30 Die indische Kunst entfaltet sich in den vor- und frühgeschicht lichen wie auch in allen geschichtlichen Perioden jederzeit nach den eigenen Gesetzen der Landschaft und ihrer Bevölkerung. Da zu treten Anregungen aus den Nachbarländern in Ost und West, mit denen die Inder in Kulturaustausch standen. In zwei Phasen wirkte sich die Begegnung mit einem anderen Kunstkreis beson ders stark aus: in der mittelmeerländisch-indischen Mischkunsf der 1. Hälfte des 1. nachchristlichen Jahrtausends und in der indo islamischen Kunst in den Jahrhunderten um die Mitte des 2. Jahr tausends n. Chr. Die Berührung asiatischer Religionsgemeinschaf ten mit der Bildwelt der griechisch-römischen Antike bereicherte die indische Kunst um viele gegenständliche Motive und um einige neuartige formale Lösungen. Manche der Anregungen aus einer ganz andersartigen und fremden Kultur wurden „indisiert' und zum festen Bestandteil der gleichzeitigen und späteren Pla stik des gesamten indo-pakistanischen Subkontinents. Auf ver schiedene Weise mögen indische Handwerker und Künstler im Zeitalter der Kushanas die fremden Motive kennengelernt haben: durch den Import, der bei den regen Handelsbeziehungen be sonders längs der Seidenstralje aus Alexandrien, Syrien und viel leicht Italien selbst ins Land kam; als Schüler von Wanderkünst lern aus den hellenisierten Ostprovinzen des römischen Kaiser reichs; durch Besuch dieser westlichen Länder selbst. Das eine oder andere Stück westöstlicher Mischkunst mag sogar von west lichen Künstlern selbst gearbeitet worden sein. Die Kunst blühte in den Gebieten der alten griechischen Herrschaft, durch die spä ter der römische Handel ging, also Baktrien und Gandhara. Diese Landschaften liegen heute in Afghanistan und Westpakistan. Auf traggeber waren meistens buddhistische Gemeinden. Der Bud dha und seine Schüler und die vielen Begleitfiguren in den bud dhistischen Legenden wurden von den Gandhara-Künstlern in antikisierende Draperien gehüllt (Kat. 134). Stupas wurden hier im Nordwesten des indo-pakistanischen Subkontinents mit pseudo jonischen und korinthisierenden Bauteilen geschmückt. Motive der hellenistischen Architekturornamentik, wie Kentauren, Atlanten und Tritonen, treten auf. Während in Mathura die drei altindi schen Hauptreligionen ihre Götterbilder nach der Gestalt indi scher Menschen schufen, wurden etwa gleichzeitig in Gandhara besonders der Buddha (Kat. 136), aber auch hinduistische und jainistische Kultstatuen mit Toga- und Himation-Bekleidung an tiker Standbilder und mit den Haartrachten und Zügen griechisch- römischer Porträts dargestellt. Jatakas und Legenden aus dem Leben des Buddha wurden besonders lebhaft und anschaulich in 5 Gandhara THE GANDHARAN PERIOD; Indian arf developed in prehisforic and early times, jusf as in all the periods of its long history, ac- cording fo historical and local fradifion. Furthermore, influences can be clearly discerned from Ihe neighbouring counfrtes in East and West, In two periods, namely the Mediterranean-lndian and the Indo-Islamic, conlact with foreign cultures is particularly evi dent. The imagery of the antique world brought many new motifs and new formative potentialities. Some of course were "Indianis- ed" and became an integral parf of Indian plastic art. Artists and craftsmen may have become acquainted with these foreign motifs in various ways. First of all, there was a lively commerce with the Western countries along the "sllk street" — the ancient Caravan route from China fo Rome. Secondly, the Indians may have been pupils of wandering foreign artists or they may even have visited the Near-Eastern and Mediterranean counfries them- selves. The Standard of art was especially high in the counfries of Bactria and Gandhara, nowadays Afghanistan and Western Pakistan. Buddha and his attendants began to appear in antique garb (Cat. 134). The Stupa in the North West of the Indo-Pakistan subcontinenf shows pseudo-lonian and pseudo-Corinthian archi- tectural details; Hellenisfic motifs such as centaurs, atlantes and tritons were also used. In Mathura, the fhree great religions com- munities created their gods in the likeness of the people of India. ln Gandhara especially, not only the Buddha but also Hindu gods are shown wearing fogas and himations. Jatakas and leg- ends from the life of the Buddha were vividly and clearly fold in scenes with many small figures. In the hills of the Hindukush and Kashmir a great number of cloisters was built, all ornament- ed with reliefs In limesfone or schist. Crowd figures in relief were produced with ethnographic exactness in Fondukistan (Afghani stan) until the middle of the Ist millennium, and in Kashmir espe cially in the terracotfas of Akhnur (Cat. 142). There are two cul- minafing poinfs In the Gandharan period the first during the Ist and 3rd centuries A. D,, and the second from the 4th fo the 6th. In some examples the greafest wealth of antique arf and Crea tive motifs of Indian Gupta sculpture are combined fo produce a short but golden period. The Indian Museum in Calcutta and the National Museum in Delhi have kindly lent schist sculptures and stuccos.