153 und Hartmann setzt seiner ersten Sammlung von Gedichten, welche neben den herrlichen böhmischen Elegien die Klagen aller leidenden Völker in sich schließt, die Symbole „Kelch und Schwert" an die Stirne. Beide feiern zugleich in ihren Gedichten die Freiheits kämpfer in Polen und Italien, die Märtyrer der jüngsten Zeit, besingen die Leiden der Elenden und Gedrückten und rütteln an den Fesseln der Gedanken- und Gewissens freiheit. So sehr ihnen in der Zeit ihres Werdens und Wachsens die gleiche Umgebung und das gleiche Bestreben das Gepräge der Verwandtschaft aufdrücken, behaupten sie sich doch nebeneinander als selb ständige poetische Individuali täten. Von Lenau und Grün wurden beide in der Form gebung beeinflußt, in der Stim mung huldigt Meißner mehr dem Byronismus, dem himmel stürmenden Weltschmerz, Hart mann jenem wehmüthigen Humor, jener Mischung von Sentimentalität und Satire, die durch Heine in die Literatur eingeführt wurde. Meißner ist kühner in der Phantasie dieser Jngendgedichte, Hartmann von Haus ans weicher und tiefer in der Empfindung. Wenn an Meißners Geschichtsbildern, wie an seinem „Ende der Gironde", die Glut und Pracht Moriz Harlmann. der Farbe überrascht, so wirken Hartmanns bleiche Leidenshelden und schwermüthige Klagelieder in die Tiefen der Gemüther. Auf der Höhe des jungen Ruhmes nehmen die beiden Jugendfreunde Abschied von Böhmen und von einander. Das Jahr 1848, das beide in seine Wirbel zieht, trennt ihre Wege für immer. Meißner kehrt nach einer Reihe von Jahren nach Prag zurück, wo er dem stilleren literarischen Schaffen lebt, und gründet sich zu Ende der Sechziger-Jahre ein Heim in Bregenz. Hartmann wird eine Art literarischer Weltumsegler und beschließt nach langen Fahrten feine Tage in Wien, in der unterdessen durch eine freiheitliche Verfassung verjüngten österreichischen Heimat.