43 Gestalt neu aufbauen. Das spitzbogige Hauptportast nebst dem großen Fenster darüber, ist vom XV. Jahrhundert, das Gewölbe der Vorhalle vom Jahre 1737. Die schwarzen Linien zeigen die ursprüngliche Anlage. Ans dieser und den Details des Aufbaues stellt sich die Phantasie unschwer den ursprünglichen Zustand her, und was etwa fehlt, ist im Wege der Folgerung zu errathen. Demnach war die Kathedralkirche von Karlsburg eine spätromanische Pfeilerbasilika mit drei Langschiffen und einem Querschisf und drei halbkreisförmigen Apsiden als Abschluß. Auch den Verhältnissen nach gehörte sie zu den bedeutenderen; das Mittelschiff sammt Chor war etwa 59 Meter lang, die Breite der drei Schiffe betrug 23 Meter. An Reichthum der Anordnung, besonders aber an Kunst der Raumbildung übertras sie alle gleichzeitigen Kirchen in Ungarn. Diese nämlich waren, so weit bekannt, einfache Lang bauten, während die zu Karlsburg ein Querschiff hat, dessen Länge (33 Meter) dem aus drei Quadraten bestehenden Mittelschiff nahezu gleichkommt, so daß ihr Kreuzungs quadrat annähernd ihren Mittelpunkt bildet. Dadurch erscheint das Innere der Kirche geräumiger, freier, übersichtlicher. Den Abmessungen des Raumes in die Länge und Breite entspricht die Höhe (18 Meter) des Kreuzgewölbes, das einen stumpfen Spitzbogen bildet. Die Harmonie dieser drei Dimensionen ergibt eine ruhige, würdevolle Wirkung, die noch dadurch gesteigert wird, daß die constructiven Hauptbestandtheile, namentlich die abwechselnd niedrigeren und schlankeren, oder höheren und dickeren Pfeiler, sowie die Gurten kräftig gebildet und durch mächtige Halbsäulenschäfte gegliedert sind. Durch die höheren Fenster der Seitenwände fällt reichliches Licht in das Mittelschiff ein, während die Seitenschiffe wegen ihrer kleineren Fenster mit Dämmerung erfüllt sind. Die innere Raumgliederung ist am Äußeren des Gebäudes ersichtlich gemacht. Ein etwa drei Meter hoher Mauerrest unter dem Dachstuhl läßt erkennen, daß sich über der Vierung einst ein achteckiger, vielleicht ganz gemauerter Thurm, beziehungsweise Kuppel, erhob. Da aber auch die Vierung eingewölbt war, sandten die Fenster des Thurmes kein Licht in das Innere der Kirche, die Vierung war also nicht zugleich der Mittelpunkt des Lichtes. Diesem Mangel wurde jedoch einigermaßen durch das mächtige Radfenster abgeholfen, dessen Spur an der südlichen Giebelwand des Querschiffes noch jetzt zu erkennen ist. Das zugemauerte Südthor ist noch wohlerhalten; seine architektonische Gliederung ist correct und schön; das Ornament, das die Säulenschäfte und Wülste seiner Laibung dicht bedeckt, hat viel Ähnlichkeit mit dem Bandgeflecht der Völkerwanderungszeit; im Bogenfelde zeigt ein Relief Christus, die Apostel Peter und Johannes und hinter diesen beiden einen auffliegenden Phönix. Auch das Bogenfeld gegen das Innere des Schiffes hin ist mit einem Relief ausgefüllt, das aber von anderswo hiehergelangt sein mag, da es von ganz byzantinischem Charakter ist; es zeigt den thronenden Christus zwischen zwei