666 Mannigfaltigkeit seiner Baureste anlockt, trotzdem hervorragende Denkmäler meist fehlen und die vorhandenen häufig in traurigem Zustande erhalten sind. Bevor wir daher unsere eigentliche Aufgabe, die Schilderung der Geschichte der Architektur berühren, wollen wir in der Einleitung die Holzbaukunst des Volkes charakterisiren, soweit sie aus dem Umkreis der Ethnographie in die Sphären der Kunst eintritt. Eine Eigenthümlichkeit der slavischen Stämme und daher auch der hauptsächlich Galizien bewohnenden Bevölkerung ist der Bau der Wohnsitze aus Holz. Der galizische Dorfbewohner ist von Haus aus ein guter Zimmermann, und die technische Terminologie seines Handwerks, sowohl die polnische wie die ruthenische, ist ein alt überliefertes Gut. Man kann jedoch das, was der polnische und ruthenische Bauer als Wohnung für seine Familie und sein liebes Vieh baut, kaum ein architektonisches Werk aus Holz neunen. Es sind Nothbauten mit Strohdächern, einfach und ohne Stil. Auch die Bauten der am Fuße der polnischen Tatra wohnenden Bergbewohner, welche, mit Schindeln gedeckt, bereits zierliche Giebelwände an den Seiten und gewisse zierliche Details am Eingang, an den Fenstern, an den Balken der Stubendecken u. s. w. zeigen, bieten eigentlich doch nur ethnographische Eigenthümlichkeiten dar. Obgleich wir also aus dem Umkreis der Architektur die Bauernhütten ausschließen, so können wir doch nicht umhin, einen gewissen Begriff des Schönen, das ungemein Malerische zahlreicher im ganzen Lande zerstreuter lateinischer und rnthenischer Kirchlein, sowie die Originalität der kleinstädtischen Wohnhäuser mit ihren Laubengängen anzuerkennen. Denn wenn in dem Ban der Hütten und kleinen Edelhöfe das Blockhaussystem herrscht, wobei die Föhren- und Lärchenblöcke horizontal gelegt und in Halbbalken an den Ecken und beim Zusammentreffen der Theilwände gebunden werden, so vereinigt sich doch in den genannten Kirchenbauten dieses unkünstlerischc System mit der künstlerischen Eigenthümlichkeit der Holzbauknnst, mit dem Säulen- und znm Theil dem Rahmensystem. In der Anordnung des Grundrisses folgen unsere lateinischen Dorfkirchen den Mustern der gemauerten einschiffigen ans der Schlußepoche dcr-Gothik. Die ältesten Denkmäler auf dem Abhang der Karpathen kann man nicht früher als in die zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts ansetzen. Gewöhnlich sind sie aus Balken gebaut, das heißt aus auf beiden Seiten abgesägten, in ein Geschräuk verbundenen Lärchbäumen, die von außen mit senkrechten Brettern verschlagen und mit Leisten oder mit einer Reihe von Schindeln eingefaßt sind. An der Front sitzt ein viereckiger Glockeuthurm, der nach oben durch sauste Neigung der Wände dünner wird. Oben krönt sie ein Vorsprung nach Art der mittel alterlichen Hürden, beschlagen mit Brettern, deren Abschluß nach unten zierlich in Spießfvrm ausgeschnitten ist. Oberhalb der Bekrönung schießt eine Giebelpyramide hervor oder ein kugelförmiger Barockabschluß, der mit Schindeln gedeckt ist. Die Fa^ade ist auf diese Weise