682 Das Innere der heiligen Kreuzkirche in Krakau, deren Einwölbung sich aus einem Mittelpfeiler entwickelt und sich auf Kragsteinen an den Wänden stützt, ist ein verspätetes Object der Anlage des Planes und des Oberbaues der Kirchen, die wir außerhalb Galiziens in Wislica, Stobnica, auf dem Schlosse von Lublin finden und die ins XIV. Jahrhundert gehören. Das XV. Jahrhundert führt in die kirchliche und Profane Baukunst den Staffelgiebel ein, welcher mit verticalen Mauervorsprüngen versehen ist. Die glatten Wandflächen des Giebels wurden mit eckigen Ziegelstäben verziert, welche in steinerne Fialen übergehen. Zwischen den genannten Stäben wurden die Wandflächen durch profilirte Spitzblenden ausgehöhlt und mit Wappenschildern geschmückt. Dieses System tritt in Krakau charakteristisch in der Dominicaner- und Frohnleichnamskirche, in der Schatzkammer der Kathedrale und im Jagellonen-Collegium auf. Die zweite Charakteristik im XV. Jahrhundert bildet die Einführung des Rohbaues durch Anwendung stärker oder schwächer gebrannter Ziegel an den Außenwänden und die Einführung der Gesimse aus Formziegeln, wie wir dies an den Bauten des Dlugosz sehen oder an der Dorfkirche zu Szczepanöw unter Brzesk oder an der Bernardinerkirche in Przeworsk an der ruthcnischen Grenze. In der Pfarrkirche derselben Stadt zeigt sich die Tradition des Ziegelbaues des Tempelritterordens von Miechöw. Eine Eigenthümlichkeit der Gvthik des XV. Jahrhunderts in diesem Lande bilden ferner die Portale, deren Laibungsprofile oben unter einem rechten Winkel sich brechen und sich in den Ecken kreuzen. Dieser Typus der Thürvffnnngcn und Fenster geht in die Profan bauten über. Überhaupt verliert sich allmälig der Reichthum der in Stein ausgeführten Ornamentation und wird schematischer. Eine Ausnahme bildet ein kleiner Bau aus dem Ende des XV. Jahrhunderts, der zwischen den Strebepfeilern der St. Barbarakirche in Krakau eingezwängt und dessen Bestimmung bisher nicht genau festgesetzt worden ist; die Feinheit seiner Profilirungen, der Reichthum und die Phantasie des Blattornaments erzählen von den Beziehungen Krakaus zu Nürnberg, die durch' den Aufenthalt des Meisters Veit Stoß in Krakau herbeigeführt wurden. Die Klvstcrbautcn in Galizien und Krakau bedienen sich frühzeitig der Gothik. Zuerst erscheint sie bei den Krakauer Dominicanern als unterer Kreuzgang, im Kapitelhause, im Refektorium und an dessen Wänden, an den Kreuzgewölben, mit schönen Rippen und einer Reihe von vierfelderigen Fenstern mit bescheidenem Maßwerke. Der Flur, welcher ins Refectorinm führt, besitzt eine aus zwei Polygonpfeilern, die durch Girrten untereinander und mit den Wänden verbunden sind, herauswachsende Wölbung. Hier ist der Einfluß des späteren Romanismus offenkundig und wir setzen diesen Bau an das Ende des XIV. Jahr hunderts.