432 durch Erker belebt ist, den deutschmittelalterlichen Charakter an sich. Wie in der kirchlichen Architektur, so hat sich auch im Profanbau des nördlichen Landestheils die gothische Bauweise lange erhalten und ist insbesondere die Anordnung mehrgeschoßiger Erker fast zur Regel geworden. Die zahlreiche Anwendung der Erker zur wohnlicheren Gestaltung der Jnnenräume und zur Belebung der Fanden ist ans der mittelalterlichen Banepoche in Nordtirol auf alle späteren übertragen worden, so zwar, daß dieses Bauelement der Landesarchitcktur ein besonderes Gepräge verleiht, nicht nur hinsichtlich der städtischen, sondern auch der ländlichen Wohnbauten. Ein besonderer Schmuck durch reichere archi tektonische Gliederungen an Fensterumrahmungen und Gesimsen, wie solcher an dem schönen gothischen Erker des um 1524 erbauten Sterzinger Rathhauses vorkommt, ist indeß bei solchen Wohnbauten nur selten zur Anwendung gekommen. Die im Centrum der Städte an den Marktplätzen gelegenen Bürgerhäuser am Ende des Mittelalters waren in der Regel im Erdgeschoß mit Bogengängen, sogenannten „Lauben", versehen, wie solche noch in Innsbruck, Sterzing, Brixen, Klausen, Bozen, Meran theilweise erhalten sind. Auch finden sich bei diesen vornehmeren Bürgerhäusern die Brüstungsfelder der Erker mit Blendmaßwerk oder Wappenschildern geziert, die Portale reicher gegliedert und die Gewölbeflächen mit engmaschigem, zumeist in Mörtelverputz hergestelltem Rippen werk überzogen. Es war schon die zweite Hälfte des XVI. Jahrhunderts verflossen, als in Tirol die Zierformen der Renaissance sich an den kirchlichen Bauten allmülig entfalteten, während die constructiven Bauelemente des Mittelalters noch bis in das XVII. Jahrhundert ihr angestammtes Recht behaupteten. So kam es, daß die schon früher erwähnten Kirchen S. Maria Maggiore in Trient und die Pfarrkirche von Civezzano nur formal dem Stil der Renaissance entsprechen, sowie auch die von 1553 bis 1562 erbaute Hoskirche zu Innsbruck. Erst die unter Erzherzog Ferdinand II. gegründete Jesuitenkirche in Innsbruck ist auch in ihrer Anlage der neuen Bauweise entsprechend. An diesem schönen Bauwerk ist die Kreuzform mit der Kuppel in Verbindung gebracht und an den beiden Enden der aus Nagelflue erbauten Giebelfront sind Thürme angelegt, welche leider nicht zum Aus bau gelangten. Die zur selben Zeit entstandene Kirche des Damenstiftes zu Hall, welche heute nicht mehr zu Cultuszwecken verwendet wird, ist durch einen Thurm mit reichgegliedertem Helm von seltener Schönheit ausgezeichnet. Es gibt wenige Beispiele aus dieser Architektur epoche, bei welchen der Übergang des vierseitigen Thurmkörpers in das Achteck des Helmes so glücklich durchgeführt wurde wie an diesem Thurm der Haller Stiftskirche. Obwohl erst am Beginn des XVII. Jahrhunderts entstanden, ist die kleine Jnviolatakirche in Riva am Gardasee ein Bau, der noch in den reinsten Formen italienischer