90 Bruce Nauinan, Performance Carridor (Performance Korridor), 1968-70. Solomon R. Guggenheim Museum, New York. Erworben mit Spenden der Louis and Bessie Adler Foundation, Inc., Seymour M. Klein, Vorsitzender Werk war eng mit Naumans figurativer Performance-Plastik Light Trap for Henry Moore No.1 967) verwandt, die er auch filmisch dokumentierte. In dieser Arbeit parodiert Nauman Henry Moores gegenständliche Zeichnungen der frühen vier ziger Jahre, die er nicht als statische Gegenstände der Be trachtung darstellt, sondern als Fallen, die die Bewegung des Lichts einfangen. Nauman machte mit einer Taschenlampe kreisförmige Bewegungen und malte so Figuren in den Raum, deren Leuchtspuren photographisch festgehalten wunden. Schon damals war er sich über den irreführenden Cha rakter jeder Dokumentation im klaren. »Ich nehme an, der Film wird zu einer Aufzeichnung dessen, was geschehen ist«, er innert er sich, »vielleicht auch deswegen, weil man dazu neigt, das, was auf einem Film erscheint, für wahr zu halten - man vertraut einem Film oder einer Photographie mehr als einem Gemälde.«®' 1968 lernte Nauman die Tänzerin und Choreographin Mere- dith Monk kennen, die ihn in seinem Gefühl bestätigte, daß Bewegungen, selbst die eines Amateurs, über ein künstleri sches Potential verfügen. »Die frühesten Performances, die gefilmt wurden, waren Sachen wie; Man sitzt im Atelier und was tut man? Nun ja, der Zufall wollte es, daß ich gerade viel im Atelier herumlief.... Das war es, was ich gerade machte, und so nahm ich es auf, nur dieses Herumlaufen. Es waren ganz einfache Dinge. ... Ich kannte einige der Sachen, die [Merce] Cunningham und ein paar andere Tänzer gemacht hat ten, wo man irgendeine einfache Bewegung nimmt und sie in einen Tanz verwandelt, nur indem man sie als Tanz darstellt... Es half jedenfalls, mit Meredith zu reden, weil sie Tänzerin ist und die Dinge in diesem Licht sieht.«®® Für Nauman stellte die Wiederholung solch einfacher Handlungen die Möglichkeit dar, den Betrachter in seinen Bann zu ziehen. Er vermied narra tive Inhalte und entschied sich für eine Art von Wiederholung, die den Betrachter rücksichtslos zermürbte, und damit für die Erzeugung einer anhaltenden Spannung, die sich nie löste. Während Naumans frühe Filme und Videos die Aufmerksam keit auf gewöhnliche Alltagsereignisse lenkten, eignete den nach 1967 entstandenen Arbeiten eher der Charakter von ausführlichen Tests und Herausforderungen oder von irritie renden Experimenten. So konstruierte er schwierige Situa tionen, die ihn selbst zunehmend wütend machten, wie etwa in Bouncing Two Balls between the Floor and Celling with Changing Rhythms (1967- 68). In dieser gefilmten Performance versuchte er, in einem bestimmten Rhythmus einen Ball gegen den Boden und einen zweiten gegen die Decke zu wer fen, diese dann aufzufangen und einen weiteren Ball zweimal auf dem Boden und einmal an der Decke abprallen zu lassen. Natürlich geriet das Spiel sofort außer Kontrolle. Bei Werken wie Performance Corridor (1968-70) versuchte Nauman, das Publikum in die von ihm geschaffenen Situa- 67 Bruce Nauman in: Joe Raffaele und Elizabeth Baker, »The Way- Out West: Interviews with 4 San Francisco Artists«, in: Art News, 4, Sommer 1967, S.40, zitiert in: Paul Schimmel, »Pay Attention«, in: Bruce Nauman, hrsg. von Joan Simon, Ausst.-Kat., Walker Art Center, Minneapolis 1994, S.72. 68 Bruce Nauman in einem unveröffentlichten Interview mit Lorraine Sciarra, Pomona College, Claremont, Kalifornien, Januar 1972, in: Schimmel (wie Anm. 67), S. 73.