52 Einige Schritte auf dem scheinbar ununterbrochenen Plateau und nur stehen am Rande einer tiefen Lötzschlucht. Der gelbe, ungeschichtete Lötz bildet sehr steile, säst senkrechte Wände, in denen zahllose Löcher die Existenz von Vogelnestern andeuten. Die Schlucht ist trocken, nur nach einem Gewitter oder anhaltendem Regen schäumt unten eine trübe Wassermasse, die die Schlucht erweitert und vertieft. Einige Kilometer vor dem Marktflecken Mikulinee bekommen wir zum ersten Male eines der Erosionsthäler selbst zu Gesicht, nämlich das Thal des Sercthflusses. Es ist eine fast geradlinige, direct gegen Süden gerichtete Schlucht, an deren Wänden die Wirkung der nagenden und meißelnden Kraft des fliehenden Wassers deutlich sichtbar ist. Unten in der Tiefe liegen die Ortschaften wie die Perlen an einem Faden längs des Flusses aneinandergereiht und verborgen, und das wiederholt sich überall in Podolicn. Wenn man sich auf der Höhe des Platcau's befindet, bemerkt man mit Staunen, daß auf dem weiten Gesichtskreise die menschlichen Behausungen so gut wie fehlen und man möchte die Gegend für unbewohnt halten, würden nicht die Culturcn das Dasein der Menschen verrathen. Wie ein Manerwerk ragt uns die Thalwand entgegen. Zn unterst zeigt sie ein roth- braunes Fundament, darauf kommt ein schmales, grünliches, dann ein hellgraues, endlich ein weißes Band, alles sehr regelmäßig horizontal angeordnet. Der Geologe belehrt uns, daß der Fluß die wagrecht ruhenden Schichten durchsägte und somit den inneren Bau der Hochebene aufschloß. Die tiefsten Ablagerungen bestehen aus uralten röthlichen Sandsteinen, die unter dem Namen der Trcmbowlaer-Steine bekannt find und ganz Ostgalizien niit einem ausgezeichneten Treppen- und Trottoirmaterial versehen. Lue bilden das Liegend», der grünen Sande und hellgrauer Mergel der oberen Kreideformation, worauf endlich die Sand- und Kalksteine des Miocäns folgen, womit nun die Reihe der Meeressedimente abgeschlossen wird. Es folgen die bereits erwähnten gelblichen Lößmassen, die unmittelbar in die stellenweise sehr mächtige Ackerkrume (sogenannte schwarze Erde, poln. Oimi-nomom) übergehen. Merkwürdig ist die auffallende Asymmetrie solcher Thäler, an welchen das östliche Ufer gewöhnlich steil, fast senkrecht, von der Vegetation beinahe ganz entblößt, das westliche hingegen sanft geböscht und mit großen Lößmassen bedeckt ist. Durch den kleinen Marktflecken Mikulinee mit der gut erhaltenen Ruine eines Schlosses aus dem XVI. Jahrhundert, das durch die öftere heldcnmüthige Vertheidigung gegen Türken, Tataren und Kozaken berühmt ist, gelangen wir bald in die anmuthig am Gnieznabach gelegene Bezirksstadt Trembowla. Ans der Tiefe des Gnieznathales blicken wir auf die rothen Wände des mächtig entwickelten devonischen Sandsteines, die von einer schönen Schloßruine gekrönt sind. Die äußere Umfassungsmauer und die großen Basteien sind noch sehr gut erhalten und ragen in die blauen Lüfte als stumme Zeugen jener großen, blutigen Geschichte, die sich da einst abspielte. Die Lage des Schlosses ist nicht nur