353 In der Bukowina tritt noch als besonderer Umstand das nahe Beisammenwohnen der verschiedenen Völker hinzu, welche gegenseitig von einander lernen. So findet man beispielsweise in den völlig zusammenhängenden Orten Fratautz und Andräsfalva deutsche, rumänische und ungarische Gehöfte, in nächster Nähe dieser Dörfer aber, in Klimoutz und tNmtana albä, Lippowaner Bauernhäuser; ähnlich ist es bei den nahe neben einander liegenden Orten Deutsch- und Rumünisch-Badeutz und der ältesten hiesigen Szekler Ansiedlung, Jstensegits, der Fall, während das mit Badeutz verbundene Ober- Milleszoutz zum größten Theile von Ruthenen bewohnt wird. Gewisse, aus alter Zeit stammende, bei Errichtung einer neuen Wohnstätte geübte Gebräuche haben sich bis heute, sowohl bei den einheimischen, als bei den eingewanderten Völkern erhalten; hie und da gründen sie sich, wie z. B. bei den Huzulen, auf Aberglauben. Das Wohnhaus des hiesigen Großgrundbesitzers, selten stockhoch, ist im Allgemeinen klein und oft noch aus Holz erbaut; nur wenige Herrensitze, wie z. B. jener in Budenitz, zeigen schlößchenartigen Charakter. Stall- und Wirtschaftsgebäude sind auf Privat-, sowie auch auf Staatsdomänen fast immer auf's einfachste ausgeflihrt; in jeder Beziehung mustergiltig sind diesfalls die Bauten auf den Gütern des griechisch-orientalischen Religionsfonds. Einfach sind auch die Wohnhäuser der Ortspfarreien und die Gebäude der gewöhnlich mit ihnen verbundenen Ökonomien. Zur Zeit der Occupation der Bukowina befanden sich die einzelnen, an den Straßen liegenden Gasthäuser in demselben elenden Zustande, wie die Straßen selbst; oft waren es bloße Erdhütten, in denen kaum etwas anderes als Branntwein verabreicht wurde. Bald entstanden Kunststraßen im Lande, die wesentlich zur Hebung des Verkehrs beitrugen, und in der Folge auch große entsprechende Einkehrhäuser. Im Grundriß rechteckig, besitzen die meisten dieser letzteren den Schmalseiten vorgebaute, kräftige Säulenstellungen und Giebel. Der Länge nach führt durch das Gebäude eine breite Einfahrt, an welcher sich vorne beider seitig Fremden- und Wirthszimmer mit den Nebenräumen, rückwärts aber Pserdestände und dergleichen anschließen. Nach Eröffnung der Bahnlinie Lemberg-Jassy haben die Reichsstraßen und mit ihnen auch die imposanten Einkehrhäuser an denselben an Bedeutung wesentlich eingebüßt. Die Hausindustrie. Wohl in keiner der Provinzen unseres weiten Vaterlandes ist die Hausindustrie so sehr Gemeingut der gesammten Bevölkerung wie in der östlichsten derselben, der Bukowina. Wohin auch immer man seine Schritte lenken mag, ob nach dem äußersten Norden, da wo der Dniestr seine trägen Fluten dahinwülzt, oder nach dem tiefsten Süden des Landes, wo der goldenen Bistritza und Dorna herrlich grüne Wasser munter zu Thale laufen, ob Bukowina. 2.8