Der Stil. 33 Selbst eine geringe Beobachtungsgabe muss in uns die Ueberzeugung wachrufen, dass die Aussenerscheinung, die Kleidung des Menschen in Form, Farbe und Aus stattung den jeweiligen Kunstanschauungen und Kunstschaffen völlig entspricht, ja absolut nicht anders gedacht werden kann. Keine Epoche, kein Stil hat hievon eine Ausnahme gemacht. Recht anschau lich wird diese Thatsache durch ein Zu sammenhalten von Costümbildern mit den gleichzeitigen Werken der Baukunst, oder noch besser durch die Betrachtung von Gemälden, welche Beides vereint zeigen (Carpaccio, Callot, Bosse, Lepautre, Codo- vietzki, Canaletto). Ja die Sache lässt sich sowit verfolgen, dass sich uns schliesslich die Ueberzeu gung aufdrängt, dass die grossen Meister vergangener Jahrhunderte daran scheiterten, wenn sie Gestalten in Trachten ihrer Vor fahren darstellen wollten. Ihre Anschauung, ihr Empfinden entsprach eben immer nur den Formen ihrer eigenen Epoche. Was Stift und Pinsel schaffte, war immer der ureigene Stil ihrer Zeit. Wie so ganz anders heute! Ein Sammelsurium von Stilen, Alles wird copirt, sogar patinirt; und das soll mit unserer Aussenerscheinung stimmen? Es ist nicht nöthig Künstler zu sein, um diese Frage mit einem kräftigen »Nein« zu beantworten. Wo steckt nun der Fehler? Woher diese Disharmonie in Mode und Stil? 3