214 David Medalla, A Stitch in Time (Ein Stich in der Zeit), 1968-72. Arts Council Collection, London Tüchern, zahlreichen Spulen bunter Garne und Nadeln bestand. Man konnte es problemlos betreten (»Menschen können In meinen Installationen aus- und elngehen«, erklärte der Künstler^®), und die Aufforderung zum Sticken hob alle Vorurteile über hohe Kunst auf, obwohl das Ambiente zugleich einen subtilen psychologischen Druck ausübte. Sollte man vorübereilen oder seine Zeit, und damit etwas von sich selbst, in einer Atmosphäre kollektiver Erwartung opfern? >>Jeder kann mit seiner eigenen Zeit in eine sehr simple Tätigkeit ein bezogen werden... im Prozeß, im Rhythmus des Stickens wirst du bemerken, daß der Gesamtrhythmus zur Hälfte vom Material bestimmt wird.«®' Anstelle eines vom Künstler »erschaffenen Werkes-' entstand hier ein kinetisches Modell des kreativen Prozesses, in dem Künstler und Zuschauer, Individuum und Kollektiv, Erzeuger und Material einander gegenseitig erzeugten. Es ist lehrreich und vielleicht auch wieder befreiend, den Begriff der partizipatorischen und kollektiven »Live«-Arbeit aus einem körperlichen Bezugsrahmen herauszulösen und ihn zu einer Erfahrung »jenseits des Körpers« zu machen; gleichzeitig gilt es, von einer expressiven Art des Ausdrucks zu einer analytischen, forschenden überzugehen. Natürlich sollten wir die Relativität und Interdependenz dieser Begriffe stets berücksichtigen: eine Schlußfolgerung, die Susan Miller vielleicht mit ihrer ironischen, und doch bewundernden Anwendung der »objektiven« Praktiken des Vermessens und Erfassens auf die Substanzlosigkeit/Subjektivität der Träume in ihrem Dream Mapping (1974) nahelegen wollte. Das Projekt lief folgendermaßen ab: Nach ein paar Übungswochen, in denen sie lernten, ihre Träume aufzuzeichnen, wurden sieben Teilnehmer von Susan Hillereingeladen, drei Nächte in einem Feld in Hampshire draußen zu schlafen, auf einem Platz, der für seine große Menge an Pilzringen bekannt war. Die Teilnehmer schrieben jeden Morgen ihre Träume auf und kar- 26 Steve Thorn, Interview mit David Medalla, zitiert in: Guy Brett, Exploding Galaxies, London 1995, S. 98. 27 Ibid.