21 Ländern der ungarischen Krone. So drangen die Türken im Jahre 1596 neuerdings gegen Wien vor. Nach dem Verluste der Festung Raab arbeiteten Tag und Nacht Bürger, Bauern und Soldaten an der Instandsetzung der Festungswerke Wiens. Erst als im Jahre 1598 Raab durch die Tapferkeit Adolfs von Schwarzenberg und Nikolaus Palffys wieder in die Hände der Kaiserlichen gekommen war, verringerte sich die Gefahr und war die Freude so groß, daß Kaiser Rudolf II. den Ständen und Städten den Auftrag gab, auf allen Kreuzwegen steinerne Denksänlen zu errichten mit der Inschrift: „Sag' Gott dem Herrn Lob und Dank, Daß Raab ist kommen in der Christen Hand." Seither verspürte Wien durch längere Zeit allerdings weniger die Türkennoth. Dafür begann nunmehr das Bündniß der protestantischen Parteien in Ungarn und Böhmen mit jenen in den Erblanden den Frieden in der Hauptstadt zu trüben. Graf Bouquoy rückte im Jahre 1620 mit dem ligistischen Heere gegen Wien vor. Neuerdings in ein Kriegslager umgewandelt, hatte die Stadt überdies noch die Gräuel der zu ihrem Schutze in die Vorstädte eingerückten polnischen Kosaken zu ertragen, so daß die Bewohner der Vorstädte flohen und die Bürger für die Verluste an Eigenthum 40.000 Gulden bezahlen mußten. In dem hierauf durch dreißig Jahre wüthenden Glaubens kriege erschienen auch die Schweden unter Torstenson vor Wien in der Absicht, vereint mit den Ungarn unter dem Fürsten Raköczy in den Besitz der Stadt zu gelangen. Gleich verderblich wie die Türkenkriege waren für die Fortentwicklung Wiens die Wirkungen der Reformation. Anfangs beruhte auch in Wien die ganze religiöse Bewegung auf unklaren Anschauungen. Ein Theil des Adels bemächtigte sich derselben, weil er seine Hand gerne nach den geistlichen Gütern ausstreckte. Die unteren Volksclassen griffen dieselbe auf, weil sie mit der sittlichen Haltung der Klostergeistlichkeit unzufrieden waren und von der Wiederherstellung des reinen Evangeliums eine Befreiung aus ihrer materiellen Noth erhofften. Ist es doch sehr bezeichnend, daß gerade in Wien, wie das Auftreten des Kaspar Tauber und des Balthasar Hubmayr bezeugt, die entschiedenste, auf socialistischer Grundlage beruhende Richtung der Reformation Anhänger fand. Andere schlossen sich der Bewegung an, weil sie glaubten, daß es sich nur um Reformen innerhalb der römischen Kirche handle, zudem gegen die Aufhebung der Fastengebote, der Ohrenbcichte, die Heiraten der Mönche und der Weltgeistlichen und die Spendung des heiligen Abendmahls in beiden Gestalten kein sehr starker Widerspruch von kirchlicher Seite erhoben und den oberen Stünden die freie Religionsübung gestattet wurde. Allmälig löste sich aber die Verwirrung der Geister; es wurde klar, daß es sich einerseits um eine vollständige Trennung von der römischen Kirche, anderseits zwischen den Religionsparteien um die Verfolgung verschiedener politischer Interessen handle. Als später auch die Regierung entschiedener auftrat und dem