264 Sherman Fleming, Something Akin to Living (Etwas Ähnliches wie Leben), 1979 gelegte Identität festzuhatten«.^^ Das Bemerkenswerteste an Klaukes »Image« war sein cooles, unnahbares Auftreten, eine Art der Selbstdarstellung, die durch seine körperliche Erscheinung noch unterstützt wurde: groß, schlank, gutaus sehend, schulterlanges Haar und provozierender Stil mit engen Hosen, offenem Hemd und einem Haufen langer Goldketten um den Hals. Klaukes Aura der Unantastbarkeit, die durch seine Art sich zu kieiden noch verstärkt wurde, war genau das Eiement seiner Identität, das die Performance The Harder They Come, der ich 1978 im Student Culturai Center in Beigrad beiwohnte, so eindringiich machte. Ganz in Weiß, die engsitzende Hose in eiegante Cowboy stiefei gesteckt, das Seidenhemd bis zum Bauchnabel aufge knöpft, Goldketten und Amulette auf der nackten Brust, also mit allen Codes der Selbstdarsteilung eines Rockstars verse hen, betrat Klauke den Raum, in dessen Mitte ein Labyrinth aus großen, in konzentrischen Kreisen angeordneten, durch Schnüre miteinander verbundenen Betonklötzen ausgelegt war. Musikalisch wurde Klaukes Auftritt von Jimmy Cliffs in einer Endlosschleife aufgenommenem, berühmten Reggae song »The Harder They Come« untermalt. Der Raum selbst war halbkreisförmig, die Fenster gingen auf eine belebte, laute Straße hinaus; die Dämmerung brach gerade herein und legte sich über den Raum, der nur durch die Lichter der in unregel mäßigen Abständen vorbeifahrenden Autos erhellt wurde. Dieser urbane, komplizierte, extrem zurückhaltende, distan zierte und allem Anschein nach völlig beherrschte Mann suchte sich nun einen Weg durch die konzentrischen Kreise aus Bausteinen, die so miteinander verbunden waren, daß sie nur an bestimmten Stellen Zugang zu dem nächstkleineren Kreis gewährten. Wenn der Künstler nicht aufpaßte, stolperte er über eine Schnur. Während er seine Kreise zog, bewegte sich Klauke immer heftiger zu der Musik. Je wilder er tanzte, desto schwieriger wurde es für ihn, die Schnüre nicht zu berühren und desto häufiger blieben seine schicken Stiefel in dem Labyrinth hängen, bis sie sich hoffnungslos in den Schnüren verfangen hatten, und das Gewicht und die Zugkraft der Betonklötze ihn schließlich mit einem Krach zu Boden rissen. The Harder They Come war ein einfaches Stück. Und dennoch war es irgendwie faszinierend, diesem beherrschten, artifiziellen, selbstbewußten und sexuell ambi valenten weißen Mann zuzuschauen, wie er einen Hinder nislauf inszenierte und diesen durch radikale schwarze Musik hochpeitschte, die zwangsläufig alles, was seine sorgsam konstruierte Selbstdarstellung vermitteln sollte, überflüssig machte, behinderte, außer Kraft setzte und schließlich aufhob. Klauke hat sich eindeutig von der feministischen Performance inspirieren lassen, wie auch Sherman Fleming, der 1976 ebenfalls eine Alternativpersona - »RodForce« - zum Leben 92 J. Fiona Ragheb, »Artists’ Biographies«, in: Rrose is a Rrose is a Rrose, S. 210.