237 daß bei der Wer bung mehr Vater und Mutter, als die Liebe der Tochter über die Zukunft der letzteren entscheidet. Freiere Wahl hat der heiratsfähige Sohn; die Tochter ist meistens darauf angewiesen, sich der Entscheidung der Eltern unbedingt zu fugen. Deshalb nimmt auch das ruthenische Mädchen nicht blos aus Neugier zu vielfachen Liebes- orakeln, zu Wahr sagerinnen und Be sprecherinnen seine Zuflucht. Für das Dorfmädchen ist das Liebesorakel ein Schicksalsspruch, dem es sich oft zu seiner Beruhigung willenlos unter wirft. Die erste Frage jeder Dorf- schönen ist wohl die, ob und wie viele Freier sie haben werde. Zu diesem Zwecke streut das Mädchen am Vor abende des Andreasfestes Hanfkörner in der Holzkammer ans, und schleift sein Unterkleid (Irorbotüa) darüber hinweg, indem es spricht: Bolkschpen aus der Pruthgcgeud. „Andreas, Andreas! > Gebe mir sogleich hier kund, Ich säe Hanf ohn' Unterlaß; ^ Mit wem ich schließ' den Herzcnsbund." So viele Körner an dem Unterkleid hängen bleiben, so viele Freier stehen im folgenden Jahre in Aussicht. Will das Mädchen wissen, von welcher Dorfseite her der