208 Lygia Pape, Ei, 1967 Schichten. Ich verkörpere Revolte (Incorpo a Revolta) wurde mit Nildo reaiisiert, einem Sambatänzer aus der Favela Mangueria. Das konstruktivistische Grundprinzip schimmert immer noch ieicht durch die vieischichtige Struktur hindurch, wie Rosangeia da Costa Motta scharfsinnig dargeiegt hat: »Da gibt es ein ailgemeines Gefühi der Schwere, von etwas, das getragen werden muß. Doch was mit dem Körper in Kontakt tritt, ist weich... Der Text »incorpo a Revolta« ist von einer Haut aus Strohmatten bedeckt, die Ruhe und Trägheit symbolisiert. Diese Lässigkeit liegt über dem Sackleinen, das mit schwerer Arbeit verbunden ist. Die Revolte wird durch den roten Stoff entzündet. Andererseits wird der Kontakt dieser lodernden Revolte mit dem Körper durch die Flachsfüllung 18 Rosangela da Costa Motta in ihrer unveröffentlichten Dissertation über Heiio Oiticica und die Stadt Rio de Janeiro bei der Architecturai Association, London 1997. Zitiert mit freundlicher Genehmigung der Autorin. 19 Paulo Herkenhoff, »Lygia Pape - Fragmentos«, in: Lygia Pape, Säo Paulo 1995. gedämpft... Der Teilnehmer erfährt diesen Umhang, als sei er ein Spielzeug, das das seltsame Gefühl widersprüchlicher Gewichte auslöst.««” Manche Werke von Lygia Pape vermitteln auch (mächtiger als Worte) das Gefühl dafür, wie Strukturen der Abstraktion und des Minimalismus sich dem Körper öffnen und in den Fluß des Lebens in Rio de Janeiro eintauchen. Die minimalisti- schen Würfel in Papes E/er(1967) waren Hoizkonstruktionen, die auf einer Seite mit einer Plastikmembran bespannt waren, aus der die Teilnehmer wie bei einer Geburt hervorbrachen. In Teiler (1968) offenbart sich die Struktur des Netzes und der Gesamtkomposition sofort. Das Tuch ist eine gewaltige Baumwollplane, die zahlreiche Menschen in einer Gruppe zusammenhält, während sie sie gleichzeitig durch die regelmäßige Anordnung der Löcher voneinander trennt. Pape experimentierte auch mit einer zusätzlichen Trennung von Kopf und Körper, indem sie einen kalten Luftstrom über den oberen Teil blasen und warme Luft in den unteren Regionen zirkulieren ließ. Sobald jedoch das Stück kollektiv wird, ver schwinden die teilenden und isolierenden Elemente in einer Woge aus Energie und Interaktionen (»Energie breitet sich über die Gesamtheit dieser Urfläche des Lichts aus««, wie Paulo Herkenhoffsagt).“ Brasilianische Künstler formulierten auch viele Strategien zum Umgang mit der Frage nach der Trennung des Gesichtssinns von den anderen Sinnen, wie ihn die bildende Kunst vollzieht. In Rad der Freuden (Roola dos Prazers, 1968) arrangierte Pape Schüsseln mit Farbpigmenten in einem Kreis mit Tropf pipetten, und so entstand ein fröhliches Spiel, bei dem die visuelle Anziehungskraft einer schönen Farbe oft im Wider spruch zu deren scheußlichem Geschmack auf der Zunge stand. 20 Man könnte noch weitere wichtige Ausdrucksformen für dieses Eintauchen anführen: Mauricio Cimes Photos in Papes neo-kon kretem Book of Creation (1959), inmitten der alltäglichen Kakophonie der Straßen Rios; Regina Vaters flüchtig in die Ebbe und Flut der Natur eingeschriebenes Wort ART (Veart, 1978); Leonora de Baros Gedicht-Performance, in der sie mit ihrer