322 Die Einzelhöfe sind demnach eben auch nur von müßiger Ausdehnung und nur im Marchfelde und in den angrenzenden Gegenden finden sich Höfe, welche an die großen Wirthschaften erinnern, aus denen der sehr stark entwickelte Großgrundbesitz des benachbarten Ungarn zumeist besteht. Gewiß ist ein so spärlicher Großgrundbesitz mit Ursache, daß die mit der Landwirthschaft verbundenen technischen Gewerbe, welche in Böhmen, Mähren und Ungarn eine so bedeutende Rolle spielen, in Niederösterreich nur selten Vorkommen, denn die drei Zuckerfabriken und die wenigen größeren Brennereien, zumeist Preßhefefabriken, verschwinden im Vergleiche mit jenen der benachbarten Länder. Man kann nicht leugnen, daß sowohl der kleine als der Großgrundbesitz in Nieder österreich an einer gewissen Zersplitterung leiden, denn auf einen Wirthschaftscomplex des Kleinbesitzes kommen im Durchschnitt des Landes nur 6 Hektar, die eigentlichen Bauern- wirthschaften umfassen im Gebirgslande gewöhnlich zwischen 30 bis 80, mitunter aber auch namhaft mehr, in den übrigen Landestheilen 20 bis 60 Hektar. Zieht man noch die große Parcellenzahl und den Umstand in Betracht, daß nur in 1.300 Gemeinden das Hofsystem mit besserer Arrondirung, in 1.870 Gemeinden dagegen das alte Dorfsystem herrscht, so ist es klar, daß in diesen letzteren die Zersplitterung in noch viel höherem Grade auftreten muß, als die Durchschnittszahlen andeuten. Hoffentlich wird unter dem Schutze der Agrargesetzgebung und mit der Initiative der Landwirthe diese unwirth- schaftliche Gestalt der Landgüter allinälig beseitigt werden. Im Allgemeinen besitzt Niederösterreich, abgesehen von einigen Strecken, wie der Marchfeldflugsand, das Steinfeld und dergleichen, ziemlich günstige Bodenverhältnisse. Durch den Ertrag des Roggens, welcher nebst Hafer die Hauptfrucht ist, läßt sich die gegen wärtige Fruchtbarkeit des Landes andeuten: 11 Metercentner Körner für ein Hektar, wohl mehr als in dem benachbarten Ungarn, immer aber ein mäßiger Ertrag. Mäßig ist aber auch die Stufe der landwirthschastlichen Cultur. Viele Ländereien bedürfen der Entwässerung, andere der Bewässerung und namentlich das Marchfeld am Ufer der Donau vor den Thoren der Hauptstadt schmachtet nach dem befruchtenden Naß. Künstliche Dünger sind wenig in Gebrauch, die Fäcalien der Hauptstadt fließen in die Donau, ja selbst der Behandlung des Stallmistes und der Jauche aus den Kleingütern kann vielfach ein Vorwurf nicht erspart bleiben. Zahlreiche Hutweiden mit besserem Boden würden als Äcker mehr produciren. Und der Acker selbst! Im Wiener Becken und Manhartgebiete liegen noch gegenwärtig alljährlich 19 Procent des Ackers in müßiger Brache, im Hügel lande 15, in den Alpen 12, im Berggebiet des Wienerwaldes 8 Procent. Dreifelder- wirthschaft mit theilweise bebauter Brache ist denn das weitaus herrschende Ackerbausystem, daneben zwei-, vierfeldrige und freie Körnerwirthschaft, zerstreut namentlich ans Groß gütern die Fruchtwechselwirthschaft, endlich im Gebiete der Alpen und des Manhart die