139 protestantischen Schul- und Pfarrherren gewesen: diese wurden jetzt aus dem Lande ver trieben. Eine ganze Anzahl von Dichtern des XVII. Jahrhunderts, die in Böhmen geboren waren, wirkten im Ausland, ein Sigmund von Birken (Betulins) und sein Bruder Christian aus Wildstein, Erasmus Winter aus Joachimsthal, Christian Keimann aus Pankraz u. A. Aus der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts wüßte ich neben dem gelehrten Dom propst Georg Barthold Pontanus von Breitenberg (f 1616) nur zwei deutsche Dichter in Böhmen namhaft zu machen. Theobald Höck, seit 1601 Secretür des letzten Rosen bergers, ließ ein „Schönes Blnmenfeld" recht schwerfälliger zum Lesen bestimmter „Lieder" drucken und Joh. Bretislav Mislick Freiherr von Hirschhof zeigt sich in einigen an Rist gerichteten Gelegenheitsgedichten als gewandter Schäferdichter. Immerhin lassen auch diese beiden die veränderte Art der Literatur des neuen Jahrhunderts erkennen. Dis deutsche Literatur seit dem dreißigjährigen Krieg. Kein Gebiet des heiligen römischen Reiches hat durch den großen Religionskrieg in der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts mehr gelitten als Böhmen. In Böhmen war der verheerende Brand ausgebrochen, loderte stärker oder schwächer die vollen drei Jahrzehnte des Krieges hindurch, ließ auf lange, lange Jahre hinaus seine Trümmer- stütten zurück. War fast das ganze Gebiet deutscher Zunge einer Erschöpfung anheimgefallen, aus der sich erst gegen Ende des Jahrhunderts der Muth zu geistigem Schaffen allmälig emporrang, so lag vollends ans Böhmen das große Schweigen eines Kirchhofs. Die einzige Macht, in deren Bereiche es ein geistiges Leben gab, war um jene Zeit die herrschende Kirche. Ihr waren alle Schulen des Landes unterworfen und in ihrem Bereiche fanden bildende Kunst und Musik den Raum zu einer Entwicklung innerhalb bestimmter Schranken. Die deutsche Dichtung aber lag in Böhmen fast ein volles Jahrhundert darnieder. Kein Hauch der geistigen Bewegung, die um die Wende des Jahrhunderts sich in Sachsen und Schlesien erhob, drang über die böhmischen Gebirge herüber. Vergebens lauscht der Geschichtsschreiber in Böhmen,auf ein Echo der deutschen Poesie, die sich in den Tagen des Leibnitz und Thomasius philosophischer Gedanken bemächtigt oder in den frommen Klängen des Kirchenliedes schwelgt oder in vereinzelten Weckrufen den neuen Mnth der individuellen Empfindung verkündet. Der Piarist Jaroslaus Schalter erzählt uns ausführlich von den zahlreichen Erlässen und Verordnungen, welche die „Bücherseuche" von Böhmen ganz fernhalten sollten. Allein die fortwährende Wiederholung und häufige Verschärfung dieser Verbote und Einschränkungen, die erst in der Josephinischen Periode außer Kraft traten, beweist zur Genüge, daß das Bedürfniß nach einem lebhafteren Zuge