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Jackson Pollock, No. 1949. The Museum of Contemporary Art, Los Angeles. The Rita and Taft Schreiber Coiiection.
Gestiftet von Rita Schreiber in Gedenken an ihren Mann Taft Schreiber.
tischeren Bewegung oder Geste des Armes, für die der Künst
ler eine flach auf dem Boden ausgerollte Leinwand umkrei
sen mußte, veränderte sowohl die traditionelle Vorstellung
davon, was ein Bild war, als auch davon, wie es entstehen
konnte. Pollocks Aktion kündigte die Auflösung der Grenzen
zwischen dem Objekt und der Aktivität seiner Herstellung an.
Die eigentlichen, bildhaften Qualitäten, die die Malerei vor
Pollock besessen hatte, wurden nun in den Bereich des »bloß
Ästhetischen« verbannt.^
Mit Blick auf Pollock gab der einflußreiche Kritiker Harold
Rosenberg 1952 die berühmte Erklärung ab, daß »an einem
bestimmten Moment die Leinwand begann, einem amerika
nischen Maler nach dem anderen wie eine Arena vor
zukommen, in der man agieren mußte - statt wie ein Raum,
in dem man ein reales oder imaginiertes Objekt reproduzierte,
neu entwarf, analysierte oder »ausdrückte«. Auf der Leinwand
sollte nicht ein Bild, sondern ein Ereignis sein.«^ Durch die Über
1 Wayne J. Froman, »Action Painting and the World-As-Picture«,
in: Journal ofAesthetics and Art Critidsm, 46,4, Sommer 1988,
S.472L
2 lbid„S,474.
betonung der performativen Qualitäten von Pollocks Malerei,
des Action painting und der New York School im allgemeinen,
förderte Rosenberg einen Mythos, der für nachfolgende
Generationen von Künstlern prägender war als die Bilder selbst.
Seine Worte, in Verbindung mit Namuths berühmten Photo
graphien, verstärkten nachdrücklich eine einseitige Sichtweise
von Pollocks Leistung,
In einem inzwischen legendären Sprung seiner Vorstellungs
kraft in die Zukunft verkündete Allan Kaprow zwei Jahre nach
Pollocks Tod im Jahr 1956 prophetisch, daß die performative
Qualität seines Werks für die Generation der sechziger Jahre
von allergrößter Bedeutung sein würde, und daß darüber hinaus
Pollocks Gemälde selbst das Ende der Tradition der zwei
dimensionalen Repräsentation ankündigten. Während es
zutrifft, daß die Wandgemälden ähnlichen Formate von
Pollocks Leinwänden, die auf dem Boden seines Ateliers lagen,
ihn buchstäblich dazu zwangen, »in« seinem Werk zu sein.
3 Harold Rosenberg, »The American Action Painters«, in: The
Tradition ofthe New, New York 1959, S. 25; erstmals erschienen
als »The American Action Painters«, in: Art News, 51,8,1952.