149 Ushio Shinohara, Box-Mal-Aktion, ca. 1960-62 Ushio Shinohara, Aktion, ohne Titel, 1960 te, andererseits bestand sie aber auf einer Reduktion von Aktionen auf gemalte Bilder. Hier liegt der grundsätzliche Unterschied zwischen der Aktionskunst der Gutai-Gruppe und den Happenings von Kaprow und anderen, deren Ziel es war, die Grenze zwischen Kunst und Leben aufzuheben. Aufgrund dieser Reduktion von Aktion auf Form hinterließ die Gutai-Gruppe eine ganze Reihe von herausragenden Objekten, was für eine Grup pe, die mit Aktionen arbeitet, durchaus ungewöhnlich ist. Dies unterscheidet sie nicht nur von den europäischen und amerikanischen Happening-Künstlern, sondern auch von den Gruppen, die aus den »Yomluri Indepen- dant«-Ausstellungen hervorgingen oder mit ihnen in Ver bindung standen. Betrachtet man die Aktionskunst der sechziger Jahre in Tokio genauer, erscheint vieles davon sinnlos, ein reines Ausleben aggressiver und destruktiver Impulse. Werke, die irgendeine Form aufwiesen, waren äußerst rar. Als Georges Mathieu, der 1957 mit Michel Tapie nach Japan kam, in Osaka und Tokio öffentliche Vorführungen seiner Maltechnik gab, war der Einfluß auf junge Künstler groß. So ließ sich z. B. Ushio Shinohara von Mathieus Action painting inspirieren und stellte in seiner ersten Einzelaus stellung im Jahre 1958 eine Aktion vor, in der er die Lein wand mit Pinsel und Messer bearbeitete, während im Hintergrund eine Jazzband spielte. Zurück blieb schließ lich eine zerfetzte Leinwand. Um 1960 kam Shinohara auf die Idee, öffentlich mit Boxhandschuhen, die in sumi getaucht waren, zu boxen/malen und erzeugte damit in kürzester Zeit eine riesige Bildfläche. Seine Aktion, die als Parodie von Mathieu und Pollock interpretiert werden kann, unterschied sich erheblich von deren Arbeiten, da das Bild selbst am Ende zerstört wurde. Bei seinem Besuch in Japan traf Tapie nicht nur mit Gutai-Mitgliedern zusammen, sondern auch mit anderen jungen Tokioter Künstlern. Außer Shinohara erregte damals auch Tomio Miki, der seine Werke regelmäßig während der Aufführung seiner Aktionen zerstörte, Tapies Aufmerksamkeit.33 Shinohara schrieb: «Unsere Aktions kunst, die keine unvollständigen, starren Bilder duldete, hatte nichts mit dem sogenannten Action painting von Pollock zu tun. Sie ließ den Abstrakten Expressionismus, der durch öffentlich geförderte Ausstellungen eine immense, aber kurzlebige Popuiarität erreicht hatte und sich in Happenings fortsetzte, die eigentlich meta physische Aktionen waren, weit hinter sich.«3'* Daraus läßt sich schließen, daß es den Künstlern der »Yomiuri-lndependant«-Ausstellungen im Grunde nicht darum ging, Werke zu hinterlassen. Vielmehr trugen die Objekte, die sie in ihren Aktionen verwendeten, die Spuren rücksichtsloser Zerstörung. Die Tendenz zur Konfrontation zwischen dem Künstler und dem Gegen stand seiner Aktion wird bei den Künstlern der Gutai- Gruppe ebenso oft wahrgenommen wie bei jenen der 33 Ushio Shinohara, »Zenei no michi 5« (Der Weg der Avantgarde 5), in: Bijutsu Techö, Juni 1966, S.61. 34 Ibid.