239 die die Vereinigten Staaten in Vietnam betrieben. Fox benutzte zur Einäscherung der Pflanzen einen Fiammenwerfer dessei- ben Typs, wie er in Vietnam eingesetzt wurde. Sein Gemahnen an ein Land unter Napalmbombenbeschuß und an verbrannte Vietnamesenkörper war ein symbolischer Akt, der den onto logischen Wert von Leben und Land der vietnamesischen Bevölkerung in Form des Wertes von chinesischem Jasmin darstellte. Darüber hinaus aber war es ein konkreter Akt der Zerstörung, der metonymisch mit der Zerstörung durch den Krieg zusammenfiel. Kunstaktionen boten ein alternatives Paradigma für die künst lerische Praxis, indem sie den Menschen als Materialisierung des Zwischenraums präsentierten, als den Berührungspunkt von Kunst und Leben. Die Hervorhebung des Wortes Be rührung bedeutet nicht, daß Kunst und Leben verschmel zen, sondern will die kommissurenhafte Verbundenheit der beiden Bereiche hervorheben. Als der Begriff «Performance- Kunst« Mitte der siebziger Jahre immer häufiger in der üppigen Aktionsiiteratur auftauchte, wurde er von vielen Künstlern zunächst mit der Begründung abgelehnt, er sei mit Unterhaltung und tradionellem Theater konnotiert und verbunden. Diese anfängliche Ablehnung kam vor allem aus Europa.^^ Erst mit dem Aufkommen ausführlicher, textueller Erzäh lungen in der Performance wurde die einst weitgehend non verbale Physikalität der Körperaktion mit jener Theatralik und Schauspielkunst in Zusammenhang gebracht, die der Begriff »performance art« impliziert. Vito Acconci ist eine zen trale Figur in dieser etymologischen Geschichte. Er war nicht Vito Acconci, Seed Bed (Samenbett), 15. - 29. Januar 1972, Sonnabend Gallery, New York. Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und der Barbara Gladstone Gallery, New York nur ein Wegbereiter der textgestützten Aktion (nicht zuletzt aufgrund seiner dichterischen Praxis), sondern hörte 1973, nur fünf Jahre nach seinen ersten Aktionen, bereits wieder auf, Performances zu machen. Acconci gab nach eigener Aussage die Performance auf, als ihm bewußt wurde, daß die Rezeption des Künstlers als theatralisches Schauspiel mit sei nen eigenen visuellen und intellektuellen Zielen als Künstler nicht in Einklang zu bringen war.^® In Acconcis berüchtigter Aktion Seed Bed (1972) in der New Yorker Galerie Sonnabend beispielsweise soll der Künstler, verborgen unter einer niedrigen, in die Galerie eingebauten Holzrampe, zweimal wöchentlich sechs Stunden am Tag masturbiert haben. Tatsache ist, daß der Künstler verbal auf die Galeriebesucher reagierte und sie als Katalysatoren benutzte, vermutlich um seine eigene sinnliche Erfahrung - wie auch die ihre-zu stimulieren. In den mentalen Bildern, die seine Erzählung erzeugte, beschwor Acconci die Vereinigung seiner Identität mit der der Besucher und vermengte so ästhe tische Produktion mit Metaphern der menschlichen Repro duktion, die allerdings durch einen narzißtischen Mangel an Verbundenheit erschwert würde. Diese (simulierte?) auto-ero tische Aktion bot keine Möglichkeit zu einem gegenseitigen Informationsaustausch, der Grundvoraussetzung für sinn hafte Beziehungen und Reproduktion menschlichen Lebens. 27 Stuart Brisley und Leslie Haslam behaupteten, der Begriff hätte völlig inadäquate und unpassende Konnotationen zum Theater, und nicht zur bildenden Kunst. Siehe Brisley und Haslam, «Anti- Performance Art«, in: Arte Inglese Oggi 1960-1970, Mailand 1976. Siehe auch Hugh Adams, »Editorial: Against a Definitive Statement on British Performance Art«, in einer Sonderausgabe über »Performance-Kunst«, Studio International, 192, 982, Juli-August 1976, S. 3. Zur Etymologie von »performance art« siehe Bruce Barber, »Indexing: Conditionalism and Its Heretical Equivalents«, in: A. A. Bronson und Peggy Gale (Hrsg.), Performance ByArtists, Toronto 1979, S. 183-204. 28 Podiumsdiskussion im Rahmen des Symposiums Performance Art in the 1960s, 1970s, and 1980s, Baltimore 1989.