549 Weinbau, Obstbau und ^>eidenzucht in Tirol und Vorarlberg. Diese drei Culturzweige verleihen der Landwirthschaft Südtirols, besonders jener des Etschthals und seiner wärmeren Seitenthäler, ihr eigenthümliches Gepräge. Neben der Viehzucht sind sie die hauptsächlichsten Einnahmequellen des Landes und ihre Products gehören zu den wichtigsten Ausfuhrartikeln desselben. Sie bilden auch die Grund lage für manche Industrie und namentlich für den in vieler Beziehung lebhaften und gut entwickelten Handelsverkehr Südtirols. Ihnen vor Allem verdankt die dichte Bevölkerung des Etschthals Existenz und Wohlstand. Der Weinbau, welcher mit Rücksicht auf seine volkswirthschaftliche Bedeutung in erster Linie steht, ist im südlichen Tirol jedenfalls alten Ursprungs. Es fehlen uns bestimmte Anhaltspunkte über die Zeit der ersten Einführung der Rebcultur im Etschthal, doch ist es höchst wahrscheinlich, daß der Weinbau im jetzigen Südtirol, einem Theile des alten Rhätiens, schon vor Beginn unserer Zeitrechnung eingeführt war. Der römische Einfluß machte sich hier schon sehr früh geltend. Daß in Rhätien zur Zeit des Kaisers Augustus Wein bau getrieben wurde, ist geschichtlich uachgewiesen. Rhätische Weine, wahrscheinlich Weine des Valtelin, gehörten zu den Lieblingsgetränken des Kaisers und ist anzunehmen, daß auch dem sonnigen Etschthal zu jener Zeit die Pflege der Rebe nicht mehr fremd war. Wie am Rhein und in Pannonien erfuhr der Weinbau auch in Tirol durch Kaiser Probus wesentliche Förderung und weitere Entwicklung. Die Stürme der Völkerwanderung konnten denselben nicht ausrotteu, denn wir hören den heiligen Severin im V. Jahrhundert mit Bewunderung von dem ausgedehnten Weinbau Rhätiens sprechen. Eine bestimmte Erwähnung des Tiroler Weinbaues finden wir aber erst in einer Urkunde des Jahres 855, welche der Weinberge von Bauzena (Bozen) gedenkt und aus der hervorgeht, daß daselbst schon lange Weinbau getrieben wurde. Im Jahre 967 finden wir auch des Wein baues im Vintschgau, dem Gau östlich von Meran gedacht, und eine Urkunde des Jahres 965 spricht sogar von dem Weinbau in Santens, einem Dorfe im Bezirk Innsbruck, woraus wir ersehen, daß auch in Tirol, wie in so vielen anderen Gebieten der Weinbau in früheren Zeiten weit über seine jetzige Grenze hinaus versucht worden ist. In jener Zeit waren es vornehmlich Klöster, welche den Weinbau in Südtirol förderten. So hören wir, daß um 1060 über 25 baierische Klöster und Stifte in der Gegend von Bozen Weingüter besaßen, und wiederholt bezeugen Urkunden Schenkungen von Weingütern und von Wein an Klöster und Kirchen in und außer dem Lande. Vincenz von Prag rühmt in seiner Schilderung des Feldzuges Friedrichs I. nach Italien 1158 den Bozener Wein, der auch Wolfram von Eschenbach begeisterte. Im XV. Jahrhundert gedenkt der tirolische Dichter Oswald von Wolkenstein in der Fremde mit Sehnsucht des