47 Es war am 25. September 1804, als Dr. Gebhard, der Secretär des Erzherzogs Johann, nach Mals kam, um das Psseyrer Josele, einen kühnen Gemsenjäger, der eigentlich Josef Pichler hieß, zn veranlassen, einen Weg auf die Spitze des Ortler auszuknndschaften. Schon am 29. September hatte dieser mit zwei von Gebhard mitgebrachten Zillerthalern seinen Fuß auf den Scheitel des Ortler gesetzt, der erste Mensch, der ihn je betreten! Damit war die höchste Spitze der österreichischen Alpen überwunden, und zwar ohne Seil und ohne Eispickel, nur mit Steigeisen und ein paar schlechten Stöcken, auf einem Wege, der heute wegen seiner Gefährlichkeit gemieden ist. Schon am 25. August des folgenden Stilfserjoch. Jahres, also kaum nach Jahresfrist, sah man Josele wiederum auf der Spitze das Banner Gebhards entfalten; seither wird sie auf den verschiedensten Anstiegen gewonnen. Wer den schönen Anblick des Ortler von Norden genießen will, fährt im Trafoier- thal auf der Prächtigen Poststraße im Genüsse der herrlichsten Landschaftsbilder, die sich immer reicher und phantastischer entwickeln, nach Trafoi. Nicht weit davon liegt an einem lieblichen Waldesrand eine im Jahre 1643 erbaute Kapelle mit den drei Bild säulen von Jesus, Maria und Johannes, aus deren Brust das reinste Krystallwasser eines Alpenquells sich ergießt, zu den heiligen drei Brunnen genannt, woher auch Trafoi (tres kontos) seinen Namen erhalten hat. Nun steigt die Straße weiter hinan in zahl reichen Windungen, einer riesigen weißen Schlange gleich, entfaltet in immer neuer, unübertroffener Pracht ein ganz wundervolles Panorama auf die zur Linken liegenden