verunglückte; nur die Leute in Campiglio hörten das furchtbare Getöse und glaubten,
daß die Welt untergehe. Der schönste Anblick der westlichen Seite des Brentaznges, ein
großartiges, farbenreiches, wenn auch teilweise beschränktes Panorama, welches das
ganze Thal Rendena umfaßt und bis auf den Spiegel des Jdrosees hinabreicht, bietet sich
vom bereits berühmt gewordenen Sabbione (2.096 Meter) aus. Nordöstlich ober Pinzolo
gelegen, bildet er zu oberst eine mit Rasen bedeckte Kuppe und ist vom genannten Orte
aus in drei bis vier Stunden nicht schwer zu erreichen.
Von Campiglio aus lassen sich sowohl Hochtouren auf die Presanella und Brenta,
als auch Tages- oder Halbtagsausflüge und kürzere Spaziergänge nach verschiedenen
schönen Punkten machen. Sehr beliebte Ausflüge gehen nach dem Campo di Carlo-
magno (1.618 Meter), wo nach einer Sage einst Karl der Große mit einem Heere sein
Lager aufgeschlagen haben soll, und noch höher hinauf auf die Hochebene des Spinale
(1.896 Meter). Mit den Standpunkten wechseln die Ansichten; je höher mau steigt, desto
mehr erweitert sich die Aussicht, desto mehr Neues rückt in den Gesichtskreis des
Beschauers ein.
Kein Wunder darum, daß Madonna di Campiglio alljährlich immer mehr besucht
wird. Wie sah es nur noch vor dreißig Jahren dort aus, als das kleine einstöckige ärmliche
Wirthshaus neben dem alten Kirchlein stand und an dem Gewölbe des letzteren in einem
Netze ein riesiges sagenhaftes — Drachenei aufgehängt war! Heute steht dort ein großes
prächtiges Alpenhotel. Im September 1889 genoß es die hohe Ehre, Ihre Majestät die
Kaiserin Elisabeth mit Ihrer kaiserlichen Hoheit der Erzherzogin Marie-Valerie durch acht
Tage zu beherbergen. Von schönem Wetter begünstigt, machten die hohen Frauen täglich
Ausflüge, sogar bis zum Grostepaß, Mit Genehmigung Ihrer Majestät der Kaiserin hat
seither auch die Groste-Spitze (2.557 Meter) den Namen „Erzherzogin Marie
Valerie-Spitze" erhalten.
Vorarlberg.
Im Gegensatz zu den vielen Tausenden, welche seit der Eröffnung der Arlbergbahn
von Tirol aus durch den 10.250 Meter langen Tunnel jährlich ihren Einzug in Vorarlberg
halten, wollen wir über den Paß wandern. Von St. Anton, an der Ostmündung des
Tunnels, gelangen wir in nicht vollen zwei Stunden zur alten Ansiedlung St. Christof;
von hier erreichen wir in wenigen Minuten auf kaum merklich ansteigender Straße die
Wasserscheide zwischen Donau und Rhein und damit die Landesgrenze von Tirol und
Vorarlberg. Ein mächtiges Kreuzbild und die Grenzsäulen der zwei Länder bezeichnen
diese Stelle, welche 1.797 Meter über dem Meere liegt. Der Arlbergpaß stellt einen
langgestreckten Lüngensattel dar, dessen landschaftlicher Charakter kein freundlicher ist.