70 gründen ungarische Aristokraten und Pester Capitalisten die erste ungarische Versicherungs gesellschaft und das ungarische Bodencreditinstitut. In den Fünfziger-Jahren wurden viele Straßen regulirt, kanalisirt und gepflastert und in Pest die Gasbeleuchtung ein geführt. Damals kam der Omnibus und der einspännige Miethwagen in Mode. Nicht minder bedeutend war der Fortschritt des öffentlichen Unterrichts, unter andern entstanden die Oberrealschule und die Handelsakademie. Der Gemeingeist machte sich zur Zeit des Absolutismus unter der Asche der noth- gedrungenen Ruhe intensiver geltend als jemals. Die Verfassung, die Freiheit ei schien nun Jedermann als das gelobte Land; auf socialem Boden aber begannen die zur Uneinigkeit, zu Geringschätzung oder Haß gegen einander neigenden Nassen sich an das Zusammenstehcn, an Eintracht zu gewöhnen. In der That hörte damals der Unterschied zwischen Conservativ und Liberal, zwischen Grundbesitzer und Bürger, Katholiken, Protestanten und Juden, ja sogar zwischen dem Fußgänger und Magnaten auf. Die adeligen Titel verschwanden. Mau sagte „Herr Baron" und „Herr Graf". Als in den Jahren 1860 bis 1861 das Verfasfungsleben für kurze Zeit erwachte, brach die öffentliche Meinung in Pest und dann im Lande mit elementarer Gewalt durch die geöffneten Ventile. Selbst die ungarische Tracht wurde von Pest aus — das zwanzig Jahre früher eine deutsche Stadt gewesen — zur Landesmode gemacht. Auch der politische Mittelpunkt war Pest. Obgleich die Regierung in Wien saß, befand sich das Hauptquartier der ungarischen Politik in Pest, in zwei Stuben der „Königin von England". Von allen Ecken und Enden des Landes pilgerte jeder Mann von irgend welcher Bedeutung dorthin, zu Franz Deäk und meldete ihm, was daheim „bei uns" vorgesallcn. Niemand kannte die Stimmung des Landes besser als er. Die Leute aus der Provinz aber holten sich bei ihm die Richtung und immer weifen Rath. Der Fortschritt der Hauptstadt war auch vor 1867, aus eigener Kraft, ein ununter brochener. Der Verkehr hob sich immerfort. Jetzt entstehen auch die Pferdebahnlinien. Die besonders seit den Fünfziger-Jahren sehr beliebte Aristokratie verbrachte den Winter immer häufiger in Pest und ließ sich dort seit den Sechziger-Bahren auch schon Paläße bauen. Erzherzog Josef zauberte die Margaretheninfel durch ihr neues Bad zur unvergleichlichen Perle der ganzen Donau um. Seit 1867 potenziren sich Fortschritt und Entwicklung. In diesem Jahre wird die Verfassung, wird der selbständige ungarische Staat wicderhergestellt. Jetzt erst wurde Pest wirklich der ständige Sitz des Reichstages, wie es dies vor 1526 gewesen. Gleichzeitig wurde es auch Krönungsort des Königs und der Königin. Unser gekrönte König Franz Joseph I. eröffuete im Jahre 1867 eine glorreiche Epoche für Budapest, und das Ofner Schloß wurde neuerdings Königsburg, nach einer