874 Das Derkebrswesen. Nei dev ungünstigen geographischen Lage und Evnffgurativn Galiziens ist eine gedeihliche Entwicklung des Communieationswesens von höchster Bedeutung für die ökonomische Entwicklung des Lundes. Letztere schreitet denn auch nach Maßgabe der Förderung der Wasser-, Land- und Schienenstraßen zusehends fort. Es sei uns daher gestattet, eine kurze historische Skizze aller dieser drei Arten von Verkehrsadern auf Grund sehr schätzenswerther Materialien aus der Feder des derzeitigen Direktors der k. k. Staatsbahn in Lemberg, Herrn Hofrath L. von Wierzbicki zu liefern. Wasserstraßen. — Das Land Galizien liegt an der großen europäischen Wasser scheide und wird von derselben durchschnitten. Die Gewässer desjenigen Theiles des Landes, der westlich, beziehungsweise nördlich der Wasserscheide liegt und einen Flüchen- raum von 40.103 Quadratkilometer umfaßt, gehören insgesammt in das Gebiet des Baltischen Meeres und fließen dort mit der Weichsel ab, welche sämmtliche in diesen: Gebiete gelegenen Zuflüsse ausuimmt. Der übrige Theil des Landes Galizien, der östlich von der europäischen Wasserscheide liegt und eine Flüche von 38.394 Quadratkilometer umfaßt, gehört zum Gebiete des Schwarzen Meeres, beziehungsweise zum Gebiete der Zuflüsse desselben, des Dniepr, des Dniestr und der Donau. Die Weichsel und der Dniestr, namentlich die erstere sammt ihren Zuflüssen, bildeten zur Zeit, als noch keine Eisenbahnen bestanden und auch keine Handelsstraßen vorhanden waren, die wichtigsten Verkehrsadern zur Ausfuhr der Rvhproducte ins Ausland. Auf der Weichsel und den Zuflüssen derselben wurde namentlich das Getreide seit undenklichen Zeiten auf eigenen, speciell zu diesem Zwecke gebauten Flachschiffen nach Danzig und Thorn verfrachtet, von wo dasselbe zur See nach Nord-Deutschland, England und Frankreich weiter verschifft wurde; als Rückfracht gelangten in das Land Kunst- und Jndustrieprvductc des Westens. Minder günstig waren die Mißverhältnisse des Dniestrs, woselbst infolge der Stromschckellen bei Jampvl in der Nähe von Mohilew und der sumpfigen und seichten Ausmündung bei Akkerman in der Nähe des Schwarzen Meeres das Verstößen stromabwärts nur zeitweise möglich war und ein Verkehr stromaufwärts nur auf kurzen Strecken durchgeführt werden konnte. Der Hauptausfuhrartikel auf dem Dniestr war Holz verschiedener Arten zur Deckung des Bedarfes der vollständig holzarmen Landstrecken am unteren Dniestr. Durch inter nationales Übereinkommen vom 19. Oktober 1781 wurden die Weichsel und der Dniestr in Betreff der Schiffahrt als neutrales Gebiet erklärt und wurde die Schiffahrt den Unterthanen beider Reiche, Österreich und Rußland, unter gewissen, die Verzollung betreffenden Bestimmungen freigegeben.