Greussing in Langenargen (einem Bruder des Lustenauer Frühmessets)
empfohlenen Anton Maulbertsch getroffen. Pfarrer Georg Hammerle
zweifelte nicht an der Kunstfertigkeit Walsers. Er war überzeugt, daß
er sehr wohl Satisfaktion geben würde. Er teilte jedoch dem Rent-
meister Karrenführer am 8. September 1721 mit, daß sich die Mehrheit
des Kirchenvolkes bei einer Abstimmung für Maulbertsch entschieden
habe. Es habe kategorisch erklärt, daß es keinen Kreuzer von den bei
einer Haussammlung versprochenen 50 fl. geben würde, falls nicht
der ihm bekannte, verdiente Maler Antonio den vereinbarten Auftrag
ausführen könne, nämlich mit besten kölnischen Kreiden, bestem
Leim und Öl, auch mit wahrhaften Grünspan-Schmaltenl und anderen
Farben, in der Art und Weise, wie bereits mit einer vor etlichen Jahren
angefertigten Tafell der Anfang gemacht worden sei.
Der Pfarrer bat die Herrschaft, zur Vermeidung von Mißverständnissen
seine Pfarrgemeinde in ihrem Vorhaben, die Ehre Gottes und seines
Hauses zu befördern, zu unterstützen und die vorgebrachten Gründe
zu würdigen. Es gab auch Leute, wie den Richter Johann Bösch, die
in dieser Streitfrage kein Votum abgaben, weil es ihnen gleichgültig
war, wem man die Malereien überlassen wolle.
Ob die in diesem Jahre von verschiedenen Guttatern gestifteten
großen, die 12 Apostel darstellenden, heute nicht mehr vorhandenen
Gemälde auch noch von Anton Maulbertsch gemalt wurden, entzieht
sich mangels näherer Angaben unserer Kenntnis.
Nach den von Pfarrvikar Otto Beck in Schramberg (nun in Aulendorf)
angestellten Stammbaumforschungen ist unser Antonius Maulbertsch
am 11. April 1684 in Schramberg im Schwarzwald getauft als Sohn
des am 12. Oktober 1647 geborenen Michael Maulbertsch und der ihm
am 18. Jänner 1670 angetrauten Katharina Zinggelin.
Michaels am 12. Oktober 1670 verstorbener Vater Jakob Maulbertsch
ist bereits am 18. Mai 1646 im Schramberger Taufbuch als Vater eines
Sohnes Johannes eingetragen, den ihm seine Frau Anna Stollin ge-
boren hatte.
Wie aus einer von Radio Vorarlberg unlängst ausgestrahlten Reportage,
einem von Vikar O. Beck mit Herrn Haigis, einem eifrigen Lokal-
forscher in Schramberg, geführten Zwiegespräch hervorgeht, dürften
die sonst in der Schramberger Gegend nicht weiter zurückverfolgbaren
Maulbertsch im Dienste des Obersten Johann Friedrich von Bissingen
nach Schramberg gekommen sein.
Dieser tapfere Haudegen warb im Dreißigjährigen Kriege auf eigene
Kosten eine Reiterkompanie an und zeichnete sich durch seine Tapfer-
keit so aus, daß ihm Kaiser Ferdinand III. gestattete, die Anfangs-
buchstaben des „Allerhöchsten Namens" in sein Wappen aufzunehmen,
und ihn 1647 in den Reichsfreiherrnstand erhob. Er war Oberst und
Vizerichter des kaiserlichen Hofgerichts in Rottweil und vermählte
sich 1646 mit Kunigunde Katharina von Nippenburg, der Erbtochter
eines alten württembergischen Adelsgeschlechtes.
Da die von Bissingen aus der Gegend von Meißen stammten und
auch in Böhmen blühten, wäre es möglich, daß der im Dienste des
Obersten Joh. Friedrich gestandene erste Schramberger Jakob Maul-
bertsch aus Sachsen oder Böhmen in den Schwarzwald gezogen sein
könnte.
Die seit 1583 vorderösterreichische Herrschaft Schramberg wurde
allerdings erst 1696 von den Bissingen-Nippenburg gekauft, die 1747
in den Grafenstand erhoben wurden und sich dann auch als öster-
reichische Gouverneure von Tirol und Vorarlberg von 1797 bis 1802, von
1815 bis 1819 und von 1848 bis 1855 verdient gemacht haben.
Es wäre durchaus möglich, daß aus dem in Schloß Hohenstein bei
Dietingen, nordöstlich von Rottweil, verwahrten Archiv der gräf-
lichen Familie von Bissingen-Nippenburg noch weitere Anhaltspunkte
über die Herkunft der Maulbertsch gewonnen werden könnten.
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