1968/69 in ihren medienanalytischen Arbeiten erweitern. Während Nitsch, Mühl, Brus und Schwarzkogler die Aktion aus der kritischen Auseinandersetzung mit der gestischen Malerei entwickelten, beziehen sich die performativen Posi tionen Exports und Weibels auf eine radikale Analyse der Vermittlungsmögllchkelten des Textes und technischer Medien wie Film und Video. Dementsprechend Ist das reprä sentative Kunstobjekt in dieser frühen Phase der Arbeiten Weibels und Exports von nebensächlicher Bedeutung. An seine Stelle tritt, ähnlich der Position von Brus oder den frühen performativen Arbeiten Burdens oder Acconcis, der Körper als Projektionsfläche der durch die medialen Vermittlungs techniken vorgegebenen Kommunikationszwänge - die Metapher wird zur Demonstration, Bei Export und Weibel ver weist die dekonstruktive Analyse der Medien immer auch direkt auf den Körper und definiert diesen als Phänomen der Vergesellschaftung. Dieser eminent politische Befreiungs gestus bestimmt ihre frühen performativen Arbeiten. Darin trafen sie sich mit den Positionen von Brus und Mühl, die etwa ab 1966 eine Radikalisierung ihrer Aktionen durch verstärkte Thematisierung und Investigation des Körpers und eine Ana lyse seiner Funktionen mit allen damit verbundenen Tabu verletzungen vorgenommen hatten. Arbeiten wie die Gemein schaftsaktion Aus der Mappe der Mündigkeit (1969), Exports Tapp- und Tastkino (1968) oder Weibels Space of Language (1973) und Media Lung (1968) thematisieren den Körper als Trägermedium der zu analysierenden Codes. Auch das Werk Franz Wests entwickelte sich in einem dialek tischen Verhältnis aus Reaktion und Widerspruch zur spezi fischen Situation der österreichischen Nachkriegskunst, die zweifellos durch die Wiener Gruppe und den Wiener Aktionis mus sowie deren Umfeld dominiert wurde. Die ab Mitte der siebziger Jahre entstandenen Paßstücke sollen in ihrer parti- zipatorischen Konzeption beim Benützer psychophysische Gestikulationen und Posen auslösen. Bei den Paßstücken selbst handelt es sich um skulpturale Formen aus billigen Materialien wie Vorgefundenen Objekten, Papiermache oder Drahtstücken. Sprachlich bewegen sie sich in einem phanta stischen Zwischenbereich aus konkreter Lesbarkeit und amorpher Abstraktion und gewinnen ihren Sinn nicht aus der Präsenz skulpturaler Abgeschlossenheit, sondern aus ihrem 22 Siehe dazu: Katalog der Ausstellung im Kunstzentrum Nr. 66, München-Neuperlach 1985, S. 5. 23 Schilling studierte an der Wiener Hochschule für Angewandte Kunst und traf dort Günter Brus. In den frühen gestischen Abstraktionen und Texten der beiden Freunde zeigt sich eine intensive Auseinandersetzung und Kritik an der faktisch am Bild festhaltenden Position Pollocks. Im Unterschied zu diesem ver- animistisch-aktionistischen Charakter. In der Gestikulation - der Kombination der Form mit dem Körper seines Benützers - zeigt sich ein Prozeß, bei dem, wie West sagt, das Paßstück zur »Darstellung der Neurose«^“ und sein Träger zu einem potentiell transparenten und sensibilisierten Wesen mutieren. Sowohl diese frühen Arbeiten als auch die weitere Entwick lung, die das Werk Wests hin zu Rauminstallationen und räumlichen Werkcollagen durohmacht, zeigen, daß er vor allem Interesse an kommunikativen Abläufen hat. Im offenen Werkverständnis Wests liegt das Gewicht auf der Seite der Möglichkeiten des Rezipienten. Der Künstler, der sich im Wiener Aktionismus und selbst noch bei Weibel und Export in avantgardistisch-heroischer Pose selbst ins Zentrum des Werks gesetzt hat, zieht sich bei West etwas zurück und formuliert ein Angebot. Erst durch den kommunikativen Akt des Umgehens des Akteurs mit dem Objekt manifestiert sich der Gedanke. Alfons Schillings Werk ist in seinen Grundzügen aus der Kon frontation einer jungen Malergeneration, die sich auf dem Nährboden der expressiven österreichischen Moderne befin det, mit den befreienden internationalen Entwicklungen der Kunst der fünfziger Jahre entstanden. Etwa 1959 kam der in Basel geborene Schilling über den Katalog der documenta II und etwas später über die Biennale von Venedig mit der gesti- schen Malerei der New York School in Berührung.^“ Schilling war damals eng mit Günter Brus befreundet und beide beschäftigten sich intensiv mit der Position Pollocks. Um 1960 malte Schilling in ekstatischen Arbeitsvorgängen seine frühen, stark expressiven und großformatigen Abstraktionen über die Bildfläche hinaus buchstäblich in den Raum hinein. Vor allem aber mit den Rotationsbildern aus den Jahren 1961/62 und deren Weiterentwicklung zu den Sehmaschinen hat er wesentlichen Anteil an der Formulierung einer weit über das Bild hinausweisenden Überwindungskritik, die auch bei Mühl, Nitsch und Brus am Beginn des Aktionismus steht. Die Rotationsbilder, bei denen Schilling auf sich sehr schnell drehende Scheiben Farbe schüttet, stehen am Anfang die ses Weges und sind Aktionsmalereien kurz vor der Überwin dung der Geste des Malens hin zu einem performativen und analytischen Werkbegriff. Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris geht Schilling 1963 nach New York und beginnt mit stärken sie den aktionistischen Gestus des Körpers bis hin zu einer auch physisch vollzogenen ekstatischen Verschmelzung des Künstlers mit seinem Bild. Diese Dynamik führte bei Schilling zum direkten Zugriff auf das Auge durch die Experimente mit schnell rotierenden Scheiben und bei Brus zur Thematisierung seines Körpers als konkretes Arbeitsmaterial und Ausdrucks fläche.