141 bestimmend einwirkten, verschiedenartig vertheilt. Die erste Periode können wir getrost die Josephinische nennen; alles Anregende, Bedeutende und Befruchtende fließt für das allgemeine geistige Leben in Böhmen aus den Quellen der Aufklärung, deren Erschließung vom Throne her gewünscht wird. Die Bestrebungen eines Sonnenfels, die Dichtungen eines Denis finden lauten Wiederhall in Prag. Der bewußte Formencultus lehnt sich in den poetischen Versuchen an den Kunstgeschmack von Wien an, während freilich die dort im Stillen erblühende Volkspoesie nur gelegentlich von der Bühne her ihren farbigen Zauber wirken läßt. In der zweiten Periode, in den Jahren zwischen den deutschen Befreiungskriegen und dem Stnrm- jahr Achtundvierzig, dringen die Ein flüsse vom deutschen Norden und Westen stärker herein. Die Josephi nische Zeit hob das Verständniß, die Bildung, das Selbstvertrauen, aber ihre Literatur hat wesentlich nur einen lehrhaften Gehalt und war nur vorbereitend für das geistige Einverstündniß mit der inzwischen stolz emporgediehenen Literatur der Deutschen. Die geistigen Bewegungen unseres Jahrhunderts aber lebte Böhmen unmittelbar mit, immer heftiger, stürmischer und selbständiger — der Goethecultus, der Freiheits gesang, die Romantik, die deutsche Renaissance, wie sie durch Uhland und seine schwäbischen Genossen am lautesten und verständlichsten auf die Gemüther wirkte — alles dies fand in Böhmen nicht nur ein anfgespanntes Ohr und ein weitgeöffnetes Herz, sondern auch Wiederhall, Nach klang und den selbständigen ergänzenden Ton, der aus bewegten Gemüthern emporquoll. Karl Heinrich Seibt. Jetzt mischte sich der Einfluß von Wien her, der immer noch ein starker blieb, niit den mächtigen Anregungen, die aus ganz Deutschland heranfluteten. Die übernommenen Formen aber füllten sich mit neuem Gehalt, die Anregungen wirkten auf bedeutende dichterische Charaktere, die sich selbständig entwickelten, ein gemeinsamer Grnndton und verwandte Klangfarben gaben den deutschböhmischeu Gesäugen ihren besonderen Charakter. Die geschichtlichen Erinnerungen der Heimat lebten in verklärendem Liede auf,