511 zählende Reischdorf (im Erzgebirge) und Marschendorf im Riesengebirge die Bevölkerungs zahl so mancher Kleinstadt. Warnsdorf zum Beispiel, die nun mit ihren 18.476 Einwohnern bereits die elfte Stelle unter den Städten Böhmens einnehmende Industriestadt, ist erst in den letzten Jahrzehnten aus einer Anzahl solcher Dorfschaften entstanden. Die Anlage der Städte in Deutschböhmen fußt zumeist auf dem sogenannten Ringsysteme. Wo es die Bodengestaltung nur einigermaßen zuließ, finden sich stattliche Ringplätze (wie in Eger, Falkenau, Kaaden, Saaz, Preßnitz, Komotan, Brüx (drei Ringes, Görkau, Dux, Bilin, Leitmeritz, Aussig, Leipa, Tetschen, Rum burg, Reichenberg, Trautenau, Arnau, Budweis), die trotz ihrer Benennung von recht- oder viereckiger Form sind, mit hochgiebligen schmucken, oft auch architektonisch hervorragenden Bürgerhäusern und den charakteristischen „Vorlauben"-Gängen, die stellenweise den größten Theil der Ringplätze umsäumen und dem Stadtbilde, wie zum Beispiel besonders in Arnau, ein ganz individuelles Gepräge geben. Im Flachland herrscht seit einem Jahrhundert bereits fast allgemein der Steinban nahezu ausschließlich vor, der sowohl im Stil der ansehnlicheren Bürger- und Geschlechtshäuser, wie in den Junkerschen und Schirndingerschen, den Typen reicherer Patrizierhüuser, dem Altrathhause und der interessanten sogenannten Stöckelgruppe in Eger eine ausgeprägt deutsche Eigenart bekundet und sich in manchem Baudenkmal, wie in der gothischen Domkirche zu Eger, dem Rathhaus und Spitzthurm in Kaaden, den Stadtkirchen in Saaz, Komotau, Brüx, Hohenelbe, dem einstigen Altrathhaus in Brüx (deutsche Frührenaissauce), dem Kelchhaus in Leitmeritz, dem Rathhaus in Reichenberg und vielen anderen zu bemerkens- werthen architektonisch oder durch besondere Eigenart hervorragenden Leistungen empor geschwungen hat. Zumeist ganz moderne, vorherrschend großstädtische Anlagen und Formen weisen die berühmten Curstädte Deutschböhmens: Karlsbad, Teplitz, Marienbad, Franzensbad und Johannisbad (Riesengebirge) auf, die infolge ihrer vielen internationalen Gäste und Verkehrsbeziehungen über den eigentlichen Volks- und landesüblichen Architektur charakter ihrer Umgebung in den letzten Jahrzehnten jäh hinausgewachsen sind. Was die Wohnstätten der Masse des Volkes, der Landbevölkerung Deutschböhmens betrifft, so folgt die Hof- und Hausanlage in der Regel dem in Deutschland und Mittel europa überhaupt am weitesten verbreiteten fränkischen Typus, wie er sich am Rhein, in Mittel- und Süddeutschland, in Schlesien, in Steiermark und bis nach Siebenbürgen hin vorfindet. Im Flachlande und in den Flußthälern, wo die Ebene sich weitet und die Fruchtfülle ebenso ins Breitere und Reichere drängt als der behaglichere Sinn der Bewohner, herrscht die fränkische Anlage mit ihrem Gevierthof und der selbständigen Ausgliederung in Haupthaus und Nebengebäuden (Ställen, Speichern, Schupfen, Scheunen u. s. w.) fast ausschließlich vor. In den Gebirgsgegenden und in den ärmeren