275 nichts daran gelegen, wie und in welcher Weise die Einheimischen geschunden wurden, sie nahmen Geld, von wem immer sie es bekamen. Nichts ist bezeichnender, als daß die Pforte bald darauf einen Ferman erließ, der die Korruption der Beamten anfheben sollte. Doch um gerecht zu sein, darf man nicht außeracht lassen, daß die auswärtigen Ver hältnisse keineswegs günstig genug waren, um den türkischen Bestrebungen Zeit zu lassen. Im Jahre 1853 entbrannte der Krimkrieg, und die orientalische Frage trat auf die Tagesordnung Europas. Wir sehen nun Christen-Aufstände in der Hercegovina, Montenegro als säcnla- risirtes Fürstenthum für seine Unabhängigkeit und Vergrößerung kämpfen, Serbien die Türken aus seinen Festungen vertreiben, Rumänien als geeinigtes Fürstenthum entstehen, endlich auch die bulgarische Frage in Fluß gerathen — kurz, die Balkanfrage kam ins Rollen. In der Haltung des Wiener Hofes spielt die bosnische Frage eine große Rolle. Auch die Protection der Katholiken Bosniens und der Hercegovina wurde nie außer Acht gelassen und sowohl der kirchliche Zusammenhang zwischen den bosnischen Francis- canern und unserer Monarchie befestigt, als auch die Unterstützung der christlichen Forderungen bei der Pforte mit vieler Wärme betrieben. Es war ein bedeutsamer Moment in der Geschichte Bosniens, als am 6. Januar 1851 zum erstenmale die Standarte der Habsburger auf dem Consulatsgebäude gehißt wurde; die Christen erblickten darin den Anbruch einer neuen Zeit, und die Mohammedaner sahen still schweigend zu; der allgemeine Eindruck war ein nachhaltiger. Beim Friedensschlüsse in Paris begnügte sich Österreich mit der moralischen Befestigung seines Einflusses in der nordwestlichen Hälfte der Balkanhalbinsel. Mehr wollte damals die österreichische Politik nicht erreichen. Doch ist es bezeichnend, daß schon damals Feldmarschall Radetzky die Sicherung der militärischen Machtstellung der Monarchie in der Erwerbung Bosniens und der Hercegovina und sogar noch weiteren Gebiets bis tief in den Süden der Balkanhalbinsel hinab erblickte, wie denn auch später Tegetthoff die dalmatinische Küste nur dann als einen activen Bestandtheil der Monarchie betrachten wollte, wenn sie mit Bosnien vereinigt, der Monarchie einen ausgiebigen Raum auf der terra llrma gewähren würde. Infolge der politischen Lage und der noch immer starken Widerstandskraft des türkischen Volkes blieben Bosnien und die Hercegovina auch nach dem Pariser Frieden im Verbände des ottomanischen Reiches, und diese Provinzen theilten die Geschicke der übrigen. Wie im ganzen Reiche, so wurde auch hier der große Concessions-Hat vom Jahre 1856 verkündet; die neue türkische Herrschaft vegetirte auf Grundlage der alten Überlieferungen weiter. Doch das Verhältniß änderte sich. Die christliche Bevölkerung 18*