296 Carolee Schneemann, Interior Scroll (Innere Schriftrolle), 1975 Sammlung Peter und Eileen Norton, Santa Monica taucht, drohen diese genau die Werte zu untergraben, für die sie so mutig gekämpft hat.'“ So schreibt zum Beispiel Rebecca Schneider: In den 25 Jahren nach »Eye/Body« [sic] entstanden expii- zite Body art-Werke wie die der feministischen Künstierin Orian, die in den Neunzigern ihr eigenes »Fleisch als Material“ benutzt, indem sie sich verschiedenen Schön heitsoperationen unterzieht, um »Teile« ihres Körpers - in ironischer Nachahmung - Frauendarstellungen der kano nisierten Kunst anzugleichen.'“ Die ansonsten exzellente Theoretikerin mißversteht Schnee mann jedoch in diesem Punkt; die Verbindung, die Schneider in ihrer Theorie herstellt, läßt sich nicht aufrechterhalten, denn Schneemanns Erforschung von »Fleisch als Material« in Eye Body unterscheidet sich grundlegend von Orlans Einsatz von »Fleisch als Material«. Vielmehr sollten Schneemanns eigene Worte aufmerksamer gelesen werden: 168 Für eine fundierte Kritik des Begriffs »bad giris« siehe Laura Cottingham, How Many ‘Bad’ Feminists Does It Take to Change a Light Bulb?, New York 1994. Cottingham beschreibt die »historisierte Verwendung von ‘Bad Giri’ ais ausgesprochen her absetzend« und erkält, daß dadurch »das Verhalten von Frauen in Richtung Selbstaufopferung, sexuelle Unterdrückung und Assimilation der heterosexuellen Werte Ehe und Familie, letzt endlich also zum Modell 'Good Girl’ hin gelenkt wird«, allesamt Zwänge, denen die Auftritte der Künstlerinnen den Kampf ange sagt hatten. Und sie fügt richtigerweise hinzu, daß >‘die Aneignung des good/bad-Modells, selbst wenn diese bewußt subversiv geschieht, aus der Perspektive jeder Frau nichts anderes ist als das Nachplappern eines männlichen vorherr schenden Konstrukts«. Eine solche Rhetorik, so ihre Schlußfolgerung, »beruht auf einer falschen, pseudo-hegeliani schen Prämisse, daß These fgood giri') und Antithese (‘bad giri’) zur Synthese (Emanzipation) führen. Sie übersieht, wie offensichtlich und willfährig diese Dialektik die Bedingungen der Emanzipation der Frau im Einklang mit dem Patriarchat beschreibt.« Weiters weist Cottingham auch auf die Oberflächlichkeit von Marcia Tuckers Definition des »bad giri« als »redlich, provokant, streitlustig, leichtfertig, lasch und sogar vulgär« hin; und bemerkt abschließend: »Ein Großteil der Rhetorik im Zusammenhang mit diesen Ausstellungen strotzt von dieser unerforschten Selbstverachtung und Selbsterniedrigung.« 169 Rebecca Schneider, The Expticit Body in Performance, London und New York 1997, S. 331-32.