313 AI Hansen, Hansen Breaks into the Unknown (Hansen bricht ins Unbekannte auf), 1966 tung verschiedener Welt-Kuituren, sondern nur mehr die Entwickiung von Kunstrichtungen im Westen und ihre Durchsetzung in der restiichen Welt. Die eigentiiche Rolie der internationaien Kunst sehen wir im globaien Kontext der Herrschaft...Obwohl die derzeitige kulturelle Herrschaft über die Dritte Weit Teil und Instrument des Neokolonialis mus ist, entstand das Konzept westlicher Dominanz vor den multinationalen Konzernen. Im Prinzip entwickelte es sich gleich zu Beginn des westlichen Zeitalters, und zwar paradoxerweise als Bestandteil von dessen humanisti scher Weltsicht.183 X. Kosmologien Die Kosmologie ist jener Zweig der systematischen Philo sophie, der sich mit dem Wesen des Universums als Kosmos beschäftigt, und dabei Metaphysik mit wissenschaftlichen Erkenntnissen kombiniert. Sein besonderes Interesse gilt den Vorgängen in der Natur und der Beziehung zwischen ihren Elementen. Kosmogonische Theorien befassen sich mit der Frage nach Schöpfung und Ursprung und der Entstehung der Welt. Aus der gemeinsamen Wurzel in dem griechischen Wort kosm oder kosmo entwickelten sich Begriffe wie »kosmopo litisch« - also das Kennen von und Aufgeschlossensein gegenüber großen Teilen der Welt, im Gegensatz zu provinzi ell, lokalpatriotisch oder in seinem Horizont eingeschränkt »Kosmopolit« - einer, der in jedem Land zuhause ist, der Weltbürger - und »Kosmorama'< - eine Darstellung von Landschaftsansichten aus verschiedenen Teilen der Welt, die durch den Einsatz von Spiegeln, Linsen und Beleuchtung per spektivisch realistisch erscheint. Aktionskunst ist eine kosmopolitische Kunst, geschaffen von Kosmopoliten, die kosmoramische Ansichten ihrer kulturellen, sozialen und politischen Umgebung - in der ganzen Un begrenztheit ihrer Dimensionen - auf der Fläche ihres Körpers ausstellen. Diese körperlichen Räume spiegeln Fragmente, Funken einer Erleuchtung über die Bedingung des Seins in einem Zeitalter, das so schnell auf sein Ende zugeht, wie es neue Möglichkeiten eröffnet. Durch die Linse ihres Verstands haben diese Künstler ein Bild geformt, das sich in flüchtigen Ereignissen wie in Abertausenden somatischen, kristallinen Facetten offenbart, die veranschaulichen, wie die Menschheit mit ihrem Leben umgeht. Eine eingehendere Beschäftigung mit den Arbeiten dieser Ausstellung wird zeigen, wie jeder einzelne Künstler jene glo- 193 Rasheed Araeen, Papier zu »Session 3: The Multinational Style«, für die Sondernummer über »The State of British Art«, Studio International, 193, 987,1978, S. 103. bale Ordnung vorweggenommen hat, zu ihr gleichzeitig einen Beitrag geleistet hat und Teil von ihr geworden ist, die sich nicht nur kürzlich in der Revolution der elektronischen Kommunikation manifestiert hat, sondern bereits um die letzte Jahrhundertwende oder vielleicht auch schon viel früher als Diskurs über den Kosmopolitismus aufgetaucht ist. Durch eine Auseinandersetzung mit den vielfältigen Veränderungen, die Künstleraktionen in den vergangenen fünfzig Jahren in unserem täglichen Leben bewirkt haben, habe ich in diesem Aufsatz versucht, die Leistungen dieser Künstler an der Schnittstelle der ästhetischen und der sozialen Welt festzu machen. Diese Künstler haben die Art und Weise, wie Kunst, Visualität und Interaktion zwischen uns allen gedacht und überdacht werden muß, unwiderruflich verändert. In meinen Augen sind sie ästhetische Kosmonauten, die jene Formen des Seins, des Lebens, Handelns und Denkens erforscht haben, die modellhaft für eine Zukunft sein werden, die sich, auch unter dem verstärkten Einfluß von Bio-, Endo- und Nano-Technologien, Cyber-Körpern, künstlichen Lebens- und Intelligenzformen und virtuellen Realitäten und Welten, radikal verändert. Im Zeitalter von Fernsehen, Kino, Werbung und jetzt auch von digitalen Bildern ist die Aufgabe, Bedeutung in der sichtbaren Welt zu verändern und zu kontrollieren, zweifelsohne viel kom plexer, als sie es im Schatten der Zerstörung nach dem Zweiten Weltkrieg war. Quer durch Zeit und Raum dieser Ausstellung waren diese Künstler Teil einer gespaltenen, am Rande der Vernichtung stehenden Welt, um schließlich mit ansehen zu dürfen, wie am 9. November 1989 tatsächlich eine kleine Mauer eingerissen wurde, wie Nelson Mandela nach siebenundzwanzig Jahren aus einem Rassisten-Gefängnis entlassen und zum Präsidenten eines neuen Südafrika gewählt wurde, um mitzuerleben, wie die Nachricht vom ersten geklonten Tier um die Welt ging und der beste Schachspieler der Menschheit gegen ein Computer programm verlor. In einer Welt solcher Welten hat uns die spe kulative Suche, die allen ’Körperaktionen« dieser Künstler gemeinsam ist, die Fähigkeit geschenkt, Erfahrungen neu zu machen und neu zu überdenken - eine einzigartige Ressource für eine konstruktive, humanere Zukunft im Angesicht von Veränderungen, die alles, was ich oben beschrieben habe, naiv und primitiv erscheinen lassen werden. Im nachfolgen den Teil werde ich näher auf einige ungewöhnliche ästhe tische Kosmologien eingehen, die Alternativmethoden skiz-