40 Julius Klinger als das stärkste Talent und die größte Hoffnung Österreichs kommerzieller Kunst nennt, gehört zu den bestdisziplinierten jüngeren Repräsentanten dieser Kunst. Alle seine Arbeiten sind beides, künstlerisch und graphisch gesprochen, mit Scharfsinn erdacht und zu der höchst konzentrierten Form redu ziert, zu einem unvergleichlichen Effekt. Joseph Binder ist eine starke Erfüllung Österreichs kom merzieller Kunst und nicht nur ein Faktor der Hoffnung. Er ist der geborene Plakat-Künstler. Für jede Aufgabe gelang ihm die Reduktion einer beherrschten Form, das erste Gesetz jeder Plakat-Kunst, optische Vereinfachung und rasche Erfassungsmöglichkeit. Trotz der im Ganzen strengen Komposition atmet eine Grazie (Anmut) von allen seinen Zeichnungen.“ Professor Hoffmann empfahl einer jungen Künst- ierin, bei mir zu studieren. Sie kam mit ihrem Vater und begleitendem Liaison-Öffizier der Tschechoslovakischen Gesandtschaft in Wien. Die Arbeiten im Atelier erschienen nicht das Richtige für die Fortbildung der Tochter zu sein. Ein druckreifer fertiger Entwurf für die Packung „Meinl Keks“ lag vorbereitet auf dem Tisch, eine realistische Darstellung des Keks auf einem diagonal geteilten Hintergrund von rot und blau, neu damals. Mechanisch griff der Gesandte nach dem Keks; der Realismus verblüffte ihn so, daß seine Zweifel schwanden. Ich hatte viele Besucher in meinem Studio, Robert Fester, New York, Shepard from Wrigley, Chicago, Cassandre, Paris. Vasarely konnte ich ieider vor meiner Abreise nicht sehen. Mein Interesse am ausübenden Sport, Bergwan derungen, Schwimmen, Schiläufen, später Segeln und Tennis, veranlaßte mich, meine Be sucher zu Bergwanderungen einzuladen. Nach zweieinhalb Stunden Eisenbahnfahrt von Wien erreichten wir die 2000 Meter hohe „Rax“, man chesmal im Sommer teilweise mit Schnee be deckt. Meine Erwartungen waren enttäuscht, als man, auf dem Plateau nach der Bergfahrt an gelangt, einen „Autobus“ für das Überqueren des Plateaus erwartete. 1932 erschien eine große Publikation meiner Plakate in der „Art et Metiers Graphiques“, Nr. 30, in Paris, über Veranlassung meines Freundes Cassandre. In diesem Sommer hatte ich mir einen „Tennis- Arm“ zugezogen, der Arzt verordnete absolute Ruhe des Armes in einer Schlinge. Das war eine neue Erfahrung für mich nach allen diesen Jah ren der Tätigkeit. Oft vorher dachte ich daran, eine Grundlage zur Einführung meines Konzep tes graphischer Kunst festzulegen, was bei der Instruktion der mich besuchenden Studenten helfen würde. Später fügte ich „illustrierte“ Bei spiele hinzu. Am 18. August 1933 wurde ich zum gerichtlich beeideten Schätzmeister für ,,Graphic Design“ ernannt. Ich war der erste gewählte Sachver ständige für Gebrauchsgraphik, was die Neuheit des Berufes dokumentierte.