568 XI. Jahrhundert zieht sich dieser Zustand hin, welcher bewirkte, daß die Entwicklungsstufe, auf die sich Europa während und infolge der Krenzzüge emporhob, von Polen nicht erreicht werden konnte. Erst unter Boleslaw dem Schiefmnnd erscheint die Machtstellung des Landes, die Gewalt des Souveräns gesichert, die Anzahl der Bisthümer und Abteien vermehrt, die Geistlichkeit zum großen Theile bereits aus Landeskindern zusammengesetzt: somit waren einige Bedingungen vorhanden, um eine literarische Thätigkeit aufkeimen zu lassen. Es gehört auch wirklich in jene Zeit das erste in Polen geschriebene Werk, die Chronik des Martin Gallus. Aller Wahrscheinlichkeit nach war aber derselbe ein Franzose. Kaplan (und Secretär) Boleslaws und dessen eifriger Verehrer, schrieb er in einem ziemlich fehlerhaften Latein, hie und da in Versen, seine Chronik zur Verherrlichung seines Herrn und Helden und brach mit dem Jahre 1113 ab. Die nach Boleslaws Tode (1139) erfolgte Theilung des Reiches, langwierige Kämpfe zwischen dessen Söhnen und späteren Nachkommen, Schwächung des Reiches wie der fürstlichen Gewalt, Aufkommen der geistlichen und weltlichen Herren (durch Immunitäten und Privilegien), auswärtige Kriege und namentlich die Tatareneinfälle (seit 1241), waren der Entwicklung der Literatur nicht förderlich, so daß wir auch aus dem XIII. Jahrhundert nur wenige Werke aufzuweisen haben, und zwar wiederum geschichtliche, unter denen die Chronik des Vincenz Kadlubek, Bischofs von Krakau, zuletzt Cistercienser Mönches in der Abtei Mogila (gestorben 1223), das bedeutendste ist. Ihm zur Seite stehen die Chroniken des Boguchwal, Bischofs von Posen, und des Baszko, Domcustos daselbst. Martinus Polonus, ein in Rom lebender Dominicaner, machte sich daselbst durch eine Chronik der Päpste und Kaiser berühmt. Dagegen ist doch die Bildung im Laufe des XIII. Jahrhunderts im Steigen. Polnische Schüler studiren an fremden Universitäten. In Bologna ist schon im Jahre 1265 eine besondere Polnische natio nachweisbar. Kloster- und Pfarreischulen werden zahlreicher; die beiden neuen Orden der Franciscaner und Dominicaner verbreiten sich auffallend schnell und tragen jeder nach seiner Art zum Fortschritt der Civilisation bei. Die Kirchen und Grabmäler aus dieser Zeit sind schon beachtenswertst, einige schön im vollen Sinne des Wortes. Zur Wiederbelebung der durch die Tataren einfälle verwüsteten und zertrümmerten Städte werden deutsche Ansiedler mittelst großer Begünstigungen herbeigeführt. Ihre Anzahl, ihre starke zünftige Organisation, ihre Privilegien hatten.zur Folge, daß sie ihren deutschen Charakter lange bewahrt und denselben den Städten, vor allen Krakau, eingeprägt haben. Zum ökonomischen Aufschwung dieser Städte haben die fleißigen und rührigen deutschen Kanfleute und Handwerker viel beigetragen; auf die Ausbildung der polnischen Literatur konnten sie freilich keinen Einfluß üben. Nachdem Wladyslaw Lokietek die Politische Einigung des Reiches durchgeführt hatte, gewann Polen unter seinem Sohne, Kazimir dem Großen, eine ansehnliche Stellung