254 Aber nicht ihr hoher Kunstwerth verleiht ihr ihren eigentlichen Ruhm, sondern das Ansehen, in dem sie als Stätte frommen Gebetes bei dem Landvolke in der ganzen Umgebung Agrams steht. Wenn der Bauer, der oft viele Stunden weit gewandert ist, an dieser ehrwürdigen und durch die Überlieferung geheiligten Stelle seine Andacht verrichtet hat, erst dann hat sein Sonn- und Feiertag die richtige Weihe empfangen. Nach abgethanen Geschäften strömt das Landvolk schaarenweise zum 8v. Lralj (heiligen König), und die farbenreichen Trachten füllen den weiten Raum des mächtigen Gotteshauses bis in den fernsten Winkel. Um die Kirche gruppirt sich der Kaptol mit den Curien des erzbischöflichen Capitels und der erz- bischöflichen Residenz, und dies ist mit Gric der alte Kern, aus dem sich das heutige Agram entwickelt hat. Noch umgeben hohe Thürme und alte Festungsmauern den Dom und den lauschigen Winkel des erzbischöflichen Gartens, unter dessen hundertjährigen Prachtbäumen die jungen Theologen Erholung von ihren Studien finden. Einst befand sich hier ein großer sumpfiger Teich, und Bischof Alagovic war es, der ihn in die Gartenanlage verwandelte. Vor der Domkirche und den festungsartigen Bauwerken, die sie im Viereck umgürten, befindet sich der Capitelplatz, dessen schönste Zierde die Statue der Muttergvttes bildet. Aus einem Brunnenbecken erhebt sich eine schlanke Marmorsäule, welche die überlebensgroße, vergoldete Gestalt der gnaden reichen Muttergvttes trügt. Das Bildniß der heiligen Maria wurde von Fernkorn in der k. k. Erzgießerei in Wien ausgeführt, die vier allegorischen Gruppen zu ihren Füßen von Professor Pönninger, Fernkorns Nachfolger, in ausgezeichneter Weise durchgeführt, die Säule und ganze Anordnung des Monumentalbrunnens ist vom Dombaumeister Friedrich Schmidt. Das etwa 10 Meter hohe Kunstwerk zählt zu den schönsten Zierden Agrams. Am Capitel hoben sich noch manche Reste des alten Agram erhalten. Die Domkirche selbst Der israelitische Tempel in Agram.