89 bestimme und ihm schon jetzt die nöthigen Vollmachten ertheile, um mit den Ungarn und niit den Türken zu unterhandeln. Rudolf war indessen anfangs nur in letzterer Hinsicht zu Zugeständnissen zu bewegen; er ertheilte seinem Bruder die verlangten Vollmachten und ernannte ihn zu seinem Statthalter in Ungarn. Als er aber sodann Schwierigkeiten gegen das Friedenswerk erhob, dessen Zustandekommen die Verhältnisse dringend zu gebieten schienen, traten, wie bereits zuvor in Linz, die Mitglieder des Hauses zu einem zweiten Familienrath zu Wien zusammen, als dessen Ergebniß der berühmte Vertrag vom 25. April 1606 zu betrachten ist. In diesem anfangs geheim gehaltenen Vertrage erklärten die Erzherzoge gemeinschaftlich, daß sie angesichts des beweinenswerthen Zustandes ihrer Länder und der Krankheit des Kaisers, wenn auch von ungeheurem Schmerz bewegt, nach reiflicher Überlegung kein anderes Auskunftsmittel gefunden hätten, als kraft der bestehenden Familienverträge und der Hausgesetze Matthias als den Erstgebornen zum Haupt und zur Stütze des Hauses im eigenen und aller übrigen minderjährigen Erzherzoge Namen zu erwählen, ihn mit Wort und That zu unterstützen und, wenn es aus gleicher Ursache zur Kaiserwahl kommen sollte, ihm mit allen ihren Kräften zu dieser Würde zu verhelfen. So konnte denn Matthias mit den Ungarn zu Wien, mit den Türken zu Zsitva Torok Frieden schließen. Da aber der Antagonismus zwischen Rudolf und Matthias sich nicht verminderte, so führte „der Bruderzwist in Habsburg" zu einem Kriege, in welchem Rudolf eine Krone nach der anderen vom Haupte fiel. Die Stände von Ungarn, Mähren und Österreich verbanden sich mit Matthias, welcher mit einem Heere vor Prag erschien und Rudolf zwang, ihm diese Länder abzutreten. Um wenigstens in Böhmen die aufgeregten Gemüther zu beschwichtigen, erließ Rudolf zu Gunsten der Protestanten den sogenannten Majestütsbrief. Zugleich machte er den Versuch, mit Hilfe seines Vetters, des jugendlichen Erzherzogs Leopold, Bischofs von Passau, die verlorenen Länder wieder zu gewinnen. Doch umsonst. Vielmehr müßte das von Leopold gesammelte „Passauer Kriegsvolk", nachdem es unter furchtbaren Verheerungen bis Prag gekommen war und die Kleinseite zwar erstürmt, dagegen die Alt- und Neustadt vergeblich angegriffen hatte, sich vor dem nahenden Entsatzheere des Königs Matthias zurückziehen und Rudolf nunmehr auch Böhmen seinem Bruder überlassen. Von dieser Schmach und der drohenden Gefahr, auch die deutsche Krone an seinen Bruder einzubüßen, befreite den Kaiser Rudolf sein bald darnach erfolgter Tod. Die Kurfürsten hatten anfangs vor, bei der neuen Kaiserwahl, welche Rudolfs Geisteszustand, sodann sein Tod nöthig machte, das Haus Habsburg zu übergehen. Da aber von den anderen Fürstenhäusern, welche zu diesem Zwecke in Betracht kommen konnten, keines fähig oder willig war, die Kaiserkrone zu tragen, so einigte man sich endlich doch zur Wahl des Erzherzogs Matthias zum Kaiser.