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Formen der Fettenköpfe und ihrer Unterzüge, die alle Stufen von der größten Einfachheit
bis zu barocker Ausbildung durchlaufen, einen anheimelnden Schmuck. Dazu wirkt gar
traulich die rothbraune Farbe, welche das Fichtenholz der Wand mit der Zeit an der
Sonne gewinnt. Selten fehlen die Jahrzahl der Erbauung, die Namen der ersten Besitzer,
leserliche oder halbverwischte Sprüche. Reicher Blumenflor nickt zumal von den oberen
Fenstern und hebt sich gar wundersam vom dunkeln Hintergrund ab. Durch die Flur
gelangen wir in die Küche und daneben in die sauber getäfelte Stube. Diese erhält ihr
Licht durch zwei Front- und zwei Seitenfenster, unter denen die befestigte Bank hinläuft.
Neben der Thür prunkt einerseits ein großer, bunt bemalter Kasten, eine Art Credenz,
anderseits ein beträchtlicher, doch nicht hoher Ofen, an den sich Bänke lehnen. Vor dem
„Spansawinkel", den die beiden Fensterwände bilden, stellt sich der ansehnliche achteckige
Tisch, der oft in der Mitte eine Schieferplatte und überdies schön eingelegte Arbeit zeigt.
Im Spansawinkel hängt ein Kreuzbild. Einige Stühle, ein Spiegel, Heiligenbilder,
Photographien, eine Schwarzwälder Uhr, ein Weihwasserkesselchen und allenfalls eine
Commode vollenden die Einrichtung. Eine Thür führt in die meist einsenstrige Kammer.
Aus der Flur leitet eine manchmal recht steile Treppe in das obere Stockwerk, das die
Stuben- und die äußere Kammer sammt der „Loba" umfaßt.
Von Volkstrachten kann heute wohl nur mehr bei den Bregenzerwälderinnen,
Malierinnen und Montavonerinnen gesprochen werden. Das Hauptkleidungsstück der
Wälderin ist die ärmellose „Juppe", die der Hauptsache nach aus schwarzer, viel
fach gefältelter Glanzleinwand bestehend, von den Schultern bis auf die Knöchel fällt
und über den Hüften durch einen schwarzen, mit Silberschnalle geschmückten Lederriemen
gegürtet wird, während etwa in der Höhe der Kniee ein schmaler blauer Streifen
ringsherum genäht ist. Um den Hals ist das „Mieder" (das heißt, der sehr kurze „Leib")
der Juppe etwas ausgeschnitten und mit breitem, oft gesticktem Seidenband verbrämt.
Den Hals umschließt das sammtene Goller, zwischen dem und der Juppe das „Fürtuch"
eingesteckt wird, dessen allein sichtbaren oberen Rand eine goldene Borte ziert. Die
Reichen tragen Ärmel ans schweren farbigen Seidenstoffen. Zum Gang in die Kirche
schlüpfen alle Wälderinnen vom zwanzigsten Jahre an in den „Schalk", eine sehr kurze und
sehr enge Jacke aus schwarzer Glanzleinwand. Das in äußerst stramme und um das Haupt
gewundene Zöpfe geflochtene Haar verhüllt an Werktagen gewöhnlich eine Pelzkappe, der
„Baier", an Sonntagen eine aus schwarzblauer Wolle gestrickte kegelförmige, ganz oben
etwas abgestutzte „Kappe". Im Sommer tritt an deren Stelle ein schwarzer breitkrämpiger
Strohhut mit sehr niederem scharfkantigem Gupfe, um den sich ein breites Seidenband
schlingt. Die Jungfrauen setzen bei kirchlichen Umzügen das „Schäppele" auf; einem
schwarzsammtenen, häufig den gestickten Namen Jesu, seltener den der Holden tragenden