IM Die deutsche Literatur bis zum Lude des dreißigjährigen Krieges. Cosmas, der ehrwürdige Geschichtschreiber Böhmens, berichtet von dem Einzüge Dietmars, des ersten Bischofs von Prag, daß die Geistlichen das "beäsrnn anstimmten, der Herzog aber und die Vornehmen den Gesang erhoben: Olirist ans ^snacko, Xxrio eleison, nirck äie UeiilZsii alle Nelken uns, L^rie eleison, während die Geringeren und Ungelehrten nur LMO eleison riefen. Das war im Jahre 973; es ist die älteste Nachricht von deutschem Gesang in Böhmen. Die Geistlichen haben im XI. und XII. Jahrhundert allenthalben in deutschen Landen eine Fülle mannigfacher religiöser Dichtungen geschaffen, in Böhmen verlautet nichts von solcher Thätigkeit, kaum geben ein paar kleine Bruchstücke von Handschriften in den Klöstern davon Zeugniß, daß die Dichtungen dieser Zeit auch hier bekannt waren. Und doch wurden namentlich im XU. Jahrhundert zahlreiche Klöster in Böhmen gegründet und von deutschen Mönchen bewohnt. Mag sein, daß diese hier zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt waren, als daß sie sich der Pflege der Dichtkunst hätten widmen können, mag sein auch, daß manches derartige Werk verloren ging. Die kostbarsten Schätze der Büchereien der Klöster und meist auch die Klöster selbst sind in Böhmen in den Husiten- stürmen und später im dreißigjährigen Kriege vernichtet worden, und es ist ein bloßer Zufall, daß uns wenigstens die Dichtung eines Klostergeistlichen, freilich erst aus dem XIV. Jahrhundert, erhalten ist: ein Lobgedicht ans die Jungfrau Maria von einem grauen Mönch (das ist: von einem Cistercienser) aus Pomnk, der sein Gedicht selbst „das Blümel" genannt hat. Die geistliche Dichtung des XII. Jahrhunderts wurde in Schatten gestellt durch den Glanz der neuen weltlichen, vorwiegend ritterlichen Poesie. Wandernde Sänger errangen die größte Beliebtheit, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß der gefeiertste Spruchdichter dieser Zeit, Spervogel, einem bürgerlichen Geschlecht in Eger entstammt. Am königlichen Hofe der Premysliden kamen ritterliche Gebräuche und Sitten erst im XIII. Jahrhundert auf. Es wird berichtet, daß König Wenzel I. zuerst das Turnier einführte und an seinem Hofe finden wir auch zuerst einen deutschen Dichter in längerem Aufenthalt: Reinmar von Zweter, den besten unter den Nachfolgern Walthers von der Vogelweide auf dem Gebiete der Spruchdichtung. Ausdrücklich sagt uns Reinmar, er sei am Rhein geboren und mehr des Königs als des Landes wegen nach Böhmen gekommen, beide seien gut, das Land und der Herr, aber Niemand als dieser selbst wisse ihn zu würdigen. Er blieb etwa sechs Jahre in Böhmen und zog um 1241 wieder weiter. Länger noch scheint sich hier Meister Sigeher aufgehalten zu haben; er preist Wenzel I. wegen seiner Freigebigkeit, er preist aber auch Ottokar II. Wiederholt vergleicht er ihn mit