ofactions
ZWISCHEN PERFORMANCE UND OBJEKT
1949-1979
MAK - Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien
MAK - Austrian Museum of Applied Arts, Vienna
17. 06.-06. 09. 1998
ZWISCHEN -'EFFORÄAUfCe «MO
ÖEJ'^ H
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von Paul Schimmel,
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
mit Essays von
Kristine Stiles
Guy Brett
Hubert Klocker
Shinichiro Osaki
Paul Schimmel
Herausgeber
der deutschen Ausgabe
Peter Noever / MAK
Die Ausstellung »Out of Actions: Between Performance and the
Object, 1949-1979« sowie die Ausstellungstour wurden vom
Museum of Contemporary Art, Los Angeles organisiert.
out of actions
AKTIONISMUS, BODY ART & PERFORMANCE 1949-1979
MAK-Aussteilung: Peter Noever
Kuratorin: Daniela Zyman
Assistenz: Ruth Lackner
Ausstellungsgestaltung: Peter Noever, Philipp Krummei,
Harald Trapp
Für die Unterstützung danken wir:
Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
Bundeskanzleramt - Kunstsektion
MAK Art Society
Der Standard
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
MAK - Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Stubenring 5, A-IOIOWien, Tel.: (+43-1) 711 36-0
Fax: (+43-1) 713 10 26
MAK-Katalog Herausgeber: Peter Noever
Redaktion: Daniela Zyman, Ruth Lackner
Lektorat: Jessica Beer
Übersetzungen: Alexandra Bootz, Barbara Hess,
Egbert Hörmann, Camilla Nielsen, Simone Schultze,
Claudia Spinner, Andreas Strecker
Graphik-Design, Herstellung: Maria-Anna Friedl, Gerhard Brunner
Gesamtherstellung: Dr. Cantz’sche Druckerei, Ostfildern
© für die abgebildeten Werke bei den Künstlern oder ihren
Rechtsnachfolgern
© 1998 MAK, Wien, Cantz Verlag, Ostfildern,
und The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
Erschienen im Cantz Verlag
Senefelderstraße 12, D-73760 Ostfildern
Tel,: (+49-711) 44 05-0
Fax: (+49-711) 44 05-220
ISBN 3-89322-956-6
Printed in Germany
out of actions
BETWEEN PERFORMANCE AND THE OBJECT, 1949-1979
MOCA-Ausstellung: Paul Schimmel
MOCA-Katalog: Paul Schimmel
Herausgeber: Russell Ferguson
Assistenz: Jane Hyun
Graphik-Design, Herstellung: Lorraine Wild, Amanda Washburn,
Yuki Nishinaka
»Out of Acfions: Between Performance and the Object, 1949-1979«
is dedicated to the memory of Sydney Irmas, and is made possible
by a generous giff from The Audrey and Sydney Irmas Charitable
Foundation.
The exhibition has also received significant support from the
National Endowment for the Arts, a federal agency; The Japan
Foundation; the Japan-United States Friendship Commission;
the Austrian Cultural Institute, New York; the Austrian Federal
Chancellery - Arts; the Austrian Consulate General in Los Angeles;
The British Council; Merrill Lynch; Service Culturel du Consulat
General de France ä Los Angeles; and Assoc/af/on Frangaise
d’Action Artistique D3H Ministere des Affaires Etrangeres.
Ausstellungstour
The Museum of Contemporary Art at The Geffen Contemporary,
Los Angeles
08.02. -10.05.1998
MAK - Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien
17.06.-06.09,1998
Museu d’Art Contemporani, Barcelona
15.10.1998-06.01.1999
Museum of Contemporary Art, Tokyo
11.02. -11.04.1999
Cover-Abbildung: Yves Klein, Anthropometrie Performance,
9.3.1963. Yves Klein Archives
Dieses Buch ist dem Andenken von Sydney M. Irmas, 1925-1996, gewidmet,
der durch seine Taten unsere Gesellschaft selbstlos unterstützte.
INHALT
Carolee Schneemann, Eye Body - Detail
Peter Noever
out of actions?
Zum Thema
Richard Koshalek
Vorwort
Paul Schimmel
Einleitung und Danksagungen
Paul Schimmel
Der Sprung in die Leere:
Performance und das Objekt
Shinichiro Osaki
Körper und Ort:
Japanische Aktionskunst nach 1945
Hubert Klocker
Gestus und Objekt:
Befreiung als Aktion: Eine europäische
Komponente performativer Kunst
Guy Brett
Lebensstrategien:
Überblick und Auswahl
Buenos Aires - London - Rio de Janeiro
Santiago de Chile 1960-1980
Kristine Stiles
Unverfälschte Freude:
Internationale Kunstaktionen
Verzeichnis der ausgestellten
Werke und Dokumente
Bibliographie
Index
Leihgeber, Bildnachweis
1963, Sammlung der Künstlerin
9
10
11
17
121
159
197
227
330
345
361
365
(Augenkörper),
Allan Kaprow, Yard (Hinterhof), 1961/1998
Allan Kaprow beim Aufbau in der MAK-Ausstellungshalle (work in progress). Sammlung Feelisch/Remscheid
9
Peter Noever
out of actions?
Zum Thema
Erstmals wird in der im MAK Wien gezeigten Aus -
stellung der Versuch unternommen, eine Zusammen -
fassung aller Bereiche der Aktionskunst und ihrer
vieltältigen Künstlergruppen zu präsentieren. Was
allen gemeinsam ist, ist der Versuch einer radikalen
Erweiterung des modernen Kunstbegriffes hin zu
einem offenen Kunstbegriff, der auch alle nachkom -
menden Künstlergenerationen nachhaltig beeinflußt
hat, als ein zentraler Ausgangspunkt ausschlagge -
bend für neue Definitionen und Entwicklungen ist und
auch für zukünftige Künstlergenerationen sein wird.
Um so mehr wird uns dabei bewußt, daß diese irritie -
renden und konsequent durchgeführten Aktionen bis
heute nichts von ihrer Wirkung eingebüßt haben.
Denn es sind dieselben Dialoge und Überlegungen,
die uns auch jetzt beschäftigen.
In unserer multimedialen und vom Konsum geprägten
Gesellschaft haben wir die Nähe zu den Dingen längst
verloren. Wir umgeben uns mit den Symbolen und
Äußerlichkeiten einer Zeit, die die Initialzündung für
viele Strömungen in Musik, Theater, Film, Literatur
etc. mit sich gebracht haben.
Die gebündelten Energien haben sich wie ein Lauf -
feuer über die ganze Welt verbreitet. Gerade die Viel -
falt der Proteste und Widerstandsbewegungen ist es,
die sich in den unterschiedlichen Positionen der
materiellen Manifestationen dieser Ausstellung wider -
spiegelt.
Auch wir leben in einer Epoche der unterschwelligen
Konventionen, und es scheint mir, daß wir die Zeit
herbeisehnen, in der Menschen ohne Rücksicht auf
Verluste radikal für eine Sache eingetreten sind.
Die Sehnsucht nach Veränderung - nach besseren
Lebensbedingungen -, nach der Verwirklichung des
Ideals einer multi-kulturellen Gesellschaft und der
Befreiung aus der Zweiklassengesellschaft - all jene
Themen, die sich im Grunde in den vergangenen
Jahrzehnten nicht wesentlich verändert haben, blei -
ben bis heute hochgesteckte Ziele, die in den Werken
bedeutender Künstler von Jackson Pollock bis
Joseph Beuys, von den Wiener Aktionisten bis zu
Shözö Shimamoto und Rebecca Florn, um nur einige
zu nennen, so provozierend und prägnant, so faszi -
nierend und symbolhaft ihren Ausdruck gefunden
haben.
Vieles liegt auf der Hand, aber dennoch gibt es noch
zahlreiche unentdeckte und widersprüchliche Wahr -
heiten, wenn es darum geht, die brisanten Werte der
sechziger und siebziger Jahre auf ihre Beständigkeit
angesichts heutiger Ziele und Ideale hinsichtlich
kunst-, kultur- aber auch sozialpolitischer Ent -
wicklungen und Anschauungen zu überprüfen.
Man hat zuweilen das Gefühl, daß die in den
Sechzigern freigesetzten Energien und Aggres -
sionen durchaus auch noch in unserer Zeit an der
Schwelle zum neuen Jahrtausend eine immer größere
Rolle spielen können. Durch das Zusammentreffen
nonkonformistischer künstlerischer Ausdrucksformen
mit Mitteln des politischen Widerstandes entstanden
einige der für die Weiterentwicklung der zeitgenössi -
schen Kunst ausschlaggebenden Werke unseres
Jahrhunderts.
Die vorliegende Präsentation out of actions bietet ein
breitgefächertes Spektrum dieser internationalen
Künstlerbewegung und setzt sich mit äußerst indivi -
duellen Kunstproduktionen aus den unterschied -
lichsten Ländern und Kulturkreisen auseinander.
Viele Eindrücke aus dieser Zeit sind uns geläufig:
Studentenunruhen in den USA und Europa, ins -
besondere auch in Deutschland und Frankreich,
Rassendiskriminierung, Frauen- und Bürgerrechts -
bewegung, Proteste gegen den Vietnamkrieg usw.
Diese Bilder, die wir via TV direkt ins Wohnzimmer
geliefert bekamen, prägen nachhaltig unsere Erin -
nerungen aber auch unser Verhalten. Ein direkter
Informationsaustausch war durch die immer größer
werdende TV-Gesellschaft erstmals möglich. Jeder
konnte auf seine Weise an den Aktionen oder
Protesten teilhaben.
Es galt, die Welt zu verändern - und die Künstler
haben mit ihren Ideen, Aktionen und Aufrufen direkt in
diese Auseinandersetzungen eingegriffen (Motto:
»Aufklärung durch Aktion«).
Zunächst ging es um eine rein künstlerische
Emanzipation, um den Wunsch, mit den herkömm -
lichen Strategien zu brechen und nach neuen Aus -
drucksformen zu suchen.
Doch die zunehmende Brisanz der weltweiten politi -
schen Krisen und Proteste hat eine revolutionäre
Aufbruchstimmung bewirkt, der sich auch die
Künstler nicht entziehen konnten, deren Aktionen
schon bald weit über den ästhetischen Raum hinaus
in den politischen wirksam waren.
10
Richard Koshalek
VORWORT
Zeitgenössische Kunst - in groben Zügen die Kunst von
1940 bis zur Gegenwart - ist ein fruchtbarer Nährboden,
ein wogendes Meer mit unterschiedlichen Strömungen,
die zur Oberfläche aufsteigen, in die Tiefen verschwinden,
um dann miteinander verbunden wieder aufzutauchen.
Die Aufgabe eines jeden Museums, das sich mit zeit -
genössischer Kunst beschäftigt, ist es, die Reichhaltigkeit
dieses Ozeans zu vermitteln und unablässig die Aus -
wirkungen der verschiedenen Strömungen auf die dar -
auffolgende künstlerische Produktion zu untersuchen. Im
Gegensatz zu traditionellen Museen, deren Programm
weitgehend auf Einzelausstellungen von Künstlern mit
etabliertem Ruf basiert, erfüllen zeitgenössische Museen
ihre Funktion in Themenausstellungen, die Kunst in neuen
Kontexten präsentiert.
»Out of Actions; Between Performance and the Object,
1949 -1979“ ist eine großartige Fortsetzung der Reihe von
Themenausstellungen, die von Anfang an die program -
matische Ausrichtung des Museum of Contemporary Art
in Los Angeles bestimmt haben. Das MOCA hat in der
kurzen Geschichte seines Bestehens ein ehrgeiziges
Programm verfolgt, das es sich zum Ziel gesetzt hat, die
Schlüsselereignisse und entscheidenden Abschnitte in
der Entwickung der zeitgenössischen Kunst einer Neu -
einschätzung zu unterziehen. Ausstellungen wie »A Forest
of Signs“ (1989), »Reconsidering the Object of Art:
1965-1975« (1995) und »Heiter Skelter: LA. Art in the
1990S“ (1992), um nur ein paar zu nennen, haben einen
wertvollen Beitrag zum Verständnis der zeitgenössischen
Kunst und ihrer Stellung in der heutigen Welt geleistet. In
einem ähnlichen Sinn erschließt »Out of Actions« Neu -
land durch das Aufdecken des komplexen internationalen
Netzwerkes von Beziehungen, das eine wahrhaft neue,
auf prozessualen und temporären Elementen basierende
Kunst hervorgebracht hat. Auch wenn jede einzelne der in
der Ausstellung vertretenen Bewegungen und Gruppen -
wie etwa die New York School, Fluxus, Performance-
Kunst und die Gutai-Gruppe - als Einzelphänomene
bereits präsentiert worden sind, so ist »Out of Actions«
doch die erste große Ausstellung, die eine scheinbar
unzusammenhängende Reihe von Künstlern und interna -
tionalen Trends miteinander verbindet und aufzeigt, wie
sehr die zeitgenössische Kunstproduktion seither von die -
sen entscheidenden drei Jahrzehnten geprägt worden ist.
Auch unter den anderen vom MOCA organisierten
Großprojekten sticht »Out of Actions« als eine der ehrgei -
zigsten Initiativen des Museums hervor. Sie zeugt von der
Ausdauer, der Vision und dem leidenschaftlichen Einsatz
von Paul Schimmel, unserem Chefkurator. Durch seine
herausragende Arbeit bei der Organisation der Aus -
stellung über viele Jahre hinweg hat er nicht nur eine
außergewöhnliche Schau ermöglicht, sondern auch den
internationalen Einfluß und Ruf des Museums gestärkt.
In seinen Bemühungen wurde er von einem ausgezeich -
neten Team unterstützt, darunter Kim Cooper, Linda
Genereux, Susan Jenkins und Denise Spampinato, denen
wir hier unseren besonderen Dank aussprechen wollen.
Diese Ausstellung ist ebenfalls eine Hommage an zwei
unvergleichliche Menschen, ohne die das Museum nicht
zu dem hätte werden können, was es heute ist: Audrey
und Sydney Irmas. »Out of Actions«, die dem Andenken
an Syd gewidmet ist, wurde durch eine großzügige
Schenkung der Audrey and Sydney Irmas Charitable
Foundation ermöglicht. Damit wird ein eindrucksvolles
Zeichen gesetzt: Wir alle im MOCA werden Syd stets
vermissen, seine außergewöhnliche Energie und seine
unschätzbare Fähigkeit, ein echter Freund zu sein. Es ist
für uns ein sehr großes Glück, daß Audrey weiterhin am
Museum wirken wird, und man kann ihren Beitrag auf
jeder Ebene nicht hoch genug einschätzen - als Vorstand
unseres Aufsichtsrats, durch wunderbare Schenkungen
an die Sammlung und Stiftung des Museums, durch ihre
Unterstützung bei diesem Projekt und zahlreichen ande -
ren Ausstellungen und als unübertroffene Vorkämpferin
für alle unsere Anliegen.
Diese Ausstellung wurde auch durch die außergewöhnli -
che »Koalition« jener Länder unterstützt, deren Künstler in
dieser Ausstellung vertreten sind. Unser besonderer Dank
ergeht an die folgenden Institutionen und deren Vertreter,
die eine weitere finanzielle Unterstützung ermöglicht
haben: Jennifer Dowley am National Endowment for the
Arts; Shin’ichiro Asao und Isao Tsujimoto von der Japan
Foundation; Eric Gangloff von der Japan-United States
Friendship Commission; Peter Wittmann und Andreas
Mailath-Pokorny vom Bundeskanzleramt der Republik
Österreich; Wolfgang Waldner und Thomas Stelzer vom
Österreichischen Kulturinstitut; Generalkonsul Werner
Brandstetter vom österreichischen Generalkonsulat in Los
Angeles; Andrea Rose vom British Council; Rod Hagen-
buch von Merrill Lynch; Juliette Salzmann vom Service
Culturel du Consulat General de France, Los Angeles,
und Jean Digne, dem Direktor der Association Frangaise
d’Action Artistique, Ministere des Affaires Etrangeres.
(Direktor, MOCA)
11
Paul Schimmel
EINLEITUNG UND DANKSAGUNG
Die Ausstellung vereint eine ausgewählte Gruppe von
Werken, die repräsentativ für jene entscheidende Phase
stehen, in der Performance-Kunst die Arbeitsweise von
Künstlern sowohl bestimmte, als auch veränderte. »Out of
Actions: Between Performance and the Object, 1949-
1979“ (die Ausstellung und der Katalog) erhebt nicht den
Anspruch, einen Überblick über die gesamte Perfor -
mance-Kunst als solche zu geben. So werden die außer -
gewöhnlichen Leistungen von Tänzern, Musikern, Dra -
matikern, Schriftstellern, Architekten und Sozialwissen -
schaftern (deren Arbeit in einer Wechselwirkung mit bil -
dender und Performance-Kunst stand), nicht erforscht.
Statt dessen wurde eine ganz spezifische Sammlung der
materiellen Kultur der Kunst zusammengetragen. Diese
Ausstellung präsentiert eine Erforschung der bildenden
Künste und der Bilder, Skulpturen, Installationen, Objekte
und Dokumente, die von Performance-Arbeiten übrigge -
blieben, der Kunstwerke, die aus Performance-Arbeiten
hervorgegangen sind. Es soll keine illustrierte Geschichte
der Performance-Kunst geboten werden. Sehr wohl aber
handelt es sich um einen internationalen Überblick, der
Künstler aus den fünfziger, sechziger und siebziger Jah -
ren präsentiert, deren Werk zweifelsohne von ihrer Be -
rührung mit Performance-Kunst beeinflußt wurde. Auch
wenn man Aspekte dieser Tendenz in vielen wichtigen
früheren Bewegungen finden kann (insbesondere im
Dadaismus), so erlebte die Zeit nach dem Zweiten Welt -
krieg eine geradezu explosionsartige Zunahme jener
künstlerischen Aktivitäten, die den Prozeßcharakter und
die Performance als Gegenstand des Kunstwerks in den
Vordergrund stellten. Die Trennlinie zwischen Aktion, Per -
formance und dem Kunstwerk wurde dabei zunehmend
unsichtbar und unbedeutend. Die Arbeiten in dieser Aus -
stellung wurden ausgewählt, weil sie sowohl eine ent -
scheidende Phase in der Laufbahn der jeweiligen Künst -
ler aufzeigen, als auch weil sie jenes fragile Moment ver -
anschaulichen, in dem der Kunstgegenstand selbst von
der Performance, aus der er hervorging, geprägt ist. Ich
habe versucht, nationalistische Grenzlinien zumindest
aufzuweichen, sowohl durch die Auswahl der Werke als
auch durch ihre Gegenüberstellung, die vor allem durch
eine chronologische Darstellung in Gang gesetzt wird
ist. Heute haben wir genug Abstand, um die internationa -
len Beziehungen, den breiten kulturellen Austausch und
die über mehrere Generationen hinweg reichenden, wech -
selseitigen Beeinflussungen zu verstehen und richtig
einzuschätzen, die diese ungewöhnlich produktive
Epoche ausgezeichnet haben. Die Tatsache, daß Perfor -
mance-Arbeit untrennbar mit der Notwendigkeit des
Reisens verbunden war, ermöglichte und förderte ein
überaus hohes Maß an Interaktion, so daß das Atelier auf
eine internationale Bühne verlegt wurde.
Das Vorbild für »Out of Actions: Between Performance
and the Object, 1949-1979“ bilden jene Art von Aus -
stellungen, die in den sechziger Jahren für das MOMA
stilbildend wurden. In der von William C. Seitz 1961 orga -
nisierten »The Art of Assemblage« wurde etwas mehr als
ein halbes Jahrhundert Assemblagekunst anhand von
Arbeiten fast unbekannter Künstler sowie Werken eini -
ger führender Vertreter dieser Kunstrichtung betrachtet.
Ähnlich aufgebaut, aber noch anspruchsvoller war die
Ausstellung von Pontus Hulten, »The Machine as Seen at
the End of the Mechanical Age« (1968). In den letzten
Jahren sind thematische Großausstellungen zunehmend
zurückgegangen. Die vielfältigen assoziativen Interaktio -
nen zwischen einzelnen Objekten verschiedener Künstler
wurden zugunsten eines monographisch geleiteten
Ansatzes aufgegeben. Diese Wertschätzung der Leis -
tungen einzelner Künstler hat leider dazu geführt, daß
die bedeutenden thematischen, ikonographischen und
formalen Assoziationen, die die künstlerische Praxis
einer gegebenen Zeit bestimmten, nicht mehr regelmä -
ßig untersucht wurden. Unter der Leitung von Richard
Koshalek hat das MOCA in Ausstellungen jüngeren
Datums wie etwa »Hall of Mirrors: Art and Film Since
1945“ und »1965-1975: Reconstructing the Object of Art«
versucht, diese bezeichnende Leerstelle teilweise zu fül -
len. Ich möchte Richard dafür danken, daß er ein Klima
geschaffen hat, das für ein Projekt wie »Out of Actions« so
fruchtbar war. In einer Zeit, in der Museen sich in zuneh -
mendem Maße mit quantitativen Ergebnissen und mit
Formeln, die »ziehen«, befassen, hat Richard Experimente
und spekulative Untersuchungen ermöglicht und sogar
gefördert.
Alle Mitarbeiter des MOCA bewiesen eine außergewöhn -
liche Bereitschaft zu herausfordernden und kreativen
Abenteuern. Bedanken möchte ich mich bei Kathleen
Bartels, der stellvertretenden Direktorin, für ihre admini -
strative Unterstützung und Hilfe bei der Ausstellungs -
tournee; bei Erica Clark, der Entwicklungsleiterin, für ihre
Hilfestellung bei den wichtigen Finanzierungsfragen zu
diesem Projekt; bei Dawn Setzer, der stellvertretenden
Leiterin der Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsar -
beit, für ihr großes Einfühlungsvermögen und den Enthu-
12
siasmus, den sie bei der Vermittlung der Ausstellung
zeigte; bei Sharla Barrett, der Organisatorin für Sonder -
veranstaltungen, für die Organisation des Eröffnungs -
banketts; bei Alma Ruiz, Kuratorin, für ihre Mühe bei der
Koordinierung der Tournee und für ihre Unterstützung bei
der Erarbeitung des Ausstellungsbudgets; bei Jack Wiant,
dem Leiter der Finanzen, für die Sorgfalt, mit der er so\A/ohl
die finanzielle Verantwortung als auch die kreativen Mög -
lichkeiten wahrgenommen hat, die mit der Finanzierung
und dem Ausgaben-Controlling verbunden sind. John
Bowsher, der Verantwortliche für Ausstellungsproduktion,
und seine außergewöhnlichen Mitarbeiter, wie auch David
Bradshaw, der Technische Leiter für Medienkunst, haben
bei der Umwandlung des Gebäudes von The Geffen
Contemporary hervorragende Arbeit geleistet: Aus einem
offenen Lagerhaus wurde eine dicht aufeinanderfolgende
Reihe von Räumen, die den Besuchern erlaubt, einen
chronologischen Rundgang durch die Geschichte der aus
Performance entstandenen Kunst zu machen. Der
Sammlungs- und Leihgabenverwalter Robert Flollister
und seine Assistentin, die einfallsreiche Portland McCor-
mick, haben sich dafür eingesetzt, Werke aus allen Teilen
der Welt nach Los Angeles zu bringen und sie in die dar -
auffolgende Ausstellungstournee zu integrieren.
In vieler Flinsicht ist dieses Buch das bleibende Produkt
der Ausstellung. Wir hoffen auch, daß es einen bedeuten -
den Beitrag zur Literatur über dieses Thema leisten wird.
Zustande kam die Publikation dank des Einsatzes des
MOCA-Flerausgebers Russell Ferguson, dank seiner
Vision und der seiner Mitarbeiter, darunter in erster Linie
Stephanie Emerson, seiner Assistentin, die sich in ihren
Bemühungen um den Abschluß des Katalogprojektes her -
vorgetan hat, zusammen mit Jane Hyun, der Redaktions -
sekretärin. Einen wichtigen Beitrag leistete auch Lorraine
Wild mit ihrem professionellen Graphik-Design und ihrer
Gelassenheit selbst angesichts größten Drucks. Sie ist
eine brillante und originelle Designerin, die mehr Zeit ver -
dienen würde, als sie je bekommt. Mein eigener Aufsatz
profitierte enorm von der redaktionellen Unterstützung
von sowohl Sue Henger als auch John Farmer.
Ein ebenso großer Gewinn für die Ausstellung waren die
Beiträge von Guy Brett, Flubert Klocker, Shinichiro Osaki
und Kristine Stiles. Gemeinsam mit Flubert Klocker berei -
ste ich Deutschland und Österreich. Guy Brett und ich
verbrachten viel Zeit zusammen in London. Shinichiro
Osaki übernahm die Organisation meiner Besuche in
Osaka und Tokio. Kristine Stiles arbeitete mit mir bei ver -
schiedenen Gelegenheiten hier in Los Angeles zusam -
men. Über die Jahre sind Ferguson und ich mit den
Autoren zusammengetroffen, deren Beiträgen wir, sowohl
was die Auswahl der Künstler und Arbeiten als auch was
ihren Katalogtext betrifft, sehr viel zu verdanken haben.
Sie haben mehr als nur Aufsätze beigesteuert - sie haben
auch den Aufbau und die Ausrichtung der Ausstellung
mitbestimmt. Besonderer Dank gebührt Kristine Stiles,
die, basierend auf ihrem breiten Spektrum an Interessen,
einen Aufsatz verfaßte und mich bei der Entwicklung des
Ausstellungskonzepts unterstützte, und damit sowohl für
die Ausstellung als auch für den Katalog eine entschei -
dende Rolle spielte. Kristine und alle anderen Autoren
haben mir auf sehr großzügige Weise ihre Zeit zur Ver -
fügung gestellt, in Gesprächen, in denen sie mir wichtige
Flinweise gaben, aber vor allem in ihren wissenschaftli -
chen Arbeiten, in denen sie einen bleibenden Beitrag zu
dieser Thematik leisteten. Für die Entstehung dieser Aus -
stellung gebührt ihnen alle großer Dank.
Was die Organisation der Reisen, die mit dem Zustande -
kommen dieser Ausstellung verbunden waren, die Flun-
derten von Briefen, die ich bei meinen ersten Erkundigun -
gen verschickte, die Ausstellung selbst, die Tournee und
eine Vielzahl von anderen Details betrifft, so muß ich mich
bei meiner bewährten und stets optimistischen Assi -
stentin Diane Aldrich bedanken. Die Assistentin, die sich
am längsten um die Organisation dieser Ausstellung küm -
merte, ist Kim Cooper, die für die Koordination von
Projekten zuständig ist. Während der letzten drei Jahre hat
sie sich zunächst mit der Forschungsarbeit, dann mit der
Realisierung dieser komplexen Aufgabe beschäftigt und
einen Zeitplan für die Produktion des Katalogs entwickelt.
Sie wurde unterstützt von Denise Spampinato, zunächst
bei der Forschungsarbeit und in weiterer Folge bei der
Schaffung eines ungewöhnlichen Leseraums, der mit den
seltenen Manuskripten und Dokumenten, die mit diesen
Künstlern und diesem Zeitraum in Verbindung stehen,
ausgestattet wurde. Susan Jenkins setzte ihre organisa -
torischen Fähigkeiten und ihre hohen Ansprüche an
kunsthistorische Forschung in der Fertigstellung der
Werkliste für die Ausstellung und der Bibliographie ein.
Linda Genereux hat bereitwillig und humorvoll Photo -
graphien aus allen Teilen der Welt für den Katalog zusam -
mengetragen, und dies in einem geradezu unmöglichen
Zeitrahmen. Dank gebührt auch Jeanette Roan für ihren
Beitrag zu den Frühstadien der Forschung für diese
Ausstellung.
über die Jahre habe ich von der Inspiration und den
Ratschlägen zahlreicher Kollegen ungeheuer viel gelernt.
Zu Anfang, als die Ausstellung noch »When Performance
Became Art« hieß, war Harald Szeemanns Ausstellung
»When Attitudes Became Form: 1969-1970«' gewiß eine
Inspirationsqueile. Von größerer persönlicher Bedeutung
waren für mich die Ratschläge und die Ermutigungen von
James Hahthas, bei dem ich studierte, als er in den frühen
siebziger Jahren Direktor des Everson Museums war. Er
stellte mich am Contemporary Arts Museum in Houston
an und rief eine Stiftung ins Leben, die die Grundiage für
diese Ausstellung bildete. Die Tatsache, daß er mich u.a.
mit Künstlern wie Nam June Paik, Hermann Nitsch und
Yoko Ono bekannt machte, wirkte sich entscheidend auf
meine Interessen und künftige Entwicklung aus. Dankend
erwähnen möchte ich auch Kevin Conseys Unterstützung
in der Zeit, ais er das Newport Harbor Art Museum leitete:
Er hat mich früh zu einer Beschäftigung mit diesen Ideen
motiviert. Andere wichtige Kollegen, die ich noch nennen
möchte, sind Bernard Blistene, Gary Garrels, Michael
Govan, Yuko Hasegawa, Madoka Moriguchi, Sadumasa
Motonaga, Suzanne Page, David Ross, Didier Semin, Kirk
Varnedoe, Sohei Yoshino und vor allem Jean de Loisy für
seine wichtige Arbeit bei der Ausstellung »Hors Limites,
l’art et la vie 1952-1994« und seine Einladung zu einem
Vortrag über dieses Projekt, die ich stets hoch geschätzt
habe.
Im Laufe der Jahre hatte ich die Gelegenheit, Dutzende
Künstler zu treffen. Die Zeit, die sie mit mir verbrachten,
und die Großzügigkeit, mit der sie mir begegneten,
schätze ich außerordentlich. Ich möchte den folgenden
Künstlern für ihre Hilfe meinen besonderen Dank aus -
sprechen: Marina Abramovic, Vito Acconci, Stuart Brisley,
James Lee Byars, Paul Cotton, Jim Dine, Valie Export,
Terry Fox, Howard Fried, Gilbert & George, Jon Hendricks,
Lynn Hershman, Rebecca Horn, Akira Kanayama, Allan
Kaprow, Jannis Kounellis, Yayoi Kusama, John Latham,
Uwe Laysiepen, Jean-Jacques Lebel, Lea Lublin, Tom
Marioni, Georges Mathieu, David Medella, Gustav
Metzger, Robert Morris, Otto Mühl, Bruce Nauman,
Hermann Nitsch, Claes Oldenburg, Yoko Ono, Raphael
Ortiz, Nam June Paik, Lygia Pape, Michelangelo
Pistoletto, Niki de Saint Phalle, Carolee Schneemann,
Bonnie Sherk, Shözö Shimamoto, Kazuo Shiraga, Daniel
Spoerri, Atsuko Tanaka, Mark Thompson, Ben Vautier,
Wolf Vostell, Peter Weibel und Emmett Williams. Einige
Künstler waren einverstanden, ihre Werke für diese
Ausstellung wiederherzustellen. Ich bin ihnen für ihre
Bereitschaft, Werke, die in einigen Fällen fast vierzig Jahre
zurückreichen, einer neuerlichen Betrachtung zu unter -
ziehen, sehr dankbar. Alle Künstler haben viel Zeit und
Aufwand beigesteuert. In einigen Fällen reichen meine
Diskussionen mit ihnen über zehn Jahre zurück, und so
schätze ich ihre Bereitschaft hier teilzunehmen, ganz
besonders. Dies gilt insbesondere für Chris Bürden, der
mir seit seiner Retrospektive 1988 mit Rat und Tat zur
Seite stand.
Mike Kelley und Paul McCarthy gebührt besonderer Dank
für ihren Beitrag in Form einer von Künstlern organisierten
»Ausstellung in der Ausstellung«, die als Orientierungshilfe
für diese Schau diente. Paul McCarthy hat auch wesent -
lich zur Organisation eines begleitenden Symposiums
beigetragen, das unter der Leitung von Mary Kelley, dem
Vorstand der Kunstabteilung, am UCLA stattfand. Ich
möchte auch der Vermittlungsabteilung des MOCA dan -
ken - namentlich Kim Kanatani, der Direktorin, für ihre
Organisation sowohl des gemeinsamen Projekts von Paul
McCarthy/Mike Kelley in der Gil Friesen Visitors’ Gallery
als auch ihrer Hilfe bei der Organisation des Symposiums,
und Caroline Blackburn für ihren großen Einsatz bei den
Kunstgesprächen und dem Symposium.
Bestimmte Institutionen zeigten sich überaus großzügig
bei der Bereitstellung von wichtigen Leihgaben aus ihren
Sammlungen. Ich möchte ihren Mitarbeitern für die groß -
zügige Bereitschaft danken, mit der sie zugelassen haben,
daß einige Werke aus ihren Sammlungen für einen länge -
ren Zeitraum abwesend sind. Dazu zählten Isobel John-
stone von der Arts Council Collection, Hayward Gallery;
Siichiro Matsunaga vom Ashiya City Museum of Art and
History; Jacquelynn Bass vom Berkeley Art Museum;
Thomas W. Styron vom Greenville County Museum of Art;
Thomas Krens und Lisa Dennison vom Solomon R.
Guggenheim Museum; Hirohiko Hino, Toshitami Kaihara
und Yutaka Hayami vom Hyogo Prefecturai Museum;
Dieter Rente vom Kunstmuseum Bonn; Paul Winkler und
Walter Hopps von The Menü Collection; Löränd Hegyi
vom Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien;
Yasuo Kamen vom Museum of Contemporary Art, Tokio;
Kirk Varnedoe, Margit Rowell und Cathy Magdalena von
The Museum of Modern Art, New York; Volker Rattemeyer
vom Museum Wiesbaden; Ichiro Kemmochi von Nagoya
City Museum; Carl Beiz vom Rose Art Museum; John R.
Lane vom San Francisco Museum of Modern Art; Karin
van Maur von der Staatsgalerie Stuttgart; Ryoichi Yama-
14
guchi vom Takamatsu City Museum of Art; Nicholas
Serota von der Tate Gallery; Masahiro Aoki vom Toyota
Municipal Museum of Art; Kathy Halbreich vom Walker Art
Center; Sherri Geldin vom Wexner Center fortheArts; und
David Ross vom Whitney Museum of American Art.
Ich möchte ferner folgenden Künstlern, Privatsammlern
und Stiftungen für ihre Leihgaben zu dieser Ausstellung
danken: Marina Abramovic, Vito Acconci, Genpei Akase-
ga\wa, Laurie Anderson, Eleanor Antin, Rasheed Araeen,
Mowry Baden, Artur Barrio, Alberto Bossi, Gerard Beau-
four, Oie Bjornsdal Archive, Rene Block, Mark Boyle und
Joan Hills, Stuart Brisley, Robert Delford Brown, Günter
Brus, Chris Bürden, Mercedes Casanegra, Richard
Castellane, William Claxton, Houston Conwill, William
Conwill, Francesco Conz, Paul Cotton, Shashi Caudill und
Alan Cravitz, Jane Crawford und Gordon Matta-Clark
Estate, Jim Dine, John Duncan, Felipe Ehrenberg,
Thomas Erben, Roberto Evangelista, Valie Export, Sante
Falconer, Wolfgang Feelisch, Frayda und Ronald
Feldman, Marianne Filliou, Rose Finn-Kelcey, Luciano
Figueiredo von der Oiticica Foundation und dem Clark
Estate, Sherman Fleming, Mariou Bardini von der
Fondazione Lucio Fontana, Terry Fox, Howard Fried,
Barry Friedman, Magdalena Stumpf von der Sammlung
Friedrichshof, Fundaciö Antoni Täpies, Pinohas Cohen
Gan, Gideon Gechtman, Jochen Gerz, Eva Geyer, Hai
Glicksman vom Guy de Cointet Estate, Carol und Arthur
Goldberg, dem Greco Estate, Ion Grigorescu, Victor
Grippo, Bibbe Hansen, Maren Hassinger, Jon, Joanne
und Eleonore Hendricks, Lynn Hershman, Hess Collec -
tion, Susan Hiller, Sabrina van der Ley von der Sammlung
Hoffmann, A. C. Hudgins, Pontus Hulten, Julius Hummel
von der Kunsthandlung, Jasper Johns, Kim Jones, Bettina
Landgrebe vom Donald Judd Nachlaß, Allan Kaprow,
Mike Kelley, Jürgen Klauke, Milan Knizäk, Alison Knowles,
Eustachy Kossakowski, Yayoi Kusama und ihrem
Assistenten Kho Takakura, Suzanne Lacy, Phyllis Lam -
bert, John Latham, Uwe Laysiepen, Jean-Jacques Lebel,
Ronald Maker, Leopolde Maler, Elena Manzoni vom
Archivio Opera Piero Manzoni, Anne Marchand und dem
Gina Pane Estate, Tom Marioni, Cusi Masuda, Georges
Mathieu, Paul McCarthy, Robert McElroy, Bruce McLean,
Cildo Meireles, Gustav Metzger, Jacques Miege, Marta
Minujin, Jan MIcoch, Andrej Monastyrskij, Linda Mon -
tane, Daniel Moquay von Yves Klein Archives, Gino di
Maggio von der Fondazione Mudima, Makiko Murakami,
Natsuyuki Nakanishi, Peter Namuth, Bruce Nauman,
Paul Neagu, Senga Nengudi, Joshua Neustein, Her -
mann Nitsch, Peter und Eileen Norton, Claes Oldenburg
und Coosje van Brüggen, Reinhard Onnasch, Yoko Ono,
Orlan, Raphael Montahez Ortiz, Lorenzo Pace, Lygia
Pape, Tom Patchett, Hubert Peeters, Adrian Piper und
ihrem Assistenten Scott Waiden, Michelangelo Pistoletto,
William Pope L., Agnes und Jean-Pierre Rammant, Robert
Rauschenberg und David White von seinem Atelier, Klaus
Rinke, Sergej Romaschko, Hans Ruepp, Lia Rumma,
Zorka Säglovä, Niki de Saint Phalle und ihren Assisten -
tinnen Janice Parente, Valerie Villegle und Chappell
Howard, Vanni Scheiwiller, Alfons Schilling, Carolee
Schneemann, Arturo Schwarz, Bonnie Sherk, Ushio
Shinohara, Kazuo Shiraga, Harry Shunk, Gilbert und Lila
Silverman, Barbara T. Smith, Rainer Speck, Daniel
Spoerri, Stelarc, Petr Stembera, Kristine Stiles, Jirö
Takamatsu, Atsuko Tanaka, Tatsumi Hijikata Memorial
Archives, Mark Thompson, Rasa Todosijevic, Alison
Radovanovic vom Kerry Trengove Nachlaß, Cosey Fanni
Tutti, Dohne von der Klei, Ben Vautier, Wolf Vostell, Franz
Erhard Walther, Julian Wasser, Peter Weibel, Franz West,
dem Hannah Wilke Nachlaß, Emmett Williams, und Zaj
Group Archives.
Zahlreiche Galerien waren uns bei der Beschaffung und
Vermittlung von einzelnen Leihgaben behilflich. Ich
möchte meinen Dank an die folgenden Personen und
Galerien richten; Paule Anglim und Ed Gilbert von Paule
Anglim Gallery, Bugdahn und Kaimer Gallery, Galleria
Cohn Edelstein, Galerie Chantal Crousel, D’AmelioTerras,
Thomas Erben Gallery, Anne de Villepoix, Ronald Feldman
Fine Arts, Lance Fung Gallery, Gagosian Gallery, Barbara
Gladstone Gallery, Karel Srp von der Galerie der Haupt -
stadt Prag, Hulton Getty Picture Gallery, Akira Ikeda
Gallery, Sean Kelly, Rudolf Kicken, Ursula Krinzinger von
der Galerie Krinzinger, Mary Sabbatino und Raquelin
Mendieta von der Galerie Lelong, Lisson Gallery, Galleria
Martano di Liliana Dematteis, Robert und Peter Miller von
der Robert Miller Gallery, Galerie Philip Nelson, Galerie
Georg Nothelfer, Anthony d’Offay Gallery, Margarete
Roeder, Wendy Shafir, llleana Sonnabend und Antonio
Homem von der Sonnabend Gallery, Gianfranco Bene-
detti von der Christian Stein Gallery, Galerie Daniel
Varenne, John Weber Gallery, Galerie Michael Werner und
David Zwirner Gallery.
Besonderer Dank ergeht an Peter Kirby, den Medien -
koordinator der Ausstellung, der einen wichtigen Teil des
Ausstellungskonzepts formulierte. Ebenfalls zu danken
(
I
15
habe ich Jon Hendricks, Allan Kaprow und Steven Leiber,
die uns einen so großen Teil ihrer Archive für den Lese -
raum zur Verfügung stellten. Ich möchte ferner Juliette
Salzmann, Kulturattache am französischen Konsulat, für
ihre großzügige Hilfe bei der Teilnahme von AFAA an
der Ausstellung und für ihre allgemeine Unterstützung
danken.
Herzlicher Dank gilt auch Randy Roth von Lakin Tire of
California, Inc. für ihre großzügige Spende. Wir danken
allen, die uns bei der Wiederherstellung der Arbeit von
Wolf Vostell geholfen haben: Jim und Jan Clark von
James Clark & Co., Santa Clarita Railway; unserem Vor -
standsmitglied Joel Wachs; Joan A. de Bruin, dem Direk -
tor, und Adoifo V. Nodal, dem Leiter der Folk & Traditional
Arts Division, beide vom Büro für kulturelle Angelegen -
heiten der Stadt Los Angeles; Fred Hoffmann; und
Richard Stanger, dem Leitenden Direktor of Metrolink.
Dank gebührt ebenfalls Bob Tuttle und seiner Assistentin
Maureen Molloy für ihre großzügige Hilfe sowie Merrick
Baker-Bates, Generalkonsul des britischen General -
konsulats. Wir möchten auch folgenden Personen unsere
Dankbarkeit aussprechen: Wayne Baerwaldt, Barbara
Bertozzi, Mitchell Clark, Jean-Marie Cusinberche, Simon
Ford, Adrian Glew, Deborah Irmas, Fred McDarrah,
Claudia Mesch, Otto Rosenberger, Donna de Salvo,
Patrizia Sandretto Re Rebaudengo, Alan Scarritt, Bob
Smith und PhilippeVergne.
Ein wichtiger Beitrag zu dieser Ausstellung war auch die
Teilnahme einer Reihe von erstrangigen, internationalen
Ausstellungshäusern an der Tournee. Für ihre Unterstüt -
zung bei der Organisation einer komplexen Themenaus-
steliung in ihrem Haus sind wir sehr dankbar. Insbe -
sondere möchte ich folgenden Personen danken: Peter
Noever, Direktor, und Daniela Zyman, Kuratorin, MAK-
Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien;
Miquel Möllns, Direktor, Jose Lebrero Stals, Aus -
stellungsleiter, und John S. Zvereff, CEO, MACBA,
Barcelona; und Yasuo Kamon, Direktor, Junichi Shioda,
Chefkurator, Kunio Yaguchi, Chefkurator, und Keiko Oka-
mura, Kurator am Museum für zeitgenössische Kunst,
Tokio.
Ich bin meiner Frau Yvonne zutiefst dafür dankbar, daß sie
im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts einen Rahmen
und eine Basis geschaffen hat, die es mir ermöglicht
haben, mich innerhalb des Museums eingehend mit zeit-
genössicher Kunst auseinanderzusetzen. Ich danke auch
meinen beiden Kindern Max und Dean: Ihre echte Liebe
und Wertschätzung meiner Arbeit haben die Zeit, die ich
aufgrund der Organisation dieser Ausstellung von ihnen
getrennt verbringen mußte, erträglich gemacht.
Schließlich möchte ich mich bei den Geldgebern bedan -
ken, die diese Ausstellung ermöglicht haben. Es handelt
sich um eine ganz außerordentliche Gruppe von interna -
tionalen und nationalen Stellen sowie Einzelpersonen, die
die erste und äußerst wertvolle Unterstützung für diese
Ausstellung zur Verfügung gestellt haben. Genannt seien
hier Jane Alexander, Vorstand, und Jennifer Dowley,
Leiterin der Abteilung für Museumsprogrammgestaltung
am National Endowment for the Arts; Shin’ichiro Asao,
Präsident, und Isao Tsujimoto, Generaldirektor, Los
Angeles Office of the Japan Foundation; Eric J. Gangloff,
Leitender Direktor der Japan-United States Friendship
Commission: Wolfgang Waldner, Direktor, und Thomas
Stelzer, stellvertretender Programmleiter, vom Österreichi -
schen Kulturinstitut, New York; Peter Wittmann, Staats -
sekretär, und Andreas Mailath-Pokorny, Sektionschef für
kulturelle Angelegenheiten, vom Bundeskanzleramt der
Republik Österreich; Werner E. Brandstetter, General -
konsul des österreichischen Generalkonsulats in Los
Angeles; Andrea Rose, Leiterin der Kunstabteilung, David
Evans, Direktor, USA, und Joanna Tudge, zuständig für
kulturelle Angelegenheiten, USA, am British Council; Rod
Hagenbuch, Senior Resident Vice President von Merrill
Lynch; Juliette Salzmann, Kulturattache des Service
Culturel du Consulat General de France ä Los Angeles;
und Jean Digne, Direktor, und Marie-Paule Serre, Leiterin
der Abteilung für bildende Kunst der Association
Frangaise d’Action Artistique, Ministere des Affaires
Etrangeres.
Mein letzter, aufrichtiger Dank geht an Audrey Irmas, die
in einem Akt einmaliger Großzügigkeit sichergestellt hat,
daß diese Ausstellung stattfinden konnte und würde. Sie
ist eine liebe, persönliche Freundin und hat sich als
Vorstand des Aufsichtsrates des Museums of Contem -
porary Art, Los Angeles, besonders hervorgetan. Ihre
Entscheidung, durch die Unterstützung dieser Aus -
stellung das Andenken an ihren verstorbenen Gatten Syd
Irmas - ein großzügiger und dynamischer Mann, der
Aktion geradezu verkörperte - zu ehren, ist tatsächlich die
größte Ehre. Ich bin überzeugt, daß Syd diesen jugendli -
chen Elan, dieses politische Bewußtsein und vor allem
diesen schöpferischen Geist geschätzt hätte, den diese
Künstler in ihre Arbeiten einbringen.
Jackson Pollock, während der Arbeit in seinem Atelier, Photographie von Hans Namuth
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17
Paul Schimmel
DER SPRUNG IN DIE LEERE
PERFORMANCE UND DAS OBJEKT
Nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Holocaust und der Atom -
bombe kam es auf der ganzen Welt zu einem Bewußt -
seinswandel. Die Möglichkeit einer globalen Vernichtung
machte den Menschen mehr als je zuvor die Fragilität einer
Schöpfung bewußt, die Zerstörungskräften von bislang
ungekannten Ausmaßen ausgeliefert war. Und sie vermittelte
ihnen auch mehr Einsicht in das Primat des Handelns, das
zu einem zentralen Anliegen des Existentialismus, der ein -
flußreichsten philosophischen Bewegung der Nachkriegszeit
werden sollte. Dieses soziale, politische und philosophische
Erbe regte eine tiefgreifende Bewegung der bildenden Kunst
in den USA, Europa und Japan an.
Es gibt eine Tendenz in der Kunstgeschichte, Bewegungen
als voneinander getrennt zu betrachten, und zu denken, daß
Kunst nationale Grenzen nicht überschreiten könne. Es wird
indes immer deutlicher, daß keines dieser beiden Konzepte
zutrifft. In Wirklichkeit hatten Künstler aufgrund der wirt -
schaftlichen und politischen Veränderungen, die während und
nach dem Zweiten Weltkrieg eintraten, mehr Möglichkeiten
zu internationalen Reisen als je zuvor. Parallel zu dieser
gesteigerten Mobilität verlief das dramatische Wachstum der
Massenmedien, deren Heißhunger sich auch auf die bilden -
den Künste erstreckte. Die Experimente der Avantgarde in New
York hatten daher unmittelbare Auswirkungen in Europa und
Japan, und umgekehrt. So veröffentlichte die weitverbreitete
Zeitschrift Life etwa zahlreiche, stets von dramatischen Pho -
tographien begleitete Artikel über die Künstler der New York
School, über die Gutai-Gruppe in Japan und das Destruction
in Art Symposium in Europa, und ermöglichte so einem brei -
teren Publikum und auch den Künstlern, sich rasch über die
neuesten Entwicklungen in anderen Weltgegenden zu infor -
mieren. Durch eine Analyse der Zeitabstände zwischen den
einzelnen Bewegungen und der Werke jener Künstler, die an
wechselnden Orten lebten, kann eine komplexere Darstellung
der Kunst der Nachkriegszeit skizziert werden.
In dieser Zeit begann eine überwältigende Zahl von Künstlern
aus den USA, Europa und Japan, ihre Produktion im Rahmen
einer Dialektik von Schöpfung und Zerstörung zu definieren.
Ob sie sich in einer kunstvollen Zen-Linie, einer heroischen,
jedoch flüchtigen malerischen Geste oder in einem explosiv
zerstörerischen Akt darstellten, Anfang und Ende wurden ihr
Thema - ein Thema, das sich aus der vorrangigen Beschäf -
tigung mit der zeitlichen Dimension einer Handlung entwickelte.
Die Ausstellung »Out of Actions« ist eine umfassende Unter -
suchung jener Werke, die in der Zeit von 1949 bis 1979 unter
diesem neuen Gesichtspunkt der Handlung produziert wur -
den. International ausgerichtet, beginnt sie mit der Künstler -
generation, die unter dem radioaktiven Niederschlag des
postatomaren Zeitalters heranwuchs und ihre Reife während
des Kalten Krieges erreichte, und sie endet mit der Genera -
tion, die nach dem Vietnamkrieg und mit dessen Erblast eines
globalen Zynismus groß wurde.
Parallel zum Weg des Modernismus, der von den heroischen
Gesten des Abstrakten Expressionismus über die reduktiven
Tendenzen des Minimalismus zur Objektlosigkeit der Kon -
zeptkunst führte, entwickelten sich die auf Aktionen basieren -
den Arbeiten in dieser Ausstellung, Die Aktivitäten, Aktionen
und Performances von Künstlern dieses Zeitraums wurden suk -
zessive als Gemälde, Skulpturen und Installationen realisiert;
sie haben die Form von Objekten, Requisiten, Relikten, Pho -
tographien, Filmen und Videos angenommen, die ephemere
Ereignisse dokumentieren; und schließlich, in einigen Fällen,
blieb nichts als die sich ständig verändernden Wahrnehmun -
gen des Publikums. Daher vollzieht diese Ausstellung für die
dreißig Jahre, diezwischen Höhepunkt und Ende des Moder -
nismus liegen, die Umkehrung der traditioneilen Reihenfolge
nach, in der das Objekt der Handlung vorangeht. Aktionen, die
mit dem Ziel durchgeführt wurden, Objekte herzustellen, führ -
ten zu der Ausführung performativer Aktionen, deren primä -
res Ziel eher der Schöpfungsprozeß selbst als die Herstellung
von Objekten war; diese führten wiederum zu der Entstehung
von Performances, die oft eine Partizipation des Publikums ein -
schlossen, und aus der kein Objekt mehr resultierte. Obwohl
es in diesen Arbeiten Momente von ausgelassener Respekt -
losigkeit, Freude und Gelächter gibt, liegt darunter immer eine
gewisse Düsterkeit, die von der Erkenntnis eines scheinbar un -
ablässigen Selbstzerstörungstriebs der Menschheit herrührt.
Von dem äußerlich explosiven Charakter der Arbeiten der frühen
fünfziger Jahre bis zu den innerlich selbstdestruktiven Arbei -
ten der späten siebziger Jahre finden wir eine nachdrückliche
Infragestellung der Lebenserfahrungen in einem globalen Dorf
vor, das am Rande der Selbstauslöschung steht. Diese Aus -
stellung ist weder eine Geschichte der Performancekunst der
Nachkriegszeit noch eine Geschichte der Malerei und Skulp -
tur dieser Dekaden. Sie stellt vielmehr einen spezifischen Quer -
schnitt durch die Geschichte der Kunst dar, dessen Aus -
gangspunkt die Überzeugung ist, daß Performances, Aktionen,
Happenings, Events und Aktivitäten, die mit dem kreativen Akt
in Zusammenhang stehen, einen enormen Einfluß auf das Objekt
haben, das aus ihnen hervorgeht. Der folgende Essay präsentiert
einen solchen Querschnitt, indem er Werke von ausgewählten
Künstlern in der Ausstellung untersucht, die mit den wichtig -
sten Knotenpunkten innerhalb des großen Netzwerks der Akti -
onskunst der Nachkriegszeit in Beziehung stehen. Diese Kno-
18
tenpunkte, zu denen dieGutai-Gruppe, der Nouveau Realisme,
Happening, Fluxus, Wiener Aktionismus, performative Skuip-
turen der sechziger Jahre und die Performance der siebziger
Jahre gehören, werden in anderen Aufsätzen dieses Kataio-
ges detaillierter untersucht werden. Das Ziel dieses Essays ist
es, eine Landkarte dieses äußerst komplexen, jedoch noch
zu wenig erforschten Territoriums zur Verfügung zu stellen, das
das Thema von »Out of Actions« ist.
Ursprünge: Pollock, Cage, Fontana, Shimamoto
Obwohl das Ende des Zweiten Weltkrieges weltweit mit
Erleichterung begrüßt wurde, so wurde doch angesichts der
beispiellosen Zerstörungen, die der Krieg angerichtet hatte,
und in dem Bewußtsein, daß die reale Möglichkeit einer glo -
balen Zerstörung bestand, jeglicher aufkommende Optimis -
mus von einem Gefühl der Leere gedämpft. Diese Spaltung
des Bewußtseins begünstigte und förderte Aktivitäten, die das
traditionelle Verhältnis zwischen Künstler und Objekt aufbra -
chen; die Entstehung von Kunst wurde zunehmend zum Thema
der Kunst. In den USA, Europa und Japan begannen vier Künst -
ler, die einen enormen Einfluß auf die Entwicklung der Kunst
der Nachkriegszeit ausüben sollten, neues Gewicht auf die
Funktion des Agierens bei der Entstehung des Objektes legen.
Jackson Pollock tanzte über Leinwände, die flach auf dem
Boden lagen, und tropfte und goß Farbe, um Farbfelder zu
erzeugen; John Cage venwendete die Prinzipien von Zufall und
Unbestimmtheit, um Kompositionen zu erzeugen, die bei jeder
Aufführung anders realisiert wurden; Lucio Fontana durch -
löcherte und zerschnitt die Oberfläche des Bildes mit gewalt -
samen, wenn auch eleganten Gesten; und Shözö Shimamo-
tos abstrakte Bilder entstanden aus zunehmend destruktive -
ren Handlungen. Mit ihren bahnbrechenden Untersuchungen
über das Primat der Handlung bei der Herstellung des Objek -
tes hinterließen diese vier Figuren ein bleibendes Erbe, das
für spätere Künstler, die die Befreiung ihrer Werke aus den
Fesseln der Objekthaftigkeit anstrebten, von enormer Wich -
tigkeit sein sollte.
Pollocks Bedeutung als der einzig Schuldige an dem Konzept,
daß ein Gemälde die materielle Verkörperung einer Aktion sei,
ist so sehr hervorgehoben worden, daß andere, undramati -
schere und weniger vollkommen gelungene Experimente nur
geringe Anerkennung fanden. Denn seine Werke hatten als
Objekte, deren Herstellungsprozeß in den Bildern selbst und
in weithin bekannten Photographien dokumentiert ist, einen
einzigartigen Einfluß auf die Entwicklung sowohl der Farb-
feldmalerel als auch der Performancekunst. Der Mythos, den
man aus Pollocks Leben machte, stellt seine Methode in den
Vordergrund. Während diese Hervorhebung die Vorstellungs -
kraft unzähliger Künstler der Nachkriegszeit beeindruckt hat,
hat sie doch die Würdigung seiner Bilder eingeschränkt.
Pollocks primärer Einfluß war der eines archetypischen
Malers in der Arena einer ritualisierten - und doch unkontrol -
lierten, brutal direkten und explosiven - kreativen Aktivität. Doch
die berühmtesten Beispiele für diese Aktivität, die reinen Drip
paintings, bilden nur einen kurzen Abschnitt seines Werkes.
Außerdem beginnt man, dank einer distanzierteren Betrach -
tungsweise, die charakteristischsten dieser Gemälde wie
etwa Wo, 7 (1949), als sorgfältig konstruiert zu erkennen. Die
visuelle Evidenz legt nahe, daß Pollock seine getropfte und
gegossene Farbe mit mühevoller, malerischer Sorgfalt auftrug
und sogar Pinselstriche verwendete, um zusammenhängend
aufgebaute Kompositionen zu erzeugen. Diese Ansicht wider -
spricht den spektakulär theatralischen Photographien von
Hans Namuth, die das Bild eines eingesperrten Tieres in der
kontraststarken, schwarz-weißen Trance einer kreativen, my -
thenbildenden Aktion festhalten. Waren diese Photographien
authentische Dokumente von Pollocks Arbeitsweise? Sicher -
lich. Ist ihnen eine Aufmerksamkeit zuteilgeworden, die über
ihre spezifische Fähigkeit, Pollocks Werk zu erklären, hinaus -
ging? Zweifellos. Pollock wurde zu einer einzigartigen, zen -
tralen Figur, an der andere Künstler sich messen sollten.
Mit Pollock, und in geringerem Maße mit Franz Kline und den
anderen Abstrakten Expressionisten, trat in der Malerei eine
Verschiebung ein. Mit einigen bedeutenden Ausnahmen hat -
ten Maler bisher dazu geneigt, die Tatsache zu verbergen, daß
ihre Arbeiten das Resultat eines Prozesses waren, und die
Erzeugung von ausgewogenen Kompositionen bevorzugt, die
sorgfältig gewählte Ausschnitte der Welt zeigten, die als Bilder
gewürdigt werden konnten. Beim Action painting im allge -
meinen und im Werk Pollocks im besonderen »belebt« jede
Geste die folgenden Bewegungen, indem sie eine nicht -
narrative Linearität erzeugt, die die Aufmerksamkeit des
Betrachters auf die performative Dimension des Malaktes lenkt.
Obwohl Pollock diese Dimension seines Werkes in Frage
gestellt haben mag, transformierte sein Wunsch, mit der
Leinwand »Kontakt« (so Pollock) zu behalten, die Rolle des
Künstlers wesentlich von der eines bloßen Zuschauers
außerhalb der Leinwand in die eines Akteurs, dessen eigene
Aktionen sein Thema waren."'
Obwohl die Surrealisten mit dem Konzept der automatischen
Zeichnung experimentiert hatten, hatten sie das Primat der
Handlung nie in gleichem Maße betont wie Pollock und die
Abstrakten Expressionisten. Der Übergang von einer unkon -
trollierten Aktion des Handgelenks zu der weitaus drama-
19
Jackson Pollock, No. 1949. The Museum of Contemporary Art, Los Angeles. The Rita and Taft Schreiber Coiiection.
Gestiftet von Rita Schreiber in Gedenken an ihren Mann Taft Schreiber.
tischeren Bewegung oder Geste des Armes, für die der Künst -
ler eine flach auf dem Boden ausgerollte Leinwand umkrei -
sen mußte, veränderte sowohl die traditionelle Vorstellung
davon, was ein Bild war, als auch davon, wie es entstehen
konnte. Pollocks Aktion kündigte die Auflösung der Grenzen
zwischen dem Objekt und der Aktivität seiner Herstellung an.
Die eigentlichen, bildhaften Qualitäten, die die Malerei vor
Pollock besessen hatte, wurden nun in den Bereich des »bloß
Ästhetischen« verbannt.^
Mit Blick auf Pollock gab der einflußreiche Kritiker Harold
Rosenberg 1952 die berühmte Erklärung ab, daß »an einem
bestimmten Moment die Leinwand begann, einem amerika -
nischen Maler nach dem anderen wie eine Arena vor -
zukommen, in der man agieren mußte - statt wie ein Raum,
in dem man ein reales oder imaginiertes Objekt reproduzierte,
neu entwarf, analysierte oder »ausdrückte«. Auf der Leinwand
sollte nicht ein Bild, sondern ein Ereignis sein.«^ Durch die Über -
1 Wayne J. Froman, »Action Painting and the World-As-Picture«,
in: Journal ofAesthetics and Art Critidsm, 46,4, Sommer 1988,
S.472L
2 lbid„S,474.
betonung der performativen Qualitäten von Pollocks Malerei,
des Action painting und der New York School im allgemeinen,
förderte Rosenberg einen Mythos, der für nachfolgende
Generationen von Künstlern prägender war als die Bilder selbst.
Seine Worte, in Verbindung mit Namuths berühmten Photo -
graphien, verstärkten nachdrücklich eine einseitige Sichtweise
von Pollocks Leistung,
In einem inzwischen legendären Sprung seiner Vorstellungs -
kraft in die Zukunft verkündete Allan Kaprow zwei Jahre nach
Pollocks Tod im Jahr 1956 prophetisch, daß die performative
Qualität seines Werks für die Generation der sechziger Jahre
von allergrößter Bedeutung sein würde, und daß darüber hinaus
Pollocks Gemälde selbst das Ende der Tradition der zwei -
dimensionalen Repräsentation ankündigten. Während es
zutrifft, daß die Wandgemälden ähnlichen Formate von
Pollocks Leinwänden, die auf dem Boden seines Ateliers lagen,
ihn buchstäblich dazu zwangen, »in« seinem Werk zu sein.
3 Harold Rosenberg, »The American Action Painters«, in: The
Tradition ofthe New, New York 1959, S. 25; erstmals erschienen
als »The American Action Painters«, in: Art News, 51,8,1952.
20
so sind sie doch weit entfernt von Kaprows Behauptung,
sie wären aufgrund ihrer Größe «Environments geworden«.“'
Kaprows eigenes Werk erreichte diesen Status 1958; das von
Poiiock erlangte ihn nie, doch zeigt dieses Beispiel die Ten -
denz von Künstlern, ihre eigenen Ziele auf Pollocks umfas -
sende Vision zu projizieren. Wiederum in einer Vorwegnahme
seiner eigenen Happenings konstatierte Kaprow in seiner Aus -
einandersetzung mit Pollock: »Was wir dann haben, ist eine
Art Kunst, die dazu neigt, ihre Grenzen zu überschreiten; die
dazu tendiert, unsere Welt mit sich zu füllen; eine Kunst, die
in ihrer Bedeutung, ihrer äußeren Erscheinung, ihren Impul -
sen ziemlich scharf mit einer Maleneitradition zu brechen
scheint, die mindestens bis zu den Griechen zurückreicht.
Pollocks annähernde Zerstörung dieser Tradition könnte sehr
gut eine Rückkehr an jenen Punkt bedeuten, an dem die Kunst
aktiver an Ritual, Magie und Leben beteiligt war, als wir es in
unserer jüngeren Vergangenheit erlebt haben.«® Schließlich
schreibt Kaprow in einer überraschenden These Pollock die
Verantwortung für das Ende der Malerei zu: »Die andere (Alter -
native) ist, das Herstellen von Bildern ganz aufzugeben;
damit meine ich das einzelne flache Rechteck oder Oval, das
wir kennen.«®
Diese prophetische Deklaration war eine treffendere Lesart von
Pollocks Erbe als die gemeinhin akzeptiertete Alternative der
späten fünfziger Jahren - die Farbfeldmalerei. Obwohl Pollock
Kaprows Einschätzung wahrscheinlich von sich gewiesen hätte,
sollte sich die abschließende Spekulation dieses legendären
Artikels als visionär herausstellen. Kaprow schrieb:
Pollock, so wie ich ihn sehe, ließ uns an einem Punkt zurück,
wo wir uns mit dem Raum und den Gegenständen unse -
res Alltagslebens beschäftigen mußten, und sogar durch
sie verwirrt sein mußten; mit unseren Körpern, Kleidern,
Räumen, oder nötigenfalls mit der Größe der Forty-
Second Street. Da wir mit der Anregung unserer Sinne durch
Farbe nicht zufrieden sind, werden wir das spezifische
Material von Sicht, Klang, Bewegungen, Menschen, Ge -
rüchen, Berührungen verwenden. Objekte aller Art sind
Materialien der neuen Kunst: Farbe, Stühle, Nahrungsmittel,
elektrischesund Neon-Licht, Rauch, Wasser, alte Socken,
ein Hund, Filme, tausend andere Dinge, die die heutige
4 Allan Kaprow, »The Legacy of Jackson Pollock«, in: Art News, 57,
6, Oktober 1958, S.56.
5 Ibid.
6 Ibid.
7 Ibid., S. 57.
Künstlergeneration entdecken wird. Diese kühnen Er -
finder werden uns nicht nur die Welt, die immer um uns
herum existierte, die wir aber übersehen haben, zeigen,
als wäre es das erste Mal, sondern sie werden uns auch
bis dahin vollkommen unerhörte Happenings und Events
offenbaren, die sie in Mülleimern, Polizeiakten und Hotel -
foyers gefunden, in Schaufenstern und auf der Straße ge -
sehen, und in Träumen und furchtbaren Unfällen gespürt
haben.«'
In dieser Passage werden Happenings und Events zum
ersten Mal als das Erbe von Pollocks Pionierleistungen defi -
niert.
Über zwei Jahrzehnte später, im Jahr 1979, fast dreißig Jahre
nach der Veröffentlichung der ersten Photographien, die
Namuth von Pollock gemacht hatte, thematisierte die Kunst -
historikerin und Kritikerin Barbara Rose die Bedeutung der
Dokumente von Pollocks Malprozeß. Sie würdigte die
mythenbildende Wirkung, die von Namuths Photographien auf
Kritiker und Künstler gleichermaßen ausgegangen war, und
erinnerte sich daran, daß »Namuths Photographien von
Pollock bei der Arbeit stärkere Verbreitung fanden, als Art News
im Mai jenes Jahres (1951) eine Serie von Schwarzweiß -
aufnahmen publizierte, die Robert Goodnoughs »Pollock
Paints a Picture« illustrierten. Am 14. Juni 1951 zeigte das
Museum of Modern Art den Farbfilm über Pollock beim Malen.
Seit diesem Moment hefteten sich die Bilder von Pollock in
Aktion seinem Werk als zusätzliche Bedeutungen an, und zwar
in einem solchen Maße, daß sie die Wahrnehmung seiner
Bilder zu prägen begannen.«*
Zu Kaprows Artikel bemerkt Rose, daß das, »was Kaprow sah
... und ich fürchte, daß er es in Namuths Photographien und
nicht in Pollocks bewußt kontrollierten Gemälden sah, die
befreiende Möglichkeit eines ungehemmten Ausagierens war
- Katharsis durch Kunst«.® Sie fährt mit der Feststellung fort,
daß »Namuths Photos und sein Film über Pollock ein weitaus
größeres Publikum beeinflußten als die Gemälde« (das glei -
che gilt für viele andere Künstler in dieser Ausstellung, deren
Werk durch die photographische Dokumentation jenes Pro -
zesses vermittelt wurde, in dem es entstand).'“ Rose schließt
mit der Feststellung: »Zudem enthielten die Photographien des
8 Barbara Rose, »Hans Namuth’s Photographies and the Jackson
Pollock Myth: Part One: Media Impact and the Failure of
Criticism«, in: Arts Magazine, 53, 7, März 1979, S. 112.
9 Ibid., S.114.
10 Ibid., S. 115.
Künstlers, die zur Reproduktion ideal geeignet waren, eine Fülle
von Informationen, die den Reproduktionen der Werke fehl -
ten, da die Bilder auf Abbiidungen so wenig über sich verrie -
ten; und es waren eben Reproduktionen, durch die die mei -
sten Menschen Pollock erlebten.«” In einer vernichtenden Kritik
an vielen auf Performance basierenden Arbeiten der beiden
Dekaden nach Pollocks Tod behauptete Rose: »Als eine Folge
der Popularität von Namuths Film und seiner Photographien
von Pollock, spielte die Person des Künstlers eine größere Roile
als seine Werke. Dies konnte sich nur fatal auf die Künstler -
generation auswirken, die in den späten sechziger und den
siebziger Jahren heranwuchs, und die, der Last von Pollocks
Kunstwerken enthoben, ihre Energien darauf konzentrierte, eine
Rolle oder ein Selbstbild zu entwerfen, das ebenso unwider -
stehlich war wie Pollocks Medienimage.«^^ Trotz dieser Ein -
schätzung sollte gerade dieses Erbe der »Zerstörung« einen
außerordentlich vielgestaltigen Einfluß auf bestimmte Perfor -
mancekünstler haben, und zwar sogar auf Künstler der neun -
ziger Jahre, die Rollen und Selbstbilder als bedeutende und
geeignete Themen untersucht haben.
Für nachfolgende Generationen war der Schritt aus der Arena
der Malerei hin zu physischeren, stärker körperorientierten
Arbeiten logisch. Das Gutai-Phänomen wäre wohl ohne
Pollocks Durchbruch kaum zustande gekommen; so sind etwa
Kazuo Shiragas Fußmalereien zweifellos eine direkte Erwei -
terung von Pollocks Technik, auf dem Boden zu arbeiten. In
ähnlicher Weise verdanken Yves Kleins Anfhropomefrien und
die noch theatralischeren Experimente der Wiener Aktionisten
sowohl formal als auch inhaltlich Pollock vieles. Diese Ten -
denz läßt sich auch in den späten sechziger Jahren, bis zu
den Arbeiten von prozeßorientierten Künstlern wie Richard
Serra und Barry Le Va, verfolgen. Und schließlich bezeichnet
eine große Anzahl von Künstlern, die in dem von dieser Aus -
stellung erfaßten Zeitraum arbeiteten, Pollock nach Gage als
die wichtigste Figur für ihre künstlerische Entwicklung.
Der Komponist und Künstler John Gage, ein Amerikaner, der
nicht in erster Linie als bildender Künstler bekannt ist, erwies
sich als ebenso einflußreich und befreiend für die Künstler der
Nachkriegszeit wie Pollock. Cages offene, konzeptuell an -
gelegte, performative Aktionen weckten ein Gefühl von Frei -
heit bei zahlreichen Künstlern, zu denen auch Robert Rau -
schenberg, Jasper Johns und der Tänzer Merce Cunningham
gehörten. Durch seine Werke und seine Lehrtätigkeit erstreckte
11 Ibid.
12 Ibid.
sich Gages Einfluß auf ein breites Spektrum von Künstlern,
die mit Bewegungen wie Neo-Dada, Happening, Fluxus und
Arte Povera in Verbindung standen, sowie auf eine ganze Gene -
ration von Künstlern der Neuen Musik, die in den späten sech -
ziger und frühen siebziger Jahren in Erscheinung trat.
Gage begann seine Laufbahn als Musiker und Komponist in
den dreißiger Jahren; in den vierziger Jahren regte ihn seine
Beschäftigung mit östlicher Philosophie dazu an, die Kon -
ventionen traditioneller westlicher Musik radikal zu über -
denken, indem er zunächst Zufallsoperationen und dann die
Unbestimmtheit in den Kompositions- und Aufführungspro -
zeß integrierte. Durch die Preisgabe von vollkommener Kon -
trolle über die endgültige Ausführung einer Komposition
betonte Gage den Vorrang der Aufführung beim Zustande -
kommen eines Werkes. Seine Verwendung des »präparierten
Klaviers« - ein gewöhnliches Piano, das durch verschiedene,
zwischen die Saiten gesteckte Objekte in ein Perkussions -
instrument mit unterschiedlichen Klangfarben verwandelt
wurde - beeinflußte das Werk von Künstlern wie Nam June
Paik, Raphael Montanez Ortiz, und vielen anderen.
Am Black Mountain Gollege, in der Nähe von Asheville, North
Garolina, organisierte Gage 1952 ein Ereignis, das als ent -
scheidender Vorläufer der Entwicklung von Happening und Flu -
xus angesehen wird. Diese »konzertierte Aktion«, später als
Theater Piece No. 1 betitelt, bestand in einer »mehrfach fokus -
sierten« Präsentation, die die simultane Aufführung von
Klaviermusik durch David Tudor, Tanzimprovisationen von
Merce Cunningham, die Ausstellung von vier der White Pain-
tings Robert Rauschenbergs (die an den Dachbalken aufge -
hängt waren), eine Dichterlesung des auf einer Leiter sitzen -
den M. C. Richards, die Projektion von Dias und Filmen, und
eine Vorlesung von Gage selbst umfaßte. Ohne Proben,
Manuskripte oder Kostüme stand jedem Performer ein vom
Zufall festgelegter Zeitrahmen zur Verfügung, in dem er eine
bestimmte Aktivität ausführen sollte. Da Gage die Persönlichkeit
der Teilnehmer kannte, hatte er eine Vorstellung von dem, was
jeder tun würde, aber er gab keine Anweisungen. Außerdem
fand diese legendäre Performance nicht auf einer Bühne statt,
sondern inmitten des Publikums, wodurch die hierarchische
Beziehung zwischen Performern und Zuschauern aufgehoben
wurde.^ä
Die Förderung der visuellen Dimension eines akustischen Wer -
kes, die so grundlegend für das Theater Piece No. 1 war, zeigt
13 Mary Emma Harris, The Arts at Black Mountain College,
Cambridge 1987, S. 228-29.
22
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John Cage, Water Music, 1952. Whitney Museum of American Art, New York.
Erworben mit Unterstützung eines anonymen Stifters
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sich auch in Cages anderen Arbeiten aus den frühen fünfziger
Jahren. Die Partitur einer seiner reizvolisten Kompositionen,
IVafer/Wus/c (1952), verlangte vom Pianisten, Wasser von einem
Becher in einen anderen zu gießen, das Piano zu präparieren,
indem er Gegenstände zwischen die Saiten steckte, unter
Wasser Flöte zu spielen, ein Radio und ein Kartenspiel zu be -
nutzen, und andere nichtmusikalische Handlungen auszu -
führen, um den Gesichtssinn anzusprechen. Diese Aktivitä -
ten waren auf zehn aneinandergefügten Blättern angegeben,
um eine einzige, ausreichend große Partitur zu erhalten, die
das Publikum mitverfolgen konnte, sofern es wollte. In ähn -
licher Weise zeichnete Cages Performance 4’33“ (1952), die
zum Teil von Rauschenbergs White Paintings inspiriert war, sich
insofern durch eine visuelle Dimension aus, als der Performer
vollkommen stumm blieb.” Durch diese und andere Kompo -
sitionen versuchte Cage, erstens den Gegensatz zwischen
Kunst und Leben aufzuheben und zweitens die hierachischen
Beziehungen zwischen dem Komponisten und den Aus -
führenden (indem er Kompositionen schrieb, in denen letztere
nicht einfach den Anweisungen des ersteren folgten, sondern
während der Aufführung ihre eigenen kompositorischen Ent -
scheidungen trafen), und zwischen den Ausführenden und dem
Publikum (indem er dessen Teilnahme an den Aufführungen
bestimmter Werke zuließ) in Frage zu stellen, und drittens dem
Entstehungsprozeß selbst eine größere Bedeutung zu verlei -
hen als der Produktion von Objekten. Dieses Erbe sollte eine
enorm befreiende Wirkung auf die vielen Künstler haben, die
von ihm beeinflußt wurden.
Parallel zu Pollocks Entwicklung der Drip paintings und
Cages Experimenten mit Zufall und Unbestimmtheit stellte
Lucio Fontana, der in Argentinien geboren, jedoch 1947 nach
Italien gegangen war, den traditionellen Status des Gemäldes
als einer statischen zweidimensionalen Oberfläche auf seine
eigene Art in Frage, Mit seinen Buchi (Löcher) und Tagli
(Schnitte) hinterfragte Fontana den Anspruch der Malerei, auf
einer zweidimensionalen Fläche die Illusion eines dreidimen -
sionalen Raumes zu erzeugen. Indem er die monochromen
Oberflächen seiner bemalten Leinwände durchstieß bzw.
aufschnitt, um die Existenz einer Art leeren Raumes zu offenba -
ren, der durch eine Schicht aus schwarzer Gaze gebildet wurde,
erzeugte Fontana Raum, anstatt ihn einfach nur darzustellen.
Diese Verletzung der Leinwand war vielleicht revolutionärer als
die Werke Pollocks und der Action painter, die zur gleichen
Zeit in den USA entstanden, da sie auf eine radikalere Art
destruktiv war. Gerade diese Destruktivität sollte tiefgreifende
Auswirkungen auf spätere Künstler haben.
Fontanas Raumkonzepte (Concetti spaziali), wie er seine Bil -
dernannte, folgten direkt aus jenen theoretischen Konzepten,
die er in dem 1946 mit zehn seiner Studenten an der Acade-
mia d’Altamira in Buenos Aires verfaßten »Manifiesto Blanco«
formuliert hatte. In diesem Manifest, das sich für eine »um -
fassendere Kunst“ (eine nicht nur als Objekt, sondern als
»Geste« definierte Kunst) aussprach, gab Fontana den
Mythos traditioneller Objektherstellung und der Unsterblich -
keit der bemalten Leinwand zugunsten eines »geistigen
Aktes« auf, »der von jeglicher Materie befreit ist«. Indem er die
Leinwand durchbrach, repräsentierte er nicht länger Räum -
lichkeit, sondern erzeugte sie. Zur Entstehungszeit des Mani -
festes hatte Fontana auch einen Vorläufer des Happenings auf
einem verlassenen Baugrundstück angeregt, bei dem seine
Studenten Farbe und verschiedene Gegenstände schleuder -
ten. Darüber hinaus entwarf er auch eine »spatialistische«
Schaufensterdekoration für ein Bekleidungsgeschäft in der ele -
gantesten Straße von Buenos Aires. Diese Aktivitäten führten
direkt zu seiner nächsten Erfindung, einem »Regen« aus ra -
schen Hieben mit Stiften oder Pinseln, die die Fiächigkeit der
Leinwand perforierten - den Buchi und Tagli.
Fontana bestand nachdrücklich auf dem Primat seiner Ent -
wicklung einer neuen Art von Bildraum über die von Pollock,
obwohl beide aus dramatischen Aktionen hervorgingen. So
betonte er 1968 in seinem letzten Interview: »Ich durch löchere
die Leinwand, um die alten bildnerischen Formeln, die
Malerei und die traditionelle Auffassung von Kunst hinter mir
zu lassen, indem ich symbolisch, aber auch materiell dem
14 David Revill, Tosende Stille. Eine John-Cage-Biographie,
übers, von Hanns Thenhors-Esch, München - Leipzig 1992,
S. 220-223.
15 Erika Billeter, »Lucio Fontana: Between Tradition and
Avant-Garde«, in: Lucio Fontana, 1899-1968: A Retrospective.
Ausst.-Kat., Solomon R. Guggenheim Museum, New York,
und San Francisco Museum of Modern Art, 1994, S.87.
23
Lucio Fontana, Concetto spaziale (Raumkonzept) (49 B 2), 1949.
Fondazione Lucio Fontana, Mailand
Lucio Fontana, Concetto spaziale (Raumkonzept) (50 B 4), 1950.
Fondazione Lucio Fontana, Mailand
Lucio Fontana, Concetto spaziale (Raumkonzept) (50 B 9), 1950.
Fondazione Lucio Fontana, Mailand
24
Shözö Shimamoto, Werk (Löcher), ca. 1950.
Museum of Contemporary Art, Tokio
Gefängnis der flachen Oberfläche entkomme ... Pollock
schleuderte dann Farbe auf die Leinwand. Er suchte nach einer
neuen räumlichen Dimension, doch alles, was er erzeugen
konnte, war Postimpressionismus, weil er die Farbe auf die
Leinwand schleuderte, obwohl er doch überdie Leinwand hin -
aus gehen wollte ... Deshalb ist das >Loch' ein freier Raum,
der daher Pollock weit voraus ist.« Und tatsächlich erwiesen
sich Fontanas durchlöcherte und zerschnittene Oberflächen
als eine äußerst vielseitige Anregung für Künstler wie La Monte
Young und Peter Weibel, und seine stillen Zeichen standen
dem flüchtigeren Geist von Fluxus näher als die große Geste,
die Pollocks Beitrag ausmachte.
Zeitgleich mit Fontanas Experimenten in Italien schuf auch
Shözö Shimamoto in Japan die innovative Serie seiner Colla -
gebilder Löcher(ca.1 949-52). Shimamoto begann einfach und
tastend, indem er mehrere Schichten Zeitungspapier über-
einanderklebte. Dieser Vorgang erinnerte an die japanische
Tradition der Papierbespannungen, wie sie beispielsweise
für die Konstruktion der S/iö//-Wandschirme verwendet wird.
Nachdem Shimamoto auf der zarten Papieroberfläche zunächst
gemalt und dann gezeichnet hatte, durchlöcherte er sie meh -
rere Dutzend Male - zunächst zufällig und dann entschiede -
ner.’« Wie bei vielen künstlerischen Experimenten, die als
Zufallsereignisse begannen, so zum Beispiel Fontanas erste
Schnitte, wurde der Zufall solange wiederholt, bis er sich in
ein formales Mittel verwandelte, das die Bildoberfläche auf-
riß und eine Spur der körperlichen Aktion des Künstlers hin -
terließ. Obwohl sie weniger gestisch als Fontanas Werke sind,
weisen Shimamotos rissige und zerfurchte Oberflächen ge -
wisse Ähnlichkeiten mit ihnen auf. Nach eigenen Aussagen
war er sich jedoch der damaligen parallelen Entwicklungen in
Europa, wie etwa derjenigen Fontanas, nicht bewußt. Vielmehr
hat er betont, Fontanas Werk erst ein Jahrzehnt später ken -
nengelernt zu haben. Die Tatsache, daß auf einigen Werken
noch die Daten der Zeitungen, die er verwendete, erkennbar
sind, und diese zeitlich vor der Entstehung von Fontanas Buchi
und Tagli liegen, bestätigt seine Aussage.
Aus diesen bescheidenen und subtilen Anfängen heraus ent -
wickelte Shimamoto Eine begehbare Arbeit (1956). Das ohne
besonderen Aufwand konstruierte und primitiv gebaute Werk
bestand aus einem schwankenden, knarrenden Laufsteg aus
einer Reihe quadratischer Flolzblöcke von jeweils dreißig Zen -
timetern Seitenlange, die auf Sprungfedern montiert waren;
die Zuschauer wurden zu einem Versuch aufgefordert, darüber
zu gehen; sie sollten das Werk aktiv erfahren, anstatt es nur
passiv zu betrachten.’^ Die partizipatorische Natur dieser Arbeit
wird nicht nur durch den Vorrang der performativen Dimen -
sion gegenüber der materiellen Beschaffenheit verdeutlicht;
sie bot auch Anlaß für ein verstärktes Interesse der Medien.
Es ist faszinierend zu sehen, welche Bedeutung die mediale
Berichterstattung für Shimamoto hatte (zweifellos angeregt
durch Namuths Photographien und dessen Filmaufnahmen
von Pollocks Malaktionen); die nächste wichtige Technik, die
Shimamoto einsetzte, war die Fierstellung von Gemälden durch
den explosiven Kontakt der Farbe mit der Bildoberfläche. Aus
Anlaß einer Gutai-Ausstellung, die extra für die Photographen
von Life organisiert wurde, wiederholten Shimamoto und seine
Kollegen einen Tag lang ihre vorangegangene performative
Arbeit. Bei dieser besonderen Ausstellung, die am Ufer des
Flusses Muko in der Präfektur Flyogo stattfand, schuf Shi -
mamoto noch einmal sein Werk (gemalt mit einer Kanone,
1956), indem er Farbe in einen Zylinder füllte und diesen mit
einer Kanone auf eine Leinwand abfeuerte. (Nur eine Arbeit
aus dieser Serie ist erhalten geblieben, da sie sehr fragil waren,
und viele schon bei der Fiersteilung zerstört wurden.) Diese
nach den Gesetzen des Zufalls ausgeführten, extrem schnel -
len und explosiven Bilder hoben die »Aktion« auf ein Niveau
von Theatralität, das sich die New York School nicht hatte
vorstellen können; gleichzeitig enthielten sie mechanische
Elemente, die die spezifische künstlerische Kontrolle über
das Endergebnis verhinderten - eine Methode, die Pollocks
kontrollierter Linearität zuwiderlief.
In den späten fünfziger und bis in die sechziger Jahre hatte
Shimamoto die Verwendung der Kanone nahezu aufgegeben
und stattdessen Gläser mit Farbe gefüllt, die er gegen flach
auf dem Boden ausgebreitete Leinwände warf. Während
Pollock Zigarettenstummel als Spuren des Entstehungspro -
zesses hinterließ, wie man etwa in Wo, 7 sehen kann, hinter -
ließ Shimamoto glasverkrustete Oberflächen. Bei der Aus-
16 MexandraMunroe, Japanese Art After 1945: ScreamAgainst the 17 lbid.,S.90.
Sky. Ausst.-Kat., Solomon R. Guggenheim Museum, New York
1977, S.13.
25
Kazuo Shiraga, Dom ni idomu (Kämpfen mit Schlamm),
1955
führung dieser bewußt explosiven Werke erreichte er eine hohe
Geschicklichkeit durch die Wiederholung von völlig unkon -
trollierbaren Aktionen, sowohl hinsichtlich der Farbwahl -
Orange-, Rot- und Schwarztöne, die auf Feuer und Zerstörung
anspielten - als auch durch seine zunehmend im voraus fest -
gelegten Handlungen. Im gleichen Maße wie seine Technik ent -
wickelte sich die Theatralität der Bildherstellung. Shimamoto
arbeitete dicht vor der Leinwand, hüllte sich von Kopf bis Fuß
ein und trug eine Schutzbrille, wobei seine Explosionen Was -
serfälle aus Farbe schufen. Für die »First Gutai On-Stage Art
Exhibition« (1957), die in der Ausgabe vom 8. September der
New York Times rezensiert wurde, ließ Shimamoto einen großen
weißen Zylinder langsam von den Dachbalken herab, zer -
schmetterte Ihn mit einem Stock, und verursachte so eine große
Explosion fallender Kugeln.
Pollock, Gage, Fontana und Shimamoto strebten danach, die
Oberfläche des Bildes aufzubrechen oder zu durchstoßen, die
Autorität der Bildoberfläche in Frage zu stellen, und Risiko,
Zufall und das Unbewußte in die kreative Handlung einzuführen
- kurzum, in die Leere zu springen. In den USA, Europa und
Japan schufen diese Künstler gleichzeitig als direkte Antwort
auf die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und auf das dar -
aus resultierende Bewußtsein menschlicher Fragilität in der Welt
nach dem Holocaust und der Atombombe eine auf Zeitlich -
keit basierende, brisante Vision. Diese Vision sollte für die große
Zahl der Künstler, die für ihre Einflüsse offen war, beherrschend
werden.
Gutai
Die 1954 von Jirö Yoshihara in Japan gegründete Gutai
Bijtsu Kyokai (Gutai-Kunstvereinigung) bestand aus unter -
schiedlichen Künstlern, die die vernichtenden Erfahrungen des
Zweiten Weltkrieges durchlebt hatten, die für die Japaner in
den Explosionen der Atombomben in Hiroshima und Naga -
saki kulminierten. Die vor diesem historischen Hintergrund ent -
standenen Werke weisen überraschende Ähnlichkeiten mit dem
Abstrakten Expressionismus und dem Informel, dem im
Europa der Nachkriegszeit vorherrschenden Modus gestischer
Abstraktion, auf. Yoshiharas Auffassung von Gruppenakti -
vitäten, gemeinsamen Anstrengungen und der wachsenden
internationalen Bedeutung der Abstraktion, die sich mit sei -
nem allgemeinen Enthusiasmus für die Organisation großer
Ausstellungen verband, inspirierten Shimamoto und andere
jüngere japanische Künstler, die Yoshiharas Streben nach einer
künstlerischen, von Traditionen befreiten Sprache unterstütz -
ten. Obwohl er dem Erbe der Kalligraphie und anderen tradi -
tionellen Genres verpflichtet blieb, ermutigte Yoshihara seine
Studenten, Malerei in ein stärker prozeßorientiertes und vom
Theater inspiriertes, improvisierendes Medium zu verwandeln.
Dennoch haben Kunsthistoriker dazu geneigt, die Malerei und
die Performances der Gutai-Gruppe separat zu behandeln -
eine Tendenz, die aus dem Bruch zwischen Kaprow und Michel
Tapie, einem einflußreichen französischen Kritiker, der die Arbeit
der Gutai-Gruppe stark unterstützte, resultierte. Während Tapie
aus dem Wunsch, ihre Nähe zur Kunst des Informel zu be -
tonen und seine kommerzieilen Interessen zu fördern, eine Les -
art der Werke der Gutai-Gruppe verfolgte, die die Malerei in
den Mittelpunkt stellte, sah Kaprow in ihren Arbeiten Vorläufer
der Happenings. Im besten Fall sind die stark an die Vorstel -
lungskraft appellierenden Gutai-Werke Objekte und Aktionen
zugleich. Wenn Pollock die mythische Verkörperung des
Action painting darstellt, so ist Kazuo Shiraga der vollkom -
menste und facettenreichste Repräsentant von Gutai. Die
Eigenart und äußerste Klarheit seiner Aktionen und Malereien
sind eine echte Vorwegnahme der expressiven visuellen
Gesten der Happenings. Als die deutlichste Verbindung zwi -
schen Pollock und dem Abstrakten Expressionismus, zwischen
Yves Klein und den Nouveaux Realistes, sowie den Wiener
Aktionisten, führte Shiraga Aktionen durch, die sich drama -
tisch in Filme übertragen ließen. Anders als für Pollock war
die Kamera für ihn von Anfang an ein integraler Bestandteil
seiner Aktivitäten. Die Medien konnten Shiraga, ebenso wie
Pollock, problemlos in einem Satz zusammenfassen: Während
Pollock »Jack the Dripper« getauft wurde, war Shiraga der
Künstler, »der mit seinen Füßen malte«. In beiden Fällen, dem
26
Kazuo Shiraga, Kotei, 1963.
Hyogo Prefectural Museum of Modern Art,
Kobe
Akira Kanayama,
Werk, 1957.
Sammlung Kytakyushu
Municipal Museum
of Modern Art
27
Dripping und dem Schlittern, konnte niemand der Einzigar -
tigkeit ihrer Techniken mehr in die Nähe kommen.
Shiragas Ein Werk mit seinem Körper herstelien und Kämp -
fen mit Schlamm (1955) waren die körperlichsten gestischen
Aktivitäten, die mit Gutai in Verbindung gebracht werden. Unter
den aufmerksamen Blicken der Kameras, in Anwesenheit
von Photographen und Filmemachern, die buchstäblich in den
Kreis aus Tonschlamm eintraten, führte Shiraga für die Nach -
welt einen leidvollen, gewaltsamen, gestischen Akt auf. Er
kämpfte mit dem Lehm wie die Maler des Action painting mit
ihren Kompositionen; er preßte, rang, kroch, gestikulierte
und ging unter. Das Ergebnis war im wesentlichen ein zwei -
dimensionales Gemälde aus Lehm, das ähnliche figurative
Merkmale aufwies wie Kleins Anthropometrien und die
Werke von Stuart Brisley und David Flammons in den siebzi -
ger Jahren. Die Photodokumentation befindet sich im Gutai-
Archiv des Ashiya City Museum of Art and Flistory.
Diese Aktion führte direkt zu Shiragas charakteristischsten Wer -
ken, die er mit den Füßen ausführte. Er bedeckte seine Füße
mit Farbe, hängte sich mit Flilfe eines Seiles auf, schwang über
einer auf dem Boden ausgebreiteten Leinwand hin und her
und trug dabei die Farbe auf. Er erklärte den Ursprung dieser
Technik in dem Artikel »Only Action«, der am 20. Oktober 1955
in der Zeitschrift Gutai erschien: »Als ich erstmals das ent -
deckte, was mein persönliches Talent zu sein schien - als ich
mich dazu entschloß, >nackt< zu sein und alle konventionellen
Vorstellungen hinter mir zu lassen -, flogen Formen aus dem
Fenster und die Techniken glitten von meinem Malmesser ab
und zerbrachen. Vor mir lag ein entsagungsvoller Weg zur Ori -
ginalität. Laufe vorwärts, dachte ich, laufe und laufe, es ist
gleichgültig, ob du hinfällst. Unversehens hatte sich mein Mes -
ser in ein Stück Flolz verwandelt, das ich ungeduldig fortwarf.
Laß es mich mit den Fländen, mit den Fingern tun. Und während
ich so lief, und daran dachte, daß ich mich vorwärtsbewegte,
fragte ich mich: Warum nicht die Füße? Warum male ich nicht
mit meinen Füßen?«'®
Ebenso wie Shimamotos Palette explosiver Orange- und Rot -
töne tendieren Shiragas Fußmalereien zu stark gesättigten Far -
18 Kazuo Shiraga, »Only Actlon«, in: Gutai, 3,20. Oktober 1955,
S.22; Zit. nach: Alexandra Munroe (wie Anm.16), S. 372 f.
19 Aus einem Gespräch mit dem Künstler.
ben, und in zweiter Linie zu Blau- und Purpurtönen. Doch das
Umherschwingen erlaubte dem Künstler, sich in einem krei -
senden Tanz aus Achtern, Wirbeln und Arabesken zu bewe -
gen, der der brutal kraftvollen Art des Farbauftrag scheinbar
entgegengesetzt war - eine Technik, die er immer noch anwen-
det. Auf die Frage, wie er eine derartig konvulsivische Akti -
vität im Kontext traditioneller japanischer Kunst hatte entwickeln
können, antwortete er, daß es im Japan der ersten Flälfte der
fünfziger Jahre größere experimentelle Freiheiten gab als
heutzutage. Die göttliche Einzigartigkeit des japanischen
Imperiums war aufgrund des verlorenen Krieges völlig de -
montiert worden; die USA hatten unter der Leitung von Gene -
ral Douglas MacArthur eine neue politische und wirtschaftli -
che Ordnung etabliert. Diese radikal veränderte religiöse und
kulturelle Landschaft bildete eine Leere, die so anarchische
Flandlungen wie das Malen mit den Füßen zuließ.'®
Ein anderer Gutai-Künstler, Akira Kanayama, machte Arbei -
ten, die, wie er sagte, »Shiragas Absichten diametral ent -
gegengesetzt sind. Ich interessiere mich für Konzepte.«®“ Weni -
ger als ein Jahrzehnt nach Pollocks ersten Drippings kon -
struierte Kanayama etwas, das er als ein objektives Mittel zur
Flerstellung von Malerei durch mechanische Eingriffe ansah.
Anstatt die Farbe wie Pollock in einem intuitiven Tanz zu trop -
fen und zu gießen, stellte Kanayama ein ferngesteuertes Spiel -
zeugauto her, das einen mit Farbe gefüllten Behälter trans -
portierte. Unter den aufmerksamen Blicken von Photographen
und Filmemachern malte er, indem er das Auto über die vinyl -
beschichtete Leinwand steuerte. Anstatt im Bild zu sein wie
Pollock, blieb Kanayama außerhalb. Seine Venwendung einer
mechanischen Aktion, die offensichtliche Ähnlichkeiten mit
Jean Tinguelys zwei Jahre später entstandenen Meta-matics
hat, sollte sich als prophetisch erweisen: nicht nur für die
mechanischen Werke der sechziger Jahre, sondern sogar noch
unmittelbarerfür Arbeiten derneunziger Jahre wie Tatsuo Miya-
jimas Running Time, in dem motorisierte Autos mit digitalen
Dioden venwendet wurden, und Yukinori Yanagis Wandering
Position, in der Ameisenstraßen mit Kreide auf den Boden
gezeichnet werden. Wie Gage untersuchte Kanayama Zufälle im
20 Akira Kanayama, zit. nach: Alexandra Munroe (wie Anm.16),
S.89.
28
Saburö Murakami, Sakuhin: Hako (Werk: Kiste), 1956/1981.
Museum of Contemporary Art,Tokio
Saburö Murakami, Ato'e/i-ß//d, 1957
Rahmen spezifischer und begrenzter Möglichkeiten. Knapp
fünf Jahre, nachdem Fontana die Leinwand durchbohrt und
zerschnitten und Shimamoto sie erstmals aufgerieben hatte,
durchbrach Saburö Murakami sie in einer Reihe von Werken
auf dramatische Weise. Er schuf Bildoberflächen und Envi -
ronments aus Papier, durch die er sich mit einer gekonnten
Anspielung auf die Tradition der japanischen Kampfkunst hin -
durchstürzte, Diese performativen Aktionen führten zu einem
Relikt (zerrissenes Papier), das für die Dauer der Ausstellung,
in der es präsentiert wurde, zu sehen war und anschließend
zerstört wurde. Anstatt Objekte für die Nachwelt zu erzeugen,
entschied sich Murakami, diese für jede Ausstellung neu
herzustellen. Tatsächlich waren seine Anleitungen zu diesen
Werken so präzise, daß andere sie ausführen konnten. Dies
verlieh den Werken eine vom Künstler unabhängige Existenz
und untergrub ihren ökonomischen Wert.^'
Anläßlich der »First Gutai Art Exhibition«, die im Oktober 1955
in der Ohara Kaikan Hall in Tokio stattfand, führte Murakami
Gleichzeitige Öffnung von sechs Löchern (Isshun ni shite rokko
no ana o akeru) auf. Dieses Werk, das die Tradition der Shöji
und Fusuma, Raumteiler aus Papier und Holz, in eine hero -
ische Dimension steigerte, bestand aus einer Serie von drei
etwa 1,80 x 3,60 Meter großen Papierpanelen, die Murakami
sechs Mal durchbrach. Die Dimensionen der Arbeit ähnelten
den wandgemäldegroßen Bildern Pollocks und der Abstrak -
ten Expressionisten, obwohl für Murakami die performative
Komponente wichtiger war als die Herstellung eines dauer -
haften Objektes, die stets das ultimative Ziel der Maler des
Action painting blieb. Murakami sprengte seine sorgfältig kon -
struierten und nach den Regeln des Kunsthandwerks straff
bespannten Holz- und Papierschirme in einer einzigen gesti-
schen Bewegung. Der sich durch die Bildoberfläche schleu -
dernde Künstler attackierte so gleichermaßen Traditionen west -
licher und östlicher Kunst, und war zudem eine Metapher für
die Atombombe, die das Gefüge der Menschheit zerrissen
hatte.
Gleichzeitig zu seinen gestischen Performances schuf Mura -
kami eine partizipatorische Arbeit in Form eines manueli her -
gestellten hölzernen Kubus, Noch vor Piero Manzonis Magi -
schem Sockel (Base Magica) und Yoko Onos Painting to Be
Stepped On forderte er die Betrachter auf, »bitte auf dem Sockel
Platz zu nehmen«, und verwandelte den Zuschauer so in einen
an der Vollendung des Werkes aktiv Beteiligten. Für die »Second
Gutai Art Exhibition«, die im Oktober 1956 in der Ohara Kai -
kan Hall stattfand, stellte Murakami einen zweiten Kubus her,
auf den er folgende Anleitung schrieb: »Bitte legen Sie Ihr Ohr
an die runde Markierung auf der Oberseite der Kiste.« Darin
befand sich eine Uhr, die zu nicht kalkulierbaren Zeiten
verschiedene Klingelzeichen abgab. Die konzeptuelle Natur
solcher Arbeiten unterstreicht den ebenfalls konzeptuellen
Ansatz von Murakamis gestischeren und theatralischeren Wer -
ken. Und schließlich schuf Murakami zur gleichen Zeit Arbei-
21 Alexandra Munroe (wie Anm. 16), S. 91.
(rechts) Atsuko Tanaka, Elektrisches Kleid, 1956
(unten) Atsuko Tanaka, im Atelier in einem Theaterkostüm
mit zahlreichen elektrischen Glühbirnen, April 1957
ten wie Abzieh-Bild (1957), deren empfindliche und durchlässige
Oberflächen in enger Beziehung zu seinen Performances
standen. Obwohl sie konservativer ais die konzeptueilen oder
performativen Werke waren, beziehen sich diese Bilder auch
auf Shimamotos Experimente der frühen fünfziger Jahre.
Eines der metaphorisch aufgeladensten Werke der Gutai-
Künstler ist Atsuko Tanakas Elektrisches Kleid (1956), eine kraft -
volle Verbindung der Tradition des japanischen Kimono mit
moderner industrieller Technologie. Bevor sie diese Arbeit kon -
zipiert hatte, war Tanaka in einem überlebensgroßen Papier -
kleid aufgetreten, das schichtweise abgestreift wurde, nicht
unähnlich dem Abblättern der Gemälde Murakamis; sie
wurde schließlich bis auf ein Trikot enthüllt, das mit blinken -
den Lichtern ausgestattet war. Tanaka begann mit den Ent -
würfen zum Elektrischen Kleid 1954, als sie in einem kleinen
Notizbuch eine geradezu prophetische Verbindung zwischen
elektrischen Drähten und den physiologischen Systemen des
menschlichen Körpers skizzierte. Anhand des Gerüsts der
menschlichen Figur fertigte sie Dutzende von kleinen Zeich -
nungen als Pläne für die Verlegung der Drähte an, für eine
Bekleidung, die das System der Blutgefäße und Nervenstränge
widersplegelte. Darüber hinaus machte sie eine Gruppe von
zwanzig großformatigen Zeichnungen, die in schematischer
Form ein Diagramm des Elektrischen Kleides enthielten und
seine Beziehung zum menschlichen Körper andeuteten.
Nach der Herstellung der eigentlichen Skulptur kleidete sie sich
in der Tradition der japanischen Hochzeitszeremonie. Hunderte
in den Primärfarben bemalte Glühbirnen leuchteten entlang
der Adern und Nervenbahnen ihres Körpers. Als das Elektri -
sche Kleid und die dazugehörigen Zeichnungen in den spä -
ten fünfziger Jahren zusammen ausgestellt wurden, wurde ver -
ständlich, in welcher Weise Tanakas pseudowissenschaftliche
und konzeptuelle Basis ihre Aktivitäten von denen der ande -
ren Gutai-Mitglieder unterschied. Diese Arbeit antizipierte deut -
lich die feministische Kunst der siebziger Jahre sowie den
künstlerischen Einsatz des eigenen Körpers in gefährlichen
Situationen.
Was für die Gutai-Künstler in der Mitte der fünfziger Jahre mit
dem totalen Angriff auf die Tradition der Malerei begann, hatte
sich am Ende des Jahrzehnts in eine traditionellere, kom -
merzielle Ausrichtung der kreativen Aktivitäten der Künstler ver -
wandelt. Die Tatsache, daß von den meisten dieser Künstler
eine sehr viel größere Anzahl von Arbeiten aus den späten fünf -
ziger und frühen sechziger Jahren existieren als aus der ent -
scheidenden Phase ihrer ersten Innovationen fünf Jahre
zuvor, belegt ihre veränderte Haltung gegenüber dem eigent -
lichen Kunstobjekt. Es ist besonders schmerzlich, daß die betei-
30
Georges Mathieu, Hommage au Connetable de Bourbon (Hommage an den Konnetabel von Bourbon), 1959
31
ligten Künstler sich nach der Schließung der ersten Gutai-Aus-
stellung dazu entschlossen, ein Feuer zu entfachen und ihre
Werke zu verbrennen. Trotz der pragmatischen Gründe, die
dieser Handlung zugrundegelegen sein mögen (die Vermei -
dung von Transport- und Lagerkosten für die Werke), lenkte
sie die Aufmerksamkeit des Publikums erneut auf das krea -
tive Primat der Handlung vor dem Objekt.
Nouveau Realisme
1954, ein Jahr vor dem Durchbruch der Gutai-Künstler, malte
der französische Künstler Georges Mathieu, der später eine
direkte Beziehung zu und Einfluß auf diese Künstler erhalten
sollte, sein erstes vollständig ausgeführtes performatives
Bild, La Bataille de Bouvines. Theatralisch in Künstler-Ar -
beitskleidung gehüllt, mit einem Stoffhelm auf dem Kopf, und
die Beine mit Tuchstreifen umwickelt, damit die Hosenbeine
nicht störten, schuf der medienbewußte Mathieu einen
monumentalen gestischen Fries über eine gewöhnliche
Schlacht der europäischen Geschichte des Mittelalters. In einer
Folge von Strichen, Gesten, Zeichen und graphischen Spu -
ren weisen die Bilder eine bemerkenswert formale und kon -
trollierte Textur auf und bilden ein Gewebe aus kontrastieren -
den Rot-, Schwarz- und Gelbtönen, ähnlich der Palette der
Gutai-Künstler. Indem er, im Gegensatz zu Pollocks Boden -
malerei, die Leinwand aufrecht auf einer verbreiterten Staffe -
le! positionierte, inszenierte Mathieu eine Geschichtsstunde,
in der die Leinwand wie eine Tafel eingesetzt wurde - eine ganze
Generation vor Beuys’ düstereren und gesellschaftlich ver -
antwortungsvolleren Untersuchungen. Er wurde von da an
bekannt durch seine Performances, während derer er groß -
formatige Bilder in Anwesenheit des Publikums herstellte.
Mathieu hatte beträchtliche Erfahrungen in der Kunst der
Werbung. 1947 wurde er Leiter der Abteilung für Öffentlich -
keitsarbeit der United States Lines, einer amerikanischen Firma
in Paris. Außerdem hatte er Promotion für Salvador Dali, einen
der publicity-hungrigsten und theatralischsten Künstler des
20. Jahrhunderts gemacht, dessen eigene aktionistische
Malerei der dreißiger Jahre ein frühes Vorbild für einige Künst -
ler in dieser Ausstellung darstellt. Es verstand sich daher von
selbst, daß Mathieu zu sorgfältig in Film und Photographie
dokumentierten Inszenienjngen von Malerei neigte. Seine über -
steigerten Performances, die Aktionen für Life und andere Mas -
senblätter einschließen, lassen die Wichtigkeit von Mathieus
Beitrag verschwimmen. Obwohl er in erster Linie den forma -
len Eigenschaften seiner Arbeiten verpflichtet blieb, war er ein
22 Yves Klein, zit. nach: Sidra Stich, Yves Klein, Stuttgart 1994, S. 179.
Vorläufer jener Ästhetik der Eigenwerbung von Künstlern wie
Andy Warhol und Jeff Koons, die die Massenmedien geschickt
manipuliert haben. Ein anderer dieser Künstler war Yves Klein.
Klein war vielleicht der berühmteste Künstler im Umfeld des
Nouveau Realisme, einer Bewegung von überwiegend fran -
zösischen Künstlern, die in den frühen sechziger Jahren auf -
kam. Sie wurde offiziell am 27.Oktober 1960 gegründet, als
ihr von dem einflußreichen Kritiker Pierre Restany verfaßtes
und von einer ausgewählten Künstlergruppe unterzeichnetes
Manifest erschien. Die meisten Künstler, die sich dem Nou -
veau Realisme anschlossen, darunter Jean Tinguely, Niki de
Saint Phalle und Daniel Spoerri, wendeten sich gegen die Tra -
dition des Informel, das von Künstlern wie Mathieu verkörpert
wurde. Mit der bedeutenden Ausnahme von Klein gaben die
meisten von ihnen die Malerei zugunsten der Herstellung von
Assemblagen aus Alltagsgegenständen auf. Trotzdem be -
wiesen sie eine Kontinuität im Verhältnis zum Informel - und
besonders zu Mathieu - durch die Vorrangstellung, die sie der
Aktion gaben, sowohl in der Herstellung ihrer Ausstellungs -
objekte als auch in der Ausführung ihrer performativen Aktio -
nen und in ihrer gekonnten Einsetzung der Massenmedien,
Wie Mathieu reiste auch Klein Anfang der fünfziger Jahre nach
Japan (eine Reise, die vor allem durch den Wunsch motiviert
war, Judo - eine seiner damaligen Leidenschaften - zu ler -
nen). Doch als er im September 1952 dort ankam, konnten
die Gutai-Künstler, die sich als Gruppe erst 1954 formierten,
noch keinen direkten Einfluß auf seine künstlerische Ent -
wicklung haben. Obwohl es schon damals experimentelle Vor -
läufer von Gutai gegeben hatte, fanden die bemerkenswer -
ten Durchbrüche erst 1954-55 statt. Bei seinem Besuch in
Hiroshima 1953 sah Klein jedoch die Silhouette eines Man -
nes, die von dem Atomblitz in einen Felsen gebrannt worden
war - ein Bild des Schreckens, das visuell an die Höhlen -
malereien von Lascaux erinnerte. Beide Quellen regten Kleins
Interesse an prähistorischen Ritualen an, obwohl das Bild in
Hiroshima im Grunde das schattenhafte Relikt einer Mensch -
heitskatastrophe und keine bewußt ausgeführte Zeichnung war.
Doch Klein war tief beeeindruckt von der Tatsache, daß nach
dem Tod ein menschlicher Schatten übrigbleiben konnte; als
er 1956 Fumio Kamels Film Der Schatten auf dem Stein (Ikite-
iteyokata) sah, schrieb er: »Hiroshima-dieSchatten von Hiro -
shima. In der Wüste der atomaren Katastrophe stellten sie
Beweise dar, schreckliche unzweifelhafte Beweise, und den -
noch Beweise der Hoffnung für die (wenn auch immaterielle)
Permanenz des Fleisches.Dieses Bild, das durch den blei-
benden Abdruck des menschlichen Körpers auf einer Ober -
fläche entstanden war, wies bereits auf d\e Anthropometrien
hin, die Klein am Ende des Jahrzehnts herzustellen begann.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Gutai-Künstler bereits be -
trächtliche internationale Aufmerksamkeit erlangt. Doch
Klein erkannte seine Erfahrung in Hiroshima als künstlerische
Inspirationsquelle bereitwilliger an als die Einflüsse der Gutai-
Künstler und Mathieus. In den späten fünfziger Jahren war ihm
die Bandbreite der Gutai-Experimente sicherlich wohlvertraut:
außerdem war es historisch völlig unmöglich, daß sie Klein
kopiert hatten, wie er behauptete: »Mit großer Begeisterung
haben (die Gutai-Künstler) sich meiner Methode auf sehr selt -
same Art bedient. Diese Maler haben sich einfach selbst zu
lebenden Pinseln gemacht. Indem sie sich in Farbe getaucht
haben und auf ihren Leinwänden herumgerollt sind, wurden
sie zu Vertretern eines >ultra action painting«.«^^ Etwa fünf Jahre
vor K\e\ns Anthropometrien und seinen ersten Experimenten
mit den lebenden Pinseln befand sich die Gutai-Gruppe bereits
in ihrer zweiten experimentellen Phase. Dies war für Klein sicht -
lich ein heikles Thema, und so attackierte er die »verzerrten
Ideen, die von der internationalen Presse verbreitet werden«
und die eine Verbindung zwischen der Gutai-Gruppe und sei -
nen eigenen Arbeiten andeuteten,^^ Es ist bedauerlich, daß Klein
diese Beziehung nicht zugab, da dies in Wirklichkeit die tief -
greifenden Unterschiede zwischen seinen und ihren Arbeiten
klarer herausgestellt hätte. Einer der wichtigsten Unter -
schiede bestand darin, daß die Gutai-Künstler unter dem Ein -
fluß von Pollock versuchten, den Künstler/n das Bild zu brin -
gen, während der konzeptueller ausgerichtete Klein dem Künst -
ler den Platz eines Dirigenten zuwies, dessen Rolle darin
bestand, die Personen, die die Bilder für ihn herstellten, zu
orchestrieren und zu komponieren. So behauptete er in sei -
nem Essay »Le vrai devient realite« aus dem Jahr 1960:
(Meine Modelle) wurden zu lebenden Pinseln!
Schon lange Zeit vorher hatte ich den Pinsel als zu
psychologisch abgelehnt. Ich malte mit der anonyme -
ren Rolle und versuchte, eine Distanz - eine zumindest
gedanklich gleichbleibende »Distanz« - zwischen der
Leinwand und mir während der Arbeit herzustellen. Jetzt
kehrte der Pinsel wie durch ein Wunder zurück, jedoch in
lebendiger Form, Nach meinen Anweisungen wurde die
Farbe direkt und präzise durch den Körper auf die Unter -
lage aufgetragen. Ich konnte konstant in der exakten Di-
23 lbid.,S. 1881
24 lbid.,S. 188.
stanz »X« von meiner Leinwand entfernt stehen und
meine Kreation so während ihres Entstehens kontinuier -
lich beherrschen.
Auf diese Weise blieb ich sauber. Ich beschmutzfe mich
nicht mehr mit der Farbe, nicht einmal die Fingerspitzen.
Vor mir und unter meiner Leitung vollendete sich das Werk
in Zusammenarbeit mit dem Modeli. Ich konnte das Werk
bei seiner Geburt in der sichtbaren Welt würdig im Smo -
king begrüßen...
Kleins erste Verwendung des menschlichen Körpers als
lebendem Pinsel fand, zumindest im Rahmen einer öffent -
lichen Darbietung, im Juni 1958 anläßlich einer Abendgesell -
schaft im Haus seines Freundes Robert Godet statt, der eben -
falls Judomeister war. Sein erstes vorsichtiges Experiment
mit einem »Körperpinsel« bestand darin, ein nacktes Modell
mit seiner Erkennungsfarbe, die er als International Klein Blue
(I.K.B.) bezeichnete, zu bedecken, und es über ein riesiges
weißes Papier kriechen zu lassen, das wie Pollocks Leinwand
auf dem Boden ausgebreitet war. Das Modell benutzte seine
Hände und den Körper, um die Farbe auf dem Papier zu
verteilen, und verlieh der Oberfläche so eine körperähnliche
Textur, die sich von den blauen Monochromien unterschied,
die Klein bis zu diesem Zeitpunkt mit dem Pinsel malte. Die
Kunsthistorikerin Sidra Stich kommentierte: »Zu Kleins Miß -
fallen hatte dieses Ereignis durch den Rahmen der Dinner -
party und Godets erotischen Neigungen den Charakter von
laszivem Entertainment. Eigentlich hatte er damit rechnen
müssen, denn er wußte, daß Godet die Vorführung als kol -
lektive, sexuelle und existentialistische Erfahrung betrach-
tefe, und er hatte nicht dafür gesorgt, eine andere Atmos -
phäre zu schaffen.«
Der Zwiespalt zwischen den konzeptuellen Grundlagen von
Kleins Werk und den offensichtlich theatralischen und sen -
sationellen Mitteln, die er bei dessen Ausführung anwendete,
erzeugten natürlich ein Mißverständnis über die Intentionen
des Künstlers. Einerseits wollte er einen Abstand zwischen sich
selbst und dem, was er als formale, theatralische Tricks von
Künstlern wie Mathieu betrachtete, hersteilen. Andererseits ent -
schied er sich dafür, aus der Entstehung seines Werks ein Spek -
takel zu machen, das er sehr gut in der Privatheit seines Ate -
liers statt in der Öffentlichkeit einer Dinnerparty hätte aufführen
können. Klein wollte eindeutig beides zugleich, und so ver -
anstaltete er am 9. März 1960 eine Performance, die noch weit
25 Ibid., S. 176; Erstveröffentlichung in: Zero, Nr. 3, Juli 1961.
26 Sidra Stich (wie Anm. 22) S. 172 f.
35
Yves Klein, L’Etoile (Der Stern) (ANT 73), 1960. Yves Klein-Archiv
durchdachter, theatralischer, erotisch stimulierender und
spektakulärer war als alles, was Mathieu oder die Gutai-Künst-
ler bis dahin erdacht hatten. Diese Performance fand in der
Pariser Galerie Internationale d’Art Contemporain statt - eine
einflußreiche, wenn auch nicht sonderlich avantgardistische
Galerie, die auch Mathieu vertrat. Die wohlhabenden Gäste
trafen ein und nahmen auf vergoldeten Stühlen Platz. Ein großer
Teil des Bodens war mit Papierbahnen bedeckt, und an der
Stirnwand hing eine gut sechs Meter breite Papierbahn, vor
der unterschiedlich hohe Sockei standen. Mit förmlichem Ernst
trat ein Ensemble aus drei Geigern, drei Cellisten und drei Chor -
sängern ein und plazierte sich auf einer Bühne am anderen
Ende des Raumes. Klein, der wie die Musiker einen Smoking
und eine weiße Krawatte trug, trat als Dirigent hinzu und ver -
beugte sich vor seinem Orchester, das seine Symphonie mono -
tone zu intonieren begann. Diese besteht aus einem Zykius
von zwanzig Minuten, während derer eine einzige Note
gespielt wird, auf den zwanzig Minuten Stilie folgen. Über diese
reduktive, von Cage inspirierte Komposition bemerkte Klein
in einer an der Sorbonne abgehaltenen Vorlesung: »Da sie
weder Anfang noch Ende hatte, entzog sich diese Sympho -
nie unmerklich der Phänomenologie der Zeit. Sie lebte jen -
seits von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, da sie nie
geboren wurde und nie starb.«^' Die Symphonie stand in star -
kem Kontrast zu dem Auftritt der drei vollkommen nackten
Frauen, die mit I.K.B. gefüllte Eimer herbeitrugen. Den stum -
men Anweisungen des Künstlers folgend, trugen die Modelle
die Farbe auf ihre Körper auf und drückten sich dann auf dem
Papier ab. Dieser Teil der Performance war am Vortag in einer
ausgefeilten Probe sorgfältig choreographiert worden. Das bei
dieser Vorübung entstandene Bild wurde anschließend in eine
Reihe einzelner Anfhrapomefrven zerschnitten, die sich kaum
von der während der Performance entstandenen großfor -
matigen Komposition unterschieden. Dieses außerordentlich
hohe Maß an Kontrolle über ein scheinbar spielerisches, fast
schon frivoles Ereignis war kennzeichnend für Kleins Arbeit.
Nach der Performance, der mehr ais hundert Gäste - über -
wiegend ältere Kunstmäzene und nur wenige Avantgarde -
künstler und -kritiker - beigewohnt hatten, fand eine Diskus -
sion mit dem Publikum statt, Mathieu, der Kleins Übernahme
und Persiflage seiner eigenen Arbeit erkannte, fragte den jün -
geren Künstler: »Was ist Kunst für Sie?« Klein, dessen Den -
ken konzeptuell ausgefeilter war als Mathieus formalistischer
Ansatz, antwortete: »Die Kunst, das ist die Gesundheit!« Die
Bemerkung war nicht nur aus dem Stehgreif hingeworfen,
sondern reflektierte Kleins Konzentration auf den Körper,
dessen Wohlbefinden eine Grundlage seiner spirituellen
Transzendenz ist. »Diese Gesundheit läßt uns »existieren'«,
behauptete Klein,»(Sie ist) das Wesen des Lebens selbst. (Sie
ist) alles, was wir sind.«®«
27 Yves Klein, Zit. nach Sidra stich (wie Anm. 22), S. 177. 28 lbid.,S.175.
Yves Klein, Leap into the Void (Der Sprung in die Leere),
Photonnontage von Harry Shunk
Die acht Abdrücke auf unterschiedlicher Höhe, die von der
jeweiligen Höhe der Sockel abhing, stammten von zwei der
Modelle, die ihre Brüste, Bäuche, Oberschenkel und Schul -
tern auf die Papierfläche preßten. Alle Figuren waren unter -
schiedlich, da die Abdrücke der Körper der Modelle auf dem
Papier sorgfältig komponiert worden waren. Das Wandbild
weist eine statischere Komposition auf als das am Boden ent -
standene, welches mit Hilfe des dritten Modells hergestellt
wurde, das mit Farbe bemalt und dann über die Oberfläche
des Papiers gezogen wurde - eine gestische Beschwörung,
die an Shiragas Arbeiten erinnert. Und das Wandbild erinnert
gar an die Arbeit mit Blaupausenpapier, die Robert Rau -
schenberg gemeinsam mit Susan Weil zehn Jahre zuvor in New
York hergestellt hatte.
Kleins Fähigkeit, scheinbar spontane Aktionen zu planen und
zu steuern, wird auf dramatische Weise von dem berüchtig -
ten Photo Leap into the Void von Oktober 1960 unter Beweis
gestellt. Wie die Leere, die die Gutai-Künstler mit Anarchie zu
erfüllen versuchten, und wie die homogene Oberfläche, die
Fontana durchbrechen wollte, so war auch Kleins Sprung eine
starke Metapher für den schöpferischen Akt, sowohl in sei -
ner unkontrollierten, körperlichen Ausdrucksform als auch in
der hochentwickelten Theorie, die ihn hervorbrachte. Der erste
und wahrscheinlich einzige wirkliche »Sprung in die Leere« fand
am 12. Januar 1960 statt, als Klein aus dem zweiten Stock -
werk der Pariser Wohnung der Galeristin Colette Aliendy
sprang. Bernadette Allain war Zeugin dieser privaten Per -
formance und bestätigte, daß kein Hilfsmittel den Fall des
Künstlers auffing. (Das Haus, von dem er später sprang, lag
gegenüber einem Judoclub, in dem er Freunde dafür ge -
winnen konnte, ihn in einer Plane aufzufangen.) Obwohl ein
verrenktes Fußgelenk Kleins Sprung zu belegen schien, be -
zweifelten viele seiner Kollegen den Wahrheitsgehalt seiner
Behauptung, da sie auch gegenüber den von Klein behaup -
teten Levitationsversuchen Vorbehalte hegten.
Im Oktober 1960 fertigte der Photograph Harry Shunk eine
Reihe von Photocollagen an, um den Eindruck zu erzeugen,
daß Klein ohne fremde Hilfe aus dem zweiten Stock eines wei -
teren Hauses etwa viereinhalb Meter tief gesprungen war, ohne
daß ein Sprungtuch seinen Fall aufgefangen hätte - ein fik-
tionalisiertes photographisches Dokument, das eindeutig
das Ergebnis einer sorgfältigen Manipulation war. Dieses
Mythen generierende Bild, das Namuths Photographien von
29lbid., S. 221.
Pollock ebenbürtig war, sollte Kleins herausragende Stellung
in der Geschichte der heroischen Gesten sichern. Obwohl das
Photo seine Behauptung, den Sprung bereits im Januar ohne
Hilfsmittel realisiert zu haben, auf ironische Weise untergrub,
hatte es selbst als Fiktion einen außerordentlichen Einfluß auf
die selbstgefährdenden Körperarbeiten der Wiener Aktionisten
und auf zahlreiche Werke der Body art der siebziger Jahre,
die auf Performances basierten. Die Arbeiten der französischen
Künstlerin Gina Pane oder des Amerikaners Chris Bürden sind
ohne Kleins Sprung als Vorläufer nur schwer vorstellbar. Und
es ist umso faszinierender zu wissen, daß Klein durch die Mani -
pulation der Photographie in der Lage war, den Eindruck einer
lebensbedrohlichen Aktion zu schaffen, die ihn von der Not -
wendigkeit befreite, diese tatsächlich auszuführen. So bemerkte
Stich: »Das endgültige Bild ist eine Verschmelzung der Pho -
tographien des Sprungs und der Straße zu einem einheitlichen
und verblüffenden -Dokument«. Es suggeriert übermenschliche
aeronautische Kräfte, vermittelt aber auch den Eindruck ei -
nes Mannes, der sein Leben aufs Spiel setzt, um zu bewei -
sen, daß der Mensch in der Lage ist zu fliegen. Wie viele künst -
lerische Unternehmungen Kleins besitzt diese Arbeit nicht nur
mystischen und ehrfürchtigen, sondern auch hyperbolischen
Charakter.«^®
Einer von Kleins engsten Freunden war Jean Tinguely. Zu
Beginn ihrer Laufbahn war diese Beziehung von großer Be -
deutung für beider künstlerische Entwicklung. Während Tin -
guely Geschwindigkeit, Bewegung und Energie einbrachte,
trug Klein eine konzeptuellere und erweiterte Vorstellung von
den Parametern der Kunst bei. Im November 1958 präsen -
tierten sie eine gemeinsame Ausstellung mit dem Titel
»Vitesse pure et stabilite monochrome: Yves Klein et Jean Tin -
guely« in der Pariser Galerie Iris Giert - die Alternative der
Künstler zu der kommerzielleren Galerie Internationale d’Art
Contemporain. Klein und Tinguely schufen für diese Aus -
stellung sechs monochrom blaue Scheiben in verschiedenen
Größen, die mit Motoren ausgestattet und an der Wand befe -
stigt wurden, und sich in verschiedenen Geschwindigkeiten
drehten. Sie stellten auch zwei freistehende Skulpturen her:
Excavatrice d’espace und Perforateur monochrome. Erstere
verfügte über eine weiße Scheibe von etwa 20 Zentimetern
Durchmesser, letztere über eine kleine rote Scheibe, die mit
einer Geschwindigkeit von 10.000 Umdrehungen pro Minute
rotierte.^“
30 K. G. Pontus Hulten,77ngue/y, Ausst.-Kat., Centre Georges
Pompidou, Musee National d’Art Moderne, Paris 1989, S.47.
jiM
■ja!
38
Jean Tinguely, Meta-matic No.6,1959. Privatbesitz
Jean Tinguely, Baluba, 1964,The Menü Collection, Houston.
Geschenk von Jean Tinguely
Tinguelys/Wefa-maf/csoderZeichenmaschinen, die er ab 1959
baute, waren eine Reihe eleganter, dünner, sperriger und ener -
giegeladener dynamischer mechanischer Skulpturen, die,
wenn sie in Gang gesetzt wurden, kindliche Zeichnungen her -
stellten. Die frühen Modelle bewegten sich auf poetische Weise;
sie wurden jedoch zunehmend aggressiver, kräftiger und im -
posanter, bis sie schließlich zu monströsen und furchterre -
genden Skulpturen wurden, die explodierten und sich selbst
zerstörten. Um für seine Ausstellung von Meta-matics zu wer -
ben, die im Juli 1959 in der Galerie Iris Giert stattfand, ver -
teilte Tinguely in ganz Paris Ankündigungen. Diese Handzet -
tel forderten das Publikum auf: »Machen Sie es selbst: Malen
Sie Ihr eigenes abstraktes Bild mitTinguelys Meta-matics. Die
Galerie setzt für das beste Bild, das mit Tinguelys Meta-matics
gemacht wurde, einen Preis von 50.000 Franc aus.« Unter den
Juroren befanden sich die einflußreichsten Persönlichkeiten
der Pariser Kunstszene. Der Künstler heuerte auch Sandwich-
Männer an, um vor der Galerie auf und ab zu marschieren.
Indem er für die Ausstellung wie für ein Geschäft warb, nahm
Tinguely die Konsumästhetik vorweg, die in Claes Oldenburgs
The Store und Ben Vautiers Le Magasin klarer und eindeuti -
ger zum Ausdruck kommen sollte.®"'
Diese Super-Manifestation-Spektakel-Ausstellung war ein
Riesenerfolg; fünf- bis sechstausend Besucher machten vier -
tausend Maschinenzeichnungen. Die große Besucherzahl
verdankte sich gleichermaßen der raffinierten Werbung und
dem Interesse an Tinguelys Arbeit; die umstrittene Ausstel -
lung wurde von den Medien sowohl gepriesen als auch ver -
dammt. Die Kontroverse hatte ihren Grund wohl nicht so sehr
In der Tatsache, daß Maschinen Kunst herstellten, sondern in
der begleitenden Werbekampagne. Im folgenden Oktober stahl
Tinguely bei der ersten Biennale des Jeunes allen die Schau,
indem er sein Meta-matic No.17 zeigte, das auf eine laufende
Rolle Papier zeichnete und so lange Rauch in einen Ballon
pustete, bis dieser platzte.
Die nächste Präsentation von Tinguelys Maschinenzeich -
nungen fand am 12. November 1959 bei einem Zyklomatischen
Abend im Institute of Contemporary Arts in London statt - ein
Vortrag mit Vorführung unter dem Titel »Art, machines et
mouvement: Une Conference de Tinguely«.®® Obwohl dieses
Jean Tinguely,
Meta-matic No.12,
1959.
Sammlung
Phyllis Lambert
Montreal
31 lbid.,55.
32 Tinguelys Vorlesung siehe ibid., 67.
39
Tir von Niki de Saint Phalle, Zielscheibe aus echten Blumen von Jasper Johns,
Robert Rauschenberg malt, während Jean Tinguely durch den Vorhang auf die Bühne
schaut, 1961
!
p
Event fälschlicherweise als eines der ersten europäischen
Happenings bezeichnet wurde, kann man doch mit Recht
behaupten, daß es den Unterschied zwischen Vorführung, Per -
formance und Skulptur verwischte. In den folgenden Jahren
konnte Tinguely dank seiner wachsenden Ressourcen Werke
schaffen wie Hommage ä New York (präsentiert am 17. März
1960 im New Yorker Museum of Modern Art) und Bude pour
une fin du monde (präsentiert am 22.September 1961 im Lou -
isiana Museum in Humlebaek in Dänemark): Maschinen mit
komplexen pyrotechnischen, seibstzerstörerischen Eigen -
schaften, die die Ausmaße von Environments annahmen. Die
bestürzenden Auswirkungen dieser mechanischen Skulptu -
ren trafen sich mit den Untersuchungen vieler der bereits
genannten Künstler und belegen einen fortgesetzten Trend zu
Gewalt und Selbstzerstörung.
Am 20. Juni 1961 nahmen Tinguely, Rauschenberg, Johns und
Niki de Saint Phalle an einer Performance mit dem Titel Homage
to David Tudor im Pariser Theätre de l’Ambassade des Etats-
Unis in Paris teil. Während der berühmte Pianist David Tudor
Musik von Gage spielte, führten die vier Künstler gleichzeitig
Aktionen von vorher bestimmter zeitlicher Dauer durch. Tin -
guely setzte eine mechanische Skulptur mit Federn in Betrieb,
die sich selbst zerstörte; Rauschenberg malte auf der Bühne
First Time Painting, wobei die Leinwand mit dem Rücken zum
Publikum stand, das daher die Vorderseite nie zu Gesicht
bekam; Johns war mit einem aus Blumen gemachten Ziel -
scheibenbild vetreten; und Saint Phalle schuf eines ihrer
berühmt-berüchtigten Schießbilder, die sie tirs nannte.
In einem Brief an Pontus Hülfen schreibt Saint Phalle, daß sie
Anfang der sechziger Jahre begann, ihre innere Aggressivität
in ihren Arbeiten zu sublimieren, die zunehmend gewalttäti -
ger wurden. Sie schuf 1960 ihre ersten Assemblagen, bei denen
echte Pistolen mit im Spiel waren, und sie stellte 1961 eine
Entre-acte von Jasper Johns, Robert Rauschenberg malt auf der
Bühne, ein Scharfschütze zielt auf Niki de Saint Phalles tir, 1961
40
Niki de Saint Phaiie, Tir de I’Ambassade Americaine
(Tir der amerikanischen Botschaft), 1961. Sammlung der Künstlerin
Arbeit mit dem Titel Portrait of My Lover her, in der der Kopf
der Gestalt eine von Wurfpfeilen durchlöcherte Zielscheibe war;
im gleichen Jahr schuf sie auch ihre ersten tirsP Um diese
Arbeiten herzustellen, brachte Saint Phalle auf ihren Assemb-
lagen Ballons an, die mit Farbe gefüllt waren. Jede Farbe hatte
ihren ganz bestimmten Platz. In einem von ihr entworfenen
blütenweißen Schießanzug zielte sie dann und drückte ab. Der
Akt, durch einen gewalttätigen Gestus ein Bild zu kreieren, erin -
nert an die Performances von Shimamoto, bei denen er mit
Farbe gefüllte Flaschen explodieren ließ oder mit einer Farb-
kanone schoß. Gelegentlich bat Saint Phalle andere, zu
schießen, zum Beispiel in ihrer ersten eigenen Ausstellung im
Juni 1962 in der Pariser Galerie J, die auch Daniel Spoerris
erstes Restaurant finanziell unterstützte.
Saint Phalle stellte in den Jahren 1961 und 1962 mehr als zwölf
tirs vor. Sie erregte in den Medien ähnlich viel Aufsehen wie
Tinguely, so daß damals mehr als fünfzig internationale
Magazine und Zeitschriften über sie berichteten. Diese Be -
kanntheit führte dazu, daß sie nach Malibu in das Strandhaus
der Galeriebesitzerin Virginia Dwan eingeladen wurde, wo sie
mit der Hilfe von Ed Kienholz Ihre ersten beiden amerikani -
schen tirs vorstellte. Rauschenberg, der ihr bei einem tir assi -
stiert hatte, das sie am 23. Mai 1961 in der Staket-Sandgrube
in der Nähe von Värmdö in Schweden im Rahmen der Aus -
stellung »Rörelse I Konsten« vorführte, die Stockholms Mo-
derna Museet organisiert hatte, half bei der Konstruktion von
Saint Phalles zweitem amerikanischen tir, das im März 1962
auf dem Parkplatz des Renaissance Clubs auf dem Sunset
Boulevard in Los Angeles stattfand. Saint Phalles Be -
rühmtheit war 1962 auch der Grund für eine Ausstellung mit
ihren Arbeiten in der New Yorker Galerie lolas, und ihr Beneh -
men wurde zum Vorbild für die Künstlerin, die Shirley
McLaine in dem Hollywoodfilm What a M/ay to Go spielte.
Ein anderer mit dem Nouveau Realisme in Verbindung ste -
hender Künstler war Daniel Spoerri. Anfang der sechziger Jahre
schuf Spoerri eine Reihe von Assemblagen - seine Fallenbilder
(tableaux pieges) - die die letzten Augenblicke des Essens eines
Gastes einfingen und einfroren. Der Teil des Tisches oder der
Unterlage, auf dem das Essen stattgefunden hatte, wurde befe -
stigt, danach vertikal ausgerichtet und wie ein Bild aufgehängt.
Obwohl sie vordergründig Teil der Trash-Ästhetik zu sein schie -
nen, die damals in den USA und in Frankreich vorherrschend
war, waren diese Arbeiten eher Photographien, die einen
/
33 Niki de Saint Phalle, Brief an Pontus Hülfen, in: Hülfen,
Niki de Saint Phalle, Aussf.-Kat., Kunst- und Ausstellungshalle
der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1992
'r
42
Daniel Spoerri, Le Heu de repos de la famille Delbeck (Erholungsort der Familie Delbeck),
1961. Sammlung Daniel Varenne, Genf
Daniel Spoerri, in seinem Restaurant. 1966-68
43
Daniel Spoerri, Le Coin du Restaurant Spoerri
(Die Ecke des Restaurant Spoerri), ca. 1968
Augenblick festhielten, ein »Portrait« des Individuums, das ein
Essen zu sich genommen hatte. Die Identität der Gäste und
der Umstände, unter denen gegessen worden war, wurden
zu einem sich entwickelnden Aspekt der Fallen und bekun -
deten Spoerris Interesse am Phänomen der Berühmtheit. Im
März 1963 eröffnete Spoerri in Paris für zwölf Tage seine
Restaurantgalerie J; die darauffolgende Ausstellung zeigte 723
Küchenutensilien. Die Einladung in das Restaurant und zur
anschließenden Ausstellung enthielt folgende Information
des Künstlers: »Die gastronomischen Aktivitäten von -Chef
Daniel' Spoerri haben eine direkte ästhetische Konsequenz
(innerhalb der Reinheit der orthodoxesten Traditionen des
Nouveau Reaiisme) und werden zu Arbeiten führen, zu deren
Besichtigung das Publikum am Tag nach der Schließung des
Restaurants, am 14. März um 5 Uhr Nachmittags eingeladen
ist.« Obwohl Spoerri tatsächlich einmal ein Restaurant betrie -
ben hatte, stand dieses eher in Zusammenhang mit seinen
Fallenbildern. Unter den Kellnern waren Berühmtheiten der
Kunstwelt wie Restany und der Dichter John Ashbury. Im
Restaurant selbst führte Spoerri stolz Gerichte wie Kunstwerke
vor, ohne daß diese Teil von Assemblagen gewesen wären,
und er legte Wert darauf, daß der Geschmacksinn zu den visu -
ellen und taktilen Dimensionen der ausgestellten Werke hin -
zukam.
Im Juni 1968 gründete Spoerri in Düsseldorf das Restaurant
Spoerri, das sehr erfolgreich war. In diesem Restaurant bot er
reguläre Gerichte wie Steaks an, aber auch Spezialitäten wie
Omelett mit gerösteten Termiten, Hühnerembryos, Bärentat -
zen, Klapperschlangenragout, in Scheiben geschnittene Ele-
phantenrüssel und anderes mehr. Schließlich nahm Spoerri
seinen Teil des Restaurants und verlagerte es von Düsseldorf
nach Mailand, wo er für jedes Sternzeichen ein bestimmtes
Gericht zubereitete; sechzehn Gäste nahmen Gerichte zu sich,
die ihren Sternzeichen entsprachen. Die letzten Reste von
Restaurant und Dinner-Performance trugen den Titel Le Coin
du Restaurant Spoerri. Der Künstler hatte Leben in Kunst ver -
wandelt.
Robert Rauschenberg war ein weiterer Künstler, der die Be -
ziehung zwischen Kunst und Leben durch den Akt der Per -
formance neu definieren wollte. Rauschenberg begann mit
seinen Untersuchungen zur Funktion dieses Aktes bei der
Kreation eines Objekts in den fünfziger Jahren. Zu diesen
Arbeiten gehörten die Blaupausen, zum Beispiel Fernab Figure
(ca. 1950), die er mit Weil herstellte, indem er die Umrisse
von Menschen und Objekten auf lichtempfindliches Blau -
pausenpapier druckte. Ein anderes Werk, bei dem Rau -
schenberg die bleibenden Spuren einer Aktion einfing, war
Automobile Tire Print (1953), bei dem er einen sechs Meter
langen Streifen Papier, der aus zwanzig verschiedenen
Bögen bestand, auf die Straße vor seinem Atelier legte. Dann
forderte er Gage auf, mit dem mit Tinte überzogenen Hinter -
reifen seines Model A Fords über den ganzen Streifen zu fah -
ren. Der daraus resultierende Abdruck war das visuelle Äqui -
valent des einzigen, gleichbleibenden Tons, aber auch ein
44
Robert Rauschenberg (mit John Gage), Automobile Tire Print
(Autoreifenabdruck), 1953. Sammlung des Künstlers
wichtiger Vorläufer für die Handhabung der Linie durch
andere Künstler wie zum Beispiel Piero Manzoni, James Lee
Byars und Nam June Paik.
Rauschenbergs Interesse an der Erforschung des performa-
tiven Akts zeigt sich auch in seiner Teilnahme an der Perfor -
mance von Johns, Saint Phalle und Tinguely im Jahre 1961
im Theatre de l’Ambassade des Etats-Unis in Paris. Im Ge -
gensatz zu Mathieu bemalte Rauschenberg die Leinwand, der
er den Titel First Time Painting gab, mit der Rückseite zum
Publikum, das das fertige Bild nie sah. Das Bild war fertig, als
ein daran befestigter Wecker zu klingeln begann (auf dieses
Signal hin verpackte Rauschenberg das Bild in Papier und über -
gab es einem Hotelpagen aus dem Hotel du Pont Royal, in
dem er wohnte). Mit dieser Geste wies er darauf hin, daß der
Akt des Malens wichtiger war als das, was er malte - eine In -
terpretation, die noch durch den Einsatz des Weckers in die -
ser Arbeit unterstrichen wurde. Second Time Painting, das er
ein Jahr später schuf, war ebenso mit einer tickenden Uhr
versehen. Außerdem setzte er in den meisten seiner großen
Arbeiten von Mitte bis Ende der sechziger Jahre Klang-, Bewe-
gungs- und lichtempfindliche Apparate ein. Die technologisch
komplexesten dieser Arbeiten wurden mit der Hilfe von Billy
Klüver geschaffen, einem Elektroingenieur der Firma Bell
Systems, der mit Tinguely an Homage to New York gearbeitet
hatte und auch anderen Künstlern bei der Verwendung tech -
nischer Mittel behilflich gewesen war.
Zur gleichen Zeit, als Rauschenberg diese Arbeiten schuf,
wuchs auch sein Interesse an der Performance. Am 4. Mai
1962 nahm er an einer weiteren Performance mit Saint Phalle
und Tinguely teil, dem fünfzehnminütigen Theaterstück des
Dichters Kenneth Cox mit dem Titel The Construction of
Boston, das im New Yorker Maidman Playhouse gezeigt
wurde. Bei dieser Aufführung zeichnete Rauschenbeng fürdie
Ausstattung und die Lichtregie verantwortlich, er war gleich -
zeitig Stage Manager und Performer. In letzterer Funktion
bediente er eine von Tinguely hergestellte Maschine, die
Kugeln über die Zuschauer und Regen über die Performer
ergoß; Saint Phalle führte einen ihrer tirs vor, indem sie auf
eine Statue der Venus von Milo schoß, die zu bluten schien;
Tinguely errichtete eine Mauer zwischen den Performern
und den Zuschauern. Diese Zusammenarbeit öffnete den
Bereich der Performance erneut für das kreative und phan -
tasievolle Spiel.
Rauschenberg hatte seit 1945 für Cunningham Ausstattun -
gen, Kostüme und Licht gemacht. Abi 963 regte ihn sein Inter -
esse an der Performance-Kunst dazu an, ein eigenes Werk
mit dem Titel Pelican zu choreographieren; es war die erste
45
Robert Rauschenberg, Trophy III (For Jean Tinguely) (Trophäe III
[Für Jean Tinguely]) 1961.The Museum of Contemporary Art, Los Angeles.
Sammlung Panza
46
Piero Manzoni, Corpo d’aria (Luftkörper), 1961.
Sammlung Block
von elf Arbeiten, die er bis zum Jahre 1968 choreographierte.^*
Der Tänzer Steve Paxton und Aian Solomon, der Direktor des
Jewish Museum, nannten diese Arbeiten Theater Pieces. Inspi -
riert vom Auftührungsort von Petican - einer Rollschuhbahn,
d\e America on Wheels hieß entwarf Rauschenberg für sich
und seinen zweiten Performer Per Olof Ultvedt fallschirmar -
tige Flügel, die metaphorisch zum Flug ansetzten, wenn die
beiden Rolischuhläuferan Geschwindigkeit gewannen. In sei -
nem Essay »Rauschenberg for Cunningham and Three of His
Own« (1997) versucht Paxton, die Gründe von Rauschenbergs
Interesse an der Performance-Kunst zu analysieren:
Ich habe mich gefragt, wie Rauschenberg den mentalen
Übergang von der Malerei zur Choreographie vollzo -
gen hat. Eine Performance wird natürlich in der zeitlichen
Abfolge erfahren, doch vielleicht gilt das auch für die Male -
rei. Selbst das kühnste einfache Bild - ein Werk von Frank
Stella etwa, oder ein früher Jasper Johns - läßt einen zwei -
ten Blick zu. Meine Erfahrung von Rauschenbergs flach
wirkendem Gemälde Rebus (1955) war sequentiell.
Monogram (1955-59) war eine spiralenförmige, sequen -
tielle Erfahrung, während derer ich um das Bild herum -
ging und ihm dabei näherkam. Wie andere Maler befin -
det sich Rauschenberg oft vor leeren, aufgespannten Lein -
wänden und stellt sich vor, wie er sie bevölkern und ihnen
Farbe geben könnte. Bei den White Paintings (1951 -52)
blieb die Leinwand einfach weiß, und er ließ die Schat -
ten spielen. Zeit und Bewegung nehmen auch in seinen
stofflicheren Gemälden die Gestalt von Uhren und
Radios an. Sein Werk war bereits bis zu einem bestimm -
ten Grad belebt, bevor er mit seinen Theater-Versuchen
begann.®
Es sollte sich heraussteilen, daß Rauschenbergs Einfluß auf
jüngere Künstler, die Interesse an der Erforschung der Rolle
der Handlung sowohl bei der Schöpfung von Objekten als
auch von Aktionen hatten, äußerst bedeutsam war.
Von Manzoni zur Arte Povera
Wie Klein, Tinguely, Saint Phalle und Spoerri legte auch der
italienische Künstler Piero Manzoni Wert auf die performan -
ceartigen Dimensionen der Objekte, die er Ende der fünfziger
34 Zu Rauschenbergs Performances siehe folgende Essays in: Rau -
schenberg: A Retrospective, Ausst.-Kat., Solomon Guggenheim
Foundation, New York 1997: Nancy Spector, »Rauschenberg
and Performance. 1963-67: A »Poetry of Infinite Possibilities««,
S.226-45; Steve Paxton, »Rauschenberg for Cunningham and
Three of His Own«, S. 260-67; Trisha Brown, »Collaboration:
Life and Death in the Aesthetic Zone«, S. 268-74.
und Anfang der sechziger Jahren schuf; seine Arbeit hatte aller -
dings einen deutlich anderen Charakter. Nachdem er Kleins
Arbeiten 1957 gesehen und den Künstler in der Galerie Apol -
linaire getroffen hatte, fühlte er sich dazu inspiriert, im Okto -
ber des gleichen Jahr seine ersten Achromes zu produzieren,
die er bis zu seinem Tod im Jahre 1963 fortsetzte. Als er den
Unterschied zwischen seinen Bildern und dem Informei be -
schrieb, stellte Manzoni die Gültigkeit von Gemälden in
Frage, >'die auf eine Art Behälter reduziert worden sind, in den
unnatürliche Farben und künstliche Bedeutungen gestoßen
und gepreßt werden. Warum nicht diesen Behälter leeren, die
Oberfläche befreien und versuchen, die grenzenlose Bedeu -
tung eines totalen Raumes und reines und absolutes Licht zu
entdecken?«
Später beschäftigte sich Manzoni besonders mit der Unter -
suchung der philosophischen Implikationen der geraden
Linie. Anfang der fünfziger Jahre hatte Fontana durch seine
zerschlitzten Leinwände die Linie in das Repertoire der Nach -
kriegskunst eingeführt, und 1953 hatte Rauschenberg Auto-
mobile Tire Print geschaffen. Dennoch sollte Manzoni der rigo -
roseste Verfechter der Linie werden; sein einziger möglicher
Rivale ist der Komponist La Monte Young. Die Linie aus einer
zeitlichen Perspektive betrachtend, sagte er, daß »die Linie sich
nur in der Länge entwickelt, sie erstreckt sich in die Unend -
lichkeit; ihre einzige Dimension ist die Zeit«. Ab dem Frühjahr
1959 begann er, auf Blätter und Rollen Papier Linien zu zeich -
nen, die er Lineas nannte; die Rollen verschloß er oft in Metall -
zylindern, damit sie unsichtbar blieben. Erfühlte die Linien -
zeichnungen sowohl im Atelier als auch in der Öffentlichkeit
aus. Am 4. Juli 1960 schuf er in der Druckerei der dänischen
Zeitung Herning Avis seine längste, 7200 Meter lange Linie,
die Linea m 7.200, indem er die Spitze einer Flasche Tinte gegen
eine große Rolle weißes Papier drückte; nach dieser »Perfor -
mance« schloß er die Rolle in einen Zinkbehälter ein und stellte
diesen in einem Park vor der örtlichen Hemdenfabrik aus.
Als Erfassungen der Zeit, die für ihre Herstellung notwendig
war, stellen Manzonis Linien Fragmente gemessener, ver -
siegelter und festgehaltener Existenz dar. In der Ausgabe der
dänischen Zeitung Herning Folkeblad vom 6. Juli 1960 weist
er auf ihre Beziehung nicht nur zur Zeitlichkeit, sondern auch
35 Paxton, ibid., S. 264.
47
zur Unendlichkeit hin: »Die Zeit ist etwas anderes, als das, was
die Uhrzeiger abmessen, und die >Linie' mißt nicht Meter oder
Kilometer, sondern sie ist eine Null, nicht die Null als das Ziel,
sondern als der Anfang einer unendlichen Reihe.«^« Tatsäch -
lich steht die mögliche Fortsetzung der Linien in die Unend -
lichkeit insofern symbolisch für die fragmentarische Natur des
Lebens, als sie unabhängig von ihrer Länge nur Bruchteile der
Dimensionslosigkeit der Zeitlosigkeit sind - Verweise auf Ak -
tionen, die in die Leere des Seins verschwinden. Alma Ruiz
bemerkt 1995 in ihrem Essay »Piero Manzoni: Line Drawings«:
»Jede Linie funktioniert als Verweis auf eine Handlung,
genauso wie Manzonis Künstleratem (Fiato d’artista) - ein mit
dem Atem des Künstlers aufgeblasener Ballon - und seine
Künstlerscheiße (Merda d’artista) - eine Büchse mit seiner
Scheiße. Tatsächlich kann der Akt, eine Linie auszuführen, als
eine Performance betrachtet werden, ob sie nun in der Ein -
samkeit des Ateliers, vor einem Publikum auf der Straße oder
in einer Druckerei geschieht, wo die Herstellung der Linien in
Zusammenarbeit mit anderen geschah und eine Art Happening
oder Fluxus-Event war.«®^
Dieser Abschnitt weist darauf hin, daß Manzonis Aktivitäten
sich verstärkt mit seinem eigenen Körper beschäftigten.
Mit seinem Künstleratem (1960) und seiner Künstlerscheiße
(1961) verwandelte er eine Ausdünstung und eine Ausschei -
dung in Kunstwerke. Letztere wurde, in Dosen zu je dreißig
Gramm verpackt, nach Gewicht zum selben Grammpreis wie
Gold verkauft. Seine damit in Beziehung stehenden Luftkör-
36 Piero Manzoni, zit. in: Freddy Battino/Luca Palazzoii,
Piero Manzoni: Catalogue raisonne, Mailand 1991, S. 100.
per (Corpi d’aria, 1959-60) waren pneumatische Skulpturen,
die aus einem Behälter bestanden. In dem sich eine Luftpumpe
und ein Ballon befanden, der vom Käufer aufgeblasen wer -
den konnte. Wenn der Käufer es wünschte, blies Manzoni für
200 Lire pro Liter selbst den Ballon auf, und das Werk wurde
In Künstleratem umbenannt. Für den Künstler waren diese
Arbeiten ein Ausdruck »des Seins in der Realität und in der
Leere«, aber auch »des Seins als Realität und Leere«.
Manzoni benutzte für seine Kunst auch die Körper seines Pub -
likums. 1960 kochte er Eier, versah sie mit dem Abdruck sei -
nes Daumens und gab sie seinem Publikum zum Essen. 1961
stellte er in der römischen Galleria La Tartaruga seinen Magi -
schen Sockel (Base Magica) vor. Dieser einfache Sockel, auf
dem sich Fußabdrücke aus Filz befanden, ermöglichte es den
Betrachtern, sich auf Einladung des Künstlers in Kunstwerke
zu verwandeln. Die partizipatorische Struktur, die Murakami
mit seinem Werk: Kiste (Sakuhin: Hako, 1956) initiiert hatte,
wurde von Manzoni zu einer eleganten und klaren Auflösung
geführt, als er großzügigerweise die Körper der Teilnehmer
signierte und ihnen Echtheitszertifikate ausstellte. Wie seine
Linien stellten auch die Mag/scher SockeZ-Arbeiten eine Zeit -
messung dar, in denen der transformative Aspekt der Kunst
wahrgenommen werden konnte. In Anbetracht von Manzo -
nis Obsession mit der Messung und Demarkation von Zeit
und auch angesichts seiner lebensbejahenden Haltung
erscheint es umso tiefgründiger, daß er 1963 so jung starb.
1958 erfand Giuseppe Pinot Gallizio, ein Chemiker, der zu-
37 Alma Rulz, »Piero Manzoni: Line Drawings«, in: Piero Manzoni:
Line Drawings, Ausst.-Kat., The Museum of Contemporary Art
Los Angeles, Ravenna 1995, S.14.
48
Gioseppe Pinot Gallizio, Industrial Painting
(Industrielle Malerei), 1958. Galleria Martano,Turin
Pierp Manzoni. mit Büchsen Merda d’artista
(Künstlerscheiße), 1961
49
Piero Manzoni. Linea lunga 1000 metri (1000 Meter lange Linie), Giuseppe Pinot Gallizio, La Caverna deH'antimatena
The Museum of Modern Art New York. Geschenk von Fratelii Fabboi (Die Höhie der Antimaterie), 1959. Galieria Martano, Turin
Editori und Ankauf
nächst Industrieller und dann Maler geworden war, eine
Maschine, um seine ersten Industriellen Bilder (Pittura in-
dustriale) herzustellen - ein Jahr vor Tinguelys Zeichen -
maschine. Mit der Flilfe von schnell trocknenden Harzen, Farb-
pistolen und langen Rollen Leinwand beabsichtigte Pinot
Gallizio ganze Städte mit seiner Kunst zu überschwemmen.
In seinem 1959 erschienenen »Manifeste della pittura in-
dustriale-' schrieb er: »Die künstlerische Produktion dieser
Maschinen, die uns vollkommen zu Willen sind, wird so umfang -
reich sein, daß wir nicht einmal die Zeit haben werden, sie in
unserem Geist festzuhalten; die Maschinen werden sich für
uns erinnern. Andere Maschinen werden eingreifen, um dies
alles zu zerstören, indem sie Situationen des Nicht-Werts
bestimmen; es wird keine Einzelkunstwerke mehr geben,
sondern einen Austausch von ekstatisch-künstlerischer-Luft
unter der Bevölkerung. Die Welt wird die Bühne und die Gegen-
Bühne für eine ununterbrochene Aufführung sein; die Welt wird
in einen riesigen Jahrmarkt verwandelt werden, es werden neue
Gefühle und Leidenschaften entstehen.« Das Manifest endet
mit folgender Herausforderung: »Die langen Tage atomarer
Schöpfung fingen so an. Nun liegt es an uns Künstlern, Wis -
senschaftlern und Dichtem, die Erde, die Ozeane, die Tiere,
die Sonne und andere Sterne, die Luft, das Wasser und andere
Dinge von neuem zu erschaffen. Und es wird unsere Aufgabe
sein, in den Lehm zu hauchen, um den neuen Menschen zu
erschaffen, dem es zusteht, sich am siebten Tag auszuruhen.«
Pinot Gallizios industrielle Bilder waren oft bis zu neunzig Meter
lang. Für eine Ausstellung im Jahre 1959 bedeckte er den
ganzen Raum - Boden, Wände, Decke - mit einer Auswahl
dieser Bilder, die er der zersetzenden Kraft von Schießpulver,
Sonne, Wind und Regen ausgesetzt hatte. Er nannte diese
Installation Die Höhle der Antimaterie (La Caverna dell’anti-
materia) und beschrieb sie als »den Uterus der Welt«. In einer
Art, die an die Strategien der medienversierten Gutai-Gruppe
erinnerte und diejenigen der Nouveaux Realistes und der Hap -
pening-Künstler vorwegnahm, organisierte Pinot Gallizio,
daß in seine Bilder gekleidete Modelle bei der Ausstellungs -
eröffnung auftraten. Diese Modelle interagierten mit einem Envi -
ronment, das durch den Einsatz von Licht, Farben, Spiegeln,
Parfüms und Klängen verändert worden war, deren Intensität
je nach den Bewegungen der Besucher variierte.
Jannis Kounellis, der griechische Künstler, der am häufigsten
mit der Arte Povera in Verbindung gebracht wird, einer Bewe -
gung, die in Italien Mitte der sechziger Jahre in Erscheinung
trat, schuf Ende der fünfziger Jahre eine Reihe von konzep -
tuellen, performativen Bildern, die mit den Experimenten von
Manzoni und Pinot Gallizio zusammenfieien. Diese Bilder
standen am Beginn seiner langjährigen Praxis, zeitliche, per-
formative und lebende Elemente in seine Arbeiten zu integrieren.
Von Ende der fünfziger bis Mitte der sechziger Jahre beschäf -
tigte sich Kounellis vor allem mit Buchstaben, Zahlen und
Zeichen, die, ähnlich wie Johns' Zahlenbilder, buchstäbliche
Darstellungen von Abstraktionen waren. Er bemerkte einmal,
die performative Dimension dieser Bilder betonend: »1958 oder
50
Jannis Kounellis, Untitied (Da inventare sul posto)
(O.T. [Auf der Stelle zu erfinden]), 1972. Sammlung Reiner Speck, Köln
Michelangelo Pistoletto, Performance Globus, 1966-68
51
Jannis Kounellis, Untitied (Da inventare sul posto) (O.T. [Auf der Stelle erfinden]), 1972.
Sammlung Reiner Speck, Köln
59 fing ich an, meine Buchstabenbilder zu malen. Kurz da -
nach folgten die Zahlenbilder. Viele von ihnen sollten auch
gesungen werden... Der Vorgang des Malens fand statt,
während ich sang. Ich sang meine Bilder. Dies war, wenn man
so will, mein Beitrag zur Überwindung des Informel, und es
war gleichzeitig meine erste Performance.« Als er noch Stu -
dent war, zeigte Kounellis 1960 eine Auswahl dieser Arbeiten
in einer Einzelausstellung unter dem Titel Kounellis’ Alphabet
(L’alfabeto di Kounellis) in der römischen Galleria La Tartaruga.
Um ihre performative Dimension zu betonen, trug er noch im
selben Jahr eines seiner Buchstabenbilder als Kleidungsstück
und ahmte damit das berühmte Kostüm des Dadaisten Hugo
Ball aus dem Cabaret Voltaire in Zürich nach; außerdem führte
er in seinem Studio eine Aktion aus, in der er Teil eines seiner
Bilder wurde. Diese Performance dokumentierte er auch
photographisch.
Nachdem er Mitte der sechziger Jahre internationale Aner -
kennung als eines der Gründungsmitglieder der Arte Povera
gefunden hatte, begann Kounellis, seine Arbeit durch die
Einführung performativer Elemente zu beleben. 1969 konzen -
trierte er sich auf eine Serie von Bettgestellskulpturen, bei denen
Feuer eine verstörende Rolle spielte.® Das Bettgestell war ein
metaphorisches Objekt, das auf die Geburt und die Schöp -
fung neuer Formen verwies. In einer Performance ohne Titel
aus dem Jahre 1970 stellte Kounellis eine Frau auf einen Sockel,
der die Größe eines Bettes oder eines Sarges hatte. Sie war
mit Ausnahme eines vorgestreckten Fusses vollkommen ver-
38 Zur Information über diese und andere Werke siehe Mary Jane
Jacob, Jannis Kounellis, Ausst.-Kat., Museum of Contemporary
Art Chicago, 1986.
hüllt; an diesem Fuß war ein Propangasbrenner mit einer
zischenden Gasflamme befestigt.
1972 vollendete Kounellis drei »Notenbilder« in unterschied -
lichen Farben: grün, braun und rosa. Jede Arbeit wurde mit
einer Ballettperformance, die von einem Cello und einem Baß
begleitet wurde, präsentiert. Mit diesen Arbeiten, zu denen auch
die Darstellung eines Fragments aus La Pudnella von Igor Stra-
vinsky auf einer großen rosafarbenen Leinwand gehörte,
kehrte Kounellis kurz zu seinen Tagen als Maler von Musiknoten
zurück. V\/ährend dieser Zeit schuf er viele performanceorien -
tierte Bilder und Installationen, darunter auch eine berühmt -
berüchtigte Installation, die er als ein Bild beschreibt, bei der
er ein Pferd in den dritten Stock des Gebäudes 420 West
Broadway zerrte, wo sich die Sonnabend Gallery befand. Als
er sich schließlich auf das Pferd setzte, bedeutete dies die Voll -
endung des »Gemäldes«.
Ein weiterer Künstler, der mit der Arte Povera in Verbindung
gebracht wird, war Michelangelo Pistoletto. 1966 schuf Pisto-
letto einen großen Globus aus Papiermache. Er fuhr mit dieser
Kugel in einem Kabriolett herum, und sie wurde zum Requi -
sit für seine Aktionen. Wie der Film Good Morning Michelan -
gelo dokumentiert, benutzte er diesen Globus - die Weltkugel
des Künstlers - bei einer Reihe von Performance-Aktionen,
die auf den Straßen der Stadt oder in ungewöhnlichen Aus -
stellungsräumlichkeiten wie Restaurants und Bars stattfanden.
Pistolettos Skulptur, die halb so groß wie ein Mensch war,
erlaubte es dem Künstler, soziale Interaktion umzuleiten.
OSTRR MUFFUM
FANSf '.Vf.t,'., rt KUNST
W I E M
John Latham, Shaun II, 1985.
Arts Council Collection, Hayward Gallery, London
Außerdem diente dieses Werkzeug visuellen Aufruhrs als
humorvolle Intervention in Pistolettos Alltagsleben. Die Tat -
sache, daß diese Kugel in ihrer ursprünglichen Gestalt noch
existiert, ist ein bleibendes Zeugnis für die Bedeutung, die sie
für Pistoletto in der Zeit seiner öffentlichen Performances hatte.
Vor 1967 hatte Pistoletto auch Spiegelgemälde gemacht, die
Bilder der menschlichen Gestalt enthielten und durch die Spie -
gelung des Betrachters vollendet wurden. Die Beteiligung des
Zuschauers an diesen Arbeiten, die an Bilder des Nouveau
Realisme und an Pop-Bilder erinnern, unterscheidet sie von
der Mehrheit der Werke der Künstler der vorangegangenen
Generation. In diesem Jahr gab Pistoletto allerdings die
Malerei zugunsten von direkten Aktionen auf. Seine Theater -
gruppe mit dem Namen »The Zoo« zeichnete sich durch einen
ungeschliffenen und direkten Stil aus, und ihre Auftritte waren
auf Straßen und öffentliche Plätze zugeschnitten, weniger auf
traditionelle Theaterräume. Obwohl auch die prozeßorientier -
ten Arbeiten anderer mit der Arte Povera in Verbindung ste-
53
John Latham, Soft Skoob (Weiches Skoob), 1964
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und der Lisson Gallery, London
hender Künstler wie Mario Merz, Alighiero e Boetti und Pier
Paolo Calzolari eine zeitliche Komponente aufwiesen, unter -
suchten Kounellis und Pistoletto die Rolle des performativen
Akts doch tiefgehender und eindringlicher.
Zwei Künstler zwischen den Kategorien
Trotz der bahnbrechenden Arbeiten, die der englische Künst -
ler John Latham und der Amerikaner James Lee Byars unab -
hängig voneinander in den sechziger Jahren schufen, sind ihre
Leistungen bis heute nicht voll gewürdigt worden, zum Teil,
weil sie nicht in die stilistischen Kategorien paßten, in die die
Nachkriegskunst insgesamt eingeteilt wurde. Im Zentrum von
Lathams Arbeiten stand das Buch. Seine zielgerichtete
Obsession, Bücher - in denen die Geschichte der Mensch -
heit aufbewahrt ist - zu benutzen, zu recyclen und neu zu defi -
nieren, unterschied ihn radikal von den anderen amerikanischen
und französischen Assemblagekünstlern, mit denen er häu -
fig in Verbindung gebracht wurde. Latham nannte die Skulp -
turen, Assemblagen und Aktionen, die er mit Büchern
machte, skoob (books rückwärts geschrieben). Obwohl die -
ser seltsam exhibitionistische Einsiedler mit der Assemblage,
dem Nouveau Realisme und der Pop art in Verbindung
gebracht wird und sich sogar in den sechziger Jahren an eini -
gen der wichtigsten Ausstellungen dieser Strömungen betei -
ligte, weichen seine Arbeiten jeder dieser stilistischen Kate -
gorien aus. Vielleicht ist das der Grund, warum Latham - trotz
derTragweite seiner künstlerischen Ambitionen und seines Ein -
flusses, besonders in England, wo er durchaus bekannt ist-
immer unterschätzt wurde.
Lathams konzeptuell motivierte Arbeiten mit Büchern waren
ein Ergebnis seiner ausgefeilten theoretischen Positionen. In
den frühen fünfziger Jahren hatte er zwei Wissenschaftler -
die Astronomen Olive Gregory und Anita Kohsen, die in Ox -
ford Tierverhaltensforschung studiert hatten - getroffen, die
unterschiedliche Disziplinen in einer neuen Wissenschaft
zusammenführen wollten, die sie »psychophysikalische Kos -
mologie« nannten. 1958 gründeten sie das Institut zur Unter -
suchung mentaler Bilder (ISMI), dessen Ehrengründungsmit -
glied Latham war. 1959 veröffentlichte das Institut ein Buch
mit dem Titel The 0-Structure: An Introduction to Psycho-
physical Cosmology, und 1960 begannen sie die Zeitschrift
Cosmos herauszubringen. Die Theorien, die unter der Leitung
des ISMI verbreitet wurden, hatten einen tiefen Einfluß auf Lat -
hams künstlerische Entwicklung.
39 John A. Walker, John Latham: The Inddental Person - His Art
and Ideas, Middlesex 1995.
r—
Ende der fünfziger Jahre benutzte Latham eine Spritzpistole,
um das zu entwickeln, was er den Quantom-of-mark-Zugar\g
zur Form nannte, der den Einfluß von Gregory und Kohsen
widerspiegelte. 1958 begann er Arbeiten zu machen, bei denen
er Bücher benutzte. John A. Walker sagt dazu: »Unter Außer -
achtlassung der Bedeutung der Wörter auf der Seite war Lat -
ham von der Ähnlichkeit der Form - schwarze Zeichen auf einer
weißen Oberfläche - zwischen gedrucktem Text und jenen
Staubwolken-Bildern fasziniert, die er mit der Spritzpistole
gemacht hatte. Zunächst scheint die Wahl der Bücher zufäl -
lig gewesen zu sein. Es dauerte jedoch nicht lange, bis ihm
die vielfältigen Möglichkeiten und Implikationen seiner Wahl
klar wurden.«^® 1960 wurden Lathams Arbeiten zum ersten Mal
in den USA in der Ausstellung »New Forms, New Media«
gezeigt, die in der Martha Jackson Gallery stattfand. In die -
sem Jahr machte er auch Filme mit Titeln wie Unclassiiied Mate -
rial und Unedited Material From the Star. Lathams Interesse
am Filmemachen, an Quantenphysik und Mathematik sorgte
für die dichte, oft auch unverständliche Qualität seiner Arbei -
ten, die sich auch in seinen Assemblagen und seiner späte -
ren Performance Skoob Towers widerspiegelte.
Die Jahre 1961 und 1962 waren für Latham außerordentlich
produktiv. 1961 nahm er mit seinen Bücherarbeiten in der wich -
tigen Ausstellung »The Art of Assemblage« teil, die William C.
Seitz für das New Yorker Museum of Modern Art kuratierte.
Im darauffolgenden Jahr nahm er an der Ausstellung »The New
John Latham, Soft Skoob as Dress
(Weiches Skoob als Kleid),
Ende der sechziger Jahre.
Mit freundlicher Genehmigung
der Lisson Gallery, London
John Latham, Skoob Tower (Skoob-Turm),
1964/1968. Mit freundlicher Genehmigung
des Künstlers und der Lisson Gallery London
54
55
Realists« teil, die in derSidney Janis Gallery stattfand, und an
einer Ausstellung in der Galerie Internationale d'Art Contem-
porain, für die er mehrere seiner Bücherarbeiten zur Verfügung
stellte, darunter auch Skoob Box. Wie Walker schreibt, war
dieses Werk »eine Environmentskulptur, ein Würfel, der groß
genug war, eine stehende menschliche Gestalt darin unter -
zubringen und der aus mit Leinwand bespannter Hardfaser-
pappe bestand. Es gab drei plastische Reliefmassen, die sich
von den Wänden und der Decke erstreckten, wo sich von rechts
eine Spirale zwischen sie schob. Die Arbeit war vollendet, wenn
sich jemand in die Box stellte und seine Aufmerksamkeit
beitrug. Über dem Kopf des Zuschauers befanden sich ein
einziges Buch und zwei Lichter-ein weißes und ein »schwar -
zes- (das heißt ultraviolettes) -, die mit einem Dimmer verse -
hen waren, der eine 3-Phasen-Sequenz von »schwarzem- und
weißem Licht und Zwielicht erzeugte (wobei jede Phase fünf -
zehn Sekunden dauerte).«“^ Latham schuf 1962 zahlreiche
andere Arbeiten, darunter auch Skoob Dress, das aus einer
besprühten Leinwand bestand, in die Bücher genäht worden
waren, und das von seiner Frau Barbara getragen wurde, aber
auch Kinetic Sculpture, das aus drei ramponierten Koffern
bestand, einem Verbindungsstab und zwei Elektromotoren, die
die Koffer jeweils neun oder elf Sekunden lang in Bewegung
versetzten. Der Koffer, der wie ein vergrößertes Buch geformt
war, stellte eine unbeholfene und entschieden unraffinierte Ant -
wort auf Tingueiys elegantere und ausgeklügeltere mechani -
sche Objekte dar.
1963 hatte Latham mit seinen Assemblagen schließlich die Auf -
merksamkeit wichtiger Kunstkritiker auf sich gezogen. In einer
Besprechung seiner und anderer Arbeiten mit dem Titel
»Sculpture - Inside and Outside«, die im Juni des gleichen Jah -
res in der angesehenen englischen Zeitschrift Apo//o erschien
und die es wert ist, ausführlicher zitiert zu werden, schreibt
der Kritiker Edwin Mullins:
Man kann sagen, daß John Latham (Kasmin) einer der
wenigen lebenden Künstler ist, die in der Lage sind, die
Grenzen der visuellen Erfahrung auszuweiten. Betrach -
tet man Lathams Konstruktionen aus Büchern und
Metall, so hat man das Gefühl, daß die Reaktionen, zu
denen die Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts uns bis -
lang erzogen hat - selbst unsere Reaktionen auf Schwit-
ters und Duchamp - insgesamt unangemessen sind.
40 lbid.,S.62.
41 Edwin Mullins, »Sculpture - Inside and Outside«, in: Apollo 77,
16. Juni 1963, S.504.
Auf der einfachsten Ebene können sie wie das Bild eines
abstrakten Expressionisten gewürdigt werden: als
impulsive Gesten, die eine Unzahl unmittelbarer Empfin -
dungen wie Zerstörung, Verzweiflung, Metamorphose,
die Bewegung und Konzentration von Objekten im
Raum und ähnliches vermitteln. Aber das genügt nicht;
warum denn sonst die Verwendung von Büchern... von
wirklichen Maschinen, und warum die stillschweigende
Einladung, an ihnen herumzufummeln? Eben diese intel -
lektuelle Anziehungskraft seiner Arbeiten - fast eine phi -
losophische Botschaft - befindet sich außerhalb des
Bereichs rein abstrakter Kunst, wenn nicht der visuellen
Kunst überhaupt. Mit Kitaj, der Kunst der Neuen Reali -
sten im allgemeinen und nun mit Latham wird der
Betrachter immer stärker dazu aufgefordert, intellektu -
elle, oft literarische Bezüge als legitimen Teil unseres
Vergnügens an der Kunst zu betrachten.'"
Dennoch trugen die Tatsachen, daß dieser Kritiker ihn auch
als »fehigeleiteten Intellektuellen« bezeichnete, daß sein
Händler glaubte, er sei »zu theoretisch geworden« und daß seine
Ausstellung im gleichen Jahr in der Bear Lane Gallery in Oxford
extrem umstritten war und mit ein Grund war, daß er sich von
der John Kasmin Gallery trennte, dazu bei, daß Latham von
einer tiefen persönlichen Verzweiflung ergriffen wurde.
Aus dieser Verzweiflung, und sicher auch bestärkt durch das
heftige Anwachsen der Zerstörungsbewegung in der Kunst
(die von der bedeutenden, wenn auch exzentrischen Ge -
schichte der Gewalt bei englischen Künstlern von Francis
Bacon bis Gustav Metzger legitimiert wurde), wandelte Lat -
ham im Juli 1964 seine filmischen Experimente, die auf dem
Element der Zeit basierten, in eine Reihe öffentlicher Events
um, bei denen er wolkenkratzerartige Büchertürme in Flam -
men aufgehen ließ: die Skooö Towers. Nach dem Vorbild von
Metzgers South Bank Demonstration schuf er biographisch
orientierte Arbeiten, die auch mit dem allgemeinen politischen
Nachkriegskontext des Erbes von Nazideutschland und dem
Bewußtsein des Holocaust in Verbindung standen. Latham erin -
nerte sich 1994: »Die Türme waren eine Lösung für das Pro -
blem der konstitutionellen Anomalie, derzufolge das Recht auf
freie Rede und schweigende Konstruktionen durch die An -
wendung von Paragraphen klammheimlich abgeschafft wer -
den kann.«'*^
42 John A. Walker {wie Anm. 39), S. 65.
James Lee Byars, Untitied Object (Objekt o.T), 1962-64.
The Museum of Modern Art New York. Geschenk des Künstlers
57
Jeder dieser Verbrennungen, die er im Lauf der nächsten sie -
ben Jahre aufführte, gab Latham einen besonderen Rahmen;
er verbrannte Kunstbücher in der Nähe des British Museums
und Gesetzestexte vor dem Gerichtshof. Im Einklang mit Aus -
sagen von Dine, Metzger, Shiraga und Tinguely antwortete er
auf die Frage nach der Bedeutung dieser zerstörerischen Aktio -
nen: »Es war auf keinen Fall eine Geste der Verachtung für
Bücher oder die Literatur. Meine Absicht war, den Leuten den
Gedanken einzugeben, daß die kulturelle Grundlage mögli -
cherweise ausgebrannt ist.«“^ Nach dem Vorbild von Finne-
gan ’s Wake von James Joyce wurde Latham immer mehr davon
überzeugt, daß das, was er Event-Struktur-TFieorie nannte, ein
neues Denkmodeil war, das die »ausgebrannten« intellektu -
ellen Traditionen des Westens ersetzen würde.
1966 nahm Latham in London am »Destruction in Art Sym -
posium« teil. Im gleichen Jahr schuf er mit seinen Studenten
der St. Martin’s School of Art das gewollt skandalöse Süll and
Chew. Er benutzte ein Bibiiotheksexemplar von Clement
Greenbergs Art and Culture und ließ die Studenten Seiten des
Buchs des formalistischen Kritikers kauen, destillierte die
Masse, füllte sie in eine Flasche und versah sie mit der Bezeich -
nung »Greenbergs Essenz«. Er benutzte diese Demonstration,
um auf das Primat des Prozesses vor dem Objekt hinzuwei -
sen, und setzte dabei seine eigene Tradition fort, die Träger
gedruckten Wissens nutzlos zu machen. Als er das Buch in
flüssiger Form in die Bibliothek zurückbrachte, wurde er von
seinem Lehrposten entlassen. Obwohl Zerstörung ein wesent -
licher Bestandteil der aktionsorientierten Kunst seit dem
Ende des Zweiten Weltkrieges ist, ist kein Künstler mit einer
derart umfassenden Vorstellung von ihrem Ausmaß so unbe -
kannt geblieben wie Latham.
Wenn Latham ein unverkennbar englischer Künstler war, so
war James Lee Byars die Verkörperung des Internationalis -
mus, der die Nachkriegsperiode kennzeichnete. Byars wuchs
in Detroit auf und lebte zwischen 1958 bis 1967 zumeist in
Japan, danach wurde er ein Weltkünstler und verbrachte seine
Zeit in Los Angeles, New York, Deutschland, Santa Fe, New
Mexico und Ägypten, wo er 1996 starb. Als er noch in Kyoto
lebte, studierte er bei verschiedenen Meistern des Flandwerks
traditionelle japanische Keramik und Papierherstellung. Auf
einer seiner Reisen nach New York überredete Byars Dorothy
Miller, eine wichtige Kuratorin am Museum of Modern Art, ihn
seine großen Papierarbeiten auf der fünfstöckigen Feuertreppe
43 John Latham, ibid., S.80.
installieren zu lassen. Diese Performance-Installation war der
Beginn von Byars lebenslanger Suche nach Interventionen,
an denen seine Objekte wie auch er selbst beteiligt waren.
An Byars erster Gruppenaktion im Jahre 1960 nahmen ein -
hundert Studenten teil, die im Yukawa-Zentrum für Theo -
retische Physik in Kyoto einen Kreis bildeten und dabei ein -
hundert Zeilen von Gertrude Stein rezitierten. Zwei Jahre spä -
ter schuf Byars in Japan »mehrere riesige Performance-Papier -
arbeiten, die aus vielen Blättern japanischen Flachspapiers
bestanden, die durch Papierscharniere verbunden waren. Diese
Arbeiten wurden zu festen geometrischen Formen gefaltet und
sollten im Rahmen von stilisierten, gestischen Vorführungen
gezeigt werden, wobei ein Performer, der Byars sein konnte
odereine Person, die er eingeladen hatte, sorgfältig das Papier
entfaltete, was oft bis zu einer Stunde dauerte. Obwohl diese
Arbeiten als Performance konzipiert waren, wurden sie selten
sofort aufgeführt, sondern meistens erst Monate später
gezeigt.«'*'* Obwohl es unwahrscheinlich ist, daß Byars Man-
zonis Linien vom Vorjahr kannte, ist es angesichts seines Auf -
enthalts in Kyoto und seiner Beschäftigung mit den visuellen
Künsten dieser Stadt wahrscheinlich, daß er von Kanayamas
Performanceaktion für die Open-air-Ausstellung der Gutai-
Gruppe im Jahre 1956 wußte, bei der der japanische Künst -
ler Abdrücke seiner Füße auf Hunderten von Metern Papier
hinterlassen hatte, das zu einem Band zusammengefügt war.
Dennoch hatten Byars Arbeiten nichts vom theatralischen und
partizipatorischen Geist, der für Gutai charakteristisch war;
stattdessen bezog sich der Künstler auf das Erbe des Zen-
Buddhismus und des Noh-Theaters, um eine reduzierte Ak -
tion zu schaffen, die den kontemplativen Aspekten der tradi -
tionellen japanischen Performance entsprach.
Eine von Byars Arbeiten aus dem Jahre 1962, eine Zeichnung
mit den Maßen 30 cm x 60 m, wurde 1963/64 im Shokokuji-
Tempel in Kyoto ausgestellt. Auf dieses lange Flachspapier
zeichnete Byars mit einem Kohlestift eine einzige Linie, die sich
über das ganze Papier erstreckte, faltete es wie ein Akkordeon
zusammen, entfaltete es dann wieder und stellte es auf. Indem
er das Papier als Performanceobjekt benutzte, verwandelte
er Manzonis Linie unendlicher Länge von einem konzeptuel -
len Objekt explizit in ein performatives. Diese Arbeit stand einer
anderen aus dieser Zeit nahe, die im selben Kloster ausge -
stellt wurde und aus einem 300 Meter langen Stück Papier
bestand, das ebenfalls wie ein Akkordeon gefaltet wurde; diese
44 James Elliott, The Perfect Thought: Works by James Lee Byars,
Ausst.-Kat., University Art Museum Berkeley 1990, S.75.
I
Allan Kaprow, 18 Happenings in 6 Parts, 1959.
Besitz des Künstlers
Zeichnung wurde von einer Japanerin in einem traditionellen
Kimono zu einer ovalen Form entfaltet.
Als er Japan 1967 verließ, zog Byars zuerst nach Los Ange -
les, wo er in der Eugenia Butler Gallery die weiße Version von
Four in a Dress ausstellte, während er die schwarze Version
gleichzeitig in der New Yorker Green Gallery präsentierte. Die -
ses Performancekostüm ist, wie der Titel sagt, ein für vier
Personen bestimmtes Kleid von der Größe eines Zweimann -
zeltes. Byars’ performative Kleidungsstücke - unter anderem
auch Hosen für drei und ein Kleid für hundert Personen - ste -
hen in Verbindung mit einer Tradition, zu der Lygia Clark, Pinot
Gallizio, Milan Knizäk, Yayoi Kusama, Hello Oitlcica und viele
andere gehören.
Happenings
Das erste Happening veranstaltete Allan Kaprow 1959 in der
Reuben Gallery in New York. Obwohl Happenings von New
Yorker Künstlern wie Kaprow, Jim Dine, Red Grooms, Claes
Oldenburg und Robert Whitman eingeführt wurden, wurden
sie bald von internationalen Künstlern übernommen. Ur -
sprünglich fanden Happenings in kleinen Räumlichkeiten mit
beschränkter Zuschauerkapazität (oder im Freien) statt und
waren Performances, die von traditionellen Theateraufführun -
gen abwichen. Auf konventionelle Erzählformen verzichtend,
animierten sie meist die Zuschauer zur aktiven Teilnahme und
waren durch starke visuelle Ausdrucksformen bestimmt. In der
Tat unterstreicht die häufige Präsentation von Happenings in
Kunstgalerien ihre Herkunft aus der Tradition moderner
Malerei und Skulptur - insbesondere aus der Aktionsmalerei
und Assemblage. Diese Traditionen wurden jedoch durch
das Auftreten von Gage gefiltert. Der Einfluß, den er auf viele
der Künstler ausübte, die über seine Vorlesungen zur Hap -
pening-Bewegung stießen, war enorm (Gage lehrte von
Herbst 1956 bis zum Sommer 1960 experimentelle Kompo -
sition an der New School for Social Research in New York; zu
seinen Schülern zählten George Brecht, Al Hansen, Dick Hig-
gins, Allan Kaprow, Jackson Mac Low und La Monte Young).
Kaprows Aufgeschlossenheit anderen Künstlern gegenüber,
seine Eähigkeit, seine eigene Philosophie verbal zu formulie -
ren, und sein missionarischer Eifer für das Happening, rück -
ten ihn als Anwalt dieser neuen Kunstform ins Rampenlicht.
Es ist insbesondere sein Verdienst, daß er sich und seine Mit -
streiter in eine Reihe mit Pollock, Gutai und den Assemblagi-
sten stellte. Zur selben Zeit wie die zweite Generation des
Abstrakten Expressionismus durchdachte der aufstrebende
Maler Kaprow radikal das Medium der Malerei und lenkte es
Allan Kaprow, Rearrangeabie Panels (Neu anordenbare
Panele), 1957-59
ü
58
59
in eine neue Richtung, die Installations-, Umgebungs- und Auf -
führungsqualitäten miteinschloß. Nach dem Studium der
Malerei und der Theorien des push-pull bei Hans Hoffmann
sowie der musikalischen Komposition bei Gage, ging Kaprow
von der Aktionsmaierei zu Collage/Assemblage-Arbeiten
über, die direkt zu seinem ersten Happening führten. Diese
Veränderung fand zwischen 1957 und 1959 statt, Kaprow erin -
nert sich:
Ich entwickelte eine Art von Aktions-Collagentechnik, die
von meinem Interesse für Pollock herrührte. Im Unterschied
zu meinen Konstruktionen wurden diese Aktions-Collagen
so schnell wie möglich hergestellt, indem ich große
Brocken der verschiedensten Materialien verwendete:
Alufolie, Stroh, Leinwand, Photos, Zeitungen, usw. Ihre
Funktion innerhalb des Rituals meiner eigenen schnellen
Handlungen war die von Figuren in Dramen von Zinnsol -
daten, Geschichten und musikalischen Strukturen, die ich
zuvor ausschließlich in Farbe auszudrücken versuchte. Die
Aktions-Collage weitete sich mehr und mehr aus, und ich
fügte blinkende Lampen und fettere Blöcke Materials hinzu.
Diese Teile ragten immer weiter von der Wand in den Raum
hinein und beinhalteten zunehmend Klangelemente: Klin -
gelgeräusche, Glocken, Spielzeuge, usw., bis ich so
ziemlich sämtliche sensorischen Elemente zusammen
hatte, mit denen ich in den darauffolgenden Jahren arbei -
ten sollte ... Jetzt räumte ich einfach die Galerie voll, von
der einen Wand bis zur anderen. Wenn man die Tür öff -
nete, befand man sich mitten in einem kompletten Envi -
ronment... Ich sah sofort, daß jeder Besucher des Envi -
ronments ein Teil desselben wurde. Daran hatte ich vor -
her nie gedacht. Ich schuf daher Möglichkeiten, etwas zu
bewegen, Schalter, die sich anknipsen ließen - nur ein paar
Dinge. Im Laufe der Jahre 1957 und 1958 legte dies zuse -
hends eine >festgelegtere< Verantwortung für den Besucher
nahe. Ich bot ihm mehr und mehr Handlungsmöglichkei -
ten, bis daraus das Happening entstand.''^
45 Allan Kaprow, zitiert in: Adrian Henri, »Allan Kaprow« in: Total Art:
Environments, Happenings and Performance, New York 1974, S. 90 f.
61
Allan Kaprow, Yard (Hinterhof), 1961.
Sammlung Feelisch/Remscheid
Allan Kaprow, Baby, 1956
In den bahnbrechenden 18 Happenings in 6 Parts, die
Kaprow im Herbst 1959 in der Reuben Gallery in New York
zeigte, verschmolz seine Erfahrung in der Aktionsmalerei mit
seinen Studien von Cages Niederschriften und durchgeführ -
ten Events. Ausgehend von einem sorgfältig entwickelten und
detailliert niedergeschriebenen Notat, schuf er ein interakti -
ves Environment, welches das Publikum in einer Weise mani -
pulierte, wie es in der Kunst des 20. Jahrhunderts noch nie
zuvor der Fall gwesen war. Das Publikum erhielt zusammen
mit der Einladung Informationen zum Happening in »Plastik -
umschlägen, deren Inhalt aus Papier, Photographien, Holz,
bemalten Fragmenten und ausgeschnittenen Figuren bestand«,
wie RoseLee Goldberg schrieb.® Am Abend des Happenings
erhielten die Besucher Programmhefte und 3 zusammen -
geklammerte Karten, die Instruktionen für ihr Mitwirken ent -
hielten: »Die Performance gliedert sich in sechs Teile... Jeder
Teil beinhaltet drei Happenings, die gleichzeitig stattfinden.
Anfang und Ende jedes Teils wird durch einen Glockenschlag
markiert. Am Ende der Performance ertönen zwei Glocken -
schläge ... Zwischen den Akten gibt es keinen Applaus, Sie
dürfen aber, wenn Sie möchten, am Ende des sechsten Aktes
applaudieren,“''^ Diese Instruktionen bestimmten ebenfalls,
wann das Publikum die Plätze wechseln oder sich in den näch -
sten der drei Räume begeben sollte, in die die Galerie unter -
teilt worden war.
Diese Räume wurden durch halbdurchsichtige Piastikvorhänge
gebildet, die mit Verweisen auf Kaprows frühere Arbeiten
beklebt und bemalt waren, sowie durch Panele mit groben
Schriftzügen - ein Vorgriff auf seine Arbeit Words (1962) -
und Reihen von Plastikfrüchten, Aspekte früherer Arbeiten
von Kaprow wie die Collage Hysteria (1956) wurden ebenso
in das Environment aufgenommen. Rearrangeabie Paneis
(1957-1959), ein aufgeklapptes Wandpanel, war ein weiteres
Element des Happenings. Einen wichtigen Hinweis darauf, daß
Kaprow seine Objektarbeiten zumindestens damals noch nicht
zugunsten von reinen Events aufgegeben hatte, finden wir in
der Tatsache, daß diese Arbeit später durch Hinzufügung von
Karnevalsleuchten entlang der oberen Kante verändert wur-
46 RoseLee Goldberg, Performance Art: From Futurism
to the Present, New York 1988, S. 128.
47 Allan Kaprow (wie Anm. 45), S. 129.
Red Grooms. Ankündigung für A Play Calied Fire (Ein Stück namens Feuer), August 1958
Red Grooms, Gemälde aus A Play Calied Fire (Ein Stück namens Feuer), 1958,
Greenville Country Museum of Art. Ankauf des Museums aus Mitteln des Arthur
and Holly Magill Purchase Fund
de. Zusätzlich zu soichen Objekten wurden Dias und Filme an
die Wände projiziert und diverse musikalische und nicht-musi -
kalische Geräusche in die Aktion aufgenommen, unter ande -
rem ein Mädchen, das Orangen auspreßt, und ein Orchester
aus Spielzeuginstrumenten. Kein anderer Künstler, weder in
New York noch sonstwo, hat das performative Environment
seiner Arbeit in einem so extremen Ausmaß definiert.
Obwohl Kaprow von Pollock alles übernahm, was in seine Kon -
zeption der Grenzbereiche der Kunst paßte, war es Gage, dem
er die Mittel zur Überschreitung der Grenzen der Malerei ver -
dankte. In seinem kakophonischen Übereinanderlegen von
verschiedenen auditiven und visuellen Effekten und in seiner
Nichtlinearität erinnerte 18 Happenings in 6 Parts an Cages
Experimente am Black Mountain College und an Water
Music. Wie Gage entwickelte Kaprow eine Serie von simulta -
nen Aktionen, Aktivitäten und Aufgaben, von denen keine mit
den anderen verknüpft zu sein schien, jedenfalls nicht im tra -
ditionellen, narrativen Sinne. Außerdem versuchte Kaprow das
Publikum zur aktiven Partizipation zu animieren. Im Gegen -
satz zu Gage, dessen Befürwortung der Beteiligung des
Zuschauers seinem Bestreben nach Aufgabe auktorialer
Kontrolle entsprach, wurden die Zuschauer in vielen von
Kaprows Happenings jedoch wie Requisiten behandelt, die
die Vision des Künstlers ausdrückten. In Yard, das zum ersten
Mal in der Martha Jackson Gallery in New York im Rahmen
der bahnbrechenden Gruppenausstellung »Environments,
Situations, Spaces« gezeigt wurde, kreierte Kaprow in der
engen Begrenztheit des Hinterhofes eines typischen Man-
hattener Stadthauses beispielsweise ein komplettes Feld von
alten Reifen. Die Arbeit existierte als solche aber nur, wenn
sich das Publikum darin bewegte. Obgleich die Besucher an
ein Spiel glauben sollten, hatte Kaprow kontrollierende Para -
metergeschaffen, innerhalb derer sie agieren mußten. Als sich
seine Arbeiten Anfang der sechziger Jahre allmählich von Gage
zu lösen begannen, öffneten sie sich mehr und mehr der brei -
ten, gestischen, physischen Qualität der Aktionsmaler. Diese
Tendenz kommt deutlich zum Ausdruck in den Prä-Happening-
Arbeiten wie in Hysteria, Rearrangeable Panels und in gewis -
ser Weise auch in den allumfassenden Environments von Hap -
penings wie The Apple Shrine und Words.
Kaprows großformatige und dicht strukturierte Happenings
öffneten bald schon den Raum zwischen Installation und Per -
formance, den man mit dem Begriff des performativen En -
vironments umschreiben könnte. Unabhängig von seiner Be -
gegnung mit Kaprow im Jahr 1959, hatte Grooms ein ähnliches
Environment kreiert, in dem er im August 1958 vor einem Publi -
kum in der Sun Gallery, in Provincetown, Massachusetts in
der fünfundzwanzigminütigen PerformanceA Play Calied Fire
ein Gemälde anfertigte. Mathieus extrem theatralische Aus -
führungen von Gemälden vor Publikum, von denen Grooms
durch Fernsehsendungen und Photograpien im Life wußte,
waren eindeutig Vorläufer seines Stücks. Mit einer Palette von
Rot und Schwarz, die der der Gutai-Gruppe ähnelte, kreierte
Grooms vor seinem Publikum ein kindliches und wild jubeln -
des Gemälde, das einen brennenden Mann und mehrere Feu -
erwehrleute zeigte. Seine kindlichen Theaterelemente und
Improvisationen waren eine Kreuzung zwischen Graffiti und
der zweiten Generation abstrakt expressionistischer, figurati-
ver Malerei, und in der letzteren war sein Publikum durchaus
bewandert. Zu den darauffolgenden Performances, die the -
matisch m\t A Play Calied Fire yerviandt waren, zählteein Stück
mit dem Titel The Burning Building, das er zwischen dem
4. und 11. Dezemberl 959 neunmal in einem Atelier aufführte,
das er Delancey Street Museum nannte, und The Magic Train
Ride (das ursprünglich Firemen's Dream hieß), das er 1960 in
der Reuben Gallery vorstellte. Im Unterschied zu Kaprow wollte
Grooms die Zuschauer an diesen Arbeiten nicht beteiligen.
Stattdessen nannte er seine Performances Theaterstücke
Iplays), was seinem Bedürfnis entsprach, eine literarischere
Form des Theaters zu schaffen als andere Künstler.“'*
Jim Dine näherte sich dem Happening mit performativen Envi -
ronments wie The Hause, das gemeinsam mit einem Envi -
ronment von Oldenburg im Februar/März 1960 in der »Ray
Gun Show« in der Judson Gallery in New York gezeigt wurde.
Für diese Ausstellung wurde die Galerie in ein dreidimensio -
nales Environment verwandelt, das vollständig mit Bergen
von Objekten, Einrichtungsgegenständen, bemalten Fetzen,
Lumpen und Papier angeräumt war. Bedspring wurde ur -
sprünglich für The Hause angefertigt und ist eine der Abfall -
skulpturen, die überlebt haben.
In seiner zweiunddreißigsten Performance, The Smiling
Workman, die 1960 in der Judson Memorial Church gezeigt
wurde, stand Dine mit rot bemaltem Gesicht und einem boden -
langen Kittel hinter einem Tisch mit Farbeimern. Hinter ihm
48 Für mehr Informationen zu diesen Arbeiten siehe Judith E. Stein:
»Red Grooms: The Eariy Years -1937-1960«, in: Red Grooms:
A Retrospective, Ausst.-Kat., Pennsylvania Academy of the Fine
Arts, Philadelphia 1985, S. 29-38.
64
Jim Dine, Household Piece (Haus -
halts-Stück), 1959. The Museum of
Modern Art, New York. Gestiftet von
John W. Weber.
Jim Dine, Bedsphng (Bettfeder),
1960, Solomon R. Guggenheim
Museum, New York.
65
Jim Dine, Crash Drawing with White Cross #2
{Autounfallzeichnung mit Weißem Kreuz 2), 1959.
Besitz des Künstlers
Jim Dine, Crash Drawing with White Cross #1
(Autounfallzeichnung mit Weißem Kreuz 1),1959.
Besitz des Künstlers
66
Claes Oldenburg, Visitenkarte aus The Store, 1961.
Sammlung Claes Oldenburg und Coosje van Brüggen.
RAY-GUN MFa CO
THE
STORE
CLAES of^EItBUSG
107 E 2» ST.
HOURS: FRb SAT^ SUN. 1 TO 6 P.M.
AND BY APPOINTMENT
■ l\l COor^ER ATIOIXI "W ITT M
THE GREEN GALLERY
Claes Oldenburg,
Poster von The
Store, 1961.
Sammlung Claes
Oldenburg
und Coosje van
Brüggen,
war im Murakami-Stil ein großes Papier aufgespannt, das wie
eine Leinwand wirken sollte. Auf diese Fläche kritzelte er sehr
schnell in blauer und orangener Farbe die Worte: »I love what
I’ m doing«. Als er fertig war, trank er einen Eimer mit roter Farbe
(eigentlich Tomatensaft), schüttete zwei andere Eimer mit Farbe
über seinen Kopf und sprang dann durch das Bild (ohne Zwei -
fel als Hommage an Murakami). Diese kurze Performance war
gleichzeitig eine Parodie der angsterfüllten Aktionen der New
York School, da Dine im wahrsten Sinne in das »Bild« sprang,
und eine Vorwegnahme des befreiten und dynamischen Ein -
satzes und Verbrauchs von Farbe bei den Wiener Aktionisten
und bei Künstlern wie Paul McCarthy und Christian Boltanski.
In einer anderen Performance von 1960 zeigte Dine einen Auto -
unfall, der seine eigenen Erfahrungen bei einem richtigen Unfall
simulierte. Das gefährliche und erregende Automobil war in
der amerikanischen populären Kultur der späten fünfziger und
frühen sechziger Jahren allgegenwärtig. Mit einem silbernen
Overall, weiß geschminktem Gesicht und bandagiertem Kopf
begann Dine mit einer Zeichendemonstration, in der er den
Unfall unablässig beschrieb und gleichzeitig ständig um Hilfe
rief. Die dazugehörigen Bilder, Zeichnungen und Lithographien
wurden in einem Bereich ausgestellt, der zum zentralen
Raum der Reuben Galerie führte, in dem die Performance
stattfand. In den frühen sechziger Jahren waren Dines Per -
formance-Arbeiten mit seinen Werken in den traditionellen
Medien der Malerei und Bildhauerei eng verknüpft: sie inspi -
rierten, beleuchteten und ergänzten einander.
107 EAST 2nd STREET
NEW YORK CITY
Phon#
ORegon 4-0360
FRI. to SUN.
1 to 6 P.M.
and by App't.
A AY e y" r* F c. * *•
CLAES OLDENBURG, Prop,
IN COOPERATION WITH GREEN GALLERY
Bald wanderte Dine von der alternativen Szene nach Down-
town Manhattan. Nach Austeilungen in der Reuben Galerie
und der Martha Jackson Galerie folgte die Bastion der New
York School, die Sidney Janis Galerie - eine Laufbahn, die der
seines Freundes Claes Oldenburg durchaus vergleichbar ist.
Für die gemeinsame »Ray Gun Show« gestaltete Oldenburg
The Street - ein zerissenes Tableau von Kartonfiguren und
Automobilen, das fragmentarisch und im Stile Dubuffets vom
Leben in den Slums der Lower East Side handelte, Oldenburg
schrieb: »Die Ausstellung wird aus folgenden Elementen be -
stehen: 1,) einer epischen Konstruktion in Form einer Straße,
2.) & 3.) Zeichnungen und Konstruktionen, die ebenfalls mit
Der Straße zu tun haben. Das Material wird hauptsächlich
Papier und Holz sein, geklebtes und zerissenes Papier,
Papier über Draht und auf Holzrahmen, herunterhängendes
und aufspringendes Papier, herumliegendes Papier, usw., usw.,
usw. Die Dimensionen reichen vom Heroischen bis zum ganz,
ganz Kleinen... (jede der Komponenten der Straße kann sepa -
rat erworben werden).«'’^ Durch seine Illustrationen von All -
tagssituationen für populäre Zeitungen in Chicago hatte
Oldenburg ein Gefühl für die düsteren und reichen Geröllhalden
des Lebens entwickelt und forderte mit einer Kaprow ähnlichen
Geste das Publikum zur Mitwirkung auf.
Im Zusammenhang mit der »Ray Gun Show« organisierte
Oldenburg ebenfalls eine Serie von Performances, die er
Ray Gun Spex nannte und bei denen er selbst sowie Dine,
Higgins, Kaprow und Whitman mitwirkten. In einer Vorweg -
nahme seiner Arbeit The Store vom darauffolgenden Jahr ent -
wickelte er eine Währung, die es den Besitzern von Eintritts -
karten ermöglichte, die im Vorraum der Judson Galerie aus -
gestellten Schrottobjekte und Bruchstücke zu erwerben. Die
als Ray Gun Spex aufgeführten Performances wurden, wie es
in der Presseerklärung der Galerie hieß, als »Gemälde in Form
von Theater« präsentiert. Aber die Verbindung zum Theater
mit all ihren narrativen Implikationen war für Oldenburg doch
zu traditionsgebunden, und mit einem naiv-zynischen Durch -
bruch wandelte er sein Atelier in einen Laden um.
Von 1. Dezember 1961 bis 31, Januar 1962 betrieb Oldenburg
ein Galerie-Atelier-Performance-Environment in einer Laden -
zeile der East Second Street, auf Nummer 107. Der Laden
wurde von der Oldenburg’s Ray Gun Manufacturing Co. gelei -
tet, die einen eigenen Briefkopf, Buchhaltung sowie Visiten-
49 Claes Oldenburg, »Brief Description of the Show«, 1960, in: Claes
Oldenburg: An Anthology, Ausst.-Kat., Solomon R.Guggenheim
Museum, New York 1995, S. 50.
67
Claes Oldenburg. Innenansicht von The Store, 107 East Second Street, New York,
Dezember 1961
karten besaß und sich auf einfachste Mund-zu-Mund-Propa-
ganda verließ. In einem kurzen Text mit dem Titel »The Store
Described & Budget forthe Store« (1960) schreibt Oldenburg:
>>ln der vorderen Hälfte (des Ladens) möchte ich eine
Ladenumgebung erzeugen, mit gemalten und gestellten
(hängenden, projizierten, liegenden) Objekten in der Art und
im Geiste von gewöhnlichen Waren, wie in vielen Läden und
Schaufenstern der Stadt, insbesondere in der Gegend, wo sich
der Laden befindet.«“ Ein Inventarverzeichnis von Dezember
1961 weist weit über hundert Einzelstücke aus, darunter
Gemälde und Objekte in Form von Waren wie Nahrungsmit -
tel, Kleidung, Juwelen und Druckwerke. Das teuerste Stück
war mit 899,95 $ Bride Mannikin, das billigste mit 24,98 $ Cube
Pastries. Aufmerksam die Angebots- und Nachfragesituation
verfolgend, ersetzte Oldenburg seine Waren (die er im Atelier
im hinteren Raum erzeugte) erst dann, wenn er etwas verkauft
hatte und handelte mit der Green Gallery besondere Bedin -
gungen der Öffentlichkeitsarbeit aus. Mit der Verschmelzung
von Studio und Galerie, von Künstler und Galerist unterminierte
Oldenburg den Prozeß der »Museumifizierung« und der
»Kollektionisierung«', der die kreative Reinheit seiner Arbeit
gefährdete. The Store war ein ausgeklügeltes, konzeptuelles
Projekt, das deutlich machte, in welchem Maße Kunst-
Objekte in einer konsumorientierten, kapitalistischen Gesell -
schaft selbst zur Ware werden. Obwohl einige der zum Ver -
kauf stehenden Objekte, wie etwa die Plastik-Hamburger und
-Kuchen, Witz hatten, zeichneten andere, wie die schluchzende
Brautpuppe und weitere Figuren mit fetischistischer Betonung
von Körperteilen, ein düstereres Bild, das an The Street ge -
mahnte.
Es überrascht nicht, daß sich der Erfolg von The Store auf die
Kunstwelt beschränkte. Trotz seiner strategischen Positio -
nierung an der Schnittstelle zwischen Öffentlichkeit und
Künstler waren die meisten Kunden Künstler, Sammler, Kriti -
ker und Kuratoren. In einem vorläufigen Bericht an Dick Bel-
lamy, den Direktor der Green Gallery, schrieb Oldenburg:
Der Laden war für die Öffentlichkeit von 1. Dezember bis
31. Januar geöffnet, also zwei Monate statt der geplanten
vier Wochen. In diesem Zeitraum beliefen sich die Ein -
nahmen, wie aufgelistet, auf eine Summe von $1.655. $300
sind noch nicht eingegangen. Ich werde diesbezüglich eine
Rechnung stellen. Bei den Einnahmen wurde keine Mehr -
wertsteuer eingehoben. Die Fixkosten des Ladens, abge-
50 Claes Oldenburg, »The Store Described & Budget forthe Store«,
1960, ibid., S.104.
Claes Oldenburg, Pepsi-Cola Sign (Pepsi-Cola-Zeichen), 1961.
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles. The Panza Collection.
Claes Oldenburg, Blue and Pink Panties (Blaue und
Rosa Unterhosen), 1961. The Museum of Contemporary Art,
Los Angeles. The Panza Collection.
69
Claes Oldenburg, Store Cross
(Store-Kreuz), 1961,
The Museum of Contemporary Art,
Los Angeles. The Panza Collection.
Claes Oldenburg, Bride Mannikin
(Brautpuppe), 1961.
The Museum of Contemporary Art,
Los Angeles. The Panza Collection.
sehen von der Stromrechnung (noch nicht erhalten),
belaufen sich insgesamt auf $368. Dies schließt, wie im
Einzelnen aufgeführt, die Kosten für Bauarbeiten, Telephon,
Photos, Einrichtungen, Werbung und Druck - nicht je -
doch Post-und Versandkosten - ein, womit die Gesamt -
kosten die kalkulierten $400 erreichen dürften. Laut Ab -
sprache trägt die Galerie die Hälfte der Kosten und erhält
eine Provision in Höhe von einem Drittel aller Einnahmen
über $200, oder meinen Anteil der Kosten. Das heißt: Ein -
nahmen in Höhe von $1.655, minus $200 ist gleich
$1.455. Ein Drittel von $1.455 entspricht $485, abzüglich
der $200, ergibt $285. Ich schulde der Galerie also $285.
Die Mehrwertsteuer für die o.a. Einnahmen beträgt:
$49,65.
Nachdem The Store geschlossen wurde, organisierte Olden -
burg eine Reihe von zehn Happenings unter dem Titel Ray Gun
Theater, die in demselben Verkaufslokal stattfanden. Zu die -
sen Happenings gehören: Store Day I and II (23.-24. März),
Nekropolis IandII(9.-10. März), Injun (N.Y.C.) IandII(20.-21.
April), Vbyages / and II (4-5. Mai) und World’s Fair I and II
(18.-19. Mai 725.-26. Mai). In einem im selben Jahr verfaßten
kurzen Text mit dem Titel: »Die übriggebliebenen Objekte«
befaßt sich Oldenburg mit quälenden Fragen und möglichen
Antworten zum Verhältnis zwischen übriggebliebenen Objek -
ten und den Bedingungen, unter denen sie hergestellt wur -
den. Er schreibt:
Liebe Objekte. Respektiere Objekte. Objekthaftigkeit: das
höchste der Gefühle. Übriggebliebene Objekte werden im
Zuge und bei der Wiederholung der Performances herge -
stellt. Die Performance ist die Hauptsache, aber wenn sie
zu Ende ist, gibt es noch untergeordnete Stücke, die iso -
liert, als Souvenir behandelt oder übriggelassen werden
können.
Das Aufheben nach der Performance. Man muß sehr
vorsichtig sein, wenn man bestimmt, was weggeworfen
werden kann und was immer noch durch sich selbst
weiterlebt. Sorgfältige Behandlung & Respekt für die
kleinen Dinge. Die von uns selbst kreierten »gefundenen
Objekte«. Der Boden der Bühne ist wie die Straße. Das
Aufheben danach ist kreativ. Auch ihre besonderen
Lebensformen müssen respektiert werden. Dort, wo ihr
Platz war, muß jeder Bereich der Aktivitäten sorgfältig und
für sich durchgekämmt werden, und es muß genau
darauf geachtet werden, wo er beginnt und wo er
endet.51
Zu dieser Erklärung gab es im Anhang eine Liste der von Store
Days übriggebliebenen Objekte, unter anderem Stühle, Bet -
ten, Tische, Schränke, Holz, Magazine, Kostüme und Kisten,
die mit Restmaterial und Vorräten gefüllt waren. Was mit dem
Drucken von Geld in der Judson Memorial Kirche als Spaß
begonnen hatte, entwickelte sich zu einem lebendigen
Tableau, das eine ergreifende Meditation über die sich ver -
ändernde Rolle des Objekts einleitete.
Fluxus
Während Happenings vorwiegend als Antwort auf die zweite
Generation der Aktionsmalerei entstanden und nur bedingt
mit Cages Einfluß zu tun hatten, war die Fluxus-Bewegung
51 Claes Oldenburg, »Residual Objects«, ibid., S. 143
70
71
Ben Vautier, Le magasin de Ben (Bens Laden),
1962. Besitz des Künstlers
wesentlich enger mit dem Avantgarde-Komponisten und der
neuen Musik im allgemeinen verbunden. Der international aus -
gerichteten Bewegung, die sich in den frühen sechziger Jah -
ren zu bilden begann, gehörte eine Vielzahl der verschieden -
sten Künstler und Komponisten an. Der Begriff selbst wurde
1961 von George Maciunas, dem einflußreichsten Vorreiter der
Bewegung, geprägt. Wie Owen F. Smith in seinem 1993 er -
schienen Essay »Fluxus: A Brief Flistory« schrieb: »Maciunas
nutzte die lexikalische Definition des Worts Flux, um Fluxus
zu definieren: >Akt des Fließens: ein kontinuierliches Wei -
terziehen oder Vorüberfließen, im Sinne eines fließenden
Stroms; eine fortwährende Veränderung der Dinge.« In Einklang
mit dieser Definition als sich unablässig verändernder Prozeß
wurden die Gegensätze, die allen Fluxus-Aktivitäten und -Ideo -
logien eigneten, zum natürlichen Bestandteil seines Impulses.«®
George Brecht, einer der wichtigsten Künstler der Fluxus-Bewe -
gung, besuchte Cages Unterricht in experimenteller Kompo -
sition an der New School for Social Research. Brecht wurde
für seine Events bekannt, für die er Instruktionen wie musi -
kalische Notationen niederschrieb, die von jedermann aus -
geführt werden konnten. Einer seiner wohl bekanntesten
Events, Three Aqueous Events (1961), ist zugleich einer sei -
ner poetischsten. Die Notation bestand nur aus einer Tabelle
mit den Worten: Eis, Wasser und Dampf. Dennoch hatten die
meisten von Brechts Events etwas mit der Manipulation von
Objekten zu tun. Die Notation von Ladder, die in einer ver -
packten Sammlung von Notationen mit dem Titel Wafer Yam
(1963) enthalten ist, lautet zum Beispiel: »Male eine einzige
gerade Leiter weiß an. Male die untere Sprosse schwarz an.
Verteile Spektralfarben auf den Sprossen dazwischen.«
Reklamen für speziell bemalte Leitern, die zum Preis von $150
erhältlich waren, erschienen in der dritten Ausgabe des Flu -
xus-Magazins im März 1964, obgleich nicht bekannt ist, ob
sie je als eine von Maciunas’ Fluxus-Editionen hergestellt
worden sind.® Brecht stellte ebenfalls Objekte her, die explizit
in Zusammenhang mit seinen Events standen: Seine Spiele
und Puzzles waren zum Beispiel über Fluxus erhältlich. In
vielerlei Hinsicht waren solche Objekte die wohl typischsten
Fluxus-Performance-Skulpturen dieser Zeit.
Ein anderer Fluxus-Künstler, dessen Arbeiten als Perfor -
mance-Skulpturen bezeichnet werden können, ist Ben Vau -
tier. Bereits vor Oldenburgs The Store kreierte Vautier, ein enger
Freund von Klein, der überall als Ben bekannt war, Le maga -
sin (begonnen 1960), das sich unmittelbar aus seiner Tätig -
keit als Beschaffer von Schallplatten und anderen Gegen -
ständen der Jugendkultur entwickelte. In einem verzweifelten
Versuch, mehr Aufmerksamkeit auf seinen Laden zu ziehen,
der, wie er irrigerweise annahm, seine sonstigen künstlerischen
Anstrengungen finanzieren könnte, inszenierte Vautier eine
Reihe von Events und Happenings, die zumindest seinen
geschäftlichen Tätigkeiten mehr Öffentlichkeit eintragen soll -
ten. Dieses Unterfangen würde in weiterer Folge in seinen
künstlerischen Aktivitäten die Grenzen zwischen Kreativität und
unternehmerischer Initiative verwischen. Ähnlich wie Klein und
Manzoni nutzte er den Vorgang des Signierens, um alltägli -
che Verrichtungen zu Kunstwerken zu weihen, wie er dies in
Tout est Art (1960-61) tat. Diese Vorgangsweise betraf auch
das Publikum. In einem faustischen Akt stellte er Urkunden
her, mit denen er bestätigte, daß dieser oder jener willige Mit -
wirkende ihm seine Seele verkauft hatte. In Annonce de mon
Enterrement bestätigte urkundlich er seinen eigenen Tod und
den Kleins, und 1961 stellte er in Vivon, Frankreich, eine beweg -
liche Skulptur her, die des Körpers eines willigen Mitwirkenden
bedurfte. Ähnlich wie Oldenburg stellte Vautier sich selbst ins
Zentrum seines lebenden Bilds und machte seinen Körper zum
Vermittler zwischen Environment und Betrachter. Wie Kristine
Stiles in ihrem 1993 erschienen Essay »Between Water and
Stone: Fluxus Performance: Ä Metaphysics of Acts« anmerkt:
52 Owen F. Smith, »Fluxus; A Brief History«, in: In the Spirit of 53 Vgl. Jon Hendricks, Fluxus Codex, New York 1995, S. 202-203.
Fluxus, Ausst.-Kat., Walker Center for the Arts, Minneapolis 1993,
S.24.
72
«Indem er sich physisch im signifikanten Zentrum der verbalen
und visuellen Kommunikation positionierte, äußerte sich Vau-
tier darüber, wie Künstler als Vermittler zwischen Beobachter
und Beobachtetem fungieren, indem sie auf Dinge in der Welt
zeigen und deren Bedeutung durch symbolische Produktio -
nen verhandeln. Aber indem er die Aufmerksamkeit auf sich
selbst lenkte, isolierte er das Problem des Egos im Zusam -
menhang mit der sozialen Rezeption von Kunst. Seine tat -
sächliche Anwesenheit illustrierte die wechselseitige Verbin -
dung von Karriere, künstlerischer Signatur, Ökonomie der Kunst
und dem kunsthistorischen Markt der Persönlichkeiten - all
dies geschrieben in der Textualität des Körpers.«“ Zugleich
muß aber betont werden, daß ein gewisses Maß an Frivolität
und Humor Vautiers Arbeiten ausmachte, insbesondere in sei -
ner Doppelrolle als Künstler und Ladenbesitzer.
Im Unterschied zu den Projekten der orthodoxeren Fluxus -
künstler hatte Vautiers Le magasin den Charakter eines totalen
Environments, der das Wahrzeichen von Kaprow, Oldenburg,
den Nouveau Realistes und bestimmten Pop art-Künstlem war.
Ähnlich wie Spoerri entwickelte Vautier ein dichtgewebtes Envi -
ronment, das zum Lebensstil wurde. Wenn Oldenburg seinen
Store als etwas konzipiert hatte, was einen Anfang und ein
Ende hatte, so war Vautiers Le magasin einfach das, was er
tat und wie er lebte. Vautier photographierte den Laden 1958
das erste Mal, bezeichnete ihn 1960 als künstlerisches V\ferk
und hatte ihn 1972 endgültig in ein großfomnatiges, drei -
dimensionales Tableau verwandelt, das noch die meisten
der ursprünglichen Materialien enthielt, die sich im Laufe eines
Jahrzehnts von Transaktionen angesammelt hatten. Erst ein
Jahrzent nach seiner Gründung ermutigte ihn der Kurator und
Museumsdirektor Pontus Hutten dazu, Le magasin stillzu -
legen und den Verkauf an eine Institution zuzulassen.
Als er gebeten wurde, am »Festival of Misfits« in der Galerie
One in London vom 23. Oktober bis 8. November teilzuneh -
men, installierte er sich selbst als Inventar im Fenster. Diese
ausgefallene konzeptuelle Strategie war aber nicht nur auf
Öffentlichkeitswirksamkett aus. In der Tat entsprangen solche
Aktionen, sowohl für Vautier, als auch für Oldenburg, Spoerri
und Wolf Vostell, dem ernsthaften Versuch, ihre künstlerischen
Aktiviäten durch kommerzielle Unternehmungen zu finanzie -
ren - finanziell einträgliche Werke zu schaffen und gieichzei-
tig die Kontrolle über die Repräsentation und Integration ihrer
54 Kristine Stiles. -Between Water and Stooe; Ruxus Perfonnance:
A Metaphysics of Acts«, in: In the Spirit of Ruxus (wie Anm. 52),
S.67
Arbeit zu wahren. Für diese Künstler ließ sich dieser Vorsatz
eher metaphorisch umsetzen: durch performative Aktionen,
die den Unterschied zwischen Aktion und Objekt aufhoben.
Wenn Oldenburg seine Objekte durch seine Anwesenheit ver -
kaufte, verkaufte Ben seine Anwesenheit durch seine Objekte.
Für den Beobachter wurde der makabre Galgenhumor durch
die Vertrautheit der Situation abgeschwächt, eine Person zu
sehen, die in einem Schaufenster iebte, als wäre es die Ver -
längerung ihrer Wohnung - ausgestattet mit Bett, Tisch,
Stühlen, kleiner Kochgelegenheit und sogar einem Fernseher
zur Unterhaltung.
Die Arbeit des in Korea geborenen Nam June Paik entstand
aus einer Befruchtung durch die unterschiedlichsten Quelien,
unter anderem klassische und Avantgardemusik, Dada- und
Neodada-Manifestationen (wie Fluxus), radikale Politik und
eiektronische Technologie. Paik studierte Musik und Kunst -
geschichte an der Universität von Tokio und schloß sein Stu -
dium 1956 mit einer Arbeit über den Komponisten Arnold
Schönberg ab. In diesem Jahr reiste er in die Bundesrepublik
Deutschland, um moderne Musik zu studieren. Er immatriku -
lierte an der Universität München und studierte serielle
Musik, die damals dominanteste Tendenz innerhalb der ex -
perimentellen Musik in Europa. 1958 zog Paik nach Köln, um
im Studio für elektronische Musik des Westdeutschen Rund -
funks mit dem dort wirkenden seriellen Komponist Karlheinz
Stockhausen zu arbeiten und traf (Sage, der als Gast der renom -
mierten Internationalen Ferienkurse für neue Musik in Darm -
stadt weilte. Seine Begegnung mit dem älteren Komponisten
revolutionierte seine künstlerische Entwicklung.
Danach begann Paik Aktionsmusik zu komponieren und auf -
zuführen - Anti-Musik in dadaistischer Tradition, die die
Zuhörer aus ihrer passiven Haltung herausreißen sollte. In sei -
ner Hommage ä John Cage: Musik für Tonbänder und Klavier.
die in der Galerie 22 in Düsseldorf am 13. November 1959 urauf-
geführt wurde, spielte Paik zum Beispiel eine Tonbandcollage
ab und führte dabei eine Reihe gewalttätiger Aktionen aus. die
»Schreie, Spielzeug, mit Steinen gefüllte Blechbüchsen. Eier,
zerbrochenes Glas, eine lebendige Henne und ein Motorrad«“
involvierten. Am 6. Oktober führte er die Etüde für Plano im
Kölner Atelier der Künstlerin Mary Bauermeister auf. Paik been -
dete diese Performance, irrdem er beim Bühnenabgang auf
den im Publikum sitzenden Cage zuging, ihm die Krawatte
55 Michael Nyman. »Nam June Paik. Composer« in; John G. Han-
harrit, Nam June Paik. Ausst.~Kat., WTxtney Museum of American
Art. New York 1982. S. 82.
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Ben Vautier, Certificat de Sculpture Vivante
(Zertifikat für eine lebende Skulptur), 1962
Ben Vautier, Sculpture Vivante
(Lebende Skulptur), beim Festival
of Misfits, London, 1962
74
Nam June Paik, Zen for Head I (Zen für den Kopf I) 1962.
Museum Wiesbaden
Nam June Paik, Klavier K, 1962-63. Sammlung Block
Nam June Paik, Zen for Head II (Zen für den Kopf II), 1962.
Museum Wiesbaden
75
Nam June Paik, Klavier Integral, 1958-63. Museum moderner
Kunst/Stiftung Ludwig, Wien
abschnitt und Shampoo auf ihn und den Pianisten David Tudor
ausschüttete, um dann das Gebäude zu verlassen. Und
bei »Fluxus Internationale Festspiele Neuester Musik«, dem
ersten offiziellen Fluxus-Festival, das im Städtischen Museum
Wiesbaden im September 1962 stattfand, führte PaikZen for
Head, eine Komposition von La Monte Young aus dem Jahre
1960 vor, deren Partitur aus dem Satz »Zeichne eine gerade
Linie und folge ihr« bestand. Paik interpretierte diese Kom -
position, indem er seinen Schädel mit Tinte einrieb und damit
eine Linie auf ein schriftrollenartiges Stück Papier malte, das
auf dem Boden lag.
Ein Jahr später zeigte Paik sein ehrgeizigstes Projekt in West -
deutschland-die »Exposition of Music Electronic Television«,
die in Rolf Jährlings Galerie Parnass am 10. März 1963 eröff -
net wurde.'*'^ Bei dieser Ausstellung - seiner ersten - stellte
Paik drei präparierte Klaviere und dreizehn präparierte Fern -
sehgeräte aus und gab so Cages Erfindung des präparierten
Klaviers eine komplexere Bedeutung, in dieser Arbeit unter -
warf er das Klavier und das Fernsehgerät, zwei der verehrte -
sten kulturellen Ikonen der kleinbürgerlichen Wohnstube,
einer Reihe destruktiver Aktionen, so da3 sie nicht mehr wie
gewohnt funktionierten. In einem massiven Anschlag auf die
bürgerliche Empfindsamkeit wurde das einzige überlebende
Klavier, Klavier Integral (1958-63), mit einem Mieder, einem
Staubwedel, einem Flängeschloß, Münzen, Stacheldraht und
anderen Objekten behängt. Bei der Eröffnung der Ausstellung
hackte einer der Gäste, Joseph Beuys, ein Klavier mit einer
Axt auseinander.
1964 zog Paik nach New York und traf hier mit den Fluxus-
Künstlern, mit denen er in Europa zusammengearbeitet
hatte, wieder zusammen, unter anderen auch mit seiner
langjährigen Mitarbeiterin, der Cellistin Charlotte Moorman. In
diesem Jahr spielte er in der Judson Hall Stockhausens Ori -
ginale, das im Rahmen des zweiten, von Moorman organisierten
Annual Avant-Garde Festivals aufgeführt wurde. 1965 prä -
sentierte er in der Galerie Bonino seine erste Einzelausstel -
lung in den USA. Unter dem Titel »Electronic Art« zeigte sie
seine präparierten Fernsehgeräte, und Cage, der Paiks Arbeit
weiterhin sehr schätzte, schrieb einen Essay für den Katalog.
Die Ausstellung sollte eine große Wirkung auf die Generation
von Videokünstlern haben, die in den späten sechziger und
frühen siebziger Jahren auftauchten.
Das Studium bei Cage bewegte Yoko Ono, wie zuvor schon
Paik, von der Musik zur bildenden Kunst überzuwechseln. In
Japan geboren, ließ sie sich in den fünfziger Jahren in den USA
nieder. Sie studierte Poesie und Musik am Sarah Lawrence
College in New York und lebte in der zweiten Hälfte des Jahr -
zehnts in San Francisco - in jener Zeit, als die Gutai-Gruppe
bekannt wurde. Sie betonte jedoch, daß sie zu diesem Zeit -
punkt nichts von deren Performance-Aktivitäten gewußt
habe. 1960 begann Ono mit einer Serie instruktioneller Arbei -
ten, die, ähnlich wie die Brechts, durch ihre Einfachkeit, Groß-
56 Für eine detaillierte Beschreibung und Interpretation dieser Aus -
stellung siehe John Alan Farmer: »Circuits/Nam June Paik«, in:
ders., Art into Television, 1960-65, Diss., Columbia University
1998, Kap. 4.
76
Yoko Ono, Painting to be Stepped on (Bild zum Draufsteigen), 1960/1997.
Besitz der Künstlerin
Yoko Ono, Painting forthe Wind (Bild für den Wind), 1961/1993.
Besitz der Künstlerin
Yoko Ono, Painting for to Hammer a Nail (Bild zum Nageleinschlagen), 1961/1998.
Besitz der Künstlerin
Zügigkeit und partizipatorische Grundhaltung faszinierten.
Indem sie ihr Augenmerk eher auf die einzelne Geste als, wie
in Cages komplexen vielschichtigen Events, auf die Kombi -
nation vieler Gesten richtete, kehrte Ono, ohne sich dessen
bewußt zu sein, zur Einfachheit von Werken wie Werk: Kiste
von Murakami zurück. Ono zeigte diese Arbeiten und beglei -
tende Objekte in der Maciunas AG Galerie in New York im Juli
1961. Wie die Kunsthistorikerin Alexandra Munroe bemerkte:
»Wenn die Besucher in die Galerie kamen, führte Ono einen
nach dem anderen zu jedem einzelnen Stück und trug die Akti -
ons- oder Partizipationsformen vor, die jeweils stattfinden soll -
ten. Bei Smoke Painting wurde der Besucher gebeten, die Lein -
wand mit einer Zigarette in Brand zu setzen und den Rauch
zu beobachten: das Stück war vollendet, wenn sich die Lein -
wand in Asche verwandelt hatte. Time Painting und Painting
to See in the Dark mußten von der Imagination des Besuchers
vollendet werden, und in Painting in Three Stanzas wuchs eine
Weinrebe aus einem in die Leinwand gebrannten Loch her -
aus und thematisierte Wachstum, Tod und Ewigkeit.«^' In der
Ausstellung »Instructions for Painting« im Sögetsu Art Cen -
ter in Japan wurden ihre Arbeiten nur als schriftliche Texte
gezeigt. Die Instruktionen, die der Künstler Toshi Ishiyangai in
japanische Schriftzeichen übertragen hatte, bestanden aus
Überschriften, die von haiku-ähnlichen Anweisungen gefolgt
waren. So zum Beispiel: «Painting forthe Wind. Mach ein Loch,
laß es im Wind« oder «Painting to be Steppedon. Laß ein Stück
Leinwand oder ein vollendetes Gemälde auf dem Boden oder
auf der Straße liegen«.
Cut Piece, eine ihrer wichtigsten Arbeiten, wurde 1964 in der
Yamaichi Concert Hall in Kyoto uraufgeführt. Diese Perfor -
mance war psychologisch und sexuell so aufgeladen, daß
Gustav Metzger über AI Hansen anfragte, ob Ono sie am »De-
struction in Art Symposium« in London im September 1966
aufführen wollte. Bei der Performance trug Ono ein elegantes
Cocktailkleid und forderte die Besucher auf, ihr die Kleidung
vom Leib zu schneiden, während sie ruhig auf der Bühne saß.
Cut Piece war von nachhaltiger Bedeutung für die kommende
Generation von Performance-Künstlern, vor allem für Marina
Abramovic, Ana Mendieta, Gina Pane und Barbara Smith: es
nahm die Körperarbeiten von Vito Acconci und Chris Bürden
vorweg. In den sechziger Jahren entstanden in Zusammen -
arbeit mit ihrem Mann John Lennon Arbeiten wie Waris Over
(1969), die erstaunliche Beispiele dafür abgaben, wie Künst -
ler die Presse manipulieren und sich selbst als medienwirk -
same Figuren etablieren konnten. Was 1950 mit Pollock in Life
begonnen hatte, war nun im Begriff, weltweite Signifikanz zu
erlangen.
Hi Red Center bestand aus drei japanischen Künstlern - Gen-
pei Akasegawa, NatsyukI Nakanishi und JiröTakamatsu-, die
dem Fluxus zugenechnet werden können und sich im Mai 1963
zusammentaten. Der englische Name wurde von den ersten
Schriftzeichen der Nachnamen der Künstler abgeleitet (Taka-
matsu: high pine: Akasegawa: red rapids: Nakanishi: center
west). Wie Munroe beaobachtete: »Was diese Künstler ver -
band (deren Zusammenarbeit bereits mehrere Monate ge -
dauert hatte), war ihre Konzeption des Objet (ein Begriff, der
auf assemblageartige Objekte verweist) als Zentrum eines
Events, der Museumsmauern und Galerien überschreitet, sowie
ihre kompetente, links-politische Auseinandersetzung mit
den sozialen Ungleichheiten des modernen Japan.«® Für eine
Ausstellung im Tokio Metropolitan Art Museum (ein Vorläufer
des Museums of Contemporary Art in Tokio) bestückte Naka -
nishi seinen Körper mit Hunderten von metallenen Wäsche -
klammern - ein Akt der Selbstverstümmelung, der die Aktio -
nen von Acconci, Bürden, Weibel und anderen Performance-
Künstlern der siebziger Jahre vorwegnahm. Dieser Event
beeinflußte auch die gleichzeitig entstandene Reihe von
Gemälden, für die Nakanishi Leinwände auf Tragbahren
spannte und mit Wäscheklammern versah. Akasegawa be -
merkte dazu: »Durch die Erkenntnis, das es sich hier nicht
um Farbe, sondern um simple Alltagsgegenstände handelte,
hatten wir nicht die minimalste Trennung zwischen Malerei und
57 Alexandra Munroe (wie Anm. 16), S. 218.
58 Ibid., S.159.
Wolf Vostell, Niederschrift des Happenings Nein-9-de-coll/agen,
1963. Besitz des Künstlers
wirklichem Leben entdeckt?«^® Im Rahmen derselben Aus -
stellung spannte Takamatsu von der geschäftigen Ueno U-
Bahnstation einen Faden, der sich durch einen weiten Park
(in der Tradition von Gutai) bis ins Museum zog. Die auf den
ersten Blick unscheinbare Aktion rückte ins öffentliche Inter -
esse, als eine alte Frau im Park überden Faden stolperte, den
Vorfall der Polizei meldete, deren Ermittlung ergab, daß das
Corpus delicti zu einem Event des staatlichen Museums
gehörte.
Im Vergleich zum Skandal, der Akasegawas Verurteilung als
Geldfälscher im Jahr 1965 hervorrufen würde, was dies aller -
dings eine Lappalie. 1963 kopierte Akasegawa gefälschte, nur
einseitig bedruckte 1000-Yen-Scheine, die von einem poli -
zeigesuchten Fälscher in Umlauf gebracht worden waren. Er
tapezierte damit Wände, wickelte seine Arbeiten darin ein und
lud damit zu seiner Einzelausstellung in der Shinjuku Dai-Ichi
Galerie. Akasegawa bediente sich der Respektlosigkeit und
des Flumors des kommerziellen Kunstmarktes, den Oldenburg,
Manzoni und andere untersucht hatten, als Waffe, um die
unfähige städtische Polizei zu foppen, die außerstande war,
den eigentlichen Fälscher zu fassen. Als jemand versuchte,
die einseitig bedruckten Geldscheine regulär in Umlauf zu brin -
gen, wurde Akasegawa wegen Geldfälscherei verhaftet. Die
Verhandlung, die im August 1966 stattfand, wurde zu einer Ana -
lyse der Performance-Kunst, die weithin Beachtung fand. Da
die Verteidigung der renommierten Kunstkritiker und Kunst -
historiker darauf basierte, Akasegawas Werke als Kunst zu defi -
nieren, zeigten die Künstler ihre kontroversen Arbeiten, um das
Gericht zur Kunstdefinition zu zwingen. Unter den dort prä -
sentierten Arbeiten war auch der Faden von Takamatsu und
der Fli Red Center-Event ShelterPlan, der aus einer Fülle von
Blaupausen bestand, die vom Staatsanwalt entrollt werden
mußten und die nackten Künstler zeigten. Diese Verhöhnung
der Justiz, in einem Land, dessen juridisches System von den
USA revidiert worden war, demonstrierte die Macht der freien
Meinungsäußerung und gab der Performance-Kunst gleich -
sam eine politische Plattform. Ein vergleichbares Ereignis wäre
in den USA damals kaum vorstellbar gewesen. Als die Chi -
cago 7, denen die Happenings bekannt waren, in ihrer Ver -
handlung eine ähnliche Taktik einschlugen, wurden sie mit emp -
findlichen Strafen belegt. Und obwohl Akasegawa letztlich ver -
lor, wurde, wie Paik sich in seinem 1994 erschienenen Essay
59 Genpei Akasegawa, zit. in: ibid., S. 156.
60 »To Catch Up or Not to Catch Up with the West: Hijikata and Hi
Red Center«, In: ibid., S. 81.
»To Catch Up or Not to Catch Up with the West: Hijikata and
Hi Red Center'^ erinnert, »der Event zu einer Cause celebre.
Die Grand Central Station, das Arsenal und Flughäfen wur -
den schon für Happenings-Szenarien und als Hintergründe ver -
wendet. Nie aber habe ich von einer besseren Szenerie als
dieser gehört - ein richtiger Gerichtsaal. Ich wette, lonesco
wäre neidisch.“®
Durch ein Netzwerk von Freundschaften mit Künstlern des
Nouveau Realisme, des Happenings, des Fluxus und der
Destruction Art konnte Wolf Vostell einen bedeutenden Anteil
der Aktionsgemeinschaft der sechziger Jahre beeinflussen.
Seine Zeitschrift De-coli/age: Builetin aktueller Ideen, die er
von 1962 bis 1967 herausgab, erlaubte ihm vor allem, Ver -
bindungen innerhalb dieser Tendenzen herzustellen. Abge -
sehen von der Veröffentlichung der Arbeiten und Schriften jener
Künstler, denen er sich nahe fühlte, nützte Vostell seine Zeit -
schrift auch, um seine eigene Arbeit bekannt zu machen. Die
Objekte, Installationen und Happenings, die er in den späten
fünfziger Jahren herzustellen begann, waren allesamt Aus -
drucksformen einer Philosophie, die er mit dem Begriff De-
coll/age beschrieb. Vom französischen decollage abgeleitet,
das im Bereich der bildenden Kunst das Abziehen von
Schichten geklebten Papiers von ihrem Untergrund bedeu -
tet, wurde der Begriff für Vostell wichtig, nachdem er ihn in
einem Artikel in Le Figaro vom 6. September 1954 in Zusam -
menhang mit einem Flugzeugabsturz gelesen hatte. Wie Kri -
stine Stiles bemerkt hatte: »Er eignete sich den Begriff an, um
eine ästhetische Philosophie zu bezeichnen, die sich auch auf
Live-Performances anwenden ließ und durch die die destruk -
tiven, gewalttätigen und erotischen Ereignisse des zeit -
genössischen Lebens zusammengebracht und übereinan-
dergelegt werden konnten. Durch die Hervorhebung der ge -
trennten Silben unterstrich er die dialektische Bedeutung des
Begriffes, der sowohl dem kreativen wie dem destruktiven Pro -
zeß, den natürlichen und biologischen Systemen, den kultu -
rellen und sozialen Strukturen eigen ist.«®^
Vostells Ziele waren weitaus strategischer als die der
konzeptuell denkenden Fluxus-Künstler. Fasziniert von der
Macht der Technologie und der Konzeption der modernen Stadt
als Performancebühne, entwickelte Vostell eine künstlerische
Vision, die über die zur gleichen Zeit entstandene von
Kaprow hinausging. Die Tatsache, daß Vostell als Jude den
61 Kristine Stiles: »Decollage«, in: The Dictionary of Art, hrsg. von
Jane Turner, Bd. 8, New York 1996, S. 608 f.
Wolf Vostell, 130 ä l'heure, No. 3,1963. Aus dem Happening Nein-9-de-coll/agen.
Joseph Beuys, Aus Berlin: Neues vom
Koyoten, 1979. Blick in die Installation
in Ronald Feldman Fine Arts.
Sammlung des Dia Center for the Arts,
New York
Joseph Beuys, / like America and America likes Me, 1974. Sammlung Block.
Der Rest des Stückes bestand darin, daß Beuys längs einer
eingezeichneten Linie einen toten Hasen manövrierte, des -
sen Beine und Ohren mit langen, dünnen, schwarzen Holz -
stäben verlängert waren. Wenn er den Hasen auf seinen
Schultern hatte, berührten die Stangen den Fußboden. Von
der Wand aus ging Beuys zur Tafel, wo er den Hasen nie -
derlegte. Auf dem Rückweg geschahen drei Dinge: Er
streute weißes Puder zwischen die Beine des Hasen,
steckte ihm ein Thermometer in den Mund und blies in eine
Röhre. Danach wandte er sich der Tafel mit dem halben
Kreuz zu und ließ den Hasen mit den Ohren wittern, während
er selbst einen Fuß, an dem eine Eisenplatte festgebun -
den war, über einer ebensolchen Platte zu Boden schwe -
ben ließ. Ab und zu trat er hart mit dem Fuß auf diese
Platte.“
Die Relikte, die nach der Aktion übriggeblieben sind, haben
sich in den darauffolgenden Jahrzehnten zu einer Art Turiner
Leichentuch entwickelt, insofern sie Bedeutungen verkörpern,
die sich aus ihrer eigenen mythischen Geschichte herleiten.
Dazu zählen die Tafel, der Hase, die Stäbe und ein Filz- und
Fettdreieck, dessen Maße den Abständen zwischen ihnen
entsprachen und auf der Tafel notiert waren. Erst Ende der
sechziger Jahre begann Beuys die Objekte aus seinen Per -
formance-Events wieder als einzelne, für sich selbst stehende
Skulpturen herzustellen - als Stellvertreter der Aktionen, für
die sie urspünglich konzipiert worden waren. Zu diesem Zeit -
punkt verfügte er bereits über ein großes Lager, das mit Objek -
ten angefüllt war, die er biidhauerisch zu verändern begann,
indem er sie in Kisten verpackte, mit Photographien versah,
so daß er sie in Museen und Galerien ausstellen und Samm -
lern anbieten konnte. Die Transformation des Relikts in eine
Skulptur war für Beuys eine logische Erweiterung jener bild -
hauerischen Aktivitäten, denen er sich vor seinen ersten Per-
formances gewidmet hatte. Gleichwohl steht diese Entschei -
dung im Widerspruch zur objektfeindlichen Einstellung vieler
Fluxus-Künstler, In der Tat blieb die Generation von Künstlern,
die in den späten sechziger und den frühen siebziger Jahren
auftrat, genau zwischen diesen beiden Positionen gespalten.
1974 lud Rene Block Beuys in seine neue Galerie in New York
ein, um eine Aktion mit dem Titel / Like America and America
Likes Me zu zeigen. Diese Aktion bestand aus Beuys’ Versuch,
sich mit einem wilden Koyoten namens Little Joe anzufreun -
den, der zur Galerie transportiert wurde. Bei seiner Ankunft
im John F. Kennedy Airport am 21. Mai war Beuys vollkom -
men in Filz eingehüllt und wurde sofort mit einem Kranken -
wagen in die Galerie gefahren. Der Koyote wurde hinter eine
Wand aus geflochtenem Draht gesperrt, die das Innere des
Ausstellungsbereiches teilte. Beuys betrat die mit Heu bedeckte
Einfriedung. Mit seinem Filzmantei und einem Schäferstab in
den Händen verlangte er, daß täglich fünfzig Exemplare des
Wall Street Journals, eines Symbols des amerikanischen Kapi -
talismus, in die Galerie geliefert würden, um sie in zwei Säu -
len von je fünfundzwanzig Stück aufzustellen. Dazu musizierte
er auf einem an seinem Hals hängenden Triangel. Der Koyote
schlief zumeist in der entferntesten Ecke und reagierte nur
gelegentlich auf Beuys und die Zeitungen - aber mit der Zeit
gewöhnten sich die beiden aneinander. Die Aktion endete am
25. Mai, als Beuys dem Koyoten Lebewohl sagte und mit dem
Krankenwagen zum Flughafen zurückgebracht wurde. Obwohl
die Aktion den Anschein hatte, als wäre ihr Thema der Pro -
zeß des Dauerns, gestattete es sich Beuys, zumindest wenn
die Galerie geschlossen war, Freunde wie Paik und Block oben
zum Abendessen zu treffen. Die photographische Dokumen -
tation des Events unterstrich jedoch, daß Künstler und
Koyote im Kontext eines eingezäunten, performativen Envi -
ronments ausschließlich miteinander interagiert hätten. Im Ge -
gensatz zu Künstlern wie Acconci, Bürden, Tehching Hsieh
und anderen, die in den siebziger Jahren aufkamen, entschied
sich Beuys für die symbolische Tradition seines europäischen
Erbes und nicht für ein Wörtlich-Nehmen der Dimension der
Dauerhaftigkeit einer Performance.
Als Beuys diese Arbeit fünf Jahre später wiederholte, fügte er
die noch vorhandenen Elemente, die Ausgaben des Wall Street
Journals, den Schäferstab und die Filzkleidung, in die neue
Installation ein. Das Environment wurde durch einen Geröll -
haufen als substantielle Barriere zwischen der Installation und
den Zuschauern geteilt; Beuys schüttete Schwefel auf den
Boden und die Objekte. Der dramatische Effekt dieser Instal -
lation lag eher in der symbolischen Bedeutung der Objekte
als in der Aktion, in der sie ursprünglich eingesetzt worden
waren.
In Ergänzung zu diesen dramatischen Aktionen veranstaltete
Beuys in den sechziger und siebziger Jahren auch einflußrei -
che Vorlesungsreihen mit seiner schwarzen Tafel. Diese poli -
tisch aufgeladenen Präsentationen bildeten eine Antithese
zu Mathieus Maidemonstrationen mit ihrer gezeichneten
Schlachtengeschichte, die von der romantischen Faszination
des MalersfürdieRifterzeitZeugnisablegten.Obgleich Beuys
64 Troesl Andersen, zitiert in: Heiner Stacheihaus, Joseph Beuys,
Leipzig 1989, S.146.
84
Tehching Hsieh, Punching the time Clock on the Hour {Stündlich die Stechuhr drücken),
Einjährige Performance, 11. April 1980-11. April 1981
I
in diesen Tafelvorlesungen schematisch zeichnete, ausradierte
und wieder zeichnete, waren die eingesetzten Materialien ein -
fache Objekte ohne theatralische Konnotationen. Durch die -
se Tafelvorlesungen wandelte Beuys die Rolle des Künstlers
von der des Entertainers zu der des Lehrers, vom Clown zum
Politiker, vom Schamanen zum Professor. In der Folge waren
die Künstler der nächsten Generationen gezwungen, eine neue
Verantwortung für die Definition der geopolitischen Kultur, in
der sie lebten, zu übernehmen.
Wiener Aktionismus
Die Gruppe der Wiener Aktionisten, zu denen Günter Brus,
Otto Mühl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler ge -
hörten, wurde offiziell im Juli 1965 gegründet, obwohl die betref -
fenden Künstler bereits seit 1962 ihre Arbeiten aufführten. Aus
^ den statischen Arbeiten der Künstler mit den Medien der Male-
I rei, Collage, Assemblage und Installation hervongegangen,
waren die Performances der Wiener Aktionisten rituelle Aktio-
I nen, die von Musik und dem Wühlen in Tierkadavern beglei-
I tet wurden. Von Nitsch als Abreaktionsspiele bezeichnet, ver-
f deutlichten diese Performances das Interesse der Aktionisten
j an einer Vielzahl von kulturellen Phänomenen, darunter dem
j Dionysos-Kult, den Ritualen der katholischen Kirche, den
I psychoanalytischen Theorien von Sigmund Freud, C.G. Jung
i und Wilhelm Reich sowie an ausgewählten österreichischen
1 Künstlern wie Egon Schiele oder Oskar Kokoschka und auch
2 an jenen Künstlern, die mit mit Happenings und Nouveau Rea-
I lisme in Verbindung standen.
Obwohl sich die Performance-Malerei Mitte der fünfziger Jahre
aus den Experimenten der Gutai-Gruppe entwickelt hatte,
erfuhr sie erst in Nitschs Werk und in der provinziellen Haupt -
stadt Wien ihre emphatischste und fleischlichste Verkörperung.
Bis zu den frühen Sechzigern hatte Nitsch die dritte Welle der
Abstraktion der New York School in eine der gebärdenreich -
sten, körperbetontesten, sexuell provokantesten und psy -
chologisch zündendsten Kunstformen überführt, die je ge -
schaffen wurden. Einerseits können Nitschs Bilder, die Zeug -
nis von seiner unaufhörlichen Bewunderung für Pollock und
das Action painting abiegen, als wohl letzter Ausdruck der New
York School gesehen werden. Doch bereits 1960 führte er mit
Arbeiten wie Ohne Titel {Brot und Wein) die Themenbereiche
von Erinnerung, Geschichte und Biographie in sein künstle -
risches Vokabular ein - Themenbereiche, die dem Action •
painting üblicherweise fremd waren. Durch diese sehr per -
sönliche Sprache drückten seine Gemälde eine bestimmte
Düsternis aus, wie man sie aus Werken der unterschiedlich -
sten Künstler, von der Gutai-Gruppe bis Grooms und Vostell
kennt. Durch den Umgang mit Blut, mit dem Nitsch seine Lein -
wände tränkte, entstand eine spezifisch rituelle Qualität, die
den Weg zur Performance ebnete, deren erste am 19. De -
zember 1962 in Mühls Wohnung stattfand. In diesem Rahmen
wurden die rituellen und religiösen Gefühle wieder eingeführt,
die das Gewicht von Geschichte und Psychologie in Europa
jahrhundertelang geprägt hatten. Wiens lange Tradition psy-
choiogischer Introspektion sowie Österreichs Mitschuld am
Zweiten Weltkrieg machte diese letzte Bastion traditioneller (
Figürlichkeit reif für die performance-basierte Malerei, die ihr
komplexe Bedeutungsschichten hinzufügen sollte, um eine
letzte Blüte hervorzubringen, die in ihrerTheatralität fast barock
anmutet. Wie Nitsch kämpfte auch Mühl gegen den
erstickenden Informel, der auch als Tachismus bekannt ist,
indem er die Beziehung zwischen Schöpfer und Objekt kör -
perlich veränderte. Diese Erweiterung hatte zwar nicht die
ästhetische Qualität der Assemblage, führte aber zu Qbjek-
ten mit verkrusteten Geschichten, wie sie nach der Sintflut )
Zurückbleiben. Trotz der Bedeutung dieser Arbeiten, die sich
im Lauf der Zeit in Performances verwandelt haben, ist es erst
die photographische und filmische Dokumentation, die ein rich -
tiges Verständnis seines Werks ermöglicht - ein Werk, das von i
der Obsession der Dualität von Sexualität und Geschichte
geprägt ist. Arbeiten wie Leda und der Schwan und O Tan -
nenbaum sind extreme Provokationen einer Tradition, deren
Bestandteil sie doch zugleich sind.
Obwohl er kein Mitglied der Wiener Aktionisten war, spielte !
Gustav Metzger eine wichtige Rolle in der Verbreitung ihres
Werkes. Im Jahr 1966 war Metzger für seine Theorien zur
Schönheit und Kreativität des Destruktiven schon weithin
bekannt, die er erstmals am 4. November 1959 in seinem ersten ^
Manifest veröffentlicht hatte. Metzger veranstaltete das erste
internationale Zusammentreffen von jenen Künstlern, die mit
Fluxus, Wiener Aktionismus und anderen Bewegungen in Ver -
bindung standen; vertreten waren unter anderen Hermann
Nitsch, Otto Mühl und Jerzy Beres aus Wien, AI Hansen, Yoko ■
Ono und Raphael Montanez Ortiz aus New York und Barry Fla-
nagan, John Latham und John Sharkey aus London. Metz-
85
Hermann Nitsch, o.T., 1961. Sammlung Julius Hummel, Wien
86
Otto Mühl, Materialaktion Nr. 3: Klarsichtverpackung, 26.2.1994. Sammlung Julius Hummel, Wien
87
Otto Mühl, Collage, 1964. Museum moderner Kunst/Stiftung Ludwig, Wien
88
Robert Morris, Untitied (Standing Box) (Ohne Titel [Kiste zum Stehen]), 1961. Solomon R,
Guggenheim Museum, New York. Aus den Morris-Archiven
Gustav Metzger, South Bank Demo (South Bank Demonstration), 1961/1988. Sammlung des Künstlers
ger war mit Aktionen bekannt geworden, im Zuge derer er,
bekleidet mit einer Gasmaske, Schutzkleidung und schwer -
en Handschuhen, Säure auf Nylonplanen sprühte. Das sich
auflösende Material hinterlie3 abstrakte Muster - ein
symbolischer Protest gegen die Gefahr der Massenver -
nichtungswaffen.
Performative Plastik der sechziger Jahre
Ähnlich wie in den fünfziger Jahren die experimentelle Musik
von John Gage die Entwicklung der Kunst beeinflußt hatte,
prägte der moderne Tanz in den sechziger Jahren sowohl das
reduktionistische Vokabular der »performativen« als auch
Aspekte der minimalistischen Plastik-eine Tatsache, die bis -
her jedoch wenig Beachtung fand. Robert Morris, ein Maler,
der der dritten Generation Abstrakter Expressionisten der
Bay Area angehörte, und die Tänzerin und Choreographin
Simone Forti nahmen in San Francisco an Tanzworkshops von
Ann Halprin teil und gründeten 1957 schließlich ihre eigene
Tanz- und Theatergruppe. Fortis kreativer Einsatz von Requi -
siten und Spielregeln zur Strukturierung von Bewegungs -
abläufen spielte bei Morris’ frühen performativen Plastiken, die
ab 1960 nach seiner Ankunft in New York entstanden, eine
wichtige Rolle.“
Zu dieser Zeit setzte sich Morris in der Plastik mit Konzepten
auseinander, die sowohl im Living Theatre, dessen Schwer -
punkt auf der Anordnung von Körpern im Raum lag, wie auch
in Fortis Arbeiten mit dem Judson Dance Theater, die den
menschlichen Körper als Maßstab nahmen, erarbeitet wurden.
Betrachtet man die Werke jener Künstler, die in den darauf -
folgenden Jahren avantgardistische Tanztheorien direkt in
skulpturale, körperorientierte Performances umsetzten, so kön -
nen Morris’ Werke Column, Passageway, und Untitied (Stan -
ding Box) (alle 1961) tatsächlich als richtungsweisend gelten.
Column war Morris' erstes skulpturales Objekt und nahm seine
späteren minimalistischen Plastiken in Form und Größe vor -
weg; Er stand dreieinhalb Minuten lang regungslos und auf -
recht in einer am Maßstab seines Körpers konstruierten
Säule und kippte sich dann mit dieser um.“ Die Bedeutung
dieses Stücks als performative, auf den Körper des Künstlers
zugeschnittene Plastik wird durch die Tatsache, daß er sich
bei den Proben am Kopf verletzte und danach beschloß, die
Säule mit Hilfe von Schnüren anstatt mit seinem Körper zu
kippen, keineswegs geschmälert. Angesichts der Tatsache,
daß es weit einfachere Möglichkeiten gibt, eine Säule zu kip -
pen, als eine, bei der man sich selbst gefährdet, ist es durch -
aus bemerkenswert, daß Morris sogar bei der Benützung einer
derartig nüchternen, vorgefertigten minimalistischen Plastik das
Bedürfnis verspürte, sich - wenigstens zunächst - mit einer
Art unterdrückter Gestik einzubringen.
In Onos Chamber Street Serles von 1961 schuf Morris ein
performatives, partizipatorisches Environment mit dem Titel
Passageway. Mit der brutalen Direktheit des Choreographen
kreierte er damit nur drei Jahre nach den ersten Happenings
- partizipatorischen Environments, die aus chaotischen
Assemblagen von Fragmenten des täglichen Lebens gebildet
waren - eine reduktionistische Raumgestaltung. Es handelte
sich um einen mit Spanplatten verkleideten, etwa 16 Meter
langen Gang, der sich langsam zu einer Spitze hin verengte.
Die Teilnehmer wurden völlig von diesem dreidimensionalen
plastischen Environment kontrolliert. Der Künstler kehrte so
in einer ironischen Geste den Akt des Ausbruchs und der
Befreiung, der den größten Teil der frühen aktionsorientier -
ten Werke geprägt hatte, um, und schuf statt dessen eine
oppressive Umgebung, die den Teilnehmer schließlich völlig
einschloß.
In Untitied (Standing Box) zimmerte Morris einen groben Kie-
fernsarg, der genau auf seine Körpermaße zugeschnitten war.
Wie bei Column »führte« er die Kiste »auf«, indem er sich hin -
einstellte, eine klare Vorwegnahme von Bruce Naumans Pla -
stik A/eon Templates ofthe LeftHalf ofMy BodyTaken atTen
Inch Intervals. Obwohl Morris’ Kiste als performance-orientiert
und autobiographisch gelten kann, enthielt sie keinen konkreten
Hinweis auf Gestalt oder narrativen Inhalt: Der Körper wurde
durch die Maße der Kiste dargestellt, die Gestalt durch ihre
Abwesenheit impliziert. Morris’ plastisches, vom Tanz inspi -
riertes, proto-minimalistisches Objekt war gleichsam der Be -
weis für die Doppelfunktion des Künstlers als Erschaffer und
Teilnehmer. Plastik, Installation und Performance (sowie ihre
Dokumentation mittels Photographie, Film und Video) waren
ebenfalls grundlegende Elemente im Werk von Bruce Nauman,
der 1966 sein Kunststudium beendete. Flour Arrangements
(1966) dokumentiert beispielsweise, wie Nauman einen Mo -
nat lang ein Staubhäufchen auf dem Boden seines Ateliers
zurechtrückte. Dieses von Man Ray inspirierte gestische
65 Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich in; Maurice 66 Robert Morris: The Mind/Body Problem, Ausst.-Kat.. Solomon R.
Berger, Labyrinths: Robert Morris, Minimalism, and the 1960s, Guggenheim Museum, New York 1994, S.90.
New York 1989, Kap.1.
.1
i
I
90
Bruce Nauinan, Performance Carridor (Performance Korridor), 1968-70.
Solomon R. Guggenheim Museum, New York. Erworben mit Spenden der Louis and Bessie Adler
Foundation, Inc., Seymour M. Klein, Vorsitzender
Werk war eng mit Naumans figurativer Performance-Plastik
Light Trap for Henry Moore No.1 967) verwandt, die er auch
filmisch dokumentierte. In dieser Arbeit parodiert Nauman
Henry Moores gegenständliche Zeichnungen der frühen vier -
ziger Jahre, die er nicht als statische Gegenstände der Be -
trachtung darstellt, sondern als Fallen, die die Bewegung des
Lichts einfangen. Nauman machte mit einer Taschenlampe
kreisförmige Bewegungen und malte so Figuren in den
Raum, deren Leuchtspuren photographisch festgehalten
wunden. Schon damals war er sich über den irreführenden Cha -
rakter jeder Dokumentation im klaren. »Ich nehme an, der Film
wird zu einer Aufzeichnung dessen, was geschehen ist«, er -
innert er sich, »vielleicht auch deswegen, weil man dazu neigt,
das, was auf einem Film erscheint, für wahr zu halten - man
vertraut einem Film oder einer Photographie mehr als einem
Gemälde.«®'
1968 lernte Nauman die Tänzerin und Choreographin Mere-
dith Monk kennen, die ihn in seinem Gefühl bestätigte, daß
Bewegungen, selbst die eines Amateurs, über ein künstleri -
sches Potential verfügen. »Die frühesten Performances, die
gefilmt wurden, waren Sachen wie; Man sitzt im Atelier und
was tut man? Nun ja, der Zufall wollte es, daß ich gerade viel
im Atelier herumlief.... Das war es, was ich gerade machte,
und so nahm ich es auf, nur dieses Herumlaufen. Es waren
ganz einfache Dinge. ... Ich kannte einige der Sachen, die
[Merce] Cunningham und ein paar andere Tänzer gemacht hat -
ten, wo man irgendeine einfache Bewegung nimmt und sie in
einen Tanz verwandelt, nur indem man sie als Tanz darstellt...
Es half jedenfalls, mit Meredith zu reden, weil sie Tänzerin ist
und die Dinge in diesem Licht sieht.«®® Für Nauman stellte die
Wiederholung solch einfacher Handlungen die Möglichkeit dar,
den Betrachter in seinen Bann zu ziehen. Er vermied narra -
tive Inhalte und entschied sich für eine Art von Wiederholung,
die den Betrachter rücksichtslos zermürbte, und damit für die
Erzeugung einer anhaltenden Spannung, die sich nie löste.
Während Naumans frühe Filme und Videos die Aufmerksam -
keit auf gewöhnliche Alltagsereignisse lenkten, eignete den
nach 1967 entstandenen Arbeiten eher der Charakter von
ausführlichen Tests und Herausforderungen oder von irritie -
renden Experimenten. So konstruierte er schwierige Situa -
tionen, die ihn selbst zunehmend wütend machten, wie etwa
in Bouncing Two Balls between the Floor and Celling with
Changing Rhythms (1967- 68). In dieser gefilmten Performance
versuchte er, in einem bestimmten Rhythmus einen Ball
gegen den Boden und einen zweiten gegen die Decke zu wer -
fen, diese dann aufzufangen und einen weiteren Ball zweimal
auf dem Boden und einmal an der Decke abprallen zu lassen.
Natürlich geriet das Spiel sofort außer Kontrolle.
Bei Werken wie Performance Corridor (1968-70) versuchte
Nauman, das Publikum in die von ihm geschaffenen Situa-
67 Bruce Nauman in: Joe Raffaele und Elizabeth Baker, »The Way-
Out West: Interviews with 4 San Francisco Artists«, in: Art News,
4, Sommer 1967, S.40, zitiert in: Paul Schimmel, »Pay Attention«,
in: Bruce Nauman, hrsg. von Joan Simon, Ausst.-Kat., Walker Art
Center, Minneapolis 1994, S.72.
68 Bruce Nauman in einem unveröffentlichten Interview mit Lorraine
Sciarra, Pomona College, Claremont, Kalifornien, Januar 1972, in:
Schimmel (wie Anm. 67), S. 73.
91
Bruce Nauman, Slow Angle H/a/A (Beckett Walk)
(Langsamer Winkelgang [Beckett-Gang]), 1968
tionen miteinzubeziehen. Er selbst sagte dazu einmal: »Jemand
anders macht dann die Erfahrung seibst, anstatt nur zuzusehen,
wie ich sie mache,«® Performance Corr/dor war ursprünglich
das Requisit für Naumans Video Walk wäh Contrapposto (1968),
bei dem er sich dabei fiimte, wie er eine Stunde lang in stili -
sierter Form in einem Korridor auf und ab ging, der aus zwei
freistehenden Wänden von etwa 3x8 m bestand, die nur etwa
50 cm voneinander entfernt aufgestellt waren. Diesen Gang
baute er als Performance Corridor für die Ausstellung »Anti -
lllusion: Procedures/Materials« im Whitney Museum of Ame -
rican Art in New York vom 19. Mai bis 6. Juli 1969 erneut auf
und bemerkte dazu: »Dieses Stüok ist wichtig, weil ich dadurch
auf die Idee kam, daß das Publikum in ein Werk miteinbezo-
gen werden konnte, ohne daß die Teilnehmer in der Lage wären,
das Werk zu verändern«; er schrieb weiters: »Die, die hinein -
gingen, erlebten merkwürdige Dinge.«™ Der Kritiker Peter
Schjeldahl beschrieb das Werk auch tatsächlich als »rück -
sichtslos ... düster... klaustrophobisch .«^' Performance Cor -
ridor leitete eine Serie von Werken ein, die Naumans zuneh -
mendes Interesse an Korridoren, Durchgängen und psycho -
logischdefinierten Räumen verdeutlichten. Nauman entfernte
sich ganz bewußt von der freien Entfaltung performativer Akti -
vitäten und fand »eine Möglichkeit, eine Situation so einzu -
grenzen, daß jemand anders die Performance durchführen,
aber dennoch nur das tun kann, was ich will. Eigentlich stehe
ich einer Beteiligung des Publikums skeptisch gegenüber und
versuche, solche Werke so eng wie möglich zu fassen.«™
Performances der siebziger Jahre
Vito Acconci versuchte sich zunächst als Poet, schuf dann
eine Reihe von wichtigen Performances und wandte sich
schließlich performativen Werken in anderen Medien zu. Er
beschäftigte sich lediglich von etwa 1969 bis 1974 mit der
Performance. Seine höchst simplen, aber psychologisch aus -
geklügelten Aktionen waren erfolgreiche, öffentliche und
völlig unmittelbare Darstellungen seiner eigenen Person, bis
er bei seiner Vorführung von Command Performance (1974)
dem Zuschauer die Rolle des Künstlers übertrug. Die Kör -
perexperimente solcher Künstler wie Chris Bürden, Paul
McCarthy, Marina Abramovic, Gina Pane und vieler anderer
sind ohne die Vorreiterrolle, die Acconci für kurze Zeit inne -
hatte, undenkbar.
Die formalen körperlichen Übungen in Acconcis frühen, häu -
fig wie Aufgaben strukturierten Werken schlugen schnell in
körperliche und psychologische Attacken um - das galt
sowohl für ihn als auch für das Publikum. Ganz in der Tradi -
tion Fontanas, aber völlig ohne Leinwand, führte Acconci 1970
vor laufender Kamera Trademarks auf: »Mich beißen: Meinen
Körper überall beißen, wo ich hinkomme. Tinte auf die Bisse
auftragen; den Bißabdruck auf verschiedene Oberflächen stem -
peln.«™ Andere Aktionen wurden in weiteren Kurzfilmen auf -
gezeichnet: In Shadow Box (1970) schattenboxte Acconci bis
zur Erschöpfung. In Blindfold Catching {1970) ließ er sich »mit
verbundenen Augen immer wieder mit Gummibällen bewer -
fen«. In Hand and Mouth (1970) schob er seine »Fland in den
Mund, bis es mioh würgt und ich meine Hand herausziehen
muß; diese Aktion für die Dauer des Films wiederholen.«
Von 1970-72 produzierte Acconci eine wahres Feuerwerken
Performances. Acconci führte seine schnell ausgedachten und
rasch realisierten Aktionen, die eher auf kurzen Notizen denn
auf ausgefeilten Skripten basierten, in einem atemberauben -
den und zweifellos höchst anstrengenden Tempo auf. In Run-
off New York (Juli 1970) lief er zwei Stunden lang am Stand,
bis er heftig zu schwitzen begann. Dann »lehne ich mich an
die Wand und bewege mich hin und her - es gibt eine che -
mische Reaktion des Schweißes mit der Farbe, die Farbe
färbt auf meinen Körper ab.«™ In einer Umkehrung von Kleins
Anthropometries ist es nicht der Körper, der Farbe aufträgt,
sondern die Farbe, die sich auf den Körper überträgt.
1972 erwachte Acconcis Interesse an psychologisch aktivierten
Gestaltungen architektonisch konstruierter Räume, das ein
Leben lang anhalten sollte. In Seed Bed (1972) baute er eine
niedrige hölzerne Rampe, die leicht zur Wand der Sonnabend
Gallery hin anstieg. Er legte sich darunter, masturbierte und
sprach mit seinem »Glied«, während die Geräusche über einen
Lautsprecher in die Galerie übertragen wurden. So war er zwar
räumlich von seinem Publikum getrennt, begann aber, die Rolle
der Betrachter/innen umzukehren, indem er die Bewegungen,
die diese über ihm machten, in seine orgiastischen Phanta -
sien miteinbezog. Diese Performance war Acconcis erster Ver-
69 lbid.,S.78.
70 lbid.,S.77.
71 Peter Schjeldahl, »New York Letter«, in: Art International, 13,
7, September 1969, S.71, zitiert in: Neil Benezra, »Surveying
Nauman«, in: Snjce Nauman (wie Anm.67), S. 26.
72 Bruce Nauman in: Willoughby Sharp, »Nauman Interview«,
in: Alts Magazine, 44, 5. März 1970, S.26, zit. in: Schimmel
(wie Anm. 67), S. 77.
73 Vito Acconci, Avalanche, 6, Herbst 1972, S. 14-18. Alle Beschrei -
bungen von Acconcis Arbeiten stammen aus dieser Quelle.
74 Ibid.
92
Vito Acconci, Command Performance (Befehls-Performance),
1974. San Francisco Museum of Modern Art, Accessions commitee
Fund: Geschenk von Mrs. Robert MacDonnell, Byron R. Meyer, dem
Modern Art Council, Norman C. Stone und dem National Endow-
ment for the Arts
such, mit seinem Publikum übereine räumliche Trennung hin -
weg zu kommunizieren. Da der Betrachter Acconci nicht sehen
konnte, mußte er sich abstrakt mit ihm auseinandersetzen;
durch die Art der Monologe, die Acconci beim Masturbieren
von sich gab, hatte die Begegnung jedoch durchaus intimen
Charakter. Obwohi die psychologische Intensität der Perfor -
mance durch den Akt der Masturbation entstand, behauptete
er, daß ihm »die Idee mit der Masturbation erst eine Woche
vor Aufführung des Stücks« gekommen sei.'=
Die Umkehrung der Rolien von Künstler und Betrachter, die
sich in Seed Bed angekündigt hatte, erreichte in Command
Performance, einer Performance mit Video, die im Januar 1974
in der Greene Street 112 in New York aufgeführt wurde, ihren
Flöhepunkt. Kate Linker beschreibt, daß Acconci in dieser Per -
formance die vorhandenen drei Säuien dazu benutzte, um »die
Galerie mittels dieser in einer Übertragungslinie angeordne -
ten >Austauschpunkte< in zwei Flälften zu teilen. Am Fuß der
ersten Säule war ein Bildschirm angebracht, der dem von einem
Spot beleuchteten Stuhl gegenüberstand (Eine) Video -
kamera, die auf den Stuhl gerichtet war, übertrug das Bild auf
einen weiteren Bildschirm an der dritten Säule der Reihe. An
den Fuß dieser Säule legte Acconci einen Teppich, auf dem
es sich das Publikum bequem machen konnte.« Linker
schreibt weiter, daß der Künstler die Zuschauer mit »Komm’
her, Baby, bewege dich ... komm in den Spot... dieser Stuhl
nur gehört dir allein ... nimm ihn, Baby,... zeig es ihnen...« zur
Teilnahme aufforderte, was damit endete, daß sich der Zu -
schauer schließlich als Supermann verwirklichen sollte (»Du
wirkst dort so riesig ... überlebensgroß ... / Du siehst dort be -
stimmt großartig aus«). Im Zusammenspiel mit seinem Pub -
likum gestand Acconci, daß sein Werk bisher »zu privat
[gewesen war]... ich hatte Angst, aus mir herauszugehen ...
die Welt zu entdecken ... du kannst mir zeigen, wie man stark
ist... groß ... öffentlich.«
In dieser Performance wurde der Betrachter selbst zur Auf -
führung und nahm schließlich den Platz von Acconci, dem
Künstler, ein. im Video wechselt Acconci sein Geschlecht, wird
vom Gehorchenden zum Befehlenden und erteilt dem
Betrachter Befehle: »Wie ein kleiner Flund ... spring auf den
Stuhl... setz dich auf, komm zu mir.../zeig ihnen den Flintern
... zeig mir den Flintern ... jetzt machst du, was ich immer tun
mußte... wedle mit dem Schwanz.«™ Acconci kreierte so eine
neue Art von strukturellem Environment, eine Konfrontation,
75 Vito Acconci, Interview mit Robin White, in: View, 2,
5-6, Oktober-November 1979, S. 23.
in der der Betrachter als Requisit in einem sadistischen Spiel
manipuliert wird, wahrend andere Betrachter dies voyeuristisch
auf dem zweiten Bildschirm verfolgen. Im gesamten Video
erscheint Acconci lediglich als Sprecher auf dem Bildschirm,
der gegenüber dem Stuhl angebracht ist.
1968, ein Jahr bevor Acconci seine erste Performance auf -
führte und Nauman Performance Corridor ausstellte, schuf
Mowry Baden / Walk the Line, eine Plastik, bei der der Betrach -
ter einen etwa sieben Meter langen Gang mit einer plastischen
»Linie« zwischen den Beinen entlang gehen mußte. Badens
Arbeiten zwangen das Publikum in unangenehme Situationen,
in denen sein Interesse an der Kinästhesie - an physischen
Wahrnehmungen und den Veränderungen neuromuskulärer
Prozesse während der körperlichen Bewegung durch das Werk
- zum Ausdruck kam. In Seat Belts (1969-71) untersuchte
Baden den Unterschied zwischen dem Gefühl, das man emp -
findet, während man mit einem um die Taille geschlungenen
Band am Boden festgebunden ist und in einer Art Kreis geht,
und der Vorstellung, wie es sich anfühlen würde. Seine
Absicht war, die vorhandenen »Körperprägungen« der Be -
trachter zu manipulieren, um ihre Gleichgewichtswahrneh -
mungen durcheinanderzubringen; in plastischer Flinsicht
strebte er die Erzeugung neuer »sensorischer Prägungen« an.
Bei Instnjment, einem etwa fünf Meter langen Gang aus Alumi -
nium und Stahl mit einer wellenförmigen Schiene für den Kopf,
beschränkte sich die Mitwirkung des Betrachters auf Augen
und Kopf. Beim Durchschreiten dieses visuellen Korridors nahm
das Gehirn des Betrachters eine Reihe von wellenartigen
Verengungen und Erweiterungen wahr. Badens Experimente
mit plastisch-psychologischen, körperorientierten Arbeiten
Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre übten
großen Einfluß auf andere Künstler wie Charles Ray und Chris
Bürden aus, die beide seine Schüler waren.
Im Unterschied zu seinem Lehrer, der sein Leben lang relativ
unbekannt blieb, zog Chris Bürden bereits zu Beginn seiner
Laufbahn ein außergewöhnliches Maß an internationaler Auf -
merksamkeit auf sich. Im Jahr 1971, als er noch an der Uni-
versity of California in Irvine studierte, schuf Bürden ein Werk,
das weit über seine bescheidenen Ursprünge hinaus bekannt
werden sollte. Five Day Locker Piece, die Abschlußarbeit sei -
nes Kunststudiums, bestand darin, daß ersieh fünf Tage lang
in ein 60 x 60 x 90 cm großes Schließfach einschließen ließ.
Im Schließfach darüber befand sich eine Flasche mit Wasser,
76 Vito Acconci in: Kate Linker, Vito Acconci, New York 1994,
S. 61-62.
Mowry Baden, Instrument, 1969, Sammlung des Künstlers
Mowry Baden, Sealt Belt (With Block)
[Sicherheitsgurt [Mit Klotz]), 1969
93
94
Chris Bürden, Five Day Locker Piece (Fünf-Tage-Schließfach-Stück),
26.-30. April 1971, University of California, Irvine
Chris Bürden, Relic from Five Day Locker Piece (Relikt aus dem Fünf-Tage-
Schließfach-Stück), 1971. Mit freundlicher Genehmigung der Gagosian Gallery,
New York
in dem darunterliegenden eine leere Flasche. Schon diese frühe
Arbeit sollte für Burdens Werke in den folgenden Jahren cha -
rakteristisch sein: Er beschäftigte sich zunehmend mit der
Bedeutung von Situationen, in denen der Künstler sich einer
Gefahr aussetzte und den Betrachter dabei zum Zeugen einer
anscheinend lebensbedrohlichen Situation und damit zum
Komplizen machte. Die unauflösbare Beziehung zwischen Zer -
störung und Schöpfung, die für die Gutai-Künstler ebenso
wichtig gewesen war wie für die frühen Flappenings und den
Nouveau Realisme, erreichte in Burdens Performances ihre
äußerste logische Konsequenz: der Künstler machte seinen
von Schüssen und Stecknadeln durchbohrten Körper zum
Empfänger der aggressiven Flandlungen anderer.
Mit einer visuellen Einfachheit, die sich seinem minimalistischen
Flintergrund verdankte, entwarf Bürden völlig auf den Körper
reduzierte Aktionen, die sich durch ihren nicht-narrativen Cha -
rakter und durch ihre Dauer auszeichneten. Es war möglich,
sie in einer einzigen Photographie festzuhalten und in einem
kurzen Absatz zu beschreiben. In vielen Fällen blieb ein Objekt
zurück, das den Betrachter daran erinnern sollte, daß die Aktion
tatsächlich stattgefunden hatte. Bürden wollte damit nach -
träglichen Verzerrungen durch Betrachter und Zeugen Vor -
beugen. Für einige Künstler wie Abramovic, die ebenfalls in
den frühen siebziger Jahren durch ihre selbstzerstörischen
Aktionen bekannt wurde, waren die sogenannten »Relikte« der
Aktionen - kommerzielle Auswüchse der Performance - im
Grunde bedeutungslos; diese Kritik richtete sich auch gegen
Beuys. In Burdens Fall ist diese Kritik jedoch unbegründet.
Seine Performances orientierten sich größtenteils am Objekt
selbst. Ohne das Schloß gäbe es tatsächlich kein Five Day
Locker Piece, ohne die Kupferbänder kein Prelude to 220, or
110 (1976), ohne die Glasscherben kein Through the Night
Softly (1973) und ohne die beiden Kabel kein Doorway to
Heaven (1973). Bürden, der schon seit seiner Kindheit Mi -
niaturspielzeug sammelte, wußte, daß Gegenstände den
Betrachter von der Realität des Unglaublichen zu überzeugen
vermochten. Wie schon Klein mit Leap into the Void versuchte
er, Skeptiker mit forensischen Beweisstücken zu überzeugen,
mit dreidimensionalen Wahrheiten, die durch Photographien
belegt wurden.
Bürden führte seine Aktionen vor Gruppen von Zuschauern
auf, die bezeugen konnten, daß diese auch stattgefunden
hatten, und vermied so die Debatte über Wahrhaftigkeit, die
früheren Aktionen wie Kleins Sprung anhaftete. In einer Art
pseudo-wissenschaftlicher Vorgangsweise dachte er sich
psychologisch gefärbte Experimente aus, die in ihrer Einfach -
heit für die Massenmedien leichter zu handhaben waren als
Chris Bürden, Prelude to 220, or110 (Vorspiel zu 220 oder 110),
September 1976
Chris Bürden, Retic from Through the Night Softiy (Relikt aus Sanft
durch die Nacht), 1973. Sammlung Wexner Center for the Arts, The Ohio
State University, teilweise erworben mit Mitteln des National Endowment
for the Arts, 1979.09
Chris Bürden, Through the Night Softiy (Sanft durch die Nacht),
12. September 1973, Main Street, Los Angeles
95
Chris Bürden. Doorway to Heaven (Tor zum Himmel),
15. November 1973
97
Chris Bürden, Shoot (Der Schuß),
19. November 1971, F Space
die tiefgründigeren oder ausgedehnteren Arbeiten anderer Kün -
stler seiner Generation. Seine Präsenz in den Medien wirkte
sich bald nicht nur auf die europäischen Zentren und die Kunst -
szene in New York aus, sondern auch auf die Performance -
kunst in Osteuropa, Südamerika und Japan. Seine sensatio -
nellen Aktionen gingen zumeist weit über alle Erwartungen der
Kritiker und der allgemeinen Öffentlichkeit hinaus. Im Rahmen
von fünf Jahren ließ sich Bürden beispielsweise anschießen,
mit elektrischen Schlägen traktieren, aufspießen, aufschnei -
den, ertränken, einsperren und isolieren - all das nicht um eines
großartigen politischen oder religiösen Statements oder einer
tiefenpsychologischen Bedeutung willen, sondern einfach, weil
er wußte, daß er es tun konnte. Diese risikoreichen Handlun -
gen legten nicht nur Burdens Psyche, sondern auch die sei -
nes Publikums offen.
Die simple Anschaulichkeit von Burdens Events führte viel -
fach dazu, daß Leute behaupteten, sie hätten diese miterlebt.
So sind einige Leute nicht davon abzubringen, daß sie gese -
hen haben, wie in Trans-Fixed (1974) ein VW-Käfer mit dem
auf das Heck des Wagens gekreuzigten Künstler in Venice,
Kalifornien, umherfuhr. Bürden selbst gibt jedoch an, daß ihn
in Wirklichkeit nur eine Handvoll von Zeugen zwei Minuten lang
gesehen haben können, als der Wagen in die Garage zurück -
geschoben und gerollt, nicht gefahren, wurde. Bürden erfand
und gestaltete seine Aktionen als knappbemessene Experi -
mente, deren Bedeutung er ausloten, formulieren und definieren
98
Chris Bunten, The Big Wheel (Das große Rad), 1979. The Museum of Contemporary Art, Los Angeles, Geschenk der Lannan Foundation
konnte - für sich selbst und andere. So fragte er z. B.: »Woher
weißt du, wie es ist, angeschossen zu werden, wenn du noch
nie angeschossen worden bist?«” Seiner Aussage nach ver -
mittelten ihm diese Experimente ein »Wissen, das andere Leute
nicht haben, eine Art Weisheit« durch eine neuartige Begeg -
nung mit den Fakten.™ Trotz aller Belege, die der Künstler der
Nachwelt in Form von Photographien und Objekten hinterließ,
fühlten sich viele Leute, die von seinen Performances erfuh -
ren, bemüßigt, diese zu erklären. Wie bei Schwarzkogler und
seinen Selbstkastrations-Events wurden solche Fehlinterpre -
tationen schließlich zu einem Teil der Mythologie, die die extre -
men, prozeßhaften und selbstzerstörerischen Aktionen vieler
Künstler in den siebziger Jahren umgab.
Burdens Meisterstück The Big Wheel (1979) bestand aus einem
2700 kg schweren gußeisernen Schwungrad von etwa 2,5 m
Durchmesser, das aufrecht auf eine Fialtevorrichtung montiert
war. Vor dem Schwungrad wurde ein Motorrad so fixiert, daß,
wenn das Motorrad gestartet wurde, das sich drehende Flin-
terrad seine Energie direkt auf die Masse des Schwungrads
übertrug. Da das Schwungrad in der Lage war, die Energie zu
77 Chris Bürden in: Paul Schimmel, »Justthe Facts«, in:
Chris Bürden: A Twenty-Year Survey, Ausst.-Kat., Newport
Flarbor Art Museum, Newport Beach 1988, S.17.
speichern, drehte es sich auch nach Abstellen des Motors noch
lange weiter. Dieser Prozeß wird dem Publikum viermal am
Tag vorgeführt, wobei der Fahrer/die Fahrerin jedesmal das
Drehmoment, das normalerweise ihn/sie selbst und das
Motorrad nach vorne katapultieren müßte, auf das massiv-ele -
gante Schwungrad überträgt. Dieses Werk, das ein physika -
lisches Grundprinzip demonstriert, scheint in seiner präzisen
Einfachheit eine Bedrohung für alle Beteiligten darzustelien -
für den Vorführer des Motorrads, den Betrachter, und die In -
stitution, in der es ausgestellt ist, die allesamt zu Komplizen
des pseudowissenschaftlichen Experiments eines Maschi -
nenbauers werden. Wie auch Burdens Aktionen, ist es auf eine
zugleich faszinierende und erschreckende Weise schön. Der
Künstler wandelte ein physikalisches Prinzip, das sogar ein
Kind begreifen würde, in eine monumentale Plastik um, die
dem Betrachter ein verunsichertes Lächeln abringt. Wie Vito
Acconci, Rebecca Horn, Paul McCarthy und andere Perfor -
mance-Künstler dieser Zeit wandte sich auch Bürden allmählich
von der Performance ab und der Skulptur und Installation zu.
Doch auch nachdem er die direkte Beteiligung des Künstlers
78 Ibid.. S.18.
99
ausgeschlossen hatte, behielt die Aktion für ihn ihre primäre
Bedeutung. Zu jener Zeit, als Bürden Shoot inszenierte, schuf
Gina Pane 1971 Escalade non-anesthesiee, ein Stück, das
zunächst vor einer kleinen Gruppe von Freunden in ihrem Ate -
lier und später in einer öffentlichen Galerie vorgeführt wurde.
Sie bestieg darin eine Art Leiter, auf deren Sprossen sich kleine
Klingen befanden. In Le corps pressenti (1975) hinterließen Ein -
schnitte, die sie mit einer Rasierklinge zwischen ihren Zehen
anbrachte, permanente Blutflecke auf dem Gipsabdruck, auf
dem ihre Füße dabei ruhten. Pane erklärte diese nicht-religiösen
Sakramente so: »Mein wirkliches Anliegen war, durch diese
Wunde, die zum Zeichen wurde, eine Sprache zu konstruieren.
Durch diese Wunde habe ich versucht, den Verlust von Ener -
gie zu vermitteln. Für mich ist körperliches Leid nicht nur ein
persönliches Problem, sondern ein sprachliches Problem. Mir
selbst Wunden zuzufügen stellte eine zeitliche Geste dar- eine
psycho-visuelle Geste, die Spuren hinteriäßt.«™ In Psyche
(1974) kniete Pane vor einem Spiegel, schminkte sich aus -
führlich und fügte dann mit einer Rasierklinge zwei halbkreis -
förmige Einschnitte direkt unter ihren Augenbrauen hinzu. Die
Mißhandlung ihres eigenen Körpers stellte auch eine Ausein -
andersetzung mit ihrer eigenen Verwundbarkeit und der von
Frauen im allgemeinen dar. Ein ähnlicher Gedanke liegt auch
in Orlans einzigartiger, lebenslanger Selbstverwandlung zu -
grunde, die mit Le Baiser de l'Artiste begann und bis heute
andauert. Orlan benützt Schmerz, um den Betrachter aus sei -
ner Betäubung zu lösen, und schafft damit - wie Burdens Shoot
- Situationen, die so extrem sind, daß sogar der abgebrühte -
ste Zuschauer eine Art Mitleid und Mitschuld empfindet.
Ein paar Jahre nach Burdens revolutionärem Shoot inszenierte
Marina Abramovic eine Arbeit, die sich mit ihren eigenen Äng -
sten in bezug auf ihren Körper auseinandersetzte und gleich -
zeitig demonstrierte, wie ernst ihr ihre Kunst war: Bei der öffent -
lichen Vorführung von Rhythm 0 (1974) in Neapel trat sie vor
ein Publikum und brachte das, was an ihr am sichtbarsten war
79 Gina Pane in: Helena Kontovä, »The Wound as a Sign:
An Encounter with Gina Pane», in: Flash Art, 92-93,
Oktober-November 1979, S. 36.
Gina Pane, Le corps pressenti (Der erahnte Körper,
Ausschnitt), 1975. Museum Moderner Kunst
Stiftung Ludwig, Wien
- ihren Körper-, in Gefahr. Auf einem Tisch lagen diverse Instru -
mente, mit denen Schmerz zugefügt oder Lust bereitet wer -
den konnte. Dann wurde dem Publikum mitgeteilt, daß die
Künstlerin sich für die Dauer von sechs Stunden passiv und
willenlos verhalten würde und daß die Zuschauer die In -
strumente in dieser Zeit nach Belieben benutzen konnten. Abra -
movic hatte diese Nervenprobe zeitlich begrenzt, eine Strategie
ä la Gage, derer sich viele Performance-Künstler bedienten,
um einem nonlinearen Event Anfang und Ende zu verleihen.
Was in den ersten drei Stunden noch relativ harmlos begann
- die Zuschauer bewegten die Künstlerin hin und her und
berührten sie an intimen Stellen -, artete bald in ein gefähr -
liches und unkontrollierbares Spektakel aus. Man schnitt ihr
die gesamte Kleidung mit Rasierklingen vom Leib, und in der
vierten Stunde fügte man ihr mit denselben Klingen Schnitt -
wunden zu, aus denen Blut gesaugt werden konnte. Als die
Zuschauer merkten, daß die Frau sich nicht schützen würde
und daß sie offensichtlich Gefahr lief, geschlagen und verge -
waltigt zu werden, bildete sich eine Gruppe von Beschützern.
Als einige Leute schließlich eine geladene Pistole in Abramo-
vics Fland und ihren Finger auf den Abzug legten, brach zwi -
schen dieser Gruppe und den Beschützern der Künstlerin eine
Schlägerei aus, während derer sie den rivalisierenden Frak -
tionen im Publikum völlig ausgeliefert war.“
Bevor Ulay (Uwe F. Laysiepen) 1975 Abramovics Partner und
Mitstreiter wurde, hatte auch er sich in emotional und psy -
chologisch heikle Situationen begeben, in Arbeiten, die mehr
80 Thomas McEvilley, »Marina Abramovic/Ulay Ulay/
Marina Abramovic», in: Artforum, 13,1, September 1983, S. 52.
100
Marina Ambramovic. Rhythm O (Rhythmus O), 1974. Mit freundlicher Genehmigung
der Künstlerin und Sean Kelly, New York
101
als Lebensformen denn als Performance zu sehen sind.
Seine frühen Werke waren nicht auf Publikumsbeteiiigung ange -
legt, sondern bestanden darin, daß er sich beispielsweise als
Frau verkleidete und zwei Jahre lang das Milieu von Transve -
stiten und Transsexuellen frequentierte oder sich ein Jahr lang
als geistig Behinderter ausgab und den Kontakt zu Menschen
mit extremen körperlichen Mißbildungen suchte, um sein eige -
nes Aussehen an das ihre anzugleichen. Obwohl Ulay seine
Aktionen durchaus dokumentierte, bestand ein entscheiden -
der Aspekt seiner Aktivitäten für ihn darin, diese Dokumenta -
tionen nicht auszustellen, im Unterschied zu den meisten
Künstlern, die ihre Aktionen auf Photographien festhielten,
stellte Ulay die kommerzielle Natur wie auch die Wahrhaftig -
keit dieser Aktivitäten massiv in Frage.®’
Gemeinsam schufen Abramovic und Ulay eine Serie von Arbei -
ten, die sich in einer Weise mit Geschlecht, Sexualität und Ver -
trauen auseinandersetzten, wie es für einen einzelnen Künst -
ler unmöglich gewesen wäre. Ihre erste Performance Re/af/on
in Space (1976), die für die Biennale in Venedig entstand, bein -
haltete eine einfache Situation mitzunehmendem Risiko: »Zwei
Körper gehen wiederholt aneinander vorbei und berühren sich.
Sie werden schneller und prallen schließlich zusammen. Zeit
58 Minuten.«
In Imponderabilia (1977) sah sich das Publikum zu einer direk -
ten und intimen sowohl körperlichen als auch psycho -
logischen Konfrontation mit den Künstlern gezwungen. »Wir
stehen uns nackt im Haupteingang des Museums gegenüber.
Die Museumsbesucher müssen sich seitwärts zwischen uns
hindurchzwängen. Jede Person muß sich entscheiden, wen
von uns sie dabei anschaut. Zeit 90 Minuten.« Im gleichen Jahr
benutzten sie einen ausrangierten Cifroen-Polizeibus, den sie
seit ihrer ersten Begegnung gemeinsam bewohnten und in dem
sie bis Ende der siebziger Jahre leben würden, als Ausdruck
ihrer »Beziehung in Bewegung«. Die Spur, die sie bei Relation
in Movement mit ihrem Bus auf dem Platz vor dem Musee d Art
Moderne de la Ville de Paris hinterließen, existierte nicht nur
81 Ibid.
im Gedächtnis der Zuschauer, sondern auch auf dem Platz
selbst. Ulay verkündete: »Ich fahre mit dem Wagen für unbe -
stimmte Zeit im Kreis herum«, und Abramovic: »Ich sitze und
bewege mich für unbestimmte Zeit im Kreis und rufe die Anzahl
der Runden mit dem Megaphon aus«. Sie hielten dies 16 Stun -
den lang durch, bis der Bus begann, Öl zu verlieren, und auf
dem gepflasterten Platz eine sichtbare Ölspur zurückließ. Die
ringförmige Spur, die ihr Auto hinterließ - als deren Vorläufer
nicht nur der Autoabdruck von Rauschenbetg-Cage, sondern
auch auch die Spuren von Kanayamas ferngesteuerten
Miniaturautos gelten können-, wurde für Abramovic und Ulay
zum öffentlichen Symbol ihrer Beziehung, die der Gegenstand
ihrer Kunst war. In Rest Energy (1980) demonstrierten sie
schließlich vor aller Welt das Vertrauen, das sie einander
entgegenbrachten: Abramovid hielt einen Bogen, und Ulay
spannte die Sehne und richtete einen Pfeil auf ihr Herz.
Im Unterschied zu Bürden, der mit Mitte zwanzig bereits inter -
national bekannt war, blieb Paul McCarthys Wirkungskreis als
Performance-Künstler dreißig Jahre lang auf eine treue, aber
relativ kleine Anhängerschaft in Los Angeles beschränkt, bevor
seine komplexen kinetischen Erzähl-Tableaux schließlich ein
größeres Publikum anzogen. Während seines Studiums an der
Universität von Utah inszenierte McCarthy 1969 mehrere er -
schreckend gefährliche Performances, in denen er sich der
Schwerkraff als tafsächliches und mefaphorisches Aus -
drucksmittel bediente. In Too Steep, Too Fast-1969 in Marin
County uraufgeführt - warf er sich selbst, in Mountain Bow -
ling - im gleichen Jahr in Salt Lake City uraufgeführt - einen
Bowlingbail einen steilen Abhang hinunter. Es entstanden
geschoßartige Fallkurven, die augenscheinlich die Tradition,
eine Linie »aufzuführen«, fortsetzten, vergleichbar mit Paiks
Zen forHead als Hommage an La Monte Youngs Linienkom -
position und in Anlehnung an Manzoni, Rauschenbetg-Cage
und Byars. Wie der Kritiker Ralph Rugoff beschrieb, »robbte
(McCarthy) in Face Painting - Floor, White Line (1972) über
den Boden seines Ateliers, schob mit dem Kopf und Rumpf
103
einen Eimer mit weißer Farbe vor sich her und »malte' so eine
breite Linie quer durch den Raum. Solche Werke stehen zwei -
fellos in der Schuld von Kleins Körperabdrücken.... McCarthys
Performances fügten dem jedoch eine herbe Komik und ein
Element körperlicher Ausdauer hinzu, die Kleins ironisch
angehauchten Spektakeln völlig fehlt. Als Vorläufer können auch
Kazuo Shiragas Werke aus den fünfziger Jahren, die mit der
Gutai-Gruppe in Verbindung stehen, gelten (McCarthy war
mit diesen Werken durch Kaprows enzyklopädisches Werk
Assemblage, Environments, and Happenings vertraut).«®^
In der Zeit von 1972 bis 1974 wurden McCarthys formale, pro -
zeßorientierte Werke immer aggressiver und in sexueller Hin -
sicht provokanter. Ab 1974 machte er mit einer Reihe von ge -
waltsamen, selbstzerstörerischen Performances wie Meafcake
#7, #2 und #3 und Heinz Ketchup Sauce von sich reden, bei
denen im Publikum Fragen des Anstands laut wurden.
McCarthy stopfte rohes Hackfleisch in sich hinein und
erbrach sich; er aß unter anderem rohes Fleisch, Mayonnaise,
Ketchup, Senf und Gesichtscreme und ahmte mit Fertig -
produkten wie Hellmans Mayonnaise und Heinz Ketchup
82 Ralph Rugoff, »Mr. McCarthy's Neighbourhood«,
in: Paul McCarthy, London 1996, S.38,41.
Paul McCarthy, Face Painting - Floor, White Line
(Gesichtsmalerei - Boden, Weiße Linie), 1972
Paul McCarthy, Performance-Maske
aus Trunks (Truhen), 1973-83
Paul McCarthy, Hot Dog (Würstchen), 1974
Paul McCarthy, PROPO, Performance-Requisit
aus Trunks (Truhen), 1973-83
Paul McCarthy, Sailor's Meat
(Matrosenfleisch), 1975
Paul McCarthy, Assortment, Trunks (Auswahl, Truhen),
1973-83. Sammlung Tom Patchett, Los Angeles
Körperflüssigkeiten - Samen und Blut - nach. McCarthy er -
weiterte die mystisch ritualisierten Traditionen von Mühl und
den Wiener Aktionisten, bis eine Art grotesker Horrorfilm ent -
stand, den man American Populär Culture betiteln könnte.
In den siebziger und achtziger Jahren setzte sich McCarthy,
dessen Wurzeln in der alles beherrschenden Medienkultur von
Los Angeles gründeten, durch abartiges Verhalten, das kei -
nen über es hinausgehenden politischen, kulturellen oder psy -
chologischen Zweck verfolgte, mit der Idee von Künstlichkeit
und Show auseinander. Für seine Performances schuf er nicht
selten androgyne Charaktere, die er auf Video präsentierte -
lange, bevor in den neunziger Jahren das Groteske und Wider -
wärtige in Mode kam. Von 1974 bis 1983 und in geringerem
Umfang auch danach arbeitete er ganz oder teilweise nackt
mit einer Reihe von Requisiten wie Rasierapparaten (mit denen
er sich rasierte, bis er blutete), Brötchen, Würstchen und sei -
nen eigenen Genitalien. Barbara Smith beschreibt eine von
McCarthys Performances, in der »er Ketchup trinkt und sei -
nen Mund mit Würstchen vollstopft, immer mehr, so daß es
unmöglich scheint, daß noch etwas hineingeht. Dann wickelt
er sich Mullbinden um den Kopf und noch mehr Würstchen
dazwischen und klebt schließlich seinen vollgestopften
Mund zu, so daß die hervorquellende Masse aussieht wie eine
Schnauze. Mich überkommt unwillkürlich ein Würgen. Ersteht
da und kämpft dagegen an, sich zu übergeben.«“
In den folgenden Jahren benutzte McCarthy Puppen, Perücken,
Unterhosen, Vaseline, Steine, Gl-Joe-Puppen, Football-Hel -
me, falsche Brüste, Prothesen von weiblichen und männlichen
Geschlechtsteilen und andere Requisiten für Performances wie
Sailor's Meat, Grandpop, Pig Man (1980) und Popeye (1983).
Nachdem diese Requisiten wiederholt zum Einsatz gekom -
men waren, begrub er sie schließlich in einer Reihe von Kisten,
die er in der Manier eines post-minimalistischen Denkmals oder
eines Grabmals aufeinanderstapeite. Dies war als Hommage
an sein Jahrzehnt extrem abstoßender Performances gedacht.
Die Bestattung dieser Objekte eines Gemischs aus Faszina-
83 Barbara Smith, LAICA Journal, Januar 1979, S. 46.
105
106
Rebecca Horn,
Handschuhfinger, 1972
Rebecca Horn, Mechanischer Körperfächer,
1972. Sammlung der Künstlerin
tion und Ekel war in gewisser Weise notwendig, um für seine
neue Kunst, die an die Tradition derTableaux anknüpfte, Raum
zu schaffen.
Obwohl McCarthy in erster Linie ein Performance-Künstler ist,
der sich zeitweise der Installation, dem Tableau und der Plastik
zugewandt hat, spielte auch die Malerei in seinem Werk stets
eine wichtige Rolle. Am Anfang von McCarthys Werdegang
fanden die großzügigen gestischen Spuren seiner Aktionen
eine Entsprechung in seinen Black Paintings (1967-68). Bei
diesen Werken trug der Künstler mit den Händen brennbare
Farbe auf seinen Körper auf, beträufelte diese mit Benzin und
zündete sie an. In den siebziger Jahren schuf McCarthy in einer
geschickten Parodie der Machismo-Attitüden Pollocks und
anderer Maler des Action painting Bilder mit seinem Penis. In
seiner neuesten Performance und dem dazugehörigen Video
Pa/nfer (1995), in der eine Figur in Kittel und Maske mit einer
übergroßen Rolle und Pinsel beim Action painting gezeigt wird,
macht er sich schließlich über Willem de Kooning lustig.
Die Werke von Rebecca Horn und Gordon Matta-Clark un -
terscheiden sich grundlegend von den oft hemmungslosen
Performances von Bürden, Pane, Abramovic, Ulay und
McCarthy. In dem Jahr, in dem Acconcis erste reifere visuelle
Arbeiten entstanden, erholte sich Horn gerade von einer schwe -
ren Tuberkuloseinfektion. Diese Erfahrung sollte ihr ganzes
Leben verändern. Ihre großen Plastiken aus Polyesterharz -
eine Technik, derer sich eine ganze Reihe von prozeßorien-
tiertern Künstlern bediente-wichen komplexen Arbeiten, die
sich mit dem prekären Gleichgewicht zwischen Leben und
Tod befaßten - ein Thema, das sie der Konfrontation mit ihrer
eigenen Sterblichkeit verdankte,“
In ihren Körperplastiken der späten sechziger und frühen sieb -
ziger Jahre entwarf Horn eine Reihe von mechanischen Gerä -
ten vj\e Arm-Extensionen (1968), die lebensnotwendige orga -
nische Funktionen thematisierten. Ihr Ziel war “eine persön -
liche Kunst mit einer begrenzten Anzahl von Teilnehmern, da
interpersonelle Wahrnehmung nur in kleinem Kreis möglich
ist“.®5 Das Kleidungsstück, aus dem die Arbeit bestand,
wurde jeweils speziell für den Körper der Person gefertigt,
die es tragen sollte. 1970 entstand eine Reihe von pseudo -
medizinischen Plastiken wie Oberströmer und Cornucopia,
Seance for Two Breasts, die sich mit Prozessen körperlicher
84 Ein Überblick über Horns Gesamtwerk findet sich in: Rebecca
Horn, Ausst.-Kat., Solomon R. Guggenheim Museum, New York
1993. Dieser Katalog enthält zwei Interviews mit der Künstlerin
von Stuart Morgan, Aufsätze von Germano Celant, Nancy
Spector, Katharina Schmidt und Guiliana Bruno sowie ein Werk -
verzeichnis.
und sensorischer Aufmerksamkeit befaßten und mit denen
Horn ihre Achtung vor den biomechanischen medizinischen
Geräten ausdrückte, die ihr das Leben gerettet hatten. In Über-
strömer halten vier horizontale Bänder acht Röhrchen, die an
einem Glassockei angebracht sind, auf dem eine Person steht.
Durch diese externen Blutgefäße pulsiert Blut, das vom
Sockel hochgepumpt wird. Cornucopia bezieht sich dagegen
direkt auf die Krankheit, die Horns Leben so radikal veränderte,
und ähnelt einer schwarzen Lunge, die den Mund mit der Brust
verbindet. Diese Arbeit steht für den Wunsch der Künstlerin
nach einer innigeren Verbundenheit mit sich selbst.
In Handschuhfinger setzt sich Horn ebenfalls mit sensorischen
und motorischen Wahrnehmungsprozessen auseinander:
Das Werk besteht aus spitz zulaufenden Fingerverlängerun -
gen aus mit Stoff bespanntem Balsaholz, die zum Fühlen,
Berühren oder Greifen von Gegenständen aus der Entfernung
dienten. In dieser Arbeit »intensiviert die Hebelwirkung der ver -
längerten Finger die unterschiedlichen sensorischen Infor -
mationen, die die Hand aufnimmt - die manuelle Aktivität wird
völlig neu erlebt. Ich fühle, wie ich berühre. Ich sehe, wie ich
greife. Ich kontrolliere den Abstand zwischen mir und dem
Gegenstand.“®® Im gleichen Jahr entstand auch Bleistiftmaske,
ein Werk, dessen Technik auf die Action painters und Gutai-
Künstler verweist. Es handelte sich um eine Performance, in
der die Künstlerin eine Maske trug, auf der Reihen mit
gespitzten Bleistiften so angeordnet waren, daß sie mit dem
Kopf malen konnte. In Aktion »Mechanischer Körperfächer«
(1972) führte Horn eine Reihe von axialen Bewegungen vor,
die durch einen halbkreisförmigen Fächer, der auf ihren
Schultern angebracht war, visuell noch verstärkt wurden - eine
erweiterte Version von Valie Exports geometrisch strukturier -
ten Photographien ihrer Körperaktionen im Freien. In dieser
Serie von Performance-Plastiken, die aus Erweiterungen des
Körpers der Künstlerin bestanden und nur dann vollständig
waren, wenn sie durch Gebrauch aktiviert wurden, baute Horn
auf der Tradition auf, die Tanaka mit Electric Dress begonnen
hatte.
Gordon Matta-Clark erregte mit seinen Performances zwar
nicht soviel Aufmerksamkeit wie Rebecca Horn, befaßte sich
aber nach seinem Studium an der Cornell University von 1969
bis in die siebziger Jahre hinein mit plastischen Werken, die
84 Rebecca Horn in: Rebecca Horn: Drawings/Objects/Video/Films,
Ausst.-Kat., Kölnischer Kunstverein, Köln 1977, S. 24.
86 Ibid., S.41.
108
Gordon Matta-Clark. auf prozeßorientierten Aktivitäten beruhten. Matta-Clark, der
Photo-Fry in erster Linie durch seine Dekonstruktionen von Bauten
(Photopfanne), 1969 bekannt wurde, widmete sich von 1969 bis1972hauptsächiich
der Performance. Sein Werk Photo-Fry inszenierte er für eine
von John Gibson organisierte Ausstellung in New York mit dem
Titel »Documentations«; In einer altmodischen Pfanne briet er
im schwimmenden Fett Photographien - ein Akt, der so
despektierlich mit der Photographie umging wie diese einst
mit der Malerei. Die Photographien waren käuflich erwerbbar,
wurden ausgestellt und sind mitsamt Herd, Pfanne und Gas -
flasche bis heute erhalten geblieben.®'
Am 25. Dezember des gleichen Jahres organisierte Matta-Clark
einen Event mit dem Titel Christmas Piece, der sowohl als
Geburtstagsfeier für seinen ehemaligen Kommilitonen an der
Cornell University, Alan Saret, als auch als Eröffnungsfeier für
das 98 Greene Street Loft, einen alternativen Veranstal -
tungsraum für Poesie, Musik, Performance und Kunst,
gedacht war. Zur gleichen Zeit verschickte er auch gebratene
Weihnachtskarten an Freunde. Mary Jane Jacob beschreibt
den Event folgendermaßen: >’Die Performance-Installation
bestand aus einem verdunkelten Raum, beleuchtet von ein
paar Theaterspots, die an drei Bäumen - einem Weihnachts -
baum, einer Stechpalme und einem blühenden Pfirsichbaum
- festgemacht waren. An der hinteren Wand waren hundert
Stühle aufgestapelt. Ein Gast nach dem anderen kam und nahm
sich einen Stuhl, so daß der Stapel immer kleiner und die
Gruppe immer größer wurde.«®® Die Performance bestand im
»Abräumen« der Stühle und jeder Gast, der Platz nahm, wurde
damit zum Performance-Künstler.
Im Jahr 1972 inszenierte Matta-Clark eine bedeutende Per -
formance-Installation zwischen Greene Street 98 und 112, die
den Titel Open House (auch Drag-on oder Dumpstet) trug. Mit
Hilfe von Brettern und alten Türen teilte Matta-Clark einen
großen Industriemüllcontainer der Länge nach zuerst in drei
Teile und dann in weitere Unterteilungen mit diversen Öff -
nungen. In dem so gestalteten Container wurden Geräusche
von einem von Ted Greenwald aufgenommenen Band
gespielt, während eine Reihe von Performances, u.a. ein Tanz
von Tina Girouard, Suzanne Harris und Barbara Dilley, statt -
fand. Wie schon Christmas Piece war Open House eine Per -
formance, in der die Teilnehmer den Raum, in dem sie sich
bewegten, aktivierten und veränderten.®®
Im gleichen Jahr wurde auch Matta-Clarks Hair aufgeführt,
eine plastische Performance, die darin bestand, daß er sich
nach einem Jahr erstmals wieder die Haare schnitt. In einer
Persiflage der Systeme und Raster, derer sich Minimalismus
und Konzeptkunst bedienten, fertigte er eine schematische
Zeichnung an, die an eine phrenologische Kartographierung
seines Schädels in Quadranten erinnerte. In einer privaten
Performance am Silvesterabend teilten er und Carol Good-
den jedes einzelne Haarbüschel ab und beklebten es mit
einem Schildchen, das die numerisch-alphabetischen Ko -
ordinaten des Rasters trug. Die numerierten und mit Etiket -
ten versehenen Haarbüschel existieren noch heute - die
87 Mary Jane Jacob, Gordon Matta-Clark: A Retrospective,
Ausst.-Kat., Museum of Contemporary Art, Chicago 1985, S. 22.
88 lbid.,S.24.
89 lbid.,S. 42-43.
109
Paul Cotton, Random House Converter #6 (Random House Transformator #6), 1966/98
geplante Perückenplastik wurde vom Künstler nie verwirk -
licht.®“
Matta-Clarks anarchistische Dekonstruktionen von Gebäuden
in Werken wie Bronx Floors (1972-73) und Splitting (1974)
sind Ausdruck seines Interesses an den Auswirkungen von
Architektur auf die soziale Interaktion. Obzwar sie heute unter
formalistischen, postminimalistischen und konzeptuellen
Gesichtspunkten gesehen werden, waren die hochdramati -
schen und provokanten Aktionen, die zur Herstellung dieser
Arbeiten erforderlich waren, eigentlich Guerilla-Aktionen ge -
gen die lokale Architektur und das, wofür sie steht. Selbst -
verständlich konnten diese Performances weder vom Bauamt
noch von der Polizei genehmigt werden. Matta-Clark wurde
vielmehr behördlich gesucht, nachdem er mit Freunden den
Sommer des Jahres 1975 damit verbracht hatten, den Pier
52 am Hudson River anzusägen. Das Werk, Day's End, führte
schlieBlich zu einem Haftbefehl gegen den Künstler und zu
seiner Flucht nach Europa.
in der San Francisco Bay Area wuchs Ende der sechziger und
Anfang der siebziger Jahre eine bemerkenswerte Künst -
lergeneration heran, der u. a. Terry Fox, Paul Cotton und Howard
Fried angehörten. Für diese Performance-Künstler war es
schwierig, sich mit visuellen Werken zu profilieren, deren Aus -
drucksmittel sich deutlich von der langen örtlichen Tradition
in Dichtkunst, Tanz, Musik, Film und Theater unterschieden.
Die äußerst eigenwilligen Performance-Installationskünstler
sahen das, was die Beatniks in der Dichtkunst, Ann Halprin
im Tanz und Steve Reich und Terry Reilly in der Musik hinter -
lassen hatte, gleichsam als Rechtfertigung und Herausforde -
rung an. Eine systematische und kohärente Darstellung ihres
Wirkens steht noch aus.
Während seines Studiums an der University of California in
Berkeley schuf Paul Cotton 1966 ein interaktives Performance-
Environment, das sich mit Problemen der Rahmung und öffent -
lichen Interaktion befaßte - Themen, die ihn sein Leben lang
beschäftigen sollten. Random House Converter #6 bestand
aus acht etwa 2,5 x 1,5 m großen Leinwänden, die im Abstand
von etwa 60 cm hintereinander aufgestellt waren. Die Lein -
wände wiesen in der Mitte Türen auf, die sukzessive kleiner
wurden. Ein Blick durch die Öffnungen suggerierte die Per -
spektive eines Gangs oder eine Endlosspiegelung, die Wie -
derholung führte im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Bruch
in der Bildebene. Trotz seiner partizipatorischen Natur nimmt
das Werk Aspekte der »Licht-und-Raum-'-lnstallationen diver -
ser südkaiifornischer Künstler sowie bestimmte Charakteri -
stika von James Turrells Environments vorweg. Cotton be -
nannte das Werk nach dem Logo des Random House Ver -
lags - einem spitzen Dach, dessen Form derjenigen ähnelte,
die von den Haltedrähten, an denen die Rahmen hingen, gebil -
det wurde -, weil die Idee eines «random house« (beliebigen
Hauses) für ihn eine gewisse Ironie beinhaltete. Für eine Aus -
stellung in der Eugenia Butler Galerie in Los Angeles im Jahr
1969 konstruierte Cotton einen Stand mit einer geteilten Trenn -
wand, die einen Spiegel enthielt. In diesem Spiegel blickte
der Teilnehmer in sein eigenes Gesicht, das zu Cottons weiß-
gewandetem Körper zu gehören schien.
90 Ibid., S.48.
110
Viele von Cottons Arbeiten setzten sich spielerisch mit aktu -
ellen Ereignissen auseinander. Drei Tage, nachdem Neil Arm -
strong und seine Kameraden von ihrem ersten erfolgreichen
Flug zum Mond auf die Erde zurückgekehrt waren, inszenierte
er ein Werk mit dem Titel The People’s Prick. In dieser Arbeit
erschien er beim People’s-Park-Aufmarsch in Berkeley in einem
Kostüm, das einen riesigen Penis darstellte. In dieser Verklei -
dung - seine bekannteste aus dieser Zeit - fungierte Cotton
als lebendige Verkörperung der Seele des Parks und als Sym -
bol der Vitalität des von der Universität überrollten Stadtteils,
in dem der Park sich befand. Er steckte eine Flagge in die Erde,
erklärte den Park zum Reich der 1-Magi-Nation und begrub
schließlich sein Kostüm dort in einer Zeremonie, die das Ende
einer Ära markierte.
Terry Fox kehrte 1969 nach San Francisco zurück, nachdem
er einige Zeit in Paris verbracht und dort im Mai 1968 aktiv an
den Studentenunruhen teilgenommen hatte. Seine Erfahrun -
gen spielten in seinen aktivistischen Performances, die einen
Gegenpol zu den poetischen, nachdenklichen und meditati -
ven Aspekten seines Werks darstellten, eine wichtige Rolle.
Im Gegensatz zu Cotton fand bei Fox keine dramatische Ent -
wicklung von privaten zu öffentlicheren Aktionen statt. Er
begann schon sehr früh in seiner Laufbahn -1968 - mit einer
Reihe von Theaterstücken, die in und um San Francisco auf -
geführt wurden. Einmal im Monat bestimmte Fox Zeit und Ort
und lud Leute als Zuschauer und Teilnehmer zu einem Event
ein, der den normalen Verlauf der Dinge an dieser Stelle störte.
In What Do Blind Men Dream? (1969) bat er beispielsweise
eine blinde Frau, ihren Stadtteil zu verlassen und einen Abend
lang an einer von ihm ausgewählten Straßenecke Akkordeon
zu spielen und zu singen. Bevor sie bereit war, ihr vertrautes
Umfeld zu verlassen, mußte Fox sich allerdings ihr Vertrauen
erwerben. Seine außerordentliche Überzeugungskraft spielte
auch eine wesentliche Rolle in dem Werk, mit dem er in der
New Yorker Kunstszene bekannt wurde.
Nach seiner Ankunft in New York im Sommer 1970 lebte er
in der Wohnung seines Freundes Robert Frank, dem Photo -
graphen schweizerischer Abstammung, dessen berühmtes
Buch The Americans mit einer Einführung von Jack Kerouac
1959 erschienen war. Die Wohnung war in der Bowery und
inspirierte Fox zu einem Werk, in dem er versuchte, den fei -
nen Unterschieden zwischen San Francisco und New York auf
den Grund zu gehen, ln Cellar (1970), einer Performance-Instal -
lation, die im Juli in der Reese Palley Galerie präsentiert wurde,
benutzte er den Keller der neueröffneten Galerie als Perfor -
mance-Ort und ignorierte die schönen weißen Ausstellungs-
111
Terry Fox, Cellar (Keller), 1970
räume völlig. Das daraus resultierende Werk war ein leben -
des Tableau, in dem auch ein »Penner« namens Ronnie mit -
wirkte, der seit drei Tagen im Hauseingang des Künstlers
übernachtet hatte. Fox überredete Ronnie, den dunklen, mit
Müll angeräumten Kellerraum als Teilnehmer an seiner sozia -
len Plastik zu bewohnen. Fox erinnert sich: »Es war ein Stück,
das alle meine Gefühle über den Ort und das, was ich so
den ganzen Tag machte, wiedergab. Und den Zusam -
menhang, wie das Zeitgefühl des Penners. Das fiel mir auf,
die besondere Beziehung zur Zeit, die die Bowery-Penner
haben.... Die Penner der Bowery sind echte New Yorker.«®'
Der Betrachtersah sich bei der Installation mit einem dun -
klen Ort voller Schutt und dem Schnarchen von Ronnie, der
auf einem Müllhaufen lag, konfrontiert, sowie mit den ver -
stärkten Geräuschen der Kanalisation, die unter der Erde
verlief. Fox führte außerdem eine Reihe von Aktionen vor,
in denen er beispielsweise sein Gesicht mit Clown-Make-
up weiß malte, seine Hände mit einem Stück Seife in einem
kleinen Eimerchen mit Wasser wusch, mit einem Jagd -
messer (das er von Frank geliehen hatte) eine Fensterscheibe
kaputtmachte und Seifenwasser durch das zerbrochene
Glas spuckte. Um eine Beziehung zwischen ihm, der Fen -
sterscheibe und der Wand herzustellen, klebteereine Reihe
schwarzerXauf sein Gesicht und auf die Wand und machte
mit Kreide weiße X auf seine Brust und auf das schwarze
Rechteck, das er hinter sich in die weiße Wand gekratzt hatte.
Im September des gleichen Jahres inszenierte Fox im Rich-
mond Art Center in der Nähe von San Francisco ein Werk
mit dem Titel Levitation, in dem er sechs Stunden lang auf
seinem Rücken auf der Erde lag, wobei er das Gefühl ent -
wickelte, sich eine Zeitlang außerhalb seines Körpers zu
befinden. Er selbst erklärte dazu: »Ich malte mit meinem
eigenen Blut einen Kreis auf den Boden, der den Durch -
messer meiner Körpergröße besaß. Einer mittelalterlichen
Tradition zufolge entsteht dadurch ein magischer Raum.
Dann legte ich mich in den Kreis auf den Rücken. Ich hielt vier
durchsichtige Polyäthylenröhrchen fest, die mit Blut, Urin, Milch
und Wasser gefüllt waren und die die elementaren Flüssigkeiten,
die von meinem Körper ausgeschieden werden, repräsen -
tierten. So lag ich sechs Stunden lang, mit den Röhrchen in
der Hand, und versuchte zu levitieren. Die Tür war abge -
schlossen. Niemand konnte mich sehen. Ich bewegte keinen
Muskel und schloß die Augen nicht. Ich versuchte, mich auf
einen ganz bestimmten Punkt zu konzentrieren.«®®
Nach vier Stunden spürte Fox seine Gliedmaßen nicht mehr
und schloß daraus, daß seine Arme und Beine eingeschlafen
sein mußten. Nach sechs Stunden durften Besucher den Raum
betreten und sich den Abdruck, den sein Körper auf der Erde
hinterlassen hatte, anschauen. Fox betrachtete dies aufgrund
der tiefen Betroffenheit aller, die Zeuge der Entstehung gewe -
sen waren, als seine ausdrucksvollste Plastik.
Dieselbe Kraft und Energie, die Levitation hervorgebracht hatte,
beseelte auch Fox’ sechs Jahre lang dauernde Auseinan -
dersetzung mit dem Labyrinth am Boden der Kathedrale
von Chartres. Derartige Labyrinthmuster finden sich in vie -
len gotischen Kathedralen, wobei der Weg durch das Laby -
rinth den Weg des Pilgers zum rechten Glauben symbolisierte.
Fox war von der extremen räumlichen Kohärenz dieser ab -
strakten Form fasziniert und erklärte dazu: »Das Labyrinth von
Chartres wurde für mich zum Gegenstand und zur Struktur
von allem, was ich tat. Es war wie ein Menschenleben, bio -
graphisch oder autobiographisch. Um vom Rand zur Mitte
zu kommen - etwa 7 Meter -, mußte man 90 Meter zurück -
legen und jeden Zentimeter der Fläche abgehen.«®® Fox fühlte
sich aus persönlichen Gründen zu dem Labyrinth hingezo -
gen. Nachdem Ende der sechziger Jahre die Hodgkinsche
Krankheit bei ihm diagnostiziert worden war, entstand nach
einer schweren Operation im Herbst 1971 das erste von meh -
reren »Hospital«-Stücken. 1972 galt er als geheilt und begann
seine Auseinandersetzung mit dem Labyrinth. In den siebzi-
91 Terry Fox in: Brenda Richardson, Terry Fox, Ausst.-Kat., 93 Terry Fox in; Fred Martin, »Art and History«, in: Artweek,
University Art Museum, Berkeley 1973, o.S. 22. Mai 1976 S 2
92 Ibid.
Howard Fried, All my Dirty blue Clothes (end
disetablishment phase) (Alle meine schmut -
zigen biauen Kleidungsstücke [Ende der
Anti-Establishment-Phase]), 1970, University
Art Museum, Berkeley. Mit freundlicher
Genehmigung des Künstlers und der Galerie
Paule Anglim, San Francisco
Howard Fried, All my Dirty blue Clothes (Alle meine schmutzigen blauen Kleidungsstücke), 1970,
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und der Galerie Paule Anglim, San Francisco
113
Howard Fried, A Clock of Commercial Significance
(from Synchromatic Baseball) (Eine Uhr mit kommerzieller Bedeutung
[aus Synchromatischer Baseball]), 1974-78. Mit freundlicher
Genehmigung der Galerie Paule Anglim, San Francisco
ger Jahren betrachtete er die Form als Metapher für den Kreis -
lauf von Gesundheit, Krankheit und Fleilung. Genau wie die
schier endlosen Pfade des Labyrinths selbst wurde auch
Fox’ Suche allmählich zur fixen Idee. So sagte er: »Die Jahre,
die ich damit verbrachte, gingen nicht besonders gut für
mich aus - ich wurde - ich meine, es war eigentlich eine
Obsession.«®'*
Fox begann 1972 mit einem Gipslabyrinth und experimen -
tierte in Zeichnungen, Objekten, Plastiken und musikalischen
Arrangements mit dieser Form, so beispielsweise in seinem
Notenschrift-Labyrinth für Katzenschnurren - ein Tonband mit
den Schnurrlauten von elf verschiedenen Katzen. Das Band
beginnt mit recht zahm klingendem Schnurren, das sich all -
mählich verändert, bis die Laute der verschiedenen Katzen
zusammen an das Fauchen einer Raubkatze erinnern, das laut
Fox in der Mitte des Labyrinths erklingt. Unkonventionelle
Geräusche wie das Gurgeln des Abwassers und das Schnar -
chen in Cellar sowie Klänge, die er mit einem Geigenbogen
und selbstgemachten Musikinstrumenten erzeugte, erzeug -
ten eine ungewöhnliche Musik, die zugleich sakral und er -
hebend war. Dieses Werk enweckt das starke Gefühl, alle
an Zeit und Form gebundenen existentiellen Realitäten zu
transzendieren, ein Prozeß, dem Fox auch mit Hilfe von Levi -
tation, Schlafen, dem Labyrinth und dem Genuß von bewußt -
seinserweiternden Drogen näherzukommen suchte.
Während Fox das Labyrinth in der Öffentlichkeit als psychi -
sche Metapher einsetzte, beschäftigte sich Howard Fried, ein
Mitstreiter aus der Bay Area, mit Gruppendynamik und den
psychologischen Aspekten sozialer Interaktion. In Synchro -
matic Baseball (1971) entwickelte Fried eine psychologische
und visuelle Metapher für gegensätzliche Charaktertypen.
Er lud zwanzig Leute zu einem nächtlichen Baseball-Spiel
ein, das auf einem hell erleuchteten, hochgelegenen Dach
gespielt werden sollte, und zwar mit Tomaten anstelle von
Basebällen. Er nannte die Teams Dommy (für dominant) und
Indo (für indominant). Die Mitspieler wurden weder über die
Bedeutung der Namen noch über Frieds Motive für die Aus -
wahl informiert. Fried, der die Spieler anhand seiner Beziehung
zu ihnen eingeteilt hatte, übernahm die Rolle des Trainers und
Fängers. Die Dommies verhielten sich äußerst diszipliniert und
etablierten schnell eine Machthierarchie, während bei den Indos
weder Führung noch Organisation zu erkennen war. Das Spiel
war zu Ende, als Fried einem Foulball hinterherjagte und durch
eine Dachluke fiel.
Fried hatte bereits zwei Jahre zuvor, 1969, eine dieser für ihn
charakteristischen, psychologisch komplexen Studien realer
Alltagssituationen konzipiert. \nAIIMy Dirty Blue Clothes, das
ursprünglich für die Ausstellung »Pollution« im Oakland Art
Museum im Jahre 1970 entstand, hatte er die Idee, durch das
Zusammenbinden aller seiner schmutzigen blauen Klei -
dungsstücke eine Art Kette zur Abgrenzung der Ausstel -
lungsfläche anzufertigen. Er selbst beschrieb die Installation
unter drei Gesichtspunkten: »Accumulation« (Anhäufung)
befaßte sich mit der Zeit von 1957 bis 1969, vom Kauf seines
ersten langärmeligen Poloshirts in Cleveland bis zu dem Erwerb
von zwei Paar Hosen in Sacramento. In »Establishment« (Auf -
bau) erklärte er, daß er auf Kleidungsstücken bestanden hatte,
weil diese in die Kategorie von Gegenständen gehörten, die
ihn am direktesten berührten, und auf blau, weil dies seine Lieb -
lingsfarbe war. In »Notification« (Mitteilung) erläuterte Fried die
Änderungen, die er in der Installation votgenommen hatte, ins -
besondere die Tatsache, daß alle Kleidungsstücke außer einem
neu angeschafft werden mußten. Diese Arbeit veranschaulicht
Frieds an Absurdität grenzendes Interesse an der Analyse all -
täglicher Geschehnisse, die er in höchst eigenwillige visuelle
Metaphern verwandelte.
Letztendlich war es auch ein Künstler, der Cotton, Fox und
Fried zusammenbrachte-Tom Marioni. Als Kurator des Rich-
mond Art Center von 1968 bis 1971 und Gründer des Museums
für Conceptual Art in San Francisco 1970 war Marioni maß -
geblich daran beteiligt, der eigenständigen, psychologisch und
politisch geprägten, konzeptorientierten Performance-Kunst
94 Terry Fox, Interview mit Robin White, in: View, 2,3, Juni 1979, S. 20.
Tom Marioni, First Floor, Breens, The Saloon of the Museum of Conceptual Art (Erdgeschoß, Breens,
Die Kneipe im Museum of Conceptionai Art), 1973, 75 Third Street, San Francisco
der Bay Area größere Anerkennung zu verschaffen. Am
bekanntesten wurde Marioni alierdings durch The Act of Drin -
king Beer with Friends is the Highest Form of Art, ein Event,
den Marioni für den Abend des 26. Oktober 1970 im Oakland
Art Museum organisiert hatte. Ann Goldstein berichtet: »An
einem Montagnachmittag, als das Museum für die Öffentlichkeit
geschlossen war, lud er eine kleine Gruppe von Freunden ins
Museum zum Biertrinken ein. Das Werk bestand aus den
beiden Aktivitäten Biertrinken und Quatschen. Das, was
zurückblieb (leere Bierdosen, Zigarettenkippen, geschmol -
zenes Eis usw.) wurde einen Monat lang als Dokumentation
des Events ausgestellt. Nach der Uraufführung und der Aus -
stellung im Oakland Art Museum wiederholte Marioni diese
Arbeit noch mehrere Male.“®
Um 1972 entwickelte Marioni, der ais Jugendlicher Geige -
spielen gelernt hatte, eine Methode, Geräusche als skulp-
turales Material einzusetzen. Rhythmische Schläge mit
Trommelschlegeln auf Papier ergaben beispielsweise eine
Zeichnung, die als Aufzeichnung einer Aktion gelten konnte.
Als er 1972 von der Richard de Marcos Galerie in Edinburgh,
wo Beuys die Ceftic (Schottische) Symphonie aufgeführt hatte,
zurTeilnahme an einer Gruppenausstellung eingeladen wur -
de, zeichnete Marioni mit einer Reihe von Bleistiftlinien seine
Körpergröße im Zuge der Bewegung des Aufstehens aus der
Flocke nach. Diese Arbeit ist Marionis größte als Dokumen -
tation einer gestuellen Performance entstandene Zeichnung.
Marionis bedeutendstes künstlerisches Vermächtnis be -
steht möglicherweise jedoch in seiner Arbeit als Kurator.
Obwohl er diese Arbeit nicht als Kunst ansah, machen Werke
für das Richmond Art Center und das Museum of Concep -
tual Art deutlich, daß nur ein Künstler diese Art von Projek -
ten hat initiieren können. Diese Aktivitäten hinterließen zwar
nicht so traditionelle Spuren wie seine Werke auf Papier,
sie sind nichtsdestotrotz aber unauslöschlich mit der Ge -
95 Ann Goldstein, »Tom Marioni«, in: Goldstein and Anne Rorimer,
Reconsidering the Object of Art 1965-1975, Ausst.-Kat., MOCA,
Los Angeles 1995, S.172.
schichte der Kunst der Bay Area in den siebziger Jahren ver -
knüpft.
Wie viele andere Künstler dieser Ausstellung schuf Mike Kel-
ley sein erstes performatives Werk, als er noch studierte - in
seinem Fall am California Institute of the Arts in Valencia. In
seinem Abschlußsemester fertigte Kelley eine Reihe von
Demonstrationsobjekten an, die er in kurzen Stücken einsetzte.
Diese Arbeiten befaßten sich mit dem populären Thema der
umgekehrten oder verkehrten Perspektive, sowohl in bezug
auf auditive als auch auf visuelle Phänomene. Am 4. März 1978
wurde Perspectaphone (1977-78) im LAGE in Los Angeles
uraufgeführt. Timothy Martin beschreibt die Performance fol -
gendermaßen: »Es handelt sich um eine moderate, aber ein
wenig an Dr. Erwin Corey erinnernde Lektion mit zwei Mega -
phonen, eines davon tragbar, das andere etwa 2,5 m lang,
wobei die Prinzipien der perspektivischen Verkleinerung und
der Tonverstärkung vermengt werden. Kelley schreit in das
Handmegaphon, um zu demonstrieren, daß es >in der Nähe
des Mundes am lautesten ist<, und fügt hinzu: >lhr hört es nicht
lauter: Ich führe euch an der Nase herum>. Er malt die
Umrisse des Megaphons als perspektivische Zeichnung auf
eine in der Nähe befindliche Tafel und fügt kleine und große
Striohmännchen an den jeweiligen Enden hinzu.« Martin fährt
fort: »Dann erklärt er: >Die große Person ist nah, sie hat eine
große Stimme: die kleine ist weit weg, sie hat eine kleine
Stimme.' Dann bringt ein Assistent (oder »Handlangen, wie
Kelley ihn nennt, heute ist es Donald Krieger) das riesige
Megaphon und einen Stuhl herein. Er nimmt das weite Ende
des Megaphons und setzt sich hin, um ein ausuferndes, legas -
thenisches Quiz über sich ergehen zu lassen, das die Logik
des Perspectaphons demonstriert.«*
Damals interessierte sich Kelley besonders für die amerikani -
sche Geschichte. Am 15. Juni 1979 führte er eine Performance
mit dem Titel The Monitor and the Merhmac vor, die von der
96 Timothy Martin, »Janitor in a Drum: Excerpts from a Performance
History«, in: Eiisabeth Sussman, Mike Keiiey, Catholic Testes,
Ausst.-Kat., Whitney Museum of American Art, New York 1993,
S.57,59.
115
Tom Marioni, Drum Brush Drawing (Trommelbürsten -
zeichnung) 1973. Mit freundlicher Genehmigung des
Künstlers, der Galerie Paule Anglim, San Francisco, sowie
der Margarete Roeder Gallery, New York
Tom Marioni Drawing a Line as Faras I can
Reach (Ich ziehe eine Linie, so weit ich reichen
kann), 1972. Mit freundlicher Genehmigung des
Künstlers, der Galerie Paule Anglim, San Fran -
cisco, sowie der Margarete Roeder Gallery, New
York
116
Mike Kelley. Spirit Collector (Seelenempfänger), Photo der Performance, 1978, L.A.C.E.,
Los Angeles. Privatsammlung
Mike Keiiey, Spirit View (Seelenansicht), Photo der
Performance, 1978, L.A.C.E. (mit Don Krieger),
Abspielen von Geräuschen (Röhrenmusik), die vom
Spirit Coilector (Seelenempfänger) aufgenommen
wurden
117
Mike Kelley, Indianana, Photo der Performance (mit Tony Oursler),
1978, L.A.C.E., Los Angeles
Panzerschiffschlacht im amerikanischen Bürgerkrieg aus -
ging. Dazu schreibt Martin: »Flankiert von zwei Assistenten,
die mit Trommel und Dose das Donnern und Krachen von Kano -
nenkugeln auf Eisen nachahmen, steht Kelley mit gespreiz -
ten Beinen hinter einem Eimer. Über den Waden trägt er eine
Art erweiterte Flosenbeine aus Müllsäcken, die mit Schnüren
an seinem Gürtel befestigt sind. Diese merkwürdigen Flosen-
schützer, die ein wenig an Matrosenhosen, eher aber an ein
Flasher-Outfit erinnern, werden während der lautstarken
Ouvertüre an den Schnüren hochgezogen, und zum Vorschein
kommt an einem Bein eine Merrimac und am anderen eine
Monitor aus Pappe. Auf den Fl in weis, daß der Geschützturm
der Monitor in der Schlacht nicht funktionierte und das
Fensterchen mit eisernen Rolläden verschlossen war, folgt ein
Vortrag über räumliche und zeitliche Desorientierung. Mit
Augenbinde und Blindenstock imitiert Kelley den >sich wie wild
drehenden«, völlig ■desorientierten« Geschützturm und versucht,
seine Position zu bestimmen: ‘Monitor ist im Norden, Merri -
mac im Süden. Aber zwei Himmelsrichtungen sind noch offen.
Was ist im Osten und was im Westen?«
In Indianana, das am 29. September 1978 im LAGE aufgeführt
wurde, benutzte Kelley das Modell eines spiralförmigen
Forts, das zum Schutz der Siedler im Indiana Territory diente,
sowie Zeichnungen von Bienenwaben dazu, um die Art von
Gemeinschaft und zentraler Kontrolle, die an den Besied -
lungsgrenzen häufig zu finden war, zu veranschaulichen. Mit
dem Megaphon erläuterte er, wie sich Indianer und Siedler ver -
hielten. Während es in seinen früheren Werken um räumliche,
perspektivische und klangliche Desorientierung gegangen war,
setzte sich Kelley in Indianana mit den komplizierten Struktu -
ren sozialer Hierarchie auseinander. Wie die meisten Künst -
ler in dieser Ausstellung beschäftigte er sich nur für eine
begrenzte Zeit mit der Performance und nutzte sie als Inspi -
rationsquelle für Ideen, die in späteren Werken zum Tragen
kamen.
Für die Mehrzahl der Künstler in dieser Ausstellung stand die
Performance als Quelle kreativer Aktivität am Anfang ihrer Lauf -
bahn. Die Performance, die im Objekt Gestalt annahm, be -
freite das Denken der Künstler von den Fesseln der Tradition
und ermöglichte ihnen, sich mit so spannungsgeladenen
97 lbid.,S.61,63.
119
Mike Kelley, Indianana, Photo der Performance, 1978, L.A.C.E., Los Angeles
Themen wie Zerstörung, Sterblichkeit und den schmalen Gren -
zen zwischen Leben und Tod auseinanderzusetzen. Sie er -
möglichte die Entlarvung von Systemen und Strukturen, die
ein falsches Gefühl der Sicherheit in einer Welt vermittelten,
die sich stets im Fluß befindet. Und sie ermöglichte ihnen
schließlich den Sprung in die Leere - ein beispielloser Akt, der
jenen durch Verzweiflung beeinträchtigten Optimismus ver -
körpert, der so charakteristisch istfürdie Zeit, in derwirleben.
Kazuo Shiraga, Dozo ohairi kudasai (Bitte eintreten), 1955
121
Shinichiro Osaki
KÖRPER UND ORT:
Japanische Aktionskunst nach 1945
Zeitgenössische Kunst aus Ländern, die nicht dem
europäischen oder amerikanischen Kuiturkreis ange -
hören, hat in den letzten Jahren zunehmend das Interesse
der Öffentlichkeit erweckt. Immer mehr Museen zeigen
Ausstellungen, deren Schwerpunkt auf asiatischer, afrika -
nischer oder lateinamerikanischer Kunst liegt, und Kunst -
zeitschriften berichten mittlerweile regelmäßig über die
neuesten Entwicklungen in diesen Gebieten. Wie schon
Edward E. Said in seinem Werk Orientalism beschrieb,
dienten nicht-euroamerikanische Kulturen in Europa und
Amerika bisher jedoch stets als bloßer Spiegel, der die
Richtigkeit und Überlegenheit der eigenen Kultur be -
stätigte, und so sind bei diesem Phänomen gewiß auch
politische Gesichtspunkte mit im Spiel. Auch die laufende
Ausstellung, die einen internationalen Überblick über
die verschiedenen Aspekte der Aktionskunst der Nach -
kriegszeit bietet, kann sich den Auswirkungen einer
solchen Politik nicht entziehen.
Die japanische Kunst der Nachkriegszeit, die aus der
Aktionskunst hervorging, unterscheidet sich von einem
großen Teil der Kunst der Moderne in zweierlei Hinsicht.
Zum einen hat sich der Ort ihrer Entstehung von Europa
oder Amerika in den Fernen Osten verschoben, zum
anderen weicht sie von den formalistischen Konventio -
nen ab, die den überwiegenden Teil der Kunst nach dem
Zweiten Weltkrieg prägten.
Für die Geschichte der modernen Kunst in Japan sind
diese beiden Faktoren von entscheidender Bedeutung.
Wie neuere Ausstellungen gezeigt haben, ist die japani -
sche Kunst der Nachkriegszeit weder eine Imitation
europäischer oder amerikanischer Strömungen, noch
läßt sie sich deren Theorien unterordnen, sondern hat
sich nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickelt.''
Es ist interessant, daß die Beziehung zwischen Künstler
und Aktion - ein zentrales Thema im künstlerischen
Schaffen zahlreicher Gruppen und Künstler der fünfziger
und sechziger Jahre - auch in der zeitgenössischen
1 Es gibt eine Reihe neuerer Pubiikationen, die sich systematisch mit
der japanischen Kunst der Nachkriegszeit beschäftigen:
Dada in Japan: Japanische Avantgarde 1920/1970, Ausst.-Kat.,
Düsseldorf 1984.
Reconstnjctions: Avant-Garde in Japan 1945-65, Ausst.-Kat.,
Oxford 1985.
Japan des Avant-Gardes 1910-1970, Ausst.-Kat., Paris 1986.
Japanese Art After 1945: Scream Against the Sky, New York 1994.
japanischen Kunst eine wichtige Rolle spielt. Die lang als
selbstverständlich hingenommene Vorreiterstellung der
amerikanischen Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg muß
neu überdacht werden; eine Suche nach dem verborge -
nen Potential der japanischen Kunst der Nachkriegszeit
am Beispiel Aktionskunst bedeutet, die Moderne an sich
einer grundlegenden Kritik zu unterziehen.
So gesehen, muß die japanische Kunst nach 1945 im
Zusammenhang mit zwei wichtigen Bewegungen be -
trachtet werden, deren Ursprung in Osaka bzw. Tokio
lag: die Gutai-Kunstvereinigung (Gutai Bijutsu Kyokai, im
folgenden als »Gutai« bezeichnet), die 1954 in Ashiya, in
der Nähe von Osaka gegründet wurde, und die Künstler -
gruppen, die aus den »Yomiuri Independant«-Ausstel-
lungen, die in den sechziger Jahren im Tokyo Metropoli -
tan Art Museum stattfanden, hervorgingen. So sehr sich
diese Gruppen in bezug auf ihre Aktionen auch ähnelten,
so existierte doch nahezu kein Kontakt zwischen den
beiden, und die Umstände, die sie zur Aktionskunst führ -
ten, waren völlig unterschiedlich.2 Obwohl beide Strö -
mungen bisher oft mit den japanischen Traditionen von
Zen, Shintoismus und Ukiyo-e in Verbindung gebracht
wurden, muß eine kritische Diskussion ihrer Aktivitäten
aus zeitgenössischer Sicht und auf der Basis von Tat -
sachen erfolgen. Statt Bedeutung und Einzigartigkeit
ihrer Aktionen im Licht der Vergangenheit zu betrachten,
sollten diese vielmehr in den Kontext der Kunst, die zu
dieser Zeit in Europa und Amerika entstand, gestellt
werden.
Die japanische Niederlage im Zweiten Weltkrieg hinter -
ließ auch in der japanischen Kunstszene ihre Spuren:
Jirö Yoshihara, die später führende Persönlichkeit der
Gutai-Gruppe, erinnert sich an diese Zeit: »Obwohl ich
solche Bilder malte, dachte ich damals, daß sich in der
Kunst irgendetwas, eine völlig neue, bahnbrechende
Idee, die vor dem Krieg unvorstellbar gewesen wäre,
entwickeln mußte, wie Dada nach dem Ersten Welt-
2 Einige Kontakte bestanden jedoch. Die Gutai-Gruppe stellte 1955
auf der 7. »Yomiuri Independant«-Ausstellung aus, und alle Mit -
glieder der Gruppe signierten ihre ausgestellten Werke mit »Gutai«.
Als die Künstler aus dem Umfeld der »Yomiuri Independant« 1962
auf Einladung der Kyushu-ha nach Kyushu kamen, machte Takumi
Kazekura in Osaka Station und besuchte die Gutai Pinakotheca.
Sein Angebot, dort spontan eine Aufführung zu improvisieren, wur -
de abgelehnt. Diese Episode findet sich in der unten aufgeführten
Publikation und deutet an, daß der Gutai in den sechziger Jahren
für junge Künstler bereits eine Institution war. »Special Issue, Taku -
mi Kazekura«, in: Kikan 12, Kaicho-sha, 1981, S. 14.
122
Michio Yoshihara, Malen mit einem Fahrrad, 1956
krieg.«3 In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ent -
brannte in Tokio, wo sich ständig neue Künstiergruppen
formierten und wieder aufiösten, eine heiße Diskussion
über die Rolle, die die Künstler im Krieg gespielt hatten.
Der soziale Realismus, dem es trotz seiner Popularität an
innovativen, ausdrucksstarken Ideen fehlte, galt damals
als Hauptströmung der Kunst. In der Kunstszene der
Kansai-Region (einschließlich den drei größten Städten
Osaka, Kyoto und Kobe) hingegen war von dieser chao -
tischen Situation nicht viel zu spüren. Die Künstler der
Gutai-Gruppe fanden hier somit die idealen Vorausset -
zungen für die Verwirklichung ihrer »epochemachenden
Idee in der Malerei«.
In Kansai experimentierte zu dieser Zeit eine Reihe von
Künstlergruppen und Formierungen auf ihrer Suche
nach neuen Ausdrucksformen mit diversen Medien. So
wurde z. B. 1952 das Genbi Contemporary Art Council
{Gendai Bijutsu Kondankai) gegründet. Junge und eta -
blierte Avantgarde-Künstler aus der Kansai-Region tra -
fen sich einmal im Monat zu einer Diskussionsrunde und
organisierten insgesamt drei Ausstellungen, an denen
sehr unterschiedliche Künstler teilnahmen: Yoshihara
und Waichi Tsutaka, die damals zu den bedeutendsten
abstrakten Malern der Kansai-Region zählten; junge
Künstler, die später den Kern der Gutai-Gruppe bilden
sollten; Shiryu Morita, der nicht nur auf japanische, son -
dern auch auf amerikanische Maler großen Einfluß aus -
übte; eine Gruppe innovativer Kalligraphen wie Yuichi
Inoue und Sogen Eguchi, die mit Morita die treibende
Kraft hinter einer Avantgarde-Bewegung in der Kalligra -
phie darstellten, und schließlich Vertreter neuer Formen
in der Plastik und Architektur. Des weiteren traf sich
noch eine ganze Reihe von anderen Künstlern aus den
verschiedensten Bereichen - Design, Keramik und Ike -
bana -, wobei der Ideenaustausch und die gemeinsame
Genbi-Ausstellung im Vordergrund standen. Morita und
Inoue gründeten 1952 Bokujinkai, eine avantgardistische
Kalligraphengruppe, die die Zeitschrift Bokubi heraus -
gab. Diese enthielt eine Leserrubrik namens »alpha«, in
der kalligraphische Werke veröffentlicht wurden, die
Kreativität vor Konvention stellten. Dort gingen auch
Werke von mehreren jungen Künstlern, die sich später
der Gutai-Gruppe anschlossen, ein, und Yoshihara und
andere entschieden, welche Beiträge veröffentlicht wur -
den. Dieses anregende kulturelle Umfeld der Kansai-
Region in den fünfziger Jahren bildete den Nährboden
für die unkonventionellen, innovativen Ideen der Gutai-
Gruppe.
Jirö Yoshihara wurde 1905 in Osaka als Sohn eines
führenden Speiseölfabrikanten geboren. Er zählte zur
ersten Generation abstrakter Maler in Japan und gehör -
te zu den prägenden Persönlichkeiten der Kunstszene in
Kansai nach dem Zweiten Weltkrieg. Junge Künstler wie
Shözö Shimamoto und Tsuruko Yamazaki scharten sich
damals um Yoshihara. In der Folge kamen sich die
Künstler durch verschiedene Ausstellungen wie die
»Genbi-Exhibition«, die »Avant-Garde Exhibition by
Young Artists« im Jahre 1954 und die »Ashiya City Exhi -
bition«, eine radikale, öffentlich zugängliche Ausstellung,
die Yoshihara ausgewählt hatte, näher. Daraus entstand
die Gruppe, die als »Gutai« bekannt werden sollte. Da
die Gründung weder auf ein Manifest noch auf eine ein -
zelne Ausstellung zurückgeht, ist das genaue Grün -
dungsdatum unklar, es scheint aber, daß die Künstler
sich ab etwa Mitte 1954 als Gruppe begriffen und sich
den Namen Gutai Bijutsu Kyokai gaben. Ihr erstes Pro -
jekt war eine Zeitschrift, die den Namen der Gruppe trug.
Zwischen 1955 und 1965 erschienen vierzehn Ausgaben
von Gutai mit Berichten über Aktivitäten und Ausstellun -
gen der Gruppe. In den ersten drei Ausgaben waren
3 Jirö Yoshihara, »Waga kokoro no jijo-den« (Autobiographie meines
Herzens), in: Kobe Tageszeitung, 9. Juii 1967.
Saburö Murakami, Boru de kaita sakuhin (Werk, das
durch das Werfen eines Balls gemalt wurde), 1954.
Privatsammlung
Überschriften und Zusammenfassungen auf englisch,
ein deutlicher Hinweis darauf, daß die Zeitschrift sich
auch an Leser außerhalb Japans richtete. Shiryu Mori-
ta verfolgte dieselbe Strategie mit seiner Zeitschrift
Bokubi, die mit französischen Texten erschien. Es ist
interessant, daß es zu dieser Zeit zwei Zeitschriften aus
der Kansai-Region gab, die bewußt die Kommunikation
mit anderen radikalen Denkern auf der Welt suchten und
an Künstler und Kritiker in anderen Ländern geschickt
wurden. Nach dem Tod von Jackson Pollock fand man
die zweite und dritte Ausgabe von Gutai in seinem
Atelier, es ist jedoch ungeklärt, wie er dazu kam.'f Die
zweite Ausgabe stellte neben Arbeiten von Kindern Wer -
ke vor, die mit Hilfe chemischer Reaktionen entstanden
waren, die dritte beschäftigte sich mit der ersten Open-
Air-Ausstellung der Gutai-Gruppe, von der noch die
Rede sein wird. Die dritte Ausgabe enthielt außerdem
Kazuo Shiragas radikalen Aphorismus zur Aktion, jedoch
nur auf japanisch, so daß es unwahrscheinlich ist, daß
Jackson Pollock direkt davon beeinflußt wurde. Man
sollte den Einfluß der Zeitschrift dennoch nicht unter -
schätzen - durch die vielen Abbildungen und den eng -
lischen Text waren die frühen Aktivitäten der Gruppe
leicht nachzuvollziehen.
Die erste Ausgabe von Gutai erschien 1955 und stellte
Werke der achtzehn Gründungsmitglieder vor, über -
raschenderweise handelte es sich dabei aber meist um
gemäßigte abstrakte Malerei. Doch Yoshihara, der als
äußerst anspruchsvoller Lehrer galt, hielt die jungen
Künstler dazu an, etwas völlig Neuartiges zu schaffen.
Nicht wenige der ursprünglichen Gründungsmitglieder,
und interessanterweise gerade die Künstler, die auf der
Malerei als ihrem bevorzugten Ausdrucksmedium be -
händen, verließen die Gruppe schon bald wieder.
An ihre Stelle traten die vier Mitglieder der Gruppe Zero
(Zerokai) - Kazuo Shiraga, Saburö Murakami, Atsuko
Tanaka und Akira Kanayama. Sie hatten ursprünglich
einer akademischen Künstlerorganisation angehört,
dann aber mit zunehmender Radikalität eine separate
Gruppe mit dem Namen Zero gegründet. Festzuhalten
ist allerdings, daß alle vier ihre eigenen unverwechsel -
baren künstlerischen Vorgangsweisen bereits entwickelt
hatten, als sie Gutai beitraten. 1954 hatten sie in
4 Francis V. O'Connor, E. Victor Thaw (Hrsg.), Jackson Pollock:
fit Catalogue Raisonne ofPaintIngs, Drawings, and Other Works,
New Haven 1978, Bd.4, S.197.
;,is
den Schaufenstern eines Warenhauses in Osaka eine
Ausstellung inszeniert, bei der Shiraga sein Bild mit den
Füßen »malte«, Murakami einen farbgetränkten Ball an
eine Leinwand warf und Kanayama ein Bild austeilte, das
sich einer sehr vereinfachten Form Mondrianscher Ab -
straktion bediente. Kontakte zu anderen jungen Künst -
lern des Gutai bestanden bereits, und bald danach
schlossen sich die Künstler auf Geheiß Yoshiharas der
Gutai-Gruppe an. Mit dem Beitritt dieser vier Künstler
erhöhte sich das radikale Potential der Gruppe deutlich.
Diese Radikalität war erstmals im Juli 1955 in der »Expe -
rimentellen Freiluftausstellung Moderner Kunst zur Her -
ausforderung der Sengenden Sonne des Hochsommers«
(Manatsu no taiyo ni idomu yagai modan ato jikken ten)
am Ufer des Flusses Ashiya zu spüren. Sponsor dieser
wegweisenden Open-Air-Ausstellung war die Ashiya
City Art Association, in der Yoshihara vertreten war. Im
Mittelpunkt der Ausstellung, in der sich bereits die
Ankunft der Aktions- und Objektkunst ankündigte, stan -
den die Mitglieder des Gutai: Ein axtschwingender
Kazuo Shiraga errichtete einen Kegel aus rotbemalten
Holzklötzen; Saburö Murakami zertrampelte und zerriß
einen hingeworfenen Bogen Teerpappe; Atsuko Tanaka
breitete ein rosafarbenes Leintuch auf dem Boden aus;
Sadamasa Motonaga, ein neues Mitglied, das sich der
Gruppe zu diesem Anlaß angeschlossen hatte, hängte
Plastiktüten mit buntgefärbtem Wasser an die Bäume,
124
während Tsuruko Yamazaki miteinander verbundene
Biechpiatten aufhängte und Michio Yoshihara Objekte
präsentierte, die aus Müil gefertigt waren. Mit ihren bun -
ten Werken aus äußerst stabiien Materiaiien, denen die
Hochsommersonne nichts anhaben konnte, steiite die
Aussteiiung zu dieser Zeit etwas Niedagewesenes dar.
Yozo Ukita beschrieb das Ereignis in der baid darauf
erscheinenden dritten Ausgabe von Gutai folgender -
maßen; «Bei dieser Open-Air-Aussteliung haben wir
weder versucht, die Natur zu überwinden, noch sie her -
auszufordern. Sie ist ja schiießlich etwas Heterogenes...
Wir woilten herausfinden, wie wir in dem vorgegebenen
Kiefernwald existieren können, und setzten begeistert all
unser Wissen über Form ein, und auch unsere Körper,«5
Im Oktober des gleichen Jahres fand die »First Gutai
Exhibition« (Daiikkai Gutai bijutsu ten) im Ohara Kaikan
in Tokio statt. Die Wahl von Tokio als Ort für die erste
Ausstellung - wie zuvor die Tatsache, daß die Zeitschrift
ins Ausland verschickt wurde - zeigt, daß die Gutai-
Gruppe die Welt auf ihre Aktivitäten aufmerksam
machen wollte. Auf der ersten Ausstellung wurden zwei
Aktionen aufgeführt: Saburö Murakamis Zerreißen von
Papier (Kami wo yabureru) und Kazuo Shiragas Kämpfen
mit Schlamm (Doru ni idomu), die heute beide zur
Legende geworden sind. Etwa eine Woche vor der Aus -
stellung fuhren sieben Gutai-Künstler nach Tokio, um
sich mit dem Ort vertraut zu machen, ihre Ideen zu über -
denken und sich auf das Ereignis vorzubereiten. Am
ersten Tag der Ausstellung brach Murakami mit seinem
Körper durch auf Rahmen gespanntes Packpapier, und
Shiraga, nur mit einer Unterhose bekleidet, kämpfte sich
durch eine Tonne Lehm, die im Hof aufgehäuft war. Man
darf nicht vergessen, daß hinter den Aktionen der Künst -
ler letztendlich die Absicht stand, Bilder zu schaffen:
Murakami stellte seine zerrissene Leinwand im Flur auf,
und Shiraga sah die Formen im Lehm, die er hinterlas -
sen hatte, als seine Werke an.« Diese beiden Aktionen
machten die Ausstellung berühmt, zu sehen waren aber
auch einige Bilder von Jirö Yoshihara und anderen Mit -
gliedern. Diesen Bildern wurde in ihrer Betonung der
5 Yozo Ukita, »Manatsu no taiyo ni idomu yagai modan ato jikken
ten« (Experimentelle Freiluftausstellung Moderner Kunst zur
Herausforderung der Sengenden Sonne des Hochsommers), in:
Gutai, 3, 20. Oktober 1955, S. 2.
6 Transkription meines Interviews mit Kazuo Shiraga v. 10. Juü
1985, in: Document Gutai 1954-1972, Ashiya 1993, S.381.
Saburä Murakami, Isshun ni shi te rokko no ana wo akeru (Gleichzeitige Öffnung von sechs Löchern), 1955
126
Kazuo Shiraga, Doru ni idomu (Kämpfen mit Schlamm), 1955
Materialität eine gewisse Ähnlichkeit zum Informel, das
sich später in Europa entwickeln sollte, nachgesagt. Die
Gutai-Gruppe, deren prägende Persönlichkeit der Maler
Jirö Yoshihara war, zielte also nicht von Anfang an auf
Aktion und Objekt ab.
Allan Kaprow bezeichnete diese beiden Aktionen in sei -
nem berühmten Buch Assemblage, Environments and
Happenings später als Vorläufer des Happenings.^ Das
Buch erschien elf Jahre später (1966), und die beiden
obenerwähnten Aktionen gingen seinem eigenen ersten
Happening um zwei Jahre voraus. Vielen Kritikern, die
die Ausstellung besuchten, fehlte es an geeignetem
Vokabular, um die Aktivitäten zu beschreiben, und so tat
man sie schließlich als Wiederholung von Dada ab. Ein
Kritiker erinnert sich deutlich an diese Ratlosigkeit:
»Damals kannten wir nur das traditionelle Konzept von
Form, und es fehlte uns an Parametern zum Verständnis
solcher Arbeiten. Unsere Verblüffung hätte nicht größer
sein können, wenn wir Marsmännchen gesehen hätten.«s
Obwohl die Ausstellung von der etablierten Kunstszene
in Tokio ignoriert wurde, interessierte sich die Zeitschrift
Life dafür und schickte Photographen nach Tokio. Für
diese wurde im April 1956 eigens eine »One-Day Out-
door Exhibition« (Ichiniki dake no yagai ten) in einer Rui -
ne am Ufer des Flusses Muko und in der Speiseölfabrik
der Familie Yoshihara inszeniert. Kazuo Shiraga fertigte
eine neue Version seines Holz-und-Axt-Stücks an, und
Kazuo Shiraga (links), Hiroshi Yamazaki (vorne auf dem Boden),
Akira Kanayama (rechts), Installationsphotographie von der
"First Gutai Exhibition«, 1955
Sadamasa Motonaga hängte seine Objekte mit gefärb -
tem Wasser auf. Life publizierte die Geschichte leider
nie, aber die Photos von der Ausstellung kamen ins
Gutai-Archiv. Schon im Juli des gleichen Jahres fand die
zweite »Outdoor Exhibition« (Gutai yagai bijutsu ten) am
Ufer des Ashiya-Flusses statt. Dieses Mal luden Werke
von Shimamoto und Murakami das Publikum zur Partizi -
pation ein, zwischen den Kiefern waren groteske Objek -
te von Shiraga und Konzeptkunst von Kanayama auf -
gestellt, und nachts beleuchtete Atsuko Tanakas riesige,
mit Glühbirnen dekorierte Figur Bühnenkostüm den Ort.
Im Vergleich zu der Ausstellung davor waren die Werke
deutlich größer geworden, so auch ein überdimensio -
nales Bild von zehn mal zehn Metern von Shözö Shima -
moto, der ein Vinyltuch zwischen zwei Kiefern aufge -
spannt hatte und mit einer Spielzeugkanone Farbe
darauf schoß.
Bei dieser Ausstellung wurde deutlich, daß die Künstler
der Gutai-Gruppe begonnen hatten, sich für Action
painting zu interessieren. Shimamoto erinnert sich, daß
Yoshihara Action painting als Weg begriff, sich von
Mondrian, dessen Stil zu dieser Zeit als Höhepunkt
der Abstraktion galt, zu lösen. Yoshihara sah hier eine
Möglichkeit, der Malerei die zeitliche Komponente hinzu -
zufügen, die bei Mondrian fehlte. Diese Inspiration ver -
dankte er anscheinend der Kalligraphie des Zen-Prie -
sters Nantembo, die er in einem Tempel in Nishinomiya
7 Allan Kaprow, Assemblage, Environments and Happenings, New
York 1966.
8 Ichiro Haryu, »Sengo Bijutsu Seisuishi« (Das Auf und Ab der
Nachkriegskunst), in: Tokyo Shoseki, 1979, S. 98.
9 i
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P 9
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127
Atsuko Tanaka, Elektrisches Kleid mit
Zeichnungen, 1956
Atsuko Tanaka, Zeichnung für Elektrisches Kleid, 1956.
Hyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
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128
Kazuo SKiraga, der Künstler malt mit den FüRen, 1956
Shozo Shimamoto, der Künstler malt ein Bild,
indem er Farbfläschchen schleudert, 1956
Atsuko Tanaka, Denkifuku (Elektrisches Kleid), 1956.Takamatsu City
Museum of Art
Saburo Murakami, Viele aufgespannte Papierbögen, 1956
gesehen hatte.® Auch Shiryu Morita begann plötzlich,
sich für Nantembos Kalligraphie zu interessieren - es
schien, daß avantgardistische Kalligraphie und abstrak -
te Malerei etwas Unerwartetes gemeinsam hatten.Als
Yoshihara in der Folge Bilder mit einem monochromen.
Zen-artigen Kreis malte, versuchte die Kritik mit allen
Mitteln, eine Verbindung zwischen seinen Werken und
Zen-Praktiken herzustellen. In der Tat wurden nun alle
Künstler des Gutai mit dieser Tradition in Verbindung
gebracht. Die Möglichkeiten, die Yoshihara in der
Kalligraphie gesehen hatte, lagen jedoch in der Form
und nicht in der Philosophie.
So war der Samen des Action painting, der in den Open-
Air-Ausstellungen gesät worden war, aufgegangen, und
in der »Second Gutai Exhibition« (Dainikai Gutai bijutsu
ten), die im Oktober wieder im Ohara Kaikan in Tokio
stattfand, gelangte er bereits zu voller Blüte. Die Aktio -
nen von Shiraga und Murakami bei der »First Gutai Exhi -
bition« im Jahr zuvor hatten die Beziehung zur Malerei
nur undeutlich zum Ausdruck gebracht, in der zweiten
Ausstellung machten viele der Werke bereits deutlich,
daß Aktionen letztlich zur Schaffung von Bildern führen
sollten. In den USA sprach Harold Rosenberg plötzlich
von »Malerei als Arena« und Clement Greenberg von
»Field Painting«.
Die Aktionen wurden zu festgelegten Zeiten veranstaltet,
so daß die Presse anwesend sein konnte, ein Zeichen
dafür, daß den Gutai-Künstlern nicht nur die Werke
selbst, sondern auch der Schaffensprozeß wichtig war,
obwohl man sich damit wiederum dem Vorwurf der
Publicity-Sucht aussetzte. Auf dem Dach warf Shima -
moto Farbfläschchen auf Papierbögen, die er auf dem
Boden ausgelegt hatte. Toshio Yoshida träufelte mit
einer Gießkanne von hoch oben Farbe auf eine Lein -
wand. Murakami arbeitete sich durch eine Reihe von mit
Packpapier bespannten Gestellen, und Shiraga verteilte
mit seinen Füßen Farbe auf der Oberfläche eines
Papiers. Photographien aus dieser Zeit belegen das
riesige Format von Shiragas Werk, das über zwei Meter
9 Transkription meines Interviews mit Shozo Shimamoto
V. 15. Juni 1985, in: Document Gutai 1954-72 (wie Anm. 6).
10 Die explizite Erwähnung von Nantembo und das Protokoll eines
Gesprächs zwischen Shiryu Morita und Yoshihara über Nantem -
bo erschienen in der folgenden von Morita redigierten Sonder -
ausgabe von Bokubi: »Calligraphy of Nantembo«. Bokubi, 14. Juli
1952.
129
130
Sadamasa Motonaga, Mizu (Wasser), 1956
Akira Kanayama, bei der Aufführung von
Der Riesenballon, 1957
1
hoch und sechs Meter lang war. Mit Ausnahme des mit
einer Spielzeugkanone angefertigten Bildes von Shima-
moto für die «Second Outdoor Exhibition« existierten
damals keinerlei Bilder in dieser Größenordnung.
Wie schon in der vorangegangenen Ausstellung wurden
sehr viele Objekte und Bilder gezeigt, die auf Ideen
beruhten, die auf den Open-Air-Ausstellungen auspro -
biert worden waren: Atsuko Tanakas Elektrisches Kleid
(Denkifuku), ein kunstvolles, aus einer Unzahi von Glüh -
birnen gefertigtes Kostüm, erfüllte die Halle mit grellem
Licht, ähnlich wie Bühnenkostüm das Ufer des Ashiya.
Kanayama und Motonagas schufen wundervolle, ihren
Arbeiten auf den Open-Air-Ausstellungen vergleichbare
Arbeiten mit einem Ballon und mithilfe von Röhrchen, die
mit buntgefärbtem Wasser gefüllt waren. Auch die Idee,
sich mit den Elementen - Elektrizität, Wasser, Luft - aus -
einanderzusetzen, stammte von der Open-Air-Ausstel-
lung, und sowohl Tsuruko Yamazakis Blech-Bild als auch
Yasuo Sumis Action painting bezogen sich auf draußen
entstandene Werke. All dies bestätigt die immense
Bedeutung der frühen Open-Air-Experimente für die
Gutai-Gruppe.
Im Mai des folgenden Jahres (1957) fand die bis dahin
radikalste Ausstellung der Gutai-Künstler statt: die «Gut-
ai On-Stage Art Exhibition« (Daiikkai butai wo shiyo suru
Gutai bijutsu ten) in Osaka und Tokio. Yoshihara schrieb
in Gutai, daß auch hier die Open-Air-Ausstellungen eine
wichtige Rolle gespielt hatten: »Es war ein Abenteuer,
sich von der konventionellen Idee des Innenraums als
einzig zulässigem Ort für Ausstellungen wegzubewegen
und sich auf eine offene Weite einzulassen, aber
anscheinend haben gerade solche unter schwierigen
Bedingungen gemachten Erfahrungen die Künstler in
ihrer Kreativität beflügelt. Danach fingen wir an, über die
Theaterbühne als nächstes Projekt nachzudenken.«n
Die Bühnenausstellung war in zwei Teile gegliedert und
enthielt zwölf Szenen, die sich von gewöhnlichen Auf -
führungen wesentlich unterschieden. Neben der Ver -
wendung bereits bekannter Objekte wie des aufge -
blasenen Baiions und des elektrischen Kleids wurden
voneinander unabhängige Aktionen gezeigt, so bei -
spielsweise Sambaso-Ultra Moderner Tanz (Chogendai
sanbaso) mit dem ganz in Rot gekleideten Shiraga als
Kobold, oder Shimamotos Zerstörung der Objekte, die
automatistische Zerstörung von Objekten und Bildern.
Des weiteren waren experimentelle Werke zu sehen, die
Bilder und Geräusche einsetzten und als Vorläufer der
multimedialen Kunst der sechziger Jahre in Amerika
gelten können.
Im Jahre 1957 fand die Gutai-Gruppe auch erstmals
internationale Anerkennung. Michel Tapie, der französi -
sche Kritiker und Begründer der Bewegung des Informel
ou un art autre, wurde durch den japanischen Maler
Hisao Domoto, der in Paris studierte, auf die Zeitschrift
11 Jiro Yoshihara, »Butai wo shiyosuru Gutai bijutsu nitsuite«
(Über Gutai Bijutsu auf der Bühne), Gutai, 7,15. Juli 1957, o.S.
132
Akira Kanayama, Sakuhin (Werk), 1957. Hyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
133
Shözo Shimamoto,
Sakuhin (Werk), 1952.
Hyogo Prefectural Museum
of Modern Art, Kobe.
Yamamura Sammlung
Gutai und damit die Gruppe aufmerksam und begann
sich für ihre Aktivitäten zu interessieren. Da die Zeit -
schrift sich in erster Linie mit den Open-Air-Ausstellun-
gen und Aktionen beschäftigte, dürfte sich Tapie zu
Anfang wohl kaum für die Bilder der Gutai-Gruppe inter -
essiert haben. Als er aber im September 1957 mit
Georges Mathieu in Osaka ankam und dort zum ersten
Mal die Bilder der Gutai-Künstler zu Gesicht bekam, war
er von dem »hohen Niveau ihrer Werke« überraschf^
und sagte: »Ich glaube kaum, daß es im Moment irgend -
wo anders auf der Welt eine Gruppe gibt, die verschie -
dene Künstler mit so stark ausgeprägter Individualität in
einer Gruppe vereint. Ich bin nach Japan gekommen, um
etwas anzuregen und umzusetzen, und stelle fest, daß
es hier schon längst vollendet wurde.«'3
Während Tapie sich wahrscheinlich in der Absicht mit
der Gutai-Gruppe verbündete, die Verbreitung des Infor -
12 Michel Tapie, »Dai ikkai nihon ryoko no seishin-teki kessai sho«
(Erinnerungen an die erste Japanreise), in: Bijutsu Techö,
Oktober 1957, S.101.
mel auf internationaler Ebene voranzutreiben, wurde
sein Lob von den in ihrer Heimat ignorierten und isolier -
ten Gutai-Künstlern als große Ermutigung empfunden.
Danach nahm die Gutai-Gruppe aktiv an von Tapie orga -
nisierten internationalen Ausstellungen teil. Die Ausstel -
lung »International Art of a New Era: Informel and Gutai«
{Atarashi kaiga sekai ten. Anforumel to Gutai-, mit Bildern
von Lucio Fontana, Antoni Täpies, Jackson Pollock,
Franz Kline und anderen), die 1958 nach Japan kam, lie -
ferte schließlich die Gelegenheit, die Ergebnisse des
Gutai Action painting mit Werken von international aner -
kannten Künstlern zu vergleichen. Noch im gleichen Jahr
stellte die Gutai-Gruppe in der Martha Jackson Gallery
in New York aus, die Kritik tat die Bilder jedoch als
Abklatsch des Abstrakten Expressionismus ab.ii
Der Kontakt mit Tapie veränderte auch die Aktivitäten
der Gutai-Gruppe an sich. Tapie, der gleichermaßen als
13 Michel Tapie, »Gutai-ha raisan« (Hommage ä Gutai), in: Gutai, 8,
29. September 1957, o. S.
14 Dore Ashton, »Japan’s Gutai Group«, in: New York Times,
25. September 1958.
134
Akira Kanayama, Sakuhin (Werk), 1958. Museum of Contemporary Art, Tokio. Schenkung des Künstlers
135
Shözö Shimamoto, Sakuhin (Werk). Hyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
136
Kazuo Shiraga, Sakuhin BB21 (Werk BB21). Galerie Georg Nothelfer, Berlin
137
Kazuo Shiraga, Sakuhin II (Werk II). Hyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
138
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Sammler, Kunsthändler und Kritiker aktiv war, kaufte
eine ganze Reihe ihrer Werke und brachte sie nach Euro -
pa. Man darf nicht vergessen, daß die Schaffung von
Bildern für die Gutai-Gruppe seit jeher von zentraler
Bedeutung gewesen war, und daß die Gruppe in den
sechziger Jahren allmählich dazu überging, sich mehr
auf die »Gutai Art Exhibitions« und weniger auf die
Open-Air- oder Bühnenausstellungen zu konzentrieren
(obwohl unter Tapies Einfluß mehrere Happenings orga -
nisiert wurden). Die Malerei rückte mehr und mehr in den
Vordergrund, was Tapies Prioritäten durchaus entgegen -
kam. Nach der Einrichtung der Gutai Pinakotheca in
Nakanoshima, Osaka, im Jahr 1962 verfügten die Gutai-
Künstler über einen ständigen Ausstellungsort, ein wei -
terer Faktor, der der Dominanz der Malerei in ihrem
Schaffen Vorschub leistete.
Mit dem plötzlichen Tod ihres Begründers JiröYoshihara
hörte Gutai 1972 auf, als Gruppe zu existieren. In bezug
auf den Einfluß der Gruppe auf die japanische Aktions -
kunst waren die ersten fünf Jahre ihres Bestehens
(1954-58) am wichtigsten. Das hieß aber keineswegs,
daß die Aktionskunst danach ganz und gar verschwand:
In Tokio machte in den wilden sechziger Jahren ein Hap -
pening nach dem anderen Furore. Unter Yoshiharas
Führung, der in den Werken keine narrativen oder sozia -
len Inhalte duldete, wurden die Gutai-Aktionen zwar
manchmal mit Dada in Zusammenhang georacnt, oocn
enthielten sie weder sozialkritische noch politische
Aspekte, und ihre Aufführung war als rein ästhetisches
Statement gedacht. Für die in Tokio lebenden Künstler
der sechziger Jahre hingegen war die Aktionskunst keine
Frage der Ästhetik, sondern ein Ausdrucksmedium, das
unwiderruflich an gesellschaftliche Fragen gebunden
war.
Die »Japan Independant Exhibition« war eine für alle
interessierten Künstler offene Ausstellung ohne Voraus -
wahl, die von 1949 bis 1963 alljährlich (insgesamt fünf -
zehnmal) im Tokyo Metropolitan Art Museum stattfand.
Um sie von einer anderen Ausstellung gleichen Namens,
die von der Japanischen Kunstgesellschaft (Nihon
Bijutsu-kai) ausgerichtet wurde, zu unterscheiden, wurde
sie allgemein nach ihrem Sponsor, der Yomiuri Zeitung,
als »Yomiuri Independant Exhibition« (Yomiuri andepan-
danten) bezeichnet. Offene Ausstellungen dieser Art
waren zu dieser Zeit in Japan äußerst rar, aber hier zeigte
sich als Folge der Niederlage im Zweiten Weltkrieg ein
demokratisches Fünkchen, das sogar die etablierte
Kunstszene in Japan erfaßt hatte. Die erste Ausstellung
verzeichnete mehr als tausend Teilnehmer, darunter
eine ganze Reihe bekannter japanischer Künstler.
Die Yom/ur/-Zeitung druckte sogar eine Botschaft
von Henri Matisse ab. Bei der dritten Ausstellung 1951
Masunobu Yoshimura, Herrn Sadadas Malzimmer, 1961
waren in einer Sonderabteilung für neue Werke aus dem
Ausland zwei Bilder von Jackson Pollock im Drip-Pain-
ting-Verfahren ausgestellt, eine der frühesten Gelegen -
heiten, seine Werke in Japan zu sehen. Jirö Yoshihara
zeigte sich in Osaka von Pollocks Bildern begeistert - zu
einer Zeit, als Pollocks Werke in Europa und Amerika
noch kaum Anerkennung gefunden hatten.Ende der
fünfziger Jahre zogen sich ältere, bekanntere Künstler
von der jährlichen Ausstellung zurück, statt dessen
dominierten nun jüngere Künstler mit ausgefallenen Wer -
ken die Szene. Ab der zehnten Ausstellung 1958 herr -
schte ein Gefühl chaotischer Euphorie, und in den frühen
sechziger Jahren wurde die radikalste Abteilung der
Ausstellung zu einem Schaufenster der künstlerischen
Avantgarde in Japan.
Im Frühjahr 1960 gewann eine Bewegung gegen die Ver -
längerung des japanisch-amerikanischen Sicherheits -
pakts (Anpo) zunehmend an Stoßkraft, und Tag für Tag
scharten sich mehr als hunderttausend Demonstranten
um das Gebäude der Abgeordnetenversammlung in
Tokio. Am Abend des 15. Juni führte ein Zusammenstoß
zwischen Demonstranten und Spezialeinheiten der Poli -
zei zum Tod der Demonstrantin Michiko Kamba. Durch
einen Zufall waren Shusaku Arakawa, Usahio Shinohara,
Masunobu Yoshimura und andere Künstler an diesem
Abend am Ort des Geschehens.
Die politischen und sozialen Unruhen dieser Zeit liefern
eine Erklärung dafür, warum diese Künstler ästhetischen
Ausdruck und reales Engagement zu verbinden trach -
teten.
Künstler, die bewußt den Kontakt zur Realität suchten,
lehnten den Stil des sozialen Realismus, der damals
maßgebend war, als zu indirekt und nichtssagend ab
und gingen dazu über, reale Gegenstände in ihre Bilder
zu integrieren, Anfangs wurden ihre Werke mit dem Infor -
mel verglichen, aber der Kritiker Shuzo Takiguchi urteilte
bald folgendermaßen: »Man kann diese Arbeiten nicht
mit Gewalt mit den Bildern des Informel gleichsetzen,
der aufgestaute Wunsch nach Ausdruck, der sich auf der
Suche nach einer möglichen Richtung befindet, ist in
diesen Werken vielmehr direkt mit der Aktion verwandt,
das Informel liefert nur eine Möglichkeit.«i^ Wie noch zu
15 Jirö Yoshihara, »Chusho kaiga no bi» (Die Schönheit abstrakter
Gemälde), in: Asahi-Zeitung, 17. Apri\ 1951.
sehen sein wird, befreiten sich die Künstler der »Yomiuri
Independanto-Ausstellung schließlich auch vom Rah -
men der Malerei, was sie grundlegend von der Gutai-
Gruppe unterscheidet, deren Ausdrucksformen allmäh -
lich in der Malerei aufgingen.
Die Künstler der »Yomiuri Independanh-Ausstellungen
integrierten zunächst Alltagsgegenstände (wie Scheuer -
bürsten und Gummischläuche) in ihre Bilder, wurden
aber bald radikaler und wandten sich dem Relief und
Objekt zu. Das rückte ihre Vorgangsweise - die Verwen -
dung von Alltagsgegenständen und die Zerstörung der
Form - in die Nähe der Werke von Allan Kaprow und
Robert Rauschenberg, die den Unterschied zwischen
Leben und Kunst aufzuheben trachteten. Besonders
bemerkenswert ist die Art und Weise, wie die Gruppe die
Technik der Assemblage einsetzte: In Masunobu Yoshi-
muras Herrn Sadadas Malzimmer (1961) dienten zahlrei -
che leere Schnapsflaschen zum Bau seltsam anmuten -
der Möbel. 1962 schuf Yutaka Masuzawa ein fetisch -
artiges Objekt aus aufgehäuftem Müll. Mit der Zeit
ersetzten Arbeiten, die sich auf den ganzen Raum aus -
breiteten, die einzelnen Objekte. In den letzten Jahren
der »Yomiuri Independant«-Ausstellung wurden Werke
wie Natsuyuki Nakanishis Wäscheklammern behaupten
sich im Wirbel (1963), das aus Tausenden über eine
ganze Wand verteilten Wäscheklammern bestand, und
Tetsumi Kudös Verteilungskarte der Impotenz und die
Entstehung einer Schutzhaube im gesättigten Bereich
(1962), ein Raum voller von der Decke herabhängender,
penisartiger Rollen, gezeigt. Diese Tendenz zu immer
größeren und umfangreicheren Werken entspricht ganz
den von Kaprow in seinem Buch Assemblage, Environ -
ments and Happenings analysierten Entwicklungen: Die
Hinwendung der Künstler zur Aktionskunst war unver -
meidlich.
Auf den »Yomiuri Independant“-Ausstellungen wurden
nun bizarre Spektakel gezeigt, die Aktionen und Obszö -
nitäten, Messer, Lärm und frische Lebensmittel ein -
schlossen. Der Konflikt mit der Institution und daraus
resultierende Auflagen von seiten des Museums ließen
nicht lange auf sich warten. Die berüchtigten »Richtlinien
für Ausstellungen im Tokyo Metropolitan Art Museum«
16 Shuzo Takiguchi, »Hyogen no kiki: dal 9 kai Yomiuri andepandan
ten« (Die Krise des Ausdrucks: Die 9.Yomiuri Independant-
Ausstellung), 1957, Nachdruck in: Ten (Po/ntsj, Tokio 1963,
S. 299-300.
140
(rechts und links) Natsuyuki Nakanishi,
Wäscheklammern behaupten sich im Wirbel, 1963
von 1962 untersagten den Gebrauch von verderblichen
Materialien, Messern, Sand usw. und schränkten die
Künstler damit in der Auswahl ihrer Materialien ein. Der
Veranstalter der Ausstellung, die Yomiuh Zeitung, sah
sich 1963 gezwungen, die Veranstaltung nach fünfzehn
Jahren einzustellen.
Die »Yomiuh Independant«-Ausstellungen hatten viele
Gruppen angezogen, deren Hauptmedien Aktionskunst
und Happenings waren. Die Gruppe Kyushu-ha (Kyushi-
Schule), die 1957 in Fukuoka auf der Insel Kyushu im
Süden Japans gegründet wurde, bediente sich von
Anfang an der Straße als Ort für ihre ausgefallenen Akti -
vitäten. Ihre Mitglieder waren auch auf den »Yomiuh Inde-
pendant«-Ausstellungen vertreten und ab 1958 waren
ihre Werke in Galerien des Ginza-Viertels in Tokio zu
sehen. 1962 organisierte die Gruppe ein Happening,
Große Versammlung der Helden, und lud Takehisa Kosugi,
Takumi Kazekura und andere Künstler aus Tokio zum
Momoji Strand in einem Vorort Fukuokas ein. Ihre Aktio -
nen - man setzte ein riesiges Objekt in Brand, kreuzigte
ein Huhn und grub ein gigantisches Loch in den Sand -
waren stark von rituellen Tendenzen und Destruktivität
geprägt.i7
Im April 1960 gründeten die maßgebenden Künstler der
»Yomiuh Independant«-Ausstellungen - Masunobu Yo-
shimura, Ushio Shinohara, Shusaku Arakawa und Takumi
Kazekura - die Gruppe Neo-Dadaism Organizers und
veranstalteten noch im gleichen Jahr drei Ausstellungen.
Bei der ersten Ausstellung in der Ginza-Galerie im April
füllten sie die Galerie mit Müll, zerschlugen in der Galerie
einen Ofen und ein Waschbecken und gingen schließlich
in bizarren Kostümen auf die Straße. Als die Demonstra -
tionen gegen die Erneuerung des Sicherheitspakts
(Anpo) ihren Höhepunkt erreichten und Demonstranten
und Polizei sich täglich neue Schlachten lieferten, hielten
die Künstler unbeirrt Happenings ab. Der Vertrag wurde
17 Vgl. dazu die folgende Publikation über die Kyushu-ha:
Raiji Kuroda, »isetsu: Bijutsu undou to shiteno Kyushu-ha» (Eine
andere Perspektive: Kyushu-ha als Kunstbewegung), in: Group
Kyushu-ha, Fukuoka 1988.
aber trotz des tödlichen Zwischenfalls vom 15. Juni und
trotz heftiger Opposition automatisch vier Tage später
ratifiziert.
Am Abend davor fand als Reaktion auf die politi -
sche Situation in Yoshimuras Atelier die Aktion
Anpo-Episoden-Event statt. Die spärlich bekleideten
Künstler betranken sich und zerstörten in einer Art hoff -
nungsloser Raserei alle Gegenstände, die sich gerade in
der Nähe befanden. Die Aktionen der Gruppe waren so
extrem und so zerstörerisch, daß sich kein einziges Werk
erhalten hat und ihre Events heute nur durch Photogra -
phien belegt werden. Anläßlich ihrer dritten Ausstellung
in der Hibiya Galerie gingen die Künstler auf die Straße.
Yoshimura, in Handzettel für die Ausstellung gewickelt
wie eine Mumie, und Kinpei Masuzawa, der sich eine
Kette aus Glühbirnen auf den Rücken gebunden hatte,
stolzierten durch das Ginza-Viertel, während Shinohara
und andere im Hibiya Park halbnackt eine Aktion in -
szenierten, in der sie mit all der ihnen zur Verfügung
stehenden Kraft Stahlplatten zertrümmerten. Die Gruppe
Neodadaism Organizers stellte sich jedoch, möglicher -
weise aufgrund der mangelnden Ausdauer der Mit -
glieder, als kurzlebig heraus und löste sich nach dieser
Ausstellung auf. Arakawa ging 1961 nach New York
und Tetsumi Kudö, ein weiteres aktives Mitglied der
Gruppe, nach Paris; andere zentrale Persönlichkeiten
wie Shinohara und Yoshimura zog es nach und nach
ebenfalls nach New York. Jeder dieser Künstler hat
seither in seinem neuen Umfeld zu einer eigenen
Ausdrucksform gefunden.
Die Gruppe Zero Dimension (Zerojigeri), gegründet von
Yoshihiro Kato, war in und um Nagoya aktiv und stellte
1963 auf der letzten »Yomiuri Independanh-Ausstellung
aus. Die Mitglieder der Gruppe veranstalteten ein relativ
monotones Happening, bei dem sie nahezu einen
ganzen Tag lang auf Tüchern, die am Boden des Ausstel -
lungsraums aufgebreitet waren, herumlagen. Sie initiier -
ten außerdem regelmäßige, Ritual genannte Straßen-
Happenings, bei denen sie nicht selten gänzlich unbe -
kleidet waren oder nur Gasmasken trugen und bei denen
des öfteren die Polizei einschreiten mußte. Schließlich
konzentrierte sich ihre Energie auf die Weltausstellung,
die 1970 in Osaka abgehalten wurde. Geplant war eine
Reihe von Aktivitäten zur »Zerschlagung der Expo«. Die
Gruppe Ongaku (Musik), die um 1960 von Takehisa
Kosugi, Yasunao Tone und anderen gegründet worden
war, veranstaltete außerdem eine Reihe von improvisier -
ten Konzerten, wurde aber nach ihren Happenings bei
der »Yomiuri Independant«-Ausstellung des Museums
verwiesen.
Etwa zur gleichen Zeit und ohne direkten Kontakt zur
»Yomiuri Independant«-Ausstellung organisierte Tatsu-
mi Hijikata die Ankoku Butoh-ha oder den »Tanz völliger
Dunkelheit«, eine Vorführung düsterer Tanz-Arbeiten,
die von japanischen Ritualen und sexueller Metaphorik
geprägt waren. Natsuyuki Nakanishi und andere Künst -
ler, die an der »Yomiuri Independant«-Ausstellung teil-
nahmen, halfen regelmäßig mit Bühnenbildern aus, und
der Schriftsteller Yukio Mishima schrieb den Text für das
Tetsumi Kudo, Philosophie der Impotenz, 1962
142
Tatsumi Hijikata, Tatsumi Hijikata und die japanische
Revolution des Fleisches, 1968
Zero Dimension, Happening, ohne Titel, 1963
Theaterplakat: »Die Beziehung zwischen Mensch und
Objekt Ist voller tragischer Widersprüche. Entweder ver -
sucht er vergeblich, sich durch seine Bewegungen vom
Boden abzuheben, um das Objekt zu erreichen, oder er
wird in seinen Bewegungen ganz vom Objekt kontrol -
liert.« Um das Jahr 1961 inszenierte Hijikata splitternackt
ein mitternächtliches Happening auf einer Kreuzung im
Ginza-Viertel. Etwa zur gleichen Zeit machte Shuji
Terayama, dessen Stücke das Publikum miteinbezogen,
den Vorschlag, Bühnen auf der Straße einzurichten. Es
war allerdings die Gruppe Hi Red Center, die die
Straßenperformance bewußt als strategische Aus -
drucksform einsetzte.
Die Gründung der Gruppe Hi Red Center 1962 durch Jirö
Takamatsu, Genpei Akasegawa und Natsuyuki Naka-
nishi fiel zeitlich in etwa mit dem Ende der »Yomiuri Inde-
pendant«- Ausstellungen zusammen. Die Künstler waren
bereits für eine Reihe von aktionsorientierten Objekten
bekannt: Takamatsus Schnur, die vom Ausstellungsort
ins Freie führte, Nakanishis Assemblage aus Wäsche -
klammern und die Verpackungswerke von Akasegawa
(der den Neo-Dadaism Organizers angehört hatte) waren
bereits auf der »Yomiuri Independant«-Ausstellung zu
sehen gewesen. Noch bevor sie sich mit ihren Aktionen
als Gruppe begriffen, führten Akasegawa, Tatsumi Hiji -
kata und Takumi Kazekura im August 1962 ein Hap -
pening in einem Gemeindesaal in Kunitachi auf, bei dem
sie vor Publikum eine schier endlose Mahlzeit verzehr -
ten. Im Oktober desselben Jahres stiegen Nakanishi und
Takamatsu, mit selbstgefertigten Objekten beladen, in
die Yamanote Linie in Tokio und inszenierten Hap -
penings im Zug und auf dem Bahnsteig.
Der Name Hi Red Center ist ein englisches Akronym für
die Anfangsschriftzeichen der Namen Takamatsu, Aka -
segawa und Nakanishi. Der Gruppe, die großen Wert auf
18 Dieses Happening wurde im Juni 1966 von George Maciunas
und anderen Künstlern auf der Grand Army Plaza (58th und Fifth
Avenue) in New York wiederaufgeführt. Fast zur gleichen Zeit
und unter dem neuen Titel Hotel Event wurde auch ShelterPlan
die Anonymität ihrer Mitglieder legte, gehörten auch
noch andere Künstler an. Ein Happening der Gruppe,
Miniatur-Restaurant, bestand darin, dem Publikum der
letzten »Yomiuri Independant«-Ausstellung 1963 Essen
auf Spielzeugtellerchen zu servieren. Solche Nachstel -
lungen von Alltagssituationen wurden als »Agitationen«
bezeichnet. Im Mai des gleichen Jahres zeigten die Shin-
juku Daiichi Galerie und die Naika Galerie in Tokio unter
dem Titel »Mixer Plan« eine gemeinsame Ausstellung
der drei Künstler. Im Januar 1964 mieteten sich Mitglie -
der der Gruppe in einem Zimmer im Imperial Hotel ein
und machten lebensgroße Blaupausen von Besuchern;
in Shelter Plan bauten sie ihren eigenen Bunker, und im
Juni präsentierten sie das Happening Grand Panorama,
bei dem sie die Galerie am ersten Tag der Ausstellung
schlossen, um sie am letzten Tag wieder zu öffnen. Im
Oktober warfen sie in Dropping Event Gepäck und
Leintücher vom Dach eines Gebäudes. In Bewegung zur
Förderung der Reinigung des Stadtgebiets (Seid
sauber!) gingen Nakanishi und fünf weitere Mitglieder
während der Olympischen Sommerspiele in Tokio ins
Ginza-Viertel und wischten Gehsteige und Kanaldeckel
mit Lappen ab. Dieses Happening, in dem sie in der
Art der Geisteskranken eine Straßenecke putzten, war
jedoch ihre letzte gemeinsame Aktivität als Gruppe.
(Dieses Event wurde später in New York von Fluxus-
Künstlern wiederholt.)i8
im Hotel Waldorf Astoria in New York wiederaufgeführt.
Bildmaterial dazu erschien in: Thomas Kellein, FLUXUS, London,
1995, S. 61-65.
Jirö Täkamatsu, Die Schnur in der Flasche, 1963
(Mitte und unten) Jiro Takamatsu, Die Tausendmeterschnur, 1963
Hi Red Center, Bewegung zur Förderung der Reinigung des Stadtgebiets (Seid sauber!), 1964
WQND
145
Hi Red Center, Yamanote Linie Event, 1962
Die Happenings der Gruppe Hi Red Center waren reine
und freie Aktionskunst, die sich nicht in Formen materia-
iisierte. in einer Zeit, die von Antikriegsdemonstrationen
und Studenten Protesten geprägt war, nahmen die pro -
vokanten Aktionen der Gruppe auf den Straßen sofort
poiitische Bedeutung an. Die Künstier versuchten zwar
mit viei Raffinement, soiche Assoziationen zu vermeiden
und ihre Aktionen ais reine Kunst zu deklarieren, da sie
aber die Grenze zwischen Leben und Kunst in Frage
stellten, war ein Zusammenstoß mit dem herrschenden
System unvermeidlich. Eine Reihe von Arbeiten, die er
auf einer Einzelausstellung, auf der »Yomiuri Indepen-
dant«-Ausstellung und bei «Mixer Plan« gezeigt hatte,
brachte Genpei Akasegawa 1966 eine Anklage wegen
Geld- und Wertpaplerfälschung, insbesondere eines
Tausend-Yen-Scheins, ein. In dem vier Jahre dauernden
Verfahren, das als »Tausend-Yen-Schein-Prozeß« be -
kannt wurde, wurden zahlreiche Künstler und Kritiker
von der Verteidigung als Zeugen geladen. Es handelt
sich um einen der seltenen Fälle, in dem man in Japan
über ein Kunstwerk zu Gericht saß. Akasegawa wurde
schließlich im Mai 1970 für schuldig befunden. Ange -
sichts der Tatsache, daß es über die Aktionskunst der
sechziger Jahre (abgesehen von Photographien) fast
keine Dokumente gibt, ist es als pure Ironie zu betrach -
ten, daß wir durch die Zeugenaussagen und Protokolle,
die im Zuge des Verfahrens erstellt wurden, über detail -
lierteste staatliche Aufzeichnungen zu den Aktivitäten
des Hi Red Center verfügen.
Die Aktionskunst stand in Japan nach 1945 zweifellos im
Mittelpunkt des Kunstgeschehens, zwischen ihr und der
nachfolgenden Kunst kam es jedoch zu einer gewissen
Entfremdung. Während Jackson Pollocks Gestus bei -
spielsweise von jüngeren amerikanischen Künstlern
unzählige Male wiederholt und neu interpretiert wurde,
bezogen sich jüngere japanische Künstler kaum auf die
Aktionsmalerei der Gutai-Gruppe, nicht einmal im nega -
tiven Sinn. Auch die direkten Aktionen der Gruppe Hi
Red Center hinterließen in der Kunst der nächsten Gene -
ration keine nennenswerten Spuren und wurden von der
Kritik als einmalige Ereignisse angesehen. Meiner Mei -
nung nach liegt der Grund für diese Entfremdung in der
Natur der Aktionen selbst, und so scheint es mir wichtig,
im folgenden genau auf die Besonderheiten einzugehen,
die die Aktionen der Gutai-Gruppe und der Künstler der
»Yomiuri Independant«-Ausstellungen auszeichnen, und
deren theoretischen Hintergrund zu untersuchen.
Obwohl Jirö Yoshihara, die prägende Persönlichkeit der
Gutai-Gruppe, Werken, die auf der Grundlage einer
Theorie entstanden, ablehnend gegenüberstand, blie -
ben die Aktivitäten der Gruppe doch nicht ohne theoreti -
sche Basis. Shiraga und Shimamoto verfaßten beide
radikale Abhandlungen über die Aktionskunst, und Yo -
shihara selbst veröffentlichte in der Dezemberausgabe
der Zeitschrift Geijutsu Shincho sein berühmtes Gutai
Art Manifesto (Gutai bijutsu sengen), in dem er die Theo -
rie des Gutai würdevoll in Worte faßte:
Dank unseres gegenwärtigen Bewußtseins erschei -
nen uns alle bisher bekannten Künste wie affektierter
Schwindel... Die Kunst des Gutai verändert das Material
nicht, sie haucht ihm Leben ein. Die Kunst des Gutai
verfälscht das Material nicht, in ihr stehen der mensch -
liche Geist und das Material einander gegenüber und
reichen sich die Hand. Das Material ordnet sich dem
Geist nicht unter. Niemals herrscht der Geist über das
Material. Wenn das Material seine Integrität bewahrt
und seine Eigenschaften offenbart, beginnt es, eine
Geschichte zu erzählen, ja laut zu schreien. Alle Mög -
lichkeiten des Materials auszuschöpfen, bedeutet, den
Geist auszuschöpfen, und den Geist zu erheben, heißt
auch, die Materie auf die Höhe des Geistes zu führen.'^
Wie aus den Open-Air-Ausstellungen hervorgeht, han -
delt es sich bei dem besagten «Material« um Lehm und
Wasser, Vinyl und Stoff. Der Einsatz solch elementarer
Materialien kann als Teil des »fundamentalen Materia -
lismus« gelten, wie ihn Rosalind E. Krauss und andere
19 Jiro Yoshihara, »The Gutai Art Manifesto«, Geijutsu Shincho,
Dezember 1956.
146
Akira Kanayama, Bio -
logischer Ballon, 1958
kürzlich bei Bataille beschrieben haben.^o Auch die Be -
ziehung zur Arte Povera, die sich später in Italien ent -
wickelt hat, ist eine Untersuchung wert.^i
Die Künstler wählten nicht nur konventionelle Materialien
wie Farbe oder Bronze, um ihre Aktionen durchzuführen
und deren Spuren zu bewahren, sondern auch aus -
drucksstarke und schwer zu handhabende Stoffe wie
Lehm oder Holzklötze, Gips und Metall. Als Orte für ihre
Aktionen bevorzugten die Künstler große Räume (Büh -
nen oder im Freien) oder riesige Bilder, die als Feld
bezeichnet werden können. Die Aktionen führten nicht
selten zu Verletzungen: Nach der Aufführung von Zer -
reißen von Papier litt Murakami unter einer Gehirner -
schütterung, und Shiragas Körper war nach seinem
Kampf mit dem Lehm mit blauen Flecken und Kratzern
übersät.
Shiraga war es, der die Bedeutung dieser Aktionen
schriftlich zum Ausdruck brachte. Etliche seiner Beiträge
in der Zeitschrift Gute! waren als Ergänzung zur im Gutai
Art Manifesto festgehaltenen Theorie des Materials
gedacht. So schrieb er z. B.: »Alle meine Gedanken ziel -
ten darauf ab, Kunst, die ein Ausdruck des menschli -
chen Geistes ist, auf Körperlichkeit zu reduzieren«22.
Diese Körperlichkeit nannte er »wesenhaft«: »Das
Wesenhafte, das ich meine, ist nicht fragil wie dasjenige,
das wir bisher mit »Eigenschaft« bezeichnet haben und
das zu keiner Weiterentwicklung fähig ist, sondern es ist
die Vereinigung von Geist und Körper, die sich erst durch
das Leben vollzieht und auf den Körper, mit dem wir
geboren wurden, gegründet ist.«23 Shiraga fährt fort, daß
er zur Schaffung seines Werks aus rotbemalten, mit einer
Axt bearbeiteten Holzklötzen (auf der Open-Air-Ausstel-
lung) durch den Gedanken inspiriert wurde, daß es ihn
vielleicht weiterbrächte, wenn er sich körperlich so ver -
ausgabte, daß ihm schwindelte.^'t
Die Reduzierung von Ausdruck auf Körper und Material
war ein Konzept, das den radikalen Künstlern und Kriti -
kern dieser Zeit bis zu einem gewissen Grad gemeinsam
war. So schrieb Yoshihara in seinem Manifest, daß
seiner Einschätzung nach sowohl Pollocks als auch
Georges Mathieus Bilder einen Kampf mit dem
Material ausfochten. Eine Erklärung von Jean Dubuf-
fet, die noch vor den Aktivitäten der Gutai-Gruppe
entstand, ähnelt dem Gutai Art Manifesto-, »Kunst
wird durch das Material und das Werkzeug hervorge -
bracht. Sie muß die Spuren des Werkzeugs und den
Kampf mit dem Material hinter sich lassen. Der Mensch
muß sprechen. Doch auch das Werkzeug sollte spre -
chen, und ebenso das Material.«^^ Und schließlich
schrieb Asger Jorn - eine der zentralen Persönlichkeiten
der COBRA-Gruppe und Vertreter einer einzigartigen
expressionistischen Bewegung in Skandinavien -, als
wollte er Shiraga antworten: »Man kann sich nicht rein
psychisch ausdrücken. Ausdruck ist ein körperlicher
Akt, der dem Gedanken materielle Form verleiht. Psychi -
scher Automatismus ist daher eng mit körperlichem
Automatismus verknüpft.«^^
Jorns Worte deuten an, daß die Aktionen der Gutai-
Gruppe im Kontinuum der Geschichte als eine radikale
Form von Automatismus gesehen werden können. Die
Gutai-Künstler waren sich dessen durchaus bewußt. In
seinem Manifest beschäftigt sich Yoshihara auch mit
Shiragas und Shimamotos Action painting: »Als das
Wesenhafte des Individuums sich im Schmelztiegel des
Automatismus mit den gewählten Materialien vereinigte,
waren wir von der Gestalt des uns noch unbekannten
Raums, den nie jemand zuvor erblickt oder erfahren
hatte, überwältigt.« Das ist die Revolution des Raums
der bildenden Kunst, den die Innovation des Automatis -
mus hervorgebracht hat, wobei Shiragas Auffassung
vom »Wesenhaften« des Individuums als Prämisse dient.
Auch die Surrealisten, die sich für die assoziative Qua -
lität von Bildern interessierten, die sich Abzug- oder
Frottagetechniken verdankten, vertraten den Automatis -
mus in der Kunst. Max Ernst schrieb über die Wirkung
der Frottage auf seine Psyche:
20 Für weitere Einzelheiten über das wachsende Interesse an
Batailles Ideen und ihrer Bedeutung für die Kunst siehe den fol -
genden Ausstellungskatalog, der auch Shiragas Werke enthält:
Yves-Alain Bois und Rosalind Krauss, L’informe: mode d'emploi,
Paris, 1996.
21 Barbara Bertozzi. »On the Origin of the New Avant-Gardes:
The Japanese Association of Artists Gutai«, in: Gutai Japanese
Avant-Garde 1954-1965, Darmstadt 1991.
22 Kazuo Shiraga. »Shishitsu ni tsuite« (Über das »Wesenhafte«), in:
Gutai, 5,1. Oktober 1956, o. S.
23 Ibid.
24 Transkription meines Interviews mit Kazuo Shiraga (wie Anm. 6),
S. 380.
25 Jean Dubuffet, Prospectus aux Amateurs de Tout Genre, Paris
1946, S.56.
26 Asger Jorn, »Discours aux Pingouins«, COBRA 1, 1949, S. 8.
147
Kazuo Shiraga, Cho Gendai
Sanbansou, 1957
Ich legte nach dem Zufallsprinzip einige Bögen Papier
auf den Boden, um mir die Meditation und Halluzination
zu erleichtern. Dann fuhr ich mit einem Graphitbleistift
über das Papier und machte so einige Zeichnungen.
Während ich auf die dunklen oder weich schattierten
Stellen dieser Zeichnungen starrte, stellte ich überrascht
fest, daß sich meine Wahrnehmungsfähigkeit plötzlich
erhöhte.Verschiedene widersprüchliche Bilder erschie -
nen mit einer Eindringlichkeit und Geschwindigkeit, wie
sie der Erinnerung an eine Affäre eigen sind, überlager -
ten sich, und schließlich folgten Halluzinationen.^?
Bei dem von der Gutai-Gruppe praktizierten Automatis -
mus stand jedoch die Bedeutung des temporalen Schaf -
fensprozesses und nicht die geschaffenen Bilder im Vor -
dergrund. Spuren verspritzter oder mit den Füßen zertre -
tener Farbe sind im wahrsten Sinne des Wortes Zeugen
einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Körper
umd Material und haben mit Assoziationen oder Halluzi -
nationen nichts gemein. Bisher war es üblich, zwischen
körperlichem und mechanischem Automatismus zu
unterscheiden. Der Automatismus der Gutai-Gruppe, in
dessen Zentrum der kreative Prozeß stand, muß im
Gegensatz zu Ernsts assoziativem Automatismus je -
doch als zeitlicher Automatismus verstanden werden.2®
Dieser zeitliche Automatismus spielte im damaligen
Action painting eine wichtige Rolle und trug wesentlich
zur Qualität der Bilder bei. So sind auch Pollocks Bilder
davon geprägt, während Georges Mathieus Werke, die
ebenfalls als Ergebnis einer vehementen Gestik entstan -
den, sich nie ganz vom assoziativen Automatismus der
Surrealisten lösten und letztlich den mystischen Bildern
entsprachen, die Michel Tapie und Mathieu selbst einfor-
Shozö Shimamoto, Malen
mit der Kanone, 1956
derten. So wies die Gutai-Gruppe zwar gewisse Ähnlich -
keiten mit dem Informel auf, das Wesen ihrer Aktionen
aber blieb eng mit der zeitlichen Dauer des Malens -
d. h. einem zeitlichen Automatismus - verbunden. Auch
Yoshiharas Interesse an Nantembos Kalligraphie kann in
diesem Licht betrachtet werden, und sowohl Shima-
motos Bilder, die sekundenschnell durch die Explosion
von Farbfläschchen entstanden, als auch Motonagas
Schüttbilder, deren Entstehung Stunden dauerte, beto -
nen die zeitliche Dimension des Schaffensprozesses
und weisen damit auf eine neue Art von Automatismus
hin.
Viele Künstler, deren bevorzugte Ausdrucksform die
Aktion war, interessierten sich stark für den Automatis -
mus und seine zeitlichen und körperlichen Aspekte. In
seinen Extremformen braucht der Ausdruck aber letzt -
lich nicht einmal mehr die Form von Bildern oder von
dreidimensionalen Objekten anzunehmen. Die Gutai-
Gruppe war in dieser Hinsicht einzigartig: Ihr Ziel blieb
trotz des radikalen Aktionismus der frühen Jahre am
Ende immer das gemalte Bild. Auch die beiden Aktio -
nen, die auf der »First Gutai Art Exhibition« aufgeführt
wurden, Kämpfen mit Schlamm und Zerreißen von
Papier, waren als Mittel zur Schaffung von Bildern konzi -
piert. Shiraga sagte, das Ziel seines Stücks mit Holzklöt -
zen sei der Versuch gewesen, ein endloses Bild aus
weißen Axtspuren auf roten Holzklötzen zu kreieren.29
Die auf der Bühne aufgeführten Werke - eine recht
eigenwillige Ausdrucksform - waren teilweise als Live-
Aufführung eines Bildes mittels Automatismus gedacht,
und die meisten übten einen nicht geringen Einfluß auf
die Malerei aus. Zur Bühnenausstellung sagte Muraka-
mi: »Bisher hatte Zeit für die räumliche Komponente der
Malerei nie eine Rolle gespielt. Die Entdeckungsfreude
der Gutai-Mitglieder aber verlangte nach dem Einsatz
räumlicher und zeitlicher Elemente, um unsere ästhe -
tische Erfahrung in ihrer Ganzheit zu vermitteln. Wir lie -
ßen den Rahmen weg, sprangen aus der Wand, ersetz -
ten statische Zeit durch wirkliche Zeit und probierten
eine neue Malerei aus.«® Obwohl die Werke der Gutai-
27 Max Ernst, Au-delä de la peinture, Paris 1937.
28 Die Idee einer Gegenüberstellung der Konzepte Dauer und Asso -
ziation verdanke ich den linguistischen Studien Ferdinand Saus-
sures. Dieser bezeichnet das erstere als »syntagmatisch» und
das letztere als »assoziativ« und betrachtet sie als zwei verschie -
dene Arten linguistischer Aktivität. Ähnliche Gedanken finden sich
auch in den folgenden Publikationen: Roman Jakobson, »Deux
aspects du language et deux types d’aphasie«, in: Essais de
linguistique generale, Paris 1963; Roland Barthes, »L’imagination
du signe«, in: Essais critiques, Paris 1964.
29 Transkription meines Interviews mit Kazuo Shiraga (wie Anm. 6),
S. 380.
30 Saburö Murakami, »Gutai bijutsu nitsuite« (Über die Gutai-Kunst),
Gutai,7. 15. Juli 1957, o.S.
148
Gruppe auf ungewöhnliche Art und Weise entstanden,
blieb die große Bedeutung, die sie der Beziehung zwi -
schen Aktion und Malerei beimaßen, doch charakteri -
stisch für ihre Kunst. Nur äußerst selten stand daher eine
Aktion allein und für sich.
Bei Objekten gingen die Gutai-Künstler dagegen oft in
umgekehrter Reihenfolge vor: Die Materialien, dieTsuru-
ko Yamazaki für ihre Arbeiten bei der Open-Air-Ausstel-
lung benutzte, fanden sich später in ihren Gemälden
wieder, und aus Atsuko Tanakas großartigem Objekt -
dem Elektrischen Kleid - wurde ein riesiges beleuchtetes
Gemälde. Auseinandergenommen und auf eine Lein -
wand gespannt, erhielt es durch die Kreise und Linien,
die sich aus der Anordnung der Kabel ergaben, eine völ -
lig neue Gestalt. Obwohl Yoshihara stets die oft schwer
zu definierenden Ausdrucksformen junger Künstler
unterstützte, überrascht es nicht, daß er selbst, der tra -
ditionellen Künstlergruppen angehört und sich einen Ruf
als Maler erworben hatte, die Malerei als endgültiges Ziel
und andere Medien als vorläufige Prozesse verstand.
Nachdem sich die Gutai-Künstler 1958 durch den Kon -
takt mit Tapie der Bedeutung ihrer Werke bewußt ge -
worden waren, scheint Yoshihara sie dazu angehalten
zu haben, ihre Experimente mit der Aktionskunst zu ver -
tiefen und eine neue Art von Bildern zu schaffen. Diese
Werke zogen um 1960 internationale Aufmerksamkeit
auf sich, allerdings gab es damals keine Kritiker, die in
der Lage gewesen wären, sie zu analysieren.
Für Allan Kaprow zeigten Jackson Pollocks Bilder eine
Möglichkeit auf, die Form der Malerei zu demontieren,
und sein erklärtes Ziel war es, diesen Weg durch die
Aufführung von Happenings weiterzuverfolgen.si Vor
Kaprow hatte schon Harold Rosenberg das Konzept des
Action painting formuliert, dabei aber den Prozeß und
nicht das fertige Werk - also die Aktion, und nicht das
Bild - in den Vordergrund gestellt.3^ Einerseits bewies
die Gutai-Gruppe Mitte der fünfziger Jahre in ihren Aktio -
nen eine Radikalität, die auf der Welt ihresgleichen such -
st Allan Kaprow, »The Legacy of Jackson Pollock-, in:
Art News, 57, 6. Oktober 1958, S. 56.
32 Harold Rosenberg, »American Action Painters«, in: Art News, 51,
8. Dezember 1952, S. 56. Eine detaillierte Beschreibung der Ähn -
lichkeiten von Shiragas und Rosenbergs Schriften findet sich in
folgendem Aufsatz: Akira Tatehata, »Seiseisuru taburo - Gutai
bijutsu kyokai no 1950 nendai» (Wie Bilder entstehen: Der Gutai
in den fünfziger Jahren), in: Action and Emotion - Paintings in the
1950s, Osaka 1985.
149
Ushio Shinohara, Box-Mal-Aktion, ca. 1960-62
Ushio Shinohara, Aktion, ohne Titel, 1960
te, andererseits bestand sie aber auf einer Reduktion
von Aktionen auf gemalte Bilder. Hier liegt der
grundsätzliche Unterschied zwischen der Aktionskunst
der Gutai-Gruppe und den Happenings von Kaprow und
anderen, deren Ziel es war, die Grenze zwischen Kunst
und Leben aufzuheben. Aufgrund dieser Reduktion von
Aktion auf Form hinterließ die Gutai-Gruppe eine ganze
Reihe von herausragenden Objekten, was für eine Grup -
pe, die mit Aktionen arbeitet, durchaus ungewöhnlich ist.
Dies unterscheidet sie nicht nur von den europäischen
und amerikanischen Happening-Künstlern, sondern
auch von den Gruppen, die aus den »Yomluri Indepen-
dant«-Ausstellungen hervorgingen oder mit ihnen in Ver -
bindung standen.
Betrachtet man die Aktionskunst der sechziger Jahre in
Tokio genauer, erscheint vieles davon sinnlos, ein reines
Ausleben aggressiver und destruktiver Impulse. Werke,
die irgendeine Form aufwiesen, waren äußerst rar. Als
Georges Mathieu, der 1957 mit Michel Tapie nach Japan
kam, in Osaka und Tokio öffentliche Vorführungen seiner
Maltechnik gab, war der Einfluß auf junge Künstler groß.
So ließ sich z. B. Ushio Shinohara von Mathieus Action
painting inspirieren und stellte in seiner ersten Einzelaus -
stellung im Jahre 1958 eine Aktion vor, in der er die Lein -
wand mit Pinsel und Messer bearbeitete, während im
Hintergrund eine Jazzband spielte. Zurück blieb schließ -
lich eine zerfetzte Leinwand. Um 1960 kam Shinohara
auf die Idee, öffentlich mit Boxhandschuhen, die in sumi
getaucht waren, zu boxen/malen und erzeugte damit in
kürzester Zeit eine riesige Bildfläche. Seine Aktion, die
als Parodie von Mathieu und Pollock interpretiert werden
kann, unterschied sich erheblich von deren Arbeiten, da
das Bild selbst am Ende zerstört wurde.
Bei seinem Besuch in Japan traf Tapie nicht nur mit
Gutai-Mitgliedern zusammen, sondern auch mit anderen
jungen Tokioter Künstlern. Außer Shinohara erregte
damals auch Tomio Miki, der seine Werke regelmäßig
während der Aufführung seiner Aktionen zerstörte, Tapies
Aufmerksamkeit.33 Shinohara schrieb: «Unsere Aktions -
kunst, die keine unvollständigen, starren Bilder duldete,
hatte nichts mit dem sogenannten Action painting von
Pollock zu tun. Sie ließ den Abstrakten Expressionismus,
der durch öffentlich geförderte Ausstellungen eine
immense, aber kurzlebige Popuiarität erreicht hatte
und sich in Happenings fortsetzte, die eigentlich meta -
physische Aktionen waren, weit hinter sich.«3'*
Daraus läßt sich schließen, daß es den Künstlern der
»Yomiuri-lndependant«-Ausstellungen im Grunde nicht
darum ging, Werke zu hinterlassen. Vielmehr trugen die
Objekte, die sie in ihren Aktionen verwendeten, die
Spuren rücksichtsloser Zerstörung. Die Tendenz zur
Konfrontation zwischen dem Künstler und dem Gegen -
stand seiner Aktion wird bei den Künstlern der Gutai-
Gruppe ebenso oft wahrgenommen wie bei jenen der
33 Ushio Shinohara, »Zenei no michi 5« (Der Weg der Avantgarde 5), in:
Bijutsu Techö, Juni 1966, S.61.
34 Ibid.
Genpei Akasegawa, Tausend-Yen-Schein-ProzeB, 1966
“Yomiuri Independant«-Ausstellungen: Als konfrontativ
kann sowohl Yoshimura gelten, der ein mit Schwefel -
säure bedecktes Blech zertrümmerte, wie auch Shira-
gas Aktion mit der Axt oder Shimamotos automatisti-
sche Aktion für die Bühnenausstellung. Während die
Gutai-Künstler jedoch die ästhetische Dimension der
durch die Aktion geschaffenen Objekte zu erweitern
suchten, warfen jüngere Künstler in Tokio das, was sie
geschaffen hatten, nach Beendigung der Aktion beden -
kenlos weg. Der hohe Berg aus Abfall, der sich zu jener
Zeit vor Shinoharas Atelier auftürmte, macht dies nur
allzu deutlich.
Mit Ausnahme einiger Werke von Shusaku Arakawa sind
keine Werke der Neo-Dadaism Organizers erhalten.^s Es
gab einige Installationen, die in der Ausstellung selbst
gezeigt werden sollten, aber bei den verwendeten Mate -
rialien - Glasscherben, Scheuerbürsten, Sand, Schwe -
felsäure, mit Urin beschmutztes Bettzeug - handelte es
sich um Abfall, der sich einer adäquaten Beschreibung
entzog. Den Künstlern lag offenbar nichts am Erhalt ihrer
Werke. Glücklicherweise existieren von einigen Arbeiten
Photographien, dennoch gibt es zahlreiche Werke, deren
Existenz nur durch Ausstellungskritiken oder Tage -
bücher zu belegen ist: Das Objekt wurde nicht als Mani -
festation einer ästhetischen Sensibilität verstanden, son -
dern als Zeugnis einer Aktion. Tapies Vorschlag, Shino-
hara solle seine »Aktionsplastik« - die nur aus Müll
bestand - aus Bronze erzeugen, zeigt den Abgrund an,
der sich zwischen Kritikern und Künstlern zu dieser Zeit
auftat.36 Tetsumi Kudö erklärte: »Das Wichtigste ist für
mich nicht, daß ich meine Werke schaffe, sondern wie
ich lebe. Meine Werke sind einfach da, während ich aufs
Klo gehe, esse oder rede wie jetzt eben.«37 (Diese Worte
erinnern an de Kooning, der Leben und Werk ebenfalls
auf die gleiche Stufe stellte.^s) Die Objekte, die auf den
35 Bisher hat es keinerlei Retrospektiven zu den Neo-Dadaism
Organizers oder den »Yomiuri Independant«-Aussteilungen
gegeben, mit Ausnahme einer Ausstellung im Fukuoka Art
Museum aus dem Jahr 1993, die das Werk der Neo-Dadaism
Organizers in Form von Photographien vorstellte. Die Haupt -
ursache für diesen Mangel an Ausstellungen ist, daß die meisten
Werke heute nicht mehr existieren. Auch die kyushu-ha legte
wenig Wert auf den Erhalt ihrer Werke. Siehe Kuroda, »Isetsu:
Bijutsu undou to shiteno Kyushu-ha« (wie Anm. 17).
36 Shinohara, »Zenei no michi 3«, in: Bijutsu Techö, April 1966,
S.119.
37 Tetsumi Kudo, »Zadankai: wakai bokenha wa kataru«,
(Diskussion junger Abenteurer), in: Bijutsu Techö, August 1961.
frühen Open-Air-Ausstellungen der Gutai-Gruppe ge -
zeigt wurden, existieren zum Großteil heute nicht mehr,
da die Orte, an denen sie präsentiert wurden, sich ihrer
Erhaltung entgegenstellten.
Obwohl die jungen Künstler ihr Werk zum Schluß oft zer -
störten, waren ihre Aktionen und Objekte keineswegs
beliebig. Vielmehr setzten sie ihre Werke wirkungsvoll
und mit klaren Strategien in Szene. Dies zeigt beispiels -
weise die erste Ausstellung der Neo-Dadaism Organi -
zers, die wegen ihrer ausgefallenen Aktionen frühzeitig
abgebrochen wurde. Da es schwierig war, Ausstellungs -
orte zu finden, verließ sich die Gruppe mehr und mehr
auf die »Yomiuri Independant«-Ausstellungen, die Aus -
drucksfreiheit und ein breites Publikum garantierten.
Dort Anerkennung zu finden wurde bald zur Raison
d’etre für alle Künstler, und Jahr für Jahr wurden Werke
gezeigt, auf die sie ihre ganze Energie konzentriert hatten.
Der Ort war erfüllt von einem überwältigenden Gefühl
der Begeisterung, das Shuzo Takiguchi zu der Bezeich -
nung »freies Spektakel« veranlaßte. Ohne die »Yomiuri
Independant«-Aussteilungen hätte sich die japanische
Kunst der sechziger Jahre kaum in dieser Intensität ent -
wickeln können.
Die sorgfältige Wahl der Präsentationsorte zeigt, daß die
Aktionskünstler durchaus wußten, wie wichtig es war,
gesehen und photographiert zu werden. Wie Raiji Kuro -
da betont, war dies die Zeit, in der Fernsehen und
Wochenzeitschriften - die visuellen Medien - sich rapide
ausbreiteten, und die Neo-Dadaism Organizers waren
sich dieses Einflusses wohl bewußt.'to Die Medien waren
von den unerhörten Aktionen der Künstler fasziniert, die
Künstler wiederum führten ihre Werke regelmäßig an
Stränden und in Ateliers auf und stimmten ihre Aktionen
sorgfältig auf die Redaktionstermine der Zeitschriften
und Fernsehprogramme ab.
38 Willem de Kooning, »What Abstract Means to Me«, in: Bulletin of
the Museum of Modern Art, 18, 1951, Nachdruck in: David und
Cecile Shapiro (Hrsg.), Abstract Expresslonlsm: A Critical
Record, Cambridge 1990, S. 219-224.
39 Das Ashiya City Museum of Art and History wiederholte die
Open-Air-Aussteilung der Gutai-Gruppe im Juli 1992 am Ufer
des Ashiya mit dreiundzwanzig neuerlich geschaffenen Werken.
Dies wurde 1993 auf der Biennale in Venedig nochmals ver -
sucht. Seither sind viele Objekte der Aktionskunst und aus den
Bühnenausstellungen neuerlich geschaffen und von Museen
erworben worden.
40 Raiji Kuroda, »Akarui satsurikusha sono shunkan gei no jutsu«
(Fröhliche Attentäter: Ihre Augenblickskunst), in: Neo-Dada
Witnessed: Photo Documents, Fukuoka 1993.
151
Natürlich wurden die »schockierenden« Aktivitäten der
Künstler oft als Teil des Lebenstils der jüngeren Genera -
tion und nicht als Kunst verstanden, wogegen die Künst -
ler aber im Grunde nichts hatten. Akasegawa erinnert
sich: »Außerdem waren die Feature-Redaktionen der
Wochenzeitschriften hinter uns her, um ihre Klatschspal -
ten zu füllen, und die Künstler des Neo-Dadaismus hat -
ten auch den Mut, darauf einzugehen. Das beliebteste
Objekt der Photographen war natürlich Ushio Shinohara
mit seinem Irokesenschnitt. Shinohara gab des öfteren
damit an, daß ihn wieder soundsoviele Magazine in einer
Woche interviewt hatten, und zählte sie an seinen Fin -
gern auf. Vulgär wie die Medien waren, forderten sie uns
heraus, immer neue Materialien benutzen.«'f Da die
“Yomiuri Independant«-Ausstellung von Yomiuri Shim-
bun, dem größten Zeitungsverlag in Japan, gefördert
wurde, war die Anerkennung auf der Ausstellung ebenso
wichtig wie der Erfolg bei der Presse. Für die Künstler
bedeutete dies schlichtweg mehr Publicity.
Die Künstler suchten außerdem aktiv den Kontakt mit
Kunstkritikern, sowohl mit bereits bekannten wie Shuzo
Takiguchi als auch mit jüngeren wie Yoshiaki Tono und
Yusuke Nakahara. Viele der Kritiker suchten wiederum
die Künstler in ihren Ateliers oder bei Ausstellungen auf
und ließen sich auf Diskussionen über das Konzept der
»Anti-Kunst« ein. Auch bei dem sogenannten »Tausend-
Yen-Schein-Prozeß« spielten die Kritiker eine wichtige
Rolle: Sie wurden von der Verteidigung als Zeugen gela -
den und traten für die Künstler ein. Trotz ihrer antiauto -
ritären Flaltung verstanden sich die Neo-Dadaism Orga -
nizers im Grunde jedoch als Elite der »Yomiuri Indepen-
dant«-Künstler, und ihre Beziehung zu den Kritikern war
ihnen wichtiger als das Verständnis einer breiten Öffent-
lichkeit.'^2
Die Vorgangsweise des Fli Red Center (dessen eigentli -
che Aktivitäten erst nach dem Ende der »Yomiuri Inde-
pendant«-Ausstellung begannen) unterschied sich völlig
von jener der »Yomiuri Independant«-Künstler, die durch
Aggression, Abwertung des Objekts im Gegensatz zur
Aktion und starke Einbeziehung der Medien gekenn -
PSYCHE JOURNAL, AUGUST, 1967 ADONIS
CAIALOGUt Ot SHZtP WORKS
Genpei Akasegawa, Tausend-Yen-Schein-ProzeB, 1967
zeichnet war. Für das Fti Red Center spielte das Objekt
eine wichtige Rolle. Auf der »Yomiuri Independant«-Aus-
stellung präsentierten die führenden Mitglieder - Taka-
matsu, Akasegawa und Nakanishi - Schnüre, Glasscher -
ben und eine Unmenge von Wäscheklammern: Die
Schnüre und Wäscheklammern wurden von den Fiänden
der Betrachter im Galerieraum verteilt, und die Glas -
scherben riefen bei den Besuchern das unangenehme
Gefühl hervor, sich geschnitten zu haben. Alle Aktionen
bezogen das Publikum direkt mit ein.
Während die Objekte von Shinohara und anderen die
Spuren einer körperlichen Auseinandersetzung des
Künstlers mit dem Material trugen, blieben die Arbeiten
des Fli Red Center anonym. Statt dessen wurde die
Beziehung zwischen Künstler und Betrachter ein Thema.
Bevor die eigentlichen Aktivitäten begannen, veranstal -
teten Akasegawa und andere Mitglieder ein Happening,
in dem sie vor den Augen eines hungrigen Publikums
ihr Abendessen verzehrten. Das erklärte Ziel war, die
Zuschauer zu provozieren. In Hinblick auf die Beziehung
zum Objekt ist Akasegawas Bemerkung: »Ich mache
mich zum Objekt, um mein Gegenüber herauszufor-
dern«''2^ aufschlußreich. Nakanishi (und andere) schmink-
41 Genpei Akasegawa, Imaya akushon aru nomi! Yomiuri andepan-
dan to iu gensho (Nur die Aktion zähit! Das »Yomiuri indepen-
dant—Phänomen),Tokio 1985, S. 149.
42 Zitat von Raiji Kuroda, ibid., S. 9. Auch die Zero Dimension
Gruppe und die Künstier der »Yomiuri Independant«-Aussteilung
kritisierten die eiitäre Einstellung der Neo-Dadaism Organizers.
43 Genpei Akasegawa, »Zadankai: Chokusetsu kodoron no kizashi
ii« (Diskussion: Ein Symptom direkter Aktion li), in: Keisho, 8,
1962.
Yayoi Kusama. Silberner Hut, ca. 1966
152
ten ihre Gesichter und setzten Objekte ein, um ein unfrei-
wiiiiges Publikum aus Fahrgästen der Yamanote Linie zu
provozieren. Als Erklärung dafür, warum er einen Zug
als Bühne für sein Happening gewählt hatte, sagte
Nakanishi: »Ein Zug ist etwas Besonderes. Als ich da -
rüber nachdachte, wo man in Tokio an Leute heran -
kommt, fiel mir der Zug als Ort ein, an dem man am häu -
figsten mit einer Vielzahl von unbekannten Leuten auf
engstem Raum zusammenkommt.
Solange die Künstler unter dem Namen Hi Red Center
auftraten, der den Eindruck vermittelte, daß sie einer
Gruppe oder einer Organisation angehörten, hielten sie
ihre eigene Identität bewußt geheim.-’s Kein Mitglied der
Gruppe war zu dieser Zeit namentlich bekannt. Ein Arti -
kel aus dem Jahre 1971 über das Hi Red Center in Biju-
tsu Techö nannte als Quelle sogar eine zweifelhafte
»Enzyklopädie Hi Red Centanica« mit unbekanntem
Autor.'*® Das Hi Red Center benutzte auch die Medien,
um eine möglichst große Anzahl beliebiger Personen zu
erreichen. Seine Beziehung zu den Massenmedien war
jedoch komplexer als die der Neo-Dadaism Organizers,
die vor allem Kontakt zu den visuellen Medien gepflegt
hatten. Die Anonymität wurde streng gewahrt und Hap -
penings durch Einladungen, »Hi Red Mitteilungen« oder
Warnungen auf Flugblättern angekündigt.'**' In den sech -
ziger Jahren verunsicherten diese Mitteilungen, die von
einer zweifelhaften Organisation herausgegeben wur -
den, sich aber den Anschein gaben, von offizieller Stelle
zu kommen, im wahrsten Sinne des Wortes ganz Tokio.
Indem sie eine gewisse Autorität simulierten, verwisch -
ten die Happenings die Grenze zwischen Kunst und
Institution. Dies war als scharfe Kritik an der Aktions -
kunst aus dem Umfeld der »Yomiuri Independant«-Aus-
stellung gedacht, die sich als unfähig erwiesen hatte,
politische Botschaften wirkungsvoll zum Ausdruck zu
bringen. Bei ihrem letzten Happening im Jahr 1964,
44 Natsuyuki Nakanishi: »Sen-en-satsu saiban ni okeru Nakanishi
Natsuyuki shogenroku 1« (Protokoll der Zeugenaussage von
Natsuyuki Nakanishi beim »Tausend-Yen-Schein-Prozeß»), in:
Bijutsu Techö, Oktober 1971, S. 96-97.
45 Akasegawa erinnert sich, daß sowohl die gesellschaftlichen
Bedingungen, die zur Gründung einer Vielzahl von Gruppen und
Sekten (in Politik und Kunst) geführt hatten, als auch sein eige -
nes Mißtrauen gegenüber Originalität ihn dazu veranlaßt hatten,
das Hi Red Center zu organisieren: interview des Autors mit
Genpei Akasegawa, 17. September 1996,Tokio.
46 »Hi Red Center«, in der »Encyciopedia Hi Red Centanica«, in:
Bijutsu Techö, Oktober 1971, S. 70-71.
Bewegung zur Förderung der Reinigung des Stadtge -
biets (Seid sauber!), das aus dem sinnentleerten Putzen
einiger Straßen des Ginza-Viertels bestand, erschien auf
den Flugblättern, die an die Passanten verteilt wurden,
der Name einer tatsächlich existierenden öffentlichen
Organisation. Dies verlieh dem Happening einen noch
zweideutigeren Charakter. Die Idee, eine Institution zu
simulieren und so eine Beziehung zwischen Kunst und
Gesellschaft zu erzwingen, erinnert an den »gefälschten
Tausend-Yen-Schein« Akasegawas, der etwa zur glei -
chen Zeit entstand. In dieser Hinsicht ähneln die Akti -
vitäten des Hi Red Center dem »Tausend-Yen-Schein-
Prozeß« selbst, in dem Kunst vor Gericht gestellt wurde.
Es war unvermeidbar, daß die Aktivitäten des Hi Red
Center - von anonymen Künstlern durchgeführte Hap -
penings - durch die Zeugenaussagen des Verfahrens in
den Mittelpunkt des Interesses rückten.
Obwohl zwischen der Aktionskunst der Gutai-Gruppe
und der der Künstler der »Yomiuri Independant«-Aus-
stellungen in Hinblick auf Zeit, Umstände und Absichten
deutliche Unterschiede bestehen, gibt es auch einige
gemeinsame Aspekte. Der Körper des Künstlers spielt
beispielsweise bei beiden Gruppen eine wichtige Rolle.
Dies ist nicht weiter verwunderlich, da die Ausdrucks -
form Aktion auf dem Einsatz des Körpers als Medium
beruht. Betrachtet man die Aktivitäten allerdings vor
dem Hintergrund der gesamten japanischen Kunstszene
der Nachkriegszeit, kommt diesem Thema noch eine
andere Bedeutung zu. Der Körper war in der zeitgenös -
sischen japanischen Kunst schon lange ein zentrales
Thema, angefangen mit einem in den frühen fünfziger
Jahren entstandenen Bild von On Kawara, das einen
blutigen und verstümmelten Körper in einem Badezim -
mer zeigt. Es folgten Kazuo Shiragas Kampf mit Schlamm
und die Bilder des Gutai als Darstellungen einer gewis -
sen Körperlichkeit. In den sechziger Jahren bedienten
47 Vor der Aufführung des Yamanote Line Event und anderen Hap -
penings wurde eine Ankündigung mit Datum und Ort versohickt,
nicht nur an Kunstkritiker, sondern auch an Personen, die man
nach dem Zufaiisprinzip aus dem Teiefonbuch herausgesucht
hatte. Dieses Vorgehen erinnert an die Massenmedien, die mit
ihren informationen eine beliebige Anzahl beliebiger Leute er -
reichen.Telefonisches Interview des Autors mit Natsuyuki Naka -
nishi, 31. Juli 1997. Über die Aktivitäten des Hi Red Center ganz
allgemein siehe die folgende Publikation: Genpei Akasegawa,
Tokyo mikisa keikaku: Hi Red Center chokutsu kodo no kiroku
(Tokio Mixer Pläne: Dokumente der direkten Aktionen des
Hi Red Center), Tokio 1984.
154
Saburö Murakami.
Iriguchi (Eingang), 1955,
Sammlung Makiko Murakami
sich Ushio Shinohara und Tetsumi Kudö wiederholt des
Action painting, und Takumi Kazekura und Nobuaki Koji-
ma präsentierten auf der »Yomiuri Independant«-Aus-
stellung Werke, die den Einsatz ihres Körpers beinhal -
teten.
Auch hier ist es wichtig, die zahlreichen, von diesen
Künstlern geschaffenen Objekte nicht bloß als Zeugnis
ihrer Aktionen, sondern als Metapher für den Körper zu
verstehen. Viele Objekte spielen direkt oder indirekt auf
den Körper an, z. B. Vaginales Tuch von Genpei Akase-
gawa, das aus einem schleimigen Material bestand und
das weibliche Geschlechtsorgan evozierte, Sandgefäß
von Shusaku Arakawa, wo mittels Schwamm und Flüs -
sigkeit ebenfalls ein Organ angedeutet wurde, Tetsumi
Kudös penisartige, von der Decke herabhängende Rol -
len und ein groteskes, penisähnliches Objekt von Yayoi
Kusama aus ihrer New Yorker Zeit.
Warum finden sich in der japanischen Kunst der Nach -
kriegszeit immer wieder so explizite körperliche Meta -
phern? Die Betonung der Körperlichkeit ermöglicht es,
ihren Gegensatz zur Visualität hervorzukehren. In den
Vereinigten Staaten entwickelte sich die zeitgenössische
Kunst auf der Grundlage der Überlegenheit visueller
Wahrnehmung - vom Abstrakten Expressionismus zur
Farbfeldmalerei bis hin zum Formalismus - und wurde
dabei von einer bestehenden kritischen Tradition beglei -
tet und gestützt. Im Gegensatz dazu stand In Japan der
körperliche Ausdruck im Vordergrund. Eine visuelle Tra -
dition existierte kaum, weder in der Kunstpraxis noch in
der Kunstkritik, und dies ist auch der Grund, weshalb die
Bilder der Gutai-Künstler lange ignoriert wurden. Fleute
werden Pollock und Shiraga im allgemeinen als die ein -
flußreichsten Vertreter des Action painting bezeichnet.
Sobald aber Pollocks Bilder - das Ergebnis einer gewal -
tigen gestuellen Anstrengung - an der Wand hingen,
wurden sie aufgrund ihrer visuellen Eigenschaften von
Kritikern wie Clement Greenberg und Michael Fried hoch
gelobt und bald als Prototyp formalistischer Malerei
gehandelt. Die taktilen Bilder Shiragas, die in gleichem
Maße die Spuren seines Körpers zeigten, wirkten da -
gegen unzugänglich und entzogen sich einer visuellen
Wertschätzung. Japanische Kritiker erwiesen sich als
unfähig, das Einzigartige an Shiragas Werken, das mit
den Kriterien des Formalismus nicht zu fassen war, zu
verstehen.
Die kritische Bedeutung der Materialien (in bezug auf
Form und Zeit) in Shiragas Bildern ist selbst in Europa
und Amerika erst in den letzten Jahren erkannt worden.
Ein großer Teil der Werke der außergewöhnlichen Gutai-
Gruppe entstand dadurch, daß die Künstler versuchten,
ihre Aktionen in gemalte Bilder umzusetzen. Obwohl ihre
Werke ein dem Formalismus vergleichbares Potential
besaßen, fehlten zu jener Zeit »andere Kriterien« zu ihrer
Einordnung und Beurteilung. Japan besaß keine Kritiker
wie Flarold Rosenberg, der sich für die Verbindung zwi -
schen Aktion und Kunst interessierte, und so wurde die -
ses Thema nie ernsthaft diskutiert. Vielmehr wurde diese
Art von Kunst in den sechziger Jahren aus den Museen
verbannt, und ihre Beurteilung war nicht Gegenstand
einer kritischen Diskussion, sondern eines Gerichtsver -
fahrens.
Eine weitere Gemeinsamkeit der japanischen Aktions -
künstler war die Ortsgebundenheit bestimmter Werke.
Anfang der fünfziger Jahre, in den frühen Jahren der
Gutai-Gruppe, ließ allein die Wahl ungewöhnlicher Orte -
ein Kiefernwald unter sengender Sonne oder eine Bühne
- diese Art von Kunst als wegweisend erscheinen. Um
es mit den Worten der Künstler sagen: »Wir wollten her -
ausfinden, wie wir in dem vorgegebenen Kiefernwald
existieren können, und setzten begeistert all unser Wis -
sen über Form ein, und auch unsere Körper.«“*® Die »First
Gutai Exhibition« {bei der Murakami Zerreißen von
Papier aufführte) fand in dem den Künstlern zuvor nicht
bekannten Ohara Kaikan in Tokio statt. Nach einer Orts -
besichtigung beschlossen sie, daß die Aktion das die -
sem spezifischen Ort entsprechende Ausdrucksmedium
wäre. Die Ausstellungen wurden jeweils speziell für die
extremen und völlig unterschiedlichen Orte, die sich die
Künstler ausgesucht hatten, konzipiert. Während Pollock
seine Aktion als geheimes Ritual auffaßte, das er allein in
155
Hi Red Center, Der Ochanomizu Fall (Fall-Event), 1964
seinem Atelier ausführte und zu dem er nur eine
begrenzte Anzahl von Photographen zuließ, luden die
Gutai-Künstler zu ihrer zweiten Ausstellung Journalisten
ein und schufen ihre Werke in aller Öffentlichkeit, um die
Bilder mit einem bestimmten Ort zu verknüpfen.
Diese Ortsbezogen heit ist in der gesamten Kunst der
sechziger Jahre zu beobachten. Wie bereits erwähnt,
fanden die »Yomiuri Independant«-Ausstellungen im
Tokyo Metropolitan Art Museum statt, da Künstler mit
ungewöhnlichen Werken es schwer hatten, Ausstel -
lungsorte zu finden, und mit ihren radikalen Ausdrucks-
formen auf offene Ausstellungen angewiesen waren. Die
ausgestellten Werke inspirierten wiederum andere
Künstler zu noch größerer Radikalität. Als Akasegawa
beispielsweise über Methoden zur Integration von All -
tagsgegenständen in künstlerische Arbeiten sprach, fan -
den solche Objekte in der Folge prompt in die »Yomiuri
Independant'<-Ausstellung Eingang: »Zunächst benutz -
ten wir die Technik, die Galerie mit Sand zu füllen, den
wir - zuerst noch vorsichtig - unter die Farbe gemischt
hatten, im folgenden Jahr steigerten wir uns dann und
benutzten Steine. Dann, wie bei einem Wettbewerb,
erschienen Blechstücke und zerfetzte Unterhemden,
und eine Unmenge von Nägeln wurden in die Leinwand
gehämmert, und der Kampf um die Darstellung der
Beschaffenheit der Bildoberfläche hatte begonnen.<A9
Das Museum begünstigte immer radikalere Ausdrucks -
formen und garantierte gleichzeitig den künstlerischen
Charakter der ausgestellten Objekte oder aufgeführten
Aktionen.Takamatsus Schnüre und Nakanishis Wäsche -
klammern galten nicht als die banalen Alltagsobjekte,
die sie in Wirklichkeit waren, sondern als Kunst, und die
provokativen Flappenings des Hi Red Center wurden
nicht als kommerzielle Veranstaltungen betrachtet, son -
dern als Aktionskunst. Allen gemein ist aber die Bezie-
48 Yozo Ukita, »Manatsu no taiyo ni idomu yagai modan ato jikken
ten<' (wieAnm.5).
49 Genpei Akasegawa, »Jikaisuru kaiga no uohigawa« (Das Innen -
leben des selbstzerstörenden Bildes), in: Art Vivant, 21,1986, S. 92.
hung zum Ort. Nicht die Werke bestimmten den Ort, son -
dern der Ort war maßgeblich für die Werke. So fand die
zweite Ausstellung der Neo-Dadaism Organizers im Ate -
lier von Masunobu Yoshimura, dem sogenannten
»Weißen Haus für radikale Künstler« statt, das Arata Iso-
zaki entworfen hatte und das eine Schlüsselfunktion für
die Künstler besaß. Kuroda beschrieb die Bedeutung
des Ateliers, in dem sich die Mitglieder jeden Samstag
trafen, so: »Yoshimura, der Künstler, und sein Haus
befreiten diese jungen, begeisterungsfähigen und talen -
tierten Künstler aus ihrer täglichen Routine, und das
Haus fungierte als Ort, wo sie sich als Elite der Avant -
garde begreifen lernten.«so
Nach der letzten »Yomiuri Independant«-Aussteilung
1963 hörte die Beziehung zu diesem Ort auf zu existie -
ren, und die Werke wurden auf die Straße verlegt. Das Hi
Red Center, das nun nicht mehr über den Freiraum der
Ausstellung verfügte, wagte sich immer weiter in die
Metropole Tokio vor: Die erste Aktion, Yamanote Line
Event, war ein Happening, das auf der Ringlinie von
Tokio stattfand und Themen wie Großstadt, Transport
und Nahverkehr aufgriff. Weitere Happenings in den
Stadtteilen Shinbashi, Shinjuku, Ueno und Ginza folgten.
Während die Neo-Dadaism Organizers, die in bizarren
Kostümen auf die Straße gingen, wie ein Teil der Aus -
stellung wirkten, verfolgte das Hi Red Center mit seinen
Happenings auf der Straße eine konkrete Strategie. In
ihrer Straßenputzaktion im Zentrum von Tokio und in den
Happenings auf belebten Bahnhöfen fungierte der Ort als
Element des Werks selbst. Nakanishi erinnert sich, daß
er sich von einem bestimmten Ort zu einer Aktion inspi -
rieren ließ.®' Jedes Kapitel von Akasegawas detaillier -
ten Aufzeichnungen der Aktivitäten des Hi Red Center,
den Tokio Mixer Plänen, bestand aus dem Namen eines
Tokioter Viertels und dem des dort aufgeführten Hap-
50 Raiji Kuroda, »Akarui satsurikusha sono shunkan gei no jutsu«
(wie Anm. 40), S. 9.
51 Telefonisches Inten/iew des Autors mit Natsuyuki Nakanishi v. 3.
Juli 1997.
156
Trn Mii/i’/
Masunobu Yoshimura (rechts), Kinpei Masuzawa (links), ohne Titel, 1960
penings. Die von Shigeko Kubota und Fluxus herausge -
gebene Auflistung der Aktivitäten des Hi Red Center
wurde auf eine Karte von Tokio eingezeichnet, ein Hin -
weis auf die urbanistische Theorie der GruppeT^ Ihre
Happenings waren jedoch nicht einfach vom Ort inspi -
riert, sondern sie wurden strategisch so geplant, so daß
der Ort als konstitutives Element der Aktion fungieren
konnte. War nicht auch das Hi Red Center, eine anony -
me Organisation, selbst ein Ort? Die Gruppe existierte
lediglich als Zusammenkunft nicht näher bezeichneter
Künstler, die ein Happening aufführten. Das Hi Red Cen -
ter als Ort hinterfragte die Beziehung von Individuum
und Gruppe und war Wegbereiter einer Kunst, als deren
Urheber weder Individuum noch Gruppe gelten kann.53
In der amerikanischen Kunst nach 1945 wurde die in den
Werken enthaltene Körperlichkeit unterdrückt und die
Beziehung zwischen Werk und Ort geleugnet. Hap -
pening und Body art, bei denen Körper und Aktion eine
wichtige Rolle spielten, oder die Gebundenheit an einen
spezifischen Ort, wie sie ein großer Teil des Minimalis -
mus und der Land art aufweist, entstanden als Kritik am
künstlerischen Mainstream. Im Unterschied zur amerika -
nischen Kunst waren in Japan hingegen von der Gutai-
Gruppe über die »Yomiuri Independant«-Ausstellungen
bis hin zum Hi Red Center die Aspekte der Körperlichkeit
und Ortsgebundenheit ausschlaggebend für den ge -
samten Mainstream der Nachkriegszeit. Beide Elemente
sind bis heute wichtiger Bestandteil des zeitgenössi -
schen Kunstschaffens geblieben. Wie die Aktivitäten des
■>Mono-ha« in den siebziger Jahren, die Installationen
der achtziger Jahre und die neuesten Aktionen von
Yasumasa Morimura, der mit seinem Körper in Meister -
werke der abendländischen Kunst schlüpft, belegen, ist
die Beziehung zwischen Körper und Ort weiterhin ein
Thema.
Die japanische Kunst der Nachkriegszeit ist in der Ver -
gangenheit häufig ais regional oder nachahmend ab -
getan worden. Erwiesenermaßen entwickelte sie sich
aber um die konkreten Themen von Körper und Ort und
brachte eine Kunstform hervor, die sich von der zeit -
genössischen Kunst in Europa und Amerika wesentlich
52 Shikego Kubota (Hrsg.), Hi Red Center, zitiert in: Genpei Akase-
gawa, Tokyo Mikisa keikaku: Hi Red Center chokutsu kodo no
kiroku, Umschlagdoppelseite (wie Anm.47).
unterscheidet. Das Erscheinungsbild der Werke ist
durch körperliche und ortsspezifische Elemente geprägt
- Eigenschaften, die sich dem rationalen kritischen
Vokabular des Formalismus entziehen. Das Potential
japanischer Nachkriegskunst ist genau in diesen Aspek -
ten zu suchen. Welche Möglichkeiten birgt eine solche
Kunst? Welche grundsätzliche Bedeutung hat sie für die
Kunst von heute, deren Richtung schwer bestimmbar
ist? Es ist nicht ein simpler Vergleich des Westens mit
dem Osten, der Moderne mit der Postmoderne, sondern
eine Analyse der Wesensart der japanischen Kunst der
Nachkriegszeit, der wir mit Ungeduld entgegensehen.
53 Das Hi Red Center machte absichtlich keine Angaben über seine
Mitglieder und die Dauer der Existenz der Gruppe. Siehe «Hi Red
Center«« (wie Anm.46). Hier steht, daß das Hi Red Center nach
dem Happening Bewegung zur Förderung der Reinigung des
Stadtgebiets in einer größeren Gruppe namens Hi Group aufging.
Valie Export und Peter Weibel, Aus der Mappe der Mündigkeit, 1968
159
Hubert Klocker
GESTUS UND OBJEKT
Befreiung als Aktion:
Eine europäische Komponente
performativer Kunst
Das performative Kunstwerk, gleichgültig ob es Happening,
Performance-Kunst, Body art oder Aktion genannt wird, ist ein
ephemeres und partizipatorisches Ereignis. Als solches ist es
in erster Linie direkt erlebbar und verliert daher nach der Rea -
lisierung seine unmittelbare Gegenwärtigkeit. In der Folge
kann es in Form repräsentativer Objekte oder medial vermit -
telt und vergegenwärtigt werden. Der dabei stattfindende
transformatorische Prozeß bedeutet jedoch nicht grundsätz -
lich eine Tendenz zur Preisgabe des Kunstobjekts, sondern
weist in die Richtung eines neuen, expansiven und freien
Werk- und Kunstbegriffes. Denn im performativen Kunstwerk
erreicht letztlich der Akt des Denkens selbst Plastizität, er wird
zum Gestus, der als Werk für sich selbst stehen, aber genauso
auch wieder auf eine Neubewertung des Kunstobjekts
zurückverweisen kann und damit den künstlerischen Spra -
chen neue Kontextmöglichkeiten und Sinnvarianten er -
schließt,
Geschichte, auch die Geschichte der Kunst, konfrontiert uns
mit dem Problem des Erkennens vergangener Realitäten und
der Auseinandersetzung mit deren individueller und kollekti -
ver Erinnerung, Das Nachdenken über Vergangenheit und ihre
Vergegenwärtigung ist nicht statisch, sondern ein ständig
fließendes Verknüpfen von Informationen, ein unaufhörlicher
Vorgang. Die für diesen Vorgang notwendigen Bedingungen
sind auch durch die subjektiven Interessen des Moments und
deren Projektion in die Zukunft im Sinne von Erwartungs -
haltungen und Visionen bestimmt. Erkenntnis von vergange -
ner Realität bildet sich aus einer Summe von Informationen
als Ergebnis eines entweder direkten oder überkommenen
Kommunikationsflusses. Die Garanten und Überbringer die -
ses Informationsaustausches nehmen vielfache Formen an
und wurden im Zeitalter der Aufklärung und Moderne als
Informationsmaschinen in ihrer Intensität und Produktivität
potenziert. Solche Informationsmaschinen, in Form von klein -
sten bis gewaltigsten Bedeutungszusammenballungen,
gehören in ihrer Eigenschaft als profanisierte Kulträume zu
den Kernpunkten der modernen Gesellschaften. Sie bilden
ein Spektrum, welches von Totalität bis zu kollektiver Teil -
nahme reicht, und geben je nachdem Gelegenheit zu
Beeinflussung und extremer Didaktik. Sie bieten aber auch die
Möglichkeit zu freier Selbstfindung und Selbstbespiegelung.
Ihre entwickeltsten Formen sind die Bibliothek, das Archiv und
das Museum. Ebenfalls in diese Kategorie gehören die neuen
Medien, deren Datenflüsse letztlich radikal beschleunigte und
fragmentarisierte Komponenten solcher Institutionen sind.
Die Vermittlungsmaschinen und Kulträume sind Zeichen
äußerer Macht der sie schaffenden und betreibenden Gesell -
schaften, sie stehen auch den anderen Apparaten dieser
Gesellschaften zur Verfügung und sind in ihren komplexen
Organisationsformen selbst Symbole im ZeitfluB. Es muß aber
darauf hingewiesen sein, daß ihre Bedeutung letztlich in der
Summe des von ihnen zu Vermittelnden liegt.
Eine der komplexesten Informationseinheiten ist das Kunst -
werk. Es ist sozusagen Träger der individuellsten, aber
möglichenweise auch kollektivsten Metasprache, denn es ver -
wendet nicht nur die überkommene gesprochene oder
geschriebene Sprache, sondern erfindet durch seine eigene
Form neue Informationssysteme in einer individuellen, aber
dennoch kollektiv erlernbaren und verständlichen Zusam -
menballung von Bedeutung. Das ästhetisierte Objekt wird
damit sozusagen zum Testfall der gesellschaftlichen Kommu -
nikationsbereitschaft. Der Künstler als Erzeuger dieses
Objekts ist der Agitator, der das Kollektiv mit seiner ver -
schlüsselten Botschaft herausfordert und es zu ununter -
brochener Kommunikation zwingt. Daraus folgt Bewegung
und Erkennen. Das Kollektiv wie der Einzelne sind aufgerufen,
diesen Kommunikationsfluß auf allen Ebenen zu garantieren.
Das ästhetische Objekt besitzt also in erster Linie eine ener -
getische, man könnte auch sagen, sinnstiftende oder
metaphysische Eigenschaft, die sich letztlich aus einem Kom -
munikationsprozeß speist. Sie kann am Quantum der agita-
tiven Fähigkeiten, mit denen das Objekt ausgestattet ist,
gemessen werden. Nun ist aber gut funktionierende Agitation
abhängig von einem Wechselverhältnis aus Kommuni -
kationsoffenheit und gleichzeitiger Verhüllung. Die individuelle
Metapher als zentraler Bestandteil dieser Verhüllungsstrate -
gie der Kunst funktioniert wie eine Energiequelle. Das Ausmaß
ihrer Komplexität steht in einer Wechselwirkung mit der Gül -
tigkeitsdauer des ästhetischen Objektes. Im Idealfall würde
diese energetische Quelle niemals verlöschen, und das Agi -
tationspotential des Objekts wäre daher endlos gegeben.
Das Verlangen nach dem Besitz solcher Objekte, das Sam -
meln und Ausbeuten ihrer sinnstiftenden Eigenschaften, steht
im Zentrum der Konzeption der Informationsmaschinen und
legitimiert ihre Existenz. Die idealistische Konzeption des
Sammelns kann jedoch vom modernen, aus seinem Selbst -
verständnis heraus zu autonomem Schaffen neigenden
Künstler nicht bedenkenlos hingenommen wenden. Denn ist
er in diesem Punkt Kollaborateur, wäre die Kunst kollektiv
funktionalisiert und würde ihre erreichte Autonomie verlieren.
Der Kommunikationsfluß würde einfrieren und damit seiner
agitativen Fähigkeiten als dem eigentlichen Kern seines
Wesens beraubt. Deshalb befindet sich der Künstler der
Moderne und ihrer Avantgarden stets in einem kritischen
160
und potentiell dekonstruktiven Austauschverhältnis mit der
beharrenden Informationsmaschine; stets sucht er nach
einem Ausweg aus der Gefahr des Erstarrens. Dieses Muster
ist in gewisser Weise gleichzusetzen mit Poppers Forderung
nach der »Falsifizierbarkeit« legitimer Theorien. Denn so wie
eine Theorie nicht immun sein darf und ein Gegenbeweis
möglich sein muß, soll auch das Objekt durch seine Rätsel -
haftigkeit und Interpretationsoffenheit bestehen.
Die hier versuchte einleitende Skizze einiger Grundfragen der
Kunst der Moderne und Gegenwart verweist auf eine
»andere« Dimension, die der Künstler dem Kunstwerk zuge -
messen hat. Die Gewichtung verschiebt sich vom in sich
geschlossenen, autonomen Werk, das in einen verständli -
chen, gesellschaftlich definierten Kanon eingebettet ist, hin
zur tendenziellen Betonung des Prozeßhaften und der Bewe -
gung, hin zum Mitbedenken der das Kunstwerk umgebenden
Bedingungen und hin zu einer vom Objekt unabhängigen,
aber doch auch auf es zurückspiegelnden Emanzipation des
Gedankens als Form. Flusser bezeichnet die performative,
mehrdimensionale Komponente als »Enigma«, als ein »Rätsel,
welches durch Entzifferung gelöst wird«.' Das Einbringen der
subjektiven »Verhüllung« durch das gestische Element wäre
so als Reaktion der Kunst auf das verstärkte Kommunikati-
ons- und Vermittlungsraster zu deuten, in welches sie das
Kollektiv eingewoben hat und durch welches das Kunstwerk
in einem ständigen Prozeß der Versachlichung steht. Diese
wesentlichste Eigenschaft des »enigmatischen« Elements,
das Unterlaufen der beharrenden Tendenzen der Interpreta -
tion und Musealisierung, wird also zum immanenten Garant
für den Erhalt des Befreiungspotentials des Künstlers.
Um die Rätselhaftigkeit der Kunst verstehen zu können,
spricht Flusser in der Folge von der Notwendigkeit des Ent -
wurfs einer »allgemeinen Theorie der Gesten«. Er beschreibt
die Kunst als kausal nicht erklärbar und setzt dem die seman -
tische Analyse entgegen. Der Vorteil einer solchen Vorgangs -
weise wäre seiner Meinung nach ihre Eigenschaft, das zu
untersuchende Phänomen im Zuge der Analyse erst zur Ent -
faltung bringen zu können, da die verschiedenen Ebenen des
»Lesens« jeweils eine andere Bedeutung zum Vorschein brin -
gen. Dabei entstünde ein multiplikatorischer Effekt, welcher
das Phänomen anreichert und somit dem agitativen Wesen
1 Vilem Flusser, Gesten - Versuch einer Phänomenologie, Bensheim
1993, S. 91 ff.
2 Ibid.
3 Siehe dazu: Eric Flobsbawn, Das Zeitalter der Extreme, München
1995, S. 699 ff.
des zu untersuchenden Objekts folgt. Denn das »Ziel der Ana -
lyse der Geste des Malens ist nicht, das Problem des Malens
aus dem Weg zu räumen. Es besteht vielmehr darin, in das
Enigma des Malens immer tiefer einzudringen, um es immer
reicher erfahren zu können.«^
Ausgangspunkt und Beginn des Wunsches nach dieser soge -
nannten »Theorie der Gesten« ist der von Flusser ange -
sprochene und vor allem in der Kunst repräsentierte Aspekt
eines revolutionären Vorganges in unserer Wirklichkeit. Der
bedeutende Denker formuliert hier die Notwendigkeit, nach
den vergangenen Megakatastrophen dieses Jahrhunderts
und in Flinblick auf die beiden wahrscheinlich die Zukunft
dominierenden und potentiell bereits erkennbaren demogra -
phischen und ökologischen Probleme“ neue methodo -
logische Mittel zu entwickeln, durch die aus dem gegenwär -
tigen Verständnis heraus eine zukünftige Wirklichkeit
bewältigbar wird. Er scheut auch nicht davor zurück, in die -
sem Zusammenhang von einer Theorie der Gesten als
»Disziplin der sich abzeichnenden >posthistorischen< Zukunft«
zu sprechen - als einer sowohl theoretisch als auch praktisch
möglichen »Disziplin des sogenannten neuen Menschen«.“
Der Freiheitsdynamik dieser Theorie folgend, ist für ihn die
Geste oder der Gestus das »aktive In-der-Welt-Sein des Men -
schen«“, und mithin ein Plädoyer für bewußtes und analy -
tisches Flandeln. In diesem optimistischen Streben hält Flus-
sers Denkmodell grundsätzlich an der Dynamik einer
geistigen Suche fest. Dabei besitzt sein Theorieentwurf eine
avantgardistische Leidenschaft, durch die es möglich scheint,
Positionen und Energien der Kunst der zweiten Jahr -
hunderthälfte, vor allem ihre etwa seit den fünfziger Jahren
stattfindende Dynamisierung, durch die Betonung des Pro -
zessualen und Ereignishaften vermittelbar und erkennbar zu
machen. Im Zentrum von Flussers Forderung nach revolu -
tionärer Aktivität steht der Imperativ der Freiheit und Offenheit.
Dieser hat nicht nur Positionen der amerikanischen Nach -
kriegskunst, unter anderem jene der New York School, son -
dern auch ganz maßgeblich das Verhältnis der europäischen
Moderne in ihrer Auseinandersetzung mit den totalitären Ent -
grenzungen der Ideologien des 20. Jahrhunderts bestimmt.
Auf der geopolitischen Ebene dauert dieser Vorgang durch die
Aufhebung der Zweiteilung Europas und die Reintegration
4 Vilem Flusser (wie Anm.1), S. 236.
5 Vilem Flusser (wie Anm.1), S. 223-224.
161
des Ostens, die noch lange nicht abgeschlossen ist und letzt -
lich nur eine Etappe in der schnell fortschreitenden Globali -
sierungstendenz der Kulturen bedeutet, bis heute an.
Aus historischer Sicht fand in der ersten Hälfte des 20. Jahr -
hunderts eine Neuordnung der politischen und ideologischen
Machtverhältnisse der westlichen Welt und eine radikale
Änderung kultureller Paradigmen statt. Diese Umwertung war
der endgültige Anfang vom Ende einer eurozentristischen
Weitsicht des Westens und wird heute durch die Globalisie -
rung und die zunehmenden ideologischen Freiräume
abgelöst. Nicht zufällig begann in den fünfziger Jahren eine
international ausstrahlende expansive Phase der amerikani -
schen Kunst. Für die New Yorker Künstler war die damals
propagierte Freiheit gleichzusetzen mit der Befreiung von der
europäischen Geisteswelt der totalitären Ideologien und vom
geschichtlichen Ballast der europäischen Kunst. Barnett
Newman hat dies als wortgewaltiger Demagoge der Abstrak -
ten Expressionisten als die »Geometrisierung« in der
europäischen Kunst bezeichnet. In seinem »Statement« für
den Katalog der Ende der fünfziger Jahre vom Museum of
Modern Art organisierten, geradezu demonstrativ propagan -
distischen Ausstellung »The New American Painting« geht er
in knappen Worten direkt zum Kern seiner Theorie.' Schon im
ersten Satz spricht er von der »Geometrie« als einem »death
image«, welches unweigerlich bekämpft werden müsse. Im
Zuge des Textes werden die »principles of geometry« als Prin -
zipien einer Kunst des Ersten Weltkrieges bezeichnet, die die
Kunst nach wie vor ans 19. Jahrhundert fesseln. Newman
spricht hier den Umstand an, daß die wesentlichen, für ihn
gültigen modernen Avantgarden ihre Konzepte in den ersten
zwei Jahrzehnten unseres Jahrhunderts formuliert und ent -
wickelt haben. Seine eigenen Arbeiten würden jedoch in
keinerlei Verbindung zu diesen Konzepten stehen, und er
fordert eine Zurückweisung von Picassos Kubismus und
Mondrians Purismus, da diese nur in einem collagierten
Schema von frei assoziierten Formen enden könnten. Im
übrigen seien, so Newman, auch Miro und Malewitsch in
derselben Falle gefangen (»caught in the same geometric
trap«). So lange diese überkommenen Prinzipien nicht mit
allen Mitteln bekämpft und neue Möglichkeiten entdeckt und
entwickelt würden, gäbe es keine Hoffnung auf Freiheit.
Newmans Text und der Grad seiner Kritik an den beiden zu
dieser Zeit in den USA bekanntesten europäischen Künstlern
6 Barnett Newman, »Statements: From The New American Paint -
ing«, in: Selected Writings and Interviews, Berkeiey 1990, S. 178.
7 ibid., S. 94.
der Gegenwart repräsentiert in exemplarischer Weise die
Position und offensive Selbstsicherheit, welche die neue ame -
rikanische Malerei der New York School und der Abstrakten
Expressionisten gegen Ende der fünfziger Jahre erreicht hat.
Begonnen haben diese Künstler in der kritischen Aus -
einandersetzung mit den sich damals im New Yorker Exil
befindlichen und die aktuelle Diskussion bestimmenden Sur -
realisten. Vor allem in den Arbeiten Gorkys, Rothkos und
Pollocks ist dieser Ansatz immer präsent, weniger bei Still und
Newman. Doch gerade letzterer schreibt im Frühjahr 1945
einerseits vom Tod des Surrealismus, muß diesem aber, unter
dem Einfluß der damals die USA erreichenden horriblen Pho -
todokumentationen aus den deutschen Konzentrations -
lagern, wiederum künstlerische Wahrhaftigkeit und authenti -
sche Qualität zugestehen. Newman bezieht sich dabei auf die
prophetischen Dimensionen der schockierenden surreali -
stischen Tableaus.' In jedem Fall hat er aber in seinen
inzwischen vor mehr als fünfzig Jahren verfaßten manifest -
artigen Texten das Gelände für eine Diskussion abge -
steckt, die Diskurs und Dialog in der amerikanischen und
europäischen Kunst und Kunstkritik bis in unsere Tage
bestimmt und die vor allem in den beiden Jahrzehnten nach
Kriegsende, auch vor dem Hintergrund der neuen politischen
Verhältnisse zwischen Europa und Amerika, intensiv geführt
wurde. Darüber hinaus hat er, so wie auch Alan Greenberg, an
einer Neubestimmung des Begriffs der Moderne gearbeitet,
um diesen, losgelöst von den europäischen Konzeptionen
und deren Verbindung mit der trotzkistischen Interpretation,
für eine gerade entstehende amerikanische Position zu beset -
zen und New York somit auch auf dem Gebiet der Kunst einen
hegemonialen Platz zu sichern.“
1958 eröffnete in der Basler Kunsthalle die von Dorothee Mil -
ler, einer einflußreichen Kuratorin des New Yorker Museum of
Modern Art, für Europa zusammengestellte Ausstellung mit
dem Titel »The New American Painting«. Der erfolgreiche
Abschluß in der Londoner Tate Gallery wurde in New York mit
einer Party im Skulpturengarten des MOMA gefeiert. Alfred
Barr und den Mitgliedern des International Committees des
Museums war ebenso wie den anwesenden Gästen aus der
Kunstszene klar geworden, daß das Projekt den beabsichtig -
ten Effekt erzielt hatte. Gezeigt wurden unter anderen Arbeiten
von Pollock, de Kooning, Newman, Still, Guston, Motherwell,
Kline, Rothko und Francis, deren Werke endgültig deutlich
8 Siehe dazu: Serge Guilbaut, How New York Stole the Idee of
Modern Art: Abstract Expressionism, Freedom and the Cold War,
Chicago 1983.
machten, daß die New Yorker Künstler die Malerei zu neuen
Dimensionen geführt hatten - ein Prozeß, der ursprünglich in
Paris vorbereitet und entwickelt worden war. Mit der Basler
Ausstellung und der starken Präsenz auf der documenta II
(1959) hatte die Malerei der New Yorker Abstrakten Expres -
sionisten, was ihren Einfluß sowohl auf die europäische Kunst
als auch auf den inneramerikanischen Kontext betrifft, einen
vorläufigen Höhepunkt erreicht. Vor allem Pollock und New-
man, jeder in seiner ganz spezifischen Form, hatten die neuen
Grundparameter des antizentristisoh subtil über die Bildfläche
hinausweisenden »all over«, die Verweigerung eines illusioni -
stischen Bildaufbaus und vor allem die psychophysisch
wirkende Expansion der körperüberschreitenden Grundfläche
formuliert und damit die abstrakte Bildmalerei zu potentiellen
Endpunkten weiterentwickelt. Bei Pollock wird dieser Moment
der höchsten Zuspitzung, der ihn zum Mythos gemacht hat,
in den bis 1950/51 gemalten »drippings« und der darauf fol -
genden Erschöpfung und Orientierungslosigkeit auch in
seiner ganzen persönlichen Tragik spürbar. Pollock besaß
nicht mehr die schöpferischen Möglichkeiten, um den von ihm
formulierten Kulminationspunkt der Malerei zu transzendieren
und daraus neue Lösungen zu entwickeln. Er konnte daher in
den letzten Monaten vor seinem Unfalltod nicht mehr malen,
seine Geste war eingefroren und es blieb einer nachkom -
menden Künstlergeneration Vorbehalten, neue Lösungen und
Konsequenzen zu erarbeiten. Die große Leistung von Pollocks
späten Jahren war letztlich seine Weigerung, den magischen
Gestus der »drippings« durch starke Wiederholung zu kor -
rumpieren.
Den Abstrakten Expressionisten war es in einer selbstbewuß -
ten Reaktion auf die in Europa vor dem Zweiten Weltkrieg
vorbereiteten Positionen gelungen, gültige Parameter einer
neuen Avantgarde zu entwerfen. In einer Radikalisierung des
Surrealismus durch extreme Verkürzung auf das sich unmit -
telbar ausdrückende Subjekt bot sich jener transformato-
rische Weg, der für die Kunst Türen in weite, noch unbekannte
Gebiete öffnen konnte. Dafür entscheidend war in der gesti-
schen Malerei der Abstrakten Expressionisten die Tendenz,
auf ein Territorium jenseits der Bildfläche zu verweisen. Vor
allem die Arbeiten Pollocks und Newmans besitzen diesen
substantiellen Gestus, der die Kunst in neue Dimensionen
geworfen, und dadurch starke internationale Wirkung gezeigt
und Neuerungen provoziert hat.
Noch in den fünfziger Jahren wurden in den USA zwei ent -
sprechende Reaktionsstränge auf die dominante Position des
Abstrakten Expressionismus sichtbar. Unter den ersten
Künstlern, die in den USA den von Pollock vorgezeigten Weg
auch theoretisch reflektierten, war Allan Kaprow, der 1958,
zwei Jahre nach Pollocks Tod, in einem Essay mit dem Titel
»The Legacy of Jackson Pollock» eine aktuelle Bestands -
aufnahme wagte und am Ende dieses Textes erstmals den
Begriff des »Happenings» oder »Events» als eine mögliche
Weiterentwicklung verkündete. Kaprow hatte damit das per-
formative Element ins Zentrum seiner Überlegungen gestellt
und so die Richtung der zukünftigen Entwicklung seiner Arbeit
fixiert. Im Gegensatz zu Kaprows Betonung des Perfor-
mativen konzentrierten sich Rauschenberg und Johns, eben -
falls unmittelbar aus dieser Dynamik heraus, auf das
Auftauchen realer und leicht codierbarer Objekte in der Male -
rei. Beide haben damit das Bild vom subjektivistischen
Erfahrungsspiel der gestischen Abstraktion auf eine struktu -
relle Ebene gehoben, auf der ein Dialog zwischen Bildfläche
und Objekt stattfinden konnte. Dies hatte letztlich zur Folge,
daß in der amerikanischen Kunst - und sei sie auch noch so
performativ - das manifeste Objekt immer eine zentrale Rolle
spielte, sei es in Form unmittelbar vorhandener Objekte und
Materialien wie sie außer bei Rauschenberg ja andersartig
auch bei Kaprow verkommen, sei es in Form artifizieller
Objekte mit Fetischcharakter, wie beispielsweise in Olden -
burgs performativer Arbeit The Store. Im Zentrum der ameri -
kanischen Kunst dieser Zeit steht immer das Objekt, der
Mensch aber erstarrt wie bei Segal in zwar lebensgroßer, aber
dennoch distanzierter, artifiziell weißer Pose. Der existentielle
Aspekt des Körperlichen, die menschliche Tragödie und
Komödie wurde später bei Warhol oder Nauman durch einen
medialen Filter zur distanzierten Beobachtung freigegeben.
Nur Carolee Schneemanns Arbeit durchbrach das hier auftre -
tende grundsätzliche Schema und blieb in der historischen
und kritischen Rezeption der Museen bis heute isoliert. Es war
der europäischen Kunst Vorbehalten, genährt von den Erleb -
nissen und fürchterlichen Erfahrungen der unmittelbaren
Vergangenheit das Drama der menschlichen Existenz, das
anthropozentrische Element des Verlusts und des Wieder-
findens der Bedingungen des Subjekts mit allen Mitteln zu
thematisieren.
Zweifellos kann gesagt werden, daß die objektorientierte, in
ihrem Wesen standbildhafte Kunst etwa ab 1958/59 die ame -
rikanische und in der Folge auch europäische Diskussion
dominierte. Der mediale Aspekt und der Erfolg der Pop-art
entwickelte sich parallel zur starken Expansion neuer mas -
senmedialer Möglichkeiten und dem demonstrativen Verlust
der Notwendigkeit der Avantgarde in der postmodernen
Phase. Beinahe parallel zeigte sich aber in den USA auch eine
Entwicklung, die in ihrer Ablehnung jeglicher Sprache im
163
Sinne einer narrativen Bedeutungsfolge ein noch legitimerer
Erbe der Hinterlassenschaft des Abstrakten Expressionismus
als die Pop-art - und dieser auch diametral entgegengesetzt
war. Newman und Pollock hatten in ihren Werken einen Grad
von gestischer Abstraktion erreicht, der mehr als die von
Greenberg favorisierten Bildobjekte Stellas, Nolands und
Louis’ den Intentionen jener neuen Generation von Künstlern
entsprach, für die Michael Fried in seinem grundsätzlich kriti -
schen Text »Art and Objecthood« die Bezeichnung »literalist
art« gefunden hatte. Während die Künstler der Colourfield-
Malerei nur einen Augenblick der Transformation des Bildes
zum Objekt im Raum einfroren, damit einen limitierten Aspekt
aus diesem entscheidenden Prozeß herausgriffen und in die -
sem Sinne auch eingeschränkt blieben, definierten die
Literalisten das Kunstwerk als ganzheitliche Situation, als
räumlich, performativ und konzeptorientiert und konnten
damit das umfassende Spektrum der neu eröffneten Möglich -
keiten voll ausnützen. Die verschiedenen Ansätze von Andre,
Flavin, Heizer, Judd, Morris, Nauman, Serra, Smithson, Son-
nier, Matta-Clark, Bürden, Acconci oder Graham stehen alle
in unmittelbarer Nachfolge des performativen Gestus der
Arbeiten von Pollock und repräsentieren den amerikanischen
Typus eines Konzepts, welches die Kunst der zweiten Hälfte
des Jahrhunderts nachhaltig geprägt hat und gemeinsam mit
der parallel entstehenden europäischen Entwicklung wohl am
treffendsten mit dem Begriff einer »konkreten« Kunst
beschrieben werden kann. Eine Position, die in der Proionga -
tion des von den Abstrakten Expressionisten aktualisierten
Gestus der Avantgarde das klassische Sein der Kunst als
Schein und Repräsentation noch einmal in Frage gestellt hat
und, wie Fried richtig schreibt, viel »mehr (ist) als nur eine Epi -
sode in der Geschichte des Geschmacks«.“
Fried definiert dabei den Wesenskern dieser neuen Dimension
der Kunst nicht als singuläre Entwicklung, sondern als den
»Ausdruck eines allgemeinen und alles durchdringenden
Zustands«, den er einer »Geschichte - beinahe Natur -
geschichte - der Anschauungsweisen (sensibility)« zuordnet.
Dabei kommentiert er die hiervon ihm richtigerweise als revo -
lutionäre Paradigmenwechsel diagnostizierten Entwick -
lungen in der bildenden Kunst kritisch. Flusser hingegen, hätte
er damals bereits in den Kategorien seiner Theorie der Geste
gedacht, wäre vermutlich über die Bestätigung seiner Ge -
danken begeistert gewesen. Es erweist sich jedoch einmal
mehr, daß die Theorie immer der Idee folgt.
9 Michael Fried, »Kunst und Objekthaftigkeit«, in: Minimal Art - eine
kritische Retrospektive, hrsg. von Gregor Stemmrich, Dresden -
Basei 1995, S. 353.
Die tatsächliche Mächtigkeit der von den amerikanischen
Abstrakten Expressionisten formulierten neuen Möglichkeiten
führte also zu einer Herausforderung, der sich die amerikani -
schen, aber insbesondere auch die europäischen Künstler
stellen mußten. Um die Position der europäischen Kunst ver -
stehen zu können, muß man sie sowohl in das trans -
kontinentale Spannungsfeld stellen, als auch in eine Situation
der Auseinandersetzung mit den klassischen und durch die
Kriegskatastrophen zertrümmerten Avantgarden des frühen
Jahrhunderts, Die Moderne und die Avantgarde haben vor
allem in jenen Bereichen Europas einen ungeheuren Nieder -
gang erlebt, deren Gesellschaften Totalitarismus und Faschis -
mus mit all seinen Begleiterscheinungen wie der Korrumpie-
rung des Bildungsbürgertums, der Vertreibung der Intelligenz.
Antisemitismus und Genozid, der totalen Unterordnung der
Kunst unter die Staatstyrannei und ihre Knebelung hervorge -
bracht hatten. In Deutschland, Österreich und Italien dauerte
es beinahe ein Jahrzehnt, ehe wieder neue, herausfordernde
Positionen eingenommen wurden und an Traditionen der
Vorkriegszeit angeknüpft werden konnte. Dieser Logik der
Geschichte folgend, ist die russische Kunst noch heute stär -
ker von einer anhaltenden Tendenz zum Exil geprägt als vom
Entstehen einer grundsätzlichen Basis im Lande selbst, und
in manchen Ländern des ehemaligen Warschauer Paktes -
von den neuen Krisenherden Europas am Balkan und man -
chen ehemaligen Einflußgebieten der UdSSR ganz zu
schweigen - ist die Unfreiheit der Kunst noch immer kein
Thema öffentlicher Diskussion.
In Österreich, einem Land, das im Zentrum eines sich neu for -
mierenden Europa zwischen transkontinentalen atlantischen
Tendenzen und den instabilen Kräften Osteuropas lag und
dessen Geschichte in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts
von katastrophaler Diskontinuität bestimmt war, entwickelte
sich aus den geistigen Trümmern ein Kunstverständnis, das
eher retrospektiv und werterhaltend agierte. Man klammerte
sich an die Vergangenheit und wünschte sich in die geschönte
kollektive Erinnerung der monarchisch zentralisierten habs -
burgischen Welt zurück. Es war die Aufgabe der jungen und
neuen Kunst der Nachkriegszeit, an jene österreichische Gei -
stestradition der Wiener Moderne anzuknüpfen, in der die
Energien, die um die Jahrhundertwende von der Brüchigkeit
der Welt der österreichisch-ungarischen Monarchie wie des
gesamten europäischen Mächtegefüges freigesetzt wurden,
zu bahnbrechenden Leistungen der Wissenschaften und
I
Kunst geführt hatten. Und es war weiters die Aufgabe der
österreichischen Nachkriegsgeneration, im verstärkten inter-
nationaien Austausch ihre eigene Position zu finden und auf
die unmitteibaren Verirrungen der nationaisoziaiistischen
Phase und der sie vorbereitenden geistig-kulturelien Ten -
denzen, die weit ins vorige Jahrhundert zurückreichen, eine
Antwort zu finden.
im Unterschied zur österreichischen Situation, in der die Mit -
täterschaft des Landes hinter die Opferiegende zurücktrat
und bis in die jüngste Vergangenheit verdrängt werden
konnte, kam es in Deutschiand zu einem grundsätziich ka-
thartisohen Reinigungsprozeß. Durch die Nürnberger Pro -
zesse und die Neuordnung in den Medien, den Universitäten,
dem öffentiichen Leben und auch den kuitureilen Einrichtun -
gen wurde die Geseiischaft in eine vorwärtsgerichtete
Dynamisierung und grundsätzliche Modernisierung geführt.
Allerdings konnte man in Deutschland auch auf eine noch
unmittelbar vor dem Krieg im Spannungsfeld zwischen Mün -
chen, dem Rheinland, Dessau und Berlin existierende
Tradition der Moderne zurückgreifen, und in den fünfziger
Jahren wurden für die zeitgenössische Kunst zukunftswei -
sende Weichen gestellt. Neugründungen von Sammlungen,
Museen und die Einrichtung der »documenta« waren die
äußeren Unternehmungen, die die heutige Präsenz der deut -
schen Kunst vorbereiten halfen. Die Künstler konnten sich auf
Leitbilder wie Ernst, Albers, Hartung, Beckmann, Grosz, Arp,
Klee und Schwitters beziehen.
Vor allem in der Person Wols aber steht dem gestischen
Expressionismus der New Yorker Künstler eine Position in der
deutschen bzw. europäischen Kunst gegenüber, welche die
individuelle und existentielle Katastrophe unmittelbar und
distanzlos spiegelt. Seine gestischen Abstraktionen und
scharfen realistischen Photographien entstanden zu einer
Zeit, in der von Tachismus, Informel und Abstraktem Expres -
sionismus noch keine Rede war. Mehr als jeder andere
erreichte Wols in den ab Mitte der vierziger Jahre gemalten
Bildern einen Grad an Auflösung, der vieles vorbereiten
konnte und vorweggenommen hat, was sich erst in den fünf -
ziger und sechziger Jahren entwickeln sollte. Andererseits
beschreibt der krasse Realismus seiner Photos eine starke
Sehnsucht nach einem konkreten Begreifen von Wirklichkeit.
Der Grad an bohrender Konzentration auf die Leinwand, die
Intensität, mit der sich bei Wols der Autor in das Bild hinein -
gräbt, finden ihre Entsprechung in der literarischen und
theoretischen Position Antonin Artauds. Es ist für die tragische
politische Situation Europas symptomatisch, daß diese bei -
den Schlüsselpersönlichkeiten der Entwicklung der euro -
päischen Nachkriegskunst aus Gesellschaften kamen, die im
Zentrum jener kriegerischen Auseinandersetzungen standen,
die das alte Europa zerstört hatten. Sowohl Wols als auch
Artaud haben sich aber außerhalb der gesellschaftlichen
Realitäten gestellt und unter schwierigen oder auch tra -
gischen Umständen gelebt. Gerade in ihrer dadurch be -
stimmten existentiellen und kulturellen Integrität vermögen sie
aber die furchtbaren gesellschaftlichen Zustände im Europa
der dreißiger und vierziger Jahre zu verkörpern und in der
europäischen modernen Kunst heroische Positionen zu
besetzen, deren Bezugspunkte bis heute als paradigmatisch
gelten können. Die legendären Positionen Artauds und Wols’
haben, gemeinsam mit den Arbeiten Pollocks und im Gegen -
satz zu jenen Positionen, die Fried den amerikanischen
“Literalisten« zuschreibt, eine Kontinuität der anthropomor-
phen Themen in der Kunst möglich, ja geradezu notwen -
dig erscheinen lassen. Mit dieser aus der unmittelbaren
Geschichte begründbaren Ausgangsposition befand sich die
europäische Nachkriegskunst insoferne im Gegensatz zum
Reflex der amerikanischen Literalisten auf den gestischen
Expressionismus, als sie vorerst auf der Thematisierung des
Subjektiven in seiner Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit
bestand.
Artauds umfangreiche theoretisch-poetische Schriften und
die relativ geringe Anzahl der Bilder und Photographien von
Wols verweisen ähnlich wie die Arbeiten Pollocks auf eine
Tendenz zur Transzendenz des Werkbegriffes in Richtung
einer stärkeren Präsenz des Subjekts. Text und Bild werden
unmittelbar, ja geradezu materiell greifbar und mit der Präsenz
der Persönlichkeit aufgeladen. Pollocks Methode der rituali -
sierten Malerei, in der das Subjekt in einem transzendentalen
Gestus direkt in das Bild eintritt, gilt ähnlich, aber mit anderen
ästhetischen Lösungen und Konsequenzen, auch für Wols
und Artaud. Nicht der Aufbruch, sondern die Implosion des
persönlichen Ausgesetztseins drückt sich auf der Bildfläche
aus. Beides jedoch ist ein Befreiungsgestus unterschiedlicher
Prägung. Artaud formulierte in Das Theater und sein Double:
»Wenn es überhaupt etwas Infernalisches, wirklich Verruchtes
in dieser Zeit gibt, so ist es das künstlerische Haften an For -
men, statt zu sein wie Verurteilte, die man verbrennt und die
von ihrem Scheiterhaufen herab Zeichen machen.«'" Schon
10 Siehe dazu: Antonin Artaud, »Das Theater und die Kultur«, in: Das
Theater und sein Double, München 1996, S. 15.
I
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s
)
I
164
I
1923, nachdem Jacques Riviere seine Gedichte für die
»Nouvelle Revue Frangaise« abgelehnt hatte, hatte Artaud
die Kritik am Objekt als einen Akt der Freiheit gesetzt. Zu -
nehmend sah er die Unmöglichkeit für das »Warenhaus der
Literatur« zu produzieren. In »Die Nervenwaage« erklärte er
das Schreiben von Literatur, stellvertretend für jede Kunst,
zum Produzieren von Abfall. Er insistiert auf einer nicht ein -
zulösenden Einheit von Denken und Tun, von Konzept und
Gestus als Befreiungsstrategie. Aus dieser Perspektive ist
auch seine Negation einer Differenz zwischen Kunstobjekt
und Gedanke, zwischen Literatur und Wahrheit, zwischen
Objekt und empirischer Wirklichkeit zu verstehen. Atemlos
umschreibt er das gnostische Konzept einer Verschmelzung
von Körper und Geist, indem er das Denken selbst als Objekt
definiert und damit eine Aufhebung der Autorität des Objek -
tes beschwört.
Die hier kurz charakterisierten Posititionen von Artaud und
Wols können als unmittelbar prägende Bezugspunkte der
europäischen Nachkriegskunst von Mathieu über Vostell, von
Beuys bis zu den Positionen der Arte Povera und den Wiener
Aktionisten gelesen werden. Die dabei zutage tretenden
Unterschiede zur amerikanischen Position haben die Ent -
wicklungen in der Nachkriegskunst bis heute geprägt und
sollten gerade bei einer historischen Bearbeitung des hier vor -
liegenden Themas mitbedacht werden. Eine isolierte Be -
trachtung der Traditionsbezüge der europäischen Nach -
kriegskunst ist aber ohne ein bedeutendes Mitbedenken der
revolutionären Entwicklungen in der amerikanischen Kunst
nicht möglich. Gerade in bezug auf den performativen Gestus
der Kunst gibt es eine Genealogie, die sich in der Vergangen -
heit zu einseitig auf die amerikanischen Positionen der
fünfziger Jahre und ihren Einfluß auf die europäischen Künst -
ler bezogen hat. Die Dimensionen der Werke von Wols und
Artaud bieten parallel und zusätzlich zu den Werken der
Dadaisten, Duohamps und Pollocks weitere einflußreiche
historische Bezugspunkte für eine Neubewertung der Ent -
stehungsgeschichte gewisser performativer Positionen in der
europäischen Kunst der letzten fünfzig Jahre.
Mit der Öffnung des Einflußbereiches der UdSSR vor dem
Flintergrund eines Niedergangs des Kommunismus und der
11 Beispielsweise kommt in einem Buch, das einen so umfassen -
dem Anspruch erhebt wie dasjenige, das Sandro Boccola 1994
unter dem Titel Die Kunst der Moderne - Zur Struktur und Dyna -
mik ihrer Entwickiung. Von Goya bis Beuys herausgebracht hat,
die poststaiinistische inoffizielle russische Kunst genausowenig
vor wie irgendeine andere Position aus den Ländern des ehemali -
gen Ostblocks.
Veränderungen des Kapitalismus stehen wir heute einer
dieser amerikanisch-europäischen Nachkriegssituation ähn -
lichen Verschiebung im geopolitischen Bereich gegenüber,
deren Auswirkungen allerdings noch nicht beurteilbar sind.
Erst jetzt können wir weitgehend über jene Informationen
verfügen, die ein Erkennen der Situation der Kunst im Kom -
munismus seit Stalins ab den zwanziger Jahren ein -
geschlagenem Isolations- und Knebelungskurs ermöglichen.
Wir können auch zunehmend die langsame Entwicklung auto -
nomer und vom Staatsapparat unabhängiger Positionen in
der russischen Kunst seit den frühen sechziger Jahren erken -
nen, und es wird immer klarer, daß eine umfassende Ge -
schichte oder Phänomenologie der transkontinentalen Bezie -
hungen der Moderne und Avantgarde ohne eine Integration
der nachstalinistischen russischen Kunst notgedrungen
lückenhaft bleiben würde." Durch die in den letzten Jahren
stattfindenden radikalen Veränderungen der global- und
gesellschaftspolitischen Realitäten verbinden sich nunmehr
die Positionen der russischen Kunst des frühen Jahr -
hunderts und deren ideologische Auswirkung auf die Ent -
wicklung der Moderne und Avantgarde mit einem jetzt erst
zugänglichen Wissen über die nonkonformistische russische
Kunst der letzten Jahrzehnte. Etwa seit den frühen sechziger
Jahren kehren die russischen Künstler wieder schrittweise in
den Kontext der Moderne zurück, zu deren Entwicklung sie in
den Revolutionen der ersten Avantgarden des russischen
Futurismus und des Suprematismus Entscheidendes beige -
tragen hatten. Die Dunkelheit, in der sich die Moderne in
Rußland über dreißig Jahre lang befand, war nicht nur ein
jeder Auseinandersetzung zwischen Totalitarismus und Kunst
gemeines Phänomen, sondern auch die tragische Folge des
entgrenzten idealistischen Pragmatismus der Stalin-Periode.“
Der russische Dichter Joseph Brodsky fand für den daraus
resultierenden gesellschaftlichen Zustand das Sprachbild des
»durch seine Verwüstung angsteinflößenden Ortes«. Diese
Formulierung des großen Dichters beschreibt treffend jene
Leere, der sich die Künstler mit ihren Autonomieforderungen
ausgesetzt sahen. Sie ist als solche in der russischen Kunst
der letzten vierzig Jahre ununterbrochen thematisiert worden.
Platte dies aufgrund der anhaltenden Wirksamkeit der Repres-
12 Andreij Erofeev weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß
es in Görings Kunstsammlung sehr wohi Arbeiten der Impressio -
nisten gab, während Stalin ausnahmslos alle Sphären freier
künstlerischer Tätigkeit - beispielsweise auch Kunst von Kindern
oder Volkskunst - in den Rahmen seines ideologischen Systems
zwängte. Siehe dazu: Andreij Erofeev, »Die Kunst der Nonkonfor-
misten«, in: Kunst im Verborgenen, Rußiand 1957-1995,
München 1995.
166
Valerij Gerlovin und Rimma Gerlovina, Zoo, 1976
HOMO SAPIENS
K/IACC M/lEKDraTAB«
GROUP DF MAMMALES
CAMEUHCAMKA
male AND FEMALE
sionen des stalinistischen Apparates in den fünfziger und
sechziger Jahren ursprünglich, wie beispielsweise im Werk
von Dmitrij Krasnopevcev, zu extremen Formen des Rück -
zugs in subjektiv schwärmerische Traditionsbeschwörungen
und in eine persönliche Isolation geführt, so entwickelten sich
vor allem in den siebziger Jahren Positionen, die heute allge -
mein mit der von Boris Groys eingeführten Bezeichnung
»Moskauer Romantischer Konzeptualismus« beschrieben
werden. Dieser Kreis ging in bezug auf das beharrende Unter -
drückungssystem in einer subtilen Weise zum Gegenangriff
über, indem sich die Künstler von den herrschenden Normen
distanzierten und deren Symbole und Alltäglichkeiten aus der
Entfremdung heraus formulierten und ästhetisierten. Dies war
in der Situation der russischen Staatskultur nach Breschnews
Tod eine logische Reaktion auf die Tatsache, daß man in der
darauffolgenden Phase plötzlich von einer Entfremdung,
einem Sinnverlust und einer damit einhergehenden Ästheti-
sierung und Musealisierung der Ideologie und der durch sie
bestimmten Wirklichkeit umgeben war. Eine Entwicklung, die
infolge der durch Perestroika und Glasnost eingeleiteten Ver -
änderungen im Leben und den Systemen des Sowjetbürgers
bestätigt, beschleunigt und letztlich gestoppt wurde. Heute
befindet sich die russische Kunst in einer noch radikaleren
transitorischen Phase. Während sich die Generation der
Moskauer Konzeptualisten zumindest einem gerade noch
funktionierenden ideologischen Apparat gegenübersahen,
dessen bedauernswerter Zustand ihnen Mut machte, befin -
den sich die heutigen Künstler in einem Raum zwischen Exil
und ideologischer Leere, der durch einen noch viel intensi -
veren Angstzustand geprägt ist. Viele Konzeptualisten, wie
beispielsweise Kabakov oder Bulatov, leben längst in West -
europa oder den USA, und ihre Kunst wird im internationalen
Kontext präsentiert und interpretiert. Die neue Generation der
russischen Künstler sieht sich mit einer beliebigen Situation
konfrontiert und thematisiert die kollektiven und subjektiven
Zustände eines sich auflösenden Systems nicht mehr aus der
letztlich überlegenen Position des agierenden Oppositionel -
len, sondern ist nun mit der tatsächlichen Identitätsleere nach
dem tatsächlichen Zusammenbruch des Systems kon -
frontiert. Dies ist ein bedeutender Qualitätsunterschied
im Zustand des gesellschaftlichen Kontextes, mit dem die
russische Kunst konfrontiert ist. Das Resultat ist eine
kontroversielle, spontane und authentische Kunst mit stark
performativem Gestus. Einer der radikalsten Vertreter des
heutigen russischen Aktionismus ist beispielsweise Alexander
Brener, der stellvertretend für den russischen Bürger das
Koordinatensystem seiner Lebenswirklichkeit schlagwortartig
mit »sex, violence and helplessness« beschreibt." Brener
wurde Anfang 1997 in Amsterdam zu mehreren Monaten
Gefängnis verurteilt, nachdem er im Stedelijk Museum ein
Bild Malewitschs mit einem Andy Warhol zitierenden Dollar -
signet übersprüht hatte. Vor einer grundsätzlichen
Verurteilung einer solchen Geste ist es aber gut zu wissen,
daß Malewitsch selbst in einem Text über das Museum vor -
geschlagen hat, die alte Kunst zu verbrennen, um den Anblick
ihrer Asche genießen zu können.“ Groys weist darauf hin, daß
vor dem Hintergrund dieser Aussage das Schwarze Quadrat
Malewitschs als »Produkt der Verbrennung aller anderen Bil-
der<‘ und als »lebendiger Ursprung der Welt« interpretiert
werden kann. Diese Analogie der Leere gilt auch für sein
Weißes Quadrat als Zitat, das, wie wir sehen werden, in der
neueren russischen Kunst immer wieder vorkommt. Der
13 Brener in einem Videointerview mit Joseph Bakstejn, das in der 14 Kasimir Malewitsch, »On the Museum«, in: Essays on Art,
Ausstellung >»For a better worid - Aktionismus in Moskau« in der New York 1971, S. 68-72.
Wiener Secession 1997 gezeigt wurde.
167
Gruppe »Kollektive Aktionen«,
Slogan - Manifest, 1976
ffCMOTV« HA \u. ^
OB3BOCMECT^ I
avantgardistische Gestus, mit dem Malewitsch eben keine
»angsterfüllte«, sondern eine »fruchtbare« Leere, einen
Anfang, formulieren wollte, findet sich also in den Neo-Avant-
garden der romantischen Konzeptualisten und auch in
Breners Arbeiten wieder.
Eine 1976 entstandene Photographie zeigt Valerij Gerlovin
und Rimma Gerlovina in nackter Rückenansicht. Um ihre
Hüften hängt eine Tafel mit der Aufschrift »Homo Sapiens -
Delai de Conservation 100 ans«. Vor dem koordinatenlosen
weißen Hintergrund des Photos erscheint diese Arbeit als
Metapher einer Verbindung der russischen Gegenwartskunst
mit der heroischen Avantgarde des Suprematismus. Die
Aktion Zoo ist hingegen ein aktionistischer Gestus, der stell -
vertretend für jene Situation steht, in der sich die Moskauer
Konzeptualisten befanden. Ebenfalls 1976 führte die vom
Philologen Andrei] Monastyrskij gegründete Gruppe »Kollek -
tive Aktionen« ihre ersten Performances durch. Monastyrskijs
Position ist von Beginn an interdisziplinär und performativ. Er
beschäftigt sich mit Poesie und minimalistischer Musik und
entwickelte sich in der Folge nicht nur zur Leitfigur der
Gruppe, sondern zu einem einflußreichen Theoretiker der in -
offiziellen Kultur Moskaus in den siebziger Jahren. Etwa um
1975 beginnt er mit der Herstellung von Objekten, die dann in
den Aktionen eingesetzt wurden. Die Gruppe »Kollektive
Aktionen« realisierte von 1976 bis in die späten achtziger
Jahre etwa 60 Aktionen, die sich in der damaligen politischen
Situation der UdSSR und analog zu den Zimmerausstellungen
der nonkonformistischen Kunst immer in kleinstem Kreis
abspielten. Außer Monastyrskij waren in den ersten Jahren die
Künstler Nikita Alekseev, Nikola Panitkov, Georgij Kizeval’ter
und Sergej Romaschko beteiligt. Zu den Performances
wurden immer dieselben Freunde als Zuschauer eingeladen.
In der Regel waren dies Kabakov, Prigov, Bulatov, Bakstejn
und noch einige mehr. Drei Elemente sind in der Struktur der
Arbeiten Monastyrskijs wesentlich: die Landschaft, die Reise
und die Sprache in der Form des Kommentars. Die Aktionen
der Gruppe fanden bevorzugt im Winter in der Umgebung von
Moskau statt. Auch Monastyrskij projiziert damit das supre-
matistische Weiße Quadrat und dessen produktive Leere in
die weiße Landschaft. Die von den Gruppenmitgliedern
gesetzten und von den begleitenden Freunden beobachteten
und erlebten Aktivitäten konnten aber erst nach einer Reise
bzw. Wanderung stattfinden, im Zuge derer man die urbanen
Kontextualitäten hinter sich ließ. Durch die weiße Landschaft
ebenso wie durch die quasi meditative Reise aus dem ideo-
logisierten Sprachfluß der urbanen Umgebung heraus
formulierten die Mitglieder der »Kollektiven Aktionen«, jenen
Freiraum, den Groys in einem seiner ersten Texte zur
Moskauer Szene als »Null-Lösung« bezeichnet hatte, und den
sie in der Folge mit ihren ganz spezifischen Sprachen und
Aktivitäten füllten. Die Gruppe »Kollektive Aktionen« ent -
wickelte sich in den fünfzehn Jahren ihrer Bestehens zu einer
Art diskursiver Sekte, und Monastyrskij wurde zum partizi-
patorische Aktionen entwerfenden Schamanen; heute aller -
dings verläßt der Künstler kaum mehr seine Wohnung und
Moskau. Die Kontinuität der Arbeiten Monastyrskijs und sei -
ner Gruppe »Kollektive Aktionen« hatte zur Folge, daß über
die Jahre viele Künstler, Literaten und Kritiker daran teil-
nahmen, und damit die Gruppe für die Moskauer Kunst
zu einer Art Bindeglied zwischen den Generationen wurde.
Monastyrskijs Wohnung war neben dem Dachbodenatelier
Kabakovs der zweite wichtige Fixpunkt der Moskauer
romantischen Konzeptualisten. Durch den performativen
Ansatz der Befreiungsübungen der Gruppe »Kollektive Aktio -
nen«, aber auch durch Kabakovs private Vorlesungen aus
seinen »Alben« bildete sich das Koordinatensystem der
Gegenwirklichkeit, in der die Moskauer Konzeptualisten
überleben konnten.
Der heute gegenwärtige Aktionismus der Moskauer Szene
kann sich neben den performativen Entwicklungen der
russischen Revolutionsavantgarden und Phänomenen wie
Happening, Fluxus, Wiener Aktionismus und Performance-
Kunst bereits auf die, von Künstlern wie den Gerlovins und
dem Kreis um Monastyrskij geschriebene, jüngere Geschichte
der performativen russischen Kunst, berufen. Denn der
Gestus, die Aktion, war von Anfang an Teil der Formulierun -
gen des Russischen Konzeptualismus. In diesem Zusam -
menhang ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, daß viele
der beteiligten Künstler nicht von der bildenden Kunst, son -
dern der Literatur bzw. den Sprachwissenschaften herkamen.
Damit waren sie vermutlich geeigneter und besser gerüstet,
um gegen ein System vorzugehen, das sich in erster Linie
über den Text ideologisch vermittelte. Um gegen diese po -
tentiell knebelnde Homogenität des Systems vorzugehen,
mußten dessen Sprachen analysiert und dekonstruiert
werden. Die romantischen Konzeptualisten entwickelten dafür
die Methode des ironisierenden und distanzierenden
Kommentars und ergänzten diese Methode der medialen
Verfremdung durch die befreiende Geste der Aktion.
In der nachstalinistisohen Phase wurde es den Künstlern
zunehmend möglich, sich in einem gewissen, wenn auch klei -
nen und ständig bedrohten Freiraum zu bewegen. Man traf
sich regelmäßig in den meist an der städtischen Peripherie lie -
genden überfüllten Kommunalwohnungen, wo sich die
Kontrollfähigkeit der Apparate in der Anonymität verlor und
der Künstler seine öffentliche Präsenz einbüßte. Nur in diesen
geduldeten Nischen war es für die nonkonformistischen
Künstler möglich zu überleben. Das Leben dieses sehr engen
Bekanntenkreises wurde zu einer Folge von häuslichen Aktio -
nen und Ritualen. Die sakralen Objekte der Kunst nisteten sich
in die »Armseligkeit« des Daseins zwischen den Objekten der
Alltäglichkeit in den überfüllten Küchen der winzigen Klein -
wohnungen in den Wohnsilos der Randbezirke Moskaus ein.
Die Trivialität des Alltags und die Kontextlosigkeit führten aber
auch zu Zweifel und Kritik an der Repräsentanz des Kunstob -
jekts überhaupt. Daraus entstand eine Werkkritik, die eine
Interpretation der Kunst und des Museums nur mehr als
»Archiv« oder »Müilhaufen der Geschichte« zuließ. In den
Archiven und Museen werden die verschiedenen »Sprachen«
gleichwertig nebeneinander ausgestellt und instrumentalisiert.
Dadurch dekonstruiert man sie in ihrem Wesen und schafft
sinnentleerte Räume. Ein solcher Vorgang macht aber die
Archive selbst zwecklos und transformiert sie zu den von
Groys beschriebenen und von Kabakov in seinen Installatio -
nen thematisierten »Müilhaufen«."^ Die Positionen Kabakovs
und Groys’ erinnern an Artaud. Schon dieser wollte ja dem
»Warenhaus der Literatur« keinen weiteren »Abfall« mehr hin -
zufügen und sah seine Aufgabe in einer Konkretisierung der
Gedanken durch deren direkte, ja körperlich-schmerzhafte
Erfahrbarkeit. Er forderte die Rückkehr zu einer konkreten
Subjektbezogenheit durch Projektion der Gedanken auf den
Körper. Die Forderung Artauds, die aus den umfassenden Kri -
sen der europäischen Gesellschaften und Kulturen ent -
standen war, ist es, die im Aktionismus thematisiert wird, sei
es seit etwa 1975 durch die Moskauer Gruppe »Kollektive
Aktionen«, sei es ab 1960 in Westeuropa beispielsweise durch
die Wiener Aktionisten und Beuys.
15 Siehe dazu: Boris Groys, »Sammein, gesammeit werden -■ die
Rolie des Museums wenn der Nationaistaat zusammenbricht«, in:
lettre international, 2, 33,1996.
16 Siehe dazu: Peter Weibei, die wiener gruppe - a moment of
modernity 1954-1960, Wien-New York 1997, S. 775.
Nun wechseln wir zwar Ort und Zeit, begegnen aber durch -
aus ähnlichen, ebenfalls als Folge der Auseinandersetzung
der Moderne mit totalitären und homogenen politischen Ideo -
logien entstandenen Voraussetzungen. Wir gehen etwa vierzig
Jahre zurück nach Mitteleuropa. Flier taucht Wien langsam
wieder aus der Agonie des Zerfalls des Flabsburgerreiches,
der traumatischen Situation des Austrofaschismus der Zwi -
schenkriegszeit, des Anschlusses Österreichs an das Dritte
Reich Hitlers und den beiden Kriegskatastrophen auf. Die
fundamentalen Leistungen der Wiener Moderne, der frühe
Wiener Expressionismus Klimts, Schieies, Mahlers, Gerstls
und Schönbergs, die Entwicklung der Psychoanalyse Freuds,
die Literatur von Kafka, Trakl und Musil, die neue Wiener
Schule Schönbergs, Bergs und Weberns und der Wiener
Kreis Wittgensteins, Gödels, Schlicks, Mauthners und
Carnaps sind in der Nachkriegsgegenwart nicht mehr prä -
sent, ihre Vertreter entweder tot oder im Exil. Führt man sich
dieses Ausmaß an Zerstörung vor Augen, so ist auch hier das
schon zitierte Bild Brodskys des »durch seine Verwüstungen
angsteinflößenden Ortes« zweifellos zutreffend. Angst hatten
damals sowohl die fortschrittlichen Denker in ihrer gesell -
schaftlichen und kulturellen Isolation, als auch die vielen
Nationalsozialisten, die ihre Identität und ihre moralische Inte -
grität verloren hatten. In diesem Zusammenhang ist der
kulturgeschichtlichen These umfassend zuzustimmen, daß
Österreich auch nach 1945 und in gemäßigter Form bis in die
Gegenwart im Zeichen von Austrofaschismus und National -
sozialismus gestanden hat.’® Das kulturelle Klima in Wien war
noch lange von einer antimodernen und retrospektiven
Grundstimmung geprägt. Keinesfalls kann man von einer
offenen, dynamisch vorwärtsstrebenden Situation sprechen,
obwohl dies die jüngere nationale Geschichtsmythologie mit
dem Begriff der »Stunde Null« gerne suggeriert. Erst viel spä -
ter und in einem bis heute andauernden Prozeß begann sich
das Land langsam und in oft schmerzvollen Auseinander -
setzungen mit den kollektiven Lasten der Vergangenheit aus -
einanderzusetzen. Dieser beharrende und statische Aspekt in
der gesellschaftlichen Entwicklung der Zweiten Republik wird
in den österreichischen Geschichtswissenschaften mit dem
Begriff des »historischen Blocks«" treffend beschrieben. Erst
in der Jüngeren Vergangenheit, mit der endgültigen Hinwen-
17 Siehe dazu: Gerhard Botz, Albert Müller, »Über Differenz/Identität
In der österr. Gesellschafts- und Politikgeschichte seit 1945«, in:
Identität: Differenz - eine Topografie der Moderne, Wien - Köln -
Weimar 1992, S. 525 ff.
169
Valie Export, Tapp- und Tastkino, 1968
düng zum Konzept eines Vereinten Europa, der durch die Öff -
nung des Ostens plötzlich aktualisierten geopolitischen Lage
und einer verstärkten Analyse der verhängnisvollen Rolle des
Landes in der Zeit des Faschismus und Nationalsozialismus
scheint diese Starrheit der provinziellen Selbstbeharrung
tatsächlich ihrem Ende zuzustreben.
Will man die Radikalität und auch den Grad an Agitation der
in dieser österreichischen Wirklichkeit entstehenden Avant -
garden begreifen, so muß man sich vor Augen halten, daß die
Kunst in Österreich keine gleichwertige Parallele zu den avant -
gardistischen Formulierungen der klassischen Moderne
Europas entwickeln konnte. Denn die österreichische Moder -
ne in der Malerei ging, kaum daß sie begonnen hatte, bereits
während des Ersten Weltkrieges wieder zu Ende. Es blieben
die um den Verlust der Identitäten kreisenden heroischen
Einzelpositionen in der Literatur des frühen Wittgenstein, in
den Schriften von Kraus, Musil, Kafka, Trakl und Canetti. Die
bildende Kunst Österreichs hat nach dem Tod Schieies, dem
Selbstmord Gerstls und dem Exil Kokoschkas keine gleich -
wertigen Leistungen mehr aufzuweisen. Erst in der Zweiten
Republik, nach 1950, bilden sich in manchen Werken wie bei -
spielsweise jenen Arnulf Rainers und Maria Lassnigs, aber vor
allem mit dem Kreis der "Wiener Gruppe«' und in den sechzi -
ger Jahren mit dem »Wiener Aktionismus«« Positionen, in
denen die Kunst wieder Kontakt zu den Entwicklungen der
Moderne findet und in zum Teil schwierigen Prozessen auf die
österreichische Wirklichkeit Bezug nimmt. Aus diesen
entwicklungsgeschichtlichen Bedingungen heraus ist es
bezeichnend, daß die Wiener Gruppe als eigentlich erste wirk -
liche österreichische Moderne in einer literarischen bzw.
sprachphilosophischen und nicht bildkünstlerischen Tradition
steht. Artmann, Rühm, Wiener, Bayer und Achleitner konnten
sich auf die oben beschriebenen literarischen Leistungen und
vor allem auch auf die sprachkritischen Positionen Witt -
gensteins und des Wiener Kreises berufen. Tatsächlich
gehörte Oswald Wiener zu den ersten, die nach dem Krieg
Wittgenstein und Mauthner lasen, und die Entwick -
lungsgeschichte der Wiener Gruppe ist eng mit den Posi -
tionen dieser Denker verbunden; sie nimmt in der Folge, bei -
spielsweise in den Arbeiten Rühms, bereits früh struktur -
analytische und konkrete Positionen ein.
Die Wiener Gruppe formierte sich um etwa 1952 aus der
Szene der Wiener Künstlerclubs der Nachkriegszeit. In den
literarischen Werken dieses Kreises zeigte sich in der öster -
reichischen Kunst erstmals in aller Radikalität eine
Strukturkritik, die Literatur und Kunst als Repräsentation
170
Peter Weibel, Media Lung, 1968
gesellschaftlicher und politischer Wirklichkeits- und Ver -
haltenssysteme interpretierte und in deren Kommuni -
kationsprozeß zu intervenieren versuchte. In den darauffol -
genden Jahren verstärkte sich diese Tendenz bis zu den
1958/59 stattfindenden beiden »Literarischen Kabaretts«, in
denen die Kritik am literarischen Text bereits so weit vorange -
trieben war, daß das dabei entstehende konzeptive Vakuum
mit ereignishaften Szenen, in der Diktion der Wiener Gruppe
»Begebenheiten« genannt, ausgefüllt wurde. Wiener berich -
tet in diesem Zusammenhang von einer Bemerkung Konrad
Bayers, der gemeint hatte, daß man, würde man so weiter
machen, »beim bloßen Vorzeigen von Gegenständen landen«
würde.’“ Um 1957 traten also bereits jene Strukturen in den
Vordergrund, die auch die Positionen der Aktionisten bestim -
men sollten. Die Kritik an der Repräsentation führte zur
performativen Aufladung des Kunstwerks, um hinter die Rea -
litäten zu gelangen. So wie sich in den Arbeiten der Wiener
Gruppe aus dem Umgang und der analytischen Dekonstruk-
tion von Sprache und Sprachgewohnheiten bereits um 1957
performative Modelle entwickelten, wird auch im Wiener
Aktionismus das Kunstobjekt zum Werkzeug einer Unter -
suchung von Repräsentationsmodellen, wobei es gestisch
mit Bedeutung aufgeladen wird. Oswald Wiener hat diesen
Mechanismus 1968 in einem Vonwort zu Nitschs erstem Buch
als gemeinsame »Politik der Erfahrung« beschrieben. In sei -
ner Analyse nennt er den gemeinsamen Gegner, nämlich
18 Siehe dazu: Oswald Wiener, »das »literarische cabaret« der wiener
gruppe«, in: die wiener gruppe (wie Anm. 16), S. 309
Kultur und Wirklichkeit als Pole eines unmündigen Bewußt -
seins. Das gemeinsame Ziel ist die Erschaffung von »Sinn«.
Dieser warte, so formuliert Wiener, »nicht auf Entdeckung«,
sondern werde »erzeugt«. Darüber hinaus sei »Sinn« bzw.
»Bedeutung« eine »Dimension der Kommunikation«.’“ Wie -
ner gibt hier eine Anleitung zur Phänomenologie des Gestus
als freiem sinnstiftenden Akt, ganz im Sinne von Flussers ein -
leitend beschriebener Theorie der Geste. Im Zentrum steht ein
Kunstverständnis, bei dem zuallererst der aktiven, sinnstiften -
den Geste, also einer, so könnte man es nennen, Aktion,
ursächliche Bedeutung zukommt. In den späten fünfziger
Jahren deutete sich so in den Arbeiten der Wiener Gruppe
eine Position an, die den künstlerischen Paradigmen gleicht,
die sich zur selben Zeit auch international durchsetzen. In
einer Verschiebung der Gewichtung wird ein statischer
Werkbegriff nun endgültig vom Prozeß, der Situation, dem
Konzept, der Aktion - von einer performativen Plastizität des
Gedankens - abgelöst.
Die unmittelbaren Bezugspunkte für die Entwicklungen des
Wiener Aktionismus sind die expressionistische Tradition der
ersten Wiener Moderne der Jahrhundertwende, die Ausein -
andersetzung mit dem radikalisierten Surrealismus der
amerikanischen Abstrakten Expressionisten und mit gewissen
europäischen Positionen wie jener Artauds und Wols’, eine in
den Arbeiten der Wiener Gruppe konzentrierte, analytische
und performative Basis und das Selbstverständnis der Künst-
19 Oswald Wiener, »Vorwort«, in: Hermann Nitsch, Orgien Mysterien
Theater, Darmstadt 1969, S. 21 ff.
171
Peter Weibel, Space of Language, 1973
172
Franz West, Ohne Titel,
1978-79. Sammlung Julius Hummel, Wien
ler, nach wie vor an den Kernpunkten einer idealistisch -
narrativen Interpretation der Moderne festhalten zu wollen.
Der konzeptualistischen, strukturanalytischen und lingui -
stischen Position Oswald Wieners fügen die Aktionisten in ihrer
eigenen bildkünstlerischen Entwicklungsgeschichte das
Festhalten am konkreten Objekt und dessen neue Bedeutungs -
möglichkeiten hinzu. Während jedoch beispielsweise in den
»literalistischen<' Positionen“der amerikanischen Minimalisten
oder der europäischen Nouveau Realistes das Bild oder die
Skulptur zum Objekt und der Raum zum Thema wurde, for -
derten die Wiener Aktionisten die Präsenz des Körpers als
Objekt einer Kunst der »Politik der Erfahrung«. Damit stehen
sie nicht nur in einer Geschichte der europäischen Reaktion
auf die amerikanische Moderne der New York School und
deren Auswirkungen, sondern darüber hinaus, wie im übrigen
auch Beuys, vor allem in einer bisher vernachlässigten
europäischen Tradition der performativen Kunst, in der noch
die Erschütterungen der kulturellen und existentiellen Kata -
strophen der umfassenden Destruktion der europäischen
Gesellschaften zwischen 1914 und 1945 nachhallen. Erst in
den Arbeiten der Aktionisten werden beispielsweise in der
österreichischen Nachkriegskunst, wenn auch in um so radi-
20 Fried führt in diesem Text den Begriff der »literalistischen Kunst«
als umfassend geeignete Bezeichnung für die »konkreten« Ent-
wickiungen in der Kunst der sechziger Jahre ein. Er zieht diesen
Begriff den Bezeichnungen Minimal Art, ABC Art, Primary Struc-
tures. Specific Objects vor und steilt ihn der Pop- und Op-Art
gegenüber.
Franz West, Paßstück, 1978-79. Sammlung Julius Hummel, Wien
kalerer Form, Schritte zur Formulierung und aufklärenden Ver -
arbeitung jener gesellschaftlichen Entgrenzungen gesetzt, die
unter anderem zu Totalitarismus, Nationalsozialismus, Holo -
caust und Genozid geführt hatten. Noch die Wiener Gruppe
war nicht in der Lage, derart schonungslos auf die Tabus und
Verdrängungen des Kollektivs und seiner Systeme loszuge -
hen, wie es der Aktionismus als Befreiungsgestus in den
sechziger Jahren getan hat.
So wie die Wiener Gruppe kaum länger als vier Jahre als
Avantgarde mit relativ homogenem Gruppencharakter gese -
hen werden kann, bezeichnet auch der kunsthistorische
Terminus »Wiener Aktionismus« eher eine kurzfristige Grup -
penbildung denn ein Programm mit Kontinuität. Das Element
der Aktion als aktivistische, auf den Körper verweisende
Geste läßt sich aber - je nachdem, wie weit oder eng man
die Definition fassen will - einer ganzen Reihe von öster -
reichischen Künstlern bis in die Gegenwart zuordnen.*'
Valie Exports und Peter Weibels früheste Arbeiten greifen bei -
spielsweise die Körperthematik der Aktionisten auf und
entwickeln unter dem Einfluß Oswald Wieners und des in den
späten sechziger Jahren von Paris her ausstrahlenden Struk -
turalismus frühe konzeptuelle Positionen, die sie etwa um
21 Peter Weibels und Valie Exports 1970 erschienene Buchcollage
WIEN - Bildkompendium Wiener Aktionismus und Film stellt eine
solche ausgeweitete Interpretation erstmals vor.
Franz West, Paßsfüc/f, 1978-79.
Sammlung Julius Hummel, Wien
Franz West, Modell mit Paßstück, 1978-79.
Sammlung Julius Hummel, Wien
173
Alfons Schilling, im Atelier Rue de ia Glaciere, Paris 1962
Alfons Schilling, Ohne Titel, (Rotationsbild), 1962
1968/69 in ihren medienanalytischen Arbeiten erweitern.
Während Nitsch, Mühl, Brus und Schwarzkogler die Aktion
aus der kritischen Auseinandersetzung mit der gestischen
Malerei entwickelten, beziehen sich die performativen Posi -
tionen Exports und Weibels auf eine radikale Analyse der
Vermittlungsmögllchkelten des Textes und technischer
Medien wie Film und Video. Dementsprechend Ist das reprä -
sentative Kunstobjekt in dieser frühen Phase der Arbeiten
Weibels und Exports von nebensächlicher Bedeutung. An
seine Stelle tritt, ähnlich der Position von Brus oder den frühen
performativen Arbeiten Burdens oder Acconcis, der Körper
als Projektionsfläche der durch die medialen Vermittlungs -
techniken vorgegebenen Kommunikationszwänge - die
Metapher wird zur Demonstration, Bei Export und Weibel ver -
weist die dekonstruktive Analyse der Medien immer auch
direkt auf den Körper und definiert diesen als Phänomen der
Vergesellschaftung. Dieser eminent politische Befreiungs -
gestus bestimmt ihre frühen performativen Arbeiten. Darin
trafen sie sich mit den Positionen von Brus und Mühl, die etwa
ab 1966 eine Radikalisierung ihrer Aktionen durch verstärkte
Thematisierung und Investigation des Körpers und eine Ana -
lyse seiner Funktionen mit allen damit verbundenen Tabu -
verletzungen vorgenommen hatten. Arbeiten wie die Gemein -
schaftsaktion Aus der Mappe der Mündigkeit (1969), Exports
Tapp- und Tastkino (1968) oder Weibels Space of Language
(1973) und Media Lung (1968) thematisieren den Körper als
Trägermedium der zu analysierenden Codes.
Auch das Werk Franz Wests entwickelte sich in einem dialek -
tischen Verhältnis aus Reaktion und Widerspruch zur spezi -
fischen Situation der österreichischen Nachkriegskunst, die
zweifellos durch die Wiener Gruppe und den Wiener Aktionis -
mus sowie deren Umfeld dominiert wurde. Die ab Mitte der
siebziger Jahre entstandenen Paßstücke sollen in ihrer parti-
zipatorischen Konzeption beim Benützer psychophysische
Gestikulationen und Posen auslösen. Bei den Paßstücken
selbst handelt es sich um skulpturale Formen aus billigen
Materialien wie Vorgefundenen Objekten, Papiermache oder
Drahtstücken. Sprachlich bewegen sie sich in einem phanta -
stischen Zwischenbereich aus konkreter Lesbarkeit und
amorpher Abstraktion und gewinnen ihren Sinn nicht aus der
Präsenz skulpturaler Abgeschlossenheit, sondern aus ihrem
22 Siehe dazu: Katalog der Ausstellung im Kunstzentrum Nr. 66,
München-Neuperlach 1985, S. 5.
23 Schilling studierte an der Wiener Hochschule für Angewandte
Kunst und traf dort Günter Brus. In den frühen gestischen
Abstraktionen und Texten der beiden Freunde zeigt sich eine
intensive Auseinandersetzung und Kritik an der faktisch am Bild
festhaltenden Position Pollocks. Im Unterschied zu diesem ver-
animistisch-aktionistischen Charakter. In der Gestikulation -
der Kombination der Form mit dem Körper seines Benützers
- zeigt sich ein Prozeß, bei dem, wie West sagt, das Paßstück
zur »Darstellung der Neurose«^“ und sein Träger zu einem
potentiell transparenten und sensibilisierten Wesen mutieren.
Sowohl diese frühen Arbeiten als auch die weitere Entwick -
lung, die das Werk Wests hin zu Rauminstallationen und
räumlichen Werkcollagen durohmacht, zeigen, daß er vor
allem Interesse an kommunikativen Abläufen hat. Im offenen
Werkverständnis Wests liegt das Gewicht auf der Seite der
Möglichkeiten des Rezipienten. Der Künstler, der sich im
Wiener Aktionismus und selbst noch bei Weibel und Export in
avantgardistisch-heroischer Pose selbst ins Zentrum
des Werks gesetzt hat, zieht sich bei West etwas zurück und
formuliert ein Angebot. Erst durch den kommunikativen Akt
des Umgehens des Akteurs mit dem Objekt manifestiert sich
der Gedanke.
Alfons Schillings Werk ist in seinen Grundzügen aus der Kon -
frontation einer jungen Malergeneration, die sich auf dem
Nährboden der expressiven österreichischen Moderne befin -
det, mit den befreienden internationalen Entwicklungen der
Kunst der fünfziger Jahre entstanden. Etwa 1959 kam der in
Basel geborene Schilling über den Katalog der documenta II
und etwas später über die Biennale von Venedig mit der gesti-
schen Malerei der New York School in Berührung.^“ Schilling
war damals eng mit Günter Brus befreundet und beide
beschäftigten sich intensiv mit der Position Pollocks. Um
1960 malte Schilling in ekstatischen Arbeitsvorgängen seine
frühen, stark expressiven und großformatigen Abstraktionen
über die Bildfläche hinaus buchstäblich in den Raum hinein.
Vor allem aber mit den Rotationsbildern aus den Jahren
1961/62 und deren Weiterentwicklung zu den Sehmaschinen
hat er wesentlichen Anteil an der Formulierung einer weit über
das Bild hinausweisenden Überwindungskritik, die auch bei
Mühl, Nitsch und Brus am Beginn des Aktionismus steht. Die
Rotationsbilder, bei denen Schilling auf sich sehr schnell
drehende Scheiben Farbe schüttet, stehen am Anfang die -
ses Weges und sind Aktionsmalereien kurz vor der Überwin -
dung der Geste des Malens hin zu einem performativen und
analytischen Werkbegriff. Nach einem kurzen Aufenthalt in
Paris geht Schilling 1963 nach New York und beginnt mit
stärken sie den aktionistischen Gestus des Körpers bis hin zu
einer auch physisch vollzogenen ekstatischen Verschmelzung
des Künstlers mit seinem Bild. Diese Dynamik führte bei Schilling
zum direkten Zugriff auf das Auge durch die Experimente mit
schnell rotierenden Scheiben und bei Brus zur Thematisierung
seines Körpers als konkretes Arbeitsmaterial und Ausdrucks -
fläche.
Hermann Nitsch, Ohne Titel, 1963. Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Experimenten, die durch den Einsatz von optischen Geräten,
sogenannten Sehmaschinen, den Zugriff auf sowie die Verän -
derung und Erweiterung der Möglichkeiten des Sehens selbst
ermöglichen. Schillings analytische Auseinandersetzung mit
den Bedingungen des Sehens als Ursprung bildnerischen
Schaffens und sein radikaler Zugriff auf die Funktionen des
Auges weisen ihn als Vordenker und aktivistischen Agitator
einer Erweiterungsdynamik der Kunst durch den Einsatz
neuer Technologien aus.
Vor allem in den Arbeiten Hermann Nitschs, Günter Brus’,
Otto Mühls und Rudolf Schwarzkoglers konzentrieren sich
aber jene Vorstellungen, die man heute mit dem Begriff
»Wiener Aktionismus« verbindet. Im wesentlichen blieb es
zunächst diesen Künstlern Vorbehalten, den Körper im Rah -
men der generellen Tendenz zur konkreten Auffassung von
Kunst in den Mittelpunkt des Werkentwurfs zu stellen. Sie
haben dies in der ihnen eigenen radikalen Form bereits ab
Anfang der sechziger Jahre getan und dabei Grundstrukturen
und Themen performativer Entwicklungen in der bildenden
Kunst formuliert. Im Wiener Aktionismus wird der Körper zur
konkreten Projektionsfläche einer, wie Wiener es formulierte,
»Politik der Erfahrung«' und nimmt dabei vor allem in den sieb -
ziger Jahren formulierte Positionen der Performance-Kunst
vorweg. Die in den Aktionen angestrebte Dimension der
Befreiung idealisiert die kognitive Fähigkeit der Empirie, womit
sie ganz in der Tradition einer spezifisch österreichischen ana -
lytischen Schule der Philosophie und Wissenschaft steht,
deren systemkritischer Ansatz über eine Objekt- und materi -
albezogene Malerei, die sich ins performative Kunstwerk
entgrenzt, auf die Kunst angewendet wird. Andererseits
haben die Aktionisten aber das repräsentative Objekt, im
Unterschied zu den Überlegungen der Konzeptkunst, nie hin -
ter sich gelassen. Es ging ihnen im Gegenteil letztlich darum,
dem Kunstwerk, sei es Bild oder Objekt, über den aktionisti-
schen, im Flusserschen Sinne »sinnstiftenden«« Gestus jene
Möglichkeiten eines narrativen Textpotentials wieder zurück -
zugewinnen, die in den Abstraktionen verlorengegangen
waren. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß der in
einem wesentlichen Teil der österreichischen Nachkriegs -
kunst schon früh entworfene Grundkonsens, den Körper und
sein empirisches Erkenntnispotential als fundamental zu ana -
lysierendes Koordinatensystem der Kunst zu definieren,
mehrere Stadien durchläuft. Dieser Grundkonsens bildet bis
heute ein Spektrum, das ein weites Feld von künstlerischen
Positionen umfaßt: die Dynamik direkter Eingriffe in das
Sehen, wie sie die Rofafronsö/Wer Schillings in Gang setzen,
genauso wie die Körperthematik, die in den frühen Lein -
wandbildern und den Selbstbemalungs- und Selbst-
177
Hermann Nitsch, 12. Aktion, 1965
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Hermann Nitsch, 4. Aktion, 1963
178
Günter Bms, Aktionsskizzen, 1966. Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
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Günter Brus, Ohne Titel, 1963. Privatsammlung
Günter Brus, Ana, 1964
Günter Brus, Selbstbemalung 1, Dezember 1964. Archiv Conz, Verona
Otto Mühl, Turnstunde in Lebensmitteln (Materialaktion Nr. 24),
1965. Sammlung Julius Hummel, Wien
Otto Mühl, Bodybuilding (Materialaktion Nr. 19),
1965. Mit freundlicher Genehmigung der Galerie Krinzinger, Wien
182
Otto Mühl, Aktionsobjekt, 1963-64. Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Otto Mühl, (mit Günter Brus), Ten Rounds for Cassius Clay,
1966. Archiv Conz Verona
183
Otto Mühl, Ohne Titel, 1963, Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Günter Brus, Ohne Titel, 1964, Archiv Sohm, Staatsgalerie, Stuttgart
Verstümmelungsaktionen von Brus wieder aus der Abstrak -
tion auftaucht, die synästhetischen Analysen Nitschs,
Schwarzkoglers und Mühls wie auch die agitativen Experi -
mente Wieners, die konzeptuellen Ansätze Weibels und
Exports oder die partizipatorischen Paßstücke, »Möbel« und
diakritischen Zitatinstallationen von Franz West. Die unmittel -
bare Basis für diese Entwicklung wurde in den fünfziger
Jahren in jenen post-dadaistischen Gesten gelegt, für die
Rainers Publikumsbeschimpfungen, die surrealen, roman -
tischen Aktivitäten H. C. Artmanns oder die beiden »Literari -
schen Kabaretts« der Wiener Gruppe exemplarisch stehen.
1962 arbeitete Nitsch an einer umfangreichen Serie von groß -
formatigen Aktionsmalereien, bei denen die Farbe entweder
durch Ausdrücken eines Schwammes vom oberen Bildrand
nach unten Rinnspuren über die weiße Grundierung legt oder
in explosiver Geste aus Kübeln auf die am Boden liegenden
Juteflächen geschüttet wird. Der in den Aktionsmalereien fühl-
und sichtbar werdende Dualismus von Kontemplation und
Ekstase bestimmt auch das Konzept des performativen
Gesamtwerks Nitschs, des Orgien-Mysterien-Theaters. Aus
frühen literarischen Konzepten und insbesondere aus der sich
ab 1960 entwickelnden Aktionsmalerei entstand bis heute
stufenweise das Gesamtkonzept einer sich über sechs Tage
ausdehnenden Aktionscollage. Ende 1962 tat Nitsch in seiner
ersten performativen Arbeit den Schritt von der Aktionsmale -
rei zur Aktion, indem er sich, mit einem weißen Hemd
bekleidet, an ein Kreuz binden und von Otto Mühl mit Blut
beschütten ließ. Diese dramatisch erlebte Geste der synäs -
thetischen Vereinigung von Maler und Kunstwerk mit einem
von der Lesbarkeit her umfassenden Symbolgehalt steht am
Beginn des Wiener Aktionismus und entspricht von den
Grundstrukturen her auch den etwas später einsetzenden
Aktionskonzepten von Otto Mühl und Günter Brus. Auch in
Mühls Versumpfung einer Venus (1963) und Brus’ Ana (1964)
wird die Distanz zwischen dem Bild und seinem Autor in einer
dramatischen Geste aufgehoben. An die Stelle des Bildes tritt
die psychodramatisch strukturierte Aktion mit ihrer collagear -
tigen Verwendung realer und mit Bedeutung aufgeladener
Materialien und Gegenstände.
184
Günter Brus, Ohne Titel, 1965. Scottish National Gallery of Modern Art
1966 wurden die Wiener Aktionisten von Gustav Metzger zum
»Destruction in Art Symposium« nach London eingeladen.
Dieses Treffen war für die Wiener Künstler die erste direkte
Kontaktaufnahme mit der internationalen performativen
Szene zwischen Fluxus, Flappening und Situationismus. Kurz
nach dem Londoner Treffen beginnt ein Zyklus von Aktionen,
in denen die in den vorangegangenen Jahren entwickelten
Mittel der Körper- und Materialaktionen bei Brus und Mühl
und der Sprach- und Systemkritik bei Wiener und Weibel
kombiniert und im gesellschaftspolitischen Kontext jener
Jahre eingesetzt und erprobt wurden. Schon bald führte diese
Radikalisierung in der Kunst in der postfaschistischen öster -
reichischen Gesellschaft zu schweren Konflikten. Günter Brus
wurde zu mehreren Monaten Gefängnis verurteilt, verließ
fluchtartig Österreich und lebte bis zu seiner Begnadigung,
die erst 1976 erfolgte, in Berlin. Mit der Aktion Zerreißprobe,
die 1970 im Aktionsraum 1 in München stattfand, schloß er
die investigativen Körperanalysen ab und kehrte zu einem
selbstbeschränkenden Subjektivismus des Zeichnens und
Schreibens zurück. Mühl blieb hingegen in Wien und gründete
auf der Basis der Weiterentwicklung seiner Materialaktionen
zu einem gruppentherapeutischen Analysemodell eine Kom -
mune, die den Prinzipien der freien Sexualität und des
kollektiven Eigentums folgte.
Während Ende der sechziger Jahre die zunehmende Verkür -
zung der Aktion auf einen politisch eingesetzten, radikalen
und demonstrativen Gestus bei Brus und Mühl das Ende die -
ser Gestaltungsmögiichkeit ankündigte, hatte sich die im
185
Zentrum des Aktionsentwurfs von Nitsch stehende Opfer -
geste des Jahres 1962 zu einer umfassenden performativen
und dramaturgisch aufgebauten Collage entwickelt. Aus
dieser Perspektive betrachtet, waren alle bis heute durchge -
führten Aktionen Nitschs Demonstrationen und Proben für
die im Sommer 1998 erstmals vollständig durchgeführte und
sechs Tage lang dauernde große Realisation des Orgien-
Mysterien-Theaters.
1969 starb Rudolf Schwarzkogler durch einen Sturz aus dem
Fenster seiner Wohnung. Bereits 1966 hatte er die letzte und
möglicherweise im Sinne seines Arbeitskonzepts vollständig -
ste Aktion durchgeführt und ein dichtes photographisches
Oeuvre hinterlassen. Für ihn war das performative Kunstwerk
erst im dialektischen Umgang mit der Photographie vollstän -
dig; in diesem Punkt steht er für einen wesentlichen Aspekt
des Wiener Aktionismus. In den Photoserien, die während der
ausschließlich für die Photographen realisierten »Aktionssit -
zungen« entstanden, erreichte die Thematik des Verhältnisses
von Photographie und performativem Kunstwerk sowie von
Objekt und Gestus einen vorläufigen Flöhepunkt. Fleute, aus
der bereits beträchtlichen zeitlichen Distanz, vergißt man
manchmal, daß im Zentrum der von Brus, Mühl, Nitsch und
Schwarzkogler seit Beginn der sechziger Jahre entwickelten
Werkpositionen das ereignishafte Kunstwerk steht. Dieser
Rezeptionsmechanismus ist im übrigen auch bei Beuys
beobachtbar. Erst mit der präzisen Vergegenwärtigung der
einzelnen Aktionen kann auch bei ihm vom performativen
Ereignis auf die Objektinstallationen wie beispielsweise den
Beuys-Block in Darmstadt geschlossen und vergleichende
Erkenntnisse gewonnen werden. So wie bei Beuys werden
auch die Aktionen der Wiener Künstler In ihrer jeweiligen indi -
viduellen Ausformung von einer umfangreichen Aura reprä -
sentativer Objekte begleitet. Aus einer traditionell besetzten
Sichtweise tendiert man jedoch eher dazu, diese Objekte als
für sich selbst stehende, autonome Kunstwerke zu betrach -
ten. Deshalb ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, daß
diese Objekte entweder direkt oder im Kontext letztlich immer
auf den ereignishaften Gestus der Aktionen verweisen. Das
Objekt ist Entwurf, Ikone, Dokument, Annäherung, Analyse,
Indiz, Lesezeichen - Brennpunkt und auch Schatten der
aktionistischen WIrkllchkeitskunst.
Steht beispielsweise bei Beuys, durchaus auch analog zu
seinen künstlerischen Wurzeln in der Skulptur, das Ver -
hältnis von Gestus und Objekt im Sinne einer Ausdehnung
des Skulpturenbegriffs in die Rauminstallation im Vorder -
grund, so nimmt bei den Wiener Aktionisten, vermutlich
aufgrund ihrer starken Konzentration auf die Körperperfor -
mance, die Photographie eine wesentliche Position ein. Ab
1963 entstand eine umfangreiche Bilddatenbank zu den
Aktionen von Brus, Nitsch, Mühl und Schwarzkogler. Vor
allem dieses Material versetzt uns heute In die Lage, den per -
formativen Gestus der Aktion zumindest bis zu einem
gewissen Grad nachvollziehen zu können, denn nur Nitsch
macht sein Gesamtkonzept des Orgien-Mysterien-Theaters
nach wie vor erlebbar oder hat dieses in der räumlichen Instal -
lation von Aktionsrelikten, von in den Aktionen entstandenen
oder benötigten Objekten, vermittelbar gemacht. Der 1973
entstandene Asoto-Raum ist das früheste und repräsentativ -
ste Beispiel dafür. Das Festhalten der Aktion im Photo bewegt
sich in einem Spektrum, dessen äußerste Pole die distanzierte
Dokumentation und die ästhetische Photographie als Bild
sind. Dem ersteren würde in der heutigen Rezeption die wis -
senschaftlich distanzierte Analyse, dem letzteren aber das
durch Ästhetisierung fetischierte Objekt entsprechen. Jeder
der Künstler hat in mehr oder weniger ausgeprägter Weise
beide Konzeptionen besetzt, und es wäre eine Vereinfachung
zu behaupten, daß die gefrorene, durchkomponierte Moment -
photographie nur die Domäne Sohwarzkoglers war und Mühls
Interesse ausschließlich der voyeuristischen Dokumenta -
tionsphotographie galt. Ebenso eindimensional wäre auch
eine Kritik des photographischen Oeuvres als Regression
der Aktion auf das Bild.
Während anfänglich und dann wieder gegen Ende der sech -
ziger Jahre die dokumentarische Position und damit das Auge
des Photographen dominiert, tritt etwa in der Zeit zwischen
1964 und 1966 die Photographie parallel zur Entwicklung
diverser, in den Aktionen verwendeter Materialsprachen in
eine ästhetische und analytische Phase. Die Künstler nehmen
mehr Einfluß auf den Entstehungsprozeß, weil ihnen die
Eigenschaften des Mediums bewußter werden. Schwarz -
kogler sieht beispielsweise das Photo als eine Möglichkeit,
durch die der Künstler sich ganz auf den performativen
Gestus des ereignishaften Kunstwerks der Aktion konzentrie -
ren und sich damit »vom Zwang, die Relikte zum Ziel zu
haben«, befreien kann. Diese Sicht gilt im Grunde auch für
seine Künstlerfreunde, und so entstehen in dieser Zeit jene
Photographien, die man heute unmittelbar mit dem Wiener
Aktionismus verbindet. Als Beispiele seien hier Schwarz -
koglers Mann mit dem Fisch auf dem Rücken, das durch eine
schwarze Linie geteilte Gesicht von Brus, Mühls Akt mit
Regenschirm und Nitschs Torso mit Seitenwunde aus der
photographischen Bilderflut herausgegriffen.
Außerdem beschäftigten sich in diesen Jahren vor allem Mühl
und Brus mit der Möglichkeit der Verwertung der Photo-
186
Rudolf Schwarzkogler, 3. Aktion, 1965. Sammlung Evi Geyer, Wien
I
I
Rudolf Schwarzkogler, 3. Aktion, 1965.
Sammlung Shashi Caudill und Alan Cravitz
187
Rudolf Schwarzkogler, 3. Aktion, 1965. Archiv Conz, Verona
188
Rudolf Schwarzkogler, Ohne Titel, (Sigmund-Freud-Bild), 1965
Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien
graphie und damit der Aktionen in Collagen. Die Aktions -
photographie wird zum Rohmaterial, dessen Eigenschaften
auf der Bildfläche wieder narrative Aussagen ermöglichen.
Vor einer Phase der Radikalisierung der Aktionen ab 1967
läßt das episodenhafte Auflebenlassen dieser eigentlichen
Methode der Avantgarde den Künstlern das ursprünglich
abgelehnte Bild als wieder möglich und sinnvoll erscheinen.
Tatsächlich formulieren vor allem Mühl und Brus in den
Collagen jene politischen Positionen, für die der Wiener
Aktionismus als Kritik an den Hegemonien von Staat und
Kirche und an deren Zugriff auf die Freiheit des Individuums
zum Synonym wurde. 1968 kündigte Brus auf einem Plakat
eine Aktion mit dem Titel Der Staatsbürger Günter Brus
betrachtet seinen Körper an. Spätestens hier wird Kunst
zum konkreten, politischen Gestus, dessen Kern im Selbst -
beobachtungsritual der Aktion zu finden ist und der mit den
Mitteln der photographischen Reproduktion analytisch
gespiegelt wird. Ein solcher Akt bestätigt die Photographie
als Medium der Befreiung - eine Möglichkeit, die die Wiener
Aktionisten zweifelsohne genutzt haben.
Es gibt in den Werkstrukturen viele Gemeinsamkeiten zwi -
schen den Wiener Aktionisten und Joseph Beuys, der
Zentralfigur der deutschen Nachkriegskunst. Obwohl die
Wiener Künstler mit Ausnahme des Weltkriegsteilnehmers
Mühl einer etwas jüngeren Generation angehören, berühren
sich ihre Arbeiten in der parallelen Entwicklung performati-
ver Dimensionen. Sowohl Beuys als auch Mühl und Nitsch
haben ihre ersten öffentlichen Aktionen um 1962/63 durch -
geführt. Wie Beuys sahen auch Brus, Nitsch, Mühl und
Schwarzkogler ihre Arbeit im wesentlichen nicht in Zusam -
menhang mit dem amerikanischen Happening und der
Position von Fluxus, sondern in einer vorwiegend europäi -
schen, vom Surrealismus und der Annahme einer nach wie
vor möglichen Ästhetik des Unterbewußten ausgehenden
Entwicklungstradition. Innerhalb einer Geschichte der
frühesten performativen Entwicklungen in der bildenden
Kunst stehen sie mit diesem Ansatz - wie auch der franzö -
sische Mystiker Yves Klein und der Mailänder Strukturaiist
Piero Manzoni - dem amerikanischen Happening und der
Fluxus-Bewegung als europäische Neo-Avantgarden
189
190
Joseph Beuys, unterrichtend, 1968
gegenüber. Bei allen inhaltlichen und formalen Differenzen
zwischen den Aktionen der Wiener Künstler und jenen von
Beuys sind doch auch die strukturellen Gemeinsamkeiten der
entwickelten performativen Formen augenfällig. Die Aktionen
haben einen quasi-dramaturgischen, ritualisierten Aufbau, der
auf das Interesse des Künstlers an einer narrativen Objekt -
sprache verweist. Im Zentrum des anthropozentrischen
Kunstwerks steht eine ausgesprochen subjektivistische Posi -
tionierung des Künstlers. Bei Beuys, Nitsch oder Schwarz -
kogler geschieht dies beispielsweise in der Form eines Spiels
mit dem magischen Gestus, bei dem der Künstler die Pose
des Schamanen oder Priesters einnimmt. In den Aktionen von
Brus wiederum wird der Körper zur stellvertretenden Projek -
tionsfläche unterbewußter kollektiver Potentiale und damit
zum Ausdruck eines Opfergestus. Ebenfalls gemeinsam ist
ihnen - und dies gilt auch für die Position von Monastyrskijs
Gruppe »Kollektive Aktionen« - der Anspruch auf eine ka-
thartische, heilende Funktion der Kunst und die Positionierung
des Künstlers als antithetisches, ja tragisches Subjekt im Zen -
trum des Kunstwerkes. Dieser Umstand verweist auf eine ge -
sellschaftspolitische Komponente, die sich bei Beuys in sei -
nem Interesse an politischen Projekten und in seiner Dialog -
bereitschaft, beziehungsweise der Idee der »Sozialen Plastik«
ausformte. Dem haben die Wiener Aktionisten eher gesell -
schaftspolitisch isolierte und auch dementsprechend be -
kämpfte Alternativmodelle hinzugefügt: seien es die anarcho-
agitatorischen Aktionen von Brus, Mühl, Wiener und Weibel,
das exterritoriale Kuitareal des Orgien-Mysterien-Theaters
Nitschs oder die am Aufeinanderprallen von idealistischer
Geschlossenheit und politischer Realität gescheiterte »akti -
onsanalytische« Utopie der Kommune Friedrichshof, die von
Otto Mühl und seinen Freunden Anfang der siebziger Jahre
gegründet wurde. Der in diesen Positionen sichtbar werden -
de Projektisolationismus der Wiener Künstler repräsentiert
jedenfalls die Identitätsproblematik der österreichischen
Nachkriegsgesellschaft. Im konkreten politischen Ansatz von
Beuys jedoch thematisiert sich nach wie vor die umfassende,
gesellschafts- und geopolitische Position des deutschen
Expansionismus, allerdings - und dies zu betonen ist wichtig
- innerhalb eines Befreiungs- und Versöhnungsmodells. So
kann man davon ausgehen, daß hinter der Forderung nach
der Synthese östlicher und westlicher Prinzipien als einem der
zentralen Gedanken im Werk des deutschen Visionärs die
Annahme eines sinnstiftenden und produktiven Prozesses
steht und nicht, wie manchmal denunziatorisch vorgebracht
wird, das Streben nach Totalität. Vor dem Flintergrund der
nunmehrigen politischen Entwicklung Europas, auf die ja auch
die hier unternommene Analyse Bezug nimmt, gewinnt die
Diskussion um sein Werk gerade wegen der Kritik, die aus
dogmatisch-strukturalistischem und marxistischem Blickwin -
kel oft geübt wurde, wieder an Faszination.“
1967 wurde Beuys eingeladen, gemeinsam mit dem däni -
schen Fluxus-Komponisten Henning Christiansen in der
Wiener Galerie Nächst St. Stephan die Aktion Eurasienstab
zu zeigen. Im Zentrum dieser Aktion stand das gestische Han -
deln mit dem dafür hergestellten, ursprünglich etwas über drei
Meter langen, massiven, schweren Kupferstab in einem von
Beuys durch Filz- und Fettwinkel angedeuteten Raum. Der
Wiener Eurasienstab ist heute Teil der umfassenden Installa -
tion des Darmstädter Beuys-Blocks. Um Henning Christian -
sen in den Ablauf der Aktion und in ihre Symbolik einzuwei -
hen, fertigte Beuys eine Reihe von Skizzen an, die, ergänzt
durch später entstandene, aber sich auf diese Arbeit bezie -
hende Zeichnungen für das nachträgliche Lesen des
Eurasienstabs sehr hilfreich sind. Aus den Skizzen geht die
Bedeutung des an einem Ende U-förmig zurückgebogenen
Kupferstabes als Vereinigungssymbol hervor. Der dem Eura -
sienthema zugrundeliegende Prozeß von Vereinigung, Ver -
söhnung und Auferstehung wird einerseits durch ein skizzier -
tes Symbol mit der Bezeichnung »new cross« und anderer -
seits durch die Notiz »Element 3« angedeutet.
Beuys skizzierte für Christiansen eine Landkarte Europas und
zeichnet an der Stelle der Trennung Deutschlands durch die
Mauer mit einer senkrechten Linie ein schon in seiner Aktion
Eurasia formuliertes, weit über das innerdeutsche politische
Problem hinausreichendes Symbol einer tiefgreifenden Tren -
nung zwischen westlichen und östlichen Prinzipien. Eine Linie
in der Form des Eurasienstabes umschließt den senkrechten
Trennungsstrich und vera^eist in weiter Geste über den Blatt -
24 Siehe dazu die Diskussion von Benjamin Buchloh, Catherine David
und Jean-Frangois Chevrier zum Thema »Joseph Beuys und
rand hinaus in Richtung Osten, Eurasia ist der Begriff für jene
riesige Landmasse von Westeuropa bis nach China, deren
kulturelle und politische Geschichte immer schon verbunden
war. Im Blatt links oben skizzierte Beuys die sich aus diesen
Gedanken ergebende Möglichkeit einer neuen Kreuzform und
spielt mit diesem Versöhnungssymbol auch direkt auf eine die
europäische Geschichte bestimmende Auseinandersetzung
von Ost- und Westkirche an. Gleichzeitig verweist aber die
weit in den Osten hineinreichende Richtung der Linie auf eine
von Beuys erhoffte, umfassendere Durchdringung des christ -
lichen »Westmenschen« mit den Methoden, Erkenntnissen
und Dimensionen einer fernöstlichen spirituellen Dimension.
Daß der Künstler gerade in seiner Wiener Aktion den Eurasia-
gedanken wiederholte und mit dem Eurasienstab ein aus
diesem Kontext heraus wesentliches plastisches Werk schuf,
hat eine Vielzahl von Gründen. Sicherlich hat dieses Thema
generell mit der geopolitischen Lage der Stadt inmitten eines
alten, durch das Habsburgerreich nach Osten verweisenden
Konzepts von Europa und mit ihrer geschichtlich determinier -
ten kulturellen Mittlerposition zwischen Ost und West zu tun.
Möglicherweise auch mit der damals noch gegebenen Rand -
lage der Stadt unmittelbar am »Eisernen Vorhang«. Vor allem
geht aber der Gedanke der Vereinigung von östlichen und
westlichen Prinzipien auf die anthroposophische Lehre des
Österreichers Rudolf Steiner zurück, eine ganzheitliche Sicht,
mit der Beuys bereits um 1940 in Kontakt kam und die sein
gesamtes Schaffen begleitet hat. Es ist faszinierend, wie sehr
das Thema der Überwindung der Grenzen zwischen Ost und
West bei Beuys visionären Charakter hat, gerade auch in
Zusammenhang mit der speziellen politischen Situation des
getrennten Deutschland und dessen noch so kurz zurücklie -
gender, totalitärer Vergangenheit, deren negative Energie stark
nach Osten gerichtet war. Das Eurasia-Thema kann sicherlich
als einer der Hauptgedanken bezeichnet werden, die dem
Gesamtwerk Beuys’ zugrunde liegen. Seine weithin ausstrah -
lenden Dimensionen wurden nicht nur in den Aktionen Sibi -
rische Symphonie, 1. Satz (1963) und im Wiener und Antwer-
pener Eurasienstab (1967/68) thematisiert, sondern kamen
beispielsweise auch in einer dritten frühen und entscheiden -
den Aktion, nämlich Manresa (1966) vor. Alle diese Arbeiten
sind jedenfalls von einem bemerkenswerten Versöhnungs -
und Befreiungsgestus geprägt, der sich in der Aktion direkt
vermittelt und auf die mehr als problematischen politischen
der Surrealismus«, in: Politics-Poetics / das Buch zur documenta X,
Stuttgart 1997, S. 392-394.
192
Ereignisse in der deutschen Vergangenheit verweist, die auch
das Leben Beuys’ entscheidend bestimmt haben.
In der Tat steht das Werk Beuys’, gerade durch die Komple -
xität seiner politischen Vision, in einer für den Einigungs- und
Friedensprozeß der europäischen Wirklichkeit zentralen und
fast symbolischen Position. Durch die Aufhebung kultureller
Isolatlonsschranken ist nunmehr eine vergleichende Betrach -
tung seiner Position mit jener der Wiener Aktionskünstler und
mit Monastyrskijs Gruppe »Kollektive Aktionen« möglich
geworden, wobei letztere in diesem Text stellvertretend für die
Situation der performativen Kunst im ehemaligen Ostblock
steht. Aus dieser Sichtweise ergibt sich eine betont europäi -
sche Dimension der Kunst, die sich von der amerikanischen
sowohl in den historischen Wurzeln als auch In den Inneren
Strukturen prinzipiell unterscheidet und eine emanzipiertere
Sicht auf diese spezifische Entwicklung nahelegt.
Das Gesamtwerk von Beuys ist ein klar ausgearbeiteter und
formulierter Modeilfall des Verhältnisses von Gestus und
Objekt, von performativem Akt und Kunstobjekt. 1967 wurde
im Städtischen Museum Mönchengladbach unter dem Titel
»Parallelprozeß I« die erste homogene Ausstellung seiner im
eigentlichen Sinn plastischen Werke eröffnet. Dabei wurden,
losgelöst vom Aktionskontext, zum Großteil die Gegenstände
und Installationen gezeigt, die in den seit 1963 realisierten
Aktionen verwendet worden waren. Heute sind die Objekte
zentraler Bestandteil des Im Darmstädter Museum gezeigten
Beuys-Blocks. Diese große Installation darf nicht verändert
oder auseinandergenommen werden und definiert sich so als
ganzheitliches Repräsentationsobjekt des Beuyssohen »er -
weiterten Kunstbegriffs«. Der Künstler betonte durch einen
solchen Schritt den Werkcharakter der nunmehr in Vitrinen
oder freien räumlichen Kombinationen präsentierten Gegen -
stände und bietet durch diese Konzeption ein strukturelies
Koordinatenfeid, das für eine ganze Generation von deut -
schen Künstlern, von Franz Erhard Walther über Klaus Rinke,
von Jochen Gerz bis Anna und Bernhard Blume, Im Sinne
einer beinahe reflexartigen Reaktion prägend war.
Im Zentrum der Arbeit dieser Künstler steht der performative
Gestus und die Thematislerung der Beziehungen des Körpers
als Subjekt oder als objektiver Bedeutungsträger zur jeweils
Individuell erlebten und gestalteten gesellschaftlichen Wirk -
lichkeit. Dem ganzheitlichen Erlösungskunstwerk von Beuys
wird nunmehr eine analytisch-investigative Perspektive
gegenübergestelit und damit die Kunst von der magischen
Dimension wieder in eine aufklärerische Konzeption der
künstlerischen Selbstbescheidung zurückgeholt. Ein Mecha -
nismus, dem in der österreichischen Entwicklung In gewisser
Weise die Unterschiede zwischen den Positionen der Aktioni-
sten und jenen von Weibel, Export und West entsprechen. Es
geht In den Arbeiten der hier genannten Künstler grundsätz -
lich nicht mehr um den erweiterten Ideologischen Kunst -
begriff, sondern um einen partiell entldeologislerten erweiter -
ten Werkbegriff, Dies mag als kritischer Reflex auf die Homo -
genität des Gesamtwerks von Joseph Beuys zu deuten sein.
Dem als zu geschlossen kritisierten Ansatz wird in den Wer -
ken vieler Mitglieder der ihm nachfolgenden deutschen
Künstlergeneratlon - wie beispielsweise bei seinem Schüler
Blinky Palermo oder auch bei Polke - ein Konzept des meß -
baren, beziehungsweise freien Handelns hinzugefügt. In
diesem Sinne ist vor allem Franz Erhard Walthers emanzlpa-
tives Kunstverständnis als expliziter Gegenpol zu deuten.
Einer ikonographisch vom Künstler festgelegten Kunst-
193
Franz Erhard Walther, Werksatz, (Vorführung) 1967
spräche stellt er das als befreiend gedachte Handlungs -
angebot des partizipatorischen Objekts entgegen. Er sagt:
»Ich mache keine Sachen die man entschlüsseln muß.«^’^ Der
Künstler als Subjekt entzieht sich in der Arbeit Walthers dem
Werk, und die performative Kunst läßt das Objekt als erzähle -
rischen Symbolträger hinter sich. An seine Stelle tritt das
konkrete, reduzierte Kunstwerk, das wie ein rein funktionali-
stisches Werkzeug die Rahmenbedingungen für den Hand -
lungsraum bestimmt und ordnet. Walthers partizipatorische,
den performativen Prozeß immer mitbedenkende Objekte
erzeugen, im Gegensatz zu Beuys’ magischer Auffassung von
Wirklichkeit, einen überschaubaren und meßbaren Raum, Erst
im Umgehen des Erfahrungswilligen mit den Objekten ver -
vollständigt sich das Werk als solches. In diesem Sinne
verwandelt Walther den Betrachter in einen Produzenten und
setzt einen Bewußtwerdungsprozeß voraus, der diesem das
Werk durch Handlung vermittelt und ihm in dieser Erfahrung
das Gefühl der Ganzheit, Geschlossenheit, der Erkenntnis
und Akzeptanz seiner selbst gibt.
Diese reduzierte und damit konzentrierte Direktheit des Erle -
bens ist ebenso im Werk von Jochen Gerz evident. Auch bei
ihm ist das zentrale Thema der Versuch, das Trennende zwi -
schen Repräsentation und Wirklichkeit durch Bewußt-
machung tatsächlich zu überwinden. In der M>eit Ausstellung
von Jochen Gerz neben seiner photographischen Repro -
duktion, die 1972 in Basel durchgeführt wurde, wird dieser
Prozeß durch eine Analyse des Verhältnisses zwischen dem
Künstler und seinem potentiellen Publikum in Gang gesetzt.
Dabei hat sich gezeigt, daß ein Großteil der vorbeieilenden
Passanten vor allem an der photographischen Abbildung
interessiert waren und eine direkte Kontaktaufnahme mit der
sich darstellenden Person vermieden wurde. Das komplizierte
Verhältnis zwischen Abbildung und Realität, zwischen Objekt
und Gestus wird durch diesen einfachen Akt offengelegt, der
mehr Manifestation eines Gedankens denn eine wissen -
schaftliche Untersuchung ist. Hinter der aktionistischen
Demonstration steht bei Gerz eine zutiefst kulturkritische Hal -
tung. Für ihn ist Kunst regressiver Ersatz für nicht gelebtes
Leben und für Verlust von Authentizität. Diese Grundhaltung
drückt sich in der weiteren Entwicklung seiner Arbeit einer -
seits in Textkritik und Textanalyse, andererseits in Arbeiten zur
Rückholung von Naturerlebnissen aus.
Die hier beschriebenen Positionen innerhalb der Avantgarden
performativer Kunst in Deutschland, Österreich und der ehe -
maligen UdSSR sind, unabhängig von inhaltlichen und
formalen Differenzen wie auch vom unterschiedlichen Zeit -
punkt ihrer Entstehung, grundsätzlich von Konzepten der
Versöhnung und Heilung geprägt. Sie wurden in Gesell -
schaften entwickelt, deren Kulturen jene totalitären Systeme
und Persönlichkeiten hervorbrachten, die in der ersten Hälfte
unseres Jahrhunderts unter größten Katastrophen und Ver -
brechen eine lange andauernde europäische Epoche
beendeten. Die Werke der Künstler verbinden das zum Teil
erschütternde und authentische Wissen um die erlebte Wirk-
25 Siehe dazu: Bernd Growe, »Werk-Handlung«, in: Das Haus in
dem ich wohne - Die Theorie zum Werkentwurf von Franz Erhard
Walther, Klagenfurt 1990, S. 120.
194
Jochen Gerz, Ausstellung von Jochen Gerz neben seiner photographischen Reproduktion, Basel 1972
195
lichkeit mit zukunftsweisenden künstlerischen Visionen. Die
revolutionär formulierten Kunst- und Werkkonzepte mußten
sich in dem Spannungsfeld zwischen der individuell verspür -
ten Notwendigkeit des Künstlers, die kollektiv verdrängte
tragische Wirklichkeit zu bewältigen, und der grundsätzlichen
Kritik Adornos an der Kunst entwickeln. Vor dem Hintergrund
des Genozids an den Anderen, der der mittel- und osteu -
ropäischen Kultur entstammte, hatte Adorno ja mit folgen -
dem, tief pessimistischen Satz der Kunst die Möglichkeit zu
einem kollektivem Wirken, das vernünftige Erkenntnis erzeu -
gen könnte, abgesproohen: »Nach Auschwitz ein Gedicht zu
schreiben, ist barbarisch, und das frißt auch die Erkenntnis an,
die ausspricht, warum es unmögiich ward, heute Gedichte zu
schreiben.Mit diesem schwerwiegenden Gedanken muß -
ten sich insbesondere jene Künstler, deren Gesellschaften die
Voraussetzungen für solch eine niederschmetternde Kritik
geschaffen hatten, auseinandersetzen. Dennoch geht es hier
nicht bloß um einen Prozeß des Aufarbeitens und Bewälti-
gens. Wir sehen gerade im Gegenteil, wie aus dem Würgen
an eben dieser Vergangenheit die Gegenwart kritisch erlebt
und ein revolutionärer Blick in zukünftige Entwicklungen mög -
lich wurde. Auch jener Theorie der Gesten, wie sie Flusser
noch kurz vor seinem Unfalltod entwickeln wollte, liegt eine
grundsätzlich revoiutionäre Vision zugrunde. Er betont aber
auch, daß es für uns heute aus einem allgemeinen Gefühl der
Unübersichtlichkeit und des Fiießens extrem schwer gewor -
den ist, diese Revolution objektiv zu orten und zu benennen.
Jedenfalls schließt er auf ihr Vorhandensein aus dem perma -
nenten Gefühl, sich neu orientieren zu müssen, um überhaupt
handiungsfähig zu bleiben. Innerhalb dieser Situation verspürt
er die Notwendigkeit des Entwurfs neuer Ansätze und Per -
spektiven. Die Geschichte von Kunst und Wissenschaft der
Moderne und Gegenwart wird so zum Experimentierlabor
eines integrativen Modells. Für Flusser ist die Geste ein »Phä -
nomen unseres aktiven In-der Welt-Seins« - und damit be-
26 Theodor W. Adorno, »Kulturkritik und Gesellschaft«, In:
Gesammelte Schritten, Bö. 10, Kulturkritik und Gesellschaft I,
Prismen, Frankfurt am Main 1977, S. 30.
freiendes, freies und gestaiterisches Handeln als ein kontinu -
ierlicher, im Labor der Kunst entwickelter Faktor. Diese idealis -
tische Betonung freien und auf einer selbstreflexiven Basis
agierenden Handelns bietet für eine Interpretation der Ent -
wicklung der Kunst des beinahe vergangenen Jahrhunderts
und darüber hinaus einen Parameter, dessen aktivistischer
und anthropozentrischer Aspekt vor ailem in den postfaschi -
stischen und postkommunistischen Gesellschaften formuliert
wurde.
Tatsächlich ist das 20. Jahrhundert geprägt von der ständigen
Auseinandersetzung zwischen der Forderung nach der Frei -
heit des Denkens und der Entgrenzung totalitärer politischer
und technologischer Denksysteme, die furchtbarste und
unvorstellbarste Folgen nach sich zog. Durch die Entwicklung
des Gestus als performative Intervention in das Kunstwerk als
autonomes Konstrukt hat die Moderne in ihren avantgardisti -
schen Vorstößen einen Modellmechanismus geschaffen, der
über ein Potential permanenter Befreiung und Emanzipation
verfügt.
197
Lygia Clark, Zwangsjacke,
1968, Projeto Helio Oiticica/Lygia Pape Estate,
Rio de Janeiro
Guy Brett
LEBENSSTRATEGIEN:
ÜBERBLICK UND AUSWAHL
Buenos Aires / London / Rio de Janeiro / Santiago de Chile
1960 - 1980
Das Schreiben über »Live-Kunst«, Performance, Aktionskunst
und Partizipation erfordert sicherlich eine Sensibilität für die
Komplexität des Lebens selbst, für seinen Fluß und für seine
Tendenz, Systeme und Dogmen zu überschreiten. In parado -
xer Weise verlangt das Schreiben über dieses Thema sowohl
eine Einsicht in die Parteilichkeit des eigenen Standpunkts
und des eigenen Wissens wie auch die Anerkennung der
Gültigkeit der eigenen subjektiven Geschichte mit ihren
Lebenserfahrungen.
Wer also kann überhaupt ein Fachmann für Live-Kunst sein?
Es hat so viele unterschiedliche und verstreute Kunst-Events
und Perfoimances gegeben, daß ein Mensch nicht mehr als
einen Bruchteil des Gesamtphänomens kennen kann. Man
hielt sich zufällig zu einer bestimmten Zeit an einem bestimm -
ten Ort auf; man sah eine Momentaufnahme einer Per -
formance; man betrachtete ein Bild, das einen imaginären
Event suggerierte oder festhielt; man las den Bericht eines
Augenzeugen; man erinnert sich nur an einen Teil dessen, was
man gesehen hat, und vergißt den Rest usw. Mit anderen
Worten, man überläßt sich der Selektivität des Gedächtnis -
ses - oder feiert sie - als Teil des unvermeidlichen Wirkens von
Verstand und Inspiration. Ebenso sollte eine Sensibilität für
ihre Analogie mit dem Leben selbst den Autor dazu bringen,
das Stadium hinter sich zu lassen, in dem man »Live-Kunst«
als einen weiteren gut verkäuflichen Stii, eine Kunstform oder
einen Ismus betrachtet. Kluge Worte! Beim Schreiben meines
Aufsatzes schlich sich unweigerlich ein Klassifizierungs -
system ein, und mir wurde schmerzhaft bewußt, wieviel von
der künstlerischen Arbeit dabei verlorenging, sie in dieses
System einzupassen. Auch die Berufung auf »das Leben
selbst« venweist ja nicht auf irgendeine abgesprochene Sache
oder einen Gemeinplatz, denn hat nicht Paul Klee zu Recht
gesagt, daß in der Arbeit eines Künstlers »Kuriositäten zu
Wirklichkeiten werden, Wirklichkeiten der Kunst, die das
Leben aus seiner Mittelmäßigkeit zu heben vermögen«?
Vielleicht beziehen wir uns trotzdem auf die gleiche Sache, In
Klees Formulierung wird »Mittelmäßigkeit« zum Schlüssel -
begriff. Wir sprechen immer noch von etwas, das ständig
gegen die Neigung ankämpft, künstlerische Erkenntnisse auf
Waren, bürokratische Kategorien und institutioneile Formeln
zu reduzieren. Wenn wir einen weiter gefaßten, suggestiveren
Begriff als »Performance-' oder »Happening« venwenden, wie
z. B. das »Live-Element« in der Kunst, beginnen sich viele
Türen zu öffnen. Wir beginnen zu sehen, daß ein gemeinsa -
mes Projekt einen relevanten Querschnitt der Kunst der
sechziger und siebziger Jahre verbindet, unabhängig davon,
wo sie entstand und welcher stilistischen Kategorie sie
schließlich zugeordnet wurde. Das Bedürfnis, die Kunst wie -
der mit dem Leben in Zusammenhang zu bringen, war
untrennbar mit einer Ablehnung aller Begrenzungen und ver -
steinernden Strukturen verbunden, mit einem Kampf gegen
jene Institutionen, die auf einer hierarchischen Ordnung der
Techniken beruhten (Malerei und Skulptur an der Spitze), auf
nationalem Chauvinismus oder wirtschaftlicher Macht, also
eher auf dem Produkt als auf dem Prozeß, auf dem »Rühr-
mich-nicht-an«-Prinzip der Trennung zwischen Künstler und
Zuschauer, auf der kommerziellen Logik des Kunstmarktes
usw. Eine deutliche Verbindung zwischen den Kunst/Lebens-
Experimenten all jener Künstlern zeichnet sich ab, die in den
Bereichen arbeiteten, die später als »-kinetisch«, »prozessual«,
»konzeptuell«, »performativ«, »partizipatorisch« oder als
»Environment-Kunst« und »Pop-art« usw. bezeichnet werden
sollten. Viele dieser Bezüge liegen allerdings brach, weil sie
durch institutioneile Entwicklungen unterdrückt wurden, die zu
zahlreichen Ungerechtigkeiten führten. Beharrliche Nach -
forschungen könnten sie wieder aufdecken, eine Art der
Recherche, die so wenig wie möglich durch den Umstand
beeinflußt werden sollte, daß die Literatur zu manchen
Künstlern mehrere Regale der kunsthistorischen Bibliotheken
füllt, während andere kaum erwähnt werden. Die Betonung
sollte auf dem Experimentieren liegen, auf Kunst als einer
Methode, Wirklichkeit zu überprüfen.
Dann würde sich zeigen, daß wir einem kulturellen Phänomen
gegenüberstehen, dessen Verbreitung durchaus am Maßstab
seiner Subtilität ist - einer Subtilität, die zumeist gegen den
Strich lief, die Risiken einging, Stereotypen aufbrach und oft -
mals von der Zen-ähnlichen Praktik der Negation Gebrauch
machte: Sie erzeugte kein gewöhnliches Objekt, sie richtete
ihr Augenmerk nicht auf die erwarteten Orte, sondern wies auf
Dinge hin, die immer schon da waren, aber nie wahrgenom -
men wurden. »Live-Kunst» antwortet bezeichnenderweise auf
die moderne Welt, indem sie ihre Polaritäten umschließt: sie
spielt gleichzeitig mit der Mobilität von Künstler und künstle -
rischer Arbeit, die mit neuen Transport- und Kommunikations -
mitteln einhergeht, und der Einzigartigkeit, Ortsgebundenheit,
Unübersetzbarkeit und Flüchtigkeit eines Erlebnisses oder
Events. Dieses Phänomen überschreitet an manchen Punkten
das stark befestigte Territorium der Galerie- und Museums -
kunst, nur um aufzudecken, was jenseits davon liegt: flüchtige
Strukturen, kollektive Bemühungen, nicht realisierte oder
unmögliche Projekte, unendlich ausweitbare Pläne, neu
zusammengesetzte oder »Eigenbau«-Objekte usw.
Seit den frühen sechziger Jahren habe ich in London gelebt
und über die Kunst dieser Stadt geschrieben. Fast genauso
198
Lucio Fontana, Concetto spaziale,
(Raumkonzept) C 49-50 B3, 1949-50.
Fondazione Lucio Fontana, Mailand
lang hegte ich ein großes interesse für Werke, die von
Künstiern in anderen Teiien der Weit geschaffen wurden - in
ailen Teilen, aber vor allem, um beim speziellen Thema dieses
Aufsatzes zu bleiben, in den Ländern des südlichen
Lateinamerika. Ist es möglich, in einem Text sowohl über
Europa als auch über Lateinamerika zu schreiben? Die
Bezüge zwischen diesen beiden Sphären haben mich immer
fasziniert: auf der einen Seite ihre gegenseitige Durch -
dringung, die sich offen in den Reisen bestimmter Künstler
und Denker manifestierte, die in der einen oder anderen Weise
unterwegs waren; auf der anderen Seite all das, was sie von -
einander trennt und unterscheidet. Das Bestreben, »der
Erfahrung treu zu bleiben'<, müßte zwischen dem unterschei -
den, was im Geiste gelebt wird - Ideen, die zu einem be -
stimmten Zeitpunkt in der Luft liegen - und dem, was im
Körper gelebt wird: das Alltagsleben in einzelnen Nationen,
Kulturen, politischen Systemen oder Stadtvierteln. Und doch
gibt es zwischen diesen beiden Dimensionen eine beständige
Wechselwirkung. Frances Yates verweist in Theatre of the
World, ihrer Studie über das elisabethanische Drama, auf die
Bedeutung des Namens von Shakespeares eigenem Theater
»The Globe« als Teil des großen Ideenwandels, der damals
stattfand: »Aus einer Renaissance-Gedankenwelt entstanden,
paßten die englischen öffentlichen Theater wie >The Globe<
diese der englischen Situation an und brachten eher die
Perspektive der Renaissance als jene des Mittelalters auf
Mensch und Universum zum Ausdruck.«’ Ich glaube, eine
ähnliche Kombination einer »Perspektive auf das Universum«
und einer lokalen Situation - eine Art Ineinanderfließen oder
Verschmelzen des Ätherisch/Spirituellen und irdisch/Körper-
lichen - lädt auch die vitalsten Phänomene der zeitgenös -
sischen Kunst auf. Doch die Begriffe universal/lokal, Geist/
Körper sollten in einem vieldeutigen, nicht in einem singulären
oder absoluten Sinne verstanden werden. Jede Erfahrung ist
widersprüchlich (z. B. wird meine Nähe zum Werk bestimm -
ter lateinamerikanischer Künstler durch meine Entfernung von
ihren alltäglichen Lebensbedingungen relativiert, während
meine alltägliche Vertrautheit mit bestimmten Aspekten
Londons wiederum durch meine Entfremdung von den natio -
nalen Mythen der »britischen Kunst<‘ relativiert wird usw.).
Eine weltumspannende Idee, ein gemeinsames Symbol oder
eine grundlegende Metapher, die unabhängig voneinander an
den verschiedensten Orten in der Kunst der Sechziger auf -
tauchte, war die durchlässige Membran. Als eine im ein -
fachsten Sinne durchscheinende, elastische, relative Tren -
nung zwischen Gegensätzen - z. B. zwischen Innen und
Außen - brachte sie perfekt den Freiheitsdrang der Sechziger
angesichts überkommener, erstarrter, dichotomer Strukturen
in Kunst und Leben zum Ausdruck. Sie war ein Symbol für ein
neues Verhältnis zu Natur, Körper und Psyche und tauchte
in vielerlei Gestalt auf.
So verwandelten Lucio Fontanas Schnitte und Durchboh -
rungen die Leinwand in eine Membran, und Gordon Matta-
Clarks Einschnitte in Gebäude machten diese zu mem -
branähnlichen Strukturen. In einer - ob bewußten oder
unbewußten, ist nebensächlich - Weiterführung von Lucio
Fontanas Gestus projizierte Lea Lublin in Santiago de Chile
die Bilder berühmter Gemälde auf durchscheinende und zer -
schnittene Leinwände, durch die die Leute hindurchgehen
konnten (1971). Christos Oceanfront (1974) bestand aus einer
riesigen Polyäthylen-Leinwand, die, zur Flälfte ins Wasser
getaucht und zur Flälfte auf Felsen und Sand ruhend, an den
Übergängen zwischen Meer und Land lag; sie wurde an den
Rändern von einer gewaltigen Ansammlung von Menschen
gehalten, die wie Fischer an einem gewaltigen Netz zogen.”
Ähnlich, doch sechs Jahre früher und wahrscheinlich Christo
nicht bekannt, forderte Lygia Pape in Brasilien Menschen
dazu auf, ihre Köpfe durch ein riesiges, gemeinsames
Leintuch zu stecken {Teiler, 1968). In Lygia Clarks sensorischer
Bekleidung, für die sie luftgefüllte Säcke, Polyäthylen-Tücher,
Steingewichte und elastische Bänder verwendete, und in
Flelio Oiticicas Parangole Umhängen und netzartigen, durch -
lässigen Strukturen wird die Membran sowohl zu einem Mittel
der Betonung wie auch der Überschreitung der Grenze zwi -
schen dem Inneren und dem Äußeren des Körpers, zwischen
dem eigenen Ich und dem anderen Menschen, zwischen indi -
viduellem und kollektivem Lebensraum (so ist es hoch -
interessant, Christos Oceanfront mit Lygia Clarks Luft cS Stein
(Ar e Pedra, 1966) zu vergleichen, wobei die eine Arbeit am
Land-Art-Maßstab ausgeführt wurde, und die andere ein klei -
ner, luftgefüllter Sack ist, der mit einem Kiesel beschwert und
zwischen den Fländen zusammengepreßt wird).
Solche Ideen, die weltumspannend ohne Kontrolle oder
Einschränkung auftauchen, treffen auf die Zwänge und
Möglichkeiten jedes einzelnen Milieus. Die Kunst, über die ich
schreiben möchte, geht hier aus zwei Arten urbaner Erfahrung
hen/or; derjenigen Europas, besonders Londons, und der -
jenigen der lateinamerikanischen Städte, vor allem von Rio de
1 Frances Yates, Theatre ofthe World, London - New York 1987,
S. XII.
2 Zu diesem Werk gibt es das ausgezeichnete Buch Oceanfront.
Text von Sally Yard, Photographien von Gianfranco Gorgoni,
Princeton 1975.
199
Lygia Clark, Are pedra, (Luft und Stein), 1966, ein Partizipationsvorschlag
200
Yves Klein, Anthropometries et Symphonie monotone
(Anthropometrien und Monotone Symphonie), Ausstellung in der Galerie
internationale d’art contemporain, rue Saint-Honore, Paris (9. März 1960)
Janeiro, Buenos Aires und Santiago de Chile. Zu Beginn
möchte ich direkt auf die grundlegenden Unterscheidungs -
merkmale dieser beiden Wirklichkeiten zurückgreifen: Städte
der Alten Welt im Vergleich zu denen der Neuen; Städte mit
einer postkolonialen, wirtschaftlichen Abhängigkeit im Unter -
schied zu den Metropolen eines Weltreichs und des globalen
Kapitalismus; geteilte Städte, in denen Arm und Reich polari -
siert sind, im Vergleich zu einem sozialdemokratischen
Konsens und Konsumismus. Solche Abgründe bleiben be -
stehen, doch ein komplexeres Bild entfaltet sich, wenn wir
aufhören, die beiden Wirklichkeiten als monolithisch und
undurchdringlich zu betrachten. Einsprengsel der Ersten Welt
finden sich auch in der Dritten und umgekehrt. Beide sind
einer beschleunigten Vermischung der Kulturen im späten 20.
Jahrhundert unterworfen, beide sind durchsetzt von kom -
plizierten Paradoxien und Widersprüchen. In den latein -
amerikanischen Städten zum Beispiel, die auf eine Weise
sozial gespalten sind, wie man es in Europa seit dem 19.
Jahrhundert nicht mehr kennt, scheinen einzig die Reichen im
Besitz von Kultur zu sein und den Rest zu einem Elend zu ver -
dammen, aus dem aber in Wahrheit jene Bestrebungen und
Improvisationen hen/orgehen, die die offizielle Kultur als hoh -
len Schwindel entlarven. Umgekehrt ist eine Stadt wie
London, mit all ihren alten Schichten und traditionellen
Bräuchen, die Bühne für eine moderne Revolution, die sie
wahrscheinlich in die größte Metropole der Weit verwandeln
und alle national beschränkten Modelle englischer Kultur als
einen weiteren hohlen Schwindel entlarven wird. Gerade auf
dem Gebiet der Neuerungen und Veränderungen sowie der
Notwendigkeit, diese Entwicklungen eher zu begreifen und
die darin enthaltenen Möglichkeiten zum Wandel zu erkennen,
als sie in den alten, konzeptuellen Rahmen aus Vorurteilen
und Ungerechtigkeit hineinzupressen, haben viele Künstler
ihre Schlachten ausgefochten.
Trotz ihrer sozialen Extreme präsentieren sich lateinamerika -
nische Städte in anderer Hinsicht als homogen. Die meisten
Menschen sind Insider. London hingegen wurde zunehmend
heterogener. Hier herrschte immer ein Durcheinander, alles
wächst drunter und drüber und klebt aufeinander, und die aus
Paris und Rom bekannte Art von Generalstabsplänen verläuft
sich nach ein paar Straßen in einem Labyrinth aus Seiten -
wegen und Nebenverordnungen. Heute haben die Kako-
phonie der Stimmen und die Vielfältigkeit kultureller Phäno -
mene, die in der Stadt koexistieren, ein ungeheures Ausmaß
angenommen, und das Bedauern über den Unwillen der Insti -
tutionen - einschließlich der Kunstinstitutionen - zur Wahr -
nehmung dieser Realität vermischt sich mit der Erleichterung
über ihre Unfähigkeit, sie zu kontrollieren oder einzupassen.
Die meisten Kunstinstitutionen arbeiten immer noch mit über -
holten nationalen Prioritäten und ineffektiven Vorstellungen
von dem, was einen »britischen« Künstler ausmacht, statt die
flexiblere Bezeichnung des in »Großbritannien lebenden«
Künstlers zu wählen. So präsentierte eine kürzlich stattfin -
dende Gruppenausstellung zur Londoner Kunstszene der
sechziger Jahre diese als ein fast ausschließlich britisches,
weißes Phänomen, obwohl die Vitalität dieser Periode sich mit
Sicherheit ihrem kosmopolitischen, multikulturellen Charakter
verdankte.® London war ein Magnet und versprach eine Art
von Freiheit. Wenige Nachforschungen würden genügen, um
die Gegenwart vieler junger Künstler aus verschiedenen Teilen
der Welt aufzuzeigen, die vor einer vorgezeichneten Karriere,
geordneten Familienverhältnissen und Tagesabläufen nach
London geflohen sind. Die Stadt wurde zu einem Gebiet
gegenseitiger Tests, auf dem verschiedene, ererbte Formen
relativer Verschlossenheit oder Freiheit sich aneinander rieben
und miteinander verschmolzen, um etwas Neues entstehen
zu lassen. Meiner Meinung nach waren solche Begegnungen
Synonyme für die Vitalität in Großbritannien. Wenn sie zu Ende
gehen, gewinnt das Establishment die Überhand, das »Live-
Element« erstarrt und die Künstler kehren zum konservativen,
monumentalen Formalismus zurück, den sie ursprünglich
bekämpfen wollten. Auf keinen Fall ist jedoch eine Liebe zum
Experiment unvereinbar mit einer Sensibilität für die alten
Schichten Londons.
Wenn man diese zwei verschiedenen Kontexte erwähnt, so
müssen sofort Künstler genannt werden, die sich in sie hinein,
aus ihnen heraus und zwischen ihnen bewegt haben. Das
Muster war komplexer als die einfache Bewegung von der
Peripherie zum Zentrum, auch wenn dies vielleicht die domi -
nante Kraft war. Da gab es die Argentinier Lucio Fontana,
dessen äußerst einflußreiches White Manifeste während eines
siebenjährigen Aufenthalts in Buenos Aires im Zuge eines
hauptsächlich in Italien zugebrachten Lebens geschrieben
wurde, und Alberto Greco, der einige Phasen seines Lebens
in Paris und insbesondere in Spanien verbrachte; Lea Lublin,
die 1964 ihren ständigen Wohnsitz nach Paris verlegte; und
Leopolde Maler, der einen Großteil der sechziger und siebzi -
ger Jahre in London verbrachte und heute in der Domini-
3 David Mellor, The Sixties Art Scene in London. London 1993.
201
Alberto Greco, Vivo Dito, 1964
kanischen Republik lebt. Zu den Brasilianern gehörten Lygia
Clark, die zwischen 1968 und 1975 in Paris arbeitete; Helio
Oiticica, der sich 1969-70 in London aufhielt und später in
New York lebte, bevor er 1978 nach Rio zurückkehrte; Artur
Barrio, geboren in Portugal, der im Alter von zehn Jahren nach
Brasilien emigrierte; und Mira Schendel, die 1949 als junges
Mädchen aus Italien nach Brasilien kam (sie war in Zürich
geboren). Zwei einflußreiche Schriftsteller der chilenischen
Avanzada-Bewegung der siebziger Jahre, Nelly Richard und
Ronald Kay, zogen von Frankreich bzw. Deutschland nach
Chile. Zu den Londoner Künstlern gesellte sich 1960 David
Medalla von den Philippinen, 1964 Rasheed Araeen aus
Pakistan, 1964 Carlyle Reedy aus den Vereinigten Staaten,
gegen Ende der Sechziger Susan Miller aus den USA, 1969
Paul Neagu aus Rumänien. Und diejenigen, die nicht (viel) rei -
sten, waren ebenso empfänglich für den Ideenaustausch,
durch den Künstler sich selbst zu einer Art «Forschungs -
gemeinschaft« mit gemeinsamer Sprache formten, wie jene,
die unterwegs waren.
Bei einem Rückblick auf die gesamte Epoche, die diese
Ausstellung umfaßt, kann man diese Zeit vielleicht in drei
Strömungen unterteilen. Sie folgen nahezu chronologisch auf -
einander, doch nicht ganz, da es zwischen ihnen viele
Wechselwirkungen gab. Die erste untersucht Aktionen, die die
Konzepte von Malerei und Skulptur sprengen. Die zweite, die
ich als Befreiungsstrategien bezeichne, verweist auf ein wei -
tes Spektrum von Praktiken. Die dritte steht in einem engeren
Zusammenhang zur Performance und konzentriert sich -
doch wiederum auf sehr viele, widersprüchliche Weisen, so
daß sie äußerst komplexes Phänomen darstellt - auf den
Protagonisten. Die Kategorisierung beruht hauptsächlich auf
dem Modus und spiegelt die Veränderungen im Nachdenken
über ein grundlegendes, aller Kunst gemeinsames Problem
wider; über die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt, dem
Ich und den anderen, zwischen Kunst und Publikum.
Malerei und Skulptur sprengen
In den fünfziger und sechziger Jahren gab es eine Vielzahl von
Vorschlägen zur Umgestaltung traditioneller Kategorien der
Malerei und Skulptur. Viele verkörperten ein typisches
Paradox der Kunst des 20. Jahrhunderts; die Vorwegnahme
der Zukunft durch Wiederbeschwörung einer lange verflosse -
nen Vergangenheit, gar der Anfänge der Kunst. Der diesen
Vorschlägen implizite emanzipatorische Anspruch war im
Grunde eine Erneuerung und Wiederbelebung. Ein starkes
Element der Selbstinszenierung gehörte zu Fontanas
Aufschlitzungen und Durchbohrungen der Leinwand, zu Piero
Manzonis Signierung lebender Körper oder zu Yves Klein,
wenn er im Abendanzug nackte Frauen dirigierte, um durch
sie Spuren auf der Leinwand zu hinterlassen (»lebende Pinsel«
nannte er sie, nur ein Verweis auf die traditionellen Hilfsmittel
der bildenden Kunst). Hier ist der Widerspruch augenfällig. Im
reinen Gestus der Verneinung des Kunstobjekts und der
Bejahung des Lebens haben diese Künstler den Mythos des
Künstlers als Meister und einzigen Urheber überzeichnet.
Vielleicht war die Übertreibung selbst schon ironisch. Auf
jeden Fall bereitete sie den Boden für radikale Veränderungen
innerhalb des Konzepts von Kreativität und Urheberschaft,
wie sie von den partizipatorischen Werken Lygia Clarks und
Helio Oiticicas in Brasilien und von den Praktiken David
Medallas und Susan Millers in Großbritannien repräsentiert
wurden. Das Gesamtwerk dieser Künstler ist zu komplex und
polyvalent, um unter einem Etikett zusammengefaßt zu wer -
den. Zur gleichen Zeit stand die Erforschung der un -
persönlicheren, »objektiveren« Prozesse stofflicher Transfor -
mation, wie sie in der kinetischen Kunst und in anderen
Formen betrieben wurde, im Zeichen des gemeinsamen Ziels,
die Kunst mit den Prozessen und Rhythmen der Natur neu zu
verbinden. Manchmal fielen diese beiden Ansätze in einem
Werk zusammen. Trotzdem sie den Gestus, den der Künstler
mit dem Pinsel vollführte, parodierten, waren Fontanas zer -
schnittene Leinwände auch »Raumkonzepte«. Sie ant -
worteten auf das Bedürfnis nach, wie Fontana sagte, »einer
Kunst, die dem Materialismus (nicht den Ideen) entspringt und
sich in gewissem Sinne in Übereinstimmung mit den
Naturkräften selbst erzeugt«.
Wenn wir uns selbst von einer streng linearen Chronologie
befreien, können wir damit beginnen, auf Strategien einzuge -
hen, in denen das Performance-Element traditionelle, monu -
mentale Vorstellungen von Malerei und Skulptur in den Fluß
eines lebendigen Prozesses taucht. In Lateinamerika gehören
dazu die Werke von Alberto Greco, Victor Grippo, Lea Lublin,
Leopolde Maler und Marta Minujin aus Argentinien, von Artur
Barrio, Lygia Clark, Antonio Manuel, Helio Oiticica, Lygia Pape
und Regina Vater aus Brasilien. In Großbritannien betrifft dies
das Werk von Stuart Brisley, Paul Burwell, Susan Miller,
Anthony Howell, John Latham, Li Yuan-chia, David Medalla,
Gustav Metzger, Paul Neagu, Carlyle Reedy, das Frühwerk
von Bruce McLean, Gilbert & George, Barry Flanagan, Richard
Long und viele andere. Aus einigen diesen Strategien ent -
standen die partizipatorischen Praktiken zwischen Künst -
ler und Zuschauer, die die etablierten und institutionali -
sierten Modelle künstlerischer Aktivität in den sechziger und
siebziger Jahren in einem Ausmaß erschütterten, das
202
Susan Miller, Hand Grenadas (Handgranaten),
1969-72, Asche der Hand Paintings
(Handmalereien), einer Folge von 12 gemeinschaft -
lichen Gruppenarbeiten, 1969
meiner Meinung nach noch immer nicht genügend gew/ürdigt
wird.
Die Erinnerung an Alberto Greco sollte auf die eine oder
andere Art am Leben erhalten werden. Die Objekte, die er hin -
terlassen hat, können dies nicht wirklich leisten, da er vor
allem durch sein lebendiges Beispiel wirkte: ein ewiger Rebell
gegen formalisierende und institutionalisierende Kunst -
tendenzen. Er wurde 1931 in Buenos Aires geboren und
beging im Alter von 34 Jahren in Barcelona Selbstmord.
Zwischen Argentinien, Paris und Madrid pendelnd, war er bei
Yves Kleins Events im Rahmen einer Ausstellung mit dem
Namen »Antagonism 2: the Object« im Musee des Arts
Decoratifs in Paris im März 1962 anwesend. Er erschien als
Sandwich-Mann, und auf den Tafeln, die er trug, stand
»Alberto Greco, oeuvre d’Art hors catalogue«. Bei gleicher
Gelegenheit kreierte er als eifrige Hommage an den französi -
schen Künstler erstmals sein Vivo Dito, sein »Abenteuer in der
Wirklichkeit«. Er ging auf die Straße, zog einfach einen
Kreidestrich um etwas oder jemanden und signierte es oder
ihn. »Vivo« leitete sich von vivenda (Lebenserfahrung) ab,
»Dito« von dedo, der Finger, der Tätigkeit des Deutens oder
Signalisierens. »Zwar sucht Live-Kunst ihr Objekt«, schrieb er,
»wenn jedoch das Objekt einmal gefunden ist, beläßt sie es
an seinem Platz; weder verändert sie es, noch trägt sie es in
eine Kunstgalerie.«* Grecos Leben und die Mahnmale, die er,
angetrieben von einer ruhelosen Sehnsucht nach Kommuni -
kation, schuf, setzten die ältesten Dilemmata zwischen
Wirklichkeit und Darstellung, Aktion und Kontemplation in
Szene. »Warum können wir nicht gleichzeitig schauen und
leben?-' fragte Jane Harrison eindringlich in ihrem Buch über
die Art, wie die antike Kunst sich ursprünglich vom Ritual
gelöst hatte.^ Doch in gewisser Weise tun wir es, und das
gesuchte Objekt ist niemals neutral.
4 Zitiert in: Jorge Glusberg, Art in Argentina, Mailand 1986, S. 69.
5 Jane Harrison, Ancient Art and Ritual, London 1913, S. 133.
Susan Hillers Hand Paintings, die entstanden, kurz nachdem
die Künstlerin 1969 aus den Vereinigten Staaten nach England
umgezogen war, zeigen Anklänge an Yves Klein, doch voll -
ziehen sie eine gänzlich andere Umwandlung der Malerei.
Teilnehmer wurden eingeladen, ihre Handabdrücke auf einer
öffentlichen Leinwand zu hinterlassen. So wurde eine Atmos -
phäre beschworen, wie sie »der frühesten und am weitesten
verbreiteten (universellen) Kunstform« entspricht, »dem Hand -
abdruck als «meinem« Zeichen: archetypisch, zeremoniell,
magisch, grundlegend«'. Die Werke wurden in dieser Form bis
1972 aufbewahrt, dann verbrannte die Künstlerin beim
Verlassen ihres Ateliers einige der Bilder feierlich. Sie sam -
melte die Asche in Glasflaschen, die mit den Titeln der
einzelnen Bilder versehen waren. Diese wurden wie ein
Stilleben in einer Glasschüssel angeordnet und erhielten den
Sammeltitel Hand Grenadas. Ironie überall. Der scheinbare
Tod der Gemälde - dieser Lebensspuren - war kein echter
Tod, wie sie ihn vielleicht eingeschlossen in einem Museum
erlitten hätten, sondern in Wirklichkeit ihre Transformation in
einen anderen Zustand: Asche. Und diese »archivierten« toten
Dinge besaßen implizit die (durch den Titel ausgelöste)
Fähigkeit, zu neuem Leben zu explodieren. Hiller sagte viel
später selbst, daß eine der Ideen hinter ihrem Werk ihr
Wunsch gewesen sei, daß »alles so betrachtet werden sollte,
als habe es das gleiche Erkenntnispotential«, und daß die
Glasgranaten ebenso »interessant anzusehen und zu erfahren
sind wie die Gemälde«.' Wer könnte behaupten, daß wir hier
nicht Bilder ansehen? Wir können darin auch eine unbe -
absichtigte, listige Allegorie auf die Dilemmata dieser
Ausstellung selbst sehen. Kann die Asche der Live-Kunst
durch irgendeinen poetischen Prozeß der Re-Präsentation zu
neuem Leben explodieren?
Diese Rolle, die der lebende Körper bei der Transformation
von Gemälden erfüllt, kann er ebenso bei Skulpturen über-
6 Susan Hiller, unveröffentlichte Notizen, Abdruck mit freundlicher
Genehmigung der Künstlerin.
7 Stuart Morgan, »Beyond Control: An Interview with Susan Hiller«,
in: Susan Hiller, Liverpool 1996, S. 35.
203
nehmen. Die alte konzeptuelle Kategorie wird zu einem
Sprungbrett für den Start einer neuen und befreiten
Perspektive. Den Beweis dafür treten Takis’ Man in Space
(I960)' an, oder Kleins Leap in the Void (1960), Manzonis
Magic Base and World Pedestal (1961), Medallas/tsfro-aciv-
punture Man (1965)’, Paul Neagus Anthropocosmos (1969)'“,
Lygia Clarks Relational Objects (1964), Oiticicas Parangole
(1965) und viele andere.
Häufig war die Art, wie lebende Körper sich aus den
Protokollen des Skulpturalen und Theatralischen befreiten,
erfüllt von einem sanften Humor. Carlyle Reedy hat z. B. in
ihrem Werk aus den siebziger Jahre ein schelmisches
Verwechslungsspiel der Genres inszeniert, in dem skulpturale
und theatralische Zeitlichkeit aufeinandertrafen. Das zeigte
sich in Arbeiten wie Human Visual Sculpture in Contempla-
tive Time (1972) am Royal Court Theatre Upstairs, einem
der wenigen Londoner Schauplätze, die für Aufführungen ein -
gerichtet wurden, die - ob aufrührerisch oder meditativ -
einige der grundlegenden Lehren des Theaters in Frage
stellten. Reedy arbeitete mit den vier Teilnehmern lange Zeit
vor der Aufführung. Sie fertigte für sie Körper-Säcke in den
»Farben von Krokussen im Frühling« an. Dias, die von
den Aufführenden in ihren Säcken von der Empore einer
leerstehenden Kirche aus aufgenommen worden waren,
wurden dann während der Performance auf ihre Körper
projiziert, so daß sie sich im Wechselspiel mit einem Bad
aus Farben und Licht bewegten, das ihr eigenes Bild form -
te. Die Künstlerin begleitete die Übergänge mit Glocken,
Rasseln, Gongs und gelegentlichen verbalen Äußerungen.
Erwartungen an Drama und Schauspiel wurden zugunsten
Carlyle Reedy, Human Visual Sculpture in Contemptative Time
(Menschliche visuelle Skulptur in kontemplativer Zeit), 1972
von - wie Reedy es nannte - »visueller skulpturaler Lebens -
zeit« enttäuscht: eine Art langsames Auftauchen in die
Gegenwart/das Dasein, analog zum Wachstum der Pflan -
zen. Die Aufführenden bewegten sich in ihren Säcken und
legten sie nach und nach ab, sie nahmen innerhalb des
Theaters Positionen ein, wobei sie einzig von ihrer Intuition
geleitet wurden, um ein »authentisches, ohne Kunstgriffe
In-der-Aufführung-Sein« zu erreichen.’' Reedy setzte ihre
Arbeit zwischen verbaler Sprache (oft verwendete sie meh -
rere Sprachen), Theater und visueller Kunst mit großer Sub-
tilität fort.
Obwohl ihre Werke damals nie miteinander verglichen wur -
den, kann man heute sehen, daß Reedys Stück und die
Arbeiten von Bruce McLean den Versuch gemeinsam haben,
einen Begriff des Lebendigen vor den stereotypen Er -
wartungen und sozialen Konventionen etablierter Kunst -
formen zu retten. Sie gingen mit gegensätzlichen Mitteln vor.
Während Reedy ein nacktes, existentielles »Wesen« suchte,
nahm McLean in seiner eigenen Person alle Manierismen der
zeitgenössischen Kunstwelt auf, um sie lächerlich zu machen.
Pose Work for Piinths (1971) gibt die monumentale Rhetorik
der Skulptur scherzhaft dem lebenden menschlichen Wesen
zurück. Der Künstler, gekleidet in Schlaghosen und Pullover,
balanciert heroisch, lässig oder unbeholfen auf drei weißen
Sockeln. Dies könnte das Werk eines (sehr jungen) »Sohnes«
sein, der die »Väter'« verspottet. Es ist vielleicht charakteri -
stisch für den britischen Geist, daß er ziemlich schnell von
dem Milieu absorbiert wird, das er kritisiert. Doch McLean
hatte ein ernsthaftes Anliegen. Seine Herausarbeitung der
»Pose« als Schlüsselsymbol der damaligen Zeit wurde in
8 ln der Galerie Iris Giert in Paris ließ Takis einen Mann mit Hilfe von
Magneten im Raum schweben; das war ein paar Monate, bevor
Yuri Gagarin als erster Mensch der Schwerkraft entkommen sollte.
Der Mann in Takis’ Vorführung war der Dichter Sinclair Beiles. Aus
dem Raum zitierte er sein Gedicht »Ich bin eine Skulptur«.
9 »Ich träume von dem Tag, an dem ich Skulpturen schaffen werde,
die atmen, schwitzen, husten, lachen, gähnen, grinsen, biinzein,
keuchen, tanzen, iaufen, krabbein... und sich zwischen den
Menschen wie Schatten bewegen...« In David Medalla,
Mmmmmmmm... Manifest, 1965, London 1995, S. 61.
10 Dieses Konzept beschreibt eine Serie waben- bzw. zellenförmiger
menschlicher Figuren, die entstanden, kurz nachdem der
Künstler von Rumänien nach London gezogen war. Eine
lebensgroße Skulptur bestand aus Waffeln und wurde 1961 bei
einem Partizipationsevent in der Sigi Krauss Galerie in London
von den Anwesenden gemeinsam aufgegessen.
11 Carlyle Reedy, »Human Visual Sculpture in Contemplative Time«,
unveröffentlichte Notizen, Abdruck mit freundlicher Genehmigung
der Künstlerin.
I
204
Lygia Clark, Respire comigo
(Atme mit mir), 1966. Projeto Heiio Oiticica/Lygia Clark
Estate, Rio de Janeiro
späteren Werken verfeinert und ausgeweitet und erhielt
eine größere soziale Bedeutung.
Befreiungsstrategien
Nachdem wir untersucht haben, wie das Performance-
Element einige althergebrachte Gattungen der bildenden
Kunst transformiert hat, können wir uns nun den weiterge -
henden Betreiungstendenzen der sechziger Jahre widmen.
Auch wenn es den Anschein hat, als würden wir hier ein glo -
bales Phänomen auf den spezifischen geographischen
Rahmen dieses Essays verengen, so glaube ich doch, daß
Lateinamerika einen vitalen Kern dieser Bewegungen dar -
stellt. Auf gar keinen Fall kann es lediglich als ein Ort gesehen
werden, von dem einige Beiträge kamen, und noch weniger
als ein »Außenposten«. Einige der Werte, die für die befreien -
den Auswirkungen dieser Bewegungen im Hinblick auf die
weltweiten Probleme der zeitgenössischen Kultur so grundle -
gend waren, wurden hier entwickelt. Dies hat mehrere
Gründe, von denen einer möglicherweise das kraftspendende
Potential der Widersprüche selbst ist, die diesen Problemen
zugrundelagen: das Streben nach einem paradiesischen
»Traum vom Glück« trotz autoritärer Unterdrückung; der
Glauben an die Kunst als eine Macht der kulturellen
Emanzipation trotz der Tatsache, daß ihre Schöpfung, ihr
Überleben und ihr Fortbestand dauernden Gefährdungen
ausgesetzt sind; eine Vision von der Sensibilität und dem
Gleichgewicht des Körpers trotz Hunger und Mißbrauch.
Natürlich hängt vieles von der visionären Kraft bestimmter ein -
zelner Künstler ab, doch man hat das Gefühl, daß genau diese
Kraft auch durch die Existenz einer allgemeinen Energie und
Kreativität inspiriert und belebt wurde, von der die Künstler auf
verschiedene Weise Zeugnis ablegten. Ich war immer über -
zeugt, daß die Kunst der sechziger Jahre in Lateinamerika,
insbesondere in Brasilien, einige Gemeinsamkeiten mit der
sowjetischen Avantgarde der Zwanziger besaß: formale
Innovationen, die zu einer weitreichenden gesellschaftlichen
Vision führten, »experimentelle Freiheitsübungen«' (Mario
Pedrosa). Während der Motor der sowjetischen Vision die
Maschine und ihre Technologie waren (gemildert durch Tatlins
spätere Umwertungen), war es in Brasilien der Körper.’“ Der
Körper war der Bezugspunkt, von dem aus die traditionellen
künstlerischen Strukturen und insbesondere das Wesen des
Objekts und die Beziehung zwischen Künstler, Werk und
Zuschauer revolutioniert wurden. Und wegen Brasiliens histo -
rischer afro-euro-americo-indischer »Volkskuitur des Kör -
pers« nahmen die Experimente in Brasilien jene Partizipa -
tionsformen an, die sie von allen anderen unterscheiden.
Die außerordentlich fruchtbaren Werke und Konzepte von
Lygia Clark und Heiio Oiticica bringen viele Implikationen für
eine zukünftige Wechselbeziehung zwischen Kunst und
Leben mit sich. Beinahe möchte man die Vitalität ihres Werkes
durch die Einfachheit und Sparsamkeit ihrer Projekte charak -
terisieren. Man nehme als Beispiel Clarks Luft & Stein (das
sich tatsächlich nehmen läßt, da es kein Kunstobjekt, sondern
ein Vorschlag ist: Blase einfach einen simplen Plastiksack auf,
versiegle ihn, plaziere den Stein in eine Ecke und presse den
Sack zwischen deinen Händen zusammen). Das Wechselspiel
zwischen solider Masse und leerem Raum, Gewicht und
Leichtigkeit faßt die gesamte Geschichte der Biidhauerei in
sich zusammen, und doch gleicht das Objekt einem Körper,
der zwischen unseren Händen atmet und von unseren Gesten
gehalten wird. »Wir sind die Form: der Atem in der Form ist
deiner: die Bedeutung unserer Existenz.«’“
Clark, Oiticica und Lygia Pape gingen aus der fruchtbaren
neo-konkreten Bewegung Brasiliens hervor (1959-1961).
Diese Künstler assimilierten die europäische abstrakte und
konkrete Kunst (insbesondere die Beispiele Mondrian und
Malewitsch) in höchst kreativer und kritischer Weise. Mir
erschien es immer bezeichnend, daß das Ausgehen von so
strengen Formen - die Befreiung von repräsentativem Illusio -
nismus, traditionellem Symbolismus und naturalistischer
Farbgebung - die Grundlage ihrer späteren Experimente war.
Die Transformation des Konkretismus unter den Be -
dingungen, die in Brasilien herrschten, ist ein faszinierendes
Phänomen. In einem kühnen, doch logischen Prozeß enthüllte
Lygia Clark das »Organische« innerhalb der Schemata geo -
metrischer Abstraktion. Sie verstand, wie Oiticica und Pape,
die Tabula rasa der Abstraktion als Einladung, körperlich in sie
einzutauchen. Nachdem sie die idealistische Konstruktion von
Fläche als Projektion unserer »Poetik« außerhalb unserer
12 Siehe z. B. das Neo-konkrete Manifest (1959), zu dessen 13 Lygia Clark, zitiert in: Paulo Herkenhoff, »Having Europe for
Unterzeichnern Lygia Clark, Heiio Oiticica und Lygia Pape gehör- Lunch«, in: Poliester (USA-Mexico), 8, S. 14.
ten: »Wenn wir nach einem Äquivalent zum Kunstwerk suchen, so
werden wir es nicht in der Maschine oder im Objekt als solchem
finden, sondern... im lebenden Organismus.« Das Manifest ist auf
englisch in Dawn Ades u.a., Art in Latin America: The Modern
Period, London 1989, auf S. 335 abgedruckt.
Lygia Clark, Baba Antropofägica (Menschenfressender Schleim), 1973, aus der Reihe Collective Body (Kollektivkörper)
206
Helio Oiticica, Einweihung von Parangole,
Museu de Arte Moderne, Rio de Janeiro, 1965
Lygia Clark, Das ich und das Du: Kleidung-Körper-Kleidung, 1967
14 Lygia Clark, zitiert in: Guy Brett, »Lygia Clark: The Borderline be- 15 Ricardo Basbaum, »Clark and Oiticica«, in:
tween Life and Art«, in: Third Text (London), 1, Herbst 1987, Blast 4: Bioinformatica (New York), 1994.
S. 87.
selbst entlarvt hatte, verkündete Clark deren Tod und fuhr fort,
diese Poetik mit dem Körper als Motor in uns selbst wieder -
zuentdecken. Das Außenobjekt wurde zum Mittel einer
radikalen Verinnerlichung. Von Skulpturen an metallenen
Drehangeln über Möbiusbänder aus Gummi, sensorische
Helme, Kleidungsstücke, die das Innere des Menschen nach
außen kehren, damit es, oft gemeinsam mit anderen
Personen, in ein metaphorisches Spiel eingebunden werden
kann, gelangte sie zu kollektiven Erfahrungen, die schwer zu
benennen sind. Baba Antropofägica (1973) ist keine
Performance, weil es keinen Zuschauer gibt. »Wir sind bei
dem angelangt, was ich den kollektiven Körper nenne«,
schrieb die Künstlerin, »beim Austausch intimer Psychologie
zwischen Menschen. Dieser Austausch ist keine angenehme
Sache... und das Wort Kommunikation ist zu schwach, um
auszudrücken, was in der Gruppe geschieht.«”
Mitte der siebziger Jahre besaß Clark ein ganzes Repertoire
dessen, was sie jetzt Relational Objects nennt. Sie wurde der -
art überzeugt von den Wechselbeziehungen zwischen dem
»Physischen« und dem »Metaphorischen« in der gelebten
Erfahrung eines Menschen, daß sie eine »Sprache des
Körpers« entwickelt zu haben glaubte. Die Relational Objects
ermöglichten eine Interaktion mit jenen Erfahrungen, die in
den Erinnerungen des Körpers auf einer nonverbalen oder
präverbalen Ebene eingeschlossen waren. Die therapeuti -
schen Möglichkeiten dieses Prozesses interessierten Clark
zunehmend, und von 1976 bis etwa 1982 behandelte sie
in ihrem Atelier in Rio viele Menschen mit psychischen
Problemen - von tiefen psychotischen Krisen bis zu kleinen
Neurosen -, obwohl sie keine regulären psychiatrischen
Qualifikationen besaß. Clark legte detaillierte Notizen über
jede Erfahrung an und kam bei den am schwersten gestörten
Patienten zu den besten Ergebnissen.
Clarks Werk hat weitreichende und bis heute nicht umfassend
gewürdigte Implikationen. Sie betrat ein Gebiet zwischen
Kunst und Medizin, so daß ihre Entdeckungen eigentlich nicht
nur für einen Bereich relevant sind. Nur wenn beide Bereiche
sich verändern und viel stärker miteinander kommunizieren,
kann ihr Werk seine Langzeitwirkungen ausüben. Im Kontext
der »Live-Kunst« der Sechziger und Siebziger implizieren ihre
Neuerungen eine Transformation der Beziehung zwischen
Künstler und Zuschauer. Um mit Ricardo Basbaums Worten
zu sprechen, heißt es nicht länger: »ICH der Künstler, DU der
Zuschauer«, sondern »DUwirstICHwerden«.’®
Oiticica begann mit einer extrem ausgeprägten Sensibilität
für jene Freiheit, die die Innovationen der früheren moder -
nen Kunst versprachen. Ein Tagebucheintrag, den er mit
207
Helio Oiticica, mit Parangole P22 Umhang 18,
»Nirwana«, mit Antonio Manuei, 1968.
Centro de Arte Helio Oiticica, Rio de Janeiro
25 Jahren schrieb, spricht von Mondrians künstierischer
Zieisetzung: seine Kunst solle »weder Wandgemälde noch
angewandte Kunst sein, doch etwas Expressives, das wie
die »Schönheit des Lebens« sein würde, etwas, das er nicht
definieren könne, weil es noch nicht existierte««.’“ Die klare
Schönheit und die reinen Farben in Oiticicas frühen Gemälden
hätten vermuten lassen können, daß er im zeitgenössischen
Modernisierungsenthusiasmus Brasiliens eine technizisti-
sche, konstruktivistische Position einnehmen würde. Doch er
selbst identifizierte sich mit jenen Gruppen, die von der
Gesellschaft am meisten an den Rand gedrängt werden: mit
den Fave/a-Bewohnern, den Gesetzlosen, den Vagabunden.
Nicht in einem modernen Utopia, sondern in der »verzweifel -
ten Suche nach Glück««, in den Akten der Rebellion, in der
Sehnsucht und Raffinesse des Samba, in den Impro -
visationen der Barackenbauer, in der Erde und den weg -
geworfenen Objekten auf dem Brachland der Stadt fand er
Anzeichen für eine neue Kultur. Oiticica kombinierte seine
sinnliche Antwort auf die Umgebung mit einem sehr phanta -
sievollen System aus konzeptuellen Ordnungen, die einen
16 »Helio Oiticica««, Tagebucheintrag, 16. Februar 1961, in:
Helio Oiticica, Rotterdam 1992, S. 42.
kreativen Nukleus darstellen sollten, der sowohl ästhe -
tisch/strukturell als auch ethnisch/sozial definiert war und auf
jeder Erfahrungsebene, vom Objekt bis zum gesamten
Environment Gültigkeit besaß. Zwei suggestive Konzepte
umrahmten das Ganze: Weltschutz, der Begriff einer bewohn -
baren Welt, und Crelazer oder Creleisure, ein Neologismus
aus dem portugiesischen crer (glauben), criar (erschaffen),
lazer (Muße) und vielleicht creole. Crelazer war die Wider -
legung des ganzen Wertesystems, das Kolonialismus und
Rassismus zugrundeliegt, die Vorstellung von einer »Welt, die
sich selbst durch unsere Muße, in ihr und um sie herum,
erschafft, nicht als Flucht, sondern als Erfüllung der höchsten
menschlichen Wünsche«.”
Parangole war vielleicht Oiticicas schönste Erfindung: ein ver-
änderiiches Kunstwerk, das sich mit dem Körper und der
Ausstrahlung jedes einzelnen Wesens verbindet. Jeder seiner
Umhänge hat eine andere Struktur, einen anderen Charakter,
der meist durch ein bestimmtes Individuum oder eine Gruppe
inspiriert ist. Wenn der Performance-Teilnehmer ihn anzieht
oder darin tanzt, ver- und entschleiert er seine verschiedenen
17 lbid.,S.136.
208
Lygia Pape, Ei, 1967
Schichten. Ich verkörpere Revolte (Incorpo a Revolta) wurde
mit Nildo reaiisiert, einem Sambatänzer aus der Favela
Mangueria. Das konstruktivistische Grundprinzip schimmert
immer noch ieicht durch die vieischichtige Struktur hindurch,
wie Rosangeia da Costa Motta scharfsinnig dargeiegt hat:
»Da gibt es ein ailgemeines Gefühi der Schwere, von etwas,
das getragen werden muß. Doch was mit dem Körper in
Kontakt tritt, ist weich... Der Text »incorpo a Revolta« ist von
einer Haut aus Strohmatten bedeckt, die Ruhe und Trägheit
symbolisiert. Diese Lässigkeit liegt über dem Sackleinen, das
mit schwerer Arbeit verbunden ist. Die Revolte wird durch den
roten Stoff entzündet. Andererseits wird der Kontakt dieser
lodernden Revolte mit dem Körper durch die Flachsfüllung
18 Rosangela da Costa Motta in ihrer unveröffentlichten Dissertation
über Heiio Oiticica und die Stadt Rio de Janeiro bei der
Architecturai Association, London 1997. Zitiert mit freundlicher
Genehmigung der Autorin.
19 Paulo Herkenhoff, »Lygia Pape - Fragmentos«, in: Lygia Pape,
Säo Paulo 1995.
gedämpft... Der Teilnehmer erfährt diesen Umhang, als sei er
ein Spielzeug, das das seltsame Gefühl widersprüchlicher
Gewichte auslöst.««”
Manche Werke von Lygia Pape vermitteln auch (mächtiger als
Worte) das Gefühl dafür, wie Strukturen der Abstraktion und
des Minimalismus sich dem Körper öffnen und in den Fluß
des Lebens in Rio de Janeiro eintauchen. Die minimalisti-
schen Würfel in Papes E/er(1967) waren Hoizkonstruktionen,
die auf einer Seite mit einer Plastikmembran bespannt waren,
aus der die Teilnehmer wie bei einer Geburt hervorbrachen. In
Teiler (1968) offenbart sich die Struktur des Netzes und der
Gesamtkomposition sofort. Das Tuch ist eine gewaltige
Baumwollplane, die zahlreiche Menschen in einer Gruppe
zusammenhält, während sie sie gleichzeitig durch die
regelmäßige Anordnung der Löcher voneinander trennt. Pape
experimentierte auch mit einer zusätzlichen Trennung von
Kopf und Körper, indem sie einen kalten Luftstrom über den
oberen Teil blasen und warme Luft in den unteren Regionen
zirkulieren ließ. Sobald jedoch das Stück kollektiv wird, ver -
schwinden die teilenden und isolierenden Elemente in einer
Woge aus Energie und Interaktionen (»Energie breitet sich
über die Gesamtheit dieser Urfläche des Lichts aus««, wie
Paulo Herkenhoffsagt).“
Brasilianische Künstler formulierten auch viele Strategien zum
Umgang mit der Frage nach der Trennung des Gesichtssinns
von den anderen Sinnen, wie ihn die bildende Kunst vollzieht.
In Rad der Freuden (Roola dos Prazers, 1968) arrangierte Pape
Schüsseln mit Farbpigmenten in einem Kreis mit Tropf -
pipetten, und so entstand ein fröhliches Spiel, bei dem die
visuelle Anziehungskraft einer schönen Farbe oft im Wider -
spruch zu deren scheußlichem Geschmack auf der Zunge
stand.
20 Man könnte noch weitere wichtige Ausdrucksformen für dieses
Eintauchen anführen: Mauricio Cimes Photos in Papes neo-kon -
kretem Book of Creation (1959), inmitten der alltäglichen
Kakophonie der Straßen Rios; Regina Vaters flüchtig in die Ebbe
und Flut der Natur eingeschriebenes Wort ART (Veart, 1978);
Leonora de Baros Gedicht-Performance, in der sie mit ihrer
Lygia Pape, Teiler, 1968
210
Lea Lublin konstruierte in Argentinien und Chile eine Reihe
großer Partizipations-Environments. Jedes war in gewissem
Sinn eine »Welt«, die der Besucher erforschen konnte, eine
Welt, die aus sinnlichen und metaphorischen Elementen
bestand, die die Künstlerin in einer systematischen, didakti -
schen Folge kombinierte. Fluß unter dem Tunnel (Fluvio
Subtunal, 1969) erstreckte sich über 900 Quadratmeter. Diese
Arbeit war teilweise vom Bau eines Unterwassertunnels zwi -
schen den Städten Rosario und Santa Fe inspiriert und stellte
die Beziehung von Natur und Technologie in Frage. Besucher
durchquerten neun Zonen (u. a. die Quelle, Zone der Winde,
technologische Zone, Tunnel, Naturzone und Partizipations -
gebiet). Das Flerz der Arbeit war der lange, luftgefüllte Plastik -
tunnel, in den man praktisch hineingesogen wurde, den man
durchquerte und aus dem man, in klarer Analogie zu körper -
lichen Prozessen, wieder ausgestoßen wurde. Die beim
avantgardistischen Institute de Telia in Buenos Aires aufge -
baute Arbeit Terranauten (1969) entsprach von der Form her
einem spiralförmigen Labyrinth. Barfuß und mit einem
Minenarbeiterhelm ausgestattet, bahnten sich die Besucher
ihren Weg durch das Labyrinth und entdeckten dabei im
Lichtschein ihrer Lampen einige Grundlagen des Lebens
(Erde, Wasser, Sand, Holz, Samen, Zwiebeln, Kartoffeln usw.).
Auf ihrem Weg umgaben sie Gerüche, taktile Empfindungen,
Musik und Leuchtbotschaften, Auf einem Gemüsehaufen
stand ein Schild mit der Aufschrift: »Kunst wird Leben sein.«
Beim Ausgang gab es eine »Denkkammer«. Lublin hat diese
Werke als frühe Stadien ihres lebenslangen Projekts beschrie -
ben, »die kulturelle Konditionierung von Vorstellung und
Wahrnehmung, von Gesehenem und Vertrautem in Frage
zu stellen«.“' Es waren Experimente zur Überprüfung der
Möglichkeit einer »mehrdimensionalen Wahrnehmung, die
sich gleicherweise auf unsere psychischen, sinnlichen und
inteliektuellen Erfahrungen auswirkt«.“ Das klingt einiger -
maßen vernünftig, doch ging die Herausforderung unserer
»visuellen Konditionierung« bald so weit, daß sie den norma -
tiven Geboten des Staates in die Quere kam. Als Lublin im
Argentinien der sechziger Jahre diese in erster Linie spie -
lerischen Vorschläge machte, mußte sie sich gegen Ein -
mischungen und Zensur verteidigen. Sie schuf zuweilen
Arbeiten, die diesen Prozeß selbst in humorvoller Weise doku -
mentierten (z. B. ihre Photomontage Ein Polizeioffizier liest ein
Werk von Lea Lublin, 1972).
Eine gewalttätige Antwort der Polizei auf derlei Harm -
losigkeiten erscheint zwar unlogisch, legte aber vielleicht
Zeugnis davon ab, daß die Künstler die herrschenden Werte
grundsätzlicher in Frage stellten, als es den Anschein hatte.
Ein Werk wie das von Victor Grippo wurde, trotzdem der
Künstler sich bewußt zu einer Philosophie der minimalen
Störung oder »minimalen Sensibilisierung« bekannte, in die -
sem Sinne auch einmal zur Zielscheibe. 1972 drang die Polizei
in eine öffentliche Ausstellung im Zentrum von Buenos Aires
ein und zertrümmerte den Traditionellen ländlichen Brot -
backofen, der dort vorübergehend von Grippo, dem Künstler
Jorge Gamarra und dem Landarbeiter A. Rossi errichtet wor -
den war. Im Ofen wurde Brot gebacken und an die Passan -
ten verteilt, um die Polarisierung von Stadt und Land
in Argentinien darzustellen.
1974, auf dem Höhepunkt des Staatsterrors mit seinen
Todeskommandos und den zahlreichen Verschwundenen,
wurde Leopoldo Malers Onkei, der bekannte Herausgeber
einer führenden liberalen Zeitung in Argentinien, verhaftet und
anschließend ermordet. Beim Betrachten der Schreib -
maschine seines Onkeis in dessen Haus »kam mir plötzlich
21 Jerome Sans, »The Screen to the Real: Interview with Lea 22 Lea Lublin. »Proc^s ä l’image - elements pour une reflexion
Lublin«, in: Lea Lublin: Memoire des lieux, memoire du corps, active«, in; Lea Lublin: Present suspendu, Paris 1991, S.106.
Quimper 1995, S. 57.
211
das Bild eines Feuers anstelle des Blattes Papier in den
Sinn«.^^ Maler verwirklichte die in Flammen stehende Schreib -
maschine in einem Objekt mit dem Titel Hommage (die
Flammen wurden von einer Gasleitung gespeist, die durch
das Gestell verlief), das er 1974 in London ausstellte. In den
Siebzigern und einem Großteil der Achtziger pendelte Maler
zwischen Buenos Aires und London und erprobte begeistert
die neuen Medien. Er verwendete Fernseher in Theater -
stücken, choreographierte 1971 in London ein Ballett für
Tänzer, die an einem Baukran hingen, und zeigte mit dem
Tableau Silence (1971) in Großbritannien ein frühes, bemer -
kenswertes Beispiel erweiterten Kinos. Die Arbeit bestand aus
einem Film, der auf die Tafel eines Krankenhausbettes pro -
jiziert wurde, und einer echten »Krankenschwester«. Im
Rahmen der Ausstellung »Mortal Issues« in der Londoner
Whitechapel Gallery beschäftigte er sich erneut mit dem
Thema Tod und Vergänglichkeit und verwendete wieder die
Technologie der Gasdüsen. Er betrachtete Feuer und Luft als
lebendige Performance-Elemente, die durchsichtige oder
fragmentierte Bildnisse der menschlichen Figur umspielten.
Eine von Feuer umloderte Eisenfigur vervollständigte die
Installation, Interessanterweise gibt es in der jüngsten latein -
amerikanischen Kunst zahlreiche Beispiele für die Verwen -
dung der Metapher von Leben/Feuer, Schöpfung/Zerstörung
(die Helio Oiticicas Feuerbälle (Bolides) von 1963 unverkenn -
bar angekündigt haben).
Marta Minujin war auf der internationalen Bühne eine Pionierin
des Happenings und eine frühe Mitarbeiterin von Wolf Vostell
und Allan Kaprow. Doch ist ihr Werk nicht annähernd so
bekannt, wie es sein sollte. Zu ihren Projekten gehörten
»dekonstruierte Monumente« von einem Ausmaß und einem
großartigen logistischen Aufwand, die, wenngleich sie sich
einer ganz anderen Motivation verdanken, durchaus mit
denen Christos konkurrieren können. Alberto Greco sagte
über Marta Minujin, daß sie »den Friedhof neu belebt« habe.
Die Sehnsucht nach einer neuen Kunst, der Umsturz patriar -
chalischer und pompöser Staatsmythen, ein Anzapfen der
Energien und des Geschmacks des Volks, die Einladung zur
Beteiligung des Zuschauers - all das kam bei ihr in latein -
amerikanischer Verschmelzung zusammen. Nach Events und
Environments, die im Sensmindenvironment (um 1974) kulmi -
nierten (einem runden und sechs kubischen Räumen der
Selbstreflexion, die »die kreative Energie, die jeder potentiell
besitzt«, erwecken sollten), begann Minujin ihre Reihe der
Volksmythen, die »flüchtige Kunst« genannt wurden. Auf der
Biennale von Säo Paulo von 1977 stellte sie ein Modell des
Obelisken von Buenos Aires (Argentiniens Gegenstück zum
Washington Monument) in Originalgröße aus; der Obelisk
lag auf der Seite (»alles ist so gerade und streng und recht -
winklig, daß ich am liebsten alles hinlegen wollte«^"'). Zwei
Jahre später errichtete sie in Buenos Aires auf einer über -
füllten Industriemesse eine weitere Version des Obelisken. Das
23 Leopolde Maler, in einem Brief an den Autor, April 1997. 24 Richard Squires, »Eat me. Read me, Burn me: The Ephemeral Art
ot Marta Minujin« (Interview/), in: Performance (London), 64,
Sommer 1991, S. 20.
212
-y
David Medalla, Porcelaine Wedding (Porzellan-Hochzeit), 1974
turmhohe Gebilde bestand aus 30.000 panatone oder
Rosinenbrötchen, wie sie in Argentinien zu Weihnachten alle
Leute essen. Auf ein Signal hin erschienen sechs Feuerwehr -
autos mit ausgefahrenen Leitern, umringten den Obelisken
und verteilten die Brötchen an das Publikum. »Wenn du den
Mythos ißt, entheiligst du den Mythos. Du bringst den alten
Mythos zum Einsturz, um Raum für den neuen Mythos zu
schaffen«, sagte die KünstlerinMan kann auch jene alten
Mythen wiederholen, die selbst bereits Erneuerung bedeuten
- wie zum Beispiel die traditionellen Karnevalsriesen, die als
Symbole für die Sorgen der Menschen zunächst durch die
Straßen getragen und dann oft feierlich verbrannt, zerstört
oder anderswie beseitigt werden.
Eine Betrachtung der partizipatorischen oder kollektiven
Experimente, die zur gleichen Zeit (oder etwas später) in
Großbritannien entwickelt wurden, wird zeigen, was diese in
ihrem Kampf um die Befreiung der Kunst aus den institutio -
nalisierten Schranken mit den argentinischen und brasiliani -
schen Werken gemeinsam hatten, aber auch, worin einige
bezeichnende Unterschiede bestanden.
David Medalla sah seine partizipatorischen Arbeiten als
direkte Weiterentwicklung der kinetischen Experimente, die er,
wie zum Beispiel die Bubble Machines (1964), in den sechzi -
ger Jahren durchgeführt hatte. Ihn reizten der Verzicht des
Künstlers auf Kontrolle, die Unterordnung unter den Zufall und
das Walten-Lassen von Naturkräften, die über die künstleri -
sche Entscheidung hinausgingen. Wenn die Schöpfungs -
metapher in den Bubble Machines auch biologisch war, so
gab es doch keinen Grund, warum man diese wuchernde
Zellstruktur nicht auf die soziale Sphäre, d. h. auf die Energien
und Phantasien der Menschen übertragen sollte. Obwohl er
schon In der sechziger Jahren Jahren Performances machte.
verspürte Medalla das dringende Bedürfnis nach einem
Objekt oder einer Installation, die Vorübergehenden und zu -
fälligen Begegnungen gegenüber offen war und kreative
Energien innerhalb von kontemplativer Zeit und Raum bün -
deln konnte.
A Stitch in Time (1968), Porcelaine Wedding (1974) und
Eskimo Can/er (1977) waren die Ergebnisse. Im Verlauf der
Zeit wurde es vermutlich sogar einfacher, die fließende und
komplexe Produktionsmetapher zu erkennen, von der diese
Experimente Zeugnis ablegen.
In Porcelaine Wedding legte sich ein nacktes Paar hin, ihre
Körper wurden von den anderen Teilnehmern mit Ton
bedeckt. Man verzierte den Ton mit linearen Mustern und
schnitt ihn in kleine Rechtecke, die dann gebacken und mit
Zwirn verbunden wurden, so daß Gewänder entstanden (ähn -
lich wie die Totengewänder aus Jade, die man kürzlich in
China ausgegraben hat).
Als Vorspiel zur symbolischen Hochzeit wurden Besucher ein -
geladen, in Anspielung auf die sieben Tage der Schöpfung
kleine Tonskulpturen als eine Art '>Gabe« anzufertigen.
Porcelaine Wedding kann auch als die phantastische Parodie
einer Zeichenklasse, die ein lebendes Modell malt, gesehen
werden. Die Beziehung zwischen »Künstler« und »Modell«
wurde durch das spielerische, kollektive Handauflegen und
das Formen des Kunstmaterials direkt auf dem Körper neu
belebt. Dadurch wurde das Element der kalten, beobachten -
den Distanz ausgelöscht und gleichzeitig in der liebevollen
Verbindung des Ehepaars durch die Hochzeit verschmolzen.
Die Totenhemden venwandelten sich in Lebensvermittler. In A
Stitch in Time wurden die Menschen eingeladen, alles, was
sie wollten, auf große Baumwolltücher zu sticken. Das Werk
wurde immer anders installiert und füllte den Raum mit einem
lockeren, an eine Hängematte erinnernden Gebilde, das aus
25 Ibid.
214
David Medalla, A Stitch in Time (Ein Stich in der Zeit),
1968-72. Arts Council Collection, London
Tüchern, zahlreichen Spulen bunter Garne und Nadeln
bestand. Man konnte es problemlos betreten (»Menschen
können In meinen Installationen aus- und elngehen«, erklärte
der Künstler^®), und die Aufforderung zum Sticken hob alle
Vorurteile über hohe Kunst auf, obwohl das Ambiente zugleich
einen subtilen psychologischen Druck ausübte. Sollte man
vorübereilen oder seine Zeit, und damit etwas von sich selbst,
in einer Atmosphäre kollektiver Erwartung opfern? >>Jeder
kann mit seiner eigenen Zeit in eine sehr simple Tätigkeit ein -
bezogen werden... im Prozeß, im Rhythmus des Stickens
wirst du bemerken, daß der Gesamtrhythmus zur Hälfte vom
Material bestimmt wird.«®' Anstelle eines vom Künstler
»erschaffenen Werkes-' entstand hier ein kinetisches Modell
des kreativen Prozesses, in dem Künstler und Zuschauer,
Individuum und Kollektiv, Erzeuger und Material einander
gegenseitig erzeugten.
Es ist lehrreich und vielleicht auch wieder befreiend, den
Begriff der partizipatorischen und kollektiven »Live«-Arbeit
aus einem körperlichen Bezugsrahmen herauszulösen und
ihn zu einer Erfahrung »jenseits des Körpers« zu machen;
gleichzeitig gilt es, von einer expressiven Art des Ausdrucks
zu einer analytischen, forschenden überzugehen. Natürlich
sollten wir die Relativität und Interdependenz dieser Begriffe
stets berücksichtigen: eine Schlußfolgerung, die Susan Miller
vielleicht mit ihrer ironischen, und doch bewundernden
Anwendung der »objektiven« Praktiken des Vermessens und
Erfassens auf die Substanzlosigkeit/Subjektivität der Träume
in ihrem Dream Mapping (1974) nahelegen wollte. Das Projekt
lief folgendermaßen ab: Nach ein paar Übungswochen, in
denen sie lernten, ihre Träume aufzuzeichnen, wurden sieben
Teilnehmer von Susan Hillereingeladen, drei Nächte in einem
Feld in Hampshire draußen zu schlafen, auf einem Platz, der
für seine große Menge an Pilzringen bekannt war. Die
Teilnehmer schrieben jeden Morgen ihre Träume auf und kar-
26 Steve Thorn, Interview mit David Medalla, zitiert in: Guy Brett,
Exploding Galaxies, London 1995, S. 98.
27 Ibid.
Susan Hiller, aus Dream Mapping (Traumkarten),
1974. Sammlung der Künstlerin
rechts: Das Traumnotizbuch eines Teilnehmers
unten: Teilnehmer schlafen vor Ort
Susan Hiller, Street Ceremonies
(Straßenzeremonien), 1973
tographierten sie. Aus dem Übereinanderlegen der einzelnen
Traumkarten entstanden zusammengesetzte Karten. Diese
Arbeit warf komplexe Fragen über den Einfluß des Ortes
auf die ganz spezifische Lebensgeschichte auf, wie sie sich
im Traum jedes Individuums und in seiner Art des »Karto-
graphierens“ widerspiegelte; außerdem stellte sich die Frage,
ob die Piizringe die Teilnehmer in irgendeine Art von Gemein -
schaft brachten. Doch ging es Füller nicht um »Ergebnisse«.
Sie betonte stattdessen einen Prozeß, der Menschen für die
Grenze zwischen Individuum und Gesellschaft, Privatem und
Öffentlichem sensibilisierte und in eine Unsicherheit versetzte,
die sie zum Nachdenken anregte. Dieses faszinierende
Experiment und auch verwandte Untersuchungen wie Street
Ceremonies (1973), deren Auswirkungen noch heute radikal
sind, waren »bewußt untheatralisch. Sie wurden unter kreativ
Gleichwertigen durchgeführt, im Sinne einer kollektiven
Anstrengung, für die alle Beteiligten verantwortlich sind«,
schrieb die Künstlerin. »Individuelle Erfahrungen, Reaktionen
und expressive Akte dienten als Aspekte einer Struktur..., die
das Gefühl der geteilten Subjektivität verstärken sollte.« “
Protagonisten
Es gibt keine Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts, die die -
sen partizipatorischen Experimenten den ihnen gebührenden
Platz einräumen würde.^ Sie wurden nicht in die Namensliste
der jüngsten Kunstbewegungen aufgenommen, und das muß
daran liegen, daß - obwohl wir wissen, daß der Kunstmarkt
wahrscheinlich aus fast allem eine verkäufliche Ware machen
kann - diese Werke immer noch die herrschenden Konven -
tionen der Kunstinstitutionen durcheinanderbringen. Oiticica
verglich seine Projekte mit vielfältigen und wuchernden
»Mutter-Zellen«, Medalla beschrieb die seinen als »endlos«
(.»Ich könnte leicht die Tate Gallery überschwemmen«”). Lygia
Clark meinte, daß ihre Experimente grundlegend das
Schöpfungsmodell veränderten, das aus der Trennung von
Künstler und Zuschauer, Subjekt und Objekt resultiert. Für sie
war aber nur diese Beziehung wichtig, und nicht, ob ein
Künstler ein Objekt oder einen Live-Event geschaffen hat. Aus
diesem Grund unterschied Clark ihre Arbeit von vielen Formen
der Body art und Performance und vertrat die radikale
Position, daß diese Formen den Mythos vom Künstler »bis zu
einem Grad« perpetuieren, »an dem der Mythos selbst zum
Gegenstand der Vorführung wird«. In ihren Arbeiten blieb sie
diesen Prinzipien treu. Gleichzeitig aber hatten die Partizi -
pationsexperimente ein ganzes Feld ungeahnter Möglich -
keiten eröffnet. Sie führten klar vor Augen, daß, wie Füller es
formulierte, »Identität kollektiv ist, und das Ich multipel«. »Mein
Ich ist ein Ort für Träume, Gefühle und Empfindungen, und
keine undurchdringliche körperliche Grenze. ICFI BIN KEIN
CONTAINER.«” Es gab viele Formen der Darstellung und
Anwendung dieser erweiterten (oder, wenn man eine
Gleichung zwischen den Implikationen der Dualität hersteilen
möchte, fragmentierten) Sicht des Ichs, viele Wege, möchte
man fast sagen, die afte Form des »Selbst-Porträts« zu ver -
wandeln. Ein Gattung wie die »Performance« wurde deshalb
zu einem Ort komplexer Auseinandersetzungen zwischen der
Präsentation einer Figur vom alten, monolithischen Typus und
derjenigen eines multiplen Ichs, einer fließenden Identität,
die nicht durch die Negation des »Anderen« konstruiert wird,
sondern viele Dinge zugleich sein kann.
Natürlich wandeln sich auch die Zeiten, mal sanft, mal brutal.
Vielleicht entspricht selbst der brutale Wandel einer gewalt -
tätigen Form von Konflikten, wie es sie immer gab und zu
denen Künstler immer Stellung bezogen haben. Die Antwort
der Künstler in Brasilien auf das Trauma der Militärdiktatur (die
in den frühen Siebzigern ihren Flöhepunkt erreichte) sollte man
28 Susan Hiller, zitiert in: Susan Hiller (wie Anm. 7), S. 50.
29 Eine Ausnahme ist Frank Poppers Art - Action and Participation,
New York 1975, eines der gewissenhaften und großzügigen
Bücher, die er über die Kunst der sechziger und siebziger Jahre
verfaßte.
30 Steve Thorn, Interview mit David Medalla, in: Exploding Galaxies
(wie Anm. 26), S. 110.
31 Lygia Clark, »De la suppression de l'objet«, in: Macula, 1, Paris
1973, S. 118.
32 Susan Hiller, Sisters ofMenon, London 1983.
(alle Abbildungen auf dieser Seite)
Artur Barrio, Situation T/T, 1969
anhand der Gesamtheit aller Befreiungsstrategien analysie -
ren, die von der brasilianischen Avantgarde erforscht wurden
- eine Leistung, deren Auswirkungen zu bedeutend waren,
um einfach ignoriert zu werden. Die Subtilität dieser künstle -
rischen Antworten stand kennzeichnend für die Vitalität und
die kulturelle Bedeutung dieser Strategien.
Artur Barrio kommt aus einer expressionistischeren Richtung
als Clark, Oiticica oder Pape, in seiner Vorgeschichte fehlt das
Element einer konstruktivistischen Ordnung. Auf einem ande -
ren Weg fand er zu einem ähnlichen (brasilianischen? oder
vielleicht genauer für Rio de Janeiro typischen - cahoca?)
Ethos, »der uns in das Reich des Zufalls, des Chaos’, in den
unkontrollierbaren Fluß des Lebens schleudert«.“ Barrio
bringt eine charakteristische Position gegenüber der
Wirklichkeit und dem Zuschauer zum Ausdruck; »In meinen
Arbeiten werden Dinge nicht angedeutet (dargestellt): sie wer -
den gelebt. Und man muß in sie eintauchen. Mein Werk hat
ein Eigenleben, weil wir alle es sind.«“ An der Wende zu den
Siebzigern organisierte Barrio in Rio und in anderen Städten
mehrere Events, in denen er Trouxas Ensangüentadas (Blutige
Bündel) einsetzte, grausig suggestive Objekte, die er vor dem
Museum (Museu de Arte Moderna, Rio, 1969) liegen ließ,
damit sie in den Straßen der Stadt verstreut oder an den
Flußufern angeschwemmt würden: fest verschnürte und mit
menschlichem Abfall (Blut, Fingernägeln, Flaar, Speichel,
Urin, Kot, Knochen), mit Toilettenpapier, alten Zeitungen,
Bandagen, Essensresten, Tinte, Filmstückchen, usw. voll -
gestopfte Stoffbündel. Die Photos von Vorübergehenden, die
mit diesen auf dem Boden liegenden Objekten konfrontiert
wurden oder die unheimliche Besudelung der Natur wahr -
nahmen, die die Bündel anrichteten, vermitteln das starke
Gefühl einer fernen Autorität, die Grausamkeiten gegen die
Menschen begeht. Doch Barrio beschreibt seine Trouxas
auch abstrakter als »aufwiegelnde Objekte« und »kumulative
Energiezentren«“. Er bestand darauf, daß sein »Abfall« - aus -
gestreut im Verlauf provokativer Events, die meist von der
Polizei unterbrochen wurden - gleichzeitig eine Neubelebung
der Kunst und ein sozialer Protest war.
In Cildo Meireles' Die Bergpredigt: Fiat Lux (1973 - 79) waren
die Darsteller als Bodyguards des Präsidenten oder Geheim -
polizisten verkleidet und umringten einen großen Stapel ver-
33 Marcio Doctors, »0 Todo Nos/The All of Us«, in: Situagöes: Artur
Barrio: Registro, Rio de Janeiro 1996, S. 6.
34 Artur Barrio, zitiert ibid., S. 6.
35 Ibid., S.16.
218
Roberto Evangelista, aus Mater Dolorosa, In Memoriam II, 1979
packter Güter, wie man sie in einem Lagerhaus findet. Diese
Verpackungen enthielten in Wirklichkeit 126.000 Schachteln
Streichhölzer der bekannten brasilianischen Marke Flat Lux (Es
werde Licht). Die biblischen Anspielungen setzten sich durch
die Spiegel an den Wänden fort, die mit Worten Christi
bedruckt waren. Auf dem Boden rieben sich die Füße der Zu -
schauer und der Darsteller an Schmirgelpapier, wie es auf den
Seiten der Streichholzschachteln klebt. Trotz der Vermeidung
jeglicher militanten Haltung und der listigen Verwendung des
Duchampschen Ready-Made konnte Meireles’ Arbeit nur mit
Mühe öffentlich aufgeführt werden; sie wurde zweimal abge -
sagt und entfernt, bevor sie schließlich 1979 24 Stunden lang
stattfinden konnte. In dieser Arbeit ging Meireles, wie ich
glaube, über eine Denunziation der politischen Autoritäten hin -
aus, um eine brillante künstlerische Allegorie zu schaffen. Sie
ist in ihren Performance-Aspekten ebenso wirkungsvoll (die
bedrückende Gegenwart der »schweren Jungs«, die bis ins
kleinste Detail echt aussehen) wie in ihrer VenA/endung der
Objekte, im Zentrum der Versprechungen Christi an die
Erniedrigten und Entrechteten, daß die Erde eines Tages ihnen
gehören würde (die sich über unser eigenes Spiegelbild legen),
befindet sich ein gewaltiger Kern aus latenter Energie und
Licht, nervös bewacht von Beamten, deren Füße ihn in
Sekundenschnelle in Brand setzen könnten. Die Streichhölzer
können sowohl als die von den Reichen und Mächtigen unter -
drückte Energie des Volkes verstanden werden wie auch als
das Werk des Künstlers. Kann beides in Brasilien leben und
gedeihen? Das »bewachte« Szenario stellte wachsam diese
Frage, die so viele Mitglieder der Avantgarde der Sechziger
motivierte. Eine Antwort sollten wir nicht erwarten, außer auf
einer weiteren Ebene der Allegorie. Der Würfel könnte sich
plötzlich verändern. Wie Ronaldo Brito in seiner Studie über
Meireles poetisch schrieb: »Das Werk richtet sich gegen die
feste Materie, gegen eine Physik der festen Materie; gegen
alles, was Energie, Kommunikation und den Fluß sich wan -
delnder Aggregatszustände unterdrückt.«*
Das Thema des Eintauchens, das einen Großteil der brasilia -
nischen Kunst dieser Periode durchzieht, ist besonders
deutlich in Roberto Evangelistas Werk, Evangelista wurde in
Manaus am Amazonas geboren und erzogen, wo er auch lebt
und arbeitet. Wie viele andere, in verschiedenen Teilen
Brasiliens lebende Künstler beschäftigte er sich während
seiner Laufbahn vorwiegend mit Umweltfragen, die für ihn
eine intensive Auseinandersetzung mit seiner konkreten
Umgebung bedeuteten: mit einem bestimmten Ort, seiner
Geschichte, den Menschen und der Fragestellung, wie sich
der Diskurs der internationalen Avantgarde mit seinem eige -
nen Wissen über die lange Geschichte der Plünderung des
Amazonasgebietes durch Fremde »infizieren« ließe.
In Arbeiten wie Mater Dolorosa waren die Wasser des Rio
Negro sowohl »Stütze« als auch »Medium'«: eine Oberfläche
zur Bewegung alltäglicher, lokaltypischer Gegenstände (wie
Kürbisflaschen und Bambus) und eine Metapher für die
Wirklichkeit, in die man gemeinsam mit seinen Mitmenschen
eintaucht. Die lyrischen Sequenzen in Mater Dolorosa enden
plötzlich in einem verwirrenden, einprägsamen Bild. Mehrere
Menschen erscheinen in mittlerer Entfernung im Wasser, ihre
Köpfe tauchen zwischen den Kürbisflaschen auf und bilden
eine Gruppe (der Künstler ist unter ihnen), aus der verzweifelte
Schreie aufsteigen, Schreie wie in Todesangst, die aber auch
als Überlebensschreie gedeutet werden können. Ebenso
kann auch Evangelistas Metapher des Eintauchens auf zwei
Arten verstanden werden: als Untergang, als Schiffbruch
eines Landes und einer Kultur (in einem 1970 geschriebenen
Text nannte Oiticica ganz Brasilien ein »untergehendes Land««)
und zugleich als das Eintauchen des Künstlers mit seinem
ganzen Körper in den Raum seines Werkes, in seine konkrete
Umgebung und in das Volk.
Zwischen 1973 und 1980 schuf Carlos Leppe in einer intensi -
ven Reihe von Performances - anscheinend den ersten in
Chile - eine Art experimenteller Zelle, in der die allgemeine
Physiognomie der offiziellen Ordnung durch die Darstellung
36 Ronaldo Brito, »Frequenzia Imodulada««, in: Cildo Meireles,
Rio de Janeiro 1981, S. 8.
219
des Körpers herausgefordert wurde. Nelly Richard sprach von
der »Unnachgiebigkeit des Militärs, für das der Körper der erste
disziplinierende Rahmen der normativen identität ist«“', die
durch Training und Folter befestigt wird. In direktem Kontrast
dazu stellte Leppe - nicht mit großartigem Pomp, sondern mit
Zeichen der Verwundbarkeit und des Kampfes - den Transve-
stiten-Körper aus, durch den die strenge Festlegung der
Geschlechterrollen parodiert wird. Im Chile dieser Zeit besaß
die Zurschaustellung des Körpers eine besondere Intensität,
da - wie Nelly Richard feststellte - unter dem allgegenwärtigen
System der Zensur, das auf jede sprachliche Äußerung ange -
wandt wurde, »jeder zusätzliche Diskurs oder unausge -
sprochene Druck, der die Syntax des Erlaubten unterminierte,
nur als Körpergeste zum Vorschein kommen konnte«.““
Das Wechselspiel zwischen der Darstellung seiner selbst
als Künstler (Selbst-Porträt) und der Selbstdarsteilung als
Durchschnittsmensch, der Anteil an den »sozialen Konflikten
(hat), die den Einzelnen der Gesellschaft angleichen«““, ist kein
neues Thema in der Kunst. Dennoch verlieh die Performance-
Kunst dem Prozeß eine neue Nuance, indem sie die Künstler
aus ihrem gewohnten Diskurs (Malerei, Skulptur usw.) in einen
neuen übersetzte, in dem sie nackt und ungeformt waren, zur
Schau gestellt und in direktem Kontakt mit dem Publikum.
Daraus entstanden sofort Spannungen zwischem dem
»Man-selbst-Sein« und dem »Eine-Rolle-Spielen«, zwischen
materieller Wirklichkeit und Symbol oder Metapher. Rück -
blickend scheint dieser Wandel zwei große Sehnsüchte
widerzuspiegeln: die Sehnsucht des Künstlers, die Lebendig-
37 Nelly Richard, »A Matter of Style«, in: Adam's Apple Chile -
Transvestites, Paddington NSW, 1989.
keit der Kommunikation vor einem Kunstsystem zu schützen,
das sich zunehmend am Warenwert berauscht, und die Sehn -
sucht des »Durchschnittsmenschen«, sich selbst durch ge -
lebte Erfahrungen, durch die eigene Geschichte, Identität und
Subjektivität kennenzulernen. Es ist, als ob der Künstler diese
zweifache Sehnsucht in einer embryonalen und testamenta -
rischen Form darstellt, indem er dem Publikum gegenübertritt,
als wäre es die ganze Welt.
Die Konzentration auf die Individualität und Subjektivität des
Künstlers legt scheinbar einen unentrinnbaren Alleingang
nahe, doch bestand das fruchtbare Paradox eben genau
darin, daß der Auftritt des bildenden Künstlers in der Rolle
eines »Schauspielers« gleichzeitig eine Dekonstruktion und
eine Ausweitung des Begriffs »Protagonist' darstellte. Die
Welle der Performance-Kunst, die Großbritannien in den
späteren Siebzigern überschwemmte, förderte eine faszi -
nierende Vielzahl an Protagonisten zutage. Während die
Darsteller einerseits »nackt« vor dem Publikum standen, re -
präsentierten sie in einem anderen Sinne das gesamte
komplexe Amalgam, die »Unendlichkeit der Spuren«
(Gramsci), aus denen Identität entsteht. Deshalb gab es keine
Unterbrechung, sondern eine Kontinuität der Solos, Duos,
Ensembles und einer Vielzahl an Repräsentanten, unter ande -
rem abwesende und Ersatz-Darsteller, Doubles, Alter Egos,
Verkleidungen und leblose Objekte, die manchmal lebendiger
wirkten als die lebenden Darsteller.
In einem sehr impressionistischen Überblick über dieses
weite Gebiet, dessen Spuren immer noch verstreut und oft
38 Nelly Richard, »Margins and Institutions«, ibid., S. 72.
39 Fernando Balcells, »Analysis«, ibid.
Bruce McLean, Nice Style Pose Band Event,
High up on a Baroque Palazzo
(Nice Style Pose Band-Event, Hoch oben auf
einem barocken Palazzo), 1974
221
unerreichbar sind, geht man am besten von den Performern
aus, deren Werke der »Agonie« entsprangen, die im Wort
»Protagonist« enthalten ist. Von Künstlern wie Stuart Brisley,
Kerry Trengrove oder Alastair MacLennan, die in ihrem Rin -
gen mit den finsteren und unterirdischen Aspekten der
Gesellschaft Meisterleistungen an Ausdauer und Lebenskraft
erbracht haben, bis zu jenen, die eine kühle und elegante,
makellose Erscheinung zeigten wie Gilbert & George oder
Bruce McLean.
Die Wucht von Gilbert & Georges frühen Performances als
menschliche Skulpturen kann nur in dem Kontext verstanden
werden, in dem sie zuerst auftauchten. Ein typisches Szenario
wäre ein Rolling-Stones-Konzert im sommerlichen Hyde Park
gegen Ende der Sechziger gewesen, wo die langhaarige,
träge, freizügige Menge aufblickt, um ein zugeknöpftes männ -
liches Paar mit Silber- und goldfarben bemalten Gesichtern zu
sehen, das schwungvoll promeniert und Posen einnimmt, die
einer Modezeitschrift aus den Dreißigern entstammen könn -
ten. Ihre roboterartige Choreographie war die Antithese zu
allem Hippiehaften. Sie war hypnotisch, lustig und letztlich
vielleicht auch erschreckend. Wie ihr Galerieauftritte als
Singing Sculpiure (1970), wo sie zu dem alten, aus der Zeit
König Edwards stammenden Variete-Song »Underneath the
Arches«, der aus einem tragbaren Kassettenrekorder erklang,
posierten. Dieser Auftritt appellierte an die anhaltende
Faszination für Automaten, Abbilder und Mannequins. Er
erschien als Illustration der Freiheit, die die Kunst einem Spiel
der Gegensätze gewährt. Wenn ein Stil zu einem Klischee
wird, übt sein Gegenteil einen elektrisierenden Effekt aus.
Gegen die Suche nach dem Natürlichen, Fließenden, Interak -
tiven und Pluralistischen wurde das Künstliche, Strenge, Ver -
altete und Einzelne gesetzt (wenngleich Gilbert & George ein
Duo sind). Auch McLeans Nice Style ('>die erste Posierband
der Welt«), die auf seine frühen Performances folgte, war hell -
sichtig in ihrer Verwandlung einer traditionell britischen
Obsession mit visuellen und gestischen Klassenmerkmalen
in einen allgemeinen Zustand der Täuschung, wobei zahl -
reiche Anspielungen auf Bürokratie, Akademismus und
Konsumgesellschaft eingesetzt wurden.
Viele Elemente dieser Beispiele sind bekannt und stellen eine
Übertragung des traditionellen Musters des Künstlers als
Weltenschöpfer oder Meister in den Bereich der Live-Kunst
dar. Diese Muster veränderten sich im Großbritannien der
siebziger Jahre jedoch mit dem Aufkommen einer Vielzahl von
außergewöhnlichen Künstlerinnen und dem Auftauchen
anderer Künstler, die zum Teil aus Ländern der Dritten Welt
stammten und deren Darstellung innerhalb der britischen
Gesellschaft bislang geleugnet oder stereotypisiert worden
war.
Eine neue Wahrnehmung der Beziehung zwischen den
Träumen des Künstlers und den Anforderungen des Alltags -
lebens wurde durch die Erfindung einer neuen Art von
Protagonisten zum Ausdruck gebracht. Die gesamte Tradition
des Künstlers als Meister in Frage zu stellen, bedeutete nicht,
daß man sie samt und sonders verabschiedete, sondern daß
man versuchte, sie auf ironische Weise neu zu gestalten, sie
als als untrennbar von ihrem Gegenteil, einer gewissen
Unsicherheit und Ambivalenz, »unserer fruchtbaren Inko -
härenz« darzustellen, wie Susan Miller es damals bezeichnete.
Die neuen Protagonisten erschufen sich selbst im Prozeß der
Auflösung der zahlreichen strengen Dichotomien, die das Alte
definiert hatten: der Dichtomien zwischen passiver Empfäng -
lichkeit und aktiver Erforschung, zwischen Macht und
Machtlosigkeit, Künstler und Publikum, Mann und Frau, Er -
wachsenem und Kind, Bühne und Welt. Da gab es z. B. Tina
Keanes Dialog mit ihrer Tochter Emily in einer Reihe von
Performances, die auf Kinderlieder und -spiele zurückgriffen,
Rose Finn-Kelceys Erfindung des »abwesenden« oder »stell -
vertretenden« Darstellers, das elegante und endlose Ritual
des Bekennens in Hannah O’Sheas Litany for Woman Artists
(1976) oder das zögerliche und schmerzhafte in Sonia Knox’
Echoes of the North (1979), oder auch die Experimente,
die Rasheed Araeen darüber anstellte, wie man als Künstler/
Schwarzer in Großbritannien ein Selbstporträt machen kann,
und vieles andere mehr.
Das Jahr, das für diese Ausstellung als Schlußpunkt gewählt
wurde, 1979, bildete in Großbritannien keine Unterbrechung
dieses Prozesses. Tatsächlich war die Performance wahr -
scheinlich Mitte der achtziger Jahre am lebendigsten, als
Künstler der älteren und jüngeren Generation gemeinsam in
zahlreichen bemerkenswerten Events auftraten. Nur kurze
Andeutungen sollen hier die Mannigfaltigkeit an Figuren ver -
deutlichen: Bow Gamelans Feuerschlucker (Anne Bean, Paul
Burwell und Richard Wilson), die die künstlerischen Visionen
vom Themse-Fluß neu orchestrierten. Nick Stewarts Pilger,
Nick Paynes prägnanter Dandy, Mona Hatoums mächtige
222
d^iU-
4^IBI
m.
Kerry Tengrove, An Eight-Day Passage
(Ein achttägiger Durchbruch), 1977
Stuart Brisley, Moments of Decision/Indecision
(Augenbiicke der Entschlossenheit/Unentschlossenheit),
Warschau 1975/1998. Tate Gallery, London
Performances, die Unterdrückung und Widerstand miteinan -
der verflochten, Sylvia Ziraneks Poseur, dessen Worte und
Attribute ihren vorstädtischen Charakter sowohl spöttisch
definierten als auch phantastisch überzeichneten, Rose
Englishs Entwicklung von der Solo-Darstellerin zur Künstlerin
herrlicher, gleichzeitig unterhaltsamer und tiefgehender Live-
Events, in denen eine Menge Theatersprachen zum Einsatz
kamen und hochbegabte Akrobaten und Zauberer gemein -
sam mit »Durchschnittsmenschen« in einer verzauberten
Arena philosophischer und kosmologischer Forschung auf -
traten. Viele dieser Künstler begannen in den Siebzigern und
gelangten in den Achtzigern zur Reife. Künstler, die schon in
den Sechzigern Performances aufführten, wie Cariyle Reedy
und David Medalla, lieferten auch in den Achtzigern brillante
neue Arbeiten, die leider nicht in die Zeitspanne fallen, die
dieser Aufsatz behandelt.
Stuart Brisleys früheste Performances gingen von der Grenze
zwischen Körper und Skulptur aus. Er verwendete häufig
Körperabgüsse, und die Darsteller selbst glichen weißen
Puppen, die in einem geometrischen Rahmen ausgestellt
wurden. Obwohl, wie der Kritiker Paul Overy anmerkte, der
Zeitrahmen als bevorzugtes Strukturelement die Räumlichkeit
in Brisleys Live-Arbeiten"= ersetzte, gab es eine gewisse Statik.
Das Verstreichen der Zeit während der Performance intensi -
vierte den Eindruck der einzelnen Bilder. Brisley bestritt die
Rolle des Subjektiven in seinen Aufführungen: »Das Werk
nimmt die eigenen Probleme des Künstlers niemals ernst.-'"'
Oder, wie der Kritiker John Roberts gesagt hat:
Die Welt dunkler Dinge, in der Brisleys Kunst sich aufhält,
entsteht nicht durch das Wirken des nach innen gerichte -
ten Geistes, sondern durch den, der sich nach außen, auf
jene »Mechanismen der Macht« - Familie, öffentliche
Institutionen, Staat -, die unsere Leben in unzähligen, all -
gegenwärtigen Formen ordnen, richtet.
Indem er seinen eigenen Körper als metaphorischen oder
allegorischen Ort benützt, fährt Roberts fort, »agiert und
kommentiert Brisley, wie das Individuum sich unstet und
glücklos zwischen Autorität und Freiheit hin- und herbe -
wegt«®. Das Grundprinzip zeigt erstaunliche Ähnlichkeiten mit
dem von Carlos Leppe in Chile, der einige Jahre später unter
scheinbar ganz anderen Umständen arbeitete. Es mag sein,
daß das absolute Durcheinander, der Gestank und die
abstoßenden Aspekte von Brisleys Performances Ausdruck
seiner Entschlossenheit waren, die glatte und selbstzu -
friedene Oberfläche moderner kapitalistischer Staaten zu
durchbrechen, die sich über Flinfälligkeit und Mangel rück -
sichtslos hinwegsetzten, und hierbei, so Brisley, auch durch
die Kunstwelt unterstützt werden. Auf der documenta von
1977 erhielt Brisley einen Platz im Freien neben dem Künstler
Walter de Maria, dessen Vorhaben, einen dünnen Messing -
stab einen Kilometer tief in die Erde zu versenken, von einem
amerikanischen Millionär finanziert wurde.
Brisley ging daraufhin an einen anderen Platz in Kassel, wo er
mit Hilfe eines Mitarbeiters sein eigenes Loch mühsam mit
den Händen grub. Dann lebte er allein zwischen Schlamm
und Abfällen zwei Wochen lang auf dem Boden dieser Grube
40 Paul Overy. Einleitung, in: Stuart Brisley, London 1981, S. 8 42 John Roberts, ibid., S. 11.
41 Stuart Brisley. zitiert nach: John Roberts, ibid., S. 11.
223
(Survival in Alien Circumstances). Brisleys Aktion war mehr
als nur eine Kritik der benachbarten Verschwendung von
Geld und Arbeitskraft; er verglich die Ausgaben mit Ironie
und schien zu suggerieren, daß man die eigentliche lebens -
bejahende Energie nur in seiner Grube finden könne.
In einem romantisch-symbolischen Akt grub Kerry Trengove
sich seinen Weg aus einem kleinen, abgeschlossenen Ort in
den Fundamenten der Galerie Acme in London (An Eight-Day
Passage, 1977). Er brauchte acht Tage, um ans Tageslicht ins
Zentrum eines ungeheuren Medienrummels zu gelangen.
Wieder lehnte ein Künstler die weißgetünchte Sauberkeit einer
Kunstgalerie zugunsten einer engen, unterirdischen Zelle mit
rauhen Wänden ab, wo man sah, wie er sich im Schein einer
Grubenlampe bewegte oder schlief. Die Bilder wurden durch
einen eigens installierten Fernsehmonitor für die Besucher in
die darübergelegenen Galerieräume übertragen, um einen
maximalen Kontrast zu erzielen. In diesem unerwarteten, sehr
wörtlichen Kampf des Künstlers - einer Person, die normaler -
weise als ätherisch und extravagant angesehen wird -
versuchte dieser den selbstauferlegten Grenzen von Zeit
und Raum zu entfliehen. Trengove beabsichtigte eindeutig,
weitergehende Fragen über stereotype Verhaltensweisen
aufzuwerfen, über Kontrolle und Freiheit im allgemeinen, ein
Thema, zu dem er bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1991
noch oft zurückkehrte.
Gegen Mitte und Ende der Siebziger beschäftigte sich
Rasheed Araeen mit der schwierigen Frage, wie man sich
Rasheed Araeen, »Paki Bastard”
(»Pakistanischer Bastard«), 1979
selbst darstellt, wie man ein Selbstporträt erzeugt. Er verglich
seine Lebenssituation in Großbritannien zunehmend mit der
von Gastarbeitern aus Asien und Afrika, die ausgebeutet wur -
den und denen eine politische und kulturelle Stimme versagt
war. Die Freiheit, die in seinen früheren abstrakten Werken
dargestellt wurde, schien ihm nun einen mythischen Raum
einzunehmen, der sich »verkehrt proportional zum realen
Raum am Boden der hierarchischen Pyramide« verhält.“
»Paki Bastard« (1979) war Araeens einziger Ausflug in die
Live-Performance, eine bewegende Erfahrung sowohl auf -
grund der würdevollen Unbeholfenheit des Künstlers an -
gesichts des Publikums wie auch wegen der sozialen
Wirklichkeiten, die er beschwor. Identität als Künstler, Identität
als Schwarzer, Identität als ausgebeuteter Arbeiter waren die
drei Themen, deren Wechselbeziehung in diesem Stück stän -
dig in Frage gestellt wurden. Erneut tauchten im Szenario
Araeens minimalistische Structures aus den sechziger Jahren
auf, sie spielten eine Rolle als Teil der kritischen Polemik, doch
funktionierten sie im Kontrast dazu auch als Talisman künst -
lerischer Forschung, der suggerierte, daß die ihm durch die
Umstände aufgezwungene »Identität« nur einen Teil seines
Menschseins darstellte.
Rose Finn-Kelceys Live-Performances der Siebziger und
frühen Achtziger sind eine faszinierende Reflexion über den
Begriff des Protagonisten. Alles ließe sich zum Teil im Rahmen
der Kategorien ihrer Suche nach einer angemessenen Stimme
für ihre Erfahrung als Künstlerin interpretieren, wo »die Zweifel
der Realisierung des Stücks gleichermaßen Substanz verleihen
wie die Gewißheiten«". Die ironische Infragestellung des
Mythos’ von der Meisterschaft führte sie zu einer Reihe einzig -
artiger und poetischer Szenarios. In One for Sorrow, Two for
Joy (1976) verbrachte sie zwei Abende in einem Galeriefenster
43 Rasheed Araeen, »Paki Bastard«, in: Making Myself Visible,
London 1984, S. 114.
44 Catherine Elwes, »About Time«, in: Primary Sources, London,
Weihnachten 1980.
224
zusammen mit einer lebenden Elster. Sie unternahm zahlreiche
Annäherungsversuche an den Vogel, mit dessen volkstümli -
chem Ruf als launisch sie sich lange identifiziert hatte, bot ihm
Futter an und wandte sich in seiner eigenen Sprache an ihn,
die von einem Wissenschaftler des 18. Jahrhunderts in sieb -
zehn Krächzer unterteilt und in französische Lautschrift über -
tragen worden war. Würde sie bei dieser Begegnung flexibel
genug sein, um ihren Weg von der kodifizierten Information
zurück zur Erfahrung des Vogels zu finden und diese so mit
ihrer eigenen zu verbinden? Mind the Gap (1980) war die
berühmte Performance, bei der die Künstlerin nicht erschien;
oder genauer gesagt, erst erschien, nachdem eine Frauen -
stimme sich für ihre Abwesenheit entschuldigt und eine Aus -
wahl von Arbeitsnotizen über den unvollendeten Event ver -
lesen hatte. Nachdem sie ihre eigene Ambivalenz gegen -
über ihrem Auftritt zum Thema des Events gemacht hatte,
führte Finn-Kelcey die Begriffe des »Ersatz-Darstellers« und der
»leerstehenden Performance« ein - eine hübsche Täuschung,
die paradoxe Einblicke in das Phänomen der Macht erlaubt.
Falls mir der Leser nach diesen hastigen Streifzügen durch
das Werk so vieler Künstler immer noch folgt, möchte ich nun
ein paar Gedanken über das Leitmotiv äußern, unter dem der
Kurator dieses gewaltige historische Kompendium zusam -
mengetragen hat. »Out of Actions: Zwischen Performance
und Objekt« - diese beiden Ausdrücke schließen wichtige
Verfahren ein. Abgesehen von der Einführung des Objekt -
begriffs in einen Bereich, der sein Gegenteil zu repräsentieren
scheint, impliziert das hartnäckige kleine Wortspiel, daß etwas
Lebendiges vielleicht stirbt, sobald der flüchtige Event vor -
über ist und nur die stofflichen Reste übrigbleiben. Indem
das Museum (oder die Institution) die Kategorie des Objekts
einführt, für die es eigentlich existiert und sich am besten
eignet, und dabei suggeriert, daß dieses Objekt das tote Er -
gebnis von etwas Lebendigem ist, legt es gleichzeitig nahe,
daß dieser Prozeß immer den Sieg davonträgt.
Dennoch möchte ich die Frage gern jenseits solch deter -
ministischer Schlußfolgerungen stellen und das Verhältnis
zwischen Performance und Objekt neu überdenken. Es ist
komplex, mit allen Paradoxien des Lebens durchsetzt und
ebenso vielfältig wie die Verfahren, durch die ein Objekt, eine
Substanz, ein Wort oder eine Geste wirksam werden oder
nicht. Schließlich gründet dieses Verhältnis nicht im Objekt,
sondern in einer Beziehung, in diesem Fall zwischen Künstler,
Werk und Zuschauer: eine Wirklichkeit, die die meisten
beschriebenen Arbeiten bestätigen.
Ein sensibler Augenzeugenbericht über einen flüchtigen Event
mag ein wertvolleres Relikt als jedes andere materielle Objekt
225
(links und gegen -
überliegende Seite)
Rose Finn-Kelcey,
One for Sorrow,
Two for Joy
(Eins für den Kummer,
Zwei für die Freude),
1976
sein, trotzdem er nicht fetischiert werden kann. Seine
Wirksamkeit liegt im partizipatorischen Aspekt, in seiner
Vision (einer Kombination aus Sehen und Phantasie). Helio
Oiticica fertigte seine Parangoie-Umhänge für eine aktive
Partizipation an, man sollte sie tragen, in ihnen tanzen; gleich -
zeitig stellten sie eine Träumerei für den Träger und den
Zuschauer dar. Sie wirken verlassen, wenn man sie auf
Kleiderbügeln im Museum ausstellt. Doch in Anwendung sei -
ner ironischen und, wie er es nannte, »kritischen Ambivalenz -
fertigte Oiticica auch statische Objekte, die nur in der
Phantasie zur Aktivität einluden: 1968 erzeugte er zum
Beispiel eine graue Wanne, die fast bis zum Rand mit Wasser
gefüllt war. Durch das Wasser hindurch sah man in ausge -
schnittenen Lettern am Grund die Worte MERGULHO DO
CORPO (Das Eintauchen des Körpers) - Worte, die einerseits
zum Eintauchen verlockten und andererseits in gewisser
Weise seine Kunst/Lebens-Ästhetik zusammenfaßten. Dies
war eine weitere Methode, um zu suggerieren, daß nicht das
Objekt wichtig war, sondern die Art, wie es durch den Zu -
schauer/Teilnehmer »belebt« wurde.
Das MOCA hat Jackson Pollock an den Anfang der
Ausstellung gestellt, als die originäre Figur, in der bildende
Kunst und Performance miteinander verschmelzen. Oiticica
bezog sich in seinen frühen Schriften oft auf Pollock, und es
war vorwiegend die Veränderung der Beziehung zwischen
Künstler, Werk und Zuschauer, die Oiticica über das Stadium
von Pollocks Drippings hinausführte. Ausgehend von der
Feststellung, daß bei Pollock das Bild im Grunde expiodiert -
sich selbst in einen »Schauplatz graphischer Bewegung«'®
verwandelt - hob er diesen »Schauplatz« aus der graphischen
Transkription künstlerischer Ausdruckskraft heraus und über -
reichte ihn sozusagen dem Zuschauer. Seine Area Bolides
von 1967 - flache, rechteckige, mit Sand oder Stroh bestreu -
te, umzäunte Bereiche - waren bewußt geschaffene Leer-
45 Flelio Oiticica, Tagebucheintrag, 16. Februar 1961, in: Helio
Oiticica (wie Anm. 16), S. 43.
46 Flelio Oiticica, »Eden«, ibid., S. 12.
räume, mit denen »der Teilnehmer auf der Suche nach in ihm
selbst verborgenen, »inneren Bedeutungen interagiert«, und
in denen er nicht versucht, die äußeren Bedeutungen oder
Empfindungen zu verstehen«.**
Lygia Clarks Relational Objects schlagen ebenfalls eine
Beziehung mit dem Teilnehmer vor, in der, mit den Worten
Lula Wanderleys, »das Objekt in einer »imaginären Innerlich -
keit des Körpers« gelebt wird, in der es Bedeutung erhält«.''
David Medalla beschritt 1970 mit seiner bemerkenswerten
Umgestaltung des Kunstobjekts zum »Gedanken« einen
ähnlichen Weg. Als Beitrag zu einer Gruppenaussteliung
von Multiples - dem vermeintlichen Mittel zur Demokra -
tisierung der Kunst in den Sechzigern - stellte Medalla seine
Ephemerais vor: Miniaturen, die jeder aus allem hersteilen
konnte, um »»einen Moment der flüchtigen Erfahrung zu er -
hellen«.**
Solche Erfahrungen führten zu jener Verschmelzung von
Subjekt und Objekt, Subjektivem und Objektivem, von der
wir in gewisser Weise immer gewußt haben, daß sie existiert.
Wir wissen z.B., daß Brancusis Skulpturen in seinen Photo -
graphien physisch anders aussehen als in denen anderer
Leute, daß verschiedene Ausschnitte aus dem Gesamtwerk
des gleichen Künstlers in ihrer Wirkung sehr stark variieren,
daß ein scheinbar aufgebrauchtes und entleertes Objekt wie -
der neu gebildet werden kann. Das ist vielleicht eines der
großen Themen in Susan Füllers Werk: die Praxis und Poetik
der Vermittlung. »»Der Wunsch, daß alles so betrachtet werden
sollte, als habe es das gleiche Erkenntnispotential««: eine Art,
in der Welt durch Methoden des Aufzeichnens, Neuauswäh-
lens, Bearbeitens, durch Zustandsveränderungen und Kästen
in Kästen zu agieren.
Daraus folgt, daß wir auch im Museum nicht nur für die
Konservierung, sondern auch für die Neuschöpfung verant -
wortlich sind.
47 Lula Wanderley, »The Memory of the Body«, unveröffentlicht,
1993. Zitiert mit freundlicher Genehmigung der Autorin.
48 David Medalla, Statement, in: 3>«><>: new multiple art, London
1970, S. 54.
John Latham, Art and Culture (Kunst und Kultur), 1966-69. The Museum of Modern Art, New York, Blanchette Rockefeiler Fund
Kristine Stiies
UNVERFÄLSCHTE FREUDE:
INTERNATIONALE KUNSTAKTIONEN
Es mag eine Weile dauern, bis das Potential der Material-ZVerwandlungskunst
und seine Implikation für Kunst und Gesellschaft erkannt werden.
Im Falle seiner Verwirklichung aber kann es als einer der radikalsten Schritte
des 20. Jahrhunderts angesehen werden.
Gustav Metzger, 1965'
I. Kunst in Kultur
Ende August 1966 entlieh John Latham aus der Bibliothek der
Londoner St. Martin’s School of Art, an der er einen Lehr -
auftrag für Kunst innehatte, die Aufsatzsammiung Art and
Culture von Clement Greenberg. Gemeinsam mit einem sei -
ner Studenten, dem heute namhaften britischen Bildhauer
Barry Flanagan, veranstaltete Latham in seiner Wohnung eine
Party unter dem mysteriösen Motto Still and Chew. Latham
forderte die Gäste bei ihrem Eintreffen auf, Buchseiten aus
Greenbergs weithin anerkannter Kunsttheorie herauszureißen
und zu zerkauen. »Notfalls«, so die sardonische Anweisung
des fünfundvierzigjährigen Künstlers, »könnt ihr das Produkt
in das dafür vorgesehene Gefäß spucken.«^ Die Anwesenden
taten wie ihnen geheißen und zerkauten etwa ein Drittel des
Bandes zu einem Haufen Papierbrei. Anschließend tauchte
Latham die Masse in eine 30%ige Schwefelsäurelösung, ließ
das Ganze stehen, bis es sich in Zucker verwandelt hatte,
neutralisierte die Überreste mit doppeikohlensaurem Natrium
und mischte zuletzt ein Gärmittel - eine »Fremde Kultur« -
unter die Substanz, damit ein »Gebräu« entstehe. Das Gebräu
durfte nun fast ein Jahr lang »sanft vor sich hinblubbern«, bis
Latham Ende Mai 1967 eine Postkarte mit der Nachricht
»Student sucht dringend Kunst und Kultur« erhielt. Latham
füllte die destillierte Masse in ein passendes Glasgefäß, ver -
sah es mit der Aufschrift »Kunst und Kultur« und brachte es
zurück. »Es brauchte eine Weile, bis der Bibliothekar davon
überzeugt war, daß dies tatsächlich das Buch war, nach dem
auf der Postkarte verlangt wurde.-- Dann gab Latham das
Objekt ab und ging nach Hause. Am nächsten Morgen erhielt
er einen Brief vom Direktor der Akademie, in dem dieser sein
Bedauern zum Ausdruck brachte, daß er sich »außerstande
sehe, ihn weiter als Lehrkraft zu beschäftigen.« So nahm
Lathams Hochschulkarriere nach seiner Begegnung mit
Kunst und Kultur ein jähes Ende.
Indem er durch seine konzeptuelle und physische Beziehung
zu Greenbergs Text die gegenseitige Abhängigkeit zwischen
dem Körper und seinem Objekt aufzeigte, schuf Latham ein
kontraillusionistisches Kunstwerk, in dem das Objekt Art
and Culture als Kommissur, als Verbindungsglied fungiert.
Lathams Objekt wäre ohne die Aktion dahinter so gut wie
1 Gustav Metzger, Auto-Destructive Art: Metzger at AA,
London 1965
2 Sämtliche Beschreibungen von Lathams Event Still and Chew sind
seiner eigenen Darstellung des Projekts von August 1967 ent -
nommen: John Latham, least event, one second drawings, blind
werk, 24 second painting, London 1970, S.S.
bedeutungslos. Mehr noch, ohne seine Aktion gäbe es gar
kein »Gebräu«, keinen Zusammenstoß von Kunst und Kultur.
Die Materialien, aus denen Still and Chew besteht, befinden
sich heute in einem ledernen Aktenkoffer in der Sammlung
des Museum of Modern Art in New York. Der Koffer beinhal -
tet Pulver und Flüssigkeiten, Briefe, Fotokopien und die
Einladungskarte des Künstlers zu dem Event, außerdem
Lathams schriftliche Kündigung von der St. Martin’s School of
Art, ein Exemplar von Greenbergs Art and Culture und weitere
Erinnerungsstücke an die Aktion. Als Objekte gehören sie
ziemlich prosaischen Kategorien an. Erst dadurch, daß sie in
Beziehung zur Aktion eines Künstlers stehen, werden die
Gegenstände zu Kunst. Ihre Aufgabe ist es, uns an diesem Akt
teilhaben zu lassen. Greenberg konnte nur metaphorisch re -
präsentieren, was Latham durch die Verbindung der Aktion
mit ihrem Objekt metonymisch präsent machen konnte.
Durch diese Tropen zieht sich eine zentrale Achse, entlang
derer die herkömmlichen, unter traditionellen Sehbedin -
gungen erprobten Subjekt-Objekt-Beziehungen durch die
Kunstaktion von ihrer alleinigen Abhängigkeit von der Reprä -
sentation (Metapher) in einen Zusammenhang (Metony -
mie) verlagert werden.^ Lathams Aktion rematerialisierte
Greenbergs Buch durch den Körper mit dem impliziten
sarkastischen Hinweis, daß der Text als konzeptuelles
»Gedankenfutter-- ein einziger Brei sei, und mithin für Künstler
ungenießbar.
Gerade diese Begriffskombination - Kunst und Kultur - zeigt,
daß Kunst immer in Beziehung zu etwas anderem steht,
genauso wie solche Schlagworte wie »Kunst und Politik«,
»Kunst und Technologie« und »Kunst und Leben« davon zeu -
gen, daß Kunst immer ein Gegenüber braucht, an dem sie
festhalten kann. Festhalten ist allerdings nicht gleichbedeu -
tend mit Einswerden. Was Aktionskunst so einzigartig macht,
ist die Tatsache, daß der Körper, wenn er in der Aktion einge -
setzt wird, die Mittel veranschaulicht, durch die jede Kunst mit
der Welt in einem Verhältnis steht. Darüber hinaus erlaubt die
Kunstaktion dem Betrachter zu erkennen, daß der Körper
selbst Objekte hervorbringt und daß eine solche Kunst ein ein -
maliges Medium ist, das die Perzeption und Kontemplation
der Wahrheit ermöglicht, daß das »gemachte Objekt eine
3 Ein Großteil dieses Abschnitts über die Funktion von Metonymie in
der Aktionskunst ist meiner unveröffentlichten Dissertation ent -
nommen: «The Destruction in Art Symposium (DIAS): The Radical
Project of Event-Structured Live Art«, Kalifornien 1987. Siehe auch
meinen Aufsatz »Synopsis of The Destruction in Art Symposium
(DIAS) and Its Theoretical Significance.«, in: The Act, 1, New York,
Frühjahr 1987, S. 22-31
Projektion des menschlichen Körpers« ist.“ In der Aktions -
kunst wird diese Projektion zwischen Objekt und Subjekt
greifbar. Indem sie die ungezählten Möglichkeiten aufzeigt,
wie durch eine Aktion Konzeptionelles und Physisches,
Emotionales und Politisches, Psychologisches und Soziales,
Sexuelles und Kulturelles und so weiter aneinander gekoppelt
werden können, macht die Aktionskunst die allzuoft verges -
sene Interdependenz der menschlichen Subjekte - der Leute
- deutlich. Der Körper Ist das Medium des Realen, so man -
nigfaltig sich dieses Reale auch darstellt und manifestiert.
Indem Aktionskunst dieser Wechselbeziehung Gestalt ver -
leiht, macht sie die Relationalität des Individuums im Rahmen
von Kunst und Kultur sichtbar. Auf diese Weise agiert die
Kunstaktion stellvertretend für jede Kunst - ob sie es will oder
nicht -, wenn sie das Verhältnis zwischen Sehen und Bedeu -
tung, Schaffen und Sein ins Blickfeid rückt.
Der folgende Aufsatz besteht aus einer zusammenhängenden
Reihe kurzer Meditationen, die jeweils nur ein Fragment der
zahllosen Analogien untersuchen, die die Aktionskunst
umspannt. Insofern ist mein Aufsatz keine historische Studie
und nicht an eine bestimmte Chronoiogie der Ereignisse
gebunden. Dennoch gibt es eine Chronologie, so vielfältig ihre
Kartographie auch sein mag. Diese Chronologie beginnt mit
Sicherheit irgendwo im Action painting und setzt sich in den
Happenings fort, die als Nachkriegserscheinungen die Folgen
des Zweiten Weltkriegs widerspiegeln, das Elend der
hibakusha (Bombenopfer), die Beat-Generation, die Angry
Young Men in England, den weltweiten Wiederaufbau von
Wirtschaftssystemen und Kulturen sowie gewalttätige Aus -
einandersetzungen insbesondere in Korea, Vietnam und
Algerien. Während dieser bewegten Jahrzehnte trugen die
Kommunikation zwischen den Künstlern, die überall in der
Welt Happenings veranstalteten, und der lockere Zusam -
menhalt der Fluxus-Mitglieder dazu bei, begreiflich zu
machen, daß diejenigen, die Aktionen zu Kunst machten,
gleichzeitig an einem Projekt arbeiteten, das keine nationalen
Grenzen kannte, obwohl die jeweiligen Konflikte und
Umstände, die sich in den Arbeiten der einzelnen Künstler
zeigten, die Fordenjng nach nationaler Identität widerspiegelten.
Ungewöhnliche Ereignisse ziehen häufig einen Paradig -
menwechsel nach sich, der sich an entscheidenden Weg -
kreuzungen vollzieht. Ich habe mich lange Zeit damit zu-
4 Elaine Scarry, The Body in Pain: The Making and Unmaking
ofthe World, Oxford 1985, S. 281.
5 Daniel Bürens »Sandwich Men« - eine Aktion von 1968, in der
Transparente durch Paris getragen wurden, auf denen lediglich
frieden gegeben, daß der Körper als künstlerisches
Ausdrucksmittel nach 1950 eng an das Bedürfnis gebunden
war, das Primat des menschlichen Subjekts über das un -
belebte Objekt zu behaupten, um auf die ontologische
Bedrohung des Lebens selbst in der Zeit nach dem Holocaust
und im anbrechenden Atomzeitalter zu reagieren. Damit will
ich nicht sagen, daß diese Kunst keine Vorläufer hatte. Derer
gab es sogar zahlreiche, und der Körper als visuelles Medium
tauchte in nahezu jeder europäischen Avantgardebewegung
vor dem Zweiten Weltkrieg auf. Aber erst der regelmäßige,
systematische und internationale Einsatz in den letzten fünf -
zig Jahren definierte den Körper als neues Ausdrucksmittel
und als Gattung der bildenden Kunst. Eine Kunst, die aus
Aktionen bestand, bedeutete, daß Kunst gegenständlich und
darstellend zugleich sein konnte, daß sie das Primat des
Körpers gleichzeitig als metaphorischen Inhalt und als kon -
krete Darstellungsform Vorbringen konnte. Diese Kunst hat
das metonymische Verhältnis des Austauschs zwischen
Betrachter und Kunstwerk klar zum Ausdruck gebracht. Aber
sie hat dieses Verhältnis auch verändert, indem sie ein agie -
rendes Subjekt in einem realen Austausch mit einem anderen
agierenden Subjekt darstellt: kurz gesagt, Aktionskunst zeigt
zwei Menschen, die einander Bedeutung vermitteln, ganz
gleich wie kompliziert die Kommunikationsform auch sein
mag.® Denn wenn Aktionen zu Kunst werden, geht es immer
um Kommunikation mischen Menschen. Es war eine Aktion
innerhalb der realen sozialen Bedingungen seines All -
tagslebens, die Latham seinen Dozentenposten gekostet hat.
Er hat bewiesen, wieviel auf dem Spiel steht, wenn man
Aktion mit Kunst und Kultur verbindet.
Meiner Ansicht nach kam die relativ große Bedeutung des
Kulturellen für das Politische verstärkt in jenen Kunstaktionen
zum Ausdruck, die allgemein mit den »Sechziger Jahren« in
Verbindung gebracht werden, weil man sich damals im höch -
sten Maße bewußt geworden war, daß menschliche Aktion im
sozialen Raum auch im Bereich der Politik nicht ohne Wirkung
bleibt. Nach meiner Zeitrechung beginnen die »Sechziger
Jahre« 1955 mit Rosa Parks, der schwarzen Näherin aus
Montgomery, Alabama, die sich weigerte, ihren Sitzplatz im
Bus einer Weißen zu überlassen (wozu sie gesetzlich ver -
pflichtet war), und enden irgendwo zwischen 1973 und 1975,
als die Vereinigten Staaten ihre Truppen aus Vietnam abzo-
abwechselnd weiße und bunte Streifen zu sehen waren - machte
deutlich, wie schwierig die Kommunikation über das Medium
Zeichen sein kann, wenn und zweifelsohne weil Aktion mit im
Spiel ist.
229
gen, und die unrühmlichen Hubschrauberflüge vom Dach der
amerikanischen Botschaft sich mir für immer ins Gedächtnis
gebrannt haben.®
Watergate, die Niederlage der Neuen Linken infolge der
Ereignisse im Mai 1968 in Europa und die Gewalt der
Chinesischen Kulturrevolution zerstörten auch den letzten
Funken Vertrauen in die Gutartigkeit von Regierungen und
führten zu einer inneren Abwendung von jedweden
Bürgerpflichten.
Die für die »Sechziger Jahre« charakteristische, außer -
gewöhnlich starke Wechselwirkung zwischen Aktion und
Politik spiegelt sich in der breiten Begriffspalette, derer sich
die Künstler bedienten, um ihre Arbeit zu beschreiben:
Konkrete Kunst, Happening, Fluxus, Aktion, Direct art,
Zeremonie, Demonstration, Kinetisches Theater, Arte povera.
Erd- oder Umweltkunst, Prozeßkunst, Interaktive Kunst,
Actual art, Aktivität, Guerrillakunst, Guerrillatheater, Guerrilla-
kunstaktion, Straßentheater, Live art, Eventkunst, Event -
struktur, Bewußtmachung, Überlebensforschung und vieles
mehr. Schon die linguistische Vielfalt skizziert, wie breit die
Schnittstelle zwischen dem sozialen und dem ästhetischen
Inhalt von Kunst ist. Diese fruchtbare Etymologie zeigt, wie
lebhaft und engagiert die Künstler darum bemüht waren, die
ganz realen, bereits bestehenden Schnittpunkte zwischen
Ästhetik, Aktivismus und Kultur offenzulegen - Verknüp -
fungen, die nicht nur dem Beispiel der amerikanischen
Bürgerrechtsbewegung folgten, sondern auch in Zusam -
menhang mit der internationalen Erfahrung eines durch den
Kalten Krieg gespaltenen Planeten und anderen zeittypischen
Phänomenen standen: dem aufkommenden Postkolonialis -
mus, dem Wettkampf im All, den Anfängen einer elektro -
nischen Revolution im Kommunikationsbereich (insbesondere
Fernsehen und Computer), einem neuen globalen Umwelt -
bewußtsein, dem Aufstieg der Neuen Linken und des Femi -
nismus als Wegbereiter für andere Interessensgruppen wie
Schwule und Lesben und einem Multikulturalismus, der Ende
der siebziger Jahre einsetzte.
Vielleicht weist die Homogenität des allgegenwärtigen
Begriffs Performance-Kunst, der heute eine breite Palette von
kulturellen Aktionen gattungsmäßig zusammenfaßt, verwaltet
und leitet, und dessen weitverbreitetes Auftauchen das Ende
6 Für eine Diskussion der Geschichtsschreibung nach Jahrzehnten
siehe Frederic Jameson, »Periodizing the 60s«, in: The 60s Without
Apology, hrsg. von Sohnya Sayres u.a., Minneapolis 1984,
S.178-209.
der von dieser Ausstellung untersuchten Zeitspanne markiert,
auch darauf hin, wie sehr sich Kultur konzeptuell von einem
Bewußtsein ihrer eigenen Aktionsbedingungen und Aktions -
möglichkeiten entfernt hat. Vielleicht hat dieser Homogeni -
sierungsprozeß - der darin deutlich wird, daß man sich von
jeder tatsächlichen Involvierung entfernt und Engagement mit
dem Theoretisieren über Veränderung vertauscht - die Aktion
der Theorie einverleibt, die ihrerseits möglicherweise von
der Aufgabe, die beiden Bereiche in der Praxis in Einklang
zu bringen, völlig überfordert ist.
II. Kommissuren; Kunstaktionen als Objekte
Jackson Pollocks No. 1 (1949) ist ein idealer Ausgangsort.
Obwohl No. 1, wie bei Pollock üblich, auf dem Boden ent -
standen war, hing das Bild für die Kamera von Hans Namuth
im Sommer und Herbst 1950 auch als stummer Zeuge in
Pollocks Atelier an der Wand. Die Bilder, die Namuth in einer
berühmten Reihe von Photosessions herstellte, schlagen die
Brücke zwischen Action painting und den ersten Events der
Aktionskunst.^ No. 1 gehört zu einer Reihe von Malaktionen,
von denen jede als einzigartig betrachtet und dementspre -
chend betitelt wurde, die jedoch gleichzeitig alle mit- und
untereinander verbunden waren: No. 1 (1948), No. 1 (1949),
One (1950) und LavenderMist (No. 1) (1950). Die Kontinuitäten
in Pollocks Titeln beginnen und enden sozusagen mit einer
Kette von Ähnlichkeiten. Somit bedeutet Pollocks Malerei für
die Ausstellung von Aktionsobjekten im Museum das, was
Lathams Arf and Cutture für einen Text über die ausgestellten
Objekte und Aktionen ist, nämlich ein Verbindungsglied in
einer Bedeutungskette, die in der Aktion ihren Anfang nimmt
und sich in einer kontinuierlichen Reihe von Verknüpfungen
und Wechselwirkungen über Objekte und Texte fortsetzt bis
hinein in die Institutionen und das Leben von kunstinteres -
sierten Menschen.
Zentrales Thema der Ausstellung ist die Dimensionaiität zwi -
schen Aktionen und Objekten, und alles, was sie nach sich
zieht. Lathams Art and Culture illustriert diese Beziehung mit
viel Wissen und Humor und verwickelt uns in den (textueilen
wie visuellen) künstlerischen Akt und seine kulturelle
Rezeption. Auch Pollock scheint diese Essenz in seinem
exzentrischen Numerierungssystem eingefangen zu haben.
7 Siehe das Diagramm von Pollocks Atelier In E.A. Carmean Jr.s
Aufsatz »L’art de Pollock en 1950«, in; Hans Namuth, UAtelier de
Jackson Pollock. Zu den Arbeiten im Raum zählten neben No. 1
(1949), Autumn Rhythm, an dem Pollock gerade arbeitete. Wo. 32
(1950), One, und in einem angrenzenden Raum Lai/ender Mist
(No. 1)(1950).
Denn ein Bild ist gleichzeitig Teil eines anderen, und beide
werden durch eine Titelschablone zusammengehalten, die
Pollocks Aktionen mit der Arbeit eines Objektkünstiers gleich -
setzt. Diese Symmetrie zwischen Objekt und menschlichem
Handeln ist der kritische ästhetische Punkt, mit dem sich
Aktionskunst befaßt; doch diese Symmetrie setzt sich über
einen Zwischenraum hinweg, der seinem Wesen nach
abstrakt ist. Diese Beschreibung ist schwierig zu begreifen
und muß noch konkretisiert werden, um eine genauere
Vorstellung von ebendiesem Raum zu vermitteln, der eine
Kongruenz zwischen Objekt und Aktion erzeugt. Vielleicht
wird er greifbarer, wenn er objektiviert und seine Verknüpfung
mit einem Namen versehen wird. Ich schlage vor, den Begriff
«Kommissur« einzuführen, um umfassender und theoreti -
scher über diesen Zwischenraum nachdenken zu können,
auch weil dieser Begriff zudem eine Nähe zum englischen
commitment im Sinn von »starker Verbundenheit« mit sich
bringt, was mir ein zentrales Element der Performance-Kunst
zu sein scheint.
Der Begriff Kommissur ist eine Ableitung von den lateinischen
Wörtern commissura (Verbindungsstelle oder Fuge) und com-
mittere (verbinden, anvertrauen, oder zu treuen Händen
geben: zugleich lateinischer Stamm des englischen to com-
mifj. Neben zahlreichen anderen Bedeutungen bezeichnet
Kommissur in der Anatomie auch den Augen- oder Mund -
winkel, an dem sich die beiden Lider oder Lippen trennen.
Stellt man sie sich als Kommissuren vor, könnten die Objekte,
die »aus Aktionen« hervorgehen, die reiche Vielfalt und
Vieldeutigkeit dieses Begriffs erlangen. Zunächst tragen und
vermitteln Objekte, die aus Aktionen heivorgehen (Aktions -
objekte), auf die gleiche Art und Weise Bedeutung wie
konventionelle Kunstobjekte (Gemälde, Skulpturen, Assem-
blagen, Installationen): es sind einzelne Gegenstände, die
formal betrachtet werden sollen. Aber was ist mit den
Gebrauchsspuren, die viele dieser Objekte aufweisen, oder
der Bedeutung, die den Aktionen beigemessen wird, aus
denen sie stammen oder an denen sie beteiligt waren? In die -
sem Sinn werden Aktionsobjekte zu Kommissuren, die ihre
Abhängigkeit von bedeutungstragenden Handlungen zur
Schau stellen. Wenn man sie als Kommissuren deutet,
erklären die Objekte, die aus Aktionen hervorgehen, wieso
Aktionen sowohl als Kunstwerke (als Objekte) als auch als
Modalitäten Bedeutung tragen, die den Betrachter in einer
Kette von Interdependenzen immer wieder zur Aktion zurück-
8 Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen,
Frankfurt/M. 1977, Abschnitt 621.
führen. Stellt man sich die Objekte als Verbindungen, als
Kommissuren vor, begreift man vielleicht, daß diese Aktionen
künstlerische Verhaltensweisen konstituieren, die wir auf die
gleiche Art und Weise betrachten sollen, in der wir auch das
Objekt anschauen. Als Kommissuren müssen diese Objekte
als mit jenem Verhalten in Verbindung stehend gesehen wer -
den, das selbst wiederum danach verlangt, betrachtet zu
werden. Somit wird den Objekten in der Aktionskunst die
Aufgabe anvertraut oder übertragen, als Verbindungen zu
agieren, die zu ästhetischen Konzepten zurückführen. Die
Objekte, die aus der Aktion hervorgehen, müssen, wenn man
sie als Kommissuren sieht, als Zeichen der Verbundenheit mit
dem Betrachter verstanden werden, die sich dem Wunsch
verdanken, Kommunikation über die Handlungen eines
Künstlers herzustellen.
Um Kunst von rein formalistischen Zugangsweisen und von
der Profanisierung des Objekts befreien, versuchten die
Aktionskünstler, sowohl sich selbst als auch die Zuschauer
erneut in eine aktive Erfahrung einzubeziehen, indem sie
Kunst (als Verhalten) wieder in Zusammenhang zum Verhalten
der Zuschauer brachten, Kunstaktionen und ihre jeweiligen
Objekte gehen durch den Körper des Künstlers oder der
Künstlerin in seiner/ihrer materiellen Umgebung zum Be -
trachter in der sozialen Welt. Solche Aktionsobjekte sind
Träger einer Information, die durch die /\ktion belebt wird. Sie
künden davon, daß es niemals ausreicht, das Objekt einer
Aktion lediglich anzuschauen, ohne eine enge Beziehung zu
ihm einzugehen, sich auf eine Situation einzulassen, in der das
Objekt den Betrachter in die Aktion zurückzieht, und sich der
Beziehungskreis zwischen agierenden Subjekten, Objekten
und zuschauenden Subjekten schließt.
Das Kommissurenhafte der Aktionskunst legt außerdem
nahe, die Beziehungen zwischen den Phänomenen der
Absicht und der Tat zu betrachten. Wie Ludwig Wittgenstein
feststellte: »Aber vergessen wir eines nicht: wenn >ich meinen
Arm hebes hebt sich mein Arm. Und das Problem entsteht:
was ist das, was übrigbleibt, wenn ich von der Tatsache, daß
ich meinen Arm hebe, die abziehe, daß sich mein Arm hebt?«®
Mit Wittgensteins Beispiel gesprochen, könnte die Aktion des
Künstlers als der Augenblick verstanden werden, der visuel -
len Zugang gewährt zu dem, was übrigbleibt, »wenn ich von
der Tatsache, daß ich meinen Arm hebe, die abziehe, daß sich
mein Arm hebt«. Aktionskunst lenkt die Aufmerksamkeit auf
den psychisch-physischen, kognitiv-intuitiven Mechanismus,
231
Marina Ambrovic und Ulay,
Relation in Time (Beziehung in der Zeit), 1977
der die Aktion und ihr Objekt in ihrer gesamten Dimen-
sionalität hervorbringt; und das Objekt lenkt unsere Aufmerk -
samkeit auf den Zwischenraum, der zugleich der Ort dieser
Differenz ist. Sicher erlauben uns Aktionen in der Kunst,
Objekte zu schätzen, ja sogar hochzuschätzen, und doch gilt
es noch etwas sehr viel Signifikanteres an der Aktionskunst zu
begreifen. Wittgensteins Beispiel verlangt, daß wir auf das
achten, was übrig bleibt, nachdem wir die Tatsache, daß ein
Kunstobjekt existiert, von der Tatsache, daß eine Aktion die -
ses Objekt hervorgebracht hat, abgezogen haben; darin liegt
das oberste Ziel der Aktionskunst.
M.M. Bakhtin versuchte, die »Differenz zwischen dem, was
jetzt ist, und dem, was nach-jetzt ist«, zu verstehen und über -
legte, welche Art von Verbindung diese Differenz wohl über -
brücken könnte. Hierzu schreibt Michael Holquist;
Bakhtin (suchte) die reine Qualität des Geschehens im
Leben, bevor das Magma einer solchen Erfahrung
abkühlt und zu Theorien aus vulkanischem Gestein
erstarrt, oder davon berichtet, was geschehen ist. Und
genau wie sich Lava von dem Gestein, zu dem sie wird,
unterscheidet, so unterscheiden sich auch die beiden
Zustände der erlebten Erfahrung auf der einen Seite und
der Systeme zur Erfassung solcher Erfahrungen auf der
anderen grundlegend voneinander.'*
Die Objekte, die ’>aus Aktionen« hervorgehen, sind etwas
anderes als die Aktion selbst. Aber selbst wenn sich Lava von
dem Gestein, zu dem sie wird, unterscheidet, ist sie doch
auch das, was sie einst war. In dieser Hinsicht verlängern die
Objekte, die in einer Aktion eingesetzt wurden oder zu Relik -
ten einer Aktion geworden sind, die implizite Temporalität, die
im Jetzt erlebt wurde, über das Jetzt hinaus zum Nach-Jetzt.
Auf diese Weise integriert George Brecht in seinen eleganten
und sparsamen Partituren für Events Aktion häufig als
Maßeinheit, die verschiedene physikalische Zustände mit -
einander verbindet.
Three Aqueous Events (1961)
ice
water
steam
Wenn jemand eine von Brechts »Event-Partituren« aufführt, so
kann er/sie die Partitur in jeder beliebigen Art und Weise ins -
zenieren, die Botschaft lediglich konzeptuell auffassen oder
sie gänzlich ignorieren. Bereits diese Auswahl läßt erkennen.
daß die Zahl der Antworten und Handlungen, die man sich
vorstelien könnte, um Eis, Wasser oder Dampf umzusetzen -
sei es, um ihre Eigenschaften vorzuführen, sie zu verwenden,
zu vertauschen etc. - endlos ist. In Three Aqueous Events
wird die Aktion des Künstlers eingesetzt, um vom Ergebnis
der Divergenz von Handlungen zu künden, die gemeinsam
auf die gleichzeitige Existenz von Differenz in einem Element
verweisen.
Was ich sagen will, ist, daß die Objekte, die aus Aktionen
hervorgehen, beschreiben, inwieweit das, was jetzt ist, auch
mit dem verbunden ist, was nach jetzt kommt, so wie auch
die Zukunft all das miteinschließt, woraus die Vergangen -
heit besteht, und was von der Gegenwart als der derzei -
tige, wenngleich simultane, transitorische Ort zwischen
den Zuständen manifestiert wird. Der einzigartige Wert
der Aktionskunst besteht darin, daß sie diese Art von
Verbundenheit zum Ausdruck bringt. Das bedeutet je -
doch nicht, daß Aktionen dadurch ihres eigenen Kunst -
werkcharakters beraubt werden; schließlich ist es eine ästhe -
tische Dimension, auf die diese Objekte hinweisen. So sorg -
fältig Kunstwerke auch interpretiert wurden - ob in intentio -
naler, ikonographischer, ikonologischer, semiotischer, sozial -
geschichtlicher oder rezeptionshistorischer Hinsicht - dieses
Phänomen wurde und wird völlig außer acht gelassen.
Aktion ist eine Wahrheit der Kunst. Die Prozesse, die bei der
Herstellung von Dingen zum Tragen kommen, wurden völlig
vernachlässigt, selbstverständlich mit Ausnahme von kunst -
historischen Fragestellungen und Fragen nach der materiel -
len Machart von Dingen {wie war dieser Kupferstich ent -
standen, oder wie funktionierte das antike Verfahren der
»Wachsmalerei“). Diese Elision ist um so bemerkenswerter,
als die marxistische Kunstgeschichte Arbeit gewissenhaft
sowohl in bezug auf die Bedingungen, in denen Kunst pro -
duziert wird, als auch auf die künstlerische Darstellung
von Menschen bei der Arbeit betrachtet. So wichtig
diese Betrachtungsweisen und Interpretationsansätze auch
gewesen sein mögen, der Kunstwerkcharakter des künst -
lerischen Handelns jedoch, dieser initialen Modalität, von der
ausgehend sich die gesamte Kunst- und Ästhetikgeschichte
entfaltet, wurde übersehen und blieb so lange unbeachtet, bis
die Künstler ihr Interesse auf die Aktion konzentrierten.
Künstler, die Aktionen als Kunst produzieren, haben uns
gelehrt, daß der Kunstwerkcharakter nur ein Index für Kunst
9 Michael Holquist, »Foreword«, zu: M.M. Bakhtin, Towarda
Philosophy of the Act, Übers, und Anmerk, von Vadim Liapunov,
hrsg. von Michael Holquist und Vadim Liapunov, Austin 1993.
Alison Knowles (mit Philip Corner und Bill Fontana), Gentle surprises for the Ear
(Nette Überraschungen für das Ohr), 1975. Sammlung der Künstlerin
Dick Higgins, Symphony 607 - The Divers
(Symphonie 607 - Die Taucher), 1968. Block Collection
und nicht die Kunst selbst ist. In diesem Zusammenhang ist
es hilfreich, sich kurz daran zu erinnern, daß die griechische
Bedeutung des Begriffs »Ästhetik« die Wörter «aisthanesthai,
>wahrnehmen<, aisthesis, »Wahrnehmung- und aisthetikos,
■wahrnehmungsfähig- miteinschließt.«^“ Ästhetik war die
»Wissenschaft der sinnlichen Wahrnehmung«, wurde jedoch
»schon bald auf die »Wissenschaft der sinnlichen Schönheit -
reduziert«.” Perzeption an sich ist eine Handlung. Sie setzt
voraus, daß man etwas in Besitz nimmt, etwas erhält oder
annimmt, und durch genau diesen Akt der Inbesitznahme ent -
steht eine Wissenschaft der sinnlichen Wahrnehmung.
Aktionskunst unterstützt die Perzeption darin, die dynamische
Schnittstelle zwischen Intentionalität, Aktualität und dem
komplexen gesellschaftlichen Kontext von Rezeption und
Interpretation, in dem sich Kunst ereignet, zu erkennen.
Aktionskunst fördert die Perzeption und das Wissen über
sinnliche Wahrnehmung, oder, wie Allan Kaprow es aus -
drückt:
Indem die Kunst immer weniger Kunst wird, übernimmt sie
die frühe Rolle der Philosophie als Kritikerin des Lebens.
Selbst wenn ihre Schönheit widerlegt werden kann, bleibt
sie doch erstaunlich durchdacht. Und gerade weil Kunst
mit Leben ineinsgesetzt werden kann, zwingt sie uns, dem
Ziel ihrer Zweideutigkeiten, der »Offenbarung« von Erfah -
rung, unsere Aufmerksamkeit zu schenken.'^
In Aktionen und ihren Objekten wird Erfahrung als etwas
offengelegt, was sich bezieht. »Beziehung« ist das Thema der
bemerkenswerten Äktionsserie von Marina Abramovic und
Ulay aus der Zeit, als das Künstlerpaar zusammen lebte und
arbeitete.
Relation in Time fand im Oktober 1977 im Studio G7 in
Bologna statt und dauerte 17 Stunden. Die Aktion zeigt, wie
tiefgehend Objekte Aktionen von Subjekten darstellen kön -
nen, die ansonsten unbemerkt bleiben. In Relation in Time saß
das Paar Rücken an Rücken, das lange Haar zu einem
gemeinsamen Knoten verflochten, der ihre Hinterköpfe mit -
einander verband und die beiden Künstler aneinanderkettete.
Die Photoserie von der Aktion zeigt, wie die zunehmende
Müdigkeit, schwindende Konzentration und das Gewicht der
beiden Körper immer stärker an dem sorgfältig verflochtenen
Haar zog und zerrte, bis es der allzugroßen Belastung nach -
gab - und schließlich aus dem Knoten, der die beiden
zusammenhielt, herausschlüpfte. Obwohl diese Haarligatur
kein Objekt ist, das man ausstellen, kaufen oder verkaufen
kann, so war sie doch ein künstlich geschaffenes Ding, ein
Knotenpunkt, über den die Künstler eine Form ihres Äus-
tauschs visuell darstellten. Das allmähliche Äufdröseln und
Auflösen des Haarstrangs ist Ausdruck physischer Kräfte, von
Bewegung und Spannung, von einer unsichtbaren Dynamik
und einem Magnetismus, der das Paar zunächst zusammen -
brachte und schließlich wieder trennte,
Beziehung wird unter veränderten Umständen zu etwas völ -
lig anderem. In Gentle Surprises for the Ear (1975) las Alison
Knowles zusammen mit den Komponisten Philip Corner und
Bill Fontana weggeworfene Objekte von der Straße auf und
stellte eine Beziehung zu ihnen her. Als Weiterentwicklung
früherer Klang-Arbeiten von Knowles begannen die drei
Künstler Überreste zu sammeln, Dinge, deren Herkunft,
Identität und Charakter verlorengegangen oder beschädigt
worden waren. Diese Bruchstücke, Fragmente weggeworfe -
ner Gegenstände, konnten in einer Hand gehalten werden;
eine winzige Metallfeder mit einer Schlaufe am Ende, eine in
der Hälfte auseinandergebrochene Single, ein Teil von einer
Bürste oder einem Kamm, zwei Stecknadeln mit weißen
Köpfen, ein geknickter Plastikstrohhalm, zahlreiche undefi -
nierbare Gegenstände und so weiter. Wie wertlos diese Dinge
auch sein mochten, für Knowles, Corner und Fontana wurden
sie zur Quelle ihrer Klangproduktion. Nachdem sie mit dem
Einsammeln der Objekte fertig waren, versahen die Drei jedes
einzelne mit einem »Ticket«, auf dem handschriftlich vermerkt
war, wie es als Musikinstrument zu benutzen sei. Dieser
Prozeß wurde nicht auf einmal durchgeführt, sondern von Zeit
zu Zeit über mehrere Jahre hinweg fortgesetzt. Schon das
Beschriftungssystem erforderte einen aufmerksamen Um -
gang mit dem Objekt und eine sorgfältige Analyse seiner
Eigenschaften und seines Charakters im Hinblick auf sein
Potential zur Erzeugung von Geräuschen, Die Anweisungen
10 Siehe Michael Inwood, »Commentary«, zu; Hegel's Introductory
Lectures an Aesthetics, London 1993, S. 98.
12 Allan Kaprow, «Manifesto-, in: Manifestaes, a Great Bear
Pamphlet, New York 1966, S.13.
11 Ibid.
234
zur Ausführung der Klang-Aufgabe lauteten beispielsweise:
»am Ohr drehen«, »fallen lassen, rollen«, »offenhalten bis
Surren ertönt«, »behutsam ans Ohr halten, Überraschung«,
»zerknittern«, »klingeln«, »verdrehen«, »reiben«, »kratzen«,
»einstecken und auf- und abschwingen lassen wie eine
Wippe«, »rein- und rausschieben« und »im eigenen Rhythmus
schaukeln lassen«. Solche Instruktionen verlangten nach einer
sinnlichen Reaktion und lösten an sich schon sinnliche
Assoziationen aus.
Knowles betrachtete die Objekte, die die drei Freunde einge -
sammelt hatten, tatsächlich als »intim, weil keiner sie ansieht;
man kann sie völlig neu entdecken«.’^
Wie Theodor Adorno sagt:
Ästhetik präsentiert der Philosophie die Rechnung dafür,
daß der akademische Betrieb sie zur Branche degradierte.
Sie verlangt von Philosophie, was sie versäumt: daß sie
die Phänomene aus ihrem puren Dasein herausnimmt und
zur Selbstbesinnung verhält, Reflexion des in den Wissen -
schaften Versteinerten, nicht eine eigene Wissenschaft
jenseits von jenem. Damit beugt Ästhetik sich dem, was
ihr Gegenstand, gleich einem jeden, unmittelbar zunächst
will.”
Ähnlich erleichtern Knowles, Corner und Fontana die
Reflexion über Objekte in ihrer Unmittelbarkeit, indem sie sie
aus ihrer »bloßen Existenz« herausheben. Eine genaue
Beobachtung der Welt geht mindestens auf Leonardo da
Vincis Entdeckung von Bildern in Marmorschlieren und
Holzmaserungen zurück und setzt sich fort bei Dada-
Künstlern wie Kurt Schwitters, dessen Merzbau und
Merzbilder aus in den Straßen der Stadt gefundenen
Gebrauchsgegenständen konstruiert waren, in Duchamps
Readymades, den »gefundenen« und erweiterten Objekten
der Surrealisten bis hin zu Cages Interesse an gewöhnlichen
Formen und Hintergrundgeräuschen und Rauschenbergs
Bildobjekten des Combine painting.
Natürlich war es schwierig, hinter dem Körper des einzelnen
Künstlers das visuelle, akustische und haptische Anliegen
aller Körper zu sehen, für die die Körper der Künstler und
Künstlerinnen in ihrer gesamten ontologischen, phänomeno -
logischen und epistemologischen Komplexität standen - zum
einen, weil ein Körper, der vor anderen Körpern agiert, eine
unglaublich starke Präsenz besitzt, und zum anderen, weil
schon der Modus der Vorführung eine radikale Verschiebung
im normativen ästhetischen Kontext traditionell dargestellter
Objekte konstituiert. Die eigentliche idee, das Selbst (und die
Ideen des Künstlers bzw. der Künstlerin) anstelle eines objek -
tiven Substituts dieses Selbst (seine bzw. ihre in einem Objekt
verkörperten Ideen) vorzuführen, war und ist noch immer eine
Herausforderung für die traditionelle Vorstellung von Kunst. In
seinem einflußreichen Artikel »Art and Objecthood« (1967)
verurteilt der Kunsthistoriker Michael Fried jede Kunst, die
»den Betrachter...in eine Situation miteinbezieht«, als
Degradierung der Kunst zur »Seinsweise des Theaters'« und
fordert nichts Geringeres als einen »Krieg« gegen diesen
Feind der Kunst, diese »Antikunst«.Eine Passage in Frieds
Ausführungen zeugt von seiner tiefen Aversion gegen den
Körper als solchen und von seinem neoplatonischen
Insistieren auf Nachahmung. Objekte, schreibt er, müßten
lediglich die »zahllosen Möglichkeiten und Stimmungen, in
denen [der Körper] Bedeutung erzeugen kann«, re-präsentie-
ren, anstatt diesen Körper als das konkrete, selbstevidente
Material zu präsentieren, in dem sich Bedeutung beständig
verschiebt. Aktionen und Aktionsobjekte haben eine noch
größere Aufgabe: als Kommissuren bringen sie Subjekte in die
Nähe einer Konfrontation mit den Grundbedingungen ihrer
Interaktion.
Der Begriff der Kommissur ist auch insofern ein nützliches
Konstrukt, als er es ermöglicht, über das Problem der Ver -
marktung von »Performance-Kunst« als Objekt nachzuden -
ken. Viele Künstler, die sich als Alternative zur Objekt -
produktion der Aktion zuwandten (und viele Kunstkritiker und
Intellektuelle, die über Aktion geschrieben haben, mich selbst
eingeschlossen), taten dies auch, um die Aktionen vor ihrer
Kommerzialisierung und Vermarktung zu bewahren. Kaprow
faßte diese Zielsetzung zusammen, als er 1966 feststellte, daß
»die Malerei inzwischen mehr Symbol als Macht geworden
war...etwas, das eher für Erfahrung stand als direkt mit ihr
arbeitete«.'^ Er forderte die Künstler auf, »neue Werte« zu
schaffen, keine Objekte. Sechs Jahre später brachte Lucy
Lippard im »Vorwort« und im »Nachwort« zu Six Years, ihrem
monumentalen Katalog zu Aktionen und Objekten der
Konzeptuellen Kunst, eine ähnliche Hoffnung - und ihre
13 Alison Knowles im Gespräch mit der Autorin, 1. August 1997,
New York. Sämtliche Zitate von Knowles zu Gentle Surprises for
the Earsind diesem Gespräch entnommen.
14 Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie, hrsg. von Gretel
Adorno und Rolf Tiedemann, Frankfurt/M. 1973, S. 391.
15 Michael Fried, »Art and Objecthood», in: Artforum, 5,10, Juni
1967, naohgedruckt in: Gregory Battcock (Hrsg.), Minimal Art:
A Criticat Anthology, New York 1968, S. 116-147.
16 Allan Kaprow, Assembtage, Environments, and Happenings,
New York 1966, S. 156.
Kazuo Shiraga, Dom ni idomu (Kämpfen mit Schlamm), 1955. The Ashiya City Museum of Art and History
Enttäuschung - zum Ausdruck. »Die Hoffnungen, die
■Konzeptuelle Kunst« könne der allgemeinen Kommer -
zialisierung, der destruktiv .progressiven« Tendenz des Mo -
dernismus, entgehen«, schrieb sie, »waren größtenteils un-
begründet.«^^
Trotz des unersättlichen Appetits der Kultur-, Bewußtseins -
und Theorieindustrien besteht die Hoffnung, nicht-vermarkt-
bare Kunst zu schaffen, auch weiterhin, wie Peggy Phelans
Aussage von 1993 belegt:
Performance lebt einzig und allein in der Gegenwart.
Performance kann nicht gespeichert, aufgezeichnet, doku -
mentiert oder anderweitig in den Kreislauf der Darstellung
von Darstellung einbezogen werden: sobald dies ge -
schieht, wird sie zu etwas anderem als Performance. In
dem Maße, wie Performance versucht, in die Ökonomie
der Reproduktion einzutreten, verrät und schmälert sie das
Versprechen ihrer eigenen Ontologie, Das Wesen der
Performance...entsteht erst durch ihr Verschwinden.'®
Ja und nein. Der zeitliche Augenblick der Handlung ver -
schwindet. Die in der Aktion verwendeten oder daran be -
teiligten Objekte jedoch bleiben bestehen. Ebenso wie die
Dokumentation, die nicht nur von Sammlern oder Museen
aufbewahrt wird, sondern bezeichnenderweise vor allem vom
Künstler selbst. Sogar die Künstler, die eine Vermarktung ihrer
Events mit aller Entschiedenheit ablehnten, haben Photo -
negative aufgehoben, Kataloge erstellt, Künstlerbücher
herausgegeben und andere Relikte produziert, die mit der
Arbeit in Verbindung stehen. Wenn je ein Übergang zur
Vermarktung von Aktionen stattgefunden hat, dann war er
zunächst diskursiv und später assoziativ, indem die »Aktion«
dem theatralisierten und zuschauergerechten Zustand der
»Performance«« einverleibt wurde. Aber selbst wenn wir
annehmen, diese signifikante Verschiebung der diskursiven
Bedingungen von Kultur, auf die ich an späterer Stelle noch
näher eingehen werde, habe stattgefunden, »entsteht
Performance« nicht durch ihr Verschwinden, da gerade die
sozialen Forderungen nach Kommunikation und Erinnerung
eine objektive Form verlangen.
Objekte sind Werkzeuge des Lebens, die für das Leben not -
wendig sind, um zu handeln und zu kommunizieren. Objekte
tragen die geschichtlichen Spuren von Aktion (Leben) von der
Vergangenheit über die Gegenwart und bis in die Zukunft.
Objekte sind keine Gebrauchsgegenstände an sich; vielmehr
17 Lucy Lippard, S/x Vears; The dematerialization ofthe art object
from 1966 to 1972, New York 1972, S. 263.
werden sie durch ihre Einordnung und Verwendung im
Zusammenhang mit den Aktionen, aus denen sie entstehen,
dazu gemacht-oder auch nicht. Die Kunstaktion will, daß wir
Kunstobjekte als Dinge begreifen, die ein .Machen in Aktion
.gemacht« hat. Wird man beispielsweise mit einem Objekt wie
einer Guillotine konfrontiert, denkt man automatisch an
Schmerz, Leid, Folter, Mord und Todesstrafe - und zwar als
etwas, das einer Person durch eine andere zugefügt wird. Das
Objekt Guillotine ist ein sehr eindringliches Beispiel für ein
Aktionsobjekt, das das Denken wieder auf Institutionen und
menschliches Verhalten rückbezieht. Aber alle Objekte funk -
tionieren auf diese Weise, und nur deshalb verstehen wir ihre
Bedeutung und Verwendung. Was Kunstobjekten fehlt, und
was der Künstler in der Aktion wiederherstellt, ist genau diese
Relationalität zwischen «machen«, .handeln« und dem Kunst -
werkcharakter als solchem. Der Part des Künstlers besteht
darin, die Bedeutung und Verwendung von Objekten durch
seine Aktionen zu verändern, um das Sehen und damit unsere
Aktion (und unser Denken) in der Welt neu zu erschaffen.
Kunstaktion ist insofern pädagogisch, als sie die Visualität
auffordert, zu den ursprünglichen Bedingungen des Mächens
und Betrachtens zurückzukehren und dann zur kommunika -
tiven Erfahrung zwischen dem machenden Subjekt und dem
betrachtenden Subjekt fortzuschreiten. Wenn wir uns Objekte,
die aus Aktionen hervorgehen, als Kommissuren vorstellen,
die damit betraut sind, etwas zu tun (sie wirken allein durch
die Tatsache, daß sie in Verbindung stehen), dann bewahren
diese Objekte die Energie dieser Verbundenheit sowohl zur
ursprünglichen Aktion als auch zu unserer Rezeption - wobei
Objekte allerdings auch ästhetisiert, begehrt und fetischiert
werden können. Wenn wir uns Kunstaktionen als Ereignisse
vorstellen, die durch eine Subjektivität produziert werden, die
auf die Kommunikation mit einer anderen Subjektivität aus -
gerichtet ist, dann könnten Handlungen in der Kunst ebenfalls
als Kommissuren begriffen werden, als aktives Bekenntnis
des Künstlers zu einer zwischenmenschlichen Verbindung.
Aktionskunst und Aktionsobjekte lehren uns, uns auf den Wert
des individuellen Subjekts, das Objekte schafft - sowohl
im engeren Sinn des Künstlers als Produzenten als auch in
dem viel weiteren Sinne der Erhebung des menschlichen
Subjekts über das Objekt -, als den höchsten aller Werte
zurückzubesinnen.
18 Siehe Peggy Phelans ausnehmend intelligentes Buch Unmarked:
The Politics of Performance, London -New York 1993, S. 146.
237
Charlotte Moorman, Cello Bombs (Cello Bomben), 1965/1990. Sammlung Hoffmann
III. Von der Aktion zur Performance
Bislang habe ich mich mehr auf den Begriff »Aktion« anstelle
des allgemeineren Begriffs »Performance« konzentriert, um
den Unterschied zwischen Aktionen und Objekten deutlich zu
machen und den Prozeß bei der Entstehung dessen, was
landläufig als Performance-Kunst bezeichnet wird, hervor -
zuheben. Darüber hinaus verweist der Begriff »Aktion« mit
Nachdruck auf den politischen Bezug, der im Begriff
Aktivismus steckt, der für den Einsatz des Körpers als
Medium von so zentraler Bedeutung war und ist. Im Begriff
Aktion spiegelte sich eine Strategie entschlossener künstleri -
scher Intervention im öffentlichen Leben. Man sah in der
Kunstaktion ein Allheilmittel gegen den Ästhetizismus, der
Kunst von einem integralen Bestandteil kultureller Be -
deutungsproduktion in eine leere Kategorie der »Kunst um der
Kunst willen« verwandelte, eine Verschiebung der sozialen
Rolle von Kunst, die die Kunst ihrer kulturellen Wirkungs -
kraft beraubte, und zwar zugunsten ihrer oberflächlichen
Erscheinung, die als Emblem von Status und Geschmack
hochgeschätzt wurde.
Dieser starke Wandel der Medien und Mittel der Kunst ereig -
nete sich in einer völlig veränderten Welt, in einer Zeit, als man
sich des ganzen Schreckens des Holocaust bewußt wurde
und das Atomzeitalter anbrach. Vor dem Hintergrund dieser
nie dagewesenen Bedingungen schien der Einsatz des
Körpers in Aktionen nicht nur notwendig, sondern dringlich.
1955, zehn Jahre nach dem Bombenabwurf über Hiroshima,
benutzte Kazuo Shiraga seinen Körper in Challenging Mud. Im
selben Jahr durchbrach Saburö Murakami mit Gewalt eine
Reihe großer Papierleinwände, indem er mit seinem ganzen
Körper gegen das Material anrannte. Murakamis Aktion
wurde »mit einer solchen Geschwindigkeit, fast in einem ein -
zigen Augenblick, ausgeführt, daß es dem Kameramann nicht
gelang, den Moment einzufangen«, und, was noch wichtiger
war, der Künstler sich durch die Erfahrung wie »ein neuer
Mensch« fühlte.'® Dieser besondere Typ neuer Mensch, der
Murakami geworden war, stand sicher unter dem Einfluß
dessen, was der japanische Dichter Hara Tamiki in »Das ist
ein menschliches Wesen'« (1950) beschreibt, ein Gedicht,
das Kursivschrift verwendet, um verschiedene Lesarten des
19 JirS Yoshihara, »On the First «Gutaiten« (the First Exhibition of
■Gutai« Art Group)«, in: Gutai, 4, 1959, S. 2.
20 Zitiert in: John Whittier Treat, Writing Ground Zero: Japanese
Literature and the Atomic Bomb, Chicago 1995, S. 168.
Textes zu erzeugen: »Das ist ein menschliches Wesen / Bitte
beachten Sie, welche Veränderungen die Atombombe
erzeugt hat. / Dieser Körper ist grotesk aufgequollen, /
Männliche und weibliche Eigenschaften sind ununterscheid -
bar. / Oh, dieses schwarze, verbrannte, zerschlagene und /
eiternde Gesicht, zwischen dessen geschwollenen Lippen
eine Stimme hervordringt / >Hilfmir<, / In schwachen, leisen
Worten. / Das ist ein menschliches Wesen. / Das Gesicht
eines menschlichen Wesens.«*
1952 gründeten Murakami und Shiraga Zero-kai (Gruppe
Null), bevor sie sich zwei Jahre später der Gutai-Gruppe unter
der Leitung von Jirö Yoshihara anschiossen. Yoshihara war
Vertreter der Ashiya City Art Association und lebte selbst in
Ashiya (in der Nähe von Osaka), einer Stadt, in der der Krieg
»die Hälfte aller Einwohner...verletzt und 40% ihrer Häuser
zerstört hat«.®' Zu dieser Zeit »machte« Yoshiharas Werk »eine
Phase des Übergangs von einem düsteren, gegenständlichen
Stil... zur linearen Form des abstrakten Expressionismus
durch«.®® Und es war Yoshihara, der im ersten Gutai-Manifest
proklamierte:
Die Kunst des Gutai verändert das Material nicht, sie
haucht ihm Leben ein. Die Kunst des Gutai verfälscht das
Material nicht, in ihr stehen der menschliche Geist und
das Material einander gegenüber und reichen sich die
Hand. Das Material ordnet sich dem Geist nicht unter.
Niemals henscht der Geist über das Material... Alle Mög -
lichkeiten des Materials auszuschöpfen, bedeutet, den
Geist auszuschöpfen, und den Geist zu erheben, heißt
auch, die Materie auf die Höhe des Geistes zu führen.®®
Wie die Gutai-Gruppe und ihre Arbeiten muß meiner Ansicht
nach auch das Gewicht, das Yoshihara auf das Verhältnis zwi -
schen konkreter Materialität und Geist legt, zumindestens
teilweise im Hinblick darauf betrachtet werden, was es bedeu -
tete, ein Überlebender im Post-Hiroshima/Nagasaki-Japan zu
sein. Yoshiharas wollte »das Leben der Materie am Leben
lassen«, um den den »Geist am Leben«« zu erhalten.
In diesem Kontext ist es durchaus denkbar, daß die
Erfahrungen, die Yves Klein 1952 in Japan machte, bei sei -
nem Übergang vom Malen konkreter, ungegenständlicher
monochromer Bilder zum Einsatz des menschlichen Körpers
21 Atsuo Yamamoto, »Gutai 1954-1972, lntroduction<s in: Gutai
UI.IIL, Ashiya 1994, o.S.
22 Ibid.
23 Jirö Yoshihara, »Gutai Manifeste«, in: Geijutsu Shincho, 7,
12, Dezember 1956.
238
Guerrilla Art Action Group, Museum of Modern Art Action {Nr. 3),
18. November 1969, New York
als »lebendem Pinsel« 1959 eine bedeutende - und bislang
unterschätzte - Rolle spielten. Dieser Gedanke wird durch
Kleins eindrucksvollen Aufsatz »Le vrai devient realite« unter -
mauert, in dem er seinem Wunsch Ausdruck verleiht, »auf der
Welt mein Zeichen zu hinterlassen« und die Sputen der Körper
auf seinen Bildern mit den »Schatten von Hiroshima« zu ver -
binden, die »in der Wüste der atomaren Katastrophe...
Beweise darstellten, schreckliche unzweifelhafte Beweise,
und dennoch Beweise der Hoffnung für die (wenn auch imma -
terielle) Permanenz des Fleisches.«^'* Kleins Ehrfurcht galt
nicht der technischen Macht von »Raketen, Sputniks und
Missiles«, sondern der »affektiven Atmosphäre des Fleisches
selbst... {als einer) starken und doch friedlichen Kraft
der...Sensibilität«. Klein veröffentlichte den Aufsatz in der drit -
ten und letzten Ausgabe der deutschen Publikation ZERO im
Juli 1961. In der Originalausgabe ließ er die letzte Seite
seines Artikels verbrennen - durch Feuer entmaterialisieren.
Für Shiraga, Murakami und Klein besiegt gerade die
Körperlichkeit des menschlichen Körpers den technischen
und wissenschaftlichen Determinismus. Die Aktion ist der
Kern der Performance von ihren frühesten Manifestationen im
Action painting bis zu Gutai und den Happenings. In Snows
(Januar 1967) montierte Carolee Schneemann Bilder von in
Vietnam begangenen Grausamkeiten zusammen mit Farben
und anderen Darstellungen aus den Medien, um »die genozi-
den Triebe einer bösartigen, zerstörerischen Technokratie, die
Amok läuft gegen eine ganzheitliche, vollkommen ländliche
Kultur, zu konkretisieren und sichtbar zu machen.«^^ In diesem
Klima schrieb Jon Hendricks sein Manifest »Some Notes-'
vom 11. Dezember 1967, eine Abrechnung mit dem Kom-
merzialismus, dem Vietnam-Krieg und den Rassenunruhen; in
diesem Klima verfaßten Hendricks, Raphael Ortiz, AI Hansen,
Jean Toche und Ui Picard das »Judson Manifesto«, in dem sie
erklären, daß »die Aufgabe des Künstlers darin besteht, Kultur
umzustürzen, da unsere Kultur trivial ist«; in diesem Klima sag -
ten Ortiz und Hendricks die Ausstellung »DIAS USA« in der
Judson Church ab, um gegen die Ermordung von Dr. Martin
Luther King Jr. zu protestieren; in diesem Klima legten sich
Toche und Hendricks als Demonstration gegen die Weigerung
des Museums, gegen den Krieg in Vietnam Stellung zu bezie -
24 Yves Klein, »Truth Becomes Reality«, in: Yves Klein 1928-1962:
A Retrospective, Ausstellungskatalog, Houston - New York 1982,
S. 230-231.
25 Aus dem Programm für Snows, nachgedruckt in: Carolee
Schneemann, More Than Meat Joy: Complete Performance
hen, eine Stunde lang in den Haupteingang des Metropolitan
Museum of Art; und in diesem Klima bezeichneten sich Toche
und Hendricks am 4. März 1970 als Guerrilla Art Action Group
(GAAG), ein Kollektiv, das um den Begriff und die Praxis der
Gewaltlosigkeit organisiert war und es sich zum Ziel gesetzt
hatte, »die Gefahr von realer Gewalt, Unterdrückung und
Verdrängung symbolisch darzustellen« sowie durch Hinter-
fragung und Provokation »die Leute mit den Krisen unserer
Zeit zu konfrontieren«.
Für seinen Teil hatte der politische Aktivist Abbie Hoffman von
Künstlern genug über Aktionen gelernt, um ein Event auf die
Beine zu stellen, das am 24. August 1967 die New Yorker
Börse ins Wanken brachte. Damals warfen er und eine
Gruppe von etwa 12 Personen (einschließlich Jerry Rubin) von
der Empore über dem Parkett Dollarscheine auf die Börsen -
makler; eine Aktion, die den Handel für einige Sekunden zum
Erliegen brachte, als sich die Broker in einem klassischen Bild
der Gier im Herzen des Kapitalismus auf das Geld stürzten.
Derartige Medienereignisse fanden ihren Höhepunkt in den
Störaktionen auf dem Parteitag der Demokraten im August
1968 und dem anschließenden Prozeß gegen »The Chicago
Seven«, In dem Maße, wie die politischen »Happenings- von
den Kunst-Happenings inspiriert waren, brachten sie auch fri -
schen Wind in die Kunstaktionen. Einen deutlichen Beweis für
diese Wechselbeziehung liefert Terry Fox’ Defoliation Piece
(1970), das der Künstler selbst zu seiner »ersten politischen
Arbeit« erklärte:
Ich wollte die Blumen ganz kalkuliert zerstören. Durch
Einbrennen eines perfekten Rechtecks genau in der Mitte
würde es aussehen, als hätte sie jemand absichtlich zer -
stört. Bei den Blumen handelte es sich um chinesischen
Jasmin, der vor fünf Jahren gepflanzt worden war und in
zwei Jahren hätte blühen sollen. Gleichzeitig war es auch
ein Theaterstück, Jeder schaut gerne dem Feuer zu. Es
knisterte und krachte wunderschön. Aber irgendwann
begriffen die Leute, was passierte - die Landschaft wurde
zerstört; Blumen verbrannten. Plötzlich waren alle still.
Eine Frau weinte zwanzig Minuten lang.*
Im Herzen des Vororts Berkeley lenkte Defoliation Piece die
Aufmerksamkeit direkt auf die Politik der »verbrannten Erde«,
Works & Selected Writings, hrsg. von Bruce McPherson, New
York 1979, S. 129.
26 Terry Fox, zitiert in: Carl E. Loeffler und Darlene Tong (Hrsg.),
Performance Anthology: Source Book of California Performance
Art, überarbeitete Auflage, San Francisco 19B9, S. 17.
239
die die Vereinigten Staaten in Vietnam betrieben. Fox benutzte
zur Einäscherung der Pflanzen einen Fiammenwerfer dessei-
ben Typs, wie er in Vietnam eingesetzt wurde. Sein Gemahnen
an ein Land unter Napalmbombenbeschuß und an verbrannte
Vietnamesenkörper war ein symbolischer Akt, der den onto -
logischen Wert von Leben und Land der vietnamesischen
Bevölkerung in Form des Wertes von chinesischem Jasmin
darstellte. Darüber hinaus aber war es ein konkreter Akt der
Zerstörung, der metonymisch mit der Zerstörung durch den
Krieg zusammenfiel.
Kunstaktionen boten ein alternatives Paradigma für die künst -
lerische Praxis, indem sie den Menschen als Materialisierung
des Zwischenraums präsentierten, als den Berührungspunkt
von Kunst und Leben. Die Hervorhebung des Wortes Be -
rührung bedeutet nicht, daß Kunst und Leben verschmel -
zen, sondern will die kommissurenhafte Verbundenheit der
beiden Bereiche hervorheben. Als der Begriff «Performance-
Kunst« Mitte der siebziger Jahre immer häufiger in der
üppigen Aktionsiiteratur auftauchte, wurde er von vielen
Künstlern zunächst mit der Begründung abgelehnt, er sei
mit Unterhaltung und tradionellem Theater konnotiert und
verbunden. Diese anfängliche Ablehnung kam vor allem
aus Europa.^^
Erst mit dem Aufkommen ausführlicher, textueller Erzäh -
lungen in der Performance wurde die einst weitgehend non -
verbale Physikalität der Körperaktion mit jener Theatralik
und Schauspielkunst in Zusammenhang gebracht, die der
Begriff »performance art« impliziert. Vito Acconci ist eine zen -
trale Figur in dieser etymologischen Geschichte. Er war nicht
Vito Acconci, Seed Bed (Samenbett), 15. - 29. Januar 1972, Sonnabend Gallery,
New York. Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und der Barbara Gladstone
Gallery, New York
nur ein Wegbereiter der textgestützten Aktion (nicht zuletzt
aufgrund seiner dichterischen Praxis), sondern hörte 1973,
nur fünf Jahre nach seinen ersten Aktionen, bereits wieder auf,
Performances zu machen. Acconci gab nach eigener
Aussage die Performance auf, als ihm bewußt wurde, daß die
Rezeption des Künstlers als theatralisches Schauspiel mit sei -
nen eigenen visuellen und intellektuellen Zielen als Künstler
nicht in Einklang zu bringen war.^®
In Acconcis berüchtigter Aktion Seed Bed (1972) in der New
Yorker Galerie Sonnabend beispielsweise soll der Künstler,
verborgen unter einer niedrigen, in die Galerie eingebauten
Holzrampe, zweimal wöchentlich sechs Stunden am Tag
masturbiert haben. Tatsache ist, daß der Künstler verbal auf
die Galeriebesucher reagierte und sie als Katalysatoren
benutzte, vermutlich um seine eigene sinnliche Erfahrung -
wie auch die ihre-zu stimulieren. In den mentalen Bildern, die
seine Erzählung erzeugte, beschwor Acconci die Vereinigung
seiner Identität mit der der Besucher und vermengte so ästhe -
tische Produktion mit Metaphern der menschlichen Repro -
duktion, die allerdings durch einen narzißtischen Mangel an
Verbundenheit erschwert würde. Diese (simulierte?) auto-ero -
tische Aktion bot keine Möglichkeit zu einem gegenseitigen
Informationsaustausch, der Grundvoraussetzung für sinn -
hafte Beziehungen und Reproduktion menschlichen Lebens.
27 Stuart Brisley und Leslie Haslam behaupteten, der Begriff hätte
völlig inadäquate und unpassende Konnotationen zum Theater,
und nicht zur bildenden Kunst. Siehe Brisley und Haslam, «Anti-
Performance Art«, in: Arte Inglese Oggi 1960-1970, Mailand
1976. Siehe auch Hugh Adams, »Editorial: Against a Definitive
Statement on British Performance Art«, in einer Sonderausgabe
über »Performance-Kunst«, Studio International, 192, 982,
Juli-August 1976, S. 3. Zur Etymologie von »performance art«
siehe Bruce Barber, »Indexing: Conditionalism and Its Heretical
Equivalents«, in: A. A. Bronson und Peggy Gale (Hrsg.),
Performance ByArtists, Toronto 1979, S. 183-204.
28 Podiumsdiskussion im Rahmen des Symposiums Performance
Art in the 1960s, 1970s, and 1980s, Baltimore 1989.
240
John Duncan, Blind Date (Verabredung mit einer Unbekannten), 1980
241
Die Sprache setzte die »ästhetische Distanz«, die die tradi -
tionelle Kunstkonvention im Betrachter/Objekt-Zweiklang ver -
langt, wirkungsvoll fort. Aber in Zusammenhang mit der
Aktion funktionierte die Sprache als Kommissur, die Acconci
zur Interaktion mit dem Besucher und umgekehrt verpflich -
tete. Aggressiv und gewalttätig verwandelte Sprache eine
entsensualisierte Leere in eine sexuelle Bedrohung, auf die die
Besucher aktiv reagieren und an der sie teilhaben mußten,
und sei es nur, indem sie sich die Finger in die Ohren stopften
und die Galerie verließen. Der sprachliche Angriff in Acconcis
Arbeit bot genau das Schauspiel, das sein verborgener
Körper nicht aufführen wollte.
In den achtziger und neunziger Jahren war die sprachge-
stützte Performance in den Vereinigten Staaten und in Europa
vorherrschend. Solche Aufführungen paßten besser zu den
konnotativen und denotativen Bedeutungen von Theatralik,
die in dem Begriff »performance art« mitschwingen. Darüber
hinaus scheint eine solche Verschiebung nicht nur vernünftig,
sondern angesichts der allgemeinen Ermüdung, die Ende der
siebziger Jahre überall auf der Welt spürbar wurde, auch
unbedingt notwendig gewesen zu sein. Schließlich sind die
drei Jahrzehnte, die die Ausstellung umfaßt, von außer -
gewöhnlichen Polen psychologisch anspruchsvoller Erfah -
rung geprägt. Die Verwüstung nach dem Zweiten Weltkrieg
wurde von dem bemerkenswerten Wirtschaftsaufschwung in
Japan und Deutschland und der Produktion eines verschwen -
derischen Güterüberschusses abgelöst, und zwar sowohl in
Form von konsumierbaren Waren als auch in Gestalt einer
überwältigenden Entwicklung moderner Technologien. Das
alles steigerte die Existenzangst nur noch, die die bisher nie
dagewesene Bedrohung durch eine nukleare Vernichtung im
Kalten Krieg immer mehr vertiefte und weiter verbreitete - eine
Situation, die der britische Flappening-Künstler Jeff Nuttall
1968 als »Bomb Culture« bezeichnete; so lauteten jedenfalls
Titel und Thema seines außergewöhnlichen Buchs, das die
Geschichte der »Ban-the-Bomb«-Bewegung in England Ende
der fünfziger Jahre nachzeichnet, ein Streifzug quer durch die
internationale subkulturelle Revolution in Kunst, Dichtung und
Musik des Underground, der London als Sammelbecken
diente.^®
Gleichzeitig setzten soziale Bewegungen von der Bürger -
rechtsbewegung bis zum Feminismus neue Maßstäbe für
Identitätspolitik, Multikulturalismus und Postkolonialismus,
die sich in den siebziger Jahren voll entfalteten und von sich
29 Jeff Nuttall, Bomb Culture, New York 1968.
behaupten konnten, einen historischen Paradigmenwechsel
sowie den Anbruch der »Postmoderne« ausgelöst zu haben.
Doch der Vietnamkrieg versetzte dieser turbulenten Zeit den
Todesstoß. Dieser verabscheuungswürdige, unmoralische
und blutige Kampf, der weltweit vor dem Fernseher verfolgt
werden konnte, endete mit einem Pyrrhussieg für eine winzige
kommunistische Nation, die zunächst über die Franzosen,
dann über die Chinesen und die Sowjets gesiegt hatte, und
schließlich gegen die USA gewann und sich mit Demütigung
und Desillusionierung an dieser vermeintlichen Supermacht
und selbsternannten Anführerin der Weltdemokratie rächte.
Als die siebziger Jahre zu Ende gingen, war dies nicht nur das
Ende eines Jahrzehnts, sondern der unrühmliche Abschluß
einer traumatischen Ära von Kampf und Verfall. Der immate -
rielle innere Schmerz dieser Zeit fand seine perfekte und
selbstzerstörerische Verkörperung in dem materiellen, sicht -
baren Zeichen der Sicherheitsnadel, die sich junge Punks
durch die Flaut stachen. Das symmetrische Gegengewicht zu
diesem Bild der Entmutigung und Entfremdung bildete eine
internationale Discoszene, die selbst eine Form der Aktion
war, ein Ausdruck der weit verbreiteten Abwendung von
umfassenderen Überlebensfragen, welche paradoxerweise
und unvermeidbar durch die Verweigerung hindurch in den
Diskurs schlüpften, wie der Song der Bee Gees »Staying
Alive« zeigte.
Wobei es keinen kläglicheren und tragischeren Akt des »Am-
Leben-Bleibens« gibt als den Versuch, sein Leben (als eros)
gegen die akute Erfahrung der eigenen verzweifelten
Erstarrung bis zum Tode (thanatos) zu behaupten. Das ist das
pathetische Bild, das die brutale Erniedrigung durch John
Duncans Abscheu in Blind Date (1980) wachruft. Im Mai
kaufte Duncan in Tijuana einen Frauenleichnam für sexuelle
Zwecke und zeichnete seinen Geschlechtsakt mit der Leiche
auf. Nach dieser Erfahrung »unbeschreiblicher Selbst -
verachtung« kehrte er zurück und unterzog sich einer Vasek -
tomie, um, wie er später schreibt, »sicherzugehen, daß der
letzte zeugungsfähige Samen, den ich besaß, in einem
Kadaver endete«.^“ Die Photos, die Duncan von der Operation
machen ließ, nehmen Orlans ebenso selbstzerstörerische/
selbsterneuernde Schönheitschirurgie in den neunziger
Jahren vorweg, Duncan mußte sechs Wochen auf die
Vasektomie warten - die damals in Kalifornien vorgeschrie -
bene Wartezeit; nach dem Eingriff setzte er dann eine
Vorführung von Blind Date vor einem Publikum an, dem er
30 Louis MacAdams, »Sex with the Dead«, in: Wet, 30, März-April
1981, S. 60.
242
243
sein Erlebnis schilderte mit der Erklärung, er »wolle zeigen,
was mit Männern passieren kann, denen beigebracht wurde,
ihre Gefühle zu ignorieren«. Linda Burnham, die unermüdliche
und mutige Herausgeberin der Zeitschrift High Performance
(1976-1997), weigerte sich, einen Bericht über Blind Date zu
publizieren, da sie die Performance für »moralisch hochgra -
dig verwerflich“ befand und sich lieber »der Zensur schuldig«
machte, als »zu verantworten, dieses Material jedem zugäng -
lich zu machen, vor allem meinen Kinderno.^' Als sie erklärte,
sie sähe darin die »Vergewaltigung« einer Leiche, deren »Geist
ihren Körper vielleicht noch nicht verlassen« habe, antwortete
Duncan, es sei wie »Sex mit Fleisch« gewesen.®
So abstoßend Duncans verzweifeltes Event auch gewesen
sein mag, der Künstler stellte dennoch seinen eigenen qual -
vollen Mangel dar, einen geradezu greifbaren, psychischen
Schmerz. Denn innerhalb der epistemologischen Räume, die
durch eine weiße, männliche Hegemonie befestigt sind, ent -
hüllt ein solcher Akt die phallische Herrschaft, die ihre Virilität
um jeden Preis sicherstellen muß. In Blind Date wird dieses
Ideal als Karikatur ins Extrem geführt. In Wahrheit entlarvt die
Performance aber die Realität der Impotenz, des Leidens, das
aus der Tatsache resultiert, daß der Künstler, während er die
Darstellung weißer Männlichkeit in all der ihr zugeordneten
Macht verkörpert, psychologisch den entmachteten Raum
der leblosen Frau beschläft, die er vergewaltigt und sich selbst
dabei zu Tode fickt: »Ich habe die Fähigkeit, mich selbst zu
akzeptieren, aufs Spiel gesetzt. Ich habe die Fähigkeit, Sex zu
haben, aufs Spiel gesetzt... und die Fähigkeit zu lieben.'>®
Die extreme Selbstverachtung in Duncans Aktion kann mei -
nes Erachtens auf Erfahrungen zurückgeführt werden, von
denen der Künstler fünf Monate später anonym in einer
Installation mit dem Titel IfOnly We Could Teil (1980) berich -
tet. In einem Text, der den verbalen Mißbrauch eines Kindes
beschreibt, finden wir hier Aussagen wie: »We hate you little
boy« (Wir hassen dich, kleiner Junge), »We always knew you’d
be half-human baggage« (Wir haben immer gewußt, daß du
nur eine halbmenschliche Last sein wirst), »You're a blight on
our lives« (Du bist ein Schandfleck in unserem Leben), »Why
don’t you do everyone a favor and kill yourself« (Warum tust
du uns nicht allen einen Gefallen und bringst dich um) und
»DIE.DIE.DIE.DIE.DIE.DIE.DIE.« (STIRB.STIRB.STIRB). In
jedem Beispiel für Gewalt oder Zerstörung in der Kunst, ins -
besondere wenn sie unmittelbar gegen den Körper des
Künstlers gerichtet ist, klingt ein stets präsentes Trauma aus
der Vergangenheit nach. Eine abwesende Anwesenheit belebt
die unorganisierten, psychischen Erfahrungen des Künstlers,
sei es unbewußt oder bewußt, und treibt die Produktion des
Werks an. Solche Kunst ist eine Eröffnung, ein visuelles
Zeichen für das Unsichtbare; der eigentliche Zerstörungs -
prozeß aber läuft in der Psyche des Künstlers ab, Duncans
Kunst stellt ein Trauma dar und verleiht ihm Gestalt. Auf diese
Art bieten Kunstaktionen und Performances einen Zugang zu
den verborgenen, unaussprechlichen Tiefen individuellen
Leids, wie ihn nur wenige andere Darstellungsmittel ermögli -
chen. Ich interpretiere Blind Date als Warnsignal in großer Not.
Blind Date - so verwerflich es sein mag - handelt von vielen
Körpern und Köpfen, für die Duncans Akt stellvertretend
Aufmerksamkeit, Empathie und Beistand einfordert. In diesem
Geist betraten Ende der siebziger Jahre viele Künstler die
Bereiche des dissoziierten kulturellen Unbewußten, um des -
sen Auswirkungen in persönlicher wie gesellschaftlicher
Hinsicht offenzulegen; nicht alle aber verfügten über die Gabe,
die Erkenntnisse, die sie aus solchen Handlungen gewannen,
für einen Heilungsprozeß in ihrem eigenen täglichen Leben
neu zu strukturieren, neu zu verknüpfen und in neue Bahnen
zu lenken.
Dieselbe Art von Schmerz, wie sie in Duncans Arbeit zum
Ausdruck kam, zeigte sich auch bei seinem Freund und
Mentor Paul McCarthy in seinen skulpturalen Übersetzungen
inneren Schmerzes in visuelle Kommunikation. In so zutiefst
beunruhigenden Performances wie Meatcake (1974) und
Sailor’s Meat (1975) schuf McCarthy visuelle Modelle, mittels
derer äußerst flüchtige und exzessiv selbstverleugnende
innere Bilder in einer Reihe erfundener körperlicher Aktionen
vermittelt wurden, die für Vorgänge in dem betäubten und
häufig amnesischen Verstand eines Trauma-»Überlebenden«
standen. Die performative Sprache des Traumas - die ich für
eine skulpturale Sprache halte - inkludiert das Sichtbar -
machen der Dissoziation mittels einer ziellosen Bewegung
durch Zeiten und Räume. So könnte sie zum Beispiel in einem
betäubten, repetitiven Hin und Her zwischen Räumen, in
einem ständigen Kreisen um Tische und/oder anderen kör -
perlichen und verbalen Akten - wie in der Arbeit von McCarthy
- dargestellt werden. Man könnte sie durch die seibsternied-
31 Ibid.
32 Ibid., S. 61.
33 ibid.
244
Raphael Montanez Ortiz, Piano Destruction Concert
(Klavierzerstörungskonzert), 1966.
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
rigende und selbstzerstörerische Bilderwelt, die häufig in
Frauenaktionen vorkommt, veranschaulichen. Gewagte,
exzessive Ausdrucksformen von Wut, aber auch Dar -
stellungen, in denen man sich selbst zum Opfer macht, sich
selbst erneut als Opfer definiert oder andere opfert, sind stän -
dige Visualisierungen von Tropen der Pein und des Leids, wie
auch Wimmern, Schluchzen und ähnliche Schmerzenslaute
oder irrationale Ausbrüche in unberechenbares Gelächter und
so weiter.^ So erklärte McCarthy beispielsweise, er könne
»sich eine Stunde lang im Kreis drehen, und dann würde
etwas geschehen«. Durch Wiederholung erzeugt die Aktion
einen Impuls, der es dem Künstler ermöglicht, einen bestimm -
ten Bewußtseinszustand zu erreichen, der der inneren
Erfahrung zu körperlichem Ausdruck verhütt, selbst wenn sie
der Sprache beraubt ist.
Ein Trauma kann genausogut durch Gewalt ausgedrückt wer -
den, wie in McCarthys Whippinga Wall with Pa/nf (1974), einer
Aktion, in der der Künstler eine innere Kraft (Wut? eine noch
unartikulierte Macht? Leid? Schmerz?) gegen eine riesige
Schaufensterscheibe und quer durch den Raum auf die
Wände, Säulen und den Boden entlud, auf die er allesamt mit
einem farbgetränkten Laken einschlug (einpeitschte?) und
dabei 30 bis 40 Minuten lang die Farbe gegen das Fenster
klatschte. Dieser Akt ist mit einem explosiven Potential auf -
geladen, mit einer Gewalt, die unendlich beängstigender ist
als McCarthys Metaphern für Körperflüssigkeiten, die er aus
so viszeralen und kitschigen Materialien wie Ketchup und
Mayonnaise herstellt. Dennoch verfügen auch diese Materia -
lien über dissoziative Qualitäten, da McCarthy Würzmittel ver -
wendet, die einen entfernten Bezug zu den »richtigen«
Nahrungsmitteln haben, die sie aufwerten sollen, und deren
Abwesenheit sie symbolisch vertreten. Die Konstruktion von
Gewalt in McCarthys Arbeit erweckt in der Erinnerung das
Gespenst einer tatsächlichen Erfahrung zu neuem Leben -
einer Erfahrung, die sich der Sprache nicht erschließt, in kraft -
vollen, beunruhigenden und bewegenden Aktionen jedoch
präsent ist; bewegend waren die Aktionen deswegen ge -
wesen, weil sie von abgrundtiefer Verkommenheit handeln.=^^
Die Aktionen von McCarthy und Duncan erinnern an die
Wiener Aktionisten - Günter Brus, Otto Mühl, Fiermann Nitsch
und Rudolf Schwarzkogler. Einer der weniger bekannten
Meilensteine der Aktionskunst jedoch, der McCarthy und
Duncan ebenfalls verpflichtet sind, ist die Performance Self-
Destnjciion (1966), die Raphael Montanez Ortiz im Londoner
Mercury Theater aufgeführt hat. Vor der Aktion brachte Ortiz
an dem Anzug, den er trug - dem typischen Anzug eines
Mittelklasse-Geschäftsmanns - so gezielt Schnitte an, daß er
ihn sich mit Leichtigkeit vom Leib reißen konnte. Dann betrat
er den Raum, der bereits mit Milchflaschen, einer großen
Spielzeugente aus Gummi, einer Windel und einer großen
Dose Babypuder ausgestattet war. Während er von hinten auf
die Bühne kam, rief Ortiz leise: »Mutter, Mutter, ich bin zu
Elause; Ralphie ist hier; dein Sohn ist hier.« Als seine Mutter
nicht erschien, begann der Künstler immer wütender nach ihr
zu rufen, bis er schließlich schrie. Schließlich erklärte Ortiz
seinen Auftritt:
Ich habe mich hingesetzt und die Milch gesoffen, und ich
kann kaum mehr atmen. Ich greife mir noch eine Flasche.
Ich saufe sie aus und kleckere mich ganz voll: da ist
Mammis Präsenz, genau dort in all der Milch. Ich wende
wieder richtig hysterisch und muß kotzen. Ich erbreche
Mammi. Ich kotze, erst spontan, dann absichtlich, indem
ich mir den Finger in den Elals stecke und etwa einen
Liter Milch erbreche. Dann schlage ich wütend in die
Rütze mit dem Erbrochenem und rufe dabei immer wie -
der, »Mammi, Mammi«. Schließlich akzeptiere ich die
Milchpfütze als Symbol für Mammi und beruhige mich.
Ich krabbele davon. »Mammi, ma, ma.,.«^®
Vier Jahre nach Ortiz’ Londoner Selbstzerstörungsaktion ver -
öffentlichte Arthur Janov, Psychologe und Sozialarbeiter in der
34 Siehe zum Beispiel Robert Jay Litton, »From Hiroshima to the
Nazi Doctors: The Evolution of Psychoformative Approaches to
Understanding Traumatic Stress Syndromes«, in: International
Handbook of Traumatic Stress Syndromes, hrsg. von John P.
Wilson und Beverley Raphael, New York - London 1993, S.
11-13. Wiederholungen wie das zwanghafte Schreiben von
Zahlen oder Buchstaben - wie beispielsweise im Fall der deut -
schen Conceptual art-Künstlerin Hanne Darboven - sind
ebenfalls Zeichen eines Traumas.
35 Kristine Stiles im Gespräch mit Paul McCarthy, in: Paul McCarthy,
London 1996, S. 6-29.
36 Ortiz' Zitate sind, sofern nicht anders angegeben, Gesprächen
der Autorin mit dem Künstler seit 1982 entnommen. Siehe auch
mein Buch Rafael Montanez Ortiz: Years of the Warrior 1960,
Years ofthe Psyche 1988, New York 1988.
245
Psychiatrie, sein Buch The Prima! Scream. Er begann seine
Einleitung mit dem Bericht seines Patienten »Danny«, der
Ortiz’ Self-Destruction miterlebt und Janov gebeten hatte, ihm
zu helfen, kritische frühe Erfahrungen seines Lebens auf ähn -
liche Weise nachzuspielen, wie es Ortiz in seiner Aktion
vorgeführt hatte. Janov erklärt, die Aktion von Ortiz »hat mei -
nem Berufsleben eine neue Richtung gegeben«.^' Für die
Entwicklung seiner Urschreitheorie verwies Janov - wie vor
ihm Ortiz - auf Otto Ranks Begriff des Geburtstraumas [Das
Trauma der Geburt, 1929) und Jacob Morenos Arbeit über das
Psychodrama {Who Shall Survive, 1953). Populär wurde die
Urschreitheorie paradoxerweise jedoch nicht durch Ortiz,
sondern durch Yoko Ono und John Lennon, die nach der
Erscheinung seines Buchs mit Janov arbeiteten. Auch in der
Arbeit von Otto Mühl war die Urschreitherapie von zentraler
Bedeutung.
Ortiz war Ende der fünfziger Jahre durch die Montagetechnik
im Film zu der Vorstellung gelangt, Zerstörung als einen krea -
tiven psychologischen und physikalischen Prozeß zu be -
trachten. Zwischen 1960 und 1967 zerstörte er Einrichtungs -
gegenstände (Matratzen und Sessel) und setzte ihre Über -
reste zu skulpturalen Objekten zusammen; so entstand seine
Arbeit Archaeological Finde (1961-67). 1962 schrieb er
»Destructivism: A Manifeste«, das erste von mehreren Mani -
festen zum Einsatz von Zerstörung in der Kunst. Zwischen
1965 und 1970 inszenierte er zahlreiche »Destruction Ritual
Realizations“, zu deren berühmtesten seine ritualisierten
Klavier-Zerstörungen zählen. Anfang der siebziger Jahre
wandte er sich wieder der Psychologie sowie einzelnen Be -
reichen des »human potential movement« zu, er studierte
Tantrismus, Bioenergetik, Makrobiotik und psychische Heil -
verfahren und unterzog sich einem -Rebirthing' im Rocky
Mountain Healing Arts Institute. 1979 widmete er sich bereits
ganz der Entwicklung eines Verfahrens für »inner visioning«
und gelangte darüber zu seiner »Physio-Psycho-Alche-
mie«, einer Theorie zur psychologischen und physikalischen
ästhetischen Aktion, für die er 1982 vom Columbia Teachers
College die Doktorwürde erhielt.
Ortiz erfand, wie nach ihm auch McCarthy und Duncan, visu -
elle und physikalische Diskurse über all das, was der be -
wußten Verbalisierung verborgen bleibt. Die Sprachen, die
diese drei Künstler geschaffen haben, sind Körpersprachen
37 Siehe Arthur Janov, The Primat Scream: Primat Therapy, the Cure
for Neurosis, New York 1970,3.9-11,
des Mißbrauchs, die den Mißbrauch denunzieren, der dem
Körper zugefügt und vom Unbewußten sublimiert wurde. Die
Mißbrauchsrhetorik, derer sich ihre Aktionen bedienen, soll
ihre Denunzierung des Mißbrauchs all der Wesen und Werte
zeigen, für die es keine Worte mehr gibt, die aber durch diese
Verderbtheit handeln. Die Aktion wird zur Negation all dessen,
was sie zur Schau stellt und beklagt. In diesem Sinn findet
dort, wo etwas wiederhergestellt wird, eine doppelte Negation
statt. Und dieses restaurative Element erlaubt es uns, ihre
Arbeit weiter zu betrachten.
Wie befreiend diese Arbeit für die einzelnen Künstler und viele
der Zuschauer auch gewesen sein mag, so war sie doch auch
unerträglich, anstrengend, zu theatralisch und dramatisch.
Michael Peppe, seines Zeichens selbst Performance-
Künstler, beschrieb diese emotionale Sättigung 1982 in
seinem Aufsatz mit dem Titel »Why Performance Art Is So
Boring«. Der aufschlußreiche und amüsante Artikel spricht
von der Notwendigkeit, vom Streß dieser psychologisch über -
fordernden Arbeiten erlöst zu werden. In einer Parodie der
Aktionskunst malte sich Peppe folgende stereotype
Discoszenen-Performance der frühen Achtziger aus:
Du betrittst den »Raum«. Ein Mädchen mit Stachel -
haaren spielt E-Gitarre mit einer Nagelfeile. Ein bieichge-
sichtiger Kerl mit Ring im Ohr rasiert sich den Schädel. Es
läuft eine Kassette von den Mutants, darüber ertönt die
Stimme des Mädchens, das den Inhalt ihres Badezim -
merregals aufzählt. Der Hintergrund ist absichtlich so be -
malt, daß es kindisch aussieht. Darauf werden Vorstadt-
Dias projiziert. Der Kerl fängt an zu erzählen, wie seine
Eltern ihn gezwungen haben, Macho zu sein. Das Mäd -
chen beginnt mit der Feile auf die Gitarre einzuschlagen.^®
Peppe lokalisierte das Problem in der »Me Generation« der
späten siebziger und frühen achtziger Jahre, der Nachfolge -
generation der »wilden Freiheit und engagierten Politik der
Assassination Era, [in der] die Kunst-als-Zuflucht mit minima-
listischer Langeweile die Kunst-als-Revolution ersetzte...
etwas, das man ertragen muß...ein Anruf während des Abend -
essens von einem stinklangweiligen Onkel«.®® Peppe krönte
Laurie Anderson zur Königin des »A.P. E.M.E. (Art Perfor -
mance Equals Minimalism as Entertainment)« und stellte
sarkastisch fest, daß sie zwar »>Setzen wir: X = X- brillant dar -
gelegt [hatte] - dies jedoch völlig belanglos ist, da so kulturelle
38 Michael Peppe, »Why Performance Art Is So Boring«, in: High
Performance, 5,1, Frühjahr-Sommer 1982, S. 3-12.
39 Ibid., S. 4-5.
Dünnscheißer wie Werner Erhärt, Guru Maharaji Ji oder das
Electric Light Orchestra« alle dasselbe gesagt haben könn -
ten.«
Peppe reagierte auf die - in jedem Sinn - dramatische'
Verschiebung, die sich Ende der siebziger Jahre vollzog, als
Performance zur Unterhaltung wurde und sich von der star -
ken Physikalität und aufgabenorientierten Arbeit weg -
bewegte, die Willoughby Sharp in seinem bedeutenden
Aufsatz »Body Works« in in der ersten Nummer von Avalan-
che definiert. Das von Sharp und der Filmemacherin Liza Bear
herausgebene, wichtige Künstlerjournal spezialisierte sich auf
Beiträge zur internationalen Body art, zu Konzepten, Instal -
lationen und Prozessen sowie zu anderen experimentellen
Techniken zwischen 1970 und 1976.'” Peppe erklärte Anderson
- und zwar völlig zurecht - zu der Performance-Künstlerin, die
diese Verschiebung von allen am deutlichsten einem breiten
Publikum zugänglich gemacht hatte, und deren eigene
Theatralik Formen der Erforschung des Körpers zuließ, die
nicht unbedingt den bitteren Beigeschmack von Opferung
trugen, der bisher mit Body art in Verbindung gebracht
wurde."*^ In dieser Hinsicht ist Anderson eine wichtige Über -
gangsfigur, die aus den Sechzigern durch die Siebziger und
bis in die Achtziger hinein konstruktive Bewegung erzeugt.
Zahlreiche Künstler und Künstlerinnen, insbesondere Frauen
im Umfeld der feministischen Narrative performance - Joan
Jonas, Yvonne Rainer, Rachel Rosenthal, Martha Rosler, Falth
Wilding, Martha Wilson, Mary Beth Edelson - hatten im Laufe
der siebziger Jahre, ähnlich wie auch die Künstler Vito
Acconci, Dennis Oppenheim, David Antin, Bruce McLean,
Gilbert & George und viele andere, Text und Körper vermischt.
Aber wie bereits Peppe in seiner Karikatur dieser Zeit darge -
stellt hat, wurden viele der Werke mit ideologischen, idiosyn-
kratischen, zwanghaften oder privaten Erfahrungen überflu -
tet. Anderson hingegen vermittelte zwischen dem privaten
Selbst und dem öffentlichen Schauplatz, indem sie textge -
stützte, theatralisch aufbereitete Arbeiten in Einklang mit den
zum Spektakel gewordenen Räumen des öffentlichen Lebens
aufführte. Darüber hinaus, so Valie Export, rüstete Anderson
den Körper mit den Prothesen der Technologie aus, mit
40 Ibid., S. 7.
41 Willoughby Sharp, »Body Works«, in: Avalanche, 1, Herbst 1970,
S. 14-17.
42 Für einen ausgezeichneten Artikel zum Thema 'Opferung' siehe
Jindrich Chapupecky, »Art and Sacrifice«, in: Flash Art, 80-81,
Februar-April 1978, S. 33-35.
Prothesen, die »nicht vom Kulturprozeß, von der zivilisatori -
schen Entwicklung getrennt werden können«.“« Ferner griff
Andersons Geschichtenerzählen dem vor, was der französi -
sche Theoretiker Michel de Certeau später als die Fusion von
Theorie und Praxis in der »Narrativisierung« erkannte, als die
zentrale »oppositionelle Praxis des Alltags«.'*'’
Andersons erste Aktionen aus den frühen siebziger Jahren
waren mit der Body art verwandt. 1972 inszenierte sie bei -
spielsweise öffentliche Schlafarbeiten mit dem Titel The
Dream Betöre. Dabei schlief sie an öffentlichen Plätzen ein
und nahm anschließend ihre Träume auf, deren Inhalte (die
Anregung dazu gab ihr, wie sie erklärte, Vito Acconci) sie als
Material für die Geschichten, die sie erzählte, verwendete. In
derselben Zeit begann sie einzigartige Musikobjekte herzu -
stellen, wie die Self-Playing Violin (1974), eine Geige, in der
sich ein Tonband mit einer Aufnahme des Instruments befand,
das entweder solo abgespielt werden konnte oder im »Duett'<,
wenn Anderson auf der Geige mitspielte. Duets on Ice
(1974-75) ist eine der ersten Arbeiten, in der Anderson sämt -
liche Elemente, die schließlich ihren unverwechselbaren Stil
ausmachen sollten, kombinierte: elektronische Technologie,
Körperaktion und Erzählkunst In einer Matrix aus multimedia -
ler Musik und Erzählung. Während dieser Arbeit spielte sie
Geige zu neunzigminütigen Kassetten, auf denen sie zuvor
»vor allem Cowboy-Songs« für die Aktion aufgenommen
hatte; dabei trug sie in Eisblöcke eingefrorene Schlittschuhe,
die ihr als Zeitmesser dienten: Wenn das Eis geschmolzen
war, verlor sie das Gleichgewicht und das Konzert war vorbei.
Zwischen zwei Liedern sprach ich von den Parallelen
zwischen Schlittschuhlaufen und Geigespielen: scharfe
Klingen auf einer Oberfläche, Gleichgewicht, Gleich -
zeitigkeit, der konstante Zustand des Ungleichgewichts
gefolgt von Gleichgewicht gefolgt von Ungleichgewicht,
wie Gehen, wie Musik, wie alles.'**’
Mit ihrem bemerkenswerten Timing und ausgeprägten Sinn
für Humor konnte Anderson auf eine Art unterhalten, wie es
nur wenige Aktionskünstler verstanden. Humor befreit die
Phantasie von ihren Hemmungen und verrät und untergräbt
dadurch Macht.
43 Valie Export, »The Real and Its Double: The Body«, in: Discourse:
Theoretical Studies in Media and Culture, 11, Herbst-Winter
1988-89, S. 5.
44 Siehe de Certeau, »On the Oppositional Practices of Everyday
Life«, in: Social Text, 1, 3, Herbst 1980, S. 3-43.
45 Laurie Anderson, Stories from the Nerve Bible: A Retrospective
1972-1992, New York 1994, S. 40.
247
Eine Geschichte, die Anderson über Duets on Ice erzählte,
vermittelt Ihre feine Sensibilität für die Art und Weise, wie
nuanciertes Reden Durchschnittliches abrupt wie Unheim -
liches Umschlagen läßt und somit plötzlich Normativität zu
durchbrechen vermag. Während der Aufführung des Stücks
in Genua erzählte Anderson In ihrem, wie sie es nennt,
»gestammelten Italienisch« Ihre Geschichte den Leuten, die
ihr auf der Straße zusahen. »Ich spiele diese Lieder«, erklärte
sie Ihnen, »im Gedenken an meine Großmutter, weil ich, an
dem Tag, als sie starb, auf einen zugefrorenen See hinausging
und dort jede Menge Enten sah, deren Füße in der neuen
Eisschicht eingefroren waren.«* Nachdem die Künstlerin die -
ses ergreifende, aber eigentlich banale Bild (den Tod ihrer
Großmutter mit dem Tod der Natur [Winter] und festgefrore -
nen Enten zu vergleichen) offeriert hatte, rettete sie ihre eigene
abgedroschene Geschichte, indem sie sie ausarbeitete: »Ein
(italienischer) Mann, der meine Geschichte gehört hatte,
erklärte den Neuankömmlingen, >Sle spielt diese Lieder,
weil sie einst zusammen mit ihrer Großmutter in einem See
eingefroren ist<.«
Diese Modifizierung der Originalgeschichte schwächt letztere
nicht nur, sondern steigert sie gleichzeitig; zusammen im See
eingefroren - jetzt kann man verstehen, wie Teile von Ander -
son, ähnlich der im Eis eingefrorenen Entenfüße aus der
früheren Version der Geschichte, zusammen mit ihrer Groß -
mutter gestorben sind. Mit den Füßen im zugefrorenen See
stehend, ist Anderson die eingefrorene Ente, und das Duett
wird zu einem Klage- und Trauerlied für die Großmutter. Die
ganze Szene ist jedoch so absurd wie eine Traumszene: eine
junge Frau, die aussieht wie ein Mädchen, spielt Cowboy-
Lieder auf einer selbstspielenden Geige, an den Füßen ein
Paar Schfittschuhe, die in schmelzenden Eisblöcken veran -
kert sind, in einer Stadt weit weg vom Schauplatz ihrer
Geschichte, und erzählt ihrem Publikum von der formalen
Ähnlichkeit zwischen Geigespielen und Schlittschuhlaufen, in
einer Sprache, die ihr fremd ist und die ihre Zuhörer kaum ver -
stehen. Genau diese Art der Verschmelzung des Real-
Absurden brauchte man im Anschluß an die siebziger Jahre,
in der Zeit, als sich der Kalte Krieg zum letzten Mal unter
Ronald Reagan erhitzte.
Genau zu der Zeit, als J. L. Austins How To Do Things with
Words (1962) von der Harvard University Press 1975 neuauf -
gelegt wurde, gewann der Begriff »Performance art« die
46 Ibid., S. 44.
47 J. L. Austin, How to Do Things with Words, Cambridge 1962.
Oberhand - als Sprechakt.* Austin unterschied zwischen
»konstativen« Äußerungen (Dinge beschreibenden) und »per-
formativen« Äußerungen (Äußerungen, die etwas tun) - mit
anderen Worten, Äußerungen, die handeini Es war jene Zeit
zu Änfang der achtziger Jahre, als sich die im aufstrebenden
Feld der »cultural studies« tätigen Forscher, die dem Struktu -
ralismus über die Semiotik in den Poststrukturalismus gefolgt
waren (von den fünfziger bis in die siebziger Jahre) und die
nachhaltig durch die französische Kulturtheorie (Foucault,
Barthes, Lyotard, de Certeau, Baudrillard, Bourdieu und
Derrida) beeinflußt waren, plötzlich für Performance-Kunst zu
interessieren begannen.
IV. Übernahmen und Auslassungen
Daß »Aktion« zu einer Modalität ästhetischer Produktion
wurde, erscheint rückblickend eine angemessene Antwort auf
die Zeit zwischen 1949 und 1979. Die Idee der Aktion lebte
auch Ende der siebziger Jahre weiter, und mit dem
Aufkommen der »Performativität« wurde »der Gestus« selbst
zur Trope, wie Brian O’Doherty in seinem vielgerühmten
Aufsatz »The Gallery as a Gesture« aus dem Jahr 1981 for -
muliert, in dem er sich den Ausstellungsraum als verkörperten
Schauplatz vorstellt:
Das implizite Wesen der Galerie kann durch Gesten, die
den Galerieraum als Ganzes nutzen, zur Stellungnahme
gezwungen werden. Dieses Wesen führt In zwei Richtun -
gen. Es verhält sich zu der »Kunst« im Raum, der es einen
Kontext gibt. Und es verhält sich zu dem weiteren Kontext
- Straße, Stadt, Geld, Arbeit -, deren Bestandteil es ist.*
Ein Vergleich zwischen O’Dohertys Beschreibung des Galerie -
raums und Kaprows Ausführungen von 1958 über die Ent -
wicklung vom Action painting zum Flappening - die also
ganze 23 Jahre früher verfaßt wurden - zeigt uns, wie weit die
Theorie der Flappenings, Aktionen, Body art und Performance
Anfang der achtziger Jahre in den allgemeinen kulturellen
Diskurs und die Kulturinstitutionen vorgedrungen war:
Es geschah folgendes: Die Papierfetzen rollten sich von
der Leinwand herunter, lösten sich von der Oberfläche, um
eine eigenständige Existenz zu führen, entwickelten sich
zu anderen, festeren Materialien, reckten sich weiter in den
Raum hinein, um ihn schließlich ganz zu füllen. Da gab es
plötzlich Dschungel, belebte Straßen, mit Abfall übersäte
Gassen, Sci-Fi-Traumwelten, Räume des Wahnsinns und
48 Brian O’Doherty, »The Gallery as a Gesture«, in: Artforum, 20, 4,
Dezember 1981, S.27.
248
I Giuseppe Pinot Gallizio, Pittura industriale (Industrielle Malerei), 1958.
I Galleria Martano, Turin
I
I
I
Giuseppe Pinot Gallizio, mit seinem Sohn,
umgeben von Industrieller Malerei, Alba 1958
Seelenspeicher voller Gerümpel. Leute bevi/egen farbige
Formen - Klang - Gerüche.“®
- Allan Kaprow, 1958
Von den zwanziger bis in die siebziger Jahre...schmolz der
Sockel dahin und hinterließ einen Betrachter, der bis zur
Taille im Wand-zu-Wand-Raum steckte. In dem Augen -
blick, als der Rahmen abfiel, glitt der Raum über die Wand
und versetzte die Ecken in Aufruhr. Die Collage plumpste
aus dem Bild und machte es sich wie eine Stadtstreicherin
auf dem Boden gemütlich. Der neue Gott, der ausge -
dehnte homogene Raum, floß mühelos in jeden Winkel der
Galerie. Sämtliche Hindernisse außer der »Kunst« wurden
beseitigt.
- Brian O’Doherty, 1981
Auch wenn die Aktionskunst Mainstreamkunst, Kunst -
geschichte und Ausstellungen weiterhin nur am Rande
berührte, wurden die Konzepte, die man bei ihrer Umsetzung
49 Allan Kaprow, Assemblage, Environment, Happenings, S. 165.
50 Thomas McEvilley. »Art in the Dark«, in: Artforum, 21,10, Juni
1983, S. 62.
51 Das Buch mit dem schlichten Titel Performances von Greg
Dening, emeritierter Professor für Geschichte an der Universität
erforschte, in diese und andere Bereiche übernommen. In sei -
nem vieldiskutierten, bedeutenden Aufsatz »Art in the Dark«
von 1983 bemerkte Thomas McEvilley bereits, daß »die
Gattungen Conceptual art und Performance die Regeln der
Kunst auf den Kopf gestellt haben, bis die Kunst für diejeni -
gen, die sie für sich beansprucht hatten, praktisch nicht mehr
wiederzuerkennen war«, und drohte seinen Lesern, daß »es
nicht verschwinden werde, weil sein seltsamer Ruf sich
bereits verbreitet hatte«.® Aber auch McEvilleys eloquente
Darstellung und Theorie der Performance-Praxis hinderte die
Geschichte nicht daran, sich wieder in die dunkle Höhle des
ästhetischen Bewußtseins zu verkriechen. Die Übernahme
von Begriffen wie Aktion und Prozeß aus dem Bereich, den
man heute gemeinhin als Performance-Kunst bezeichnet, in
zahlreiche humanistische Disziplinen - vor allem in die »cultu-
ral studies« - wurde nie deutlich gemacht, obwohl die
konzeptuellen Strukturen dieser Begrifflichkeiten immer wie-
Melbourne, widmet sich einer Theorie der Geschichtsschreibung
als Derridasche »Ambivalenz» im Lichte des Bilds von
»Performance«. Siehe Greg Dening, Performances, Chicago
1996, S. xiii.
249
Giuseppe Pinot Gallizio, Industrielle Malerei, 1958
Galleria Martano, Turin
der in den jeweiligen Diskursen auftauchen.^' Was natürlich
nicht heißen soll, daß Kunst die einzige Tradition ist, die einen
solchen Gedanken hervorbringen kann, aber sie ist der öffent -
lichste und sichtbarste Ausdruck eines Korpus von Ideen, die
sich in Körperaktionen manifestieren.
Ein Beispiel aus der jüngsten Kunstgeschichte kann diesen
Punkt vielleicht illustrieren. Der Kunsthistoriker David Sum -
mers stellt an den Anfang seiner Arbeit über die westliche
Darstellungstradition von Plato bis heute eine Definition der
repraesentatio als »eine Konstruktion rund um das Verb .sein«<
und er bringt repraesentatio mit «praesens“ in Verbindung,
»...einer Partizipialform von praeesse, vor-sein' (im räumli -
chen wie im übertragenen Sinn)«.'^^ Am Ende seiner Argu -
mentation schlägt Summers eine »Verschiebung des Schwer -
punkts« in der Kunstgeschichte und Interpretation vor, weg
von der Darstellung und ihren Tropen wie »»Realismus« und
»Weltanschauung« und »Ideologie«, hin zu Konstruktionen
gewöhnlicher menschlicher Körperlichkeit und privater, sozia -
ler und politischer Räume, unserer eigenen wie auch der der
anderen««.“ Trotz dieses Vorschlags diskutiert weder Sum -
mers noch irgendein anderer der einundzwanzig eminenten
Gelehrten, die Critical Terms forArt History zusammengetra -
gen haben - ansonsten ein in jeder Hinsicht herausragendes
Buch - das Phänomen Performance oder erwähnt irgendei -
nen Künstler oder eine Künstlerin, der oder die mit dem
Körper als ästhetischem Medium arbeitet, mit Ausnahme von
Yvonne Rainer, die als »»feministische Regisseurin««^'' ausge -
wiesen wird. Dieser Ausschluß hat zur Folge, daß der Beitrag,
den die Künstler selbst zur zeitgenössischen Kunst und zur
kritischen Theorie leisten, indem sie den radikalen Übergang
von konventionellen künstlerischen zu personifizierten
Darstellungen inszenieren, nicht gebührend gewürdigt wird.
52 David Summers, »»Representation««, in: Critical Terms for Art
History, hrsg. von Robert S. Nelson und Richard Shiff, Chicago -
London 1996, S. 6.
Eine solche Lücke ist umso ärgerlicher, als der Band einen
ganzen Abschnitt über »»soziale Beziehungen« enthält, von
dem man zumindest eine Erörterung der Künstleraktionen
erwartet hätte. Insbesondere in den Kapiteln über »Ritual«« und
»Gender«« fehlen seltsamerweise sowohl feministische
Performances als auch feministische Diskurse, deren wich -
tigster Beitrag zur Geschichte der Kunst doch nachweislich
im Bereich der Aktionskunst liegt, ein Gebiet, auf dem Frauen
seit den Sechzigern nicht nur einige der stärksten und wir -
kungsvollsten Werke geschaffen haben, sondern von dem
mit Recht behauptet werden kann, daß es - nach 1970 -
vorwiegend von Frauen definiert wurde.
Diese Beispiele lassen erkennen, wie stark die Diskurse über
Aktionskunst zwar in der Kunstgeschichte verankert sind, wie
sehr die eigentliche Praxis vom Kanon aber häufig ignoriert
wird. Eine 1994 von den Herausgebern der Zeitschrift October
53 ibid., S. 16.
54 Margaret Olin, »»Gaze«, in: Critical Terms forArt History, S. 216.
Giuseppe Pinot Gallizio, Versteigerung von Teilen der Industriellen Malerei, April 1959,
Galerie Van de Loo, München
organisierte »Round-table-Diskussion« zum Thema »Die
Rezeption der Sechziger« veranschaulicht dieses Versäumnis
überdeutlich. Erst nach der Hälfte der ausschweifenden
Diskussion wurde Performance-Kunst überhaupt erwähnt,
und dann auch nur im Kontext des als »tableau-artig oder
malerisch« beschriebenen »Raums von Carolee Schneeman
(sic) oder Valie Export«.®^ Zu seiner Verteidigung muß gesagt
werden, daß Benjamin H. D. Buchloh seine Unkenntnis eben -
dieser Kunst eingestand, dieses ehrliche Geständnis jedoch
von Rosalind Krauss kategorisch zurückgewiesen wurde mit
dem Argument, daß es »ergiebiger« sei, ein »elaboriertes
Modell« zu erarbeiten, »...um dann zum Körper als etwas
zurückzukehren, das nicht nur durch das ästhetische
Paradigma, sondern auch durch ein Paradigma der
■Administration' unterdrückt wird.«=® Schließlich bemerkte
Annette Michelson kritisch, daß »Historiker und Theoretiker
der bildenden Künste« einen »Fehler« begehen, wenn sie die
Performance-Kunst ignorieren, ein Versäumnis, das der
»Bereich der »visuellen Kultur« nachholen kann«.^' Mit ihrem
Kommentar, der unwidersprochen blieb, weist Michelson dar -
auf hin, daß die allgemeine Verleugnung der Unzahl von
Schriften, die Künstler wie auch Kunsthistoriker zum Thema
Performance verfaßt haben, völlig unbemerkt bleiben würde,
wenn man sich weigerte, auch nur die Existenz dieser
Schriften anzuerkennen. Aber wie Guy Debord, der führende
Theoretiker der Situationistischen Internationale (Sl) schrieb:
»Alle Usurpatoren verfolgen dasselbe Ziel: uns vergessen zu
machen, daß sie gerade erst aufgetaucht sind.«’^
Obwohl October 1994 einige ausgezeichnete Artikel über die
Sl veröffentlicht hat, ist das Gebiet noch immer Neuland für
die Zeitschrift. Zu der 1957 gegründeten Sl zählten Debord,
Michele Bernstein, Attila Kotanyi, Raoul Vaneigem und
andere. Sie arbeiteten unter anderem mit »Verhaltens -
experimenten«, die darauf abzielten, durch die Erzeugung von
»Situationen« Verhalten zu verändern und dadurch zu einer
Konstruktion dessen zu gelangen, was ihrer Vorstellung von
55 Slivia Kolbowski, in: »The Reception of the Sixties«, in: October,
69, Sommer 1994, S. 10.
56 Rosalind Krauss (wie Anm. 55), S. 19.
57 Annette Michelson (wie Anm. 55), S. 20.
58 Guy Debord, Comments on the Society of the Spectacle,
übers.von Malcolm Imrie, London 1990, S. 16. Originalausgabe
hrsg. von Gerard Lebovioi, Paris 1988.
authentischen kollektiven Umgebungen und persönlichen
Erfahrungen entsprach. Die Sl veröffentlichte ihre theoreti -
schen Texte, das primäre Vehikel ihrer Arbeit, in der Inter -
nationale Situationniste (1958-1969); diese Texte bildeten die
konzeptuelle Grundlage für die praktische Umsetzung des
Situationismus - der Herbeiführung von Umständen, die poli -
tische und soziale Bedingungen effektiv zu ändern imstande
wären. Und obwohl die Sl ihre Ideen so gut wie nie in die
Praxis umsetzte, formulierte sie zweifelsohne eine nachhal -
tige, eindrückliche und anregende Kritik von Kapitalismus,
Imperialismus, Kolonialismus, politischer Machtverteilung und
Kontrolle des urbanen Raums sowie der allgemeinen Armut
des intellektuellen Lebens.
Einer der Künstler, die sich den Situationisten angeschlossen
hatten, um interaktive Umgebungen zu schaffen, und der spä -
ter aus der Gruppe ausgeschlossen wurde, war Giuseppe
Pinot Gallizio, dessen Atelier im italienischen Alba als Basis für
das »Experimentallabor« der »Internationalen Bewegung für
ein Imaginistisches Bauhaus« (MIBI) diente, eine Künstler -
gruppe, der Asger Jorn, Enrico Baj, Ettore Sottsass, Simondo
und Gallizio angehörten. Die »freien experimentellen Künst -
ler«, wie sie sich in Abgrenzung zu den »Industriedesignern«
nannten, bildeten den MIBI »als Protest gegen Max Bills Arbeit
und Theorie an der Hochschule für Gestaltung in Ulm,
Deutschland«.“ 1956 beschlossen Guy Debords »Inter -
nationale Lettriste« und der MIBI, sich gemeinsam einem
Programm des unitären Urbanismus (urbanisme unitaire) zu
verschreiben, »der Theorie des kombinierten Einsatzes von
künstlerischen und technischen Mitteln zum Zwecke der
ganzheitlichen Konstruktion einer Umwelt in dynamischer
Verbindung mit Verhaltensexperimenten«, die später die
situationistische ideoiogie charakterisieren sollte.“ Aus die -
ser Zusammenarbeit wurde 1957 die Situationistische
Internationale geboren. Pinot Gallizio wollte mit seiner Arbeit
spieierische, von Luxus und Freizeit geprägte Umgebungen
schaffen, »greilbunte Schnellstraßen, gewaltige architek-
59 Mirella Bandini, »an enormous and unknown Chemical reactlon:
the EXPERIMENTAL LABORATORY in ALBA««, in: on the Passage
of a few people through a rather brief moment in time: The
Situationist International 1957-1972, Cambridge 1989, S. 68.
Siehe auch Bandini, Lestetico ilpolitico: Da Cobra ail'internazio-
nale situazionista, 1948-1957, Rom 1977.
60 lwona Blazwick in Zusammenarbeit mit Mark Francis, Peter
Wollen und Malcolm Imrie (Hrsg.), An endtess adventure... an
endless passion... an endless banquet: A Situationist Scrapbook,
London - New York 1989, S.22,
251
Jean-Jacques Lebel, Les manuscrits de Pascal (Pascals Manuskripte),
aus: Pour Conjurer!'Esprit de Catastrophe (Um den Geist der Katastrophe
ZU beschwören), 1962
Jean-Jacques Lebel, New York/New Guinea, aus: Pouk Conjurer / Esprit de
Catastrophe (Um den Geist der Katastrophe zu beschwören), 1962
tACONl
L’OPINION^
CONTRE I
1» BOÜRSE,?
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252
Jean-Jacques Lebel, während der Performance Pour Conjurer l’Esprit de Catastrophe
(Um den Geist der Katastrophe zu beschwören), 1962
Jean-Jacques Lebel, Christine Keeier Tabloid
(Christine Keeier Boulevardblatt), aus: Pour Conjurer i’Esprit de Catastrophe
(Um den Geist der Katastrophe zu beschwören), 1962
tonische und urbanistische Konstruktionen, phantastische
Paläste der Synästhesie, Produkte »industrieller Poesie« und
Schauplätze »magisch-kreativ-kollektiver« Festlichkeit«'.®^ ln
seiner Ausstellung »»Höhle der Antimaterie«« in der Pariser
Galerie Rene Drouin im Mai 1959 verhüllte Gallizio Wände,
Decke und Fußboden vollständig mit einer fortlaufenden,
bemalten Leinwandrolle und plazierte »»Spiegel und Leuchten
so, daß der Raum wie ein Labyrinth voll von schreiendbunten
Farben, Düften und Musik wirkte und ein Theaterstück ent -
stand, das die Besucher in Akteure verwandeln würde««.®^
Während der Vernissage verkaufte er sein Werk nach
Laufmetern, indem er einfach Stücke von der Rolle schnitt -
eine Parodie auf die Fließbandproduktion.®® So bedeutend die
Situationisten auch waren, sie bildeten nur einen kleinen Kreis
in einem großen Feld von Künstlern und Intellektuellen, die
sich in den umstrittenen, für die damalige Aktionskunst cha -
rakteristischen Kulturformen engagierten. Darüber hinaus
erlaubte der Sl Ihre programmatische Theorie und marxisti -
sche Orthodoxie, relativ reibungsios und zügig von den
akademischen Diskursen übernommen zu werden und in die
Legenden der Kunstwelt einzugehen, ein Gedanke, der ihr
selbst zutiefst zuwider war. In diesem Licht erscheinen
Debords Alkoholismus und sein Suizid 1994 sogar als bewußt
gesetzter philosophischer Akt besonders tragisch.
Jean-Jacques Lebel ist ein Künstler, der sich durch »elabo-
rierte Modelle«« nicht zähmen ließ und Dogmen in jeglicher
Form ablehnte. So lehnte er es auch ab, sich auf eine seiner
zahlreichen Begabungen als Dichter, Maler, Theoretiker,
Organisator und politischer Aktivist zu spezialisieren.®^ 1956,
ein Jahr vor Gründung der Situationistischen Internationale,
leistete der damals zwanzigjährige Lebel aktiven politischen
61 Peter Wollen, »»Bitter Victory: The Art and Politics of the
Situationist International«, in: on the Passage ofa few people
through a rather briet moment in time, S. 50.
62 Ibid.
63 Mark Francis, »It's All Over: The Material (and Anti-Material)
Evidence«, in: on the Passage ofa fewpeopie through a rather
brief moment in time, S. 22.
Widerstand als Wehrdienstverweigerer im Algerienkrieg. Er
floh nach Italien und gründete das poetische Protestblatt
Front Unique (1956-60).
Lebels erstes Happening L’Anti-Proces vom 8. Juli 1960 bildete
den Höhepunkt in einer Reihe von Demonstrationen, die er zwi -
schen 1960 und 1961 gemeinsam mit dem Dichter Alain
Jouffroy als »»kollektiven Widerstand«« gegen den Algerienkrieg
organisiert hatte. Im Laufe des in Paris, Mailand und Venedig ver -
anstalteten Anti-Proces arbeitete Lebel gemeinsam mit Enrico
Baj, Roberto Crippa, Gianni Dovam, Errö (damals Ferro genannt)
und Antonio Recalcati unter anderem an dem Gemälde Le
Grand Tabieau Antifasciste Coilectif. Das Werk war ein kollekti -
ver revolutionärer Aufschrei gegen Kolonialismus, Folter, Napalm
und Rassismus. Auf der Leinwand klebte das »»Manifest der 121:
Erklärung zum Recht auf Wehrdienstverweigerung im Algerien -
krieg« des Philosophen Maurice Blanchot, ein Manifest, das von
Lebel und 121 weiteren französischen Intellektuellen unter -
zeichnet war, darunter Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir,
Frangoise Sagan und Andre Breton. Die Unterzeichner des
Traktats galten in Frankreich als »»Verräter««. Als die Gruppe 1961
Le Grand Tableau auf dem Anti-Proces III in Mailand ausstellte,
wurde Lebel verhaftet, und, so der Künstler, »»das Bild von der
Wand gerissen und von der Polizei konfisziert««®®.
64 Lebel lernte den fünf Jahre älteren Debord 1952 kennen, als er 16
war.
65 Sofern nicht anders angegeben, stammen sämtliche Zitate von Lebel
aus einem Interview, das die Autorin mit dem Künstler am 27.
Oktober 1980 in Paris geführt hat, und aus daran anschließenden
Diskussionen.
253
Carolee Schneemann, in ihrem Atelier, New York 1963
Am 1. November 1961, dem 7. Jahrestag des Algerienkriegs,
verließ Lebel Frankreich und reiste in die USA. Dort wirkte er
bei Oldenburgs »Ray Gun Theater« mit, las im Living Theater
aus seinen Dichtungen (organisiert von Carolee Schnee -
mann), stellte in der Hall of Issues eine riesige, mit Kollagen
aus Zeitungsausschnitten, die Darstellungen von Männern
und jungen Mädchen zeigten, beklebte bombenförmige
Metallkonstruktion aus, die er als »phallisches Symbol von
heute« bezeichnete, und diskutierte öffentlich in einer New
Yorker Synagoge die algerische Revolution, bevor er wieder
nach Frankreich zurückkehrte.“
In Paris löste er einen Skandal aus, als er am 27. November
1962 in der Galerie Raymond Cordier Pour Conjurer l’Esprit
de Catastrophe veranstaltete, in dessen Rahmen Tetsumi
Kudö die Philosophie der Impotenz aufführte.®^ Das Happe -
ning wurde 1963 in »anderer, erweiterter und weiter -
entwickelter« Form in den Filmstudios von Boulogne wieder -
holt.“ Sexuelle Hemmungslosigkeit zeichnete dieses wie
auch alle anderen Happenings von Lebel aus. 1963 verurteil -
ten die Situationisten Happenings dieser Art wegen ihrer
Einbeziehung von »Drogen, Alkohol, Erotik, Poesie, Malerei,
Tanz und Jazz« mit der Begründung, sie seien nichts anderes.
66 1969 veröffentlichte Lebel ein ausführliches Interview mit dem Living
Theater, die erste europäische Publikation über die revolutionäre
Arbeit von Judith Malina und Julien Beck. Siehe Lebels Entretiens
avec »Le Living Theatre«, Paris 1969.
67 Auch Jouffrey, Ferro (alias Gudmundur Ferro alias Enzö, Jacques
Gabriel, Philippe Hiquily, Robert Malavel, Norman Rubington und
Gian-Franco Baruchello nahmen mit Bildern, Skulpturen oder ande -
ren Beiträgen teil.
68 Miserabel ausgeführte Filmproduktion von Titanus (MGM), herausge -
bracht unter dem Titel »II Malamondo«. Mitwirkende waren unter
anderen Jouffrey, Frangois Dufrene, Lilian Lijn, Ferro und Johanna
Lawrenson. 1958 wurden Lawrenson und Lebel ein Paar. Sie lebten
bis 1962 zusammen in Paris und New York. Johanna wirkte in zwei
von Lebels Happenings mit. Er nannte sie »Schimäre ä la Gustave
Moreau«. Die beiden nahmen gemeinsam an Oldenburgs Happening
teil und kehrten anschließend nach Paris zurück, wo sie als Model
arbeitete. 1974 lernte Johanna Abbie Hoffman kennen, dessen Frau
als »gewöhnliche Überraschungsparties oder klassische
Orgien«, ein montierter ■>Aufguß« aus »zusammengewürfelten
künstlerischen Überresten«.“ Diese Reaktion war typisch für
die ablehnende Haltung der Situationisten gegenüber der
Konstruktion jeglicher konkurrierender »Situationen«.
Lebel lernte den Surrealismus praktisch aus erster Hand, von
Andre Breton, der in seiner Jugend eine Schlüsselrolle spielte.
Als Sohn von Robert Lebel, dem ersten Biographen von
Marcel Duchamp, wuchs Jean-Jacques Lebel in einem
Umfeld von Dadaisten und Surrealisten auf.™ Zu den
Freunden der Familie gehörten Breton, Man Ray, Duchamp,
Benjamin Peret, Meret Oppenheim und Victor Brauner.’"' 1947
schloß sich der damals elfjährige Lebel einer Straßenbande
von Autodieben an. Mit zwölf landete er in einer Besserungs -
anstalt, wo er häufig »verprügelt wurde, ...mitansehen mußte,
wie Gleichaltrige sich aus dem Fenster in den Tod stürzten,
...und lernte, was totale Verzweiflung bedeutet«. Unter den
wenigen Habseligkeiten des Jungen befand sich Bretons
Arcane 17. Lebel schrieb an den Dichter und schilderte ihm
seine mißliche Lage. Breton antwortete dem Jungen, er solle
nicht verzweifeln. Als es Lebel gelang, aus der Besserungs -
anstalt zu entkommen, ging er direkt zu Breton. Der Dichter
sie später wurde. In seiner Biographie von Hoffman erkiärt Jonah
Raskin, daß Lawrenson »in einer hochintellektuelien und poiitisch
sehr engagierten Famiiie aufwuchs... Ihr Vater, Jack Lawrenson, war
in den 30er und 40er Jahren Kommunist und bedeutender Gewerk -
schaftsführer, und sie identifizierte sich mit der Arbeiterschaft der
Welt. Ihre Mutter, Helen, ...schrieb für Esquire und Vanity Fair.« Siehe
Jonah Raskin, For the Hell ofit, S. xxv.
69 »The Avant-Garde of Presence«, in: Internationale Situationlste.
8, Januar 1963, S. 109; nachgedruckt in: Ken Knabb (Hrsg.),
Säuationist International Anthology, Berkeley 1981, S. 109.
70 Siehe Robert Lebel, Marcel Duchamp, mit Kapiteln von Marcel
Duchamp, Andre Breton & H.P. Roche, übers, von George Heard
Hamilton, New York 1959.
71 Lebel äußerte hierzu, daß ihn der »heftige und meiner Ansicht
nach absurde Angriff der Situationisten auf Breton und Peret
(die Freunde von mir waren) immer auf Distanz bleiben iieß«.
254
wurde sein Mentor, wurde von seinem Schützling jedoch auch
kritisiert. »Privat« war er »ein phantastischer, lebensfroher
Mensch«, erinnerte sich Lebel, »aber sobald er sich in einer
Gruppensituation befand, wurde er eine Art Mussolini.« Zehn
Jahre später, 1959, »verbannte« Breton Lebel wegen
»Disziplinlosigkeit, permanenter Revolte und direkter Aktion«
aus dem Surrealismus. Lebel fühlte sich »befreit«, hielt aber
weiterhin engen Kontakt zu Breton.
Es überrascht nicht, daß Breton die dreiste Sexualität in
Lebels Happenings mißbilligte. Sexualität durchzieht Lebels
Kunst als synthetisches Prinzip, und zwar nicht die sublimierte
Sexualität Bretons, sondern die entsublimierte Erotik, die man
mit Bataille, Wilhelm Reich und Herbert Marcuse in
Verbindung bringt. Das Imaginäre gründete für Lebel in einer
Neudefinition des Erotischen und seiner Beziehung zur
Willensfreiheit, einer Vorbedingung für die Freiheit des
Menschen. Vor diesem Hintergrund muß daran erinnert wer -
den, daß Lebel ein Dichter-Maler ist. Die unbekümmerte
»sexuelle Revolution« der sechziger Jahre, wie sie sich in
Lebels Happenings verkörpert, wurde im Milieu der Beat-
Poeten der Fünfziger vorbereitet; sie ist stark beeinflußt von
Henry Miller, dem Surrealismus, Jazz, zügellosem Verhalten,
ekstatischer, mystischer, romantischer oder bewußtseins -
verändernder Befreiung durch Drogen und Alkohol, von Erotik
Lynda Benglis, Reklame in: Artforum, November 1974
Barbara T. Smith, Feed me
(Füttere mich), 1973. Sammlung der Künstlerin
und der wilden Verwandlung des Privatlebens angesichts,
aber auch in Verbindung mit der Verpflichtung zur sozialen
Veränderung des urbanen Lebens - all das ist in Lebeis Buch
Anthologie de ta poesie de la Beat Generation (1966) nachzu -
lesen.
All diese Aspekte von Lebeis intellektuellem Werdegang tra -
ten auf den Festivals de la Libre Expression, die er zwischen
1964 und 1967 organisierte, deutlich zutage. Lebel gelang es
besser als irgendeinem anderen Aktionskünstler, ein interna -
tionales Umfeld für seine Kunstaktionen zu schaffen und einen
Querschnitt von Leuten aus Fluxus und Nouveau Realisme zu
versammeln, die Happenings mit Beat-Poeten und Dichtern
der Konkreten Poesie, mit Dramatikern, Jazzmusikern, Film -
stars, Intellektuellen, Dadaisten und Surrealisten wie Man
Ray und Duchamp veranstalteten. Auf dem ersten Festival
führte Carolee Schneemann AJeaf Joy vor, eine Aktion, die von
der Pariser Presse als »Orgie« bezeichnet wurde. Im Rahmen
des zweiten Festival de la Libre Expression im American
Center in Paris inszenierte Lebel die Zerstörung eines Autos
als rituelle Opferung. Während die Künstler dem Wagen mit
Äxten und Hämmern zu Leibe rückten, bahnte sich eine nackte
Frau auf einem Motorrad ihren Weg durch die Menge hinauf
auf die Bühne. Der Saal verwandelte sich in ein frenetisches
Spektakel aus Lichtern, Klängen und Bewegung. Syste -
matisch drapierte man Spaghetti auf den Körper einer Frau und
schleuderte die Nudeln anschließend in die Menge, während
Lawrence Ferlinghetti ein Gedicht über Revolte vortrug.
Aus der Perspektive der späten Neunziger waren die Männer
und Frauen, die solche ästhetischen Mittel zur »Befreiung«
ersannen, völlig blind gegenüber der potentiellen Frauen -
feindlichkeit ihrer Praktiken, Der damalige historische Kontext
war da schon kritischer. In dem 1966 erschienenen Buch Le
Happening breitet Lebel seine Ideen weiter aus. Er zitiert
Herbert Marcuses Eros and Civilization'. »Psychologische
Probleme werden zu politischen Problemen«, und Batailles
L’Eros et ta Fasclnation de la Mort: »Erotik wird aus dem
Verbotenen geboren und lebt vom Verbotenen.« Lebel verur -
teilte Merleau-Pontys Bemerkung, daß »halluzinatorische
Phänomene weder Teil der Welt noch zugänglich seien«, als
ein »Verdammen der Kunst und ihrer Ausdrucksweisen«.'^ Er
setzt dem entgegen: »Happenings geben sich nicht damit
zufrieden, das Leben zu interpretieren, sie sind vielmehr an
der Entfaltung des Lebens beteiligt.« Am Beginn jeder
Umwandlung steht das Übertreten von Regeln und die
Subversion, erklärt Lebe! und erinnert daran, daß Kandinsky
zur Abstraktion kam, indem er sich ein auf den Kopf gedreh -
tes Bild von Monet anschaute, und wie Marx Hegel bekehrte.
Seine zentrale Aussage lautet, daß »jedem Happening ein
Geflecht von Bedeutungen innewohnte, die aus genau dem
sozialen und psychologischen Kontext abgeleitet wurden, in
dem sie sich ereignen«, und daß es aus diesem Grund »keine
allgemeine Theorie des Happenings geben kann«. »Auf das
Action painting«, argumentiert er weiter, »konnte nur noch
ACTION folgen...Wir tragen ein Gefühl der Apokalypse in
uns,...einen unüberwindlichen Ekel vor einer »glücklichen
Zivilisation« und ihrem Hiroshima.« Das Happening bot Lebel
eine »psychosoziale Umgebung««, es war eine »geistig-kör -
perliche Erfahrung«, die durch Halluzinogene wie LSD noch
verstärkt werden konnte, die »Voyeure in Seher verwandeln
mußte« (IL FAUT ETRE VOYANT, PAS VOYEUR); und
schließlich: »Im Mittelpunkt der zeitgenössischen Kunst steht
heute die Erneuerung und Intensivierung der Wahrnehmung.«
Ganz gleich, ob man solche Bilder und Aktionen bejubelt oder
verflucht, es ist ihnen auf jeden Fall gelungen, die Mauern
einer erstickenden, heuchlerischen, konventionellen Moral
und somatischer Phobien (Angst vor dem Körper und daraus
resultierende Unterdrückung des Körperlichen) nieder -
zureißen, um - öffentlich - frischen Wind hereinzulassen. Die
Diskurse, an denen solche Aktionen beteiligt waren, gehörten
zu einem weiten Feld von Positionen einer Befreiungs -
ideologie, wie sie in erster Linie von der Neuen Linken vertre -
ten wurde, einer Bewegung, die paradoxenweise Ende der
sechziger Jahre dem Feminismus zum Durchbruch verhalt.
Aber weder Lebel noch die Frauen, die in solchen Happenings
mitwirkten und wie bei Yves Klein beispielsweise als »lebende
Pinsel«« dienten, noch die Kultur im allgemeinen waren damals
in der Lage, Fragen zu stellen, wie sie ein Jahrzehnt später
möglich waren. 1974 hatte Lynda Benglis das Problem
Sexismus soweit erfaßt, daß sie mit kritischer Distanz, Ironie,
Humor und Parodie auf ein Photo von Robert Morris reagie -
ren konnte, das er im April desselben Jahres aut dem Plakat
für seine Ausstellung in der Castelli-Sonnabend Gallery in
New York venwendete und das den nackten Künstler von der
Hüfte an zeigte, um den Hals ein metallenes Hundehalsband
und schwere Eisenketten, und auf dem Kopf einen
Metallhelm; das Gesamtbild wirkte wie ein gigantischer, glän -
zender Phallus mit bewehrter Eichel. Wie Mira Schor richtig
feststellt, funktioniert dieses Bild nur deshalb, weil Morris sei-
72 Jean-Jacques Lebel, Le Happening, Paris 1966, S. 22.
nen eigenen Penis quasi eliminiert, indem er das Photo knapp
über der Hüfte einfach abschneidet.” Als Antwort auf dieses
Plakat veröffentlichte Benglis In Artforum eine Reihe von pin-
up-artigen Photos, die in der Novemberausgabe der Zeit -
schrift kulminierten, wo sie nackt mit eingeöltem Körper,
Sonnenbrille und einem überdimensionalen Phallus zwischen
den Beinen posierte. Durch die visuelle Verspottung von
Morris erbärmlicher patriarchalischer Positur demonstrierte
Benglis, wie stark und selbstbewußt der feministische Diskurs
geworden war. Die Welt hatte sich zwischen 1960 und 1974
eindeutig radikal verändert.
Barbara T. Smiths Feed Me (1973) markiert einen wichtigen
Schritt in der Entwicklung, die von Lebels erotischer Objekti -
vierung der Frau zum Feminismus führt, und illustriert eine der
möglichen Ebenen, auf der die sexuelle Revolution in die sieb -
ziger Jahre weitergetragen wurde. Feed Me, ein äußerst
intimes Werk, wurde als Mittelpunkt des hochgradig maskuli-
nisierten Happenings Sound Sculpture As aufgeführt, das
Tom Marion! im San Francisco Museum of Conceptual Art
veranstaltete. Marionis Stück Pissing (aufgeführt von Allan
Fish, der von Marion! kreierten Figur, die es ihm ermöglichte,
gleichzeitig Künstler und Kurator zu sein) ist ein typisches
Beispiel für die Klang-Stücke, die die männlichen Künstler an
diesem Abend aufführten. Fishs (alias Marion!) Aktion bestand
darin, den ganzen Abend Bier zu trinken und jedesmal, wenn
er sich erleichtern mußte, auf eine Leiter zu steigen und in eine
Metallwanne zu pissen, in der "die Tonhöhe proportional zum
steigenden Wasserpegel abnahm«." Mel Henderson hinge -
gen »lief unruhig mit einem 30er Gewehr in dem geräumigen
Loft auf und ab, zielte und feuerte einen einzigen Schuß auf
einen Tiger in einem Film, der auf einen mit Papier überzoge -
nen Sägebock projiziert wurde«. Smith ihrerseits hatte sich
einen abgeschlossenen Raum gebaut, in dem sie während
73 Mira Schor, »Representations of the Penis«, in: M/E/A/N/l/N/G, 4,
November 1988.
74 Tom Marioni, zitiert in: Performance Anthology, S. 12. Lebel erklärte:
»Auch in >120 minutes« gab es Piß-Szenen....Billy Copley pißte von
einer Leiter in ein Rohr (eine Anspielung auf einen Brauch der Huichol
Indianer, die den Urin desjenigen auffingen, der Peyotl gegessen hatte,
weil das psychotrope Alkaloid der Pflanze darin erhalten blieb; die
anderen tranken die Pisse und wurden praktisch »kostenlos« high.
Dieses Ritual gründete darin, daß Peyotl für die meisten Indianer
eigentlich zu teuer war, und auf diese Weise konnten alle gemeinsam
von einer einzigen Peyotl-Knospe profitieren.) Im selben Happening
pinkelte eine nackte Frau, Marianne, vom zweiten Rang aus auf das
Publikum, bevor sie sich an einem Seil herabließ, um noch andere
Dinge zu tun. Und all das passierte Jahre vor Karen Finley, Cicciolina
oder Annie Sprinkie (und ich bewundere diese Frauen zutiefst als
Performerinnen, Pisserinnen und Künstlerinnen) - auch wenn dieses
ganze Gepisse heute etwas kindisch anmutet. Aber ich versichere
Ihnen, 1966 war es Dynamit und so ungefähr die wildeste
des ganzen Abends splitternackt jeweils einzeln Besucher-
Teilnehmer empfing, die mit ihr interagierten. Der boudoir -
artige Raum war mit einer Matratze, Weihrauch, Blumen,
Körperölen, Wein, Partum, Tüchern, Musik, Tee, Büchern,
Marihuana und einem Heizöfchen ausgestattet, und die
Teilnehmer sollten die Künstlerin und sich selbst in einem
Austausch von »Konversation und Liebe« »füttern'«. Auf
die Frage, wie sie sich dabei fühle, das Bild einer Frau
als »Kurtisane und Odaliske« zu schaffen, antwortete Smith,
daß solche Frauenbilder Teil des »realen Lebens« und
der »Phantasie« seien. In dieser wie auch in folgenden Arbei -
ten unternahm Smith - ähnlich wie Orlan in Frankreich -
den Versuch, zwischen dem kulturellen Bild der Frau als
»Jungfrau und Hure«, patriarchalischen und feministischen
Diskursen, ihrer eigenen Verwendung von Performance
als einem »Vehikel für eine persönliche Venwandlung« und
einer Form des »erweiterten Bewußtseins in der Welt« zu
vermitteln.”
Wenn der Körper als psychologische und politische Waffe ein -
gesetzt wird, wie Lebel es in seinen Happenings getan hat,
wenn die Bedingung von Kunst als Ware und ihre raubgierige
Vermarktung als »$hit« (Lebel) entlarvt wird, kann man solche
Kunstaktionen (und -körper) nur besiegen, indem man
sie ignoriert: Unterdrückt die Körperlichkeit und die Diskurse,
die um sie herum entstehen, solange, bis beide in das
Austauschsystem zurückmanövriert werden können, gegen
das sie sich richten.
V. Wir, Multiples
Ich habe lange Zeit gezögert, ein Buch über Frauen zu
schreiben. Das ist ein Reizthema, besonders für Frauen;
und es ist nicht neu.
- Simone de Beauvoir, 1953”
Körpersprache, die man sich vorstellen konnte. Der italienischen
Presse zufolge wirbt das Prostitutionsgewerbe heute ganz offen für
käuflichen Piß-Sex, was vielleicht daran liegt, daß die weltweite
Seuche AIDS .neue« oder andersartige Sexualpraktiken in die Öffent -
lichkeit getrieben hat. Oder vielleicht daran, daß alle menschlichen
Aktionen oder Bedürfnisse am Ende doch zu Supermarktwaren wer -
den, die von den Opfern der Mode geschluckt und imitiert werden. Ist
Kunst ein soziales »Labor«, was ich hoffe, so haben Künstler über die
Verwendung ihrer Arbeit keine Kontrolle. Im Mai 1968 hatte ich das
Gefühl, daß das »soziale Labor« der Kunst sehr positive Ergebnisse her -
vorbrachte. Und das ist ja nicht immer so, nicht wahr?«, Auszug aus
einem Brief von Lebel an die Autorin, 23. Oktober 1997.
75 Barbara T. Smith. »Birthdaze«, in: High Performance, 4, 3, Herbst
1981, S. 19-24.
76 Simone de Beauvoir, »Introduction«, in: The Second Sex, New
York 1953, nachgedruckt in: Linda Nicholson (Hrsg.), The Second
Wave: A Reader in Feminist Theory, New York - London 1997, S. 11.
257
Adrian Piper, Catalysis IV, Stra3en-Performance, New York 1970
258
KONVERSATIONSSTÜCK
Verbinde irgendeinen Teil deines Körpers
und sprich darüber.
Wenn die Leute dich nicht danach fragen, lenke
ihre Aufmersamkeit darauf und sprich darüber.
Wenn die Leute es vergessen, erinnere
sie daran und sprich weiter darüber.
Rede von nichts anderem.
-YokoOno, 1962'"
1970 posierte Valie Export nackt für ein Photo, das sie mit auf
den Oberschenkel tätowierten Strapsen zeigt, die den Rand
eines imaginären Strumpfs halten. Exports Body Sign Action
ist eine Semiotik der Versklavung des Geschlechts, ein kör -
perlicher Bedeutungsträger »unterdrückter Sexualität..., die
einer Klasse zugehört, die konditioniertes Verhalten fordert«;
die Aktion sollte sie daran erinnern, das »lebendig zu erhal -
ten«, was sie als »das Problem der Selbstbestimmung
und/oder Fremdbestimmung von Weiblichkeit«™ beschreibt.
Das Bild des Tattoos mag zwar betörend sein, noch eindring -
licher jedoch ist die Nähe zu dem delikaten Dreieck, die das
Photo dem Betrachter erlaubt, dem Schambereich Valie
Exports. Ihre mit spärlichem Haar bedeckten Schamlippen
sind deutlich zu erkennen, neben dem aggressiven Tattoo wir -
ken sie verletzlich und unschuldig. In einem einzigen Photo ist
es gelungen, nahezu das gesamte Spektrum von Schmerz,
Vergnügen und multipler Identität der Frau einzufangen: unse -
ren Sex, unsere Sozialisation und unsere Repräsentation.
Weiter oben habe ich dargelegt, daß feministische Stand -
punkte ihren »wichtigsten Beitrag zur Geschichte der Kunst
im Bereich der Aktionskunst« geleistet haben. Aus diesem
Grund möchte ich mich hier an zentraler Stelle meines
Aufsatzes mit den Kunstaktionen von Frauen gesondert aus -
einandersetzen, obwohl ich den Tag herbeisehne, an dem
ein Sonderteil für ganz gleich welche Gruppe nicht mehr
notwendig sein wird.
Selbst ein flüchtiger Blick auf Performances von Frauen in den
letzten vierzig Jahren zeigt ein kollektives Bild dieser explosi -
ven, mitten aus der Kultur hervorbrechenden Energie, einer
Wut, die in multiplen Formen und häufig auch als Muitiplizität
ausgelebt wurde, Adrian Pipers Arbeit ist ein typisches
Beispiel: Wie viele feministische Performances stützt sich
auch Pipers Werk auf die Lebenserfahrung der Künstlerin und
ist als politische Analyse, als Gesellschaftskritik zu verstehen,
die in ihrer persönlichen Biographie verankert ist und die den
feministischen Slogan der siebziger Jahre »das Private ist das
Politische« widerspiegelt. Als afro-amerikanische Frau war
Piper sowohl Opfer von Rassismus als auch von Sexismus,
und in ihrer Arbeit verweigerte sie diese doppelte Aus -
löschung ihrer Kultur.
Piper wuchs als Tochter hellhäutiger Eltern afrikanischer
Herkunft in Harlem auf und besuchfe überwiegend weiße,
ökonomisch bessergestellte Schulen. Sie lebte in zwei ver -
schiedenen Welten. Als Reaktion auf diese Lebensumstände
begann Piper 1970 mit ihrer Reihe Catalysis. Aggressiv und
konfrontationslustig lief die Künstlerin durch die Straßen von
New York. Ihr Ziel war es, möglichst unangenehm aufzufallen,
so zum Beispiel, indem sie »einige Kleidungsstücke eine
Woche lang in einer übelriechenden Brühe aus Essig, Milch,
Lebertran und Eiern einweichte und anschließend in dieser
stinkenden Montur U-Bahn fuhr und in einem Buchladen stö -
berte«.™ Oder sie trat als Mythic Being auf, als »zorniger,
zigarrerauchender Dritte-Welt-Mann mit Sonnenbrille und
Schnauzbart«.
Piper kämpfte mit außergewöhnlich kreativen und konstrukti -
ven Strategien und Taktiken gegen den Aufruhr ihrer Psyche,
weil sie unversehrt, analytisch und produktiv in einer sozialen
Situation überleben wollte, in der ihre Identität beharrlich und
unaufhörlich angegriffen wurde. Die Künstlerin erklärt heute,
daß ihr Interesse an dem performativen Aspekt »der Objekt
(sie selbst) - Subjekt (das Publikum) - Dichotomie seit den
Gesprächen, die sie Anfang 1972 mit einem Psychiater auf -
nahm, allmählich verflog«.®“ Der Aufsatz »Two Conceptions of
the Seif«, den Piper 1985 verfaßte, läßt vermuten, daß sich die
Selbstanalyse der Künstlerin zu einer Analyse der gegensätz -
lichen philosophischen Positionen zum Thema Wesen und
Entwicklung des Ich ausweitete, der Spaltung zwischen »der
Kantschen Vorstellung [die Piper teilt], daß das Ich letztlich
von >dem angeborenen Bestreben« angetrieben würde, ’all
unsere Erfahrungen, einschließlich der Erfahrungen unseres
eigenen bewußten Verhaltens, rational erklärbar zu machen«.
77 Yoko Ono, Grapefruit, New York und London 1970, S. 11.
Grapefruit wurde ursprünglich 1964 in Tokio in einer limitierten
Auflage von 500 Exemplaren veröffentlicht.
78 Vaiie Export, Valie Export, Biennale von Venedig und Galerie in
der Staatsoper, Wien 1980, S. 46.
79 Ken Johnson, »Being and Politics««, in: Art in America, 78, 9,
September 1990, S. 156-57.
80 Rosemary Mayer, »Performance & Experience««, in: Arts
Magazine, 47, 3, Dezember/Januar 1973, S. 35.
259
Robert Rauschenberg, schießt mit seinem 22er-Gewehr auf
tirs (Schießbiider), in der Nähe von Stockhoim, 23. Mai 1961
Niki de Saint Phalie mit einem 22er-Gewehr
bei der Hersteilung eines tirs, Impasse Ronsin,
Paris 15. Juni 1961
und der Vorstellung Humes, daß das Ich in erster Linie durch
Bedürfnisse motiviert ist, die die Rationalität - als untergeord -
netes Vermögen - zu erfüllen versucht
Die Künstlerin, die am konsequentesten an der Idee festhielt,
eine Person zu erfinden und beständig weiterzuentwickeln,
war Linda Montano. Nach eigener Aussage tauchte ihre
Kunstfigur zum ersten Mal in >'The Chicken Show« auf, einem
Happening im M.F.A. (20, Mai 1969), bei dem sie auf dem
Dach der Kunstabteilung und in der gesamten Innenstadt von
Madison, Wisconsin, Hühner ausstellte. Nach dieser Aktion
erschuf sie sich selbst als Chicken Woman (1970). Ihre erste
Performance Lying: Dead Chicken, Live Angel von 1971 stei -
gerte sich nach und nach zu zahlreichen Personifizierungen
ihrer selbst als komplexes Wesen: Home Nurse (1973), Beil-
Ringer forthe Salvation Army {Dezember ^974), Tatking about
Sex while Under Hypnosis (1975) (hier verkörperte sie ihre
Schwester), The ScreamingNun (1975), Guru (22. März 1975)
und Dr. Jane Gooding and Sister Rose Augustine (1975).
(Hierzu muß gesagt werden, daß die vielen Nonnenfiguren
Montanos eine Art ästhetische Reinkarnation ihres früheren
Lebens als Nonne waren. 1960, mit 18 Jahren, war sie der
Maryknoll Sisters Missionsstation beigetreten, die sie nur zwei
Jahre später mit 37 Kilo Körpergewicht und diagnostizierter
Magersucht wieder verließ.) Als eine weitere Form zur
Schaffung komplexer Kunstfiguren ließ sich die Künstlerin an
männliche Künstler fesseln: an Tom Marioni in Handcuff: Linda
Montano and Tom Marioni (1973) - eine drei Tage lang dau -
ernde Aktion, bei der die beiden Künstler mit Handschellen
81 Ken Johnson (wie Anm. 79), S. 156-57.
82 Die ‘Ursprünge’ von "Roberts Breitmore« sind schwer festzuma -
chen. In einem Artikel von 1977 nennt Hershman das Jahr 1975 als
Beginn dieser Performances; siehe Lynn Hershman, »Lynn
Hershman«, in: Data, 27, 4, Juli-September 1977.1992 datiert sie
Roberta auf die Zeit zwischen «1971-78«: siehe Lynn Hershman,
«Simulations and Performances: Roberta Breitmore«, in: Lynn
Hershman, Montbeliard und Beifort, Frankreich 1992, S. 64.1995
jedoch erklärte sie, daß ihre Installation The Dante Hotel das Werk
war, das »zu einem zehnjährigen Projekt mit dem Titel »Roberta
Breitmore- führte«; siehe Lynn Hershman Leeson, »Refleotions and
Preliminary Notes«, in: Paranoid Mirror, Seattle 1995, S. 13. Ich selbst
aneinandergekettet waren; an Tehching Hsieh in One Year
Art/Life Performance, eine einjährige Aktion, bei der die
Künstler von 1983 bis 1984 mit einem 2,50 Meter langen Seil
aneinander gebunden waren.
Ähnlich wie Montano hat auch Lynn Hershman die Darstel -
lung gespaltener Subjektivität mittels Multiples bis heute
fortgeführt. »Roberta« gab ihr Debüt in einer Suchanzeige
nach einer Mitbewohnerin, die Hershman in einer San
Franciscoer Zeitung aufgab. Als die ersten Antworten kamen,
baute die Künstlerin ihre künstlich erzeugte Realität aus, um
weitermachen zu können.®^ »Roberta« besaß einen Führer -
schein, ein Girokonto und eine Kreditkarte. Sie ging zu den
Weight Watchers, machte eine Psychotherapie, hatte ihre
eigene Art zu sprechen, ihre eigene Handschrift, eine Woh -
nung, Kleidung, typische Gesten und Stimmungen. Die
Öffentlichkeit, ihre Freunde und andere Künstler wußten
natürlich, daß »Roberta« niemand anders als Hershman selbst
war, auch wenn sie es abstritt und darauf beharrte, daß
Roberta »eine eigenständige Person« sei mit individuellen,
klar definierten Bedürfnissen, Ambitionen und Instinkten.
»Roberta« war Hershmans »>Schattenseite...ein dunkler, sche -
menhafter Kadaver, den wir in jämmerlicher Selbsttäuschung
zu tarnen suchen«.“ »Roberta« war eine materielle Mani -
festation der psychologischen Schnittstelle zwischen einer
ganzen und einer fragmentierten Psyche. Realität und
Fiktion zugleich, personifizierte sie den Raum des Übergangs
zwischen dem Zustand von Sein-Wissen und Dissoziation:
ein Raum, in dem die Kunst herrscht, und wo Visualität
habe in der Zeit, in der Roberta Breitmore aktiv war, gelebt und
Erfahrungen gesammelt; und ich war nicht nur das erste »Roberta«-
Multipie, sondern ich war auch bei «Robertas« Exorzismus 1978
dabei. In ihrem Aufsatz von 1995 schreibt Hershman, daß die Anfänge
von Roberta «privater Natur« waren. Und es ist tatsächlich sehr wahr -
scheinlich, daß »Roberta Breitmore« als private Erfahrung begann.
Aus diesem Grund existierte »Roberta« als öffentliche Performance
eigentlich von 1975 bis 1978. Obwohl das Rätsel knifflig bleibt.
83 Lynn Hershman Leeson, »Reflections and Preliminary Notes«, in:
Paranoid Mirror, S. 13. Eine interessante Beobachtung ist, daß
Hershman dadurch, daß sie gelegentlich den Namen ihres Ehemanns
benutzt, weiterhin multipel auftritt.
und Subjektivität sich im Kunstwerk der Aktion überlappen.“
1980 duplizierte sich Hershman erneut, indem sie ihre künst -
lerische Entwicklung in »B.C. (Betöre Computers) und A.D.
(After Digital)“ aufteilte.®® In der A.D.-Periode produzierte
Hershman zahlreiche neue Multiples in Form von Videos,
Laser Discs und -virtual reality. In Electronic Diary (1985-89)
flüstert sie »Sprich nicht darüber« und weiht damit den zum
Zeugen gewordenen Betrachterin ihre eigenen multiplen, von
Familiengeheimnissen umwobenen Inzest-Erfahrungen ein,
Erfahrungen, die sie als Grund für ihre autobiographische
Reihe angibt. Die jüdische Künstlerin durchlebt in dem Film
eine Selbstanalyse ihrer eigenen E3störungen, verursacht
durch die Anwendung von Gewalt, die sie mit Hitler, dem
Vampir, und den Überlebenden des Holocaust assoziiert.
Erst 1996 schreibt Hershman:
Ich arbeite gerade an einem Projekt, für das ich eine fik-
tionale Person erfunden habe, eine Art upgedatete
»Roberta«, die durchs Internet navigiert. Überwachen,
Erbeuten und Aufspüren sind die DNA der ihr inhärent
digitalen Anatomie, sie formen das Gerüst für ihr Porträt.®®
Anders jedoch als »Roberta«, die 1978 im Palazzo dei
Diamonte in Ferrara, Italien, in einem alchimistischen Tod aus
Luft, Feuer, Spiegeln und Rauch exorziert worden war, will
Hershmans »Porträt« der Neunziger die Trennung zwischen
»dem Tod, der eine Realität von der gelebten Oberflächen -
realität trennt, auslöschen«.®^
Jenen Zorn und psychischen Aufruhr, den ich oben beschrie -
ben habe und der so häufig in alternierende Personae
sublimiert und dissoziiert wurde, bringt Niki de Saint Phalle in
ihren Tirä Vb/onfe-Bildern unmittelbar zum Ausdruck. Bei die -
sen Arbeiten handelt es sich um eine Reihe von Konstruk -
tionen, an deren Oberfläche die Künstlerin Beutel mit flüssiger
Farbe befestigte, die aufplatzten, wenn sie (oder andere) mit
einem 22er-Gewehr darauf feuerten. Am 30. Juni 1961 prä -
sentierte de Saint Phalle in Pierre Restanys Pariser Galerie J.
ihre »Schießbilder« zum ersten Mal der Öffentlichkeit. Dazu
die Künstlerin:
84 Eine eingehendere Beschäftigung mit Robertas Muitiplizität findet
sich in meinem Aufsatz »1.1.78-2.2.78: Roberta Breitmore«,
in: Roberta Breitmore Is Not Lynn Hershman, San Francisco 1978,
S. 5-14. In diesem Artikel hat^ ich versucht, die «Schizophrenie«
Hershman/Breitmore darzustellen, indem ich zwischen zwei sehr
unterschiedlichen diskursiven Stimmen hin- und herspringe.
Heute, zwanzig Jahre später, ist der Text selbst eine Studie der
Fragmentierung. Und als ich Hershman 1977 in San Francisco als
erstes »Multiple« von Roberta auf verschiedene Galerieeröffnungen
begleitete, war ihre fragmentierte Existenz ja außerdem ganz offen -
sichtlich.
Ich schoß, weil es Spaß machte und mir ein tolles Gefühl
gab. Ich schoß, weil mich die Beobachtung faszinierte,
wie das Gemälde blutet und stirbt. Ich schoß um dieses
magischen Moments willen. Es war ein Moment skorpio-
nischer Wahrheit. Weiße Reinheit. Opfer. Schußbereit!
Zielen! Feuer! Rot, gelb, blau - das Gemälde weint, das
Gemälde ist tot. Ich habe das Gemälde getötet. Es ist
wiedergeboren. Krieg ohne Opfer.®®
All diese Werke erzählen, wie auch die folgenden Arbeiten,
weise und phantasievolle Geschichten vom Überleben der
Frau: Yayoi Kusamas obsessive Umgebungen und Be -
kleidungen der sechziger Jahre, die zu einem klaustrophobi-
schen Raum, einem Horror vacuii der phallischen Formen
werden, der über das Bild der Vagina herrscht und es auf
einen Punkt reduziert, der sich wie dekorative Fusseln unge -
zählte Male auf Kusamas Oberflächen wiederholt; Martha
Roslers Vital Statistics of a Citizen, Simply Obtained (1973),
eine Performance, die den mannigfaltigen Formen Rechnung
trug, mit denen man Frauen entmenschlicht, in statistische
Kategorien steckt und ihre Körper diszipliniert und kontrolliert;
Mary Beth Edelsons Proposals for: Memorials to the
9.000.000 Women Burned as Witches in the Christian Era
(1977), ein Gruppenritual zum Gedenken an die Frauen, die-
aufgrund ihrer Kenntnisse, ihrer Unabhängigkeit, ihrer
Intuition, ihres Wissens, ihrer sozialen und (verbotenen, zügel -
losen) sexuellen Praktiken, ihrer Liebe sowie ihrer Zuneigung
zu und Kompatibilität mit Tieren (vor allem mit Katzen) - gefol -
tert, verurteilt und ermordet wurden; Ablutions (1972) von
Judy Chicago, Suzanne Lacy, Sandra Orgel und Aviva
Rahmani, eine Arbeit, die auf mündlichen Berichten von
Vergewaltigungs- und Inzestopfern beruht, die Chicago und
Lacy 1971 gesammelt hatten; In Mourning and in Rage (1977)
von Leslie Labowitz und Suzanne Lacy, eine öffentliche, in Los
Angeles durchgeführte Medienaktion, die der gesamten Stadt
Gewalt gegen Frauen bewußt machte; Mierle Laderman
Ukeles’ Manifest »Maintenance Art« (1969), in dem sie auf die
Zeit aufmerksam machte, die Frauen mit häuslicher Arbeit
85 Lynn Hershman, »The Floating Museum«, in: Data, 27,
Juli-September 1977, S. 11.
86 Lynn Hershman Leeson, »Romancing the Anti-Body: Lust and
Longing in (Cyberspace«, in: Lynn Hershman, Captured Bodies
of Resistance, Warschau 1996, S. 25.
87 Ibid-, S. 26.
88 Niki de Saint Phalle, zitiert in: Carla Schulz-Hoffmann, Niki de
Saint Phalle. Bonn 1987, S. 53.
261
Leslie Labowitz und Susanne Lacy, in Mourning and in Rage (In Trauer und in Wut), Dezember 1977
und Dienstleistungen verbringen, und das zu Aktionen wie
Touch Sanitation (1978-80) führte, bei der die Künstlerin ver -
suchte, die etwa 8.500 Angestellten der sanitären Anlagen
von New York mit Handschlag zu begrüOen.
Manchmal bringt einen das bloße Gewicht der kontinuierlich
erfahrenen Unterdrückung dazu, sich in einem verzweifelten
Angriff auf das eigene, irgendwie als inadäquat erfahrene Ich
selbst zu zerstören und zu zerstümmeln; diese Autodestruk -
tionen sind ein gefährlicher Versuch, das dissoziative Ab -
stumpfen zu durchbrechen, das die Gefühle von einem
andauernden psychischen Schmerz trennt, der zum physi -
89 Gina Pane, zitiert ir: Ezio Quarantelii, »Travels witti St. Francis«,
in: Contemporanea, 1, 4, November/Dezember 1988, S. 46.
sehen gemacht wird. Gina Pane erklomm 1971 die mit Nägeln
gespickten Stufen einer Leiter in Escaiade non anesthesiee,
um »gegen eine Welt zu protestieren, in der alles betäubt
ist«.™ Die Kunsthistorikerin Kathy O’Dell weist darauf hin, daß
Panes »Angriff gegen sich selbst...ihre Selbstverneinung und
ihre Selbstverstümmelungs-Performances die Verletzlichkeit
aufzeigten, die aus der Unterwefung unter Maskierungs -
vorschriften entstehen kann, und Panes Lustverweige -
rung...(deutlich machten)«.®“ Natürlich waren diese Perfor-
mances auch ein verzweifelter Versuch, etwas zu fühlen,
irgend etwas, nur nicht das Leiden selbst, den inneren physi-
90 Kathy O’Dell, »The Performance Artist as Masochistic Woman«,
In: Ans Magazine, 62,10, Juni 1988, S. 96-97.
262
263
Jürgen Klauke, The Harder They Come II, 1978. Mit freundlicher Genehmigung der Galerie Bugdahn und Kaimer, Düsseldorf
sehen und psychischen Schmerz, der so stark ist, daß er aus -
geschlossen werden muß, dissoziiert oder aufgeschoben, nur
um abgetrennt und dann wieder neu erlebt zu werden. Die
Performance-Künstlerin Rachel Rosenthal, die in ihrer Arbeit
das Feld psychischen Leidens gründlich erforscht hat,
schreibt zum Thema Masochismus:
Manche von uns suchen den Schmerz. Nicht als Selbst -
zweck, sondern als Technik, als Auslöser oder Ventil. Als
Weg. Schmerz kann der Weg zum Orgasmus sein, zur Auf -
lösung des Ich, zu Wachstum, Verständnis und spiritueller
Erleuchtung, innerem Wohlbefinden und dem Gefühl, et -
was Besonderes und Besseres in unserer Kultur zu sein.^’
In den späten sechziger und den gesamten siebziger Jahren
reagierte ein Teil der Männer auf sexuelle Revolution und
Feminismus mit einem androgynen Look, wie er vor allem für
Rockstars und Hippies typisch war. Während Filme wie
Performance (1968) - mit Mick Jagger - der Ambiguität der
Geschlechter und einer performativen Haltung zu Identität
und Sexualität Vorschub leisteten, war »Walk on the Wild
Side« auf Lou Reeds Album Transformer aus dem Jahr 1973
(produziert von David Bowie) der absolute Lieblingssong der
Drag Queens. Zu den Performance-Künstlern, die in dieses
Gebiet vordrangen, zählten Urs Lüthi, Katharina Sieverding,
Günter Brus, Michel Journiac, Gilbert & George, Vito Acconci,
Lucas Samaras, Paul McCarthy, Luigi Ontani, Jürgen Klauke
und viele mehr.
In den frühen siebziger Jahren kollaborierte Klauke häufig mit
Ulay (alias Uwe Laysiepen, der später mit Marina Abramovic
arbeitete). Die beiden schufen androgyne, transsexuelle
Bilder, auf denen Klauke bei sado-masochistisch anmutenden
Ritualen zu sehen ist, ausgestattet mit Accessoires, die männ -
liche und weibliche Genitalien persiflierten. Insbesondere
Klaukes Interesse galt der unkonventionellen Darstellung von
Sexualität und Identität durch »leidenschaftslos direkte«
Selbstporträts in Photosequenzen, die den performativen
Kontext der photographischen Abbildung wie auch »ober -
flächliche Vorstellungen von der Fähigkeit der Photographie«
vermitteln, »sowohl die 'Wahrheit« als auch eine eindeutig test-
91 Rachel Rosenthai, »Stelarc, Performance and Masochism«, in:
Obsolete Body/Suspensions/Stelarc, zsgest. und hrsg. v. James D.
Paffrath mit Stelarc, Davis, Kalifornien, 1984, S. 69-79. Rachel
Rosenthal studierte Tanz und Theater in Frankreich und ging
anschließend in die Vereinigten Staaten, wo sie das »Instant
Theatre« gründete, in der Frauenkunstbewegung von Los Angeles
mitwirkte und Performance Art schuf und lehrte.
264
Sherman Fleming, Something Akin to Living (Etwas Ähnliches wie Leben), 1979
gelegte Identität festzuhatten«.^^ Das Bemerkenswerteste an
Klaukes »Image« war sein cooles, unnahbares Auftreten, eine
Art der Selbstdarstellung, die durch seine körperliche
Erscheinung noch unterstützt wurde: groß, schlank, gutaus -
sehend, schulterlanges Haar und provozierender Stil mit
engen Hosen, offenem Hemd und einem Haufen langer
Goldketten um den Hals. Klaukes Aura der Unantastbarkeit,
die durch seine Art sich zu kieiden noch verstärkt wurde, war
genau das Eiement seiner Identität, das die Performance The
Harder They Come, der ich 1978 im Student Culturai Center
in Beigrad beiwohnte, so eindringiich machte.
Ganz in Weiß, die engsitzende Hose in eiegante Cowboy -
stiefei gesteckt, das Seidenhemd bis zum Bauchnabel aufge -
knöpft, Goldketten und Amulette auf der nackten Brust, also
mit allen Codes der Selbstdarsteilung eines Rockstars verse -
hen, betrat Klauke den Raum, in dessen Mitte ein Labyrinth
aus großen, in konzentrischen Kreisen angeordneten, durch
Schnüre miteinander verbundenen Betonklötzen ausgelegt
war. Musikalisch wurde Klaukes Auftritt von Jimmy Cliffs in
einer Endlosschleife aufgenommenem, berühmten Reggae -
song »The Harder They Come« untermalt. Der Raum selbst
war halbkreisförmig, die Fenster gingen auf eine belebte, laute
Straße hinaus; die Dämmerung brach gerade herein und legte
sich über den Raum, der nur durch die Lichter der in unregel -
mäßigen Abständen vorbeifahrenden Autos erhellt wurde.
Dieser urbane, komplizierte, extrem zurückhaltende, distan -
zierte und allem Anschein nach völlig beherrschte Mann
suchte sich nun einen Weg durch die konzentrischen Kreise
aus Bausteinen, die so miteinander verbunden waren, daß sie
nur an bestimmten Stellen Zugang zu dem nächstkleineren
Kreis gewährten. Wenn der Künstler nicht aufpaßte, stolperte
er über eine Schnur. Während er seine Kreise zog, bewegte
sich Klauke immer heftiger zu der Musik. Je wilder er tanzte,
desto schwieriger wurde es für ihn, die Schnüre nicht zu
berühren und desto häufiger blieben seine schicken Stiefel in
dem Labyrinth hängen, bis sie sich hoffnungslos in den
Schnüren verfangen hatten, und das Gewicht und die
Zugkraft der Betonklötze ihn schließlich mit einem Krach
zu Boden rissen. The Harder They Come war ein einfaches
Stück. Und dennoch war es irgendwie faszinierend, diesem
beherrschten, artifiziellen, selbstbewußten und sexuell ambi -
valenten weißen Mann zuzuschauen, wie er einen Hinder -
nislauf inszenierte und diesen durch radikale schwarze
Musik hochpeitschte, die zwangsläufig alles, was seine
sorgsam konstruierte Selbstdarstellung vermitteln sollte,
überflüssig machte, behinderte, außer Kraft setzte und
schließlich aufhob.
Klauke hat sich eindeutig von der feministischen Performance
inspirieren lassen, wie auch Sherman Fleming, der 1976
ebenfalls eine Alternativpersona - »RodForce« - zum Leben
92 J. Fiona Ragheb, »Artists’ Biographies«, in: Rrose is a Rrose is a
Rrose, S. 210.
erweckte, um »diesen Morast von unterdrückten, machthöri -
gen Körpern hinter sich zu iassen, und als der allmächtige
Männiiche Schwarze in einer monumentalen Stadt aktiv zu
sein, deren Höhepunkt das Washington Monument ist:
unbeugsam und unverwundbar!«“ In RodForce verdichtete
Fleming die Darstellung männlicher Schwarzer in den Medien
zu einer einzigen, massiven, phallischen Personifizierung von
Stärke: der »gebieterische Intellektualismus von Malcolm X,
der Spiritualismus von Martin Luther King, die emotive Erotik
von James Brown und die physische Leidensfähigkeit des
legendären John Henry«. Fleming erkannte, daß solche Bilder
eine Farce sind, und daß diejenigen, die Medienmythen für die
Kulturkonsumenten erzeugen, auch in der Lage sind, ihre
Helden mit denselben Mechanismen, mit denen sie sie auf -
gebaut haben, im Handumdrehen in »negative und mythische
Konstruktionen« zu verwandeln: »in einen gewalttätigen Irren,
einen Frauenhelden, einen fanatischen Partisanen und einen
Plagiator«.**“*
In Something Akin to Uving (1979) blickte das Publikum auf
zwei von hinten mit einem Strahler angeleuchtete dorische
Säulen. Fleming, ein großer, schlanker Afro-Amerikaner, nackt
bis auf einen Federkranz, der seine Dreadlocks zusammen -
hielt, und einen um sein Geschlecht drapierten Riemen aus
Silberlame, betrat als RodForce den Raum und stellte sich
zwischen die beiden Säulen.“ Sein Assistent Haig Paul sägte
passende Holzlatten zurecht und steckte sie in verschiedenen
Winkeln zwischen die Säulen und Flemings Körper. Während
der gesamten, fünfunddreißig Minuten dauernden Aktion war
RodForce gezwungen, unbeweglich dazustehen und das
Gewicht dieser lästigen und irrationalen Architektur zu tragen.
Wie ein statischer Jongleur korrigierte RodForce immer wie -
der seine Position, stützte das sperrige und zunehmend
schwerer werdende Holzgerüst,’bis er - überfordert und
erschöpft - seinen hölzernen Kerker nicht mehr halten konnte
und die Konstruktion zusammenkrachen ließ, indem er ein -
fach davonging.
Die Aktion machte deutlich, wie abstrakte, durch architekto -
nische Bauwerke symbolisierte Machtsysteme das Leben
93 Sherman I. Fleming Jr., »Uving in a City of Monuments, Or Why I
No Longer Walk with an Erection«, in: Washington Review, 17, 5,
Februar/März 1991, S. 5.
94 Ibid., S.6.
95 Die Performance fand in der Ateliergalerie von Wayne Higg,
930 F Street, Washington, D.C., statt, in dem Bürogebäude,
das nur kurze Zeit später den »9:30 Club« beherbergte, einen
Veranstaltungsort für Punkkonzerte und Performances.
willkürlich und künstlich reglementieren und in schematisierte
Muster pressen, die die individuellen Bedürfnisse der
Menschen - die solche Muster ironischer- und bedauerns -
werterweise selbst immer weiter stützen und aufreohterhalten
- weder stützen noch aufrechterhalten. Durch die Parodie der
sexualisierten Person betont RodForce zum einen, daß es der
Körper ist, der die Last dieser symbolischen Gebäude trägt,
und zum anderen, daß das 'Gebäude der Vereinigten Staaten-
zum Teil durch die Arbeit des schwarzen männlichen Körpers
errichtet wurde, einen Körper, den man damals mythisch ero -
tisierte, um ihn zu kontrollieren und zu unterdrücken.
Unterdrückung und Segregation waren die vorrangigen
Erfahrungen in Sherman Elemings Leben, Erfahrungen, die er
in dem Aufsatz »Nigger as Anti-Body« von 1990 genauer
beschreibt. Schon als Junge war er von dem Wort »Nigger«
»besessen«, das er 1962 im Alter von neun Jahren im
Webster’s Dictionary nachschlug und dabei entdecken
mußte, daß »ich es anscheinend mein ganzes Leben lang
schon gekannt hatte«.“ »Ab der vierten Klasse«, schrieb er,
»läutete ich jedes neue Schuljahr ein, indem ich 'Nigger- im
Wörterbuch nachschlug.«“ Aufgrund der Tatsache, daß er an
seiner Junior High School zu den ersten vierzehn Schülern
(unter insgesamt 750) gehörte, die an einem Programm zur
Aufhebung der Rassentrennung teilnehmen mußten, und spä -
ter zur ersten Generation der Desegregation in der Virginia
Commonwealth University, wußte Fleming nur zu gut, was
dieser Begriff bedeutet.
Die Aufmerksamkeit, die Fleming der körperlichen »Fitneß« als
mythischem Indikator für die sexuelle Potenz beimaß, antizi -
pierte und parodierte überdies den Fitneßwahn der achtziger
Jahre, der den Körper zur Ware werden ließ, wie auch
der »männliche Schwarze« in den Achtzigern und frühen
Neunzigern zur Ware wurde. Richard Powell schreibt,
Flemings Werk habe »das Schauspiel eines wahrgenomme -
nen Rassenunterschieds mit Begriffen wie Begehren,
Ansteckung, Verheimlichung und Emanzipation verschmol -
zen, und das alles innerhalb seines theoretischen Konstrukts
physischer (wie auch psychischer) Ausdauer«,“ 1987, elf
96 Sherman Fleming, »Nigger as Anti-Body«, in: WhiteWalls, 25,
Frühjahr 1990, S. 54: Sondernummer zum Thema »Art and
Healing«, hrsg. von der Autorin.
97 Ibid., S. 56.
98 Richard J. Poweii, Black Art and Culture in the Twentieth Century,
London 1997, S. 198.
266
Valie Export, Tapp und Tastkino, 1968
Jahre später, hörte Fleming auf, unter seinem Pseudonym
aufzutreten.® RodForce, eine Kreuzung zwischen Superman
und Clown, war am Ende zu einem »Kerker meiner eigenen
Erwartungen und der meines Publikums« geworden.
»RodForce hat es nicht mehr gebracht«, räumt der Künstler
spöttisch ein. Nachdem er die Person begraben hatte, ver -
spürte er eine »Freiheit, die es mir ermöglichte, ohne Erektion
herumzulaufen«.™
Die radikale Hinterfragung der Geschlechterrollen, die Ende
der sechziger Jahre begann, hat sich in der Entwicklung des
Feminismus bis heute fortgesetzt. Anfangs mußte die
Frauenbewegung darum kämpfen, »andere in der Neuen
Unken (Frauen wie Männer) dazu zu bringen, die Unter -
drückung der Frau ernst zu nehmen'* und ihre Existenz quer
durch die Epochen wie auch ihre grundlegende Bedeutung
»als Prinzip sozialer Organisation« anzuerkennen.Da die
Frauenbewegung eng mit der Neuen Linken verbunden war,
reflektierte sie auch den Einfluß des Marxismus auf das kriti -
sche Denken; das bedeutete, daß Frauen ihre Unterdrückung
dadurch zu erklären versuchten, daß sie sie durch und über
die marxistischen Diskurse beschrieben und Betrachtungen
über Reproduktion und über die Arbeit, die die Erziehung und
Sorge um andere Menschen bedeutet, in die allgemeineren
Theorien von Produktion und Arbeit miteinbezogen. Um 1970
hatten einige Feministinnen bereits begriffen, daß sie durch
die Betonung der Ähnlichkeiten zwischen den Geschlechtern
die Anliegen der Frauen besser vorantreiben konnten,
während andere - Anhängerinnen des radikalen oder »gyno-
zentrischen« Feminismus - immer noch die Unterschiede
zwischen den Geschlechtern herausstellten.'“ Innerhalb die -
ser beiden Richtungen der frühen Siebziger tauchten noch
weitere Abspaltungen auf. Schwarze Feminisfinnen argumen -
tierten, daß allein der Begriff »Schwarze Feministin« die
afro-amerikanische Frau ungeachtet ihrer Erfahrungen als sol -
che bereits klassifiziert, und wiesen darauf hin, daß eine
Schwarze Feministin genausogut Frederiok Douglass oder
William E. B. DuBois in Frauengestalt sein könnte.
Diesen komplexen und heterogenen Debatten wurden reduk-
tionistische Stempel aufgedrückt: Der Begriff »essentia-
99 1986 lud mich Fleming ein, an einer seiner Performances mit -
zuwirken. Ich sagte zu unter der Bedingung, daß er den Namen
RodForce ablegen sollte, der mit den Performances, die wir
zwischen Ende 1986 und Ende 1992 zusammen gemacht haben,
nichts zu tun hatte.
100 Sherman Fleming (wie Anm. 93), S. 7.
listisch« stand für die erste Generation von Feministinnen (die
oft mit einem gynozentrischem Feminismus in Verbindung
gebracht wurden), während die zweite Generation als »kon -
struktivistisch« oder »poststrukturalistisch« (stark von den
psychoanalytischen Ansätzen Jacques Lacans und der Derri-
daschen Dekonstruktion beeinflußt) bezeichnet wurde. Lacan
und Derrida kritisierten jenen Subjektbegriff, der von »auto -
nomen, vorgeformten Konzeptionen des Subjekts und von
Sprachtheorien [ausging], die Bedeutung in begrifflichen oder
essentialistischen Formulierungen konstruierten«, als Aus -
wüchse einer »phallozentrischen« und »logozentrischen« Logik.
Mira Schor hat zusammen mit den feministischen Künst -
lerinnen Cheri Gaulke und Suzanne Lacy und Kunst -
historikerinnen wie Moira Roth und Lucy Lippard, die allesamt
besonders in der frühen Phase des Feminismus aktiv waren,
die Ursprünge der feministischen Performance-Kunst in die -
ser Zeit dokumentiert. Roth stellt eine Verbindung zwischen
feministischen Performances und feministischem Straßen -
theater her, wie es sich zum Beispiel in den Aktionen beim
»Stören der Miss America-Feierlichkeiten in Atlantic City
1968« und bei »der Verschmutzung jungfräulicher Museums -
räume mit rohen Eiern und Damenbinden als Protest gegen
den geringen Anteil an Künstlerinnen auf der Biennale des
Whitney Museums in New York« 1970 zeigt.'® Ferner weist
sie darauf hin, daß die Anfänge der Performance art an der
amerikanischen Ostküste untrennbar mit Flappenings, expe -
rimentellem Tanz, experimenteller Musik, Minimal art und
Konzeptkunst verwoben sind. Die West Coast-Performances
hatten laut Schor ähnlich vielfältige Wurzeln, so das
'»Improvisierte Theater« von Rachel Rosenthal, Ann Halprins
und Pauline Oliveros experimentelle Musik und experimentel -
len Tanz, die prozeßorientierte, ökologische, minimalistische
Arbeit von Barbara Smith und Bonnie Sherk sowie das
»Feminist Art Program< in Fresno unter der Leitung von Judy
Chicago. Die meisten amerikanischen Chronologien beginnen
mit dem »»Consciousness-raising« (CR), das in vielen Zentren
stattfand, so beispielsweise im Rahmen des Fresno Feminist
Art Program (initiiert von Judy Chicago), des Feminist Art
Program an der Cal Arts (1971, unter der Leitung von Chicago
101 Linda Nicholson (wie Anm. 76), S. 1-2.
102 Siehe Iris Young, »Humanism, Gynocentrism and Feminist
Politics«, in: Hypatia: A Journal of Feminist Philosophy, 3,
Sondernummer des Women’s Studies International Forum, 8, 3,
1985, S. 173-183.
103 Moira Roth, The Amazing Decade: Women and Performance Art
in America 1970-1980, Los Angeles 1983, S. 16.
267
Valie Export,
Aktionshose »Genitalpanik«, 1969
Valie Export,
Vagire, aus: Körper-Konfigurationen,
1972
268
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COUM Tyansmissions (Cosey Fanni ’nitti), Exhibit No. 29 (Ausstellungsobjekt Nr. 29), (Alpha No. 5) (Sex Magazine Art
Action Performance) (Sexmagazin Kunstaktion Performance), aus der Ausstellung »Prostitution«, Institute of Contemporary
Arts, London, Oktober 1976. Sammlung von Cosey Fanni Tutti
COUM lyansmissions Cosey Fanni Tutti), Exhibit No. 10 (Ausstellungsobjekt Nr. 10), (Park Lane No. 15) (Sex Magazine Art Action
Performance) (Sexmagazin Kunstaktion Performance), aus der Ausstellung »Prostitution«, Institute of Contemporary Arts, London,
Oktober 1976. Sammlung von Cosey Fanni Tutti
und Miriam Shapiro), bei der einmonatigen, von Womanhouse
unterstützten Aktionsreihe - einem »»environmental artwork'
von Frauen im Rahmen des Cal Arts Program von Los
Angeles« (1972) - sowie in dem 1973 eröffneten Woman’s
Building.™
In Europa zählen Valie Exports Guerilla-Performances zu den
ersten feministischen Aktionen. 1968 veranstaltete sie zusam -
men mit Peter Weibel Aktionen wie das Tapp und Tastkino.
Dabei stellte sich Export mit einer Mini-Theaterbühne, die sie
um ihre nackten, aber verdeckten Brüste gebaut hatte, auf die
Straße. Mit einem Megaphon forderte Weibel die Passanten
auf, näherzutreten, zwischen die Bühnenvorhänge zu greifen
und Valies Brüste zu berühren. Exports Erklärung zu dieser
Performance von 1968 zeigt deutlich, daß Avantgarde-
Bewußtsein häufig in soziales Bewußtsein mündet:
Dadurch, daß ich - in der Sprache des Kinos ausge -
drückt - die »Leinwand meines Körpers«, meine Brust,
von jedermann berühren ließ, überschritt ich die Grenzen
der gesellschaftlich anerkannten sozialen
Kommunikation. Meine Brust war »der Gesellschaft des
Schauspiels-' entzogen, die die Frau mit sich in die
»Objektivierung« gerissen hatte. Mehr noch, die Brust ist
nicht mehr Besitz eines einzigen Mannes; vielmehr ver -
sucht die Frau durch die freie Verfügbarkeit ihres Körpers
ihre Identität unabhängig zu bestimmen: das ist der erste
Schritt vom Objekt zum Subjekt.™
In schwarzem Hemd und schwarzer Hose mit herausge -
schnittenem Schritt, über der Schulter ein Maschinengewehr
- so trat Export 1969 in einem Münchener Pornokino in ihrer
Performance Aktionshose »Genitaipanik« auf. Dem Publikum,
das eigentlich gekommen war, um Genitalien auf der
Leinwand zu sehen, verkündete sie, daß »echte« Genitalien zu
haben seien, und daß sie alles tun könnten, wozu sie Lust hät -
ten. Sie erinnert sich:
Langsam ging ich die Reiheh ab, schaute den Leuten ins
Gesicht. Ich bewegte mich nicht besonders erotisch. Ich
ging langsam die Reihen entlang, das Gewehr zielte
jeweils auf die Köpfe der Leute in der Reihe hinter mir.
Ich hatte Angst und keine Ahnung, wie die Leute reagie -
ren würden. Während ich die Reihen abschritt, standen
die Leute nach und nach auf und verließen den Saal. Es
war für sie etwas völlig anderes, außerhalb des
104 Cheri Gaulke, »Performance Art of the Woman’s Building«, in:
High Performance, 3, 3^, Herbst/Winter 1980, S. 156-163.
105 Valie Export, zitiert in: Peter Nesweda, »In Her Own Image: Valie
Export, Artist and Feminist«, in: Arts Magazine, 65, 9, Mai 1991,
S. 71.
106 Valie Export in einem Interview mit Ruth Askey, in: High
Performance, 13, Frühjahr 1981, S. 80, und zitiert in: Barry
Kapk, .»Body as Sign: Performance and Film Works of Valie
Export«, in: High Performance, 45, Frühjahr 1989, S. 35.
Filmkontextes eine Beziehung mit diesem besonderen
erotischen Symbol einzugehen.'“
Im selben Jahr gründeten Peter Christopherson, Cosey Fanni
Tutti und Genesis P-Orridge in London COUM Transmissions.
Am 16. Oktober 1976 wurde im London Institute of Con -
temporary Arts »Prostitution« eröffnet, eine Ausstellung, die
durch Coseys Arbeit in der Sexindustrie und ihr Auftreten
in Pornoheften, deren Herausgeberin sie gleichzeitig war, in -
spiriert wurde. 1976 hatte sie bereits zwei Jahre lang als
»Glamour/Porno-ModeH für etwa vierzig Pornomagazine
gearbeitet, eine bewußte performative Strategie, die ihr das
Bildmaterial für COUMs »sexhibition« lieferte. Cosey interes -
sierte sich vor allem für die Unterschiede, die die britische
Gesetzgebung bei der Einstufung von Prostitution als
»Straftat« machte, und stellte heraus, daß »es an sich keine
Straftat ist, in der Öffentlichkeit Männer anzusprechen oder an
Straßenecken herumzustehen, es sei denn, man ist eine
weibliche Prostituierte«; der »Street Offences Act«, ein Gesetz
aus dem Jahr 1959, sei in erster Linie gegen weib -
liche Prostituierte gerichtet.'“^ Cosey verstand ihre Arbeit
in Pornoheften und -filmen als Infiltration des Massen -
bewußtseins durch seine eigenen Strukturen, als nüchterne
Analyse der Kommerzialisierung und Vermarktung von Sex:
Meine Projekte werden in unveränderter Form und sehr
nüchtern präsentiert, wie auch jedes andere COUM-
Projekt. Der einzige Unterschied ist, daß meine Projekte
das emotionale Ritual des Miteinanderschlafens mitein-
beziehen. Wenn ich eine Aktion mache, muß ich fühlen,
daß ich die Aktion bin und niemand anderer, keine Ein -
flüsse von außen, nur das reine Ich. Hier >coumen< die
Filme und Photos ins Spiel. Ich öffne mich vollständig, mir
selbst und durch meine Aktion auch anderen Leuten...Hier
wirst du COUM nur so sehen, wie du uns sehen willst. Die
Welt diktiert, was sie für Realität hält, und löscht dabei die
Realität aus, und wir, COUM, hören auf zu existieren.'“
Wie vorauszusehen war, machten die Medien und die
Öffentlichkeit einen großen Wirbel um »Prostitution«. »Wenn
das Kunst sein soll - was kommt dann als nächstes«,
kreischte das Londoner Blatt Evening News am Montag,
den 25. Oktober 1976. Wie es so ihre Art ist, entwarfen die
Medien nur ein oberflächliches Bild der Rolle von Kunst
und Künstlern und ließen die Problematik beiseite, die
107 Cosey Fanni Tutti, »Prostitution: Sex magazine action perfor-
manoe«, in: Curious, 46, Exhibit No. 36,1976. in dem Aufsatz
erklärt sie detailliert die Bedeutung von »Straftat« im rechtlichen
Sinn von Verhaftung.
COUM in bezug auf Prostitution, Sexindustrie, Pornofilm -
geschäft oder den Themenkomplex Sexarbeit und Kultur
ganz allgemein aufgeworfen hatte.
Vor dieser Ausstellung hatte die Gruppe bereits Aktionen auf
der Straße, in Galerien und auf Festivals veranstaltet, häufig
jedoch in einem Kontext außerhalb der damals für die
Aufführung von Performance-Kunst üblichen »alternativen
Räume«. Cosey Fanni Tuttis Künstlername ist ein Wortspiel
mit dem Titel von Mozarts berühmter Opera buffa Cosi Fan
Tutte (1790), in der im Neapel des 18. Jahrhunderts zwei junge
Offiziere, Ferrando und Guglielmo, gegenüber ihrem Freund
Don Alfonso mit der Treue ihrer beiden Verlobten, Dorabella
und Fiordiligi, prahlen. Don Alfonso wettet mit ihnen, daß sich
die beiden Schwestern bei der erstbesten Gelegenheit einem
anderen an den Hals werfen würden, und die drei Männer
schmieden einen Plan, um die Frauen auf die Probe zu stel -
len. Die Offiziere verkleiden sich als Albaner und umwerben
jeweils die Braut des anderen. Zunächst bleiben die beiden
Schwestern standhaft, dann aber erliegen sie dem exotischen
Charme der Männer und willigen in eine Heirat ein. Auf
der Scheinhochzeit erfahren die Frauen die Wahrheit und
schämen sich für ihren Wankelmut. Aber natürlich gibt es
ein Happy End: Ferrando und Guglielmo vergeben den
Schwestern, Don Alfonso gewinnt seine Wette und sinniert:
»Cosi fan tutte« (Alle Weiber sind gleich). Zweifaches Maß und
zweifache Moral: Ist es da ein Wunder, daß Frauen eine
multiple Identität entwickeln?
Ein Jahr vor der Gründung von COUM, am 27. Juni 1968,
führte Carolee Schneemann die Performance »Naked Action
Lecture« im London Institute of Contemporary Arts auf. Diese
unzweideutige und eindeutig feministische Aktion, im Zuge
derer die Künstlerin sich an und auszog, warf Fragen auf wie:
Kann eine Kunsthistorikerin eine nackte Frau sein?
Hat eine Frau intellektuelle Autorität?
Kann sie eine öffentliche Autorität haben, während sie nackt
dasteht und spricht?
War der Inhalt des Vortrags weniger wertvoll, weil sie nackt war?
Welche unterschiedlichen Ebenen von Unbehagen, Vergnü -
gen, Neugier, erotischer Faszination, Akzeptanz oder Ab -
lehnung wurden im Publikum angesprochen?'®
Schneemann hatte in den fünfziger Jahren Simone de
Beauvoirs Le deuxieme sexe gelesen und bereits damals
108 Erklärung im I.C.A. Bulletin, Oktober/Dezember 1976.
109 Sämtliche Zitate aus Naked Action Lecture sind nachzulesen in:
Carolee Schneemann (wie Anm. 25), S. 180-81.
w
271
Orlan, Baiserde l’Artiste (Kuß der Künstlerin),
1976 - 77. Sammlung der Künstlerin
IHIROBURt.
It
imisjB
n
erkannt, daß sie nicht nur in ihren persönlichen Beziehungen
(insbesondere mit ihrem Ehemann, dem Komponisten James
Tenney, und mit ihrem gemeinsamen Freund Stan Brakhage),
sondern auch im Beruf ständig um Anerkennung und
Gleichberechtigung kämpfen mußte. Gleichzeitig war
Schneemann auch von den Arbeiten Reichs und Artauds
beeinflußt und nahm an der Auslebung von Sinnlichkeit ihrer
Generation teil. Tenney und Schneemann traten gemeinsam
in Brakhages Loving und in ihrem eigenen Stück Meat Joy
(1964) auf, das die Künstlerin als ein »Antreiben ...in Richtung
Ekstase« beschreibt, als ein »Schwanken zwischen Zärt -
lichkeit, Wildheit, Präzision, Hingabe: Eigenschaften, die
jederzeit sinnlich, komisch, freudig, abstoßend oder auch ein
erotisches Ritual sein können: exzessiv, nachsichtig, ein
Zelebrieren des [männlichen und weiblichen] Fleisches als
Materie«."“ Auch ihr erotischer Film Fuses (1964-65) ist eine
heterosexuelle Feier von Sexualität. Gleichzeitig aber waren
diese Arbeiten, die die sexuelle Befreiung der Frau forderten,
auch selbstbewußte Aktionen, in denen die Frau im
Mittelpunkt steht und ihr eigenes Bild entwirft. In einem Text
mit dem prophetischen Titel »Istory of a Girl Pornographer«,
der COUMs »Prostitution« vorwegnahm, schreibt Schnee -
mann: »ICH DURFTE EIN BILD SEIN/ABER KEINE BILD -
SCHAFFENDE, DIE IHR SELBSTBILD ENTWIRFT.«"’
Ulrike Rosenbach hat sich in vielen ihrer Arbeiten damit
beschäftigt, wie Frauen darum kämpfen, ein Bild von sich
selbst zu entwerfen - mit den Worten von Virginia Woolf
LE BAISERiPDELARTIStfi
110 lbid.,S.63.
111 Schneemann, »Istory of a Girl Pornographer«, in: Schneemann (wie
Anm.25), S. 194.
272
Gustav Metzger, South Bank Demonstration, London 1961
gesprochen, »ein Zimmer für sich aliein« zu haben; Don't
Believe l’m an Arnazon (1975) halte ich jedoch für ihr in dieser
Hinsicht eloquentestes Werk. Darin konfrontierte Rosenbach
zwei stereotype Darstellungsformen der Frau: die reine
Mutter/Madonna und die kriegerische, maskuline (sprich les -
bische) Amazone. Die Künstlerin schoß mit Pfeilen auf eine
Zielscheibe, die mit einer Schwarzweißreproduktion von
Stephan Lochners berühmtem Gemälde Madonna mit Kind
bezogen war. Gleichzeitig wurde Rosenbachs Aktion mit einer
Videokamera durch ein viereckiges Loch in der Mitte der
Zielscheibe gefilmt. In einem späteren Video der Performance
»wird das Bild der Pfeile schießenden Rosenbach über das
Bild der Madonna projiziert«.'’^
1971, im selben Jahr, in dem Linda Montane sich als non -
nenartiger »Living Angel« (Lebender Engel) präsentierte, taufte
sich Orlan in St.Orlan um und begann, ihren Körper in die
kunstvollsten barocken Gewänder zu hüllen und in lebenden
Bildern zu posieren. Auch der Name »Orlan« stand eigentlich
für eine fiktive Identität, die die Künstlerin vermutlich bereits
als Teenager angenommen hatte. 1990 startete Orlan mit
The Reincarnation of St. Orlan die erste einer Reihe von
Schönheitsoperationen - Performances, die die Künstlerin
Schritt für Schritt in das männliche Ideal weiblicher Schön -
heit verwandeln sollten, das auf der Vorlage von fünf sorg -
fältig ausgewählten berühmten Renaissance- und Barock-
Gemälden basierte; die Nase von Diana (eine nicht zuweis-
bare Skulptur aus der Schule von Fontainebleau), der Mund
von Bouchers Europa, die Stirn von Da Vincis Mona Lisa, das
Kinn von Botticellis Venus und die Augen von Gerömes
Psyche.'
Elaine Scarry stellt die These auf, daß »der einzige Zustand,
der dem Schmerz in seiner Abnormität gleichkommt, die
Phantasie ist«, und daß »sich der Zustand des Schmerzes
durch das Fehlen jeglichen Objekts auszeichnet, wohingegen
die Phantasie der einzige Zustand ist, der gänzlich aus seinen
Objekten besteht.«’”' Imaginäre und echte Wunden-verbun -
den (wie in Onos Conversation Piece) oder blutend (wie in den
vielen masochistischen Aktionen Gina Panes) - sind Ausdruck
echten psycho-physischen Schmerzes. Diese Aktionen
erzählen vom Leiden, verleihen ihm Gestalt. Sie beschreiben
den unsäglichen Zustand, in dem sich das Innenleben einer
Frau befinden kann. Indem sie diese psychisch zerstörenden
Verletzungen zum Ausdruck bringen, verschaffen sich die
Künstlerinnen eine Stimme, durch die sie wieder ein konkre -
tes Gefühl von persönlicher Erfahrung und Selbstintegrität
äußern und erleben können. Noch dringlicher ist jedoch
das Bedürfnis, anderen ihre innere Realität mitzuteilen -
sie zu materialisieren. Schmerz und Trauma brauchen Zeu -
gen, die an der identitätsspaltenden weiblichen Erfahrung
von Vergewaltigung und Zerstörung durch das Patriarchat
teilhaben. In solchen Performances liefern die Körper der
Frauen dem Betrachter Beweismaterial. Feministische Perfor -
mance-Künstlerinnen haben körperliche Darstellungen
der mannigfaltigen Widersprüche jener Unterdrückung und
jenes Leids geschaffen, die es bedeutet, eine Frau im
Reich des Patriarchats zu sein, und dabei eine visuelle
Sprache entwickelt, die quer durch die politische Bewe -
gung des Feminismus zu sehen und zu hören ist und bis
heute fortbesteht.”“*
VI. DIAS
1959 verfaßte Gustav Metzger das erste von fünf Manifesten,
die die Grundlage der »Auto-Destructive Art« darstellten.’”' Zu
dem Zeitpunkt, als auch die ersten Happenings stattfanden,
brachte Metzger systematisch eine Theorie und eine Praxis
zum Ausdruck, die Zerstörung als soziales und ästhetisches
Phänomen darstellt:
Selbstzerstörende Kunst
Selbstzerstörende Kunst ist in erster Linie eine Form von
öffentlicher Kunst für Industriegesellschaften,
Selbstzerstörende Malerei, Skulptur und Konstruktion ist
eine Einheit von Idee, Schauplatz, Form, Farbe, Methode
und Timing des desintegrativen Prozesses.
Selbstzerstörende Kunst kann mit natürlichen Kräften,
traditionellen künstlerischen Techniken und technischen
Mitteln geschaffen werden.
112 Claudia Lupri, »Essay: Transformations«, in: Ulrike Rosenbach.
Video, Performance, Installation 1972-1989, Toronto 1989, S. 15.
* Orlan berichtigt: Die Performance hat keineswegs die inkarnation
des männlichen Ideals weiblicher Schönheit zum Ziel. Die Vorlagen
wurden vielmehr aufgrund ihrer Geschichte und ihrer psychologi -
schen Eigenart ausgewählt, denn jedes andere als das subversive
Schönheitsideal will Orlan zwar befragen, aber nicht verkörpern. Im
übrigen hat Orlan die Bilder mit ihrem eigenen vermischt und so einen
Hybriden jenseits jeder Idealvorstellung geschaffen, sie bedient sich
nicht der Methode des Zeuxis, sondern unterläuft diese. Zudem war
der ursprüngliche Hybride nur ein Anhaltspunkt, um die Chirurgen zu
leiten und ihnen etwas anderes als ihre eigenen Modelle aufzuzwin -
gen.
113 Scarry (wie Anm. 4), S. 162.
114 Helene Cixous, Inside, übers, von C. Barko, New York 1986, S.
97.
115 Siehe Metzgers Manifeste, nachgedruckt in: Kristine Stiles und
Peter Selz (Hrsg.), Theories and Documents of Contemporary
Art, Berkeley 1996, S. 401-404.
273
Die verstärkten Geräusche des Selbstzerstörungsprozes -
ses können ein Element des Gesamtkonzepts sein.
Der Künstler kann mit Wissenschaftlern und Ingenieuren
Zusammenarbeiten.
Selbstzerstörende Kunst kann maschinell hergestellt und
am Fließband zusammengebaut werden.
Die Lebensdauer von Selbstzerstörenden Bildern, Plasti -
ken und Konstruktionen kann von wenigen Augenblicken
bis zu zwanzig Jahren betragen. Sobald der desintegra-
tive Prozeß abgeschlossen ist, ist das Werk vom Schau -
platz zu entfernen und wegzuwerfen.
Als öffentliche Skulpturen im städtischen Raum waren die
selbstzerstörenden Kunstwerke mit hochmodernen techni -
schen und elektronischen Vorrichtungen ausgestattet, die sie
implodieren und sich selbst zerstören ließen. Diese standort -
sensiblen und standortspezifischen Skulpturen erforderten
die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Künstlern und
veranschaulichten typische Aspekte des Verfalls und Ver -
derbens jener Krisenkultur, in der sie entstanden waren. Das
Konzept der »Selbstzerstörenden Kunst« verdichtete einen
gewaltigen Raum von erlebter Zerstörung und Zerstörungs -
technologie (und den damit einhergehenden Überlebens -
ethos) in einer handhabbaren Darstellung. Der wichtigste As -
pekt der selbstzerstörenden Kunst war jedoch ihr Ver -
schwinden.
Metzger formulierte seine Theorie genau zwanzig Jahre, nach -
dem seine Familie 1939 in Nürnberg von der Gestapo verhaftet
und er im Alter von 12 Jahren nach England geschickt worden
war. Zwanzig Sekunden entsprechen der Zeit, die die Nazis
brauchten, um seine Familie umzubringen und damit seine
persönliche Welt zu zerstören, zwanzig Jahre jedoch mußten
vergehen, bis seine eigene Selbst-Transformation gereift war.
In der Zerstörungskunst ist Zeitlichkeit der Indikator für Dauer;
sie konfrontiert das Bewußtsein mit dem Zyklus von Kon -
struktion und Destruktion, der Kulturprodukten und tech -
nischen Objekten ebenso eigen ist wie der Natur. Diese
Zeitlichkeit schreibt die Erinnerung an die Endlichkeit erneut in
die Psyche des sozialen Körpers ein, und bei der Neubildung
des Bewußtseins rund um das Überlebenskonzept funktioniert
ebendiese Erinnerung als affektives Agens.
116 The Museum of Modern Art, New York, Pressemitteilung vom 8.
März 1960, Bibliothek des Museum of Modern Art, Künstlerakte
Jean Tinguely.
117 Für eine vollständige Rekonstruktion nicht nur von DIAS, sondern
auch von Metzgers künstlerischer Biographie und der theoretischen
und praktischen Entwicklung der Verwendung von Zerstörung in der
Kunst Ende der fünfziger und im Laufe der sechziger Jahre siehe
Ein gutes Beispiel für Metzgers Praktik ist seine South Bank
Demonstration vom 3. Juli 1961. Auf dem Kopf eine Gas -
maske als Schutzvorrichtung, spritzte Metzger Salzsäure auf
drei Nylonplanen in den Farben Weiß, Schwarz und Rot - eine
Anspielung auf Kasimir Malewitsch und den russischen
Suprematismus -, die auf 2 Meter hohe, knapp 4 Meter lange
und 1,80 Meter tiefe Rahmen gespannt waren. Die
Nylonplanen lösten sich innerhalb von 15 Sekunden nach der
Berührung mit der stark ätzenden Flüssigkeit auf. Metzgers
Aktion fand vor dem Hintergrund eines urbanen Büro -
gebäudekomplexes statt, vor dem sich eine Menschenmenge
- größtenteils Geschäftsleute - versammelt hatte.
So faszinierend und originell Metzgers South Bank
Demonstration gewesen sein mag, sein Konzept der
Selbstzerstörenden Kunst wurde bereits drei Monate nach
Erscheinen seines ersten Manifeste von dem Spektakel über -
schattet, das Jean Tinguelys Homage to New York bot, als es
am 17. März 1960 versehentlich in Flammen aufging. New
York - immer für eine Extravaganz zu haben - stürzte sich dar -
aufhin begeistert auf Tinguely. Im Museum of Modern Art fand
das Werk die Unterstützung von Peter Selz, dem mächtigen
MoMA-Kurator für Malerei und Plastik. Das MoMA gab eine
offizielle Pressemitteilung heraus, in der das Publikum
gewarnt wurde: »Die Räumlichkeiten sind begrenzt, aber uns
ist natürlich sehr daran gelegen, die Presse und das geladene
Publikum so unterzubringen, daß alle das Schauspiel sehen
können.«”® Alfred H. Barr, Jr. (der damalige Direktor des
Museums) verglich Tinguely mit niemand Geringerem als
Jules Verne, Leonardo da Vinci, Rübe Goldberg, Piranesi,
Alexander Calder, Man Ray, Francis Picabia und selbstver -
ständlich Marcel Duchamp. In Anbetracht dieses PR-
Blitzkriegs überrascht es nicht, daß Tinguely über Nacht
berühmt wurde, und sein Platz in der Kunstgeschichte gesi -
chert war. Das Werk selbst war magisch und gefährlich, und
es erforderte die geballte Kraft der New Yorker Feuerwehr, um
die Flammen wieder zu löschen.
Metzgers eindrucksvollstes Werk jedoch war die Realisierung
des Symposiums zur Zerstörung in der Kunst (DIAS), das den
ganzen September 1966 über in London stattfand.Diese
multinationale, multidisziplinäre und internationale Veran-
meine unveröffentlichte Dissertation (Anm. 3) sowie zahlreiche
andere meiner Publikationen zu diesem Thema, aus denen ich in
diesem Aufsatz zitiert habe. Nicht autorisierte und nicht als Zitat aus -
gewiesene Teiie meiner Dissertation enthäit auch Justin Floffmanns
Destruktionskunst: Der Mythos der Zerstörung in der Kunst der
frühen sechziger Jahre, München 1995, und Andrew Wiisons Gustav
Metzger: -damaged nature, auto-destructive arf«, London 1996.
274
staltung zog fast einhundert Künstler und Dichter (größtenteils
Pioniere des Happenings und der Konkreten Poesie) aus ins -
gesamt fünfzehn Ländern in Ost- und Westeuropa, den USA,
Südamerika und Japan an. All die verschiedenen Künstler und
Dichter, die direkt oder indirekt an DIAS teilnahmen, wurden
durch ihre Antwort auf das Thema Zerstörung in der Kunst ver -
bunden. Allerdings bildeten sie zu keiner Zeit eine Bewegung
und gaben nie ein gemeinsames Manifest oder Buch heraus.
Sie gründeten auch keine Begegnungsstätte, um Ideen zu dis -
kutieren oder auszutauschen, und stellten nach DIAS nie
wieder als Gruppe aus.”® DIAS war jedoch nicht nur ein Monat
voller Events, sondern auch eine Sternstunde der Kunst, in der
eine kleine Gruppe internationaler Künstler genau durch -
dachte, kritische Ansichten darüber teilte, wie Zerstörung in der
Kunst als schöpferisches Element, als konzeptueller Rahmen,
als Lebenseinstellung und als Möglichkeit eingesetzt werden
konnte, das Material der Kunst mit gesellschaftlichen Er -
eignissen und Bedingungen zu verknüpfen. Zum harten Kern
von Künstlern aus dem gegenkulturellen Underground der
Mitte der sechziger Jahre zählten Günter Brus, Henri Chopin,
Ivor Davies, AI Hansen, Kurt Kren, John Latham, Jean-Jacques
Lebel, Anna Lockwood, Otto Mühl, Hermann Nitsch, die Dutch
Provos, Yoko Ono, Raphael Montanez Ortiz, Wolf Vostell und
Peter Weibel. Zu den Künstlern, die Arbeiten für DIAS ein -
sandten, aber nicht persönlich teilnehmen konnten, gehörten
Enrico Baj, Milan Knizäk, Ad Reinhardt, Dieter Roth und viele
andere, einschließlich einer Gruppe argentinischer Dichter und
Maler (Jorge Lopez Anaya, Jorge Roiger, Silvia Torras und Luis
Alberto Wells), die der argentinische Maler Kenneth Kemble
1961 unter dem Titel »Arte Destructivo« in einer Gruppen -
ausstellung in der Galeria Lirolay in Buenos Aires versammelt
hatte. Kemble schickte Dokumentationen über die Aktivitäten
der Gruppe an die DIAS-Veranstalter, Photos von veränderten
und zerstörten Objekten, die sie als Skulpturen ausgestellt hat -
ten, und Audiokassetten mit ihrer Destruktionsmusik und
-dichtung. Kurze Zeit nach dieser Ausstellung hatte sich die
Gruppe aufgelöst, und das ausgestellte Material tauchte erst
bei DIAS wieder auf. Zu guter Letzt nahmen noch zwei
Psychiater an DIAS teil: Ehrling Eng, ein Amerikaner, der sich
mit Vietnamveteranen beschäftigte, und Joseph Berke, ein
amerikanischer Mitarbeiter von R.D, Laing in Kingsley Hall,
dem radikalen Antl-Psychiatrie-Zentrum im Londoner East
118 Während DIAS fanden eine Reihe von Diskussionen über die
Aufführung weiterer DIAS-Events in New York City und Tokio
statt. Als Ortiz wieder zurück in New York war, organisierte er
gemeinsam mit Jon Hendricks >»DIAS: NYC«. Zwar sagten die
beiden Künstler die Veranstaltung nach dem Mord an Martin
Luther King wieder ab, 1968 fand jedoch eine DIAS-Vorschau
mit Arbeiten von Hermann Nitsch, Charlotte Moorman, Bici
Hendricks, Ortiz und anderen statt. Ortiz fungierte außerdem als
Berater für die ebenfalls 1968 von Elaine Vahan im Finch
College Museum in New York organisierte Ausstellung
»Destruction Art«. Darüber hinaus arbeiteten Jon Hendricks und
Ortiz 1967 gemeinsam an dem Event »12 Evenings of
Maniputions« in der Judson Church, New York, bei dem zahlrei -
che Aktionen aufgeführt wurden, die Zerstörungsprozesse
beinhalteten, wie beispielsweise Nam June Paiks Cutting My
Arm, eine Aktion, bei der sich der Künstler mit einer Rasierklinge
lange x-förmige oder kreuzförmige Zeichen in die Arme ritzte.
Siehe Photos in: John G. Hanhardts Nam June Paik, New York
1982. S. 40.
275
Wolf Vostell, 130 ä l'heure (130 in der Stunde),
No. 1, aus: Nein-9-de-coll/agen, 1963
Wolf Vostell, TV-Hospital Beds (TV-Spitalbetten), aus: You, Great Neck,
New York 1964. Sammlung des Künstlers
George Maciunas, One Year, (128 LB) (Ein Jahr [128LB]j, ca. 1972. Sammlung Block
End, wo Berke mit der berühmten Patientin Mary Barnes
arbeitete.”^
Allein die Liste der an der Organisation von DIAS Beteiligten
läßt darauf schließen, daß die Veranstaltung in der Tat einen
wichtigen Moment in der Geschichte des internationalen
Austauschs zwischen Künstlern und Dichtern aus den Reihen
der linken Gegenkultur markiert, die sich zu der Zeit mit
Zerstörung in Kunst und Gesellschaft befaßte. Der irische
Dichter John Sharkey half Metzger bei der Zusammenstellung
der Teilnehmer und bei der Organisation der Events. Der
Dichter Bob Cobbing, seinerzeit Manager von Better Books,
einem Londoner Buchladen, der Mitte der Sechziger als
Sammelbecken für Dichterlesungen und Performances des
internationalen literarischen und künstlerischen Under -
grounds diente, war ebenso Mitglied des Organisationskomi -
tees wie der Benediktiner Dom Sylvester Houedard, seines
Zeichens auch Dichter der konkreten Poesie. Roy Ascott, ein
britischer Künstler, Theoretiker und Lehrer, der sich stark für
Kybernetik interessierte, warneben Mario Amaya, dem dama-
119 Berke kam 1965 nach Kingsley Hall, wo er fast das ganze näch -
ste Jahr lang lebte. Dort behandelte er Mary Barnes, eine als
schwer schizophren diagnostizierte Krankenschwester mittleren
Alters, die Laing und Berke durch eine, wie sie es ausdrückten,
»emotionale Todes- und Wiedergeburtserfahrung« führten, eine
radikale Methode, um die Patientin zu heilen. Nach ihrer Ankunft
in Kingsley Hall wurde Barnes zur »Regression«, zum Wieder -
erleben des Geburtstraumas ermutigt, eine Methode, durch die
ihr gegenwärtiges Erleben wiederhergestellt werden sollte. Zu
Berke siehe »>Anti-Psychiatry‘«. Siehe auch Berkes Bücher
Butterfly Man und Counter Culture. Siehe auch Barnes
ligen Herausgeber der neuen Kunstzeitschrift Art and Artists,
ebenfalls an der Organisation von DIAS beteiligt.
Als erster Happening-Künstler Deutschlands und Vertreter
einer Symbolik und Darstellungsweise, die auf Zerstörung und
Gewalt in Medien und Gesellschaft gründete, verlieh Wolf
Vostells Name dem Organisationskomitee eine gewisse
Autorität in Sachen deutscher Happening-, Fluxus- und
Aktionskunstkultur. Darüber hinaus war Vostell Herausgeber
von de-coll/age: Bulletin Aktueller Ideen (1962-1969), einer
umfassenden Zeitschrift mit Originaltexten von Künstlern und
theoretischen Betrachtungen zu der breiten Palette interna -
tionaler Aktivitäten im Bereich Happening, Fluxus, Aktions -
kunst und Pop art. Vostells Hauptaugenmerk galt der Verbin -
dung von Zerstörung, Gewalt und Sexualität, und insbeson -
dere ihrer Darstellung in den Medien.'“
1959 begann Vostell ausgesuchte Photos aus populären
Magazinen auf Leinwand und Papier zu übertragen (ein
Verfahren, das unabhängig davon 1958 auch von Rauschen -
berg entwickelt wurde). Im selben Jahr verwendete er Fern-
und Berke, Mary Barnes: Two Accounts ofa Journey Through
Madness, New York 1972.
120 Siehe das Sonderheft über DIAS in: de-coll/age: Bulletin
Aktueller Ideen, 6, Juli 1967. Die ZERO-Gruppe (Otto Piene,
Heinz Mack und 1961 auch Günter Uecker) hatte mit der
Produktion öffentlicher Spektakel begonnen, die sich auf die
Schnittstelle zwischen Kunst und Technologie konzentrierten,
und setzte dabei Projektionen, Rauch, Feuer, Spiegelungen,
Schatten, Schwingungen und andere Licht- und Bewegungs -
phänomene ein.
276
sehapparate in seiner instailation TV de-coll/age for Millions:
es war das erste Mal, daß dieses Medium überhaupt in der
Kunst eingesetzt wurde. Er akzeptierte das Fernsehen ais
Verbreiter der »beiden großen Themen des zwanzigsten
Jahrhunderts: Zerstörung und Sex«. Vosteil kam auf den
Begriff de-coll/age, ais er den Ausdruck 1954 in einer
Schiagzeiie der französischen Tageszeitung Le Figaro ent -
deckte, die vom Absturz eines Fiugzeugs berichtete, das
gerade gestartet war. Er trennte das Wort in Siiben, um sowohi
die Differenz ais auch die Kontinuität von kreativen und
destruktiven Prozessen hervorzuheben (»coii« für Coiiage
oder Konstruktion und »de« für demontieren oder Dekon-
struktion), und verwendete den Begriff ais synthetisierendes
Prinzip für die destruktiv/kreative Diaiektik westlicher Episte-
moiogie und ais bestimmendes theoretisches Prinzip seiner
Kunst. 1958 entstand mit Theateron the Street Vosteils erstes
großangeiegtes cfe-co///age-Flappening. Da sie in der sozia -
len Arena als »Waffen zur Politisierung von Kunst« eingesetzt
werden konnten, erlangten Nein-9-de-coll/agen 1963 allerorts
Beachtung in den Medien.'^^ Für diese Arbeit mietete der
Künstler eine Lokomotive, um damit einen quer über die
Bahnschienen geparkten Mercedes zu rammen und zu zer -
stören. Vostells absichtliche Vernichtung eines hochge -
schätzten Produkts deutscher Wertarbeit war nicht nur ein
121 De-coll/age tauchte auch in der Arbeit von Raymond Hains auf,
der 1949 anfing, zerissene Piakate (affiches lacerees) von Pariser
Reklametafein zu sammeln. Hains und Jacques de Villegle,
Frangois Dufrene und Mimmo Rotello stellten die zerrissenen
Plakate als öffentliche Relikte aus, die durch einen neuen Kon -
text zu Kunst wurden. In diesem neuen Rahmen, der Ausstel -
lung, machten affiches lacerees die wechselseitigen Prozesse
und Verknüpfungen zwischen Destruktion und Kreation,
Konstruktion und Dekonstruktion und den Objekten und
Institutionen der Bildenden Kunst und den Artefakten der
Populärkuitur sichtbar.
277
Wolf Vostell, You, Great Neck, New York 1964
dramatisches Schauspiel und eine Kritik an der deutschen
Warenkultur, sondern rief gleichzeitig Erinnerungen an deut -
sche Züge wach, die nur achtzehn Jahre zuvor Menschen zu
ihrer Vernichtung transportiert hatten. Vostell spielte nicht nur
in der Entwicklung des Happenings eine zentrale Rolle, son -
dern war außerdem Mitbegründer des Fluxus in Europa; er
brachte Künstler wie Nam June Paik (der nach Deutschland
gekommen war, um Avantgarde-Musik zu studieren) und
Joseph Beuys (damals Dozent an der Düsseldorfer
Kunstakademie) mit dem Künstler George Maciunas zusam -
men, der im September 1962 in Wiesbaden das erste
Fluxus-Festival einer Europa-Tournee eröffnete. 1964 nahm
Vostell in den USA an dem von George Brecht und Robert
Watts organisierten Yam-Festival teil, auf dem er You insze-
I
I
278
Yoko Ono, Cut Piece
(Schneide-Performance),
Carnegie Recital Hall,
New York 1965
nierte, ein beklemmendes Happening, dessen mit Stachel -
draht umwickelte Fernseher auf den Vietnamkrieg verwiesen.
Joseph Beuys wird häufig als der Künstler gerühmt, der in
Deutschland die Diskussion über den Zweiten Weltkrieg er -
möglicht hat. Dabei kann Vostell mit seinen Happenings und
Installationen der späten fünfziger und frühen sechziger Jahre
durchaus als Wegbereiter der Diskussion und kulturellen
Konfrontation mit der Nazi-Ära gelten. Seine Arbeiten sind
unbestreitbar Symbole des Kriegs, sie üben Kritik an der
Konsumgesellschaft und rufen die Zerstörungsprozesse des
Lebens visuell in Erinnerung.
Yoko Onos Anwesenheit bei DIAS war für Metzger nicht nur
deshalb von zentraler Bedeutung, weil sie eine Frau war (er
versuchte so viele Frauen wie möglich zur Teilnahme zu bewe -
gen; auch Schneemann sollte kommen, mußte aber absagen,
weil ihr die finanziellen Mittel fehlten), sondern auch, weil sie in
ihrer Arbeit Zerstörung mit zwischenmenschlichen, oft intimen
Beziehungen auf besondere Weise in Verbindung brachte.
Dieses Element kam insbesondere in Cut Piece, einer der zahl -
reichen Aktionen, die sie während DIAS aufführte, zum Tragen.
Ono hatte die Performance zum ersten Mal 1964 in Japan und
ein weiteres Mal 1965 in der New Yorker Carnegie Hall aufge -
führt. Nachdem sie das Publikum aufgefordert hatte,
heraufzukommen und ihr die Kleider vom Leib zu schneiden,
saß sie während der Performance bewegungslos auf der
Bühne; wenn Ihre Brüste entblößt wurden, bedeckte sie sie mit
den Händen. Cut Piece enthüllt die Wechselbeziehung zwi -
schen Exhibitionismus und Schaulust, zwischen Opfer und
Täter, zwischen Sadist und Masochist; als heterosexuelle Frau
legt Ono das geschlechterspezifische Verhältnis männlicher
und weiblicher Subjekte als Objekte füreinander offen.’^^ Cut
Piece stellt auch das psychische Erlebnis dar, ein Objekt für
andere zu sein, was Ono 1971 in einem »Statement- so aus-
drückte: »Die Leute schnitten immer weiter Teile ab die sie an
mir nicht mochten bis schließlich nur noch der Kern von mir
übrig war der in mir war aber sie gaben sich immer noch nicht
zufrieden und wollten wissen wie es in dem Kern aussieht.«'^®
Über soziale und politische Themen und die Geschlechter-
Problematik hinaus befaßte sich Cut Piece auch mit
ästhetischen Gesichtspunkten. Cut Piece dekonstruierte das
Subjekt/Objekt-Verhältnis, das den Hintergrund für das
Gebäude der Kunst bildet - die häufig vorausgesetzte un -
durchdringliche Neutralität des allgegenwärtigen Kunst -
objekts und des distanzierten, entfernten Kunstbetrachters.
Ono demonstrierte in Cut Piece die Verantwortlichkeit des
Betrachters für die Bedingung, die Rezeption und Erhaltung
von Kunstobjekten, indem sie zeigte, daß eine verantwor -
tungslose Betrachtung in das Objekt der Wahrnehmung
schneidet und es zerstört.
Solche Arbeiten sind vermutlich Ausdruck der von ihr emp -
fundenen Marginalisierung in der New Yorker Kunstwelt der
sechziger Jahre. »(Ich wurde) nicht akzeptiert, selbst in der
Avantgarde nicht«', erklärte sie, »weil in der New Yorker Avant -
garde coole Kunst angesagt war, keine heiße, [und] was ich
mache zu emotional war; in gewisser Weise fanden sie es zu
animalisch.«^24 |p, {Jq,- post-abstrakt-expressionistischen
Schule der Beatnik-Coolness, die in New York zum Minimalis -
mus erstarrte und in der Beschränkung des Fluxus verhärtete,
empfand man Onos Werk - wie das vieler Künstler, die im
Zusammenhang mit Happenings und DIAS tätig waren - als
übertrieben. In der Tat fühlten sich Ono, Schneemann und
Shigeko Kubota - allesamt Frauen, die sich in ihrer Arbeit mit
dem instinktiven Ausdruck von Sexualität und Emotion
beschäftigten - von ihrem eigenen Umfeld ignoriert.
122 Für eine umfassendere Untersuchung des Problems der
Relationalität in ihrem Werk wie auch in ihrer Verbindung mit
Lennon, siehe mein »Unbosoming Lennon: The Politics of Yoko
Ono's Experience», in: Art Criticism, 7, 2, Frühjahr 1993, S.
21-54, neu aufgelegt in Havana 1994.
123 Siehe Ono's »Statement« in: VUiage Voice, 7. Oktober 1971,
S. 20.
124 Yoko Ono in: Melody Sumner, Kathleen Burch und Michael
Sumner (Hrsg.), The guests go in to supper: John Cage, Robert
Ashley, Yoko Ono, Laune Anderson, Charles Amirkhanian,
Michael Peppe, K. Archley, Oakland — San Francisco 1986, S.
174.
279
Shigeko Kubota. Vagina Painting
(Vaginalmalerei),
Perpetuai Fiuxus Festival,
New York, 4. Juli 1965
Kubota zum Beispiel erinnert sich, daß ihre Fluxus-Freunde
und -Kollegen Vagina Painting gehaßt hatten, eine Perfor -
mance, die sie am 4. Juli 1965 aufführte, als sie genau ein Jahr
in New York lebte.'^® Bei dieser Arbeit legte Kubota einen
Bogen Papier auf den Boden, hockte sich darüber und
begann, mit einem Pinsel, den sie zuvor an ihrer Unterhose
befestigt hatte, zu malen. Sie tauchte den Pinsel in tote Farbe,
bewegte ihn über das Papier und erzeugte so ein eloquentes,
gestisches Bild, das Action painting nach den Codes der
weiblichen Anatomie neu definierte, weibliche Geschlechts -
merkmale und Körperfunktionen übertrieben darstellte - und
zudem komisch war! Der direkte Verweis auf den Menstru -
ationszyklus scheint das Kontinuum von Fortpflanzung/
Schöpfung, das im Inneren der Frau verborgen ist, mit den
zeitlichen Zyklen von Veränderung und Wachstum zu verglei -
chen, die Kubota in ihrer eigenen Kunst und in ihrem Leben
erfahren hatte, nachdem sie von Japan in die USA gezogen
war. Ihre künstlerische Nachkommenschaft erschließt sich
125 Kubota in einem Telefongespräch mit der Autorin, 12. Juni 1991;
und Yoko Ono in ibid.
126 Eiaine Scarry (wie Anm. 4), S. 117. Kubota hat ihren Diskurs des
sozialen und biologischen Geschlechts in ihrer nächsten
Videoinstallation fortgeführt. in Video Poem (1968-1976) steckte
Kubota einen 19-Zoll-Monitor, auf dem ein farbsynthetisiertes
Ein-Kanal-Tape mit einem Selbstporträt von ihr lief, in eine
Nylontasche mit Reißverschluß und schuf damit eine skulpturale
Form, die dem Vaginalbereich ähnelte. Ein Vagina Painting reflek -
tierendes Gedicht zu dieser Arbeit erscheint als Video Poem
(1968-1969) in »Duchampiana«, in: Tracks: A Journal ofArtists'
Writings, 3, 3, Herbst 1977, S. 63; und in: Mary Jane Jacob
(Hrsg.), Shigeko Kubota: Video Sculpture, New York 1991, S. 18.
127 Historisch auf die passive Rolle der mythischen »Muse« reduziert,
diente das Weibliche in der westlichen Kultur bislang als kreative
aus dem Aktionstext des metaphorischen Bluts, durch den sie
das immaterielle, kreative, biologische Zentrum der Frau
objektiviert; in dem konkreten Bild legt es Zeugnis von ihrer
künstlerischen Kraft ab. »Eine materielle Form zu haben«,
schrieb Eiaine Scarry, »bedeutet, eine selbst-schöpfende
Form zu haben.Obwohl es vielleicht gar nicht in ihrer
Absicht lag, thematisierte Kubota mit Vagina Painting die
Diskriminierung der Frau als weibliche Muse.'^' Ihre Aktion ist
eine Selbstbehauptung der Frau als Quelle ihrer eigenen
künstlerischen Inspiration, als das Geschlecht, das sowohl
echtes Leben als auch Darstellungsformen hervorbringen
kann.'28 Kubotas Event postuliert überdies den weiblichen
Körper als Nexus, als materielle Synthese von Kunst und
Leben. Obwohl Kubota nicht an DIAS teilnahm, handelte es
sich bei ihrer Arbeit genau um die Art von Frauenaktion, die
Metzger gerne in DIAS miteinbezogen hätte.
Zwei weitere Künstler, die an DIAS teilnahmen, waren Mark
Boyle und Joan Hills. Ihr Interesse an der Destruktionskunst
Inspiration für den Mann; es war dazu da, seine Phantasie anzu -
regen und seinen Sexualtrieb in produktive Kanäle umzulenken,
damit er sein Seelenheil in der Schöpfung von Musik, Poesie und
bildender Kunst finden konnte. Die Besessenheit der männlichen
Surrealisten von der Muse ist legendär. In einer Studie darüber,
wie Künstlerinnen benutzt wurden, »um dem [männlichen] Künst -
ler das gesamte psychosexuelle Feld menschlicher Erfahrungen
zugänglich zu machen«, bemerkt Whitney Chadwick, daß »die
Muse, unerschöpflicher Quell kreativer Ehergie und Verkörperung
des weiblichen Anderen, eine rein männliche Erfindung ist«.
Whitney Chadwick, Women Artists and the Surrealist Movement,
Boston 1985, S. 66.
128 In interlor Scroll (1975) konkretisierte Carolee Schneemann die in
Kubotas Vagina Painting angedeutete metaphorische Verbindung
zwischen Fortpflanzung und Schöpfung. Siehe Carolee
Schneemann (wie Anm. 25), S. 234-239.
Mark Boyle und Joan Hills, Son et Lumere: Bodily Fluids and Functions
(Ton- und Lichtshow: Flüssigkeiten und Funktionen des Körpers), 1966
erwachte, als sie ein Dia aus Versehen zu lange im Projektor
ließen und es verbrannte. Fasziniert von dem Potential des
einzigartigen Bildes, integrierten sie destruktive Elemente In
ihre Arbeit Suddenly Last Supper (1963), ein Event, das in der
Londoner Wohnung des Künstlerpaares stattfand. Sie hatten
Gäste zu einer Party eingeladen und führten sie irgendwann
im Laufe des Abends in einen völlig abgedunkelten Raum.
Flills projizierte einen Film aus wahllosen Bildern auf weiß
angemalte Mannequins, während Boyle Dias - die er gleich -
zeitig mit Säure verätzte oder anzündete - auf eine als
Leinwand dienende weiße Papierfläche projizierte. Zu einem
bestimmten Zeitpunkt malte ein Assistent die weiße Leinwand
schwarz an. Dann riß er das schwarze Papier herunter, und
zum Vorschein kam eine weitere weiße Leinwand, auf die
Boyle ein Bild von Botticellis Geburt der Venus projizierte.
Anschließend wurde die Leinwand in Stücke geschnitten und
das Bild auf den nackten Körper einer Frau hinter der
Leinwand projiziert, die exakt die gleiche Pose innehatte wie
Botticellis Venus. Die nackte Frau war jedoch erst in dem
Moment zu sehen, als Boyle das Dia der Geburt der Venus
anzündete. Der Körper der Frau wurde schwarz angemalt (als
Leinwand zerstört), während Boyle weiterhin Dias auf eine
dritte Leinwand hinter ihr projizierte. Nachdem auch die letzte
Leinwand zerstört war, begann eine Gruppe weiß gekleideter
Schauspieler vor dem Hintergrund einer schwarzen Wand, auf
die weiterhin Filme projiziert wurden, Pantomime zu spielen.
Während der Pantomime schafften Boyle und Hills ihre Kinder
und ihr Hab und Gut aus der Wohnung, aus der sie aufgrund
einer Räumungsklage ausziehen mußten. Als das Event vor-
rüber war, entdeckte das Publikum, daß die aufeinander -
folgenden schwarzweißen Schöpfungs/Zerstörungs-Transfor -
mationen aus der Performance-Illusion in Wirklichkeit in einer
leergeräumten Wohnung stattgefunden hatten.
Boyle und Hills entwickelten ihre Projektionstechniken weiter
und realisierten für DIAS ihre drei Aspekten der Natur gewid -
mete Reihe Son et Lumiere: Eine Performance beschäftigte
sich mit den Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde, eine mit
Insekten, Reptilien und Wassertieren, und eine mit Körper -
flüssigkeiten und -funktionen. In die Arbeit mit dem simplen
Titel Presentation waren Projektionen mikroskopischen
Lebens integriert. Aber irgend etwas lief schief, und das
129 Ich weiß nicht, ob Ulrike Rosenbach Suddenly Last Supper von
Boyle und Hills kannte, als sie 1976 ihre erstaunlich ähnliche
Performance Reflections on the Birth of Venus aufführte.
Publikum wurde mit dem tatsächlichen Tod und der realen
Vernichtung einiger Insekten konfrontiert.
Irgendwann im Laufe der Performance wurden Wespen
auf eine riesige Leinwand projiziert, was ihnen eine Länge
von etwa zwei Metern verlieh. Die Tiere befanden sich in
einem eigens dafür gebauten Gefäß, das sie mit Hilfe einer
Wasserkühlung gegen die Hitze der Projektorlampe
schützte. Plötzlich jedoch leckte das Kühlsystem, und
Wasser drang in die Kammer mit den Wespen ein. Als der
Wasserspiegel stieg, versuchten die Insekten verzweifelt,
an die rettende Oberfläche zu gelangen, und kämpften
dabei wütend miteinander. Ihr Todeskampf und der
gesamte Prozeß des Ertrinkens waren in riesiger
Vergrößerung auf der Leinwand zu sehen. Es war ein
schreckliches Schauspiel. Viele Zuschauer verließen ent -
setzt den Raum, andere schrien, man solle den Projektor
abschalten.
Vielleicht noch eindringlicher als die DIAS-Performance war
die Son et Lum/ere-Aufführung, die sich mit Körperflüssig -
keiten und -funktionen beschäftigte und 1966 in Liverpool und
später im Roundhouse in London gezeigt wurde. Eine elektri -
sierende Performance daraus gab Boyle wie folgt wieder:
In der Spermasequenz hatte ein mit EKG (Elektrokardio -
gramm) und EEG (Elektroenzephalogramm) verkabeltes
Paar Geschlechtsverkehr [verborgen hinter einem
Wandschirm], während die Oszillogramme von EKG und
EEG auf einen angeschlossenen Fernseher übertragen
und mit einem Eidophorprojektor auf eine riesige Lein -
wand hinter dem Paar projiziert wurden. So konnten ihr
Herzschlag und ihre Hirnströme unmittelbar verfolgt wer -
den... Sämtliche Anwesenden schienen die Erfahrung sehr
bewegend zu finden. Der Schmutz und die Aura des
Verbotenen, das Heimliche und das Heilige waren wie
weggefegt. Vorausgesetzt, die Beteiligten handeln freiwil -
lig, sind alle sexuellen Ausdruoksformen für mich etwas
Wunderbares, und von da an wußte ich, daß es keine Rolle
spielt, ob Leute schuldig, lasziv, rein, pervers oder promisk
sind, der Mechanismus, der sie antreibt, ist unglaublich
komplex und absolut faszinierend.'^’
Bis 1967 hatte das Künstlerpaar seine Projektionstechniken
perfektioniert und produzierte unglaubliche Light-Shows für
130 J. L. Locher, Mark Boyle's Journey to the Surface of the Earth,
Stuttgart - London 1978, S. 68.
131 Ibid., S. 72-73.
281
Rock’n’Roll-Bands wie Soft Machine (mit Jimi Hendrix), Pink
Floyd, Cream und die Animals.'^
DIAS führte schließlich zu einem Gerichtsverfahren, das
wegen der Präsentation von Hermann Nitschs 21. Aktion des
»Orgien-Mysterien-Theaters«, die am 16. September 1966
stattgefunden hatte, am 19. Juli 1967 gegen Metzger und
Sharkey eröffnet wurde. Sie wurden wegen »ungesetzlicher
Veranstaltung einer lüsternen und unanständigen Vorführung«
verurteilt. Dieser Schuldspruch ist ein Zeichen der Schuld -
haftigkeit des Staates selbst, seiner Komplizenschaft beim
Aufbau und Schutz von genau jenen Systemen, Institutionen
und Epistemologien, die Zerstörung als ein zentrales organi -
sierendes und kontrollierendes Machtprinzip verwenden und
erzeugen. Die Künstler dienten lediglich als Sündenböcke, die
es dem Staat ermöglichten, seine eigene Schuld zu verdrän -
gen. Die mutmaßliche »Schuld« der Künstler muß jedoch als
der einzige und schlagende Beweis für die Fähigkeit von DIAS
gelesen werden, die fundamentale Heuchelei eines Systems
aufzudecken, das über Reform »spricht«, aber nicht »handelt«
und das, schlimmer noch, diejenigen, die handeln, bestraft.
VII. Aktivitäten
Allan Kaprow erinnert sich daran, daß DIAS Schlagzeilen
machten sollte und daß man sich eine massive Bericht -
erstattung in der Presse wünschte. Er selbst hatte sich jedoch
bereits 1966 auf private, selbstreflexive Aktionen verlegt und
vermied es, sich der Medien zu bedienen. Eine Teilnahme an
dem Symposium lehnte er ab, weil er die Fokussierung auf
Destruktion bei DIAS als »zu eingeschränkt« empfand.^^s
Tatsächlich hatte Kaprow zu dem Zeitpunkt, als er in seinem
bedeutenden Buch Assemblage, Environments and Happe-
Mark Boyle und Joan Hills, Suddenly Last Supper
(Plötzlich beim letzten Abendmahl), 1963
nings (1966) Richtlinien für Happenings definierte, diese
Kunstform selbst bereits aufgegeben, um sich einfacheren
Aktionen zuzuwenden, die er später als »Aktivitäten« bezeich-
nete,
Kaprow war bereits entmutigt durch die ausbleibenden ernst -
haften Reaktionen auf sein Happening Push and Pull: A
Furniture Comedy for Plans Hofmann von 1963. Diese ausge -
klügelte Arbeit war ein Tribut an die Pädagogik des deutschen
Künstlers, die sich mit der »stoßen-ziehen«-Dynamik der
Bildebene beschäftigte, sagte ihr jedoch gleichzeitig den
Kampf an. Push and Pull umfaßte so einfallsreiche und spie -
lerische Aktivitäten wie einen aus Nahrungsmitteln gewebten
»Persischen Teppich«. Die Teilnehmer waren eingeladen,
»sich quer durch den Raum einen Weg durch die Muster zu
essen und beim Weitergehen neue zu hinterlassen«.’“ Als die
Teilnehmer sich jedoch nicht ausreichend interaktiv auf das
Event einließen, lautete Kaprows Erklärung: »Aus Berichten
weiß ich, daß dieses Arrangement nicht optimal funktioniert
hat. Im Umfeld einer Ausstellung sind die Leute nicht in der
Stimmung, in den Kunstprozeß einzusteigen. Folglich ist diese
Art von Arbeit in weiter Ferne von den Gewohnheiten und
Ritualen der konventionellen Kultur sehr viel besser aufgeho -
ben.«”’^
Kaprows Idee zu seinen Aktivitäten geht ursprünglich auf
1968-69 zurück, insbesondere auf Days Off Calendar (1969),
ein neunmonatiges visuelles Kalender-Projekt, das seine eige -
nen Aktivitäten in diesem Jahr aufzeichnet und photo -
graphisch dokumentiert. Aktivitäten bestanden aus privaten
Aktionen; diese werden von Teilnehmern ausgeführt, die sich
zur Realisierung eines geplanten Events bereit erklärt haben.
Die Inhalte waren von Aktion zu Aktion unterschiedlich, krei -
sten jedoch immer um Wahrnehmungsprobleme und um die
Beobachtung der Durchführung bestimmter alltäglicher
Handlungen. Die Unterschiede zwischen Kaprows Happe -
nings, interaktiven Environments und seinen Aktivitäten sind
es wert, einer genaueren Betrachtung unterzogen zu werden.
Die Happenings bestanden aus vielgestaltigen, komplexen.
physisch anspruchsvollen, aufgeladenen und manchmal
barocken Events, die eine Teilnahme des Publikums erforder -
ten. Sie konnten sich sogar zu extravaganten Strukturen
auswachsen, die jene von Kaprow als »high jinks« bezeich-
neten Ausgelassenheit hervorrief, an der er jedoch bald
wieder das Interesse verlor.’^® In einem interaktiven Environ -
ment wie Yard (1961) drangen die Teilnehmer in einen ge -
bauten Raum ein, mit dem sie sich physisch und experimen -
tell auseinandersetzen mußten. In einem solchen Environment
konnte man entscheiden, ob man sich tatsächlich auf eine
Aktivität oder Aufgabe einlassen oder einfach nur Zusehen
oder wieder gehen wollte. Happenings und Environments
waren meist (jedoch nicht ausschließlich) öffentlich.’^''
Obwohl viele Einzelelemente in Kaprows Happenings und
Environments seinen Aktivitäten vergriffen, unterscheiden sie
sich doch grundlegend voneinander, und zwar insbesondere,
weil die Aktivitäten von den beteiligten Individuen verlangten,
Verantwortung zu übernehmen und sich zu gemeinsamen
Handlungen zu verpflichten. Der interpersonale Vertrag, den
diese Individuen miteinander schlossen, wiederholte auf einer
intimen ästhetischen Ebene das Konzept, für das der
Gesellschaftsvertrag in einem öffentlichen, politischen Rah -
men steht. Diejenigen, die sich zum Handeln verpflichteten,
waren gezwungen, das Wesen ihrer Handlungen zu analysie -
ren, während sie als handelnde Subjekte beschäftigt waren.
Gleichzeitig wurden sie zu Subjekten, die sich selbst als
Objekte, die etwas tun, beobachteten. Der Vertrag als solcher
funktionierte wie eine Kommissur, die alltägliche Aktivität mit
ästhetischer Aktivität verknüpfte.”® Die meisten Aktivitäten
verlangten eine intensive Beobachtung phänomenologischer
Zustände des Körpers - allein oder im sozialen Austausch.
Aufgrund der Fähigkeit des menschlichen Geistes, an seinen
Handlungen gleichzeitig teilzunehmen und diese zu beob -
achten, machen Kaprows Aktivitäten die wechselseitige
Bedingtheit kultureller Werte durch die künstlerische Arbeit
und ihre Rezeption, wie auch die komplexen Interaktionen
zwischen Biographie und sozio-historisohem Kontext perma-
132 Siehe »When the Dust Settles: Mark Boyle Interviewed by Mark
Bloch«, in: High Performance, 4, 3, Herbst 1981, S. 73-74.
133 Allan Kaprow, unveröffentlichtes Interview mit der Autorin, 27.
März 1981.
134 Allan Kaprow, »Just Doing«, in: Tulane Drama Review, Herbst
1977, S. 314.
135 Ibid., S. 316.
136 Allan Kaprow im Gespräch mit der Autorin, 23. Oktober 1997.
Sofern nicht anders angegeben, stammen alle weiteren Zitate
von Kaprow aus diesem Gespräch.
137 Siehe Michael Kirbys detaillierte Analyse der Strukturen des
Happenings in zwei wichtigen Büchern: Happenings, New York
1965, und The Art of Time, New York 1969.
138 Zum Thema »Gesellschaftsvertrag« und partizipatorische
Interaktion siehe mein Projekt »Lettres/Livres« von 1982 (das
stark von Kaprows Arbeit beeinflußt war), in: Questions
1977-1982, San Francisco 1982. S. 78-85. Für eine theoreti -
sche Betrachtung des Verhältnisses zwischen
Performance-Kunst und Gesellschaftsvertrag siehe Kathy
O'Dells in Kürze erscheinendes Buch Contract with the Skin:
Masochism, Performance Art, and the 1970s, Minneapolis 1998.
283
nent sichtbar. In Sweet Wall beispielsweise, einer im
November 1970 in Berlin durchgeführten Aktivität, setzte
Kaprow einen Metadiskurs über den politischen Raum in
Gang (Teil der Aktivität war es, mit einem Mörtel aus Brot und
Marmelade eine Backsteinmauer zu bauen), eine Meditation
über Passah (den Exodus und die Befreiung der Israeliten), die
seiner jüdischen Abstammung Rechnung trug, und eine end -
lose Zahl anderer möglicher Verknüpfungen zwischen der
Arbeit, dem Objekt, dem Künstler und dem Ort,
Kaprows Aktivitäten können im Zusammenhang mit den
activitles von Pinchas Cohen Gan gesehen werden, die teils
zur selben Zeit in Israel stattfanden. Die beiden Künstler
haben nicht nur einen linguistischen Berührungspunkt, son -
dern teilen auch ästhetische und soziale Inhalte. Im Frühjahr
1973 meißelte Cohen Gan in die Wand der Yodfat Gallery in
Tel Aviv aus Schichten von Farbe und Gips die Skulptur Place,
die Hohlform einer aufrecht stehenden Figur. Anschließend
versah er die Figur mit Haken und forderte die Besucher auf,
die Position der figuralen Darstellung an der Wand einzuneh -
men. Der in Marokko geborene israelische Künstler erklärte,
seine Absicht sei es, »den physischen und sozialen Raum [als]
symbolische Auferlegung von Präsenz in Materie darzustel -
len.«’® Place zählte zu Cohen Gans ersten Aktivitäten, einer
Werkgruppe, die er zwischen 1972 und 1974 ausführte, und
in der er sein Leben zur Schablone machte, indem er ästheti -
sche Formen schuf, die den Betrachter aktiv in die soziale,
politische und kulturelle Umgebung einbezogen.
Cohen Gans Action in the Jericho Refugee Camp (10. Februar
1974) war Ausdruck seiner Haltung zum Jom-Kippur-Krieg.
Bei dieser Aktivität im nordöstlichen Sektor des alten Jericho
errichtete Cohen Gan im Flüchtlingslager eine provisorische
Zeltunterkunft und hielt eine Vorlesung über die Bedingungen
für Frieden in Israel »im Jahre 2000«. Die Fragen, die er im
Laufe seiner Vorlesung aufwarf, waren für den Künstler spiri -
tueller und auch physischer Natur, denn, wie er später
bemerkte: »Die gesetzliche Festlegung, wer ein Flüchtling ist,
und/oder die Flüchtlingsdefinition der Vereinten Nationen
ändern nichts an der tatsächlichen Existenz des Flüchtlings
und an seinen Gefühlen für die Gebiete, in denen er gelebt hat
oder durch die er geflohen ist.«’“ »Ein Flüchtling ist ein
Mensch, der nicht an seinen Geburtsort zurückkehren kann«,
definierte Cohen Gan. Diese Arbeit kann als eine persönliche
Meditation darüber gesehen werden, was es bedeutet, sich
»beständig im Zustand der Flucht« zu befinden, einen
Zustand, den der Künstler aus seiner eigenen Erfahrung
kennt.
In Kaprows und Cohen Gans Aktivitäten entdeckt man etwas,
was sich tatsächlich ereignet hat. Etwas Bestimmtes ist
geschehen. Jemand, wie Kaprow wiederholt betont, »tut ein -
fach etwas«. Und die Tatsache, daß jemand etwas tut - daß
jemand etwas tun kann - daß etwas geschieht und nicht
nichts - ist äußerst beachtenswert. Diese Tatsache zeichnet
Aktionskünstler aus. Aktionskünstler wirken als Kommissuren,
denen die Aufgabe zukommt, Bedeutung und Bild des
jemand tut etwas zu vermitteln. Aus diesem Grund gelten
Performance-Künstler als so gefährlich. Sie behaupten, etwas
könne getan werden, und dann sorgen sie dafür, daß es
geschieht. Menschen, die dafür sorgen können, daß etwas
geschieht, stellen ein potentielles Problem für normatives
Verhalten und normative Werte dar. Aktionskunst ist Handeln.
Aktivitäten sind Anschauungsunterricht im »Handeln«.
Dafür zu sorgen, daß etwas geschieht, ist die intentionale,
kausale Essenz eines machtvollen politischen Aktes. Indem
man dafür sorgt, daß etwas geschieht, überlebt man. Aber
über das nackte Überleben hinaus entsteht daraus, daß man
dafür sorgt, daß etwas geschieht, vielleicht der Glaube, ohne
den Leben praktisch unmöglich ist. Nicht der Glaube, der häu -
fig mit religiösem Glauben, organisierter Religion oder gar
Gottesbegriffen in Verbindung gebracht wird. Sondern ein
Glaube an und für sich selbst. Denn um zu überleben und
richtig zu leben, handeln Individuen voller Glauben und mit
dem Gefühl der Verantwortung für andere, mit denen sie sich
zu gemeinsamem Handeln verpflichtet haben.
VIII. Malerei-Photographie-Performance
In einer Diskussion über Aktionskunst und ihre Objekte sollte
nicht vergessen werden, welch zentrale Rolle die Photo -
graphie in der Verbreitung von Bildern spielt, durch die Aktio -
nen erst zu Kunstwerken werden. Zu den berühmtesten ihrer
Art zählen die Aufnahmen von Hans Namuth, die im Sommer
und Frühherbst 1950 in Pollocks Atelier entstanden sind. In
diesem Zeitraum machte Namuth über 500 Photographien
und drehte einen Schwarzweißfilm und einen Farbfilm (mit
Paul Falkenberg) von und über Pollock bei der Arbeit. Diese
Photos und Filme haben Pollock erst zu einer mythischen
Figur gemacht. Seinen legendären Status verdankte er in
139 Yona Fischer, P/nchas 140 Ibid., S. 36.
Cohen Gan. Jerusalem 1974.
284
Pinchas Cohen Gan, Aktion im Jericho Refugee Camp. 1974. Sammlung des Künstlers
I t
285
einem wesentlichen Ausmaß der Tatsache, daß Namuths
Photos bei ihrer Veröffentlichung häufig so beschnitten wur -
den, daß Poilock dem Betrachter näher und gleichzeitig tiefer
in das Gemälde eingetaucht erschien. Durch einen Defekt an
einer der Kameras wurden einige der Aufnahmen unscharf,
ein giücklicher Zufail, durch den, wie der Photograph
schiießlich erkannte, der Eindruck von Bewegung im Biid
noch verstärkt wurde.
Dieser »Spezialeffekt des unscharfen Fokus wurde«, wie
Griselda Pollock und Fred Orton festgestellt haben, »Bestand -
teil der Codes, die Namuths Darstellung von Pollock aus-
machten«.’'*^ Orton und Pollock erinnern uns daran, daß die
photographische »Wahrheit« suspekt ist, und daß sie »histo -
rische Wirklichkeit vermittelt«, indem sie Bedeutungen produ -
ziert, die »vom Interesse des Betrachters abhängen«.”^ Das
unscharfe photographische Bild hinterließ in der Tat den opti -
schen Eindruck von Pollock ;'n seiner Arbeit, ein Eindruck, der
von Künstlern, die nach einem Weg suchten, um in Pollocks
Richtung weiterzuarbeiten, intuitiv erfaßt werden konnte,
während sie gleichzeitig die Möglichkeit hatten, einen Schritt
weiterzugehen, über die im höchsten Maße individualisierten
Arbeiten hinaus, die die Signatur des Malers trugen und für
den Abstrakten Expressionismus charateristisch sind. Diese
vielfältigen Möglichkeiten treten in dem Sprung, den Kaprows
Vorstellungskraft vollzog, deutlich zutage; er bezeichnet eine
Entwicklungslinie, die bis zur kubistischen Collage zurück-
reioht und sich über das Action painting {und Namuths
Photographien) bis hin zum Flappening erstreckt, Kaprow
schreibt hierzu:
Die Papierfetzen rollten sich von der Leinwand herunter,
lösten sich von der Oberfläche, um eine eigenständige
Existenz zu führen, entwickelten sich zu anderen, feste -
ren Materialien, reckten sich weiter in den Raum hinein,
um ihn schließlich ganz zu füllen. Da gab es plötzlich
Dschungel, belebte Straßen, mit Abfall übersäte Gassen,
Sci-Fi-Traumwelten, Räume des Wahnsinns und Seelen -
speicher voller Gerümpel.
Von dem Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung in den späten fünf -
ziger Jahren an waren Namuths Photographien Bestandteil
141 Fred Orton, Griseida Pollock, »Jackson Pollock, Painting, and
the Myth of Photography«, in: Art History, 6, 1, März 1983, S.
117.
142 ibid., S. 118-119.
des sozialen und kulturellen Kontexte der Diskussionen um
Pollock. Ferner trugen Namuths Bilder dazu bei, Pollock als
heroischen Künstler darzustellen, als eine überlebensgroße
Präsenz, die, wie Amelia Jones bemerkte, mit der Trope der
Moderne, die Kreativität mit Männlichkeit und Göttlichkeit ver -
bindet, in Einklang steht:
Der männliche Künstler ist paradigmatisch für das ideolo -
gisch zentrierte Subjekt der Moderne; er handelt als
Stammvater für spätere Generationen künstlerischer
Produzenten, als Genie, dessen durch und durch gewollte
kreative Flandlungen von der Kunstgeschichte mit trans -
zendentaler Bedeutung versehen werden...Der Künstler
verkörpert...die Konstruktion des männlichen Selbst als
ein kohärentes Individuum auf Kosten der weiblichen
Subjektivität, die dadurch nicht mehr zu fassen ist... Man
könnte [sogar] so weit gehen und sagen, der Künstler tritt
an die Stelle von Gott.“
Insbesondere in ihren Texten über Klein, Morris, Acconci und
Bürden beobachtet Jones, daß die übertriebene Zurschau -
stellung von Männlichkeit, die die meisten männlichen Per-
formances kennzeichnet, paradoxerweise kein Zeichen für
diese Art ererbter patriarchaler Autorität ist, sondern eher die
konkrete Darstellung einer vermittelten Männlichkeit. Durch
»die Zurschaustellung und Inszenierung ihrer eigenen
Körper«, so Jones, »rücken diese »Körperkünstler' unter -
schiedlich stark von jener transzendentalen und aus -
schließlich männlichen Vorstellung von künstlerischer Autori -
tät ab, wie sie in der Moderne verankert ist«.'“^
Mag das Geschlecht auch äußerst vieldeutig und vermittelt
sein, wenn der Körper als Material für Kunst verwendet wird,
so stellt Mira Schor doch die Behauptung auf, daß die »patri-
lineare Erbfolge« in der Kunstgeschichte fortbesteht, daß also
das Erbe noch immer auf männliche Ahnen zurückgeht,
»selbst wenn Künstlerinnen...involviert sind.«'’’® Diese Be -
hauptung ist sicherlich zutreffend für die Photographie, die
eine zentrale Rolle in der Entwicklung vom Action painting
zum Flappening und später zur Body art und Performance
gespielt hat. Die Namuth-Photographien sind ein typisches
Beispiel und passen perfekt in die Artikelreihe »Painting a
143 Allan Kaprow (wie Anm. 16), S. 165.
144 Amelia Jones, ».Dis/playing the Phallus; Male Artists Perfotm
Their Masculinities», in: Art History, 17, 4, Dezember 1994, S.
547.
145 Ibid.
146 Mira Schor. »Patrilineage«, in: Art Journal, 50, 2, Sommer 1991,
S. 58.
Picture«, die Art News 1949 startete, und in der Künstler - fast
ausschließlich männliche-»beim Malen eines Biides« gezeigt
wurden. Und seibst wenn einmal eine Frau dargestellt wurde,
die »ein Bild malen« konnte, so stand die Vaterschaft der
männlichen Künstler bereits außer Frage. Schor schreibt:
»Arbeiten von Frauen, deren Vater festgeschrieben und deren
Werk gefahrlos in den Kunstdiskurs assimiliert werden kann,
sind privilegiert, und es wird jede Anstrengung unternommen,
diese patrilineare Erbfolge zu sichern.«^''^
Georges Mathieu war der erste Künstler, der, als er die
Bedeutung von Namuths Photos erkannte, >live action pain-
tings< als Gegenstand der Photographie und Performances
vor Publikum aufführte. Am 19. Januar 1952 ließ er sich in sei -
nem Atelier photographieren, während er Hommage au
Marechal de Turenne malte, ein Bild, das er seiner »Zen«-
Periode zuschrieb und das sich in seinem Stil an dem von
Mathieu bewunderten, deutschen gestischen Maler Plans
Plartung orientierte. Das Konzept für painting a picture for the
Camera entstand eindeutig aus Mathieus tiefer Bewunderung
für Pollock, den er für den größten lebenden Maler hielt und
dem er begierig nacheiferte. Als Pollocks Nachkomme - oder
genauer gesagt als Sohn von Namuths Pollock-Photo -
graphien - erkannte Mathieu die kraftvolle potentielle
Verbindung zwischen Malerei, Photographie, Performance
und der Öffentlichkeit. Das Photo als Kommissur transpor -
tierte den Inhalt der Malerei und den Prozeß der Performance
an die Öffentlichkeit. Mathieu war der erste, der diese
Verbindung herstellte.
Es bestand jedoch ein bedeutender und bizarrer Unterschied
zwischen den dramatischen Bildern von Pollock, der in ver -
wischten Bewegungen über ein farbbespritztes »Feld«
schwebte oder sprang, und den Bildern des halbnackten
Mathieu, der mit entblößter Brust und ein lendenschurzartiges
Tuch um die Plüften geschlungen, das kaum bis zu den Knien
reichte, in Socken und Schuhen ein Bild malt, das an der
Wand hängt und nicht auf dem Boden liegt. Als Mathieu 1952
diese Photos von sich zum ersten Mal sah, muß ihm klar
geworden sein, wie seltsam sie ausschauten, denn zwei Jahre
später, am 25. April 1954, als Robert Deschames ihn während
des Salon de Mai in Paris dabei filmte, wie er die Bataille de
Bouvines malte (eine französische Schlacht im 13. Jahr -
hundert, an der einer seiner Vorfahren teilgenommen hatte),
147 Ibid.
trug Mathieu ein eindrucksvolles Kostüm, die Reinkamation
einer mittelalterlichen Militärkluft: schwarze Seidenhose und
Jacke, weißer Plelm und Beinschienen, die mit weißen
Kreuzriemen am Schienbein befestigt waren. Obwohl Mathieu
nun ein männliches militarisiertes Thema malte, gelang es den
Photos nicht, ihn als die Quintessenz eines Patriarchen abzu -
bilden. Vielmehr wirkte er faszinierend androgyn.
In Bataille de Bouvines führte Mathieu genau so lange, wie die
legendäre Schlacht gedauert hat, eine körperliche
Inszenierung des historisches Dramas in Farbe auf.
»Geschwindigkeit, Intuition, Spannung« waren die »Metho -
den«, die ihn antrieben. Seine Aktion suggerierte Analogien
zwischen künstlerischer Innovation, historischer Schlacht und
dem Verhältnis zwischen politischer und ästhetischer Ver -
änderung. In erster Linie jedoch zeigen die Photos einen
Mann, der sein Medium völlig beherrscht und der in der Lage
ist, Harold Rosenbergs Theorie umzusetzen, der zufolge die
Leinwand zur »Arena« für ein Event geworden ist, zur
»Begegnung« zwischen Künstler und Material, wenn nicht
sogar der Geschichte und ihrer Schlachten.'''®
Ein Jahr später, im Februar 1955, als Art News »Mathieu
Paints a Picture«' brachte, löste der Artikel in den USA eine
Welle sarkastischer und feindlicher Leserbriefe aus:
Heutzutage, wo die Avantgarde-Malerei so anfällig ist für
Vorwürfe der Scharlatanerie und des Betrugs, war es [mir]
ein ganz besonderes Vergnügen, in dem Artikel über
Mathieu die persönliche und genaue Schilderung eines so
komplizierten und kreativen Prozesses zu lesen. Welch ein
brillantes Konzept - eine ganze Schlacht in Farbe wieder
auszuspeien. Aber man fragt sich - war es wirklich Farbe?
Sind nicht einige der Pferde (ihren profanen Nöten hilflos
ausgeliefert) zu lange herumgestanden?'''®
So störend der Vergleich der Farbe auf Mathieus Leinwand
mit Pferdemist auch gewesen sein mag, so war er lange nicht
so beleidigend wie die Kommentare des hochgeschätzten
abstrakt-expressionistischen Malers Clyfford Still:
Ist Art News wirklich schon so verzweifelt, daß es seine
Seiten dem Zynismus und den Lügen eines Mathieu-Por-
träts widmen muß, oder gehört es inzwischen einfach zu
seinem Lebensstil, in journalistischen Kloaken auf der
Suche nach seiner Ethik und ihren Performern herumzu -
wühlen? Ich erröte vor Scham, wie sie wohl alle Künstler
148 Harold Rosenberg, »The Action Painters«, in: Art News, 51,8,
Dezember 1952, S. 22-23, 48-50.
149 Dieses und alle späteren Zitate aus »Editor's letters« sind nach -
zulesen in Art News, März 1955.
288
empfinden, wenn sie diese gemeine Parodie erblicken -
ganz besonders die rechtschaffenen Männer, die Ende der
vierziger Jahre von hier und von der Westküste [Amerikas]
nach Paris gingen, um ihr Werk diesem parasitären und
grotesken Tramp vorzuführen. Nicht mir mir, Art News.
Still war berühmt für sein streitlustiges, bissiges und nahezu
bitteres Temperament, und dieser Brief war typisch für sein
Verhalten. Das Photo von Mathieu in Art News (das den ele -
ganten französischen Aristokraten zeigt, wie er in einer
seidenen Smokingjacke neben seinem berühmten und gewal -
tigen Gemälde Bataille de Bouvines am Schreibtisch lehnt)
war gewiß alles andere als das mythische Abbild des angst -
erfüllten, whiskeytrinkenden, verstörten amerikanischen
Cowboy, der zum heroischen Künstler geworden war.
In den späten fünfziger Jahren veröffentlichte Time mehrere
Artikel über Mathieu, in denen der Künstler einerseits gefeiert
und andererseits verunglimpft wurde. Hier einige Beispiele:
“Er fährt einen Rolls-Royce«, »hat Salvador Dalis Kunststück
gelernt, den bemützten und blasierten Aristokraten zu spie -
len«, »ist wohl imstande, ausgedehnte Ausflüge durch die
schönsten Landschaften zu machen, ohne irgend etwas zu
sehen.«''™ Der letzte Kommentar ist ein direktes Zitat aus
Michel Tapies 1953 erschienenem Artikel »Mathieu Paints a
Picture« und natürlich völlig aus dem Zusammenhang geris -
sen. Tapie hatte versucht, Mathieus gewaltige Konzentration
und seine gründliche Recherchearbeit vor der Entstehung
eines Bilds darzustellen! Time jedoch behauptete weiterhin,
Mathieu »malt wie er fährt - zum Sehen und Gesehen wer -
den«, und gelangte zu dem beleidigenden Schluß, daß es ihm
in seinem Werk ebenso um »Zweideutigkeit« wie um
»Wirkung« gehe. (7. März 1955).
Schlimmer noch als sein privater Reichtum war in den Köpfen
der Amerikaner (die es gewöhnt waren, im Abstrakten
Expressionismus einen persönlichen Existenzkampf zu
sehen, an dessen Ende ein erhabenes Bild steht) die
Tatsache, daß Mathieu angeblich »in nur zehn Minuten kleine
Gemälde aus dem Hut zauberte, und selbst an seinen
großformatigen Bildern nicht länger als ein paar Stunden
malte« (5. April 1954). Als wäre ein Vergleich seiner Farben mit
Zahncreme und Teer nicht schon kränkend genug, bezeich-
nete ihn Time auch noch als kurzlebige »Kunstmode«.
In anderen Ländern hingegen wurde Mathieu ganz anders
150 Die Vorstellung, tVlathieu könne umherfahren, ohne »irgend
etwas zu sehen«, basiert auf dem Artikel über Mathieu von
Michel Tapie, »Mathieu Paints a Picture«, in: Art News, 53, 10,
Februar 1953, S. 50, 51, 74-75.
rezipiert. Als er im August 1957 mit Tapie nach Japan reiste,
wurden die beiden von der Gutai-Gruppe herzlich als Kollegen
auf dem Weg in eine neue ästhetische Richtung aufgenom -
men. Allein in Tokio bemalte Mathieu vor begeisterten
Zuschauermengen in drei Tagen 21 Leinwände, einschließlich
eines fast 14 Meter langen Freskos.'®' Time berichtete aus -
führlich über die Reise und druckte eine lange, lebendige
Beschreibung seiner Aktion, die etwas von der Atmosphäre,
die damals herrschte, vermittelt:
Sichtlich zitternd vor Nervosität und Vorfreude, lief Mathieu
barfuß [im Kimono] neben einer riesigen, 8x2 Meter großen
Leinwand auf und ab, die auf dem Werkstattboden ausge -
breitet war; er glühte förmlich, als seine Assistenten Kisten
mit Farbtuben, eine große, mit Terpentin gefüllte Sake-
Flasche, Bündel mit Pinseln und ein Dutzend Mischschalen
aus Messing auslegten. Plötzlich, mit einer explosionsarti -
gen Bewegung, machte sich Mathieu an die Arbeit.
Nachdem er Pappkartons mit den Zähnen zerrissen hatte,
um Zeit zu gewinnen, begann er violette Kleckse und
Kringel direkt aus der Tube auf die Leinwand zu drücken
und spritzte dann ganze Tuben mit schwarzen Pigmenten
hinterher. Er ergriff vier Tuben mit einer Hand und leerte sie
in einer einzigen gewaltigen Salve, schnappte sich
anschließend die Sake-Flasche mit Terpentin und ergoß sie
über die Leinwand. Dann fiel er auf die Knie, begann wild
mit einem Handtuch die Oberfläche abzutupfen und warf
sich schließlich der Länge nach selbst auf die Leinwand.
Nachdem diese nun gut grundiert war, legte Mathieu erst
einmal eine Pause ein, um ein schäumendes Glas japani -
sches Bier zu kippen, während Assistenten das Werk
gegen die Staffelei aufstellten. Dann, mit einem Blick wie
ein Seeräuber vor dem Entern, trat er die Trümmer aus
Pinseln, Tuben und Flaschen beiseite, klatschte einen
Pinseln in eine Schale mit weißer Farbe, packte einen wei -
teren Pinsel mit den Zähnen und rauschte auf die Leinwand
zu. Auf einer Seite erschien ein weißes Kreuz mit roten
Konturen, auf der anderen ein gelber Schnörkel. Dann
kehrte er zurück zu seinem Bier und trank wieder. Er
bewaffnete sich mit einem 1,5-Meter-Pinsel wie mit einer
Lanze und zog damit breite, pinkfarbene Linien längs über
die 8-Meter-Leinwand. Von da an wütete die Schlacht mit
solchem Zorn, daß Mathieu in Farbe, Terpentin und
151 SieheJirö Yoshihara, »On The International Art ofA New Era',
dedicated to 'Osaka International Festival'«, in: Gutai, 9,1958,
S. 7.
289
Georges Mathieu, öffentliche Malaktion, 1957
Schweiß gebadet war. Es dauerte nicht lange, bis die
Japaner, die sonst Fremden gegegenüber sehr höflich sind,
vor Lachen brüllten und nach jedem Pinselstrich vor
Begeisterung johlten.
»Das ist der neue Ford!«, krähte einer. »It's not a whodunit,
but a hedunit«, rief ein anderer in ausgezeichnetem Slang,
Mathieu war so in seine Arbeit versunken, daß er nichts und
niemanden hörte. Er schlug mit einem in gelbe Farbe
getauchten Flandtuch auf die Leinwand ein, knetete
blütenweiße Pigmente zu Schneebällen und warf sie mit
Wucht auf die tropfende Ölfarbe, klatschte mit rapier -
schnellen Hieben noch mehr Farbe auf die Leinwand, hob
eine Ladung Farbtuben auf und hüpfte das Schlachtfeld
entlang. Auf dem Höhepunkt seiner Rage feuerte er im
Stakkato eines Maschinengewehrs Tuben über die
Schulter, bis er endlich langsamer wurde, und die letzten
zwanzig Minuten darauf verwendete, nur noch hier und da
einen Hauch Farbe hinzuzufügen. Gesamtdauer: 110
Minuten. Titel: The Battle of Hakata (A.D. 1281 - als die
Japaner Kublai Khan untenA/arfen).’®^
Mathieus Rezeption in Europa war sehr gemischt. Von Yves
Klein wurde er als Mentor und gleichgesinnter Monarchist
anerkannt. Das Photo von Kleins berüchtigtem Leap into the
Void (1969), das angeblich einen einzigen, spontanen und
gefährlichen Sprung in die Leere dokumentierte, zeigt in
Wahrheit, wieviel Klein hinsichtlich der Aufführung seiner
Kunst für photographische Zwecke Mathieu verdankt. Aber
auch konzeptuell und intellektuell tritt Klein in die Fußstapfen
seines Mentors. In Kleins Interesse für Risiko, Spontaneität,
Geschwindigkeit und Improvisation, das er in seinen lebenden
Pinseln und anderen Arbeiten umgesetzt hat, klingt Mathieus
Denkweise nach. Mathieu fand übrigens auch Anerkennung
bei den Wiener Aktionisten, die seine Wiener Performance
vom 2. April 1959 im Theater am Fleischmarkt als bedeuten -
den Schritt auf ihrem Weg zur Aktion bezeichneten.’®
Was sind die Gründe dafür, daß Mathieus Beitrag zur
Kunstgeschichte (und insbesondere zur Geschichte der
Performance) seinerzeit nicht anerkannt wurde? Warum hat
man seine theoretischen Texte allesamt vergessen? Meiner
Einschätzung nach verweist die negative, kritische Rezeption
von Mathieus Arbeit in den USA auf das traditionelle
Mißtrauen gegenüber öffentlicher Zurschaustellung insbe -
sondere photographischer Art in populären Magazinen wie
Time. In dem puritanischen Klima der Vereinigten Staaten
machte es die Dinge nicht besser, daß Mathieu reich, exzen -
trisch und adelig war und dies auch zur Schau stellte. In
Europa lehnten einige Künstler im Umfeld der politischen
Linken Mathieu wegen seines Monarchismus ab. Das ist
wenig einleuchtend, denn Yves Kleins Monarchismus beein -
trächtigte ja die Rezeption seiner Arbeit seitens der Avant -
garde auch nicht. Wie dem auch sei, all diese Animositäten
waren raffiniert getarnt, man tat Mathieus Arbeit als ober -
flächlich, zu wenig ernsthaft, dekorativ, und schlicht und
ergreifend als schlecht ab - subjektive ästhetische Urteile, die
sich objektiv gaben.
Mathieu war völlig niedergeschmettert und tief verletzt von der
nahezu allgemeinen negativen Rezeption seiner Arbeit und
Person in den USA. Immerhin war er einer der ersten europäi -
schen Künstler gewesen, der in zahlreichen Aussagen,
Ausstellungen und Aufsätzen für die Malerei des amerikani -
schen Abstrakten Expressionismus eingetreten war. Mathieu
hat sich stets als lyrischen, abstrakten Vertreter des Action
painting verstanden. Noch 1994 bestritt er, daß seine Arbeit
irgend etwas mit Performance zu tun habe.''*^ Er selbst
bezeichnet seine öffentlichen Aktionen als Bemühungen, »die
Öffentlichkeit an der Entstehung [eines Gemäldes] teilhaben zu
lassen«, während das Ziel von Happenings »in der Vernichtung
sämtlicher Spuren eines künstlerischen Ereignisses zu liegen
scheint«, dennoch würde der Zusammenhang ungeachtet der
Tatsache hergestellt, daß er »in fast allen Ländern der Welt vor
der Öffentlichkeit« gemalt hatte.'®^ Ganz gewiß ist Mathieu
nicht »einer der Pioniere des Happenings-'^*: wenn überhaupt,
ist er ein Vorläufer der Aktionskunst.
152 Time, September 1957. Das Werk wurde angeblich für
»3.000.000 Yen bzw. damals 8.333 Dollar« verkauft.
153 Siehe Robert Fleck, Avantgarde in Wien: Die Geschichte der
Galerie Nächst St. Stephan 1954-1982, Kunst und Kunstbetrieb
in Österreich, Band I: Die Chronik, Wien 1982, S. 186-96.
154 Mathieu im Gespräch mit der Autorin, Paris, Oktober 1994.
155 Unveröffentlichter Brief von Georges Mathieu an Jean de Loisy
vom 27. Januar 1994, anläßlich seiner Einladung zur Teilnahme
an »Hors Limites«, einer Ausstellung über die Geschichte der
Performance-Kunst im Centre Georges Pompidou, 1994.
156 Siehe Wollens Erklärung in einem unveröffentlichten Brief von
Judith Hanson (Projektleiterin von Anthony McCall Associates)
an Mathieu, 14. Oktober 1994.
290
Um noch einmal auf die »patrilineare Erbfolge« der Namuth-
schen Photos von Pollocks Malprozeß zurückzukommen, und
auf die Früchte, die diese in völlig veränderter Form in
Mathieus Arbeit getragen haben, könnte man die These auf -
stellen, daß die Photographien, die Mathieu als müden,
französischen Aristokraten-Dandy zeigen, die althergebrach -
ten Konventionen des männlichen Künstlers als Paradigma
für das ideologisch zentrierte Subjekt der Moderne destabili -
sieren, indem sie den stereotypen Macho-Künstler, der »ein
Bild malt«, theatralisieren. Zumindest könnte man behaupten,
daß Mathieu das patriarchalische Bild vom Mann als Zentrum
der Kunst abgeschw/ächt, \wenn auch nicht völlig demontiert
hat.
Die Entwicklung vom Action painting zur Aktion - via
Photographie - wirft ein deutliches Licht auf jenes Darstel -
lungsmittel und Medium (die Photographie), durch das sich
die Hegemonie des stabilen ästhetischen Mediums der
Malerei auf das instabile Medium des Körpers verschoben
hat. Paradoxerweise war das Vehikel für die Darstellung ver -
gänglicher Aktionen jedoch gleichzeitig auch der techno -
logische Reproduktionsapparat, der gemalte Darstellungen
figurativer Sujets durch photographische ersetzte, und die
Aktion dabei in einer konventionellen Form stabilisierte. Diese
Dualität des photographischen Objekts wurde nie näher
untersucht, da man eiligst darum bemüht war, die Photogra -
phie als »das transgressive Medium par exellence« auszu-
rufen.1^’' Photographie war jedoch nicht »transgressiv«. Aller -
dings war sie bestens geeignet, den gegenständlichen und
figurativen Inhalt des Darsteilungsmittels Aktion zu transpor -
tieren, Photos materialisierten (als Bild) die Nähe der Aktion
zu ihrem Objekt. Insofern konnte der Körper in Aktion - ver -
stärkt durch die Fähigkeit der Kamera, den Bruchteil einer
Sekunde dieses Moments des In-der-Welt-seins einzufangen
- für kurze Zeit die Kontingenz und wechselseitige
Abhängigkeit eines menschlichen Subjekts (des Künstlers)
von einem anderen, ihm gleichgesetzten menschlichen
Subjekt (dem Betrachter) sichtbar machen. Das war es, was
Roland Barthes als »punctum« bezeichnet hat - die
157 Nancy Spector, »Pertorming the Body in the 1970s«, in: Rrose is
a Rrose is a Rrose: Gender Performance in Photography, S. 159.
158 Roland Barthes, Camera Lucida, New York 1981.
Aufgeladenheit eines Photos.'“ Darüber hinaus war Photo -
graphie billig, verfügbar und manipulierbar. Man konnte aus
einer Bilderfolge die »beste« Darstellung auswählen und so
auf die Lesart der Aktion Einfluß nehmen. Das Bild konnte
beschnitten werden und den Betrachter auf vielerlei Arten
täuschen.
Einer der berüchtigsten Mythen der Performance-Kunst und
der Beweiskraft der Photographie ist die Legende über den
Wiener Künstler Rudolf Schwarzkogler, der sich in einer
Performance den Penis abgeschnitten und daran gestorben
sein soll. Eine Geschichte, die auch heute noch gerne erzählt
wird.'“ In die Welt gesetzt wurde das Märchen 1972 von
Robert Hughes in der Zeitschrift Time:
Schwarzkogler scheint zu dem Schluß gekommen zu sein,
daß nicht das Aufträgen von Farbe wirklich zählt, sondern
das Entfernen überschüssigen Fleisches. Also machte er
sich daran, Zentimeter für Zentimeter seinen Penis zu
amputieren, während ein Photograph die Aktion als Kunst-
Event festhielt. 1972 wurden die daraus entstandenen
Abzüge ehrfürchtig auf diesem biennalen Automobil -
salon westlicher Kunst, der documenta V in Kassel, ausge -
stellt. Nachfolgende Akte der Selbstamputation brachten
Schwarzkogler schließlich unter die Erde.'“
Die Vermischung von Fiktionalem und Dokumentarischem
geistert nicht nur durch Schwarzkoglers Arbeit, sondern
begleitet die Performance-Kunst im allgemeinen. So wird der
Schwarzkogler-Mythos immer wieder bemüht, wenn es
darum geht, Künstler, die den Körper als Material für Kunst
verwenden, zu kompromittieren, zu trivialisieren oder einfach
nur in Mißkredit zu bringen.
Tatsache ist, daß Schwarzkoglers künstlerische Tätigkeit im
Kreis der Wiener Aktionisten reifte, zu denen auch Hermann
Nitsch, Günter Brus und Otto Mühl zählten, daß er im Oktober
1964 zum ersten Mal aktiv an einem Aktions-Happening teii-
nahm und in einigen von Nitschs Aktionen als Modell diente.
Nach dieser Phase begann Schwarzkogler, eigene Aktions -
bilder zu schaffen. Im Sommer und Herbst 1965 inszenierte er
fünf einzelne photographische Arbeiten mit dem Titel Aktion
159 Für mehr Informationen über Schwarzkogler siehe meine »Notes
on Rudolf Schwarzkogler's Images of Healing«, in: White Walls:
71 Magazine of Writings byArtists, 25, Frühjahr 1990, S. 13-26,
nachgedruckt in: Rudoif Schwarzkogier, Vancouver 1993 S
29-39.
160 Robert Hughes, »The Decline and Fall of the Avant Garde«, in:
Time, 18. Dezember 1972, S. 111.
291
Rudolf Schwarzkogler, Hochzeit, 1965, Archiv Conz, Verona
292
Rudolf Schwarzkogler, 6. Aktion, 1966.
Archiv Conz Verona
293
Rudolf Schwarzkogler, 3. Aktion, 1965. Privatsammlung
mit einem männlichen Körper.'^' Diese Arbeiten, die sich
deutlich von den gestischen, vor Publikum aufgeführten
Körperaktionen und Happenings seiner Freunde unterschie -
den, bezeichnete Nitsch als »apollinisch«-, im Unterschied zu
den eher -'dionysischen« Aktionen der anderen Künstler.’®^ Mit
seinem Freund Heinz Cibulka als Modell (der Künstler, den
auch Nitsch häufig als Modell einsetzte) entwarf und orche -
strierte Schwarzkogler eine Serie von Einzelbildern, die
Ludwig Hoffenreich, ein Photograph, der seit Anfang der sech -
ziger Jahre mit Nitsch zusammenarbeitete, dann photo -
graphierte."'“ In gemeinsamen privaten Studio-Sessions ent -
wickelte Schwarzkogler die Inszenierung, Cibulka stellte das
physische Körper-Objekt für die Konstruktion des Bildes zur
Verfügung, und Hoffenreich machte die Aufnahmen. Diese pri -
vaten Atelier-Arbeiten beinhalteten keine Aktion, die sich wie
bei einem Happening in der Zeit entwickelte, und waren auch
keine Performances, sondern streng von Schwarzkogler
amangierte, einzelne, simulierte Events.
Diese verführerischen Bilder wirkten zwar wie photographi -
sche Dokumente, stellten aber eigentlich nur eine künstliche
Konstruktion, eine Reihe von fiktionalen Ereignissen dar, die
nicht nur in der Form, sondern auch vom Inhalt her symbo -
lisch waren. Die Photographien als Zeichen, die vermeintlich
das Reale bedeuteten, waren doch Signifikanten des
Imaginären. So ist Schwarzkogler weder während einer
Körperaktion gestorben noch selbst auf den Photos einer ins -
zenierten, fiktionalen Kastration abgebildet.'“
161 Die Angaben über die Anzahl der photographierten Aktionen,
die Schwarzkogler machte, sind unstimmig. Die 1970 von der
Galerie Nächst St. Stephan herausgegebene Broschüre und der
Katalogeintrag zur documenta V von 1972 verzeichnen jeweils
ein Happening (Hochzeit), fünl Aktionen mit einem männlichen
Körper im Sommer und Herbst 1965 und eine letzte Aktion mit
seinem eigenen Körper 1966. Zwei kürzlich erschienene Bücher,
Von der Aktionsmaierei zum Aktionismus, Wien, 1960-1965, und
Wiener Aktionismus, 1960-1970, beschreiben Schwarzkoglers
letzte Aktion als Nr. 6. Die Abweichung rührt meiner Meinung
nach daher, ob die Autoren Schwarzkoglers Hochzeit als Aktion
einstufen oder nicht.
162 Hermann Nitsch, Rudolf Schwarzkogler, in: Schwarzkogier
1940-1969, Wien 1970.
Ende 1968 hatte Schwarzkogler beinahe jegliche Kommuni -
kation eingestellt. Seine Zurückgezogenheit beunruhigte
seine Gefährtin Edith Adam wie auch Nitsch und dessen Frau
Eva, eine Psychologin, die ihm zu einer Einzeltherapie bei
einem namhaften Münchner Psychotherapeuten riet.'®
Schwarzkogler hatte angefangen, in der Hoffnung auf
Reinigung und Läuterung von Körper und Geist mit diversen
Heildiäten zu experimentieren. Zum Zeitpunkt seines Todes
befand er sich bereits in einem Dauerzustand starker körper -
licher Unruhe. Sein Heilfasten bestand zumeist aus einer
selbstauferiegten Diät aus Milch und Brot.'® In dieser Phase,
erinnert sich Edith Adam, litt Schwarzkogler unter derart hef -
tigen Halluzinationen, daß er manchmal in seinem Zimmer
kauerte und sich von Schlangen umzingelt glaubte.'“
Zudem wurde Schwarzkogler zunehmend von Yves Kleins
Photomontage Leap Into the Void besessen. An dem Tag, als
er starb, hatte er schwere Halluzinationen und saß am Fenster
der gemeinsamen Wohnung, während Adam im Neben -
zimmer arbeitete. Sie vermutet, daß er entweder hinausfiel
(aufgrund seines veränderten Geisteszustands), sprang (ein
Suizid ais Folge seiner Depression) oder tatsächlich ver -
suchte, von dem Wohnungsfenster im zweiten Stock aus zu
fliegen (wie Klein). Wie auch immer die Wahrheit aussehen
mag, Schwarzkogler stürzte am 20. Juni 1969 in den Tod -
und dachte dabei vielleicht an ein Photo.
Sechs Jahre vor Schwarzkoglers tragischem Tod, und drei
Jahre bevor der Wiener Künstler begann, bei der Reaiisierung
163 Nach seiner 12. Aktion vom 6. September 1965 verwendete
Nitsch Cibulka ebenfalls als Hauptmodell in seiner Arbeit.
164 Abgesehen von Schwarzkoglers erster Arbeit, Hochzeit, vom 5.
Februar 1965, einer Aktion mit Schwarzkogler, Cibulka und Anni
Brus, photographiert von Michael Epp, und seiner letzten
Aktion, die er 1966 alleine aufführte, taucht Schwarzkogler nie
als Figur in seinen Bildern auf.
165 Wiener Aktionismus (wie Ammerkung 161), S. 380-81.
166 Dr. Franz Xavier Mayr, Die Darmträgheit: Stuhlverstopfung, Wien
1953, S. 273.
167 Edith Adam im Gespräch mit der Autorin, Wien, April 1978.
295
Carolee Schneemann, Eye Body (Augenkörper), Sammlung der Künstlerin
seiner Bilder mit einem Photographen zusammenzuarbeiten,
führte Carolee Schneemann Eye Body, ihre erste Body art-
Aktion, auf. Eye Body fand ohne Publikum statt und wurde
eigens für Photoaufnahmen, die der befreundete isländische
Künstler Errö machte, inszeniert. Diese Photos zählen
anerkanntermaßen zu den ersten Bildern, aus denen das
Lexikon eines explizit feministischen Avantgarde-Vokabulars
entstand. Erst nach Veröffentlichung ihres Buchs More Than
MeatJoy (1979), in dem Schneemann ihre eigene Arbeit histo -
risierte und theoretisierte, erreichte Eye Body ein breiteres
Publikum. Damals herrschte noch ein völlig anderes kuiturel-
les Klima, sowohl im Hinblick die Rezeption von feministischer
Performance-Arbeit, als auch bezüglich des Diskurses, der ihr
von der poststrukturalistischen Theorie aufgebürdet wurde
und der mit psychoanalytischen und kulturelien Theorien von
»Transgression« und »Widerstand« aufgeiaden war.
Schneemann hat jedoch die Paraiielen, die zwischen ihrem
Frühwerk und der »transgressiven« Kunst der Achtziger her -
gestellt worden sind, zum Teil selbst ermutigt. Die Photos von
Inferior Scroll (1975), die die Künstlerin zeigen, wie sie einen
Text aus ihrer Vagina zieht, wiesen sie außerdem als geeignet
aus, in den Kontext des »bad girl« der Neunziger integriert zu
werden. Aber sobald Schneemann in solchen Kontexten auf-
296
Carolee Schneemann, Interior Scroll (Innere Schriftrolle), 1975
Sammlung Peter und Eileen Norton, Santa Monica
taucht, drohen diese genau die Werte zu untergraben, für die
sie so mutig gekämpft hat.'“
So schreibt zum Beispiel Rebecca Schneider:
In den 25 Jahren nach »Eye/Body« [sic] entstanden expii-
zite Body art-Werke wie die der feministischen Künstierin
Orian, die in den Neunzigern ihr eigenes »Fleisch als
Material“ benutzt, indem sie sich verschiedenen Schön -
heitsoperationen unterzieht, um »Teile« ihres Körpers - in
ironischer Nachahmung - Frauendarstellungen der kano -
nisierten Kunst anzugleichen.'“
Die ansonsten exzellente Theoretikerin mißversteht Schnee -
mann jedoch in diesem Punkt; die Verbindung, die Schneider
in ihrer Theorie herstellt, läßt sich nicht aufrechterhalten, denn
Schneemanns Erforschung von »Fleisch als Material« in Eye
Body unterscheidet sich grundlegend von Orlans Einsatz von
»Fleisch als Material«. Vielmehr sollten Schneemanns eigene
Worte aufmerksamer gelesen werden:
168 Für eine fundierte Kritik des Begriffs »bad giris« siehe Laura
Cottingham, How Many ‘Bad’ Feminists Does It Take to Change
a Light Bulb?, New York 1994. Cottingham beschreibt die
»historisierte Verwendung von ‘Bad Giri’ ais ausgesprochen her -
absetzend« und erkält, daß dadurch »das Verhalten von Frauen
in Richtung Selbstaufopferung, sexuelle Unterdrückung und
Assimilation der heterosexuellen Werte Ehe und Familie, letzt -
endlich also zum Modell 'Good Girl’ hin gelenkt wird«, allesamt
Zwänge, denen die Auftritte der Künstlerinnen den Kampf ange -
sagt hatten. Und sie fügt richtigerweise hinzu, daß >‘die
Aneignung des good/bad-Modells, selbst wenn diese bewußt
subversiv geschieht, aus der Perspektive jeder Frau nichts
anderes ist als das Nachplappern eines männlichen vorherr -
schenden Konstrukts«. Eine solche Rhetorik, so ihre
Schlußfolgerung, »beruht auf einer falschen, pseudo-hegeliani -
schen Prämisse, daß These fgood giri') und Antithese (‘bad
giri’) zur Synthese (Emanzipation) führen. Sie übersieht, wie
offensichtlich und willfährig diese Dialektik die Bedingungen der
Emanzipation der Frau im Einklang mit dem Patriarchat
beschreibt.« Weiters weist Cottingham auch auf die
Oberflächlichkeit von Marcia Tuckers Definition des »bad giri«
als »redlich, provokant, streitlustig, leichtfertig, lasch und sogar
vulgär« hin; und bemerkt abschließend: »Ein Großteil der
Rhetorik im Zusammenhang mit diesen Ausstellungen strotzt
von dieser unerforschten Selbstverachtung und
Selbsterniedrigung.«
169 Rebecca Schneider, The Expticit Body in Performance, London
und New York 1997, S. 331-32.
297
Hannah Wilke, S.O.S. Starification Object Series, An Adult Game of Mastication
(S.O.S. Starerzeugungs-Objekt-Serie, Ein Kauspiel für Erwachsene), Box, 1974.
Leihgabe des Estate of Hannah Wilke and Ronald Feldman Fine Arts, New York
1962 begann ich ein Loft-Environment aus großen
Paneelen zu konstruieren, die mit rhythmisch verteilten
Farbakzenten, Spiegel- und Glasfragmenten, Licht -
elementen, rotierenden Regenschirmen und motorbetrie -
benen Teilen verbunden waren. Ich arbeitete mit meinem
ganzen Körper - die Größe der Platten stand für meine
eigene Körpergröße. Dann beschloß ich, daß sich mein
Körper als integriertes Element mit der Arbeit verbinden
sollte - eine weitere Dimension der Konstruktion...(meine
Hervorhebung).'™
Schneemann wollte ihren Körper »einer Reihe physischer
Transformationen« unterziehen, und zwar in ihren »Kon -
struktionen und ihrem Wand-Environment«, um ihn dadurch
in ein »visuelles Gebäude« umzuwandeln und »die Bildwerte
von Fleisch als Material« zu erforschen.”'' Aus dieser
Umgebung entstand letztendlich Eye Body, eine Werkfolge
aus mehreren Konstruktionen: Four Für Cutting Boards
(1962), Ice Box (1962), Window to Brakhage (1962), Für Wheel
(1962) und Gift Science (1963).
Als Malerin ging es Schneemann, wenn sie ihren Körper in
ihrer Arbeit plazierte, um die Bildwerte von Fleisch als
Material; sie begriff ihren Körper als etwas, das »erotisch,
sexuell, begehrt, begehrend, aber auch geweiht bleibt«, und
sah sich selbst als eine »Erweiterung« ihrer »Malerei-
Konstruktionen und mich selbst - die Künstlerin... als
ursprüngliche, archaische Kraft, die imstande ist, die Energien
zu bündeln, welche mein kreativer weiblicher Wille als visuelle
Information entdeckt hat«. Schneemanns Sprache wurzelt
seit jeher in den visuellen Problemen - »Bildwerten« - der
Malerei und dem skulpturalen ■»rhythmischen Verbundensein«
ihres Körpers mit ihren Assemblage-Konstruktionen. Die
Quelle für Schneemanns Arbeit ist - damals wie heute - die
Malerei. Sie selbst hat sich stets als Malerin bezeichnet, und
sich theoretisch stets an den in Stücke gebrochenen visuel -
len Feldern von Cezanne orientiert, in dessen Werk sie den
Niedergang der Perspektive in der Malerei sah. Cezannes
Werke bewirkten darüberhinaus jenen radikalen Wandel in der
visuellen Beziehung zur Bildfläche, der unter anderem auch
mit sich brachte, daß der Körper des Künstlers oder der
Künstlerin in die Arbeit integriert werden kann.
Eye Body (Ende 1963) und Meat Joy (1964) sind den
Assemblagen, Environments und Happenings aus den frühen
Sechzigern zuzurechnen, und nicht der feministischen
Performance der zweiten Hälfte der siebziger Jahre (als
Schneemann Interior Scroll aufführte), genauso wenig aber
den Neunzigern, als »bad girls« wie Annie Sprinkle oder Karen
Finley auftauchten, deren Arbeit sogar auf Interpretationen
von Schneemanns Performance basierte. Wenn man sie in
diesen Zusammenhang stellt, sollte man meinen, Schnee -
manns bahnbrechende Arbeit wäre gebührend gefeiert
worden, Galeristen hätten sie (wie Wilke und Orlan), unter -
stützt, oder ihr wäre, wie so vielen Künstlerinnen heutzutage,
irgendeine finanzielle oder persönliche Anerkennung zuteil
geworden. Das war jedoch nicht der Fall.
Schneemann erhält noch Immer sehr wenig institutioneile
Unterstützung in der Kunstwelt, obwohl sie drei Jahrzehnte
lang Vorbild für die Arbeit zahlreicher Männer und Frauen war.
Und was noch wichtiger ist: In ihrem Werk ging es nie darum,
dem Körper Gewalt anzutun, sondern um - wie sie es selbst
formuliert - »erotische, sexuelle, begehrte, begehrende«
Körper, um Fleisch als »Freude« - allesamt Eigenschaften, die
in Eye Body brillant zum Ausdruck kommen, wenn ihr Körper
die Bild-Oberfläche diagonal schneidet, sich - metaphorisch
gesprochen - aus dem Raum der Malerei in den Lebens-
Raum streckt, in dem sie ihre Aktionen durchführte.
Schneemann schuf Akte primärer Beobachtung. Sie rekon -
struierte die Art und Weise, wie wir die Welt sehen und
interpretieren. Beobachtung, die Interpretation rekonstruiert,
ist radikal und ursprünglich. Und eben diese Radikalität ihrer
Vision, ihre Ursprünglichkeit sind es wert, verteidigt zu wer -
den. Denn Schneemanns Kunst ist voll von der Freude
weiblicher Körper, die sich in sich selbst und für sich selbst
feiern.
170 Carolee Schneemann (wie Anm. 25), S. 52.
171 Ibid.
299
~r Milan Knizäk,
® Kleine Environments
, li auf der Straße, 1962-64
y
>
s
r
i
'1| Milan Knfzäk,
i ■ Kleine Objektaktionen
- auf der Straße, 1962-63
Milan Knizäk,
Straßenperformance,
Prag 1964
IX. Ein Balanceakt zwischen Staubloch und Ewigkeit
1958 malte Milan Knizäk Prediger einer Zeit X. Es war ein
gestisches Gemälde voller langgezogener Figuren. Eine Photo -
graphie des inzwischen zerstörten Gemäldes zeigt Knizäk, der
mit einer Baskenmütze auf dem Kopf und dem entfremdeten,
mißtrauischen Gesichtsausdruck von James Dean vor seinem
überlebensgroßen Werk steht."^ Auf der Photographie steht
geschrieben: »Meine ersten Träume von einer neuen Gesell -
schaft. Ich war achtzehn.« In dieser Zeit wurde Knizäk aus der
Universität und der Kunstakademie »rausgeschmissen«, wo er
»eine wilde 1. Mai-Party« veranstaltet hatte; »die ganze Schule
stand Kopf und sie schmissen mich raus: das war 1959.« Ein
Jahr später wurde der Künstler zum Militär eingezogen, wo er
zwei Jahre und vier Monate fast ununterbrochen wegen
Befehlsverweigerung im Gefängnis saß.
Nach seiner Entlassung aus der Armee malte Knizäk zunächst
in einem rohen Stil, ähnlich den Malern des »Realismus der
Emotionen«, und stellte grobe, rauhe Assemblagen her. In die -
ser Zeit begann er auch, Objekte direkt auf die Straße zu
stellen. 1962-63 begann sich in Prag die AKTUAL Gemein -
schaft zu bilden. Zu der Künstlergemeinschaft zählten Sonja
Svecovä, Jan Trtilek, die Brüder Jan und Vit Mach und Zdenka
Zizkova. Zwischen 1964 und 1966 schuf Knizäk seine ersten
»Zeremonien« und »Demonstrationen«. Zur selben Zeit trat
Robert Wittmann der Gruppe bei, die er als »eine lebendige
Verkörperung der Probleme der Gesellschaft« in Erinnerung
behielt, »jener Probleme, die bis dahin gewaltsam unter den
Teppich gekehrt worden waren..,«.i” Ein typisches AKTUAL-
Event von Knizäk war Wie macht man Kleidung wirklich (1965):
Ein Ärmel wird vom Mantel abgerissen./ Der Kragen ist mit
einer grellen Farbe angemalt./ Am Mantelende (Saum) ist
eine dreißig Zentimeter lange Fransenborte befestigt. Die
Fransen können geflochten werden./ Der Mantel ist der
Länge nach in zwei Teile geschnitten./ Wir tragen jede der
Hälften einzeln./ Ein zwanzig mal zwanzig Zentimeter
großes Quadrat wird aus dem oberen Teil eines Mantels
geschnitten, die breite Seite liegt parallel zu den Schultern.
Dasselbe in der Jacke, Hemd./ Unterhemd. Oster-Abzieh-
bildchen werden auf die Haut gedruckt./ Kleidung, die
ausgezogen wird, wird in einem Bündel zusammengerollt
und/ wie ein Rucksack auf dem Rücken getragen, etc., etc.
1965 schoß Knizäk auf Bücher, um Getötete Bücher zu schaf -
fen, goß Bücher in Zement ein, um Dokumentarische Bücher
tELEFO»
ZU erzeugen, und produzierte Zerstörte Musik, indem er
Platten zerkratzte, verbog, zerbrach und wieder zusammen -
setzte. Ferner stand er in ständigem Kontakt mit Fluxus, den
PROVOS, Vostell, DIAS und vielen anderen Künstlern in
Europa und den USA. Mit diesen Künstlern kommunizierte er
hauptsächlich über seine Sam/sdaf-Veröffentlichungen,
handgemachte Bücher mit geschriebenen, getippten, gemal -
ten, gezeichneten und mimeographischen Manifesten,
Skizzen, Gedichten und theoretischen Schriften über Kunst,
Mathematik, Zerstörung und vieles mehr. Knizäk bezeichnete
die Events, die er mit der AKTUAL-Gruppe veranstaltete,
ursprünglich als »Zeremonien« und »Demonstrationen«. Ab
Ende 1965 jedoch weigerte er sich, seiner Arbeit überhaupt
einen Namen zu geben, weil es seiner Ansicht nach keinen
Namen gab, der nicht artifiziell war, und er seine Kunst »im
Fluß des täglichen Lebens« auflösen wollte:
Ich schmuggelte Kunst in ihr Leben....lch wollte, daß die
Leute jeden Millimeter ihres täglichen Lebens voll und
172 Milan Knfzäk im Gespräch mit der Autorin, 23.-24. Mai 1995, 173 Robert Wittmann, zitiert in: Milan Knizäk, Actions, Prag, o. S.
Prag. Sofern nicht anders angegeben, stammen sämtliche
Zitate von Knizäk aus diesem Gespräch.
301
Milan Kni'iäk, Kleid mit eisernen Handschellen, Taschen, Kragen, Modell 1970
MtC '7*
;rjl/ J
Milan Knizäk, Zweigesichtige Jacke, 1965. Sammlung des Künstlers
ganz auskosten....Sehen Sie, ich war stark von dem
kommunistischen Ideal...beeinflußt. Wir lebten darin.
Auch wenn ich nie Kommunist war, nie. Aber ich glaubte
an die Idee, daß Leben wichtig ist, daß es unsere Auf -
gabe ist, das Leben bunt und interessant zu gestalten,
daß wir es in vollen Zügen genießen sollten. Wir müssen
auf die Gerechtigkeit vertrauen. Sie sprachen viel davon,
handelten aber nie danach. In der Schule brachte man
uns phantastische Dinge bei, die mit der Realität nicht
viel zu tun hatten. Dinge, die ganz anders waren. Ich
habe mich immer mit Revolutionen, Veränderungen im
Leben, Veränderung in meinem Leben beschäftigt. Das
ist die Grundlage meines Seins. Das hat man mir beige-
bracht. Man lehrte uns, daß Revolutionen etwas Neues
und Wichtiges mit sich bringen. Ich wollte keine soziale
Revolution machen, sondern eine Revolution des Alltags.
Knizäk reiste in die Vereinigten Staaten und schuf dort 1968
Liegezeremonie. Immer häufiger mußte Knizäk wegen seiner
Arbeit ins Gefängnis, so daß er bei der Aufführung seiner
Aktion Der Marsch (1973) nicht dabei sein konnte, weil
er wieder einmal eingesperrt war. Zur Jahreswende 1974/75
verbrachte er erneut zwei Monate im Gefängnis, und sie »woll -
ten mich des Landes verweisen; da habe ich geheiratet«. Der
Künstler hatte weder Arbeit noch Geld in einem Land,
in dem es verboten war, nicht zu arbeiten. Seine Frau fütterte
ihn durch, und auch der deutsche Sammler Ruepp sandte ihm
jeden Monat zweihundert Mark, die jedoch häufig von
der tschechischen Polizei an den Absender zurückgeschickt
wurden, mit der fadenscheinigen Begründung, der Künstler sei
unbekannt verzogen, oder, so Knizäk, »sonst irgendeinem bla -
bla; aber so war das Leben«, Schließlich hörte er auf, Events
zu machen. »Ich entdeckte den Raum des Verstandes (ich
hatte angefangen, Mathematik zu studieren), ein realer Raum,
wie die anderen, und vielleicht sogar noch ein bißchen freier.
Es war der einzige Freiraum, den ich in den siebziger Jahren
unter den Kommunisten nutzen konnte.« Ganz in der Tradition
von George Brechts Event Scores der späten Fünfziger und
frühen Sechziger schrieb er:
AKTIONEN, DIE NICHT STATTFINDEN KÖNNEN.
AKTIONEN, ÜBER DIE MAN NICHT EINMAL
NACHDENKEN KANN.
AKTIONEN, DIE KEINE AKTIONEN SIND. (1978)
Zorka Säglovä inszenierte ihr erstes und einziges öffentliches
Installations-Event Heu-Stroh im August 1969 in der Galerie
302
Zorka Säglovä, Heu-Stroh, August 1969
Vaclav Späla in Prag."“ Als Beitrag zu einer Gruppen-
ausstellung mit dem Titel »Irgend etwas Irgendwo« baute sie
in einem Raum gelbe Strohballen und grüne Ballen aus
getrockneter Luzerne auf und verstreute in einem anderen
Raum Heu auf dem Boden, das sie und ihre Freunde getrock -
net und gebündelt hatten. In beiden Räumen ertönte Rock -
musik von eigens aufgenommenen Tonbändern. Besucher
der Ausstellung, erklärte Säglovä, interagierten »spontan« mit
den natürlichen und gefärbten Materialien, schufen ..jeden Tag
neue Kompositionen aus Heu und Stroh, während Unmengen
von Grashüpfern an den Wänden zirpten«."® Milena
Lamarovä, eine Prager Kritikerin, beschreibt die Ausstellung
als »eines der wichtigsten Ereignisse in der Kunstwelt der
sechziger Jahre«, und Jifi Padrta erklärte den Grund dafür:
Der Titel an sich - ..Irgend etwas Irgendwo« - besagt schon,
daß es eine Ausstellung von etwas ist, das jederzeit und an
jedem Ort möglich ist; es war vorher nicht da, wird vorher
nicht ausgewählt, vorbereitet oder geheimgehalten, Die
Abwesenheit bildlicher Darstellung, die Gleichgültigkeit
sämtlicher Anwesenden gegenüber jeglicher a priori-
Kunstform, und schließlich, vielleicht das auffälligste
Merkmal, die Unterordnung der Realität der Dinge unter
das völlig rohe faktische Konzept der Örtlichkeit. Realität
wird in diesem Konzept weder reproduziert noch durch
Kunst evoziert, sondern ist schlicht und einfach zu sehen,
wird bloßgelegt, wird außerhalb ihrer ursprünglichen Um -
gebung behandelt und in einen neuen Kontext über -
nommen, um in einen optischen, taktilen oder akustischen
Rahmen transponiert zu werden, in die Manipulation, die
den statischen Zustand der Existenz dieser Realität durch
physische Aktion verändern kann."®
Wie wichtig die Arbeit für diejenigen, die sie 1969 erlebt
haben, auch gewesen sein mag, Säglovä kostete sie zwei
Jahrzehnte ihrer künstlerischen Tätigkeit. Nach dieser
Veranstaltung durfte sie 19 Jahre lang nicht ausstellen.
Vielleicht versteht man vor diesem Hintergrund, was es
bedeutete, als Jan MIcoch während einer Aktion am 20.
Dezember 1974 einfach seine Kleider auszog und sich im
Beisein einiger Freunde am ganzen Körper wusch; oder sich
während einer anderen Aktion am 5. August 1974 an Händen
174 Es handelte sich um eine Gruppenausstellung mit Jifi Kolär, Bela
Kolarova und Jan Sägl.
175 Zorka Säglovä, zitiert in: Zorka Säglovä - 1965-1995, Prag, o,
S.. Sofern nicht anders angegeben, stammen sämtliche Zitate
aus diesem Katalog.
176 Ibid.
Jan MIcoch. Der Koffer des Emigranten: Über das Meer, Gallery Remont, Warschau,
5. Mai 1976. Sammlung des Künstlers
304
Petr Stembera, Der Weg, 1977
und Fü3en an einem Nylonseil in einem großen Dachboden
aufhängen ließ, die Augen mit einem schwarzen Schai ver -
bunden und die Ohren mit Wachs zugestopft. Vielleicht kann
die Aktion, die Petr Stembera am 5. September 1977 in der
Galerie Repassage in Warschau durchführte, veranschauli -
chen, was es hieß, als tickende Zeitbombe zu leben:
Mit auf den Rücken gefesselten Händen zog sich Stem -
bera auf dem Bauch entlang zweier Linien aus schwarzem
und weißem Pulver, von denen je eine für jedes Bein
bestimmt war, über den Fußboden. Mühsam versuchte er,
das Ende dieser Linien zu erreichen, aber während er vor -
wärtsrobbte, goß ein Assistent Säure auf die Schnüre, die
er an seinen nackten Füßen hinter sich herzog. Die Säure
fraß die Schnüre langsam auf, so daß, wie bei einer gezün -
deten Zündschnur, die Säurespritzer seinen nackten, mit
den Sohlen nach oben gedrehten Füßen immer näher
kamen. Würde er es schaffen, das Ende der Pulverlinien
zu erreichen, bevor die Säure die Schnüre an seinen
Füßen wegätzte? im selben Jahr, 1978, balancierte er sein
Kinn auf einer dünnen Glasscheibe und schob diese so
überden Boden.’'’’
MIcoch war bis zu dem Zeitpunkt, als er Stemberas Aktionen
miterlebte, nicht künstlerisch tätig gewesen. »In den frühen
Siebzigern, nach der sowjetischen Besatzung, fühlten wir uns,
als »fielen wir durch die Zeit«, und ich hatte das Bedürfnis, in
unserer formlosen Gegenwart einige Fixpunkte für mich selbst
zu schaffen«, erklärte MIcoch.”'® Stembera und MIcoch leg -
ten den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die für sie entschei -
denden Elemente »physische Präsenz« und »Selbsterkennt -
nis«. Sie machten Kunst, mit der sie aus einer persönlichen
Dringlichkeit auf ihre Notsituation reagierten.
Von 1966 an war Stemberas Malstil durch den spanischen
Maler Tapies beeinflußt gewesen, nach einem Paris-
Aufenthalt während des Prager Frühlings jedoch schlug er
eine andere Richtung ein. Zwei Jahre lang arbeitete der
Künstler mit seinem eigenen Blut, ein Versuch, »zu entschei -
den, was zu tun sei«; er machte Yoga und erprobte unter -
schiedliche asketische Lebensweisen. Diese Unterwerfung
unter strenge physische Regeln kann als eine Art persönli -
ches Ausdauertraining verstanden werden. »Es ist wichtig««,
erklärte er mir, »für diese psycho-physische Aggression
gewappnet zu sein: gewappnet mit Meditation und Yoga.«
Stemberas erste »Körperaktion« von 1971 bestand in einem
einfachen Ausflug aufs Land, wo der Künstler »viele schwere
Steine«« sammelte, die er mit zurück in die Stadt nahm. Im
Jahr 1974 hatten seine Aktionen zunehmend rituellen
Charakter angenommen. In Narziß Nr. 1, beispielsweise,
einer Aktion, die Stembera im Dezember 1974 durchführte,
Stand der Künstler vor seinem Porträt, das auf einem impro -
visierten, mit Kerzen erleuchteten »Altar« aufgestellt war.
Nachdem er das Porträt lange angesehen hatte, kam MIcoch
und nahm ihm mit einer Spritze Blut ab. Stembera mischte
das Blut mit seinem Urin, ein paar Haaren und seinen abge -
schnittenen Nägeln, und trank die Mixtur vor dem Altar. Solch
eine Aktion erinnert an schamanistische und Voodoo-
Praktiken zur Steigerung der eigenen Macht, zur Abwehr
böser Geister und ganz allgemein zum Schutz der Seele. In
Aufpfropfen, einer Aktion vom April des darauffolgenden
Jahres, versuchte Stembera, seinem Körper eine Pflanze
aufzupropfen (wobei er sich der üblichen Pfropfmethode der
Gärtner bediente und auch deren giftige Pfropfsubstanzen
verwendete); hierzu erklärte er, er wolle »in Kontakt mit der
Pflanze treten, sie in meinen Körper bringen, so lange wie
möglich mit ihr zusammen sein«. Die Verzweiflung, die diese
Aktionen eindeutig vermitteln, lag nicht in der Absicht des
Künstlers. Stembera glaubte: »Es ist eine Frage der Stellung,
die ein Mensch innehat - ist er ein Niemand (wie ich) oder ist
er bekannt? Für denjenigen, der bekannt ist, wäre die Aktion
eine politische gewesen, nicht so für mich.«
Klarerweise verstanden sich Stembera Aktionen nicht in
einem öffentlichen Sinn als »politisch«, waren sie doch zum
Teil von östlicher Philosophie und Existentialismus beeinflußt
(insbesondere vom Werk Gabriel Marcels), was laut Stem -
bera damals »sehr schick« war. Darüber hinaus las der
Künstler auch Literatur über Zen sowie Marshall McLuhans
Informationstheorie; er erinnert sich:
Die Essenz all dieser Ideen war die Entdeckung des eige -
nen Körpers, der physischen Erfahrung und der Tatsache,
daß man ein physisches Wesen in dieser Welt ist. Ich
sollte jedoch betonen, daß keine dieser Studien beson -
ders tief ging. Mein Interesse galt der Definition meiner
177 Roland Miller, »The Curtain Rises«, in: Variant 12.199, S. 20-21. 178 Jan Micoch, zitiert in Vytvarne Umeni: The Magazine for
Contemporary Art, 3/91,1991, S. 77.
306
eigenen Erfahrung, nicht der Assimilierung anderer
Systeme. Die eigentliche Form meiner Pertormances hat
sich unter dem direktem Einfluß westlicher Kunst ent -
wickelt. Ich stand damals in relativ engem Kontakt mit
Terry Fox, Tom Marioni, Chris Bürden und anderen, und
ich hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was in
der Welt los war. Die »Wiener Schule« jedoch mit ihrer per -
versen Fin-de S/ec/e-Atmosphäre stieß mich ab. (Freud
hätte nirgendwo anders leben können.)™
Im April 1975 reiste Tom Marioni nach Prag, um Recherchen
für eine wichtige Sondernummer anzustellen, die die Zeit -
schrift Vision über experimentelle Kunst in Osteuropa plante.
Während dieses Aufenthalts schufen Marioni und Stembera
Joining, eine Aktion, bei der die beiden Künstler ihre Körper
mit Kreisen aus Dosenmilch und Kakao vereinten, die sie mit
hungrigen Ameisen bevölkerten; das kreisförmige Muster ver -
sinnbildlichte ihre Bruderschaft inmitten des Ost-West-
Konflikts.
Es ist wohl kein Wunder, daß der jugoslawische Künstler Rasa
Todosijevic zwischen 1976 und 1978 in Osteuropa mehrere
Male Was Ist Kunst aufführte. Mit dem Rücken zum Publikum
flüsterte, rief, tobte, schrie, flehte, bettelte oder fragte er in den
unterschiedlichsten Tonlagen und Intonationen immer wieder
dieselbe Frage in ein Mikrophon: »Was ist Kunst?«. Dabei
blickte er auf eine Kulisse, auf der dieselben Worte in fetten
Lettern geschrieben standen, und vor der schweigend eine
Frau (Marinelia Kozelj) saß, das Gesicht dem Publikum zuge -
wandt; neben ihr stand ein Mann mit einem schwarzen Tuch
über dem Kopf, die Schultern mit einem Seil um den Hals
gefesselt. Die Aktion dauerte ungefähr fünfundzwanzig
Minuten, bis Todosijevic nicht mehr konnte, und seine tiefe,
heisere, kräftige Stimme kaum mehr zu hören war. Es war eine
Qual zuzusehen, zuzuhören, teilzunehmen. Denn die Aktion
stellte eine Frage, die untrennbar mit den eigenen kulturellen
Bedingungen des Künstlers verbunden war - Bedingungen,
die den beständigen Drang unterdrückten, die tatsächlichen
Erfahrungen des damaligen Lebens authentisch zu visualisie-
ren; Künstler wissen, daß Kunst nicht unterdrückt werden
kann, ob in der gefräßigen Konsumwelt des Kapitalismus oder
unter der zwanghaften Repression des Kommunismus.
Während die inszenierte Befragung die Gültigkeit von Kunst
an sich in Frage stellte, bestätigten die Zeugin (Kozelj) mit ihrer
stummen Antwort und ständigen Präsenz, und der gequälte
Mann die Fähigkeit der Kunst und - im weitesten Sinn - der
Menschheit, Widerstand zu leisten, sich auseinanderzusetzen
und durch die Kräfte der Phantasie weiterzubestehen, jene
Kräfte, die keiner Kontrolle unterworfen werden können und
die keine andere Disziplin so machtvoll fördert wie die Kunst.
Während der Aktion Wassertrinken (28. April 1974) erschien
der Künstler mit bloßem Oberkörper und trank mehrere Male
Wasser aus einem Aquarium, dessen Bewohner zuvor dem
Publikum vor die Füße gekippt worden waren. In dem
Versuch, »in Harmonie mit dem Rhythmus der atmenden
Fische zu sein«, trank der Künstler sechsundzwanzig Gläser
Wasser, während er gleichzeitig atmete, so daß er schließlich
die unerträgliche Wassermenge wieder erbrach, die er sich
eingeflößt hatte, um die Lebenswelt einer ihm fremden Kreatur
nachzuahmen.™ Diese Aktion erinnert auch an Marina
Abramovics Rhythmus 0 (1974), bei der die Künstlerin
bedrohliche Gegenstände auf einem Tisch auslegte und ver -
kündete: »Auf dem Tisch seht ihr ein paar Gegenstände, mit
denen ihr mich bearbeiten könnt. Ich bin ein Gegenstand.«
Diese und eine Reihe anderer Aktionen von Abramovic,
Stembera, MIcoch, Todosijevic und anderen osteuropäischen
Künstlern wurden damals wie heute als »masochistisch«
bezeichnet. Obwohl sie zweifellos die Verkehrung äußerlichen
Leids in selbstauferlegten Schmerz zum Ausdruck bringen,
wurden sie nicht zur Befriedigung individueller erotischer
Gelüste oder Begierden ausgeführt, sondern als lebensnot -
wendige, interkulturelle Kommunikation zwischen Künstlern,
kleinen Gruppen von Individuen, denen der Kontext und die
Erfahrungen gemeinsam waren, die metaphorisch dargestellt
und metonymisch geteilt wurden. Metonymie drückt einen
unkörperlichen oder nicht greifbaren Zustand als körperlich
oder greifbar aus, sie verlangt danach, die Verbindung entlang
der Achse der Kombination herzustelien, und versetzt uns in
die Lage, die Kontiguität von Beziehungen zwischen zwei
Dingen wahrzunehmen. Schließt eine solche Verbindung
menschliche Beziehungen mit ein, wird sie möglicherweise
menschliche Aktionen »auf einen weniger komplexen und in
der Regel konkreteren Bereich des Seins reduzieren«.''®^ Diese
Eigenschaften sind von besonderer Relevanz für die Funktion
179 Stembera im Gespräch mit Ludvik HIavacek, »vzpominka na
akeni umeni 70. let«, in: ibid., S. 66.
180 Rasa Todosijevic, in: Vision, a.a.O., S. 31.
181 Siehe Robert J. Matthews und Wiifried Ver Eecke, »Metaphoric-
Metonymie Polarities: A Structurai Anaiysis«, in: Unguistics: An
International Review, 67, März 1971, S. 49, zitiert in meiner
unveröffentiiehten Dissertation (Anm. 3).
Ra§a Todosijevic, Wassertrinken - Inversionen, Imitationen und Kontraste, 1974
Rasa Todosijevic und Marinella KozelJ, Inversionen, Imitationen und Kontraste, 1974
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307
308
Ion Grigorescu,
Stabhochsprung -
Fluß Traisteni, 1976
und Struktur der veränderten Kommunikationsmittel der live
aufgeführten Kunst. Denn dadurch, daß die Künstler der
Aktionsmalerei und später der Aktionen in dem Raum zwi -
schen dem betrachtenden menschlichen Subjekt und dem
konventionellen Kunstobjekt buchstäblich - als Vermittler -
agierten, legten sie den Schnittpunkt offen, an dem die
Subjekte das Objekt kreuzen, den Punkt also, an dem die
artefaktische Eigenschaft des Objekts in einem Event gebo -
ren wird, und der Künstler objektproduzierendes Subjekt und
Objekt zugleich ist. Eine solche Kunst zeigt, daß der metony -
mische Prozeß den bedeutungstragenden Fähigkeiten der
Metapher (die in gegenständlichen Objekten objektiviert wird)
vorangeht. Denn gerade die Eigenschaft des Künstlers und
des Events als Artefakt hat das Potential, das entfremdete
Hegelsche Subjekt durch den Körper mit seinem Objekt zu
verbinden, indem sie die traditionelle und ausschließliche
Abhängigkeit der bildenden Kunst von den kommunikativen
Mechanismen metaphorischer Objekte hin zu metonymi -
schen Aktionen verlagert. Und tatsächlich haben sogar einige
Sprachphilosophen behauptet, der metonymische Prozeß
gehe den bedeutungstragenden Fähigkeiten der Metapher
voran.
Die Künstler der Ostblockstaaten unterhielten unterschiedlich
intensive Kontakte zu anderen Ländern. Abgesehen von den
Albanern waren jedoch vermutlich die Rumänen am stärksten
isoliert. Aktionskunst fand im Rumänien der siebziger Jahre
hauptsächlich im Kontext von »Environment-Installationen
und Photographie statt, weil es für die Künstler so gut wie
unmöglich war, zusammenzukommen und gemeinsam auf -
zutreten. Mitte der siebziger Jahre organisierte Ion Grigorescu
im Friedrich-Schiller-Haus in Bukarest mehrere Photo-
Ausstellungen, in denen der Künstler, wie er sagte, zeigen
wollte, daß die Kamera »Werkzeuge nicht anders als Per -
sonen behandelt«.'®^ In Hinblick auf seine eigene Arbeit
schreibt Grigorescu, seine »Autophotographien« seien aus
»einigen Happenings« hervorgegangen, die mit seiner eige -
nen »Persönlichkeit« in einem Kontext »individuellen Voyeuris-
mus’“ in Verbindung standen.''“
Eine dieser »Autophotographien« gab den Anstoß zu Andrei
Gheorghius Photoreihe mit dem Titel Stabhochsprung - Fluß
Traisteni (1976). Auf den Photographien sieht man Grigorescu
bei der Umsetzung verschiedener Aktionen am Fluß. Er sitzt
182 Ion Grigorescu, »Short presentation of Romanian photography«,
in: Oosteuropese Conceptuele Fotografie, Eindhoven 1977,
S. 8.
183 Ibid.
309
Ion Grigorescu, Äme-am, 1977
auf einem großen Baumstamm und schreit, macht einen
Stabhochsprung ins Nichts und taucht wieder auf, um den
Hals einen Metallkranz geschlungen. Auf einem anderen
Selbstporträt ist überden verlängerten Hals des Künstlers ein
Bild des berühmten Sarkophags des ägyptischen Königs Tut
kopiert. Weitere Photos aus dieser Zeit zeigen Grigorescu, wie
er in seiner Wohnung Body art-Aktionen ausführt. Die Zunge
(1976) zeigt nur den Mund des Künstlers, der weit aufgerissen
wie zu einem Schrei ist. Ein solches Bild auszustellen wäre für
die Behörden bereits Grund genug gewesen, Grigorescu über
die Motive für seinen »Schrei« auszuhorchen - daher
Grigorescus subtile Beschäftigung mit diesem Körperteil (der
Zunge und ihrem Unvermögen zu sprechen) anstelle einer
direkten Auseinandersetzung mit dem politischen Kontext, in
dem eine solche Rede verboten war. Eine Photoreihe ohne
Titel zeigt den Künstler, wie er nackt und völlig außer sich in
dem winzigen Raum seines Zimmers agiert. Bei diesen
Photos ließ Grigorescu die Blende so lange wie möglich offen,
während er sich schnell vor der Kamera bewegte.
Auf all diesen Photos erscheint Grigorescu vervielfältigt. Sie
sind daher nicht nur Selbstporträts des Künstlers, sondern
schildern den dissoziierten psychischen Zustand, in dem sich
so viele Rumänen befanden, in einer Zeit, in der die Zerrissen -
heit ihrer nationalen Identität durch die Vernichtung ihrer
persönlichen Identität noch verstärkt wurde. Die Amerikanerin
Katherine Verdery, Anthropologin und Spezialistin für rumäni -
sche Kultur, stellte bei den Rumänen eine »soziale Schizo -
phrenie« fest, die Veranlagung, so Verdery, ein »wirklich sinn-
haftes und kohärentes Ich nur mit Bezug auf einen Feind«
erleben zu können.™ Weiterhin erklärt sie, daß, obwohl staat -
liche Gewaltausübung der Prozeß gewesen sei, der die
Rumänen am offenkundigsten in den traumatischen Gehor-
184 Katherine Verdery, »Nationalism and the Transition< in
Romania«, eine Voriesung, die die Wissenschaftierin am 23.
Februar 1993 an der Duke University gehalten hat. Der Begriff
»Schizophrenie« wird hier nicht, wie in den Arbeiten von Gilles
Deleuze und Felix Guattari, in seiner popularisierten Bedeutung
zur Theoretisierung der Postmoderne verwendet, sondern
beschreibt im psychoanalytischen Sinne schwer gestörte kogni -
tive und emotionale Reaktionen, die physiologisch, psycholo -
gisch und/oder sozial begründet sind. Auf dieser
Unterscheidung baut meine Theorie auf, daß Rumänien selbst
eine »traumatisierte Kultur« ist. Siehe auch meinen Aufsatz
»Shaved Fleads and Marked Bodies: Representations from
Cultures of Trauma«, in: Strategie II: Peuples Mediterraneens,
64-65, Paris Juli - Dezember 1993, S. 95-117.
310
Tadeusz Kantor, Meerespanorama-Happening
sam gezwungen habe, die Menschen darüber hinaus in einer
ausweglosen Zwickmühle steckten (die aus einem ausge -
prägten Nationalismus gepaart mit ökonomischem Mangel
bestand), die es ihnen unmöglich machte, sich anders wahr -
zunehmen als »vollkommen abhängig von einer Regierung,
die sie nicht kritisieren konnten, ohne als unpatriotisch
gebrandmarkt zu werden«.’®^ Diese paradoxe Zwangslage
verstärkte den von Verdery als »symbolisch-ideologisch«
bezeichneten Diskurs in Rumänien, ein Diskurs, der sich »die
Nation...als zentrales Symbol« zunutze macht, und der die
rumänische Kunst durchdringt, in welcher der Körper und
seine Aktionen als Subjekt und Feind zugleich identifiziert
werden.’®®
Kurzum, die Rumänen fühlten sich innerlich zerissen, para -
dox, verdoppelt und verseucht. Diese Verdopplung und
Spaltung läßt sich in allen Photographien und Filmen, die
Grigorescu von sich selbst gemacht hat, erkennen. In
Männlich/Weiblich (1976) verkörpert er beide Geschlechter. In
Boxen (1977) boxt er mit sich selbst. In Äme-am (1977)
schlägt er sich mit seiner Seele herum. In Dialog mit Nicotae
Ceaugescu (1978), einem sechsminütigen Schwarzweißfilm,
übernimmt der Künstler beide Rollen, die des Diktators und
seine eigene. Grigorescus Darstellungen und Selbst -
darstellungen - in all ihrer Selbstanklage, ihrem Schuldgefühl,
ihrer Wut, Sinnlosigkeit und mit ihrem gespaltenen Gefühl
sozialer Erfahrung - zeugen auch von jenem Phänomen, das
Alexandra Cornilescu, Linguistin an der Universität von
Bukarest, als rumänische Überiebensstrategie beschreibt: die
Fähigkeit, »eine Vielzahl von Leben voneinander abzugrenzen,
zu kultivieren und zu führen, etwas anderes zu sagen, als man
denkt, in mehrschichtigen Codes zu sprechen, die für
Denunzianten nicht zu durchschauen sind (und häufig selbst
für die eigenen Freunde nicht), Blicke und Gesten wie Worte
zu gebrauchen«.’®’’ Oder, wie der rumänisch-amerikanische
Dichter Andrei Codrescu schrieb: »Ich lüge, um die Wahrheit
vor den Idioten zu verbergen.«’®®
Tadeusz Kantor hatte einen nicht zu unterschätzenden Einfluß
auf die Avantgarde-Kunst in ganz Osteuropa. Der 1915 gebo -
Jerzy Beres, Altar des Gesichts
(Oltarz Twarzy), 1974.
Muzeum Narodowe, Wroclaw, Polen
rene gelernte Maler überlebte den Krieg in Krakau und insze -
nierte Bühnenstücke in einer Zeit, in der jegliche künstlerische
Aktivität von den Deutschen bei Todesstrafe verboten war.
Direkt nach dem Krieg organisierte er zusammen mit Kollegen
die erste Ausstellung für Moderne Kunst in Krakau (1948).
Diese Aktivitäten müssen im Kontext der massiven Zer -
störung des ganzen Landes gesehen werden. Sechs Millionen
Polen waren gestorben. Jede größere Stadt außer Krakau war
von deutschen Bomben in Schutt und Asche gelegt worden.
Der Analphabetismus breitete sich aus und die »reiche Vielfalt
des Landes war verschwunden: ein Großteil der Juden war
tot, die Deutschen waren vertrieben, die Ukrainer und
Belorussen von der Sowjetunion geschluckt«.’®® Bis 1956
blieb Polen unter stalinistischer Herrschaft.
In der Galeria Krzysztofory (einer der beiden Avantgarde-
Galerien in Polen) gründete Kantor 1955 sein experimentelles
Theater >Cricot IF. Cricot II war ein »Theater der konkreten
Realität, nicht der szenischen Illusion« und zugleich Ausdruck
von Kantors Interesse an der Realität zerstörter, beschädigter
und untauglicher Materialien, die in den ersten Nachkriegs -
jahren so viele Künstler faszinierten. Noch im selben Jahr
reiste Kantor nach Paris, entdeckte dort Wols, Mathieu und
Pollock; 1957 begann er, im Informel-Stil zu malen und seine
im Rahmen der Produktionen von Cricot II verwendete
Technik, Menschen und Objekte als Pakete zu verpacken
(eine Vorgangsweise, die den bulgarischen Künstler Christo
beeinflußt haben könnte) mit dem französischen Wort embal-
ier (ver-, einpacken) zu bezeichnen. 1963 organisierte er in
Krakau die »Anti-Ausstellung« und schrieb »Das Null-
Theater«, ein Manifest über die Bedeutung der Beziehung
zwischen Kunst und Realität, 1965 reiste er in die Vereinigten
Staaten, wo er Allan Kaprow kennenlernte; nach diesem
Aufenthalt definierte er seine Arbeitsweise, »Realität durch
Realität darzustellen«, als Happening. Zwischen 1965 und
1969 organisierte er acht Happenings.’®® In Meerespanorama-
Happening (1967) setzte der Künstler Gerüchte in Umlauf, um
den geheimnisvollen Inhalt eines großen Koffers noch
geheimnisvoller zu machen; das Publikum bekam den Inhalt
185 Katherine Verdery, National Ideology Linder Socialism: Identity
and Cultural Politics in Ceaufescu's Romania, Berkeley, S. 101.
186 Ibid., S. 122.
187 Alexandra Corniiescu, »Transitional Patterns: Symptoms of the
Erosion of Fear in Romanian Political Discourse«, unveröffent -
lichtes Gespräch vom Jahrestreffen der Modern Language
Association, New York 1992. Alle weiteren Zitate von Cornilescu
stammen aus diesem Artikel.
188 Andrei Codrescu, Monsieur Teste in America and Other
Instances ofRealism, Minneapolis 1987, S. 14.
189 Tina Rosenberg, The Haunted Land: Pacing Europe's Ghosts
after Communism, New York 1995, S. 145.
190 Michal Kobialka, »The Quest for the Self/Other: A Critical Study
of Tadeusz Kantor's Theatre«, in: Michal Kobialka (Hrsg.), A
Journey Through Other Spaces: Essays and Manifestes,
1944-1990, Tadeusz Kantor, Berkeley 1993, S. 293.
311
des Koffers jedoch nie zu Gesicht, denn Kantor warf ihn ins
Meer, bevor irgend jemand ihn öffnen konnte.'®'
Die Galeria Foksal spielte eine entscheidende Rolle in der
Geschichte der Happenings und Aktionen in Polen; sie stellte
nicht nur Kantors Werk aus, sondern auch das von Zbigniew
Gostomski, Zygmunt Krauze, Maria Stangret (die Kantors Frau
wurde), Edward Krasinski, Jerzy Beres und vielen anderen. In
Prophezeiung I (1968) legte Beres seine Ansichten über den
Schöpfungsakt und dessen Vorraussetzungen dar: «Unab -
hängigkeit - Arbeit - Aktion - Entdeckung«. Bei dieser Aktion
trat Beres nackt auf und schnitzte (mit Axt und Säge) eine
Skulptur aus einem Baumstamm, den er in die Galerie ge -
bracht hatte. Am Ende der Performance fesselte sich der
Künstler an die Skulptur, um untrennbar mit seinem Werk ver -
bunden zu sein. Bereits in den fünfziger Jahren hatte Beres
organische Materialien in seiner Arbeit verwendet; ab den
frühen sechziger Jahren machte er Holzskulpturen, die er in
Urbanen Umgebungen aufsteltte. Bei seinen ersten Aktionen (in
den späten Sechzigern) stellte er häufig den Dialog mit dem
Zuschauer her. In den siebziger Jahren wurden seine Aktionen
dann mystischer und ritueller und bedienten sich oftmals ver -
schiedener Anspielungen auf Transsubstantiationen, Altäre
und Transfigurationen - so verwandelte er zum Beispiel die
Funktion der Ware Brot in eine ästhetische, indem er Brot -
scheiben mit Farbe bestrich (Der Wunderbare Altai). 1981
schob der Künstler einen schweren Holzkarren über den
Marktplatz von Krakau und entfachte fünf Freudenfeuer, die für
Hoffnung, Freiheit, Würde, Liebe und Wahrheit standen. Diese
Aktion verdeutlicht die zentrale Rolle, die die Katholische
Kirche für die verschiedenen Widerstandsformen in Polen ge -
spielt hat (wie auch in Rumänien und den übrigen ehemaligen
Ostblockstaaten). So auch die Ansprache von Papst Johannes
Paul II (der frühere polnische Kardinal Stefan Wyszynski), der
am 16. Oktober 1978 im Krakauer Dom gemahnte: »Die
Zukunft Polens hängt davon ab, wieviele Menschen reif genug
sind, um nonkonformistisch zu handeln.«"®
Die außergewöhnliche Intelligenz, Schönheit, Komplexität, der
Elan und die Tragik, die in der Aktionskunst Osteuropas zum
Ausdruck kommen, ist und bleibt ein ergiebiges Thema für die
Forschung. Die Tatsache, daß selbst jetzt, wo die Künstler
angeblich ungehindert an der Welt auf der anderen Seite des
Eisernen Vorhangs teilhaben können, ihre Arbeit kaum allge -
meine Anerkennung findet, belastet viele von ihnen emotional
so sehr, daß es ihnen schwerfällt, weiterzumachen. Darüber
hinaus wird die Situation durch ein noch ironischeres Paradox
verschärft; wenn es vor 1989 schwierig war, im eigenen Land
zu arbeiten, so ist es seit 1989 zunehmend schwierig, außer -
halb des eigenen Landes zu arbeiten, da das Interesse an
Kunst aus Osteuropa im großen und ganzen marginal und
kurzlebig ist. Vor dem Hintergrund dieser Realität ist es viel -
leicht weise, sich die Warnung noch einmal zu Herzen zu
nehmen, die Rasheed Araeen 1978 aussprach:
Der Verwendung des Begriffs international...impliziert nicht
die Teilnahme aller Völker oder die gegenseitige Befruch-
191 Siehe Tadeusz Kantor im Skript zu Panoramic Sea Happening, 192 Tina Rosenberg (wie Anm. 189), S. 160.
1967, in: Documentation, September 1971, Planobogen der
Galeria Foksal.
313
AI Hansen, Hansen Breaks into the Unknown
(Hansen bricht ins Unbekannte auf), 1966
tung verschiedener Welt-Kuituren, sondern nur mehr die
Entwickiung von Kunstrichtungen im Westen und ihre
Durchsetzung in der restiichen Welt. Die eigentiiche Rolie
der internationaien Kunst sehen wir im globaien Kontext
der Herrschaft...Obwohl die derzeitige kulturelle Herrschaft
über die Dritte Weit Teil und Instrument des Neokolonialis -
mus ist, entstand das Konzept westlicher Dominanz vor
den multinationalen Konzernen. Im Prinzip entwickelte es
sich gleich zu Beginn des westlichen Zeitalters, und zwar
paradoxerweise als Bestandteil von dessen humanisti -
scher Weltsicht.183
X. Kosmologien
Die Kosmologie ist jener Zweig der systematischen Philo -
sophie, der sich mit dem Wesen des Universums als Kosmos
beschäftigt, und dabei Metaphysik mit wissenschaftlichen
Erkenntnissen kombiniert. Sein besonderes Interesse gilt den
Vorgängen in der Natur und der Beziehung zwischen ihren
Elementen. Kosmogonische Theorien befassen sich mit der
Frage nach Schöpfung und Ursprung und der Entstehung der
Welt. Aus der gemeinsamen Wurzel in dem griechischen Wort
kosm oder kosmo entwickelten sich Begriffe wie »kosmopo -
litisch« - also das Kennen von und Aufgeschlossensein
gegenüber großen Teilen der Welt, im Gegensatz zu provinzi -
ell, lokalpatriotisch oder in seinem Horizont eingeschränkt
»Kosmopolit« - einer, der in jedem Land zuhause ist, der
Weltbürger - und »Kosmorama'< - eine Darstellung von
Landschaftsansichten aus verschiedenen Teilen der Welt, die
durch den Einsatz von Spiegeln, Linsen und Beleuchtung per -
spektivisch realistisch erscheint.
Aktionskunst ist eine kosmopolitische Kunst, geschaffen von
Kosmopoliten, die kosmoramische Ansichten ihrer kulturellen,
sozialen und politischen Umgebung - in der ganzen Un -
begrenztheit ihrer Dimensionen - auf der Fläche ihres Körpers
ausstellen. Diese körperlichen Räume spiegeln Fragmente,
Funken einer Erleuchtung über die Bedingung des Seins in
einem Zeitalter, das so schnell auf sein Ende zugeht, wie es
neue Möglichkeiten eröffnet. Durch die Linse ihres Verstands
haben diese Künstler ein Bild geformt, das sich in flüchtigen
Ereignissen wie in Abertausenden somatischen, kristallinen
Facetten offenbart, die veranschaulichen, wie die Menschheit
mit ihrem Leben umgeht.
Eine eingehendere Beschäftigung mit den Arbeiten dieser
Ausstellung wird zeigen, wie jeder einzelne Künstler jene glo-
193 Rasheed Araeen, Papier zu »Session 3: The Multinational Style«,
für die Sondernummer über »The State of British Art«, Studio
International, 193, 987,1978, S. 103.
bale Ordnung vorweggenommen hat, zu ihr gleichzeitig einen
Beitrag geleistet hat und Teil von ihr geworden ist, die sich
nicht nur kürzlich in der Revolution der elektronischen
Kommunikation manifestiert hat, sondern bereits um die letzte
Jahrhundertwende oder vielleicht auch schon viel früher als
Diskurs über den Kosmopolitismus aufgetaucht ist. Durch
eine Auseinandersetzung mit den vielfältigen Veränderungen,
die Künstleraktionen in den vergangenen fünfzig Jahren in
unserem täglichen Leben bewirkt haben, habe ich in diesem
Aufsatz versucht, die Leistungen dieser Künstler an der
Schnittstelle der ästhetischen und der sozialen Welt festzu -
machen. Diese Künstler haben die Art und Weise, wie Kunst,
Visualität und Interaktion zwischen uns allen gedacht und
überdacht werden muß, unwiderruflich verändert. In meinen
Augen sind sie ästhetische Kosmonauten, die jene Formen
des Seins, des Lebens, Handelns und Denkens erforscht
haben, die modellhaft für eine Zukunft sein werden, die sich,
auch unter dem verstärkten Einfluß von Bio-, Endo- und
Nano-Technologien, Cyber-Körpern, künstlichen Lebens- und
Intelligenzformen und virtuellen Realitäten und Welten, radikal
verändert.
Im Zeitalter von Fernsehen, Kino, Werbung und jetzt auch von
digitalen Bildern ist die Aufgabe, Bedeutung in der sichtbaren
Welt zu verändern und zu kontrollieren, zweifelsohne viel kom -
plexer, als sie es im Schatten der Zerstörung nach dem
Zweiten Weltkrieg war. Quer durch Zeit und Raum dieser
Ausstellung waren diese Künstler Teil einer gespaltenen, am
Rande der Vernichtung stehenden Welt, um schließlich mit -
ansehen zu dürfen, wie am 9. November 1989 tatsächlich eine
kleine Mauer eingerissen wurde, wie Nelson Mandela nach
siebenundzwanzig Jahren aus einem Rassisten-Gefängnis
entlassen und zum Präsidenten eines neuen Südafrika
gewählt wurde, um mitzuerleben, wie die Nachricht vom
ersten geklonten Tier um die Welt ging und der beste
Schachspieler der Menschheit gegen ein Computer -
programm verlor. In einer Welt solcher Welten hat uns die spe -
kulative Suche, die allen ’Körperaktionen« dieser Künstler
gemeinsam ist, die Fähigkeit geschenkt, Erfahrungen neu zu
machen und neu zu überdenken - eine einzigartige Ressource
für eine konstruktive, humanere Zukunft im Angesicht von
Veränderungen, die alles, was ich oben beschrieben habe,
naiv und primitiv erscheinen lassen werden. Im nachfolgen -
den Teil werde ich näher auf einige ungewöhnliche ästhe -
tische Kosmologien eingehen, die Alternativmethoden skiz-
314
AI Hansen, Hansen Weaves Valentine’s Day Love Web with Dancerand Grail
(Hansen webt ein Valentinstag-Liebensnetz mit Tänzer und Grai), aus: McLuhan
Megillah, Time Space Theatre, 18. Februar 1966
AI Hansen, AI Does a Newspaper Snow Job (Hansen läßt es Zeitungen schneien),
aus: McLuhan Megillah, Time Space Theatre, 12. Februar 1966
zieren, wie Teiie der Vorgänge in der Natur - von tatsächiich
existierenden bioiogischen Systemen bis hin zu innergeseii-
schaftiichen Beziehungen - mit einem größeren Ganzen in
Verbindung gebracht werden könnten.
Kurzes Leben auf der Dritten Schiene
»Poie-vauiting around« - Stabhochspringen - so beschrieb AI
Hansen seine Art zu leben. Hansen war eine unerschöpfliche
Energiequelle für die internationale Kunstszene und wurde
zum Informationskanal, der die europäischen und amerikani -
schen Künstler verband, die sich mit Happenings, Fluxus und
später mit Performance befaßten.'“ Er selbst sagte von sich,
er sei »ein >Naturtalent< und ein bißchen ein Primitiver«.
Hansen lebte die meiste Zeit von der Hand in den Mund, er
trat als Straßenkünstler auf, reiste viel und war immer dabei,
immer unterwegs, er bestimmte »die Szene«, in den Ver -
einigten Staaten wie in Europa. »Ich habe einfach ständig
kommuniziert, mitgemischt und was nicht alles, ich habe was
bewegt«, erklärte er. Und das hat er tatsächlich getan.'®
Hansen war elektrisch. Er sprühte vor Energie, die er in
Information umwandelte. Seinen »Lebens-Happenings-
Raum« nannte er »Third Rail Gallery of Current Art« (Galerie für
Aktuelle Kunst, Dritte Schiene). Manchmal »3rd Rail Gallery«
geschrieben, bezog sich der Name auf die gefährliche dritte
Metallschiene eines Bahngleises, über die der Hoch -
spannungsstrom zu den Motoren elektrischer Loks fließt. Mit
dem Beginn seiner »Maschinenkunst« taufte Hansen sein
Zuhause »Lebensquartier«. Die Tatsache, daß Hansen seinen
Lebens-Ausstellungsraum als »third rail« sah, kommentierte
Allan Kaprow folgendermaßen:
Wir sahen darin eine Art Gefahrenmetapher dafür, daß man
sich jederzeit einen tödlichen elektrischen Schlag holen
konnte; wenn er sein eigenes Zuhause als dritte Schiene
bezeichnete, so empfand er sein restliches Leben mit all
den Kraftverschiebungen vielleicht als eine gefährliche
Welt. Deshalb mußte er ständig in Bewegung bleiben.'®
Und wieder war es Kaprow, der den Unterschied zwischen
Hansen und vielen anderen Happening-Künstlern am ein -
dringlichsten formulierte: »AI war impulsiv, Happenings hin -
gegen waren poetisch. AI war ein offenherziger Abenteurer,
Happenings waren stille Forschungen. AI war ein Draufgänger,
der die Leute dazu brachte, ihn zu bewundern, aber auch zu
fürchten. Sein Trick war die Anziehungskraft der Gefahr.«'®^
Hansen war zwar in das Umfeld und die Events von Fluxus
involviert, seine extrem instinktive Arbeitsweise und seine
unverblümten Verweise auf Sex und Gewalt jedoch eckten in
diesem Kontext überall an. Im Fluxus wurde Sexualität stär -
ker sublimiert als in den unverhohlen hedonistischen Per -
formance-Praktiken von Happening und Pop art - drei Kunst -
richtungen, die in den sechziger Jahren koexistierten, sich
überschnitten und zeitweise auch vermischten.
In gewisser Weise lavierte Hansen also irgendwo zwischen
den Künstlern herum, die im Bereich von Happening, Fluxus,
Pop art und später Performance und Rockmusik aktiv waren.
Als ewiger Außenseiter war seine Persönlichkeit maßgeblich
für seinen kommerziellen und persönlichen Erfolg. Während
andere Künstler an ihrem Ruf arbeiteten, scherte sich Hansen
einen Dreck darum: »Ich flippe gerne aus und führe mich auf,
und ich verschwinde auch mal aus der Szene. Ein, zwei Jahre
später tauche ich dann wieder auf und provoziere die ganzen
Typen und Tussies, die immer auf Zack sind und in der
Zwischenzeit an ihrer Karriere gebastelt haben.«
Hansen ließ sich nie von der kommerziellen Kunstgemeinde
benutzen. Er produzierte weder einen verkäuflichen Werk -
korpus (so originell und wundervoll seine Collagen auch sind)
oder ein ordentliches Happening (er selbst räumte ein, seine
Events seien derart unberechenbar, daß schon mal jemand
körperlich dabei zu Schaden kommen könnte)'®, noch schuf
er eine kommerzialisierbare Person als Performance-Künstler
(obwohl er auf diesem Gebiet kommerziell etwas erfolgreicher
war). Hansens Happenings hatten etwas Rohes. Er arbeitete
mit Abfällen, die Schneemann als »Müll, mit dem nachher
nichts mehr anzufangen war«, bezeichnete, »ganz im Gegen -
satz zu den magischen, eingebetteten Objekten, die Olden -
burg aus weggeworfenen Materialien schuf, von denen nach
einem Event noch etwas übrig blieb«. »Am Ende eines
Hansen-Happenings«, erklärte sie lachend, »sah es aus, als
wäre im Restaurant die Kloschüssel übergelaufen.«'®
Der Kunstmarkt hat nie begriffen, daß Hansen die Fähigkeit
besaß, das zu sein, was man theoretisch als Happening
194 Sofern nicht anders angegeben, stammen sämtliche Zitate von
Hansen aus seinen unveröffentlichten Briefen an die Autorin
(1979-80).
195 AI Hansen im Gespräch mit Jan Van Raay, »Interview«, 7.
August 1979, in: Artzien, 1,9, Amsterdam, September 1979, o.
S.
196 Allan Kaprow im Gespräch mit der Autorin, 12. November 1996,
State College, Pennsylvania.
197 Ibid.
198 Nach Hansens Beschreibung muß beispielsweise das »Hall
Street Happening« der helle Wahnsinn gewesen sein. Siehe A
Primer of Happenings and Time/Space Art, New York 1965, S.
11-20.
199 Schneemann im Gespräch mit der Autorin, 4. August 1997.
316
L
Joshua Neustein (mit G. Marx und G. Battle), Jerusalem River Project: Sound of Flowing River in the Dry
Wadi ofAbu Tor (Jerusalem-Flußprojekt: Klang fließenden Wassers im trockenen Wadi von Abu Tor), 1970
317
Joshua Neustein, The Sound of Pine Cones Opening in the Sun
(Der Klang in der Sonne aufplatzender Kiefernzapfen), Tel Aviv,
November 1973
beschrieb. Hansen verstand die mannigfaltige Welt der
Eigenschaften und Erfahrungen und verbreitete sie in
großartiger Aufmachung durch seine phantastischen Objekte
und Events. Und er entdeckte das Leben als Kunstwerk wie -
der. In den letzten zehn Jahren wurde jede Kunstgeschichte,
die sich auf Künstlerbiographien stützt, verachtet und als
zuwenig »theoretisch« abgetan; parallel dazu wurde jene
kunsthistorische Tradition verurteilt, die sich mit Originalität
und Aura des Künstlers auseinandersetzt.^® Die eingehende
Beschäftigung mit dem Leben eines Künstlers, vor allem
wenn er es so lebt wie AI Hansen, wirft jedoch mehr Licht auf
die institutioneilen Praktiken, kulturellen Situationen und poli -
tischen Interaktionen in der Avantgarde als die Verleugnung
dieser Biographie. Denn die entscheidenden Fragen, die
Hansens Leben/Kunst zum Thema Happening stellte, laute -
ten: Von w/eviel Leben konnten sie schon handeln? In
welchem Maß waren Happenings und Fluxus imstande, sol -
che Extreme einzubeziehen, wie Hansen sie leben und
schaffen konnte? Fuhren auch diese Künstler auf der dritten
Schiene? Und wenn nicht, wie schafften sie es, diesen Teil des
Lebens aus der Form der Events auszuschließen?
Es war genauso schwierig, Hansen zu akzeptieren wie ihn
abzulehnen; er schuf Situationen voller Spannungen und
Widersprüche, die erfüllt waren von den tatsächlichen dialek -
tischen Bedingungen, die Situationen im Leben eben nach
sich ziehen. Hansens Leben und Lebenswerk seihst bestan -
den aus einer Ansammlung von simultanen, unwiederhol -
baren, unberechenbaren und unzusammenhängenden Be -
gebenheiten und Aktionen, die jeglichen Versuch, Bedeutung
zu produzieren, vereitelten, während sie gleichzeitig eine be -
merkenswerte Kohärenz und Einheit verkörperten. Hansen
hatte eine Überzeugung: »Kunst gewinnt immer!«. Er lebte,
wie es John Gage gelehrt hatte: ein Leben, in dem Bewußtsein
kein statischer Zustand, sondern ein Prozeß ist, in dem Kunst
den Zufall, das Unbestimmte, wahllose Aspekte von Natur
und Kultur mit einbeziehen muß, in dem Verhaltensprozesse
ein Kunstwerk ständig neu formen und in dem »die reale
Welt...nicht Objekt sondern Prozeß wird«.^°' Theoretisch
gesehen klingt so ein Leben ideal. Die Praxis sah allerdings
200 Zur Kritik der Originalität siehe Rosalind E. Krauss, »The
OriginalityoftheAvant-Garde«, in: October, 18, Herbst 1981,
nachgedruckt in: R. Krauss, The Originality of the Avant-Garde
and Other Modernist Myths, Cambridge 1985. Zur auratischen
Wirkung siehe Walter Benjamin, »Das Kunstwerk im Zeitalter
seiner technischen Reproduzierbarkeit«, in: lltuminationen,
Frankfurt/Main 1977.
201 John Gage und Daniel Charles, For the Birds: John Cage in
Conversation with Daniel Charles, Boston und London 1981, S.
80.
anders aus, wie schon das Paradoxon, daß Cage selbst
Hansen mit distanzierter Vorsicht betrachtete, deutlich
macht.2“ Der bekannte Kolumnist Jimmy Bneslin, ein Jugend -
freund Hansens, erinnert sich in seinem bemerkenswerten
Nachruf auf den Künstler, daß Hansen ein Mensch war, »den
sie festzuhalten versuchten...wie alle anderen«, der aber
nichtsdestotrotz »jeden Tag bemüht war, etwas Strahlendes
und Neues in das Leben anderer Menschen zu bringen, in
dem verzweifelten Versuch, so zu leben wie alle anderen«'.
Und dann »ging er in den Himmel hinaus« wie ein Kosmo -
naut.^“
Pulverisiertes Licht und das Geräusch von Wasser
Indem er natürliche und kulturelle Systeme kontrastierte,
schuf Joshua Neustein mehrere Aktions-Installationen, die
sich mit Konfliktpunkten zwischen geopolitischen Forma -
tionen, staatlich geregelter Institutionalisierung von Raum und
menschlichen Bedürfnissen beschäftigten. Inspiriert von der
Tatsache, daß auf antiken Karten, in biblischen Geschichten
und in der israelischen Folklore ein Fluß in der Nähe von
Jerusalem erwähnt wird - eine Überlieferung, die israelische
und palästinensische Autoren und Maler seit langem beschäf -
tigt - erfand Neustein im darauffolgenden Jahr einen »Phan -
tasie-Fluß«, der, wie er es ausdrückte, »sein-sollte-und-nicht-
ist«. Jerusalem River Project: Sound of Fiowing River in the
Dry Wadi ofAbu Tor (1970) war die Antwort auf das reale und
unbewußte Bedürfnis nach »einem nassen Element in der
Landschaft von Jerusalem«. Die Aktion begann damit, daß
Neustein gemeinsam mit Gerry Marx und Georgette Battle
durch Israel reiste, um die Geräusche von all jenen Gewässern
aufzunehmen, die aus den natürlichen Quellen des Landes
hervorsprudeln. Anschließend suchte Neustein in dem trocke -
nen, gebirgigen Tal vor den Toren Jerusalems einen Ort, an
dem es elektrischen Strom gab, um die aufgenommenen
Geräusche abspielen und über das Land hin erschallen las -
sen zu können. Im Kloster von St. Claire wandte ersieh an die
Nonnen und erklärte ihnen, daß er für ein Kunstwerk elektri -
schen Strom benötige. Die Frauen weigerten sich zunächst,
ihr Kloster als Quelle für die Kunst herzugeben, willigten
202 »Cage hatte AI gegenüber immer massive Vorbehalte. Er war
zwar empfänglich für seine physische Energie und Rastlosigkeit,
doch in jenen Tagen war Schweigen, in dem nichts passierte,
Gold«, erklärte Kaprow in einem Gespräch mit der Autorin, 12.
November 1996, State College, Pennsylvania.
203 Jimmy Breslin, »The Happening of a Lifetime«, A2.
318
Joshua Neustein, Territorial Imperative (Territorialer Imperativ), 1976-78
jedoch begeistert ein, als Neustein ihnen erklärte, das Werk
handle von Wasser, das durch das trockene Tal fließt.
Die Künstler verlegten Stromkabel über den Hang und befe -
stigten an verschiedenen Stellen Styroporbecher, die als
Verstärker dienen sollten. Die Kabel verliefen durch die
Talsohle bis zum Kidron-Tal. Das Werk hatte eine Länge von
zwei Kilometern und erstreckte sich so weit, wie die Styropor-
Verstärker den Sound trugen. Nachdem alles fertig installiert
war, gingen Neustein und seine Mitarbeiter nach Hause; sie
hatten vor, am nächsten Tag wieder hinauszufahren und mit
der Übertragung des Stücks zu beginnen. In der Nacht wurde
Neustein jedoch von der israelischen Polizei gewaltsam aus
dem Schlaf gerissen; man hatte sie gerufen, um dem Ur -
sprung der Kabel, die sich quer durch das ganze Tal vor
Jerusalem zogen, auf den Grund zu gehen. Knapp drei Jahre
nach dem Sechstagekrieg waren geheimnisvolle Gegen -
stände - insbesondere wenn es sich dabei um Stromkabel in
den Hügeln um Jerusalem handelte - eine mutwillige Provo -
kation. Die Behörden befanden sich wegen der potentiellen
Bedrohung durch Sprengstoffanschläge in Alarmbereitschaft.
Bei ihrer fieberhaften Suche nach Bomben hatte die Polizei
die Installation zerstört, so daß sie neu aufgebaut werden
mußte. Während das eigentliche Thema von Jerusalem River
Project die Poesie eines Flusses von Geräuschen war, hatte
der Künstler unabsichtlich an politische Spannungen zwi -
schen Israel und seinen Nachbarstaaten appelliert, bei denen
es um lebenswichtige Ressourcen ging. Diese Bedeutung
erhielt das Werk erst aus dem lebendigen Kontext der
Installation.
Das Thema Krieg und seine Verbindung zu somatischen
Umständen taucht in vielerlei Gestalt in Neusteins Arbeit auf.
In The Sound of Pine Cones Opening in the Sun (1973)
gedachte Neustein des Jom-Kippur-Kriegs, der am heiligen
Versöhnungstag in Israel ausgebrochen war. Das Stück ent -
wickelte sich aus dem, was er unmittelbar vor Antritt seines
Militärdiensts getan und gedacht hatte. In diesen Stunden
sammelte Neustein in seinem Garten Dinge, die er als »falP
bezeichnete - ein Begriff, der gleichzeitig für die Jahreszeit,
den Herbst, und für die im Krieg gefallenen Soldaten steht. Die
gesammelten Materialien - Kiefernnadeln, Zapfen und Zweige
- sollten nach dem Krieg aussortiert und ausgestellt werden.
Der Krieg als Intervention war ausschlaggebend für die
Konzeption und Ausstellung des Werks. Als Neustein im
Dezember 1973 wieder ins Zivilleben zurückkehrte, baute er
die Arbeit auf und untermalte sie mit dem auf Band aufge -
nommenen Geräusch von aufplatzenden Kiefernzapfen, aus
denen Samen herausfallen. Dieses poetische, natürliche
Geräusch beschwor - ähnlich wie der Klangteppich des
»Phantasie-Flusses« - das Bild der sich wandelnden Natur,
stand aber auch für den destruktiven Klang von Kultur, ent -
ferntem Geschützfeuer und das Fallen von Körpern wegen
Territorien, deren Grenzen von Regierungen auf dem Reißbrett
gezogen worden waren.
Neustein versuchte stets, seine Absichten zu bagatellisieren,
um der Wahrnehmung des Betrachters mehr Gewicht zu ver -
leihen; er vermied es konsequent, Parallelen zwischen seinem
Leben und seinem Werk zu herzustellen. Er legte die
Betonung auf Ort, Rezeption und Kontext, ohne dabei zu
319
Bonnie Sherk (mit Howard Levine), Portable Parks II (Tragbare Parks il), Juni 1970
ieugnen, daß der Ausdruck der eigenen Persöniichkeit unver-
meidiich ist. Neusteins Begabung, den Körper zu verbergen -
auch während er seinen eigenen Körper vorführte und
benutzte-wird ieichter begreiflich, wenn man weiß, daß er bis
zum Aiter von sechs Jahren mit seiner Familie, vertriebenen
Juden, durch das Europa der Nachkriegszeit geirrt war:
Als Kind lebte ich mit meinen Eltern in Kellern...dort war es
dunkel, sicher und eng. Licht bedeutete Gefahr, und trotz -
dem betrachtete man es als so lebensnotwendig wie
einen Atemzug. Ich erinnere mich..., daß das Licht unter
der Erde anders war, ein pulverisierter Dunst, der eher ver -
schleierte als scharf abgrenzte.^“
Der polnisch-jüdische Amerikaner, der vorübergehend in
Israel gelebt und gearbeitet hat, vermittelt und zeichnet mit
seiner Identität und seiner Kunst ein Bewußtsein von Dias -
pora, das künstlerische Gestalt annimmt und Ausdruck einer
geistigen und körperlichen Verfassung ist, in der ein Großteil
der Welt heute lebt. «Neusteins Kunst ist deterritorial, politisch
und kollektiv (sie birgt eine aktive Solidarität trotz ihrer Skepsis
gegenüber der Kunstgeschichte).«^®
1976 startete Neustein eine Aktionsreihe - Territorial Impe -
rative -, in der er Orte heftiger internationaler Grenzstreitig -
keiten demarkierte. Zunächst reiste er auf die Golanhöhen
(israelisch-syrische Grenze, 1976), dann nach Belfast (Nord -
irland, 1977), nach Kassel (ehemalige Ost-West-Grenze 1977)
und schließlich nach Krusa (deutsch-dänische Grenze 1978),
stets in Begleitung eines Rüden, den er jeweils auf beiden
Seiten der Grenze urinieren ließ. Neustein photographierte das
Tier beim Markieren und machte daraus eine Reihe von Pos -
tern, auf die er die Worte »Territorial Imperative« stempelte.
Anschließend zeichnete Neustein Karten der Grenzgebiete,
auf denen er das durch den Hund markierte Gebiet neben das
von Nationen markierte politische Gebiet stellte. Neustein
stellte das instinktgeleitete Verhalten männlicher Tiere, mit
dem unverwechselbaren Geruch ihrer Körperausscheidungen
ihr Terrain abzustecken, auf eine Ebene mit der Erweiterung
dieses Urtriebs, durch mächtige technologische Mittel
Befehlsgewalt und Kontrolle über ein Gebiet auszuüben
Crossroads^®
Die »Crossroads Community«, besser bekannt als »The
Farm«, war von 1974 bis 1980 ein funktionierender landwirt -
schaftlicher und künstlerischer Betrieb in San Francisco. Von
Bonnie Sherk, der Leiterin, gegründet und geführt, war »The
Farm« ein »multikulturelles Kunst- und Lebenszentrum«, das
an der Potrero Avenue 144 lag, direkt neben der Autobahn -
abzweigung, die nach San Francisco und zu den südlichsten
Stadtvierteln Potrero Hill, Bemal Heights und The Mission
führt. 1977 beschrieb Sherk ihr Projekt als ein Medium, um
»physische und konzeptuelle Fragmente« miteinander zu ver-
204 Joshua Neustein im Gespräch mit D. Schultz (1992), zitiert in:
Neustein, Tzaig und Grossman im Archiv der Nationalbibliothek,
Wien 1995, S. 28.
205 Jeannette Ingberman, »The Road Not Taken...«, in: Joshua
Neustein, New York 1987, S. 5.
206 Linda Burnham, »Between the Diaspora and the Crinoline:
Bonnie Sherk Interviewed by Linda Burnham«, in: High
Performance, 15, 1981, S. 49-50. Sofern nicht anders angege -
ben, stammen sämtliche Zitate aus diesem bemerkenswerten
und inspirierenden Interview.
320
Mark Thompson, Live-In-Hive (Wohnbienenstock), 1979. Sammlung des Künstlers
binden, als einen Ort der Einheit trotz Unterschieden des
Alters, der Rasse, der Klasse, des kulturellen Hintergrunds
und nicht zuletzt der Spezies. -The Farm« stellte einen »star -
ken visuellen Kontrast zu dem technologischen Monolith des
Freeways« dar, der das Leben graphisch einrahmte. Durch
ihre Programme trat »The Farm« in Dialog mit staatlichen
Systemen, und es gelang Sherk, »die Stadtverwaltung von
San Francisco davon zu überzeugen, das Brachland, das an
die Gebäude der >Famr und an eine Gemeindegrundschule
angrenzte, zu kaufen, selbst vom Staat ein schmales
Grundstück direkt neben dem Freeway zu pachten, um
Schrebergärten anzulegen, und Park- und Gartenanlagen auf
städtischem Boden inmitten des Freeway-Komplexes zu
errichten«.^“’' Sherk beschrieb sich selbst als »environmental
performanoe«-Bildhauerin, die sich mit der Entwicklung
öffentlicher und manchmal partizipatorischer ortsspezifischer
Arbeiten beschäftigt. Ihre Aktionen und Programme integrierte
sie in einen gesamten Erfahrungshintergrund.
Vor der Gründung von »The Farm« hatte Sherk gemeinsam
mit Howard Levine Situationen entwickelt, mit denen sie in die
urbane Landschaft eingegriffen hatten. In Portable Parks
(1970) 'installierten« die beiden lebende Umgebungen (u.a.
Grasnarben, Palmen und Vieh) an diversen betonierten
Plätzen und Orten in San Francisco. Public Lunch fand im Zoo
von San Francisco statt. Im Februar 1971 verspeiste Sherk ihr
(von einem stadtbekannten Restaurant geliefertes) Mittag -
essen in einem Fütterungskäfig - eine Aktion, die sie vorbe -
reitet hatte, indem sie die Tiere im benachbarten Käfig zuvor
an sich gewöhnt hatte. Public Lunch war ein »Schlüsselwerk,
das sie dazu motivierte, weiter in Richtung Ökologie vorzu-
207 Bonnie Sherk, »Bonnie Sherk«, in; Data, 27, Juli-September
1977, S. 67.
321
dringen...die natürliche Beziehung zwischen Pflanzen und
Tieren zu untersuchen«. Sherk erklärte, Public Lunch sei
eigentlich auf eine Erfahrung zurückzuführen, die sie 1970 in
New York gemacht habe, als das Modemagazin Made -
moiselle sie zur »Frau des Jahres« gekürt und sie während
ihres Aufenthalts im Waldorf-Astoria erkannte hatte, wieviel
»Verschwendung und Steifheit« sie hier umgab. Nach Public
Lunch arbeitete sie dann regelmäßig mit Tieren und ver -
schmolz so ihre interessensgebiete Performance, Ökologie
und Installation.
Vielleicht ist ein kosmogonischer Ansatz am geeignetsten, um
sich Bonnie Sherks Arbeit zu nähern. Denn sie hat sich nicht
nur mit der Frage des Ursprungs oder der Entstehung von
Welten auseinandergesetzt, sondern zugleich Welten für die
Bedürfnisse anderer geschaffen. In einer Form, die an die
bekannte Studie der Flarvard-Psychologin und Feministin
Carol Gilligan erinnert, die das Fürsorge-Ethos der Frau als
emphatisches Eingehen auf und mit anderen untersucht,
erfüllte Sherk in all ihren Arbeiten die Rolle der sorgenden
Mutter.
Jeder Sonnenstrahl
trägt Bienen in sich. Dann beginnt alles zu summen und der
eigene Kopf wird zu einem Bienenstock, zum Bienenstock der
Sonnengeräusche,
- Gaston Bachelard, Die Poetik des Raums
Mark Thompson startete sein Projekt Live-In Hive 1976.
inspiriert von Gaston Bachelards poetischer Verbindung der
Energie von Sonne, Raum und Leben, wie sie durch die
umherschwirrenden Bienen versinnbildlicht wird, mit den
phänomenologischen Bedingungen menschlicher Erfahrung,
stellte Thompson sich einen Bienenstock als gemeinsame
Lebenssituation vor. Erbaute einen gläsernen Bienenstock, in
den er seinen Kopf stecken konnte und der so konstruiert war,
daß er einundzwanzig Tage lang -darin« leben konnte. In die -
ser Konstruktion hatten die Flonigbienen freien Zugang nach
draußen, sie konnten sich innen ungehindert bewegen,
Waben anlegen, kurz, sie konnten in Beziehung zum Kopf des
Künstlers all ihren üblichen Aktivitäten nachgehen. Thompson
beabsichtigte, in den drei Wochen seines -Bienenlebens« mit
Flilfe einer automatischen Einzelbild-Filmkamera festzuhalten,
wie sich der visuelle Raum um seinen Kopf nach und nach
verändern würde, wenn die Bienen den Stock mit Waben füll -
ten. Kurzzeitig hatte er sogar die Idee, den Stock zu einem
bequemeren Lebensraum umzubauen. Sein Körper sollte in
einer Salzlösung schwimmen, und seine Ausscheidungen
durch ein Filtersystem abgeleitet werden, während sein Kopf
in einem 5 Meter langen Gang mit 40 cm Durchmesser
stecken würde, und die Bienen durch ein Maschendrahtrohr
nach draußen fliegen könnten. Ernähren wollte er sich mit
Wasser und flüssiger Proteinnahrung. Neben der visuellen
Dokumentation plante der Künstler auch, seine Eindrücke und
Träume in den drei Wochen auf Band aufzunehmen. Zum Ab -
schluß wollte Thompson einen Sechzehn-Millimeter-Tonfilm
drehen, der sein Zeiterlebnis während der einundzwanzig
Tage widerspiegeln sollte.
Live-In Hive war ein visionäres Projekt, das seit seiner
Konzeption partiell realisiert wurde, jedesmal, wenn Thomp -
son seinen Kopf für kurze Zeit in den Bienenstock steckte. Die
Idee der Immersion war auch Thema seines Films Immersion,
den er gemeinsam mit dem Künstler Reese Williams zwischen
1977 und 1978 drehte. Diese bis heute unvollendete Arbeit soll
Thompsons Vorstellung über das Wesen des skulpturalen
Raums und dessen Beziehung zu seiner Arbeit mit den Bienen
zum Ausdruck bringen. In Immersion ging es dem Künstler vor
allem um eine (als ausgedehnte filmische Untersuchung ange -
legte) Visualisierung des Wesens des physischen und
psychologischen Raums, sowohl in Hinblick auf die Bedingun -
gen von Materie wie auch als von Tausenden umherschwirren -
den Bienen erzeugte Materie/Raum/Zeit. Die Schlußszene des
Films zeigt das eigentliche -Eintauchen« von Thompsons Kopf
-der nach und nach von einem Bienen-schwarm bedeckt wird
- in diesen »Teilchen-Raum«. Um die Bienen in die Nähe sei -
nes Kopfes zu locken, befestigte Thompson einen winzigen
Käfig mit der darin gefangenen Bienenkönigin in seinen Haa -
ren. Die Bienen schwärmten aus, um ihre Königin zu be -
schützen, bildeten lange, schwere Trauben aus schwirrenden
Insekten, die sich schließlich auf Thompsons Kopf und Schul -
tern niederließen und ihn wie ein Kettenpanzer bedeckten.
Um seine Sicht des »Teilchen-Raums« adäquat einfangen zu
können, achtete Thompson darauf, die Filmgeschwindigkeit
an die sich ständig verändernde Intensität der Bienenflug -
aktivität anzupassen. Zu Beginn des Films sieht man einen
leeren, blauen Himmel, der mit vierundzwanzig Bildern pro
Sekunde gefilmt wurde. In dem Maß, in dem sich die Flug -
aktivität erhöht, verändert der Künstler die Aufnahme -
geschwindigkeit nach und nach auf zwei Bilder pro Sekunde.
Am Ende, als die Tiere sich zu Trauben zusammenschließen
und seinen Kopf umkreisen, verlangsamt er die Frequenz
dann auf 1,5 Bilder pro Sekunde. In dem Moment, wo sein
Kopf völlig bedeckt ist, kehrt der Film zu den üblichen vier -
undzwanzig Bildern pro Sekunde zurück.
Ich kann nicht genug betonen, wie deutlich sich Thompsons
Lebens- und Arbeitsumgebung in Live-In Hive wiederfand und
322
Gideon Gechtman, Shaved Nude (Rasierter Akt), 1974. Sammlung des Künstlers
-findet. Denn der Künstler begriff seine Arbeit zu keiner Zeit
als irgendeiner der Kategorien zugehörig, die im nachhinein
der breiten Schnittstelle experimenteller Praktiken Ende der
Sechziger (Conceptual art/lnstallation/Body art/Ecological art,
etc.) zugeschrieben wurden, aus der Thompsons Kunst her -
vorging. Live-In Hive war keine öffentliche Performance, keine
Körperkunst, sondern Teil der Forschungsarbeit eines Künst -
lers und seiner Beziehung zu Honigbienen. Thompson ist
schlicht Bienenzüchter, kümmert sich das ganze Jahr über um
seine Tiere, erntet Honig und Waben und versieht die
Honiggläser, die er verkauft oder an seine Freunde ver -
schenkt, liebevoll mit Etiketten. Um Thompsons Erlebnis
besser zu verstehen, muß man sich Live-In Hive als Teil einer
gelebten Umgebung vorstellen, mit all den sinnlichen
Eindrücken, die den Raum erfüllten: das Summen der Bienen,
die goldgelbe glasige Farbe des Honigs, der Pollen, der
Waben und der Bienen selbst, der angenehme Geruch des
alten Lagerhauses mit seinem weichen, gefilterten Licht, die
ständige Bewegung der emsigen Arbeiterinnen, die durch die
Maschendrahtröhren ein- und ausfliegen, die Wärme, die sie
abzugeben scheinen. Es war ein Ort des Trostes, der Stille
und der Geborgenheit, an dem man sich nicht nur mit der
Natur, sondern auch mit der Industrie vor der Tür in Einklang
fühlte. Denn 1976, als Thompson seine ersten Versuche mit
Live-In Hive anstellte, lebte und arbeitete er in seinem Atelier
im "Howard Terminal- - einem Verladegelände auf den
Oakland Docks. Stellt man sich vor, wie der Künstler Tag für
Tag in vollkommener Symbiose mit seinen Bienen an einem
solchen Ort lebte, wird man die vitale Beziehung zwischen
Thompsons Leben und der Spezies, die er studiert, besser
begreifen.
Zwischen dem Realen und Anderswo
Gideon Gechtman mußte sich im April 1973 einer Herz -
operation unterziehen, bei der ihm eine neue Herzklappe
eingesetzt wurde. Nach seiner Genesung stellte der in
Alexandria geborene israelische Künstler eine Dokumentation
seiner Operation zusammen, die er 1974 ausstellte. Während
der Ausstellung ließ sich der Künstler in der Galerie den Körper
rasieren und verstärkte dazu das Geräusch seines klopfenden
Herzens mit der künstlichen Herzklappe. Außerdem waren
Photos von Gechtman vor und nach der Rasur zu sehen, eine
Reihe von Schachteln mit u.a. abrasiertem Haupt-Achsel- und
Schamhaar des Künstlers, Gefäße mit Medikamenten, die er
vor und nach der Operation eingenommen hatte, Gläser mit
Urin, unter denen Tabellen angebracht waren, die über Menge
und Art der Nahrungsmittel, die er an einem Tag zu sich
genommen hatte, Auskunft gaben, Röntgenbilder seines
Brustkorbs, Photos von seiner Brustnarbe und den behan -
delnden Ärzten sowie andere Relikte im Zusammenhang mit
der Operation. 1979 führte Gechtman Shaving Hair auf, eine
Performance, bei der er sich vor Publikum den Kopf rasierte
und aus seinen Haaren eine Bürste fertigte.^“ Vorher hatte er
bereits Bürsten aus den Haaren seiner Frau und seines
Sohnes hergestellt: ein direkter und ergreifender Verweis auf
den Holocaust, der Gechtmans Arbeit, Familiengeschichte
und Erinnerungen durchdringt.
Bereits im November 1971, noch vor seiner Operation, hatte
Gechtman die Idee zu einer Reihe »konzeptueller« Arbeiten. In
Mausoleum for Ten Anonymous People wollte er zehn ano -
nyme Personen bestimmen und jede von ihnen so beschrei -
ben, als sei sie ein »berühmter militärischer Führer oder
Herrscher, bis in die kleinsten Details - einschließlich von
Objekten aus ihrem Leben -, und sie dann in den Rahmen der
alten Tradition des Unsterblichmachens stellen«. Im Januar
1972 stellte sich Gechtman dann selbst als »lebendes Porträt«
aus. Mit geschorenem Kopf saß er vor einer Reihe lebens -
großer Gummiabgüsse seines Kopfes, die nach einem Modell
208 ln meinem Aufsatz »Shaved Heads and Marked Bodies« (Anm.
184) befasse ich mich ausführlich mit dem Rasieren des Kopfes
als Bild für Unterordnung, Erniedrigung und Trauma. Siehe auch
die biblischen Traditionen in Jesaja 3, 16-26, oder Fünftes Buch
Mose 21,10-14.
Gideon Gechtman, Brushes (Bürsten), 1974 - 79
323
324
angefertigt worden waren. Dieses hatte er rot angemalt und vor
der Reihe totenmaskenartiger Skulpturen plaziert. Unmittelbar
nach seiner Ausstellung »Exposures« setzte der Künstler seine
eigene Todesanzeige in die lokale Zeitung. Später druckte er die
Anzeige nach und klebte sie auf farbiges Papier, auf große
Sperrholz-Werbeflächen, schrieb sie in Leuchtstoffröhren (die
im Rhythmus seines Herzschlags blau blinkten), und stickte sie
auf ein Satin-Parochefh (den Vorhang, der den Schrein verhüllt,
in dem in einer Synagoge die Thorarolle aufbewahrt wird).
Indem er das Beziehungsgeflecht zwischen dem Realen, dem
Dokumentarischen, dem Fiktiven und dem Künstlichen ent -
wirrte, erforschte Gechtman die unendlichen Möglichkeiten, mit
denen Leben und Tod in den unterschiedlichen Institutionen
und Praktiken von Wissen und Sein simuliert werden, Simu -
lationen, die dem Leben selbst ein Mausoleum errichten. Und
schließlich liefern »Exposures« und Mausoleum eine tiefgrün -
dige Betrachtung des Stellenwerts des Todes In der jüdischen
Geschichte sowie des Todesersatzes in der postmodernen
Gesellschaft. Gechtmans Kunst ist insofern kosmoramisch, als
sie das Reale ausstellt und erleuchtet, indem sie es anderswo
reproduziert.
209 James D. Paffrath mit Stelarc, Obsolete
Body/Suspensions/Stelarc, Davis, Kalifornien, 1983, S. 8.
Stelarc, Street Suspension (Straßenaufhängung),
Mo David Gallery, New York, 21. Juli 1984
Stelarc, MIcrofilm Image ofthe Inside of My Stomach (Microfilm-Bild meines
Mageninneren), Yaesu Centre, Tokio, 1973
Parallel dazu könnte man Stelarcs Kunst als kosmographisch
bezeichnen. 1972 machte Stelarc (alias Stelios Arcadiou)
Farbvideoaufnahmen vom Inneren seines Magens, seiner
Eingeweide und seiner Lunge. Dafür schluckte er eine tele-
metrische Kapsel, in der sich eine Kamera befand. Vor der
Prozedur bekam Stelarc eine Spritze, die verhindern sollte,
daß sein Magen den Fremdkörper abstößt; außerdem wurde
seine Kehle örtlich betäubt, um das Schlucken zu erleichtern.
Stelarcs erste erfolgreiche »stretched skin Suspension« -
Aktionen, bei denen er sich an seiner Haut aufhängen ließ -
fand 1976 in Tokio statt. Dafür wurden dem Künstler enorme
Fisch- oder Fleischerhaken durch die Haut gezogen, an
denen Seile und Rollen befestigt waren, mit deren Hilfe sein
Körper hochgehievt und freischwebend aufgehängt wurde.
Solche rudimentären Experimente waren der erste Schritt hin
zu seinem Ziel, einen post-biologischen menschlichen Körper
zu erschaffen und genauere Nachforschungen über künstli -
che Intelligenz und Maschinenmenschen anzustellen. Stelarc
argumentierte, angesichts der Inkompatibilität der komplexen,
skelettartigen, muskulösen Struktur der menschlichen Ana -
tomie mit der vom Menschen geschaffenen Informations- und
Technologieumgebung, habe die elektronische Technologie
den Körper, »The Body«, intellektuell und physisch obsolet
gemacht. Dem Vorwurf des »Masochismus« hielt der Künstler
entgegen: »Dieses ständige Gerede von Masochismus im
Zusammenhang mit meiner Arbeit entbehrt jegiicher Grund -
lage. Meine Events beschäftigen sich mit dem Überschreiten
normaler menschlicher Parameter, einschließlich Schmerz -
um ein Konzept von allgemeiner Wichtigkeit darzulegen.<4“
326
Paul Neagu, Ramp-Hyphen (Rampen-Bindestrich), 5.-10. Dezember 1976
Paul Neagu, Hyphen (The Subject Generator) (Bindestrich [Der Subjektgenerator]),
1975. Sammlung des Künstlers
Ich persönlich verstehe Stelarcs Arbeit als visionären Unter -
suchungskorpus über den Körper am Körper, auch wenn die
Visualisierung dieser Forschungsarbeit für manchen schwer
zu ertragen sein mag, und Assoziationen zur vertrauten
Erklärungsform des Masochismus heraufbeschworen wer -
den, um das Unbekannte oder Unvorstellbare zu beschreiben,
Darüberhinaus läßt Stelarcs Arbeit eine Aneignung oder
Verbreitung durch diejenigen, die Freude am oder Faszination
für den Masochismus empfinden, durchaus zu, wobei die
Absicht des Künstlers jedoch nur ein Teil des Interpretations -
prozesses ist.
Stelarcs Aufhängungen waren In erster Linie Studien der Haut
als einer komplexen, modellierbaren Membran, die imstande
ist, »The Body« in den computerisierten Umgebungen der
Zukunft zu stützen und zu halten. Der Künstler stellte noch
weitere Untersuchungen an, so zum Beispiel die Verstärkung
von Geräuschen seines Körpers während einer Aufhängung,
um ein »Biofeedback« zu erzeugen (die innere Struktur des
Körpers zu externalisieren), und die Entwicklung eines pro-
thetischen »dritten Arms«, eines computergesteuerten Robo -
ters, der durch Biosensoren kontrolliert wurde. Stelarc begriff
diese Experimente als Prototypen für eine invasivere Techno -
logie, mit deren Hilfe elektronische Geräte in »The Body«
gepflanzt werden könnten. In dieser Hinsicht stellte er sich
den bionischen Künstler der Zukunft als Architekten innerer
Körperräume und Evolutionsführer vor.
Going Tornado
1954, im Alter von sechzehn Jahren, entwickelte Paul Neagu
in Zeichnungen, Assemblagen, Skulpturen, Literatur und
schließlich Performances eine kosmologische Theorie der
Ästhetik. Er teilte das um eine Trinität von Formen, Symbolen,
Attributen und Verhaltensweisen organisierte System der
menschlichen Evolution in drei Zyklen ein, von denen jeder
über besondere Kennzeichen verfügte, die sich von der ele -
mentaren Natur bis hin zu Ebenen höheren Bewußtseins
erstreckten. Anfangs erschienen diese Konzepte in Form einer
210 Paul Neagu, »Gradually Going Ahead«, in: Artscribe, 16,1979,
S. 50.
menschenähnlichen Figur, »Anthropocosmos«, die sich
während einer Aktion in den Künstler selbst verwandelte, um
sich schließlich in Hyphen (Bindestrich) aufzulösen - die
Verbindungsform zwischen zwei Prinzipien oder Zuständen,
die dynamische Kommissur, aus der Verbundenheit und
Beziehung entsteht.
In der Installation und Performance Ramp-Hyphen (Rampen-
Bindestrich) (1976) faßte Neagu die drei Zyklen zusammen.
Umgeben von Zeichnungen und einem riesigen Hyphen, den
er in der Mitte der Serpentine Gallery in London aufgebaut
hatte, inszenierte er gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Perry
Robinson eine Aktion. Mit verbundenen Augen lehnte sie an
einer Wand der Galerie und bezeichnete die Stelle, von der sie
»spürte«, daß dort Neagu mit den Füßen aufgekommen
war, nachdem er Anlauf genommen hatte und so hoch wie
möglich gegen die Wand (Rampe) gesprungen war. Bei jedem
Sprung spürte Robinson die Vibration seines Aufpralls, er -
tastete die Stelle auf der Wand und markierte sie »blind«,
Neagu seinerseits markierte jeden seiner Sprünge auf der
Innenseite des /-/ypöen-Gebildes. Als Neagu zu erschöpft war,
um weiterzuspringen, übernahm Robinson die Performance
und machte damit das Springen und Markieren zu einem
gegenseitigen Akt. Ramp-Hyphen war Neagus letzte Per -
formance:
Ich war zu der Überzeugung gelangt, daß das Wesen der
wahren Performance nicht in eine »theatralische« Struktur
eingezwängt werden kann, in der das Publikum und die
Performer getrennten Kategorien angehören und sich
hilflos nach einer gemeinsamen Verständigungsebene seh -
nen. Um tiefgehende Kommunikation herzustellen, mußte
man den Performer - mich - und seine Gesten von innen
spüren, und ich entdeckte, daß die Idee eines statischen,
starrenden Zuschauers nur zu einer eingleisigen Kom -
munikation führen kann, die für meine großen Ambitionen
entschieden zu seicht war. Ich beschloß, solche Impulse für
mich zu behalten und der Öffentlichkeit nur einen formali -
sierten Bericht zu präsentieren.^'“
327
Paul Neagu, Going Tornado (Zum Wirbelsturm werden), Traverse Theatre,
Edinburgh, Februar 1975
Dieser »'formalisierte Bericht« von Neagus Kosmologie ist der
Hyphen. Als Neagu mit seinen Auftritten aufhörte, hatte er
bereits eine Reihe von Performances auf der Grundlage sei -
nes metaphysischen Systems durchgeführt, darunter Blind
Bite (mit leichten Änderungen 1971, 1972 und 1975), Hori -
zontal Rain (1973), Going Tornado (1975) und Graduatly Going
Tornado (1976). In jeder dieser Aktionen entwarf Neagu eine
totale »Environment-Beziehung« zwischen physischer und
psychischer Existenz.
Hyphen, die physische Metapher für all diese transformativen
Kräfte, trägt das gesamte symbolische Gewicht von Neagus
alternativem epistemologischen, ontologischen, metaphysi -
schen und ästhetischen System. Hyphen war aber auch das
Ergebnis eines langen, kreativen Prozesses. Zum ersten Mal
tauchte Hyphen in Form einer Skulptur mit dem Titel The
Subject Generator (1975) auf, einer rechteckigen tischartigen
Fläche (aus 1 cm dickem Glas), die von drei Holzbeinen gehal -
ten wurde, zwei kurzen und einem langen, das sich von der
Mitte der Konstruktion in den Raum hinein erstreckte. Die
rechteckige Fläche, das durch die Beine abgesteckte Dreieck
und die Tatsache, daß das lange Element beim Drehen der
Skulptur einen Kreis beschreiben würde, bildeten eine Form, in
der Dreieck, Rechteck und Spirale enthalten waren. Außerdem
legte Neagu auf die gläserne Tischfläche eine Lupe, einen
Spiegel, einen Scheinwerfer, eine Schlange, ein Holzbrett,
ein Stück reliefartig bemalte Leinwand, eine Metalllampe und
einen Transformator. In einer 1974 angefertigten Bleistiftzeich -
nung des Objekts mit dem Titel »The Subject« ist deutlich zu
erkennen, daß das Objekt eine anthropomorphe Darstellung
des Künstlers selbst ist, und daß die Objekte auf der Objekt-
Fläche nicht nur die »neuen Subjekte« repräsentieren, sondern
die energetischen Elemente, die das Objekt »erzeugt«.
Diese Zeichnung gewährt Einblick in die Bedeutung von
Neagus Werk. Dadurch, daß er buchstäblich eine Parallele
zwischen sich selbst als Künstler und dem Subjekt, »The
Subject«, zieht, gibt er zu verstehen, daß die Kräfte des Kunst -
schaffens auf »The Subject« übertragen werden. So gesehen
bildet die Anhäufung von Materialien, die man gemeinhin zum
Kunstschaffen braucht, auf der Objekt-Fläche gemeinsam mit
den elementaren geometrischen Formen seines Unterhaus
das Material für die Schaffung von Kunst. »The Subject« ist
ein Metakunst-Kunstwerk: ein Werk, das sämtliche Möglich -
keiten und Vorbedingungen von Kunst verkörpert.
Paul Neagu, Gradually Going Tornado (Nach und nach zum Wirbelsturm werden),
Arnolfini Gallery, Bristol, März 1976
In Going Tornado wurde der Künstler zu einem wild tanzen -
den Derwisch, der sich wie ein Kreisel um sich selbst dreht.
An seinem herumwirbelnden Körper befestigte er kulturelles
Gepäck (seine zusammengerollten Kleider), das als eine Art
»Ballast« diente und ihm ermöglichte, sich noch schneller zu
drehen. Hierzu schrieb er: »Der quasi-ekstatische Charakter
eines »Tornados« als Höhepunkt eines Zyklus ist sein reini -
gender und absorbierender Strom, er ist die außerge -
wöhnliche und verschwenderische Entwirrung, die alles
transzendiert, was in seinen Strudel gerät.«^’' Der Künstler
sah Gradually Going Tornado als Symbol der »Achtung vor
dem physischen Leben und Geist« und zugleich als
Anerkennung der »»übermenschlichen« Dimensionen... EVO -
LUTION als gewaltsames Herausreißen und REVOLUTION
als plötzlicher, heftiger Gefühlsumschwung verschmelzen
miteinander««.^'^
Der Hyphen repräsentiert die Verdichtung und Verlagerung
von Neagus elaboriertem und komplexem System aus
Energie, Bewußtsein und Evolution in die skulpturale Form.
Beginnend bei organischen Lebensformen gelangte es über
das soziale Leben bis zu Quanten-Kräften als Metaphern für
Geschwindigkeiten, die das Bewußtsein in höhere Bereiche
erweitern. Neagus Arbeit ist zutiefst dem Glauben verpflich -
tet, daß die menschliche Existenz auf Erden zu einer
beständigen Weiterentwicklung bestimmt ist und daß es seine
Aufgabe als Künstler ist, mit allen Ausdrucksmitteln - von der
Zeichnung bis zur Aktionskunst - Formen zu schaffen, um
»ein geeigneteres Vehikel/einen geeigneteren Körper hervor -
zubringen« und dadurch die Gesellschaft zu einem kon -
struktiveren und »besseren Verständnis der komplexen
Eigenschaften der Transformation von Energie« durch Kunst
gelangen zu lassen.^'^
211 Paul Neagu in: Gradually Going Tornado! Paul Neagu and his
Generative Art Group, Sunderland 1975, S. 24.
212 Ibid., S. 27.
213 Ibid., S. 24.
329
Paul Neagu, Gradually Going Tornado (Nach und nach zum Wirbelsturm werden),
Arnolfini Gallery, Bristol, März 1976
XI. Unverfälschte Freude
Und was ist mit der unverfälschten Freude? Sie ist mein: rein
und unzerstörbar, habe ich sie den Künstlern zu verdanken,
die mit Hilfe ihrer Körper das Sehen neu definiert und uns
gezeigt haben, wie unentbehrlich Kunst für die qualitative
Substanz und die Bedingungen jedes einzelnen Lebens -
aspektes ist. »I love what l'm...« schrieb Jim Dine in seinem
Happening The Smiling Workman (1960), trank die Farbe aus,
mit der er gerade geschrieben hatte, und krachte durch das
Papier, auf dem die Worte standen. Dines Worte und
Handlungen veranschaulichen den Glauben an das Ich als
Subjekt - »I love what I am« und zeugen gleichzeitig von
einem tiefen Verständnis der Beziehung zwischen der
Subjektivität und den Objekten, die das Subjekt ermöglichen
und konstituieren.
In meinem Aufsatz habe ich in zahlreichen Beispielen
beschrieben, wie sich die »Wut« über die Conditio humanae
am Körper und seinen Objekten präsentiert und repräsentiert
hat. Dieser Zorn ist Bestandteil einer Welt nach dem Holo -
caust und nach der Atombombe, einer postbiologischen,
postmodernen Welt, die nicht nur die alten Bürden von
Sexismus und Rassismus, Klassengesellschaft und ethni -
schen Trennungen mit sich trägt, sondern auch die neuen
»post«-humanen Lebensbedingungen. Aktionskunst ist eine
ästhetische Arbeitsweise, die vor allem die bedrohlichsten
und beglückendsten Bedingungen menschlicher Erfahrung
darstellt. Wenn ich Aktionen und Aktionsobjekte als Kommis -
suren bezeichnet habe, ausführlich über die artefaktische
Eigenschaft von Objekten geschrieben und vorgeschlagen
habe, Aktion zum Objekt werden zu lassen - so geschah all
das in der Absicht, den Leser/die Leserin davon zu überzeu -
gen, daß der tiefen Poesie und Ausdruckskraft der Aktions -
kunst die seltsame Frage nach den Beziehungen zwischen
Subjekten und Objekten zugrunde liegt, und wichtiger noch,
den Beziehungen menschlicher Subjekte untereinander.
Aktionskunst ist eine so schwierige Kunst, weil sie diese
Intersubjektivität - dieses Hyphen - verkündet, einen
Zwischenraum, den diese Künstler identifiziert und ins
214 Mark Boyle, Journey to the Surface of the Earth: Mark Boyie’s
Atlas and Manual, Köln - London - Reykjavik 1970, o. S.
* Paul Schimmel und Russell Ferguson möchte ich dafür danken,
daß sie an meine Arbeit geglaubt haben. Mein Dank gilt auch Diane
Aldrich, Kim Cooper und Linda Genereux für ihre unschätzbare
Mitarbeit und Mark D. Hasencamp, der mich bei den Recherchen
zu dieser Arbeit tatkräftig unterstützt hat. Mein größter Dank jedoch
gebührt meinem Mann Edward Allen Shanken, der dieses
Zentrum unserer Aufmerksamkeit gerückt haben, indem sie
uns in einen Dialog verwickeln, der bedrohen, abstoßen,
erschrecken oder verführen kann - auch dann, wenn sie
etwas lehren und erklären.
In diesem Sinn sind Aktionskünstler, wie es Mark Boyle im
August 1967 schrieb, »die Fühler des vielzelligen Organismus
namens Menschheit«. Weiter erklärte er, solche Menschen
seien »mehr Sensoren als Künstler, mehr Empfänger als Über -
mittler«. Indem er den Akt des Empfangens betonte - nicht
durch den Betrachter, wie üblicherweise angenommen, son -
dern durch den Künstler -, drückt Boyle eine bedeutende
Umkehrung jener Subjekt/Objekt-Beziehung aus, die in der
traditionellen Kunst verankert ist. Ich habe die Theorie aufge -
stellt, daß diese neue Beziehung auf eine Verstärkung der
metaphorischen Fähigkeiten herkömmlicher statischer Kunst -
formen durch die kommunikative Funktion von Metonymie
zurückzuführen ist, in der Künstler als »Empfänger« erfahrene
Erfahrungswelten visualisieren, indem sie sich mit dem ver -
bunden zeigen, was die Gesellschaft selbst vermittelt.
Solche Künstler »erweitern unsere Fähigkeit«, die Welt auf
neue, andere Weise »in uns aufzunehmen«, so Boyle. Und in
diesem Prozeß machen sich Künstler, die mit Aktionen arbei -
ten, zunehmend »überflüssig«. Überflüssig, wie Boyle
abschließend erklärt:
DANN WENN WIR DAZU IMSTANDE SIND WERDEN WIR
NUR NOCH EMPFINDSAME WESEN SEIN VÖLLIG
UND IMMER ALLEM GEÖFFNET
OHNE DIE FILTER PSYCHOLOGI -
SCHER SCHOCKBARRIEREN ODER DIE
VERDREHUNGEN VON INTELLIGENZ ODER
DROGEN DANN WERDEN WIR ENTDECKEN WIEVIEL
REALITÄT DIE MENSCHHEIT ERTRÄGT.^'^
Die alte Frage bleibt bestehen: Wieviel Realität können wir
ertragen? Wie auch immer die Antwort iauten mag, die
Aktionskünstler haben mehr Realität empfangen, vermittelt
und dargestellt, als wir vor ihren Aktionen kannten. Sie haben
neue Welten geschaffen, neue Kosmologien menschlicher
Erfahrung.
Manuskript immer wieder gelesen, redigiert und mit mir diskutiert
hat und für mich kochte und putzte, kurz, sich während des schier
endlosen Reifeprozesses dieser Arbeit um mich und den Haushalt
kümmerte. Seine treue Unterstützung kann ich ihm nur mit meiner
Liebe danken. Dieser Aufsatz ist einem weit umfangreicheren
Manuskript entnommen, das als Buch bei University of California
Press erscheinen wird.
Verzeichnis der ausgesteilten
Werke und Dokumente
MAK, Wien
17. 06.-06. 09. 1998
Marina Abramovic
Rhythm 0 (Rhythmus 0), 1974
Objekt und Holztisch
80x55x300 cm
Sammlung der Künstlerin
Freeing the Body (Befreiung des Körpers), 1976
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
10 min., s/w Video
Courtesy Monte Video
Marina Abramovic und Ulay
Imponderabilia, 1977
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstler
Relation in Movement (Beziehung in Bewegung), 1977
13 min., Super 8 Film
Sammlung der Künstler
Rest Energy, 1980
Bogen
70x20x15 cm
Sammlung der Künstler
Vito Acconci
Three Relationship Studies (Drei Beziehungsstudien),
1970
••Shadow-Play« (Schattenspiel), »Imitations«
(Imitationen) und »Manipulations« (Manipulationen),
Ausschnitte
15 min., Super 8 Film, stumm
Courtesy Electronic Arts Intermix
Pryings (Kuriositäten), 1970
Dokumentation (Ausschnitt)
17 min., s/w Video, stumm
Courtesy Electronic Arts intermix
Foilowing Piece (Verfolgungs-Stück),
27. März-24. April 1971
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien), 6 Texte
21,4x33 cm; 33x22,9 cm
Courtesy Vito Acconci und Barbara Gladstone Gallery,
New York
Seed Bed (Samenbeet), 1972
Dokumentation der Performance
(3 s/w Photographien), Texte
je 22,2x32,4 cm
Courtesy Vito Acconci und Barbara Gladstone Gallery,
New York
Genpei Akasegawa
Tausend-Yen-Schein-ProzeB (Sen-en satsu saiban
oshuhin mokuroku), 1963
Plakat
76,2x61 cm
Nagoya City Museum
Tausend-Yen-Schein-ProzeB (Sen-en satsu saiban),
1966/1994
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Genpei Akasegawa und Nagoya City
Museum
330
Laurie Anderson
Duets on Ice (Duette auf Eis), 1974-75
Dokumentation (9 Farbphotographien), 3 Texte
27,9x35,6 cm; 35,6x27,9 cm
Sammlung der Künstlerin
Eleanor Antin
Representational Painting (Darstellende Malerei), 1971
Video (Ausschnitt)
38 min., s/w Video, stumm
Courtesy Eleanor Antin
100 Boots (100 Stiefel), März 1971-Juli 1973
51 Postkarten
Courtesy Ronald Feldman Fine Arts, New York
Rasheed Araeen
»Pak/ Bastard« (Portrait of the Artist as a Biack Person /
Portrait des Künstlers als Farbiger), 1979
Dokumentation der Performance
(6 Farbphotographien), 6 Texte
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Mowry Baden
Instrument, 1969
Aluminium und Stahl
243,8x213,4x121,9 cm
Sammlung des Künstlers
Seat Belts (Sicherheitsgurte), 1971
Dokumentation einer Galerieinstallation
10 min., s/w Video
Sammlung des Künstlers
Artur Barrio
Situagäo T/T, 1970
Text und Dokumentation der Performance (1 Färb-,
2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Courtesy Artur Barrio und Galeria Cohn Edelstein,
Rio de Janeiro
Photographien; Cesar Carneiro
Jerzy Beres
Transfiguration, 1973
Dokumentation der Performance (2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Privatsammlung
Joseph Beuys
Ceitic+ ,1971
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
4 Std,, 2 Kanal s/w Video
Courtesy Hans U. Bodenmann und The Walker Art
Center
Ausfegen, 1972 (Vitrine, 1985)
Sand, Steine, Papier, Müll, Besen mit roten Borsten
und Plastiksack mit aufgedruckter Werbung
200x200x65 cm
Sammlung Block
Honigpumpe am Arbeitspiatz, 1974-1977
Honig, Margarine in Eimern, Stahlcontainer,
Elektromotoren, Plastikschläuche, Stahlrohre,
3 Bronzetöpfe, Eisentüre, Starkstromrelais
Louisiana Museum of Modern Art, Humlebaek,
Dänemark
Ökologie und Sozialismus, 1980
Kreide auf grüner Tafel
Tafel: 99,1 x 129,5 cm; mit Gestell:
190,5x152,4x45,7 cm
Courtesy Ronald Feldman Fine Arts, New York
Performance mit Tafel, 1980
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Mark Boyle und Joan Hills
Suddenly Last Supper
(Plötzlich beim Letzten Abendmahl), 1963
Dokumentation der Performance (6 s/w Photographien)
je 24 X18 cm
Sammlung der Künstler
Son et Lumlere: Bodily Fluids and Functions (Ton- und
Lichtshow: Flüssigkeiten und Funktionen des Körpers),
1966
Dokumentation der Performance (4 Farbphotographien)
je 31 x31 cm
Sammlung der Künstler
George Brecht
Chair Event (Stuhl Event), 1960
Bemalter Holzsessel, bemaltes Rohrgeflecht
und Orange
88x48x95 cm
Sammlung Onnasch
Coat Pack (Clothes tree) / Mantelständer
(Kleiderbaum), 1962-63
Mischtechnik
193x70x70 cm
Sammlung Onnasch
Fable with Rainbowleg (Tisch mit Regenbogenbein),
1962-63
Mischtechnik
62,4x45,1 x40,6 cm
Sammlung Onnasch
Stuart Brisley
And for Today... Nothing (Und für heute... Nichts), 1972
Text und Dokumentation der Performance
(2 Farbphotographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Arbeit Macht Frei, 1972
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
16 min., 16 mm Film
Sammlung des Künstlers
Moments of Decision/Indecision (Augenblicke der
Entschlossenheit/Unentschlossenheit), Warschau,
1975
Dokumentation der Performance
(18 s/w Photographien)
54,6x42,5 cm
Tate Gallery, London
Robert Delford Brown und Rhett Delford Brown
The Meat Show (Die Fleisch-Show), 23. Oktober 1964
Inhaltsverzeichnis
21,6x27,9 cm
Sammlung Robert Delford Brown
The Meat Show (Die Fleisch-Show), 23. Oktober 1964
Presseaussendung
21,6x27,9 cm
Sammlung Robert Delford Brown
Meat Show Movie (Fleisch-Show-Film), 1964
Dokumentation
29 min., 16 mm s/w und Farbfilm, stumm
Sammlung Robert Delford Brown
331
Günter Brus
Ohne Titel. 1963
Dispersion auf Leinwand
198x467 cm
Privatsammiung
ANA, 1964
Film von Kurt Kren
Dokumentation
2 min., 16 mm s/w Film, stumm
Sammlung Julius Hummel
Selbstbemalung, 1964 (Abzug 1972)
Dokumentation der Aktion (8 s/w Photographien)
je 24x18 cm
Archiv Conz, Verona
Selbstbemalung 2, 1965 (Abzug 1973)
Dokumentation der Aktion (8 s/w Photographien)
je 24x18cm
Archiv Conz, Verona
Selbstbemalung - Selbstverstümmelung, 1965
5 min., 16 mm s/w Film, stumm
Sammlung Julius Hummel
Wiener Spaziergang, 1965
Dokumentation
2 min., 16 mm s/w Film, stumm
Zeichnungen, 1965
9 Zeichnungen, Bleistift und Kugelschreiber auf Papier
je 29,5x21 cm
Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Aktionsskizzen, 1966-67
5 Zeichnungen, Bleistift und Kugelschreiber auf Papier
je 29,5x21 cm
Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Der Helle Wahnsinn - Die Architektur des hellen
Wahnsinns, 1968 (Abzug 1973)
Dokumentation der Aktion (25 Farbphotographien)
je 29,6x23,7 cm
Archiv Conz, Verona
Chris Bürden
Shoot (Schuß), November 1971/1985
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
116,8x172,7 cm
Privatsammlung, Courtesy Anne de Villepoix, Paris
5 Day Locker Piece & Shoot (Fünf-Tage-Schließfach-
Stück und Schuß), 1971
Aus »Chris Bürden: A Video Portrait«, ein Film von
Peter Kirby (Ausschnitt)
28 min., Video
Courtesy Media Art Services, Zona Productions und
Newport Harbor Art Museum
Reiic from »Five Day Locker Piece" (Relikt von
»Fünf-Tage-Schließfach-Stück«), April 1971
Schloß
14,6x19,7x24,8 cm
Courtesy Gagosian Gallery, New York
Reiic from »Deadman« (Relikt von »Toter Mann«), 1972
Plastikplane
36,8x49,5x24,8 cm
Sammlung des Künstlers
Reiic from »Through the Night Softly« (Relikt von
»Sanft durch die Nacht«), September 1973
Glassplitter
14,6x22,2x21 cm
Sammlung Wexner Center for the Arts, The Ohio State
University
Rehe from »Dreamy Nights«
(Relikt von »Träumerische Nächte«), Oktober 1974
Zugekorkte Flasche und Spiritus
25,4x21 x21 cm
Sammlung Jasper Johns
Reiic from »Prelude to 220, or 110« (Relikt von
»Vorspiel zu 220, oder 110«), September 1976
Kupferhalsband
27,9x38,1x21 cm
Courtesy Frayda und Ronald Feldman
Reiic from »Movie on the Way Down«
(Relikt von »Film am Weg nach unten«), Mai 1978
Kodak Instamatic Filmkamera in Acrylkiste
14,9x26x21 cm
Courtesy Gagosian Gallery, New York
Through the Night Softly (Sanft durch die Nacht), 1973
Dokumentation einer Aktion (Ausschnitt)
5 min., s/w Video
Courtesy Wexner Center for the Arts
Chris Bürden Publicity, 1993
Vinylkoffer, Zeitungen, Magazine, teilweise von
Nagetieren angenagt
Sammlung des Künstlers
James Lee Byars
Untitied Object (Ohne Titel), 1962 - 64
Kreide auf handgeschöpftem, japanischem, weißem
Flachspapier
30,3x64,2 cm
The Museum of Modern Art, New York, Schenkung
des Künstlers
John Cage
Wafer/Wus/c (Wassermusik), 1952
Chinesische Tusche auf Papier
27,9x43,2 cm; 24,1 x15,2 cm
Whitney Museum of American Art, New York
Erworben mit Mitteln eines anonymen Stifters
Mark Camille Chaimowicz
Table Tableau (Tisch Bild), 1976
28 min., 16 mm Film
Courtesy BBC
Lygia Clark
Caminhando (Gehend), ca. 1965/1998
Möbius-Schleife aus Papier
Projeto Helio Oiticica/Lygia Clark Estate,
Rio de Janeiro
Agua e conchas (Wasser und Muscheln), 1966/1998
Plastiktasche, Gummischnüre, Muscheln und Wasser
Projeto Helio Oiticica/Lygia Clark Estate,
Rio de Janeiro
Arepedra (Luft und Stein), 1966/1998
Plastiksack, Stein. Gummiband
Projeto Helio Oiticica/Lygia Clark Estate,
Rio de Janeiro
Respire comigo (Atme mit mir), 1966/1998
Gummischlauch
40 cm
Projeto Helio Oiticica/Lygia Clark Estate,
Rio de Janeiro
Mascaras sensorias: 1. Mascara cereja, 2. Mascara
branca, 3. Mascara de cor verde, 4. Mascara
cor-de-abobora, 5. Mascara azul, 6. Mascara preta
(Sensorische Masken: 1. Rote Maske, 2. Weiße
Maske, 3. Grüne Maske, 4. Orange Maske, 5. Blaue
Maske, 6. Schwarze Maske), 1967/1998
6 Stoffhauben mit Ohren, Augen und Nasen aus
verschiedenen Materialien
58,4x45,7 cm
Projeto Helio Oiticica/Lygia Clark Estate,
Rio de Janeiro
Luvas sensorias (Sensorische Handschuhe),
1968/1998
Handschuhe (2 Paar Gamslederhandschuhe, 2 Paar
Gummihandschuhe), verschiedene Materialien
Lederhandschuhe: 43 x 17 cm, 28 x 18 cm;
Gummihandschuhe: 35x18 cm, 26x13 cm
Projeto Helio Oiticica/Lygia Clark Estate, Rio de
Janeiro
Mascara abismo (Maske der Hölle), 1968/1998
Baumwollnetz, Steine, Plastik
Projeto Helio Oiticica/Lygia Clark Estate, Rio de
Janeiro
Camisa-de-forga (Zwangsjacke), 1973/1998
6 Nylonsäcke, Steine und Gummiband
Projeto Helio Oiticica/Lygia Clark Estate, Rio de
Janeiro
Lygia Clark und Helio Oiticica
Dialogue of Hands (Dialog der Hände), ca. 1966/1998
Elastische Möbius-Schleife
7,6x20,3 cm
Projeto Helio Oiticica/Lygia Clark Estate,
Rio de Janeiro
Pinchas Cohen Gan
Aktion Im Jericho Flüchtlingslager, 1974
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien), 8 Seiten Text
50,8x36,8 cm; 49,2x36,8 cm
Sammlung des Künstlers
Guy de Cointet
At Sunrise a Cry was Heard... (Bei Sonnenaufgang
hörte man einen Schrei), 1976
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
20,3x25,4 cm
Sammlung Mary Ann Duganne Glicksman
At Sunrise a Cry Was Heard, or The Halved Painting
(Bei Sonnenaufgang hörte man einen Schrei oder das
entzweite Bild), 1974
Performance (Ausschnitt)
15 min., s/w Video
Courtesy Hai Glicksman & Guy de Cointet Estate
Houston Conwill
JuJu Bag, 1977
Stoffe, Kräuter etc.
61 X 152,4 cm; mit Rand: 66x195,6 cm
„To My Grandfathers and Grandmothers“; Sammlung
W. L. Conwill und F.V. Harrison
JuJull, 1977
Dokumentation der Performance
(1 Färb-, 1 s/w Photographie)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Photographie: W. L. Conwill
Paul Cotton
Random House Converter
(Random House Transformator), 1967
Film (Ausschnitt)
20 min,, 16 mm Film
Sammlung des Künstlers
332
Betrayal ofthe Prince of Peace (Verrat am Prinz des
Friedens), Mai 1971
Zeitungspapier mit Stempein
43,2x27,9 cm
Sammiung des Künstiers
COUM TVansmissions (Cosey Fanni Tutti)
Exhibit No. 10 (Park Lane No. 15) / Exponat Nr.10
(Park Lane Nr.15) aus der Aussteliung »Prostitution«,
institute of Contemporary Arts, London, Oktober 1976
4 Magazinseiten
38,1 x88,9 cm
Sammiung Cosey Fanni Tutti
Exhibit No. 29 (Aipha No. 5) / Exponat Nr.29 (Aipha
Nr.5) aus der Aussteiiung »Prostitution«, institute of
Contemporary Arts, London, Oktober 1976
8 Magazinseiten
65,4x87,9 cm
Sammiung Cosey Fanni Tutti
Price List from »Prostitution« Exhibition (Preisliste der
Ausstellung »Prostitution«), Institute of Contemporary
Arts, London, Oktober 1976
2 bedruckte Papierblätter
43,2x30,5 cm
Sammlung Cosey Fanni Tutti
After Ceace to Exist, 1977
Mit Chris Carter, Cosey Fanni Tutti, Soo Lucas
Musik: Throbbing Gristle
Film (Ausschnitt)
b&o Peer Sothern
Jim Dine
Crash Drawing with White Cross # 7
(Autounfallzeichnung mit weißem Kreuz #1), 1959
Tusche und Gouache auf Papier
64,8x49,5 cm
Courtesy Jim Dine und Pace Wildenstein, New York
Crash Drawing with White Cross # 2
(Autounfallzeichnung mit weißem Kreuz # 2), 1959
Tusche und Gouache auf Papier
64,8x49,5 cm
Courtesy Jim Dine und Pace Wildenstein, New York
Househoid Piece (Flaushalts-Stück), 1959
Flolz, Leinwand, Stoff, Eisenfedern, Öl- und
Bronzefarbe, Kupferplatte, brauner Papiersack,
Matratzenfüllmaterial und Plastik
137,7x112,4x23,5 cm
Museum of Modern Art, New York; Schenkung John
W. Weber
The Car Crash (Der Autounfall), 1960
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
27,9x34,9 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
John Duncan
Biind Date (Verabredung mit einer Unbekannten), 1980
Dokumentation der Performance (s/w Photographie),
Text
30,5x40,6 cm; Text: 29,2x21 cm
Sammlung des Künstlers
Biind Date (Verabredung mit einer Unbekannten), 1980
Dokumentation der Performance
Audio-Kassette
Sammlung des Künstlers
Pleasure - Escape (Vergnügen - Flucht), 1980
Buch mit Tonband
19,2x13,6 cm
Sammlung des Künstlers
Felipe Ehrenberg
A Date with Fate at the Tate (Eine Verabredung mit
dem Schicksal in der Tate), 1970
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
The Tube-O-Nauts (Die Rohr-O-Nauten), 1970
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Roberto Evangelista
Mater Dolorosa: in Memoriam ii, 1979
Dokumentation der Performance (Farbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Mater Dolorosa: In Memoriam II, 1979
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
13 min., 16 mm Film
Sammlung des Künstlers
Valie Export
Aus der Mappe der Mündigkeit, 1968
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Photographie: Josef Tandl
Tapp- und Tastkino, 1968/1998
Holz, Stoff, Styropor
30x27x70 cm
Sammlung der Künstlerin
Tapp- und Tastkino, 1968
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Aktionshose »Genitalpanik«, 1969
2 Photoarbeiten
je 100x70 cm
Sammlung der Künstlerin
Körperkonfigurationen, 1972
2 Photoarbeiten
je 56,2x79,1 cm
Sammlung Generali Foundation, Wien
Körperkonfigurationen, 1972-1976
4 Photoarbeiten
je 56,2x79,1 cm
Sammlung der Künstlerin
Robert Filliou
Automatic Poetry Machine (Automatische
Poesie-Maschine), 1962/1998
2 Fahrradräder und Text
304,8x426,7x15,2 cm
Courtesy Filliou Estate und Galerie Nelson, Paris
Rose Finn-Kelcey
Magpies Box from »One forSorrow, Two forJoy«
(Die Kiste der Elster von »Eins für den Kummer,
Zwei für die Freude«) made by H. Walton, 1977
Mischtechnik
36,8x50x19,1 cm
Sammlung der Künstlerin
One forSorrow, Two forJoy (Eins für den Kummer,
Zwei für die Freude), 1977
Dokumentation der Performance (Farbphotographie)
24,1 X 15,2 cm
Sammlung der Künstlerin
Sherman Fleming
Something Akin to Living (Etwas Ähnliches wie Leben)
1979
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Photographie: J. Wayne Higgs
Lucio Fontana
Concetto spaziale (C. 49-50 B 3) / Raumkonzept
(C. 49-50 B 3), 1949-50
Silberölfarbe auf Leinwand
60x75 cm
Fondazione Lucio Fontana, Mailand
Concetto spaziale (C. 50 B 9) / Raumkonzept
(C. 50 B 9), 1950
Weißes Eisen
74,5x64 cm
Fondazione Lucio Fontana, Mailand
Terry Fox
Asbestos Tracking (Asbestspuren), 1970
Dokumentation der Installation in der Reese Palley
Gallery, San Francisco (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Gallery Paule Anglim, San Francisco
Photographie: Barry Klinger
Ce//ar (Keller), 1970
Dokumentation der Installation in der Reese Palley
Gallery, New York (2 s/w Photographien)
30,5x40,6 cm
Courtesy Gallery Paule Anglim, San Francisco
Photographien: Gianfranco Gorgoni
Works from the Labyrinth: in the Box: Mason dar with
Holes Containing the Triptych (Arbeiten aus dem
Labyrinth: In der Kiste: Steinmetzkrug mit Löchern,
das Triptychon beinhaltend), 1971-1978
Glaskrug, Metalldeckel, Acetat, Klebstreifen
24,1 x16,2 cm
Works from the Labyrinth: in the Box: Meta! Stamp of
the Labyrinth (Arbeiten aus dem Labyrinth: In der
Kiste: Metallstempel von Labyrinth), 1971-1978
Metallstempel, Nagel, Sperrholz, Farbe
8,3x8,3x2,2 cm
Works from the Labyrinth: in the Box: Photo of Stoois
(Arbeiten aus dem Labyrinth: In der Kiste: Photo der
Stühle), 1971-1978
s/w Photographie
25,4x20,3 cm
Works from the Labyrinth: In the Box: Scroll Drawing of
the 34 Turns (Arbeiten aus dem Labyrinth: In der Kiste.
Rollen-Zeichnung von den 34 Umdrehungen),
1971-1978
Bleistift auf Papier
5,7x200,7 cm
Works from the Labyrinth: In the Box: Site Pendulum
(Arbeiten aus dem Labyrinth: In der Kiste:
Lage-Pendel), 1971-1978
Bleikugel, Klaviersaite und Trinkglas
Bleikugel: 5,7 cm; Schnur: 4,3 m; Glas: 15,9x12,7 cm
333
Works from the Labyrinth: In the Box: Three Drawings
of the Triptych of Grosses (Arbeiten aus dem
Labyrinth: In der Kiste: Drei Zeichnungen von
„Triptychon der Kreuze“), 1971-1978
Bleistift auf Papier
je 55,9x61 cm
Works from the Labyrinth: In the Box: Wooden Box
with Two Stacks of Glass Drawings (Arbeiten aus dem
Labyrinth: In der Kiste: Holzkiste mit zwei Stapel
Glaszeichnungen), 1971-1978
Holzbox, Farbe, Glasplatten, Tusche
geschlossen: 3,2x30,5x27,3 cm; geöffnet:
30,5x30,5x27,3 cm
Works from the Labyrinth: Maltese Cross from the
Labyrinth of Chartres (Arbeiten aus dem Labyrinth:
Malteser Kreuz vom Labyrinth von Chartres), 1975
Metallreifen, Nylonsilch, Farbe und Schnur
38,75 cm
Courtesy Frayda und Ronald Feldman
Wenn nicht anders angegeben ist der Leihgeber:
University of California, Berkeley Art Museum,
erworben mit Mitteln der National Endowment of
the Arts und des University Art Museum Council
Howard Fried
Prototype forA Clock of Commercial SIgnifIcance
(Prototyp für eine Uhr mit kommerzieller Bedeutung)
von »Synchromatic Baseball«, 1971), 1974-78
Lackierter Holzrahmen, Glas, s/w Photographien,
metallene Uhrzeiger, Plastikuhrwerk
146,7x148x7,6 cm
Courtesy Howard Fried und Gallery Paule Anglim,
San Francisco
The Burghers of Fort Worth
(Die Bürger von Fort Worth), 1976
Dokumentation (Ausschnitt)
34 min., 16 mm Film
Courtesy Howard Fried
Gideon Gechtman
Shaved Nude (Rasierter Akt), 1974
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Brushes (Bürsten), 1974-79
Holz, Metall, Haare und Glasbehälter
120x60x120 cm
Sammlung des Künstlers
Exposure. 1975
3 min., Dias auf Video übertragen
Sammlung des Künstlers
Obituary Notice ofthe Artist (Todesanzeige des
Künstlers), 1975
Dokument
26,7x34,6 cm
Sammlung des Künstlers
Jochen Gerz
Aussteliung von Jochen Gerz neben seiner
photographischen Reproduktion. 1972
Dokumentation der Performance
(7 s/w Photographien)
52 X 60 cm
Courtesy Jochen Gerz und Gallery Paule Anglim,
San Francisco
Das Portrait. 1972
Dokumentation der Performance (s/w Photographie),
Texte
74x110 cm
Courtesy Galerie Chantal Crousel, Paris
Photographie: Atelier Gerz
Schreiben mit der Hand. 1972
Dokumentation der Performance
(6 s/w Photographien)
je 40x27 cm
Courtesy Jochen Gerz und Gallery Paule Anglim,
San Francisco
Photographien: Esther Shalev-Gerz
Crier jusqu’ä l’epuisement (Schreien bis zur
Erschöpfung), 1972
Dokumentation (Ausschnitt)
20 min., Video
Courtesy Video les Beaux Jours
Gilbert & George
The Meal. A Living Sculpture
(Das Essen - Eine lebende Skulptur), 1969
Speisekarte, Ticket, Tusche
47,6x28,6 cm
Courtesy Anthony d’Offay Gallery, London
Postai Sculpture (Postskulptur), 1969
Bedrucktes Papier in Umschlag mit Wachssiegel
20x17 cm
Courtesy Anthony d’Offay Gallery, London
George the Cunt and Gilbert the Shit (George,
die Fotze und Gilbert, die Scheiße), 1970
Magazin-Skulptur
38x31,8 cm
Courtesy Anthony d’Offay Gallery, London
The Singing Sculpture (Die Singende Skulptur), 1972
Ein Film von Philip Haas
Dokumentation (Ausschnitt)
Courtesy Sonnabend Gallery, New York
Smashed (Zertrümmert), 1972
10 s/w Photographien
190,5x132,1 cm
Courtesy Sonnabend Gallery, New York
Ralning Gin (Es regnet Gin), 1973
44 s/w Photographien
198,1 x114,3
Courtesy Sonnabend Gallery, New York
Alberto Greco
Vivo Dito, 1964
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Greco Estate
Ion Grigorescu
Aktion C (Caca), 1973-74
Dokumentation der Performance
(4 s/w Photographien)
58,4x48,3 cm
Privatsammlung
Zimmer-Aktion. 1974-76
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
37,1 x31,1 cm
Privatsammlung
Stabhochsprung - Fluß Traisteni. 1976
Dokumentation der Performance (1 s/w und
2 handkolorierte s/w Photographien)
2: je 23,8x29,5 cm; 1: 50,5x61 cm
Privatsammlung
Photographien: Andrej Gheorghiu
Boxing (Boxen), 1977
1 min., s/w Super 8
Courtesy Ion Grigorescu
Man as Center of the Universe
(Der Mann als Zentrum des Universums), 1978
6 min., Super 8
Courtesy Ion Grigorescu
Dialog with Ceaugecsu (Dialog mit Ceaupecsu), 1978
20 min., s/w Super 8
Courtesy Ion Grigorescu
Victor Grippo
Construcciön de un Homo Populär Para Hacer Pan
(Bau eines traditionellen ländlichen Brotbackofens),
1972
Dokumentation des Events (2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Photographien: Mercedes Casanegra Grippo
Red Grooms
Palnting from »A Play Calied Fire« (Bild aus »Ein Stück
namens Feuer«), 1958
Öl- und Emailfarbe auf Leinwand
134,6x228,6 cm
Greenville County Museum of Art, Museumsankauf mit
Mitteln aus dem Arthur and Holly Magill Ankaufsfond
Guerilla Art Actlon Group
Museum of Modern Art (Number 3j, 1969
Dokumentation (2 s/w Photographien), 2 Texte
57,2x59,7 cm
Sammlung Jon und Joanne Hendricks
The People's Flag (Die Voiksfahne), 1970
Überreste einer verbrannten Fahne
82,6x90,8 cm
Sammlung Eleonore Hendricks
»People’s Flag Show« (Number 12) (Ausstellung der
Volksfahne), 1970
Dokumentation der Performance (Farbphotographie),
Text
59,4x32,7 cm
Sammlung Jon und Joanne Hendricks
Contribution to the People’s Flag Show to be Heldat
the Judson Memorial Church (»Falg Burning«) / Beitrag
zur People’s Flag Show, die in der Judson Memorial
Church stattgefunden hat (»Flag Burning«), 1970
Dokumentation (Ausschnitt), von John Riley und
Rudi Stern
30 min., s/w Video
Courtesy The Judson Three Defense Fund
Gutal-Gruppe
Gutai on Stage (Gutai auf der Bühne), 1957
Arbeiten von Shiraga, Shimamoto, Sumi, Kanayama,
Yoshido, Marakami, Tanaka und Motonaga
9 min., 16 mm Film, stumm
The Ashiya City Museum of Art & History
334
Gutai Painting, 1960
Malaktionen von Yoshida, Kanayama, Shiraga,
Shimamoto und Yoshihara
7 min,, 16 mm Film, stumm
The Ashiya City Museum of Art & History
David Hammons
Untitied (Ohne Titel), 1974
Mischtechnik auf Papier
71,1 x55,9 cm
Sammlung Familie Hudgins
Unt/t/ed (Ohne Titel), ca. 1975
Mischtechnik auf Papier
73,7x58,4 cm
Sammlung Familie Hudgins
Unf/t/ed (Ohne Titel), 1979
Ein Film von Barbara McCullough
55 min., Video
Courtesy Barbara McCullough
Maren Hassinger
High Noon (12 Uhr Mittags), 1976
Dokumentation der Performance (Farbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Photographie: Adam Avila
Lynn Hershman
Roberta’s Check Book (Robertas Scheckbuch), 1970er
Scheckbuch
7,6x15,2x6cm
Courtesy Hess Collection, Napa und Bern
Roberta’s Dress (Rust and White Polyester with
Polka-Dot Skirt) / Robertas Kleid (Rost und Polyester
mit gepunktetem Rock), 1970er
Polyester
91,4x55,9x7,6 cm
Courtesy Hess Collection, Napa und Bern
Roberta’s »Bura« Ash Blonde Frosted Wig (Robertas
»Elura« aschblonde Perücke), 1970er
100% Mod acrylic fiber
30,5x17,8x15,2 cm
Courtesy Hess Collection, Napa und Bern
Roberta’s Jacket to Dress (Robertas Jacke zum
anziehen), 1970er
Wildleder
77,2x63,5x7,6 cm
Courtesy Hess Collection, Napa und Bern
Roberta’s Lost Button (Robertas verlorener Knopf),
1970er
Text und Perlmuttknopf
25,4x20,3x7,6 cm
Courtesy Hess Collection, Napa und Bern
Roberta’s Driver’s License (Robertas Führerschein),
1976
Führerschein
13,3x12,7 cm
Courtesy Hess Collection, Napa und Bern
Dick Higgins
Symphony 607- The Divers (Symphonie 607 -
Die Taucher), 1968
Notenpapier mit Schußlöchern und Farbspray
je 57,5x44,5 cm
Sammlung Block
Making the Thousand Symphonies
(Erschaffung der tausend Symphonien), 1968
Dokumentation (Ausschnitt)
3 min., 16 mm Film, stumm
Courtesy Dick Higgins
Tatsumi Hijikata
Tatsumi Hijikata und die japanische Revolution des
Fleisches, 1968
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
Je 30,5x40,6 cm
Sammlung Tatsumi Hijikata Memorial Archives/Fheater
Asbestos
Photographien: Tadao Nakatani
Susan Miller
Hand Grenadas (Handgranaten), 1969-72
Asche der »Hand Paintings« (Handmalereien),
eine Folge von 12 gemeinschaftlichen Arbeiten;
12 Glaskrüge
11X18 X18 cm
Sammlung der Künstlerin
Dream Mapping (Traumkarten), 1974
7 Traum-Notizbücher mit Notizen, Diagramen,
Traumkarten
23x18 cm
Sammlung der Künstlerin
Hi Red Center
Bewegung zur Förderung der Reinigung des
Stadtgebiets (Seid sauber!), 1964
Dokumentation des Events (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Nagoy City Museum
Der Ochanomizu Fall (Fall-Event), 1964
Dokumentation des Events (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Nagoya City Museum
Rebecca Horn
Handschuhfinger, 1973
Stoff und Balsaholz
70 cm
Privatsammlung
Tehching Hsieh
Stündlich die Stechuhr drücken,
11. April 1980-11. April 1981
Dokumentation der einjährigen Performance
(s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy High Performance Archives, Los Angeles
Photographie: Michal Shen
Joan Jonas (mit Linda Patton)
Organic Honey (Biologischer Honig), 1971
23 min., s/w Video
Courtesy Electronic Arts Intermix
Kim Jones
Dog/Rat (Hund/Ratte), ca. 1972 mit späteren
Beifügungen
Acrylfarbe und Tusche auf Schaumstoff, Latex, Nylon,
Holz und Draht
196,7x43,2x16,5 cm
Sammlung der Künstlerin
Dog/Rat (Hund/Ratte), ca. 1972
Dokumentation der Performances (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Photographie: Charles Hill
Rat Piece (Rattenstück), 17. Februar 1976
Performance (Ausschnitt)
28 min., Video
Sammlung der Künstlerin
Michei Journiac
La messe pour un corps (Messe für einen Körper),
1969-71
Installation: 2 Holzschemel, 3 Glas-Blut-Plaketten,
Mischtechnik auf Holzaltargemälde, Rezept für
menschlichen Blutpudding, mit
Schwarzweißphotographien
Schemel: 80x40x40 cm; Blut-Plaketten: 50x50 cm;
Altargemälde: 80x120x30 cm; Rezept: 70x40 cm
Sammlung Jacques Miege
Messe pour un corps (Messe für einen Körper), 1969
Dokumentation (Ausschnitt)
23 min., Video
Courtesy Centre Georges Pompidou
Akira Kanayama
Werk (Sakuhin), 1957
Mischtechnik auf Vinyl
180,3x277,8 cm
Hyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
Werk (Sakuhin), 1958
Synthetische Polymerfarbe auf Leinwand
179,7x259,7 cm
Museum of Contemporary Art, Tokio; Schenkung des
Künstlers
Tadeusz Kantor
Meerespanorama-Happening, 1967
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Photographie: Eustachy Kossakowski
Allan Kaprow
Hysteria (Hysterie), 1956
Collage
183x170 cm
Privatsammlung
Rearrangeable Panels (Veränderbare Holztafeln),
1957-59
Mischtechnik Assemblage
Insgesamt: 243 x 150 x 140 cm (2 Holztafeln.
243x76 cm, 4 Holztafeln: 243x67 cm, 2 Holztafeln:
243x66 cm, 1 Holztafel: 243x26 cm, mit Lampen)
Herr und Frau Rammant, Belgien
18 Happenings in 6 Parts, 1959
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Organic Honey’s Visual Telepathy (Die visuelle
Telepathie von biologischem Honig), 1972
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
38,4x44,8 cm
Courtesy Joan Jonas und Pat Hearn Gallery, New York
335
Yard (Hinterhof), 1961/1998
Gebrauchte Reifen u. a.
3x12,5x2,5 m
Sammlung Feelisch, Remscheid
Household (Haushalt), 1964
Dokumentation (Ausschnitt)
22 min., 16 mm s/w Film, stumm
Sammlung des Künstlers
Mike Kelley
The Base Man (Der Sockelmann), 1970
Mischtechnik
Sammlung des Künstlers
Tube Music: The Flying F/ower (Röhrenmusik:
Die fliegende Blume), 1977-78
Karton-Röhre, Gummi, Holz
Sammlung des Künstlers
Tube Music: Unstoppable Force vs. Imrnovable Object
(Röhrenmusik: Unbremsbare Kraft versus
Unbewegliches Objekt), 1977-78
Karton-Röhre, 2 Kissen
Sammlung des Künstlers
Tube Music: Wind and Crickets (Röhrenmusik:
Wind und Krickets), 1977-78
Karton-Röhre, Staniolpapier, Gummiband
Sammlung des Künstlers
Two Machines for the Inteilect (2 Maschinen für den
Intellekt), 1977-78
2 Schuhschachteln, Staniolpapier, optische Linsen,
Glühbirnen, Lichthupen
11,4x31,8x16,5 cm
Sammlung des Künstlers
Spirit Voices (Seelenstimmen), 1977-78
Mischtechnik
Sammlung des Künstlers
Spirit Coilector (Seelenempfänger), 1978
Bemaltes Holz, Metal, Masonit, Watte
30,5x80x29,2 cm
Privatsammlung
Indianana, 1978
Mischtechnik
30,5x121,9 cm
Sammlung des Künstlers
Indianana, 1978
3 s/w „Leitmotiv“-Zeichnungen
60x68,6 cm
Sammlung des Künstlers
Indiana, 1978
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Jürgen Klauke
The Harder They Come (II), 1978
Dokumentation der Performance
(12 s/w Photographien)
2 Tafeln mit je 6 Photographien, je 128 x 100 cm
Courtesy Galerie Bugdahn und Kaimer, Düsseldorf
The Harder They Come, 1979
Dokumentation (Ausschnitt)
7 min., s/w Video
Courtesy Jürgen Klauke
Yves Klein
Monochrome (IKB Godet), 1957
Acryl auf Papier auf Leinwand aufgezogen
149,9x198,1 cm
Yves Klein Archives
Die lebenden Pinsel, 5. Juni 1958
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Yves Klein Archives
L'Etoile (ANT 73) / Der Stern (ANT 73), 1960
Farbpigmente und Kunstharz auf Leinwand
135,9x100 cm
Yves Klein Archives
Anthropometrie ohne Titel (ANT 106), 1960
Farbpigmente auf Leinwand
200x500 cm
Yves Klein Archives
Der Sprung in die Leere, 1960
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Yves Klein Archives
Photographie: Harry Shunk
Anthropometries de Tepoque bleue ou
Anthropometries et Symphonie monotone
(Anthropometrien der blauen Epoche oder
Anthropometrien und monotone Symphonie), 1960
2 min., 16 mm s/w Film, stumm
Yves Klein Archives
Fire Paintings (Feuer-Malereien), 1960
2 min., 16 mm Film, stumm
Yves Klein Archives
Milan Knfzäk
Kleider auf einen Körper gemalt, 1960-1970
4 Zeichnungen, Tusche auf Papier
30x21 cm
Sammlung des Künstlers
Demonstration einer Person, 1964
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6
Sammlung des Künstlers
Alitags-Anzug von Milan Knizäk, 1964
Photographien auf Karton aufgeklebt
200x62 cm
Sammlung des Künstlers
Straßenperformance in Prag, 1964
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Zweigesichtige Jacke, 1965
Stoff
85x65x10 cm
Sammlung des Künstlers
Aktualisiertes Hemd, 1965
Zerschnittener und verbrannter Stoff
70x60x6 cm
Sammlung des Künstlers
Aktualisierter Mantel, 1965-1970
Zerschnittener und wieder zusammengenähter Stoff
110x45x10 cm
Sammlung des Künstlers
Ein Zeichen, 1968
Rote Farbe auf dünnem, weißem Stoff auf Platte
geklebt
54x40 cm
Sammlung Hans Ruepp
Kleiderschmuck, 1969
Farbiges Hemd mit Schraube, Streichhölzer,
Kaugummi, Schere u. a. Materialien
57 x 56 X 5 cm
Sammlung Feelisch, Remscheid
Mein Schicksal, 1969
Weißes Hemd mit kleinen tschechoslowakischen
Fahnen
75x52x5 cm
Sammlung Feelisch, Remscheid
Aktual Band, 1972
Performance-Film
10 min., 16 mm s/w Film
Sammlung des Künstlers
Alison Knowles
The Big Book (Das Große Buch), 1964
Dokumentation der Installation (Ausschnitt)
6 min., 16 mm Film, stumm
Sammlung der Künstlerin
Alison Knowles
(in Zusammenarbeit mit Bill Fontana und Philip Corner)
Gentle Surprises for the Ear
(Nette Überraschung für das Ohr), 1975/1997
Installation
61x243,8x122 cm
Sammlung der Künstlerin
Gruppe »Kollektive Aktionen«
Slogan Manifeste, 1976-1998
Baumwollbanner und Acrylfarbe
1x10 m
Sammlung Andrej Monastyrskij
Slogan Manifeste, 1976
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung Andrej Monastyrskij
Komar & Melamid
Kreta: ca. 30.000-10.000 v. Chr.
(Das Goldene Zeitatter), 1979
Knochen, Horn, Zähne, Draht, Marmor, und Zeitung
mit Collage
Solomon R. Guggenheim Museum, New York;
Schenkung Professor und Mrs. Alexander Melamid,
New York City
Jannis Kounellis
Ohne Titel, 1960
Öl auf Karton
143 x 300 cm
Sammlung Reiner Speck, Köln
Mal-Performance, 1960
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Ohne Titel, 1970/1998
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Galeria Christian Stein, Mailand
336
Ohne Titel (Da inventare sul posto / Auf der Stelle zu
erfinden), 1972
Öl auf Leinwand
247x300 cm
Sammlung Reiner Speck, Köln
Shigeko Kubota
Vagina Painting (Vaginalmalerei), 1965
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Gilbert and Lila Silverman Fluxus Collection
Foundation
Tetsumi Kudö
Philosophie der Impotenz, 1962
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40, 6 cm
Courtesy Artist’s Rights Society, New York
Votre Portrait (Ihr Portrait), 1963
Holz, Plastik und Polyester
200 X 50 X 50 cm
Takamatsu City Museum of Art
Yayoi Kusama
Avantgarde Fashion A (Avantgarde Mode A),
1960er/1998
Rotes Netzbild auf weißem Baumwollstoff
83x 110 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion B (Avantgarde Mode B),
1960er/1998
Gelbes Netzbild auf dunkelbraunem Kunstsamt
90x110 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion C (Avantgarde Mode C),
1960er/1998
Schwarze Kunstfaser
100x90 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion D (Avantgarde Mode D),
1960er/1998
Farbige Punkte auf schwarzem Polyester
100x90 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion E (Avantgarde Mode E),
1960er/1998
Schwarzer Satin
158x120 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion F (Avantgarde Mode F),
1960er/1998
Rosa Satin
118x90 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion G (Avantgarde Mode G),
1960er/1998
Goldstoff
150x110 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion H (Avantgarde Mode H),
1960er/1998
Silberstoff
150x115 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion I (Avantgarde Mode I),
1960er/1998
Schwarz-rotes Bild auf weißem Baumwollstoff
65 X160 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion J (Avantgarde Mode J),
1960er/1998
Schwarz-rotes Bild auf senfgelbem Baumwollstoff
73 X196 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion K (Avantgarde Mode K),
1960er/1998
Rotes Netzbild auf blauem Baumwollstoff
67x156 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion L (Avantgarde Mode L),
1960er/1998
Grünes Netzbild auf schwarzem Baumwollstoff
87x116cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion M (Avantgarde Mode M),
1960er/1998
Blaues Netzbild auf rotem Stoff
78 X105 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion N (Avantgarde Mode N),
1960er/1998
Gelbes Netzbild auf schwarzem Stoff
94 X 53 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion O (Avantgarde Mode O),
1960er/1998
Rot auf weißer Baumwolle
51 x71 cm
Sammlung der Künstlerin
Avantgarde Fashion P (Avantgarde Mode P),
1960er/1998
Rotweißes Punktmuster (für Männer)
148x167 cm
Sammlung der Künstlerin
Hat (Hut), ca. 1962
Mischtechnik
33x76,2x15,2 cm
Sammlung Susan Hort
Biue Tunic (Blaue Tunika), ca. späte 60er
Mischtechnik
71,1 x111,8cm
Courtesy Robert Miller Gallery, New York
Brown Tunic (Braune Tunika), ca. späte 60er
Mischtechnik
76,2x152,4 cm
Courtesy Robert Miller Gallery, New York
Skirt (Rock), ca. späte 60er
Mischtechnik
48,3x55,9 cm
Courtesy Robert Miller Gallery, New York
Tie (Krawatte), ca. späte 60er
Mischtechnik
147,3x10,2x6 cm
Courtesy Robert Miller Gallery, New York
Ohne Titel (Tunic / Tunika), ca. späte 60er
Öl auf Stoff
73,7x50,7x6 cm
Sammlung Donald Judd Estate
Leslie Labowitz und Suzanne Lacy
In Mouming and in Rage (In Trauer und in Wut),
Dezember 1977
Dokumentation der Performance
(4 Farbphotographien)
58,1 x68,3 cm
Sammlung Suzanne Lacy
in Mourning and in Rage (In Trauer und in Wut), 1977
Dokumentation der Protestaktion (Ausschnitt)
30 min,, s/w Video
Courtesy Leslie Labowitz
John Latham
Shaun II, 1958
Assemblage auf Leinwand
252,7x116,8x30,5 cm
Arts Council Collection, Hayward Gallery, London
Soft Skoob (Weiches Skoob), 1961-62
Bücher, Leinwand, Sprayfarbe, Tisch
113x113 cm
Courtesy Lisson Gallery, London
Skoob Tower Ceremony (Skoob Turm Zeremonie),
1964/1998
Asche von Büchern und Podest
Courtesy Lisson Gallery, London
Soft Skoob as a Dress (Weiches Skoob als Kleid),
späte 1960er
Leinwand mit Mischtechnik
89x47 cm
Courtesy Lisson Gallery, London
Story ofRIO (Geschichte von Rio / Detail), 1983
Mischtechnik
Courtesy Lisson Gallery, London
Jean-Jacques Lebel
Pour Conjurer TEsprit de Catastrophe # 1 et 2 (Um den
Geist der Katastrophe zu beschwören # 1 und 2), 1962
4 »tableau-happenings«, Collage und Farbe auf
Sperrholz
200x100 cm
Privatsammlung
Dechirex, 1966
Aus dem Film »Le Cow-Boy et l’lndien« von Alain
Fleischer (Ausschnitt)
28 min.. Film
Courtesy Jean-Jacques Lebel
Lea Lublin
Fluvio Subtunal (Fluß unter dem Tunnel), 1969
Dokumentation des Environments
(3 Farbphotographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Fluvio Subtunal (Fluß unter dem Tunnel), 1969
Dokumentation des Environments (Dia-Serie)
Sammlung der Künstlerin
George Maciunas
One Year (Ein Jahr), ca. 1972
Verpackungsmaterial auf Holz
210x350x12 cm
Sammlung Block
337
Leopolde Maler
Crane Sa/fef (Kran-Ballet), 1971
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Photographie: J. S. Lewinsky
Crane ßa/tef (Kran-Ballet), 1971
BBC-Dokumentation (Ausschnitt)
4 min., 16 mm s/w Film
Sammlung des Künstlers
Piero Manzoni
Linea lunga 19,11 metn (Linie von 19,11 m), 1959
Tusche auf Papier und Holz
28,6x12,1 x12,1 cm
Archivio Opera Piero Manzoni
Linea di iunghezza infinita (fragmento) / Linie von
Unendlicher Länge (Fragment), 1959
Tusche auf Pergament
5,2x21,3 cm
Sammlung Block
Linea di iunghezza infinita (Linie von Unendlicher
Länge), 1960
Tusche auf Papier und Holz
15x4,8 cm
Sammlung Vanni Scheiwiller, Mailand
Linea di Iunghezza infinita (Linie von Unendlicher
Länge), 1960
Tusche auf Papier und Holz
15x4,8 cm
Archivio Opera Piero Manzoni
Fiato d’artista (Atem des Künstlers), 1960
Gummi und Holz
18x18x2 cm
Sammlung Alberto Bassi
Fiato d'artista (Atem des Künstlers), 1960
Gummi und Holz
18x18x2 cm
Sammlung Sante Falconer
Merda d'artista (Fäkalien des Künstlers), 1961
Konserve mit Aufschrift
5x6,5 cm
Sammlung Block
Merda d'artista (Fäkalien des Künstlers) Nr. 55 und
Nr.80, 1961
2 Konserven mit Aufschrift
4,8 X 6,4 cm
Archivio Opera Piero Manzoni
Corpo d'aria (Körper aus Luft), 1961
Holzkiste mit Aufschrift, Ballon, Metallständer
5x42,5x12,5 cm
Sammlung Block
Corpi d'aria (Körper aus Luft), 1961
Dokumentation
4 min., 16 mm s/w Film, stumm
Courtesy Herning Kunstmuseum & Archivio Opera
Piero Manzoni
Counterfoii of Carte d'authenticite (Fälschung eines
Zertifikats), 1961
Tusche auf Papier
32x7x7 cm
Archivio Opera Piero Manzoni
Carte d'authenticite (Zertifikat), 1961
2 Blöcke Blanko-Zertifikate
32x7x17,1 cm
Archivio Opera Piero Manzoni
Matrix of Carte d'authenticite (Matrix eines Zertikats)
1961
Zertifikat-Block
6,5x6,5x0,5 cm
Archivio Opera Piero Manzoni
Base Magica (Magischer Sockel), 1961
Holz
60 X 80 X 80 cm
Archivio Opera Piero Manzoni
Base Magica (Magischer Sockel), 1961
Dokumentation des Objekts im Gebrauch
30,5x40,6 cm
Herning Kunstmuseum, Dänemark
Tom Marioni
Drawing A Line As Far As I Can Reach (Edinburgh
Drawing) / Ich ziehe eine Linie, so weit ich reichen
kann (Edinburgh Zeichnung), 1972
Bleistift auf Papier
2,8 mx106,7 cmx2,3 m
Courtesy Tom Marioni und Gallery Paule Anglim, San
Francisco, und Margarete Boeder Gallery, New York
Drum-brush Drawing ff 1
(Trommel-Bürsten-Zeichnung # 1), 1973
Stahl auf weißem Papier
57,2x72,4 cm
Courtesy Tom Marioni, Gallery Paule Anglim, San
Francisco, und Margarete Boeder Gallery, New York
Drum-brush Drawing ff 2
(Trommel-Bürsten-Zeichnung #2), 1973
Stahl auf gelbem Papier
50,8x71,1 cm
Courtesy Tom Marioni, Gallery Paule Anglim, San
Francisco, und Margarete Boeder Gallery, New York
Drum-brush Drawing ff 3
(Trommel-Bürsten-Zeichnung #3), 1973
Stahl auf Sandpapier
55,9x71,1 cm
Courtesy Tom Marioni, Gallery Paule Anglim, San
Francisco und Margarete Boeder Gallery, New York
Cafe Society (Kaffeegesellschaft), 1979
Aus »San Francisco, 1984«' (Ausschnitt)
10 min., Video
Courtesy Tom Marioni
Cusi Masuda
Seif Digestion (Selbst-Verdauung), 1975
Dokumentation der Performance
(4 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Endless Performance (Endlose Performance),
1977-1982
Dokumentation (Ausschnitt)
48 min., Video
Sammlung des Künstlers
Georges Mathieu
Bataille de Bouvines (Schlacht von Bouvines), 1954
20 min., 16 mm s/w Film, stumm
Sammlung des Künstlers
Öffentliche Malaktion, Japan, 1957
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
The Ashiya City Museum of Art & History
Hommage au Connetable de Bourbon
(Hommage an den Konnetabel von Bourbon), 1959
Öl auf Leinwand
250,2x600 cm
Sammlung des Künstlers
Gordon Matta-Clark
Fried Photograph (Gebratene Photographie), 1969
Gold-Blatt Photographien in Kiste
2,5x12,5x9,5 cm
Courtesy Lance Fung Gallery, New York, und
Estate of Gordon Matta-Clark
Phofo-Fry (Photopfanne), 1969
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
20,3x25,4 cm
Courtesy Lance Fung Gallery, New York, und
Estate of Gordon Matta-Clark
Hair (Haare), 1972
5 s/w Photographien, 4 Zeichnungen, Bleistift auf
Papier, Haare
4 Photographien: je 25,4x20,2 cm; 1 Photographie:
20,2x25,4 cm; Zeichnungen: je35,5x28 cm
Courtesy Lance Fung Gallery, New York, und
Estate of Gordon Matta-Clark
Open House (Tag der offenen Tür), 1972
Dokumentation
41 min., Super 8 Film
Courtesy Electronic Arts Intermix
Bronx Floors: Fioor Above, Ceiling Below, 1972
3-teilige, demontierbare Skulptur
Mischtechnik, Holz, Wandverputz, Tapetenreste
45,7x68,6x84 cm
MAK, Wien
Bronx Floors: 4-kVay Wall, 1973
2 Photographien, sign, und dat.
je 18x47,7 cm
MAK, Wien
Pier in/out, 1973
2 Photographien
je 26x37 cm
MAK, Wien
Paul McCarthy
Face Painting - Fioor, White Line
(Gesichtsmalerei - Boden, Weiße Linie), 1972
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Assortment, Trunks (Auswahl, Truhen), 1973-83
Mischtechnik
Dimensionen variabel
Sammlung Tom Patchett
Heinz Ketchup Sauce, 1974
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
17 min,, Video
Sammlung des Künstlers
338
Meatcake (Fleischkuchen), 1974
8 Seiten Texte
64,8x120 cm
Sammlung des Künstlers
Sailor’s Meat (Matrosenfleisch), 1975
Dokumentation der Performance
(2 Farbphotographien)
58,4x48,3 cm
Courtesy Paul McCarthy und Patrick Painter Gallery,
Santa Monica
Sailor's Delight, Sailors Meat (Matrosenfreuden,
Matrosenfleisch),1975
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
43 min., Video
Sammlung des Künstlers
C/ass Pool (Klassentrottel), 1976
Dokumentation der Performance (Farbphotographie)
79,1 X 104,5 cm
Courtesy Paul McCarthy und Patrick Painter Gallery,
Santa Monica
Performance props for »Trunks« (Performance
Requisiten für »Truhen«), 1993
Dokumentation (Farbphotographien)
58,4x48,3 cm
Courtesy Paul McCarthy und Patrick Painter Gallery,
Santa Monica
Bruce McLean
Nice Style at Garage, 1970er
Plakat
50,8x74,3 cm
Courtesy Anthony d’Offay Gallery, London
Nice Style Pose Band Event, High up on a Baroque
Palazzo (Nice Style Pose Band-Event, Floch oben auf
einem barocken Palazzo), 1974
Dokumentation des Events (s/w Photographie)
30,5x40,5 cm
Courtesy Anthony d’Offay Gallery, London
David Medalla
A Stitch In Time (Ein Stich in der Zeit), 1968-72
Mischtechnik
Arts Council Collection, Flayward Gallery, London
A Stitch in Time (Ein Stich in der Zeit), 1968-72
Dokumentation des Objekts im Gebrauch
(Farbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Cildo Meireles
Sermao de Montanha: Fiat Lux
(Die Bergpredigt: Fiat lux), 1973-79
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Sermao de Montanha: Fiat Lux
(Die Bergpredigt: Fiat lux), 1973-79
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
16 mm. Film, stumm
Sammlung des Künstlers
Ana Mendieta
Ohne Titel (Huhn Stück, Schuß Nr. 2), 1972
Video mit Blut (Ausschnitt)
3 min., 16 mm Film, stumm
Courtesy Electronic Arts Intermix
Anima (Seele), 1976
Dokumentation (Diaprojektor und 78 Farbdias)
Courtesy Estate of Ana Mendieta und Galerie Lelong,
New York
Gustav Metzger
Autodestructive Manifeste (Autodestruktives Manifest),
1961
Dokument
21 x27 cm
Sammlung Ben Vautier
South Bank Demo, 1961/1998
Metall, Nylon, Säure
1,52x2,44 m
Sammlung des Künstlers
South Bank Demo, 1961/1998
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Hulten Getty Picture Gallery, London
Daily Express, 1962/1998
Zeitung
76,2x40,6 cm
Museum of Contemporary Art, Los Angeles;
Schenkung des Künstlers
Marta Minujm
Matratzen-Haus: La Pieza de! Amor (1962), Casa de
Colchones (1963), Revuelquese (1964)
Dokumentattion der Installation (Earbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Minu-Phone, 1968
Dokumentation (Ausschnitt)
3 min., Video
Sammlung der Künstlerin
The Obelisk ofRaisin Buns
(Der Obelisk aus Rosinenbrötchen), 1979
Photographien des Objekts
(1 Färb-, 2 s/w Photographien)
je 27,9x35,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Jan MIcoch
Der Koffer des Emigranten: Über das Meer,
5. Mai 1976
Dokumentation des Objekts in der Remont Galerie,
\A/arschau (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Die Kiassische Flucht, 26. November 1977
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Linda Montano
MitchelTs Death (Mitchells Tod), 1978
Video (Ausschnitt)
22 min., s/w Video
Sammlung der Künstlerin
Linda Montano (und Tom Marion!)
Handcuff: Linda Montano and Tom Marioni
(Handschellen: Linda Montano und Tom Marioni), 1973
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Photographie: Minnette Lehmann
Harrdcuff (Handschellen), 1973
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
20 min., s/w Video
Sammlung der Künstlerin
Charlotte Moorman
Celio Bombs (Cellobomben), ca. 1965/1990
Bemaltes Metall
119,4 cm
Sammlung Hoffmann, Berlin
Charlotte Moorman Preparing to Perform John Cage’s
26“1.1499“ for a String Player (Charlotte Moorman in
Vorbereitung einer Aufführung von John Cages
26“1.1499“ für ein Saiteninstrument), Guggenheim
Museum,1980
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
17,8x26,7 cm
Sammlung Hoffmann, Berlin
Robert Morris
Untitied (Standing Box) / Ohne Titel
(Kiste zum Stehen), 1961
Eiche
190.5x62,2x27,9 cm
Solomon R. Guggenheim Museum, New York,
Extended Loan of the Artist
Untitied (Standing Box) / Ohne Titel
(Kiste zum Stehen), 1961
Dokumentation des Objekts im Gebrauch
(s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Solomon R. Guggenheim Museum, New York,
Extended Loan of the Artist
Waterman Switch, 1965
Aus »Four Pieces«, 1993
Film von Babette Mangolte
58 min., 16 mm Film
Courtesy Babette Mangolte und Guggenheim
Museum of Art
Otto Mühl
Materialbild (mit Sardinendose),1961-62
Mischtechnik auf Hartfaserplatte
113x105x8 cm
Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Ohne Titel, 1963
Sand, Gips, Strümpfe, Dispersion auf Sackleinen
76x70 cm
Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Aktionsobjekt, 1963-64
Mischtechnik
250x250 cm
Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Aktionsphotographien, 1963-67
Dokumentation der Aktionen
(8 s/w und 12 Farbphotographien)
je 48,3x53,3 cm
Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Collage, 1964
Photographien und Zeichnungen auf Hartfaserplatte
50 X 65 cm
Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien
Leda mit dem Schwan, 1964
Film von Kurt Kren
Dokumentation
3 min., 16 mm s/w Farbfilm, stumm
Sammlung Julius Hummel
339
Mama und Papa, 1964
Film von Kurt Kren
Dokumentation
4 min., 16 mm Farbfilm, stumm
Sammlung Julius Hummel
0 Tannenbaum, 1964
Film von Kurt Kren
Dokumentation
3 min., 16 mm Farbfilm, stumm
Sammlung Julius Hummel
Materialaktion Nr. 3: Klarsichtverpackung, 26. 2.1964
Dokumentation der Aktion (Kontakte)
34,9x20 cm
Sammlung Julius Hummel
Photographien: Ludwig Hoffenreioh
Materialaktion Nr. 19: Bodybuilding , 1965
Perinetgasse 1, Wien 20
Dokumentation der Aktion (Kontakte)
35 X 20 cm
Courtesy Galerie Krinzinger, Wien
Photographien: Ludwig Hoffenreich
Materialaktion Nr. 24: Turnstunde in Lebensmitteln,
Sommer 1965
Perinetgasse 1, Wien 20
Partitur (Kontakte)
35x20 cm
Sammlung Julius Hummel
Photographien: Ludwig Hoffenreich
Saburö Murakami
Eingang, 1955/1998
Papier und Holz
Sammlung Makiko Murakami
Gleichzeitige Öffnung von sechs Löchern
(Isshun ni shi te rokko no ana wo akeru), 1955
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
The Ashiya City Museum of Art & History
Viele aufgespannte Papierbögen, 1956
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6
The Ashiya City Museum of Art & History
Werk: Kiste (Sakuhin: Hako), 1956/1981
Holzkiste mit tickender Uhr
80x80x80 cm
Museum of Contemporary Art, Tokio
Werk (Sakuhin), 1957
Mischtechnik auf Brett
93x184,5 cm
The Ashiya City Museum of Art & History
Entrance Six Holes (Eingang - Sechs Löcher), 1991
Six Holes / Entrance (Sechs Löcher / Eingang), 1993
Passage, 1995
Exit (Ausgang), 1994
Dokumentation, aus »Performance 1986-1994«
20 min., Video
Sammlung Makiko Murakami
Natsuyuki Nakanishi
Wäscheklammern behaupten sich im Wirbel,
1963/1994
Unterwäsche, Wäscheklammern auf 5 Holzplatten
3: 116,8x90,8x12,7 cm; 1: 33x38,1 x12,7 cm;
1; 116,8x90,8x25,4 cm
Sammlung des Künstlers
Wäscheklammern behaupten sich im Wirbel, 1963
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Nagoya City Museum
Bruce Nauman
Wall-FloorPositions (Wand-Boden Positionen), 1968
Dokumentation (Ausschnitt)
60 min., s/w Video
Video Data Bank
Performance Corridor, 1968-70
Holz und Sperrholz
ca. 243,8x609,6x50,8 cm
Solomon R. Guggenheim Museum, New York:
Erworben mit Mitteln der Louis and Bessie Adler
Foundation, Inc., Seymour M. Klein, Präsident
Violin Tuned D. E. A. D. (Violine, D. E. A. D. gestimmt),
1969
Dokumentation (Ausschnitt)
60 min., s/w Video
Video Data Bank
Paul Neagu
Codex for Hyphen (Kodex für Bindestrich), 1976
Zeichnung
77,5x55,9 cm
Sammlung des Künstlers
Hyphen (The Subject Generator) / Bindestrich
(Der Subjektgenerator), 1975
Eschenholz, Schrauben und Schnüre
100,3x101,6x210,8 cm
Sammlung des Künstlers
Going Tornado (Zum Wirbelsturm werden), 1974
Dokumentation der Performance (Farbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Senga Nengudi
Respondez s’il vous platt - Studio Performance
(Um Antwort wird gebeten), Los Angeles, 1976
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
27,9x35,6 cm
Courtesy Thomas Erben Gallery, New York
Freeway Fets and Ceremony for Freeway Fets, 1979
Ein Film von Barbara McCullough
60 min., Video
Courtesy Barbara McCullough
Joshua Neustein (mit G. Marx und G. Battle)
Jerusalem River Project: Sound of Flowing River in the
Dry Wadi of Abu Tor (Jerusalem-Flußprojekt: Klang
fließenden Wassers im trockenen Wadi von Abu Tor),
1970
Dokumentation der Installation (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Hermann Nitsch
Ohne Titel (Brot und Wein), 1961
Tempera und Dispersion auf Gips, aufgezogen auf
synthetischer Unterlage
150 X150 cm
Sammlung Julius Hummel, Wien
Rinnbild, 1963
Blut und Farbe auf Leinwand
190x340 cm
Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
4, Aktion, 1963 (Abzug 1972)
Dokumentation der Aktion (8 Farbphotographien)
60 X 50 cm
Sammlung des Künstlers
Aktionsphotographien, 1963 (Abzug 1972)
Dokumentation der Aktion (8 s/w Photographien)
60 X 50 cm
Sammlung des Künstlers
Skizzen - Projekt für die Wiener Secession
(Materialanordnung auf Tischen, Tisch 39), 1964
Kugelschreiber auf Papier
21 x29,8 cm
Courtesy Galerie Michael Werner, Köln
Skizzen - Projekt für die Wiener Secession
(Materialanordnung auf Tischen, Tisch 88), 1964
Kugelschreiber auf Papier
21 x29,8 cm
Courtesy Galerie Michael Werner, Köln
Ohne Titel, 1964
Kugelschreiber auf Papier
21 x29,8 cm
Courtesy Galerie Michael Werner, Köln
12.-16. Aktion, 1965
Dokumentation (Ausschnitt)
14 min., 16 mm s/w Film, stumm
Asoio Raum, 1971
Installation mit Objekten, Relikten und Photographien
7x7 m
Archiv Conz, Verona
Helio Oiticica
Parangole P16 (Cape 12) »OfAdversity We Live«
(Wir leben durch Widerstand), 1963/1998
Acryl auf Leinwand, Plastik, Zeitung, Sackleinwand
und Pigmente
130x60x10 cm
Projeto Helio Oiticica, Rio de Janeiro
Parangole P4 (Cape 1), 1964/1998
Acryl auf Leinwand, Seil, Plastik, Nylonnetz
140 X 50 X10 cm
Projeto Helio Oiticica, Rio de Janeiro
Parangole P17 (Cape 13) «Estou Possuldo«,
1967/1997
Stoff, Acryl auf Nylonnetz und Stroh
120x40x10 cm
Projeto Helio Oiticica, Rio de Janeiro
Parangole
Dokumentation der Arbeiten im Gebrauch
Video
Courtesy Witte de With Center for Contemporary Art
H4lio Oiticica (mit Antonio Manuel)
Parangole P22 (Cape 18) »Nirvana«, 1963/1998
Acryl auf Stoff
130x60x 10 cm
Projeto Helio Oiticica, Rio de Janeiro
Ciaes Oldenburg
Blue and Pink Panties (Blaue und Rosa Unterhosen),
1961
Gipsgetränktes Musselin
158,1 x88,3x15,2 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Business Cards from »The Store« (Visitenkarte von
»The Store«), 1961
340
Einfarbendruck auf farbigem, metallischem
Fisch-Schuppen-Papier
5,1 x8,9 cm
Sammlung Claes Oldenburg und Coosje van Brüggen
The Store, 1961
Dokumentation der Installation (2 Farbphotographien)
je 30,5x40,6 cnn
Sammlung Robert McElroy
Ledger from “The Store« (Geschäftsbuch von
»The Store«),1961
Buch, Tusche und Bleistift auf Papier
20x13,3 cm
Sammlung Claes Oldenburg und Coosje van Brüggen
Poster from »The Store« (Plakat von »The Store«),
1961
Zwei Farben-Drucke auf Karton
FIrsg, in Zusammenarbeit mit The Green Gallery,
New York
71,8x56,2 cm
Sammlung Claes Oldenburg und Coosje van Brüggen
Chocolates in Box (Fragment) / Pralinenschachtel
(Fragment), 1961
Gipsgetränktes Musselin
111,8x81,3x15,2 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Cigarettes in Pack (Fragment) / Zigarettenschachtel
(Fragment),1961
Gipsgetränktes Musselin
83,2x78,1 x17,1 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Green Stockings (Grüne Strümpfe), 1961
Gipsgetränktes Musselin
109,8x45,7 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Man’s Shoe (Männerschuh), 1961
Gipsgetränktes Musselin
82,6x109 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Store Cross (Store-Kreuz), 1961
Gipsgetränktes Musselin
136,5x102,9x15,2 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Blue Pants on a Chair (Blaue Flosen auf einem Stuhl),
1962
Gipsgetränktes Musselin
94x43,2x67,9 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Breakfast Table (Frühstückstisch), 1962
Gipsgetränktes Musselin
87,6x90,2x87,6 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Hamburger, 1962
Gipsgetränktes Musselin
17,8x22,9x22,9 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Pie ä la Mode, 1962
Gipsgetränktes Musselin
50,8x33x48,3 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Umbrella and Newspaper (Regenschirm und Zeitung),
1962
Gipsgetränktes Musselin
97,8x49,5x15,2 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
White Gym Shoes (Weiße Gymnastikschuhe), 1962
Gipsgetränktes Musselin
61 x61 x25,4 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Nekropolis II »Happening« im Ray Gun Theater, 1962
Ein Film von Raymond Saroff
Dokumentation (Ausschnitt)
20 min., 16 mm Film
Courtesy Raymond Saroff
Autobodys (Autokörper), 1963
Dokumentation der Performance
(4 s/w Photographien)
23,5x63,5 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
Announcement from »Autobodys«
(Ankündigung von »Autobodys«), 1963
Einfarbige Offset-Lithographie auf Papier
FIrsg, V. C, Oldenburg
28x21,6 cm
Sammlung Claes Oldenburg und Coosje van Brüggen
Poster from »Autobodys« (Plakat von »Autobodys«),
1963
Einfarbendruck über zweifarben Offset-Lithographie
auf Karton »Regenbogen-Rolle«, hrsg. v. C. Oldenburg
55,9x35,5 cm
Sammlung Claes Oldenburg und Coosje van Brüggen
Program from »Autobodys«
(Programm für »Autobodys«), 1963
Einfarbige Offset-Lithographie auf Papier
FIrsg. V. C. Oldenburg
28x21,6 cm
Sammlung Claes Oldenburg und Coosje van Brüggen
Script for »Autobodys« (Text für »Autobodys«), 1963
16 Seiten Typoskript,
28x21,6 cm
Sammlung Claes Oldenburg und Coosje van Brüggen
Sponge (Schwamm), 1963
Bemalter Gips
12,7x22,9x17,8 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
Gift of Lannan Foundation
Yoko Ono
Painting for the Wind (Bild für den Wind), 1961/1993
Sumi Tusche auf Leinen, Seil, Stoff, Samen und
Bambus
91,5x91,5x91,5 cm
Sammlung der Künstlerin
Painting to be Stepped On (Bild zum Draufsteigen),
1960/1997
Mischtechnik
37x27x3 cm
Sammlung der Künstlerin
Painting to Hammer a Mail
(Bild zum Nageleinschlagen), 1961/1998
Mischtechnik
22,9x30,5x3,8 cm mit 106,7 cm Kette
Sammlung der Künstlerin
Cut Piece (Schneide-Performance), 1965
Ein Film von Albert Maysies
Dokumentation (Ausschnitt)
9 min., 16 mm s/w Film
Courtesy Maysies Films
Yoko Ono (mit John Ono Lennon)
Bed In (Bed Peace) / Im Bett (Bettfrieden), 1969
Dokumentation des Events (1 s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Orlan
Le baiserde i'artiste (Kuß der Künstlerin), 1976-77
Mischtechnik
6 Photographien und Texte
je 34,3x39,4 cm;
Plastik: ca. 157,5 X 53,3 cm
Sammlung der Künstlerin
Raphael Montahez Ortiz
Henny-Penny Piano Destruction Concert
(Flenny-Penny Klavierzerstörungskonzert), 1966/1998
Zerstörtes Piano
Sammlung des Künstlers
Henny-Penny Piano Destruction Concert
(Flenny-Penny Klavierzerstörungskonzert), 1966/1998
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Piano Destruction Concert (Klavierzerstörungskonzert),
1966
Interview mit dem Künstler
5 min., Video
Sammlung des Künstlers
Lorenzo Pace
Mummification Series (Mummifikations-Serie), 1978
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Mummification Series III (Mummifikations-Serie III),
1982
2 min., Kabel-Video
Sammlung des Künstlers
Nam June Paik
Integral Piano (Klavier Integral), 1958-63
Klavier
136x140x65 cm
Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien
Prepared Piano (Präpariertes Klavier), 1962-63
Klavier
130x140x65 cm
Sammlung Block
Piano K (Klavier K), 1962-63
Klavier, Keyboard
130 X140 X 65 cm
Sammlung Block
341
Gina Pane
Psyche, 1971
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
90 min., Video
Courtesy Centre Georges Pompidou
Le Corps Pressenti (Der erahnte Körper), 1975
1 Aktionsskizze, Tusche auf Papier, 1 Aktionsrelikt,
1 s/w, 3 Farbphotographien
Photographien: 77x87 cm; Aktionsrelikt mit Sockel:
87 X 87 X 7 cm
Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien
Le Corps Pressenti (Der erahnte Körper), 1975
Dokumentation der Performance
(5 s/w, 18 Farbphotographien)
158,8x38,7 cm; 132,7x38,7 cm
Sammlung Anne Marchand
Le Corps Pressenti (Der erahnte Körper), 1975
5 Verzeichnungen
30x40 cm
Sammlung Anne Marchand
Lygia Pape
Roda dos Prazeres (Rad der Freuden), 1968/1998
12 Schüsseln gefüllt mit farbiger Flüssigkeit und
Augentropfen
Sammlung der Künstlerin
Roda dos Prazeres (Rad der Freuden), 1968/1998
Dokumentation der Performance (Farbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Baba Antropofägica (Menschenfressender Schleim),
1973
Aus der Serie »Collective Body«
Dokumentation (Farbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Eat Me (Iß mich), 1975
9 min,, 16 mm Film
Sammlung der Künstlerin
Giuseppe Pinot Gallizio
Industriai Painting (Industriegemälde), 1958
Mischtechnik auf Leinwand
80 cm X 74 m
Galleria Martano, Turin
Caverna dell’ antimateha (Die Flöhle der Antimaterie),
Mai 1959
Dokumentation der Installation (2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Galleria Martano, Turin
Adrian Piper
Cataiysis III (Katalyse III), 1970
Dokumentation der Performance
(3 s/w Photographien)
49,8x51,8 cm
Sammlung der Künstlerin
Cataiysis IV (Katalyse IV), 1970
Dokumentation der Performance
(5 s/w Photographien)
49,8x51,8 cm
Sammlung der Künstlerin
Food for the Spirit (Nahrung für den Geist), 1970
Dokumentation der Performance (14 s/w
Photographien)
54x54 cm
Sammlung Thomas Erben
Untitied Performance for Max’s Kansas City
(Unbetitelte Performance für Maxs Kansas City), 1970
Dokumentation der Performance (4 s/w
Photographien)
49,8x51,8 cm
Sammlung der Künstlerin
Micheiangeio Pistoietto
Globe (Globus), 1966-68
Papiermache, Eisenkäfig
Durchmesser Eisenkäfig: 180 cm; Papier 100 cm
Sammlung Lia Rumma
Globe (Globus), 1966-68
Photodokumentation des Objekts im Gebrauch
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Sphäre from Newspapers (Globus aus
Zeitungspapier), 1968
Aus »I have a Mirror, You Have a Mirror«, Video von
Gianfranco Barbari und Marco di Castri, 1988
Dokumentation (Ausschnitt)
28 min., 16 mm Film
Sammlung des Künstlers
Jackson Pollock
Number 1, 1949
Email- und Aluminiumfarbe auf Leinwand
160x259,1 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Rita and Taft Schreiber Collection
Schenkung von Rita Schreiber, im Andenken an ihren
Ehemann Taft Schreiber
Jackson Pollock painting # 27 (Jackson Pollock malt
Nr. 27), 1950
Ein Film von Ffans Namuth
7 min., 16 mm s/w Film, stumm
Courtesy Peter Namuth
William Pope L.
Crawi Piece (Kriech-Objekt), 1978
Dokumentation der Performance (Farbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Photographie: Jim Pruznick
Roach Motel Black (Schwarzes Kakerlaken Motel),
1978
Dokumentation der Performance
(2 Farbphotographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Photographie: Jim Pruznick
Thunderbird Immolation (Die Opferung des
Donnervogels), 1978
Dokumentation der Performance (Farbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Photographie: Jim Pruznick
Robert Rauschenberg
Trophy III (For Jean Jlnguely) / Trophäe III (Für Jean
Tinguely), 1961
Kombinationsbild
243,8x167 cm
The Museum of Contemporary Art, Los Angeles
The Panza Collection
Pelican, 1963
Aus dem unveröffentlichten Film »Mostly about
Rauschenberg“ (Ausschnitt)
28 min., 16 mm s/w Film, stumm
Sammlung des Künstlers
Robert Rauschenberg (mit John Cage)
Automobile Tire Print (Autoreifenabdruck), 1953
Tusche auf Papier auf Stoff befesfigt (monoprint)
41,9x671,8 cm
Sammlung des Künstlers
Carlyle Reedy
Living Human Sculpture (Lebende menschliche
Skulptur), 1972
Dokumentation der Performance (Diaserie)
Courtesy Carlyle Reedy
Klaus Rinke
Zeitpunktueller Standortwechsel Kassel Documenta,
1972
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
242x126 cm
Sammlung Barry Friedman; Courtesy Galerie Rudolf
Kicken, Köln
Dieter Roth
The Otivetti-Yamaha-Grundig-Combo, 1965/1983
Mischtechnik
200x170x120 cm
Sammlung Onnasch
Zorka Säglovä
Hay-Straw (Heu-Stroh), 1969
Dokumentation der Performance
(10 s/w Photographien)
je 25,4x25,4 cm
Sammlung der Künstlerin
Niki de Saint Phalle
Tir de l’Ambassade Americaine (Schuß der
amerikanischen Botschaft), 20. Juni 1961
Holz, verschiedene Objekte, Stuck, Farbe
245x66x22 cm
Sammlung der Künstlerin
Tir de Robert Rauschenberg (Schuß von
Robert Rauschenberg), 20. Juni 1961
Holz, verschiedene Objekte, Farbe
188x55x36 cm
Sammlung der Künstlerin
Hommage an David Tudor, 20. Juni 1961
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Niki de Saint Phalle
Photographie: Harry Shunk
Schuß Event, Malibu, 1962
Dokumentation der Performance (Farbphotographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Photographie: William Claxton
Alfons Schilling
Ohne Titel (Rotationsbild), 1962
Dispersion auf Leinwand
Durchmesser: 214 cm
Sammlung des Künstlers
342
Ohne Titel (Rotationsbild), 1962
Dispersion auf Leinwand
Durchmesser: 214 cm
Sammiung des Künstlers
Cosmos Action Painting. Desperate motion (Kosmos-
Aktions-Malerei. Hoffnungsiose Bewegung), 1962
Dokumentation (Ausschnitt)
12 min., 16 mm s/w Film, stumm
Sammlung des Künstlers
Carolee Schneemann
Eye Body (Augenkörper), 1963
Dokumentation der Installation (27 s/w Photographien)
je 28,6x36,2 cm
Sammlung der Künstlerin
Eye Body/Four Für Cutting Boards Installation
(Augenkörper/Installation von vier Pelz-Schnitt-Tafeln),
1963
Misohtechnik
Sammlung der Künstlerin
Meat Joy (Fleischfreude), 1964
Video (Sequenz von Standphotos)
Sammlung der Künstlerin
Tornas Schmit
Cycle for Water Buckets (or Bottles), 1963
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Dorine van der Klei
Rudolf Schwarzkogler
3. Aktion, 1965
Dokumentation der Aktion (3 s/w Photographien)
20x15 cm
Privatsammlung
3. Aktion, 1965
Dokumentation der Aktion (2 s/w Photographien)
20x15 cm
Sammlung Shashi Caudill und Alan Cravitz
Ohne Titel (Sigmund Freud-Bild), ca. 1965
Mischtechnik auf Flolz
107,4x53,2 cm
Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien
7 Zeichnungen, 1965-68
Nr. 4, 9, 11,12, 53, 74,101
Mischtechnik, Tinte, Filzstift, Bleistift, Papier
4: 21 x14,5 cm; 9,101: 29,7x21 cm;
11, 12: 21 x30 cm; 53, 74: 21 x29,7 cm
Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien
Mappe der 6. Aktion, 1966 (Abzüge 1972)
Dokumentation der Aktion (14 s/w Photographien)
39 X 39 cm
Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien
Bonnie Sherk
Original proposal for “Portable Parks l-lll«
(Original Vorschlag für »Tragbare Parks l-lll«), 1970
6 Blätter grünes Konstruktionspapier, Text, Collage
68,9x77,8 cm
Sammlung des Künstlers
Public Lunch (Öffentliches Mittagessen), 1971
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Photographie: Vicente Saval
Public Lunch (Öffentliches Mittagessen), 1971
Dokumentation der Performance
8 min., s/w Video
Sammlung der Künstlerin
Bonnie Sherk (mit Howard Levine]
Portable Parks l-lll (Tragbare Parks l-lll), Juni 1970
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Portable Park l-lll (Tragbare Parks l-lll), 1970
Dokumentation der Performance(Ausschnitt)
8 min., s/w Video
Courtesy Bonnie Sherk
Shözö Shimamoto
Werk (Sakuhin),t952
Farbe und Zeitung
162x131 cm
Flyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe;
Yamamura Collection
Werk (Löcher) / Sakuhin, ca. 1950
Farbe und Bleistift auf Zeitungspapier
194,9x131,4 cm
Museum of Contemporary Art, Tokio
Bild, das durch das Schleudern von Farbfläschchen
entsteht, 1956/16. 06.1998
Leinwand, Glasflaschen, Farbe
5x8 m
Courtesy Shözö Shimamoto
Der Künstler malt ein Bild, indem er Farbfläschchen
schleudert, 1956
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
The Ashiya City Museum of Art & History
Werk (Sakuhin), 1961
Mischtechnik
257,1 X 194,9 cm
Flyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
Ushio Shinohara
Box-Mal-Aktion, ca. 1960-62/16. 06. 1998
Leinwand, Farbe, Flolzrahmenkonstruktion
10x2 m
Courtesy Ushio Shinohara
Box-Mal-Aktion, ca. 1960-62
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Ushio Shinohara
Box-Mal-Aktion, 1960 - 62
Dokumentation (Ausschnitt)
30 min., Video
Courtesy Ushio Shinohara
Kazuo Shiraga
Werk I (Sakuhin I), September 1954
Öl auf Papier
112x77,5 cm
Flyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
Kämpfen mit Schiamm (Doru ni idomu), 1955
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
The Ashiya City Museum of Art & History
Werk BB21 (Sakuhin BB21), 1956
Öl, Papier und Leinwand
183x243 cm
Galerie Georg Nothelfer, Berlin
Werk II (Sakuhin II), 1958
Öl auf Papier
183x243 cm
Hyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
Kotei, 1963
Öl auf Leinwand
273x212,5 cm
Hyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
Yamamura Collection
Barbara T. Smith
Ritual Meal (Rituelles Mal), 1968
Dokumentation (Ausschnitt)
12 min., 16 mm Film
Sammlung der Künstlerin
Feed Me (Füttere mich), 1973
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung der Künstlerin
Daniel Spoerri
Le Heu de repos de la famille Delbeck
(Der Erholungsort der Familie Delbeck), 1960
Mischtechnik
73x73x 19,5 cm
Sammlung Daniel Varenne, Genf
Le coin du restaurant Spoerri (Die Ecke des
Restaurant Spoerri), ca. 1966-68
Dokumentation der Installation (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Courtesy Bibliotheque Nationale Suisse, Berne
Le coin du restaurant Spoerri
(Die Ecke des Restaurant Spoerri), ca. 1968
Mischtechnik
270x300x150 cm
Fondazione Mudima
Steiarc
Event for Lateral Suspension (Event für eine seitliche
Aufhängung), 12. März 1978
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Petr Stembera
Aufpfropfen, 1975
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Woifgang Stoerchie
Jumping off Ladder through Layers
(Von einer Leiter durch Schichten springen), 1970
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Privatsammlung
Ohne Vtel, 1972
Dokumentation (Ausschnitt)
10 min,, Video
Courtesy Allan Kaprow
343
Jirö Takamatsu
Schnur: Schwarz Nr.1 (Himo: Kura No. 1), 1962
Objekte mit Stoff und Seilen verpackt
300 cm
Toyota Municipal Museum of Art
Die Schnur in der Flasche, 1963/1998
Flasche und Schnur
Courtesy Jirö Takamatsu und Akira Ikeda Gallery.
Tokio
Die Tausendmeterschnur, 1963
Dokumentation des Objekts im Gebrauch
(s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung Genpei Akasegawa
Atsuko Tanaka
Zeichnung für ^‘Elektrisches Kleid« (Denkifuku), 1956
Kreide auf Papier
110 X 77 cm
Sammlung der Künstlerin
Zeichnungen für »Elektrisches Kleid« (Denkifuku), 1956
15 Zeichnungen, Kreide auf Papier
110x77 cm
Hyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
Elektrisches Kleid (Denkifuku), 1956/1985
Bemalte Glühbirnen, elektrische Leitungen und Timer
165 x 100 cm
Takamatsu City Museum of Art
Elektrisches Kleid (Denkifuku), 1956
Dokumentation des Objekts im Gebrauch
(s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
The Ashiya City Museum of Art & History
Mark TKompson
Immersion Film (Versenkungs-Film), 1973-76
Dokumentation (Ausschnitt)
Sammlung des Künstlers
Live-In Hive (Wohnbienenstock), 1976
Holz, Glas, Netzwerk, Holzstuhl, Glasflaschen,
Drahtröhren
157,5x55,9x66 cm
Sammlung des Künstlers
Live-In Hive (Wohnbienenstock), 1976
Dokumentation des Objekts im Gebrauch
(3 Farbphotographien)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Jean Tinguely
Meta-matic No. 12 (Le grand Charles), 1959
Mischtechnik, Flußstahl, Holz, Elektrogeräte
215,9x144,8x61 cm
Sammlung Phyllis Lambert
Les Escarpins (Pumps), 1960
Metallblech, Eisensockel, Draht, Kinderturnschuhe,
eiektrischer Motor
130x130 cm
Sammlung Niki de Saint Phalle
Study for the End of the World (Studie für das Ende
der Welt), 1962
Aus »David Brinkley’s Journal« (Ausschnitt)
21 min., 16 mm Film
Courtesy Jean Tinguely
Rasa Todosijevic
Wassertrinken - Inversionen, Imitationen und
Kontraste, 1974
Dokumentation der Performance
(1 s/w, 1 Farbphotographie)
je 30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Kerry IVengove
An Eight-Day Passage (Ein achttägiger Durchbruch),
1977
Dokumentation der Performance
(2 s/w Photographien)
je 30,5x40,6 cm
Courtesy Alison Radovanovic und Estate of Kerry
Trengove
Ulay
Tatoo/Transplant (Tatoo/Transplantat), 1972
Dokumentation (6 s/w Photographien)
je 20x25 cm
Sammlung des Künstlers
Fototot, 1976
Dokumentation des Events (5 s/w Photographien)
je 27,3x34,8 cm
Sammlung des Künstlers
Fototot, 1976
Dokumentation der Performance
(3 s/w Photographien)
je 27,3x35 cm
Sammiung des Künstiers
Correspondence to the Situation - There is a Criminal
touch to Art (Beiträge zur Situation - Kunst hat eine
kriminelleNote), 1976
Dokumentation der Performance
(6 s/w Photographien)
41,3x51,4 cm
Sammlung des Künstlers
Der Erste Akt (...da Ist eine kriminelle Berührung in der
Kunst), Eine Aktion, 1976
Dokumentation der Performance (Ausschnitt)
20 min., 16 mm Film
Sammlung des Künstlers
Ben Vautier
Tout est art (Alles ist Kunst), 1962
3 s/w Photographien
31,4x38,7 cm
Sammlung des Künstlers
Certificat de Sculpture Vivante (Zertifikat für eine
lebende Skulptur), 1959-62
Text und 14 s/w Photographien
38,7x31,8 cm
Sammlung des Künstlers
Certificat de Sculpture Vivante pourAguigui (Zertifikat
für eine lebende Skulptur für Aguigui), n. d.
Zwei handgeschriebene Zertifikate
35,6x27,5 cm
Sammlung des Künstlers
Certificat de Sculpture Vivante pour Jean Claude
Orsatti (Zertifikat für eine lebende Skulptur für Jean
Claude Orsatti), 1959
Handgeschriebenes Zertifikat
38,7x31,8 cm
Sammlung des Künstlers
Certificat de Sculpture Vivante pour Jean Claude
Orsatti (Zertifikat für eine lebende Skulptur für Jean
Claude Orsatti), 1961
Original Photokopie, Unikat
38,7x31,4 cm
Sammlung des Künstlers
Certificat de Sculpture Vivante pour Melidonian
(Zertifikat für eine lebende Skulptur für Melidonian),
1961
Text und s/w Photographie
31 x38 om
Sammlung des Künstlers
Certificat de Sculpture Vivante pour Alice Heyligers
(Zertifikat für eine lebende Skulptur für Alice Heyligers),
1962
Original Photokopie, Unikat
38,7x31,8 cm
Sammlung des Künstlers
Certificat de Sculpture Vivante pour Hochman
(Zertifikat für eine lebende Skulptur für Hochman),
1963
Handgeschriebenes Zertifikat
31,4x38,7 cm
Sammlung des Künstlers
Ben Vautier Signing Certificates, Nice (Ben Vautier,
Zertifikate unterzeichnend, Nizza), 1963
Dokumentation des Events (Photographie)
31,4x30,8 cm
Courtesy Gilbert and Lila Silverman Fluxus Collection
Foundation
Death (Tod), 1960
Text und Photodokumentation
38,7x31,8 cm
Sammlung des Künstlers
Death - Signery (Tod - Zeichensystem), 1960
2 Zeitungsausschnitte, 1 Typoskript
38,7x31,8 cm
Sammlung des Künstlers
Gallery One, 1962
Photodokumentation
38,1 x31,8 cm
Sammlung des Künstlers
Part of All (Teil des Ganzen), 1962
Photodokumentation der Performance
39,7x35,6 cm
Sammlung des Künstlers
Vomit (Erbrochenes), 1962
Photodokumentation
39,4x31,4 cm
Sammlung des Künstlers
Death by Ben (Tod von Ben), 1963
Handgeschriebener Text
38,7x31,8 cm
Sammlung des Künstlers
Wolf Vostell
Zeichnung von »9-Nein-de-coll/ägen«, 1963
Zeichnung, Collage auf Karton
70x100 cm
Nachlaß des Künstlers
130 ä Theure, from # 9 Nein-de-coll/ägen, 1963
Dokumentation einer Neuaufführung,
gefilmt von Tina Bastajian, 1998
3 min., 16 mm Film, stumm
Courtesy Tina Bastajian
344
You (Du), 1964
Dokumentation
3 min., 16 mm Film, stumm
Nachlaß Wolf Vostell
Franz Erhard Walther
1. Werksatz, 1963-69
Leinwand, Schaumgummi, Flolz, Plastik, Nesseltuch,
Schur, Samt und Leder
Courtesy John Weber Gallery, New York
Zeichnungen für»1. Werksatz«, 1963-69
15 Zeichnungen, Mischtechnik
51,4x42,5 cm
Courtesy John Weber Gallery, New York
1. Werksatz #9, For Hills and Mountains
(1. Werksatz Nr. 9, Für Flügel und Berge), 1965
Neuniszenierung einer Aktion
5 min., Video
Courtesy Aura Art Film
Peter Weibel
Media Lung (Medienlunge), 1968
Rehhaut
60x80 cm
Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum
Space ofLanguage (Sprachraum), 1973
Dokumentation der Performance
(1 s/w, 1 Farbphotographie)
60x80 cm
Sammlung des Künstlers
Scar Poems, Object (Narbengedichte, Objekt), 1970
Tierhaut
18x24 cm
Sammlung des Künstlers
Franz West
Kombination von neuen „Paßstücken“, 1970er/1998
Epoxi, Metall
91,4x31,8 cm und 91,4x40,6 cm
Courtesy David Zwirner Gallery, New York
Arbeitsstudie im Aktionismusgeschmack, 1974-77
Bleistift, Filzstift, Klebstreifen auf Papier
21 x29,7 cm
Courtesy David Zwirner Gallery, New York
Werkblatt im Aktionismusgeschmack, 1974-77
Bleistift, Filzstift, Fahrschein auf Papier
21 x29,7 cm
Courtesy David Zwirner Gallery, New York
Zeichnung für Paßstück Nr. 2,1974/77
Bleistift und Farbstift auf Papier
21 x15 cm
Sammlung Julius Hummel
Modell mit Paßstück, 1978-79
s/w Photographie
30,5x40,6 cm
Sammlung Julius Hummel
Video mit Verwendungstips, 1996
Die Paßstückgruppe in Aktion
7 min., Film
Sammlung des Künstlers
John White
Conceptuai Striptease (Konzeptueller Striptease), 1971
Dokumentation der Performance (s/w Photographie)
30,5x40,6 cm
Sammlung des Künstlers
Hannah Wilke
Gestures (Gesten), 1974-77
Video einer Performance (Ausschnitt)
32 min., s/w Video, stumm
Courtesy Electronic Arts Intermix
S. O. S. - Starification Object Series
(S. O. S. Starerzeugungs-Objekt-Serie), 1974-82
10 s/w Photographien, 15 Chewing Pieces
103x147,5x10 cm
Courtesy Ronald Feldman Fine Arts, Inc.
Emmett Williams
Alphabet Symphony (Alphabet Symphonie), 1963
Dokumentation der Performance (26 s/w
Photographien)
Archiv Sohm, Staatsgalerie Stuttgart
zai
»J’aimerais jouer avec un piano qui aurait une grande
queu: Hidalgo - Marchetti« (»Ich würde gerne mit
einem Klavier spielen, das einen großen Schwanz
hätte: Hidalgo - Marchetti«), 1976
Dokumentation (Ausschnitt)
16 mm Film
Courtesy Museo National Centro de Arte Reina Sofia
Un Extrano Concierto (Ein eigenartiges Konzert)
Event mit Hochtonmusik
16 mm Film
Courtesy Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia
Paßstück, 1978-79
Gips, Dispersion und Draht
60x65x50 cm
Sammlung Julius Hummel
Paßstück Nr. 4, 1978-79
Gips, Dispersion und Draht
36x35x30 cm
Sammlung Julius Hummel
Paßstück Nr. 5,1978-79
Gips, Dispersion und Draht
22 X 49 X 30 cm
Sammlung Julius Hummel
345
Bibliographie - Allgemein
Bücher und Kataloge
About time: Video, Performance and Instailation by
21 \Momen Artists, Ausst.-Kat., London, Institute of
Contemporary Arts, 1980
Action/Performance and the Photograph, Ausst.-Kat.,
Los Angeles, Turner/Krull Galleries, 1993
ADA: Aktionen der Avantgarde, Beriin, 1973,
Ausst.-Kat., Berlin, Neuer Berliner Kunstverein in
Zusammenarbeit mit DAAD und den Berliner
Festspielen, 1973
Genpei Akasegawa, Imaya akushon aru nomi! Yomiuri
andepandan tu iu gensho (Nur die Aktion zählt! Das
»Yomiuri lndependant«-Phänomen), Tokio, Chikuma
Shobo,1985
Genpei Akasegawa, Tokyo mikisä keikaku: Hai reddo
sentä chokusetsu ködö no kiroku (Tokio Mixer Pläne:
Dokumente der Direkaktionen des Hi Red Center),
Tokio, PARCO Co., 1984
Aktionen, Vernissagen, Personen: Die Rheinische
Kunstszene der 50er und 60er. Eine Fotodokumen -
tation von Manfred Leve, Ausst.-Kat., Nürnberg,
Institut für Moderne Kunst in Zusammenarbeit mit
Köln, Rheinland-Verlag, 1982
Edith Almhofer, Performance Art: Die Kunst zu Leben,
Wien, Böhlau, 1986
Elizabeth Armstrong und Joan Rothfuss, Hrsg., In the
Spirit of Fluxus, Ausst.-Kat., Minneapolis, Walker Art
Center, 1993
Richard Armstrong und Richard Marshall, Hrsg., The
New Sculpture 1965-1975: Between Geometry and
Gesture, Ausst.-Kat., New York, The Whitney Museum
of American Art, 1990
L’art au corps: Le corps expose de Man Ray ä nos
jours, Ausst.-Kat., Marseille, MAC, Galeries contempo-
raines des Musees de Marseille, 1996
The Art of Performance, Ausst.-Kat., Venedig, Palazzo
Grassi, 1979
Arte Italiana 1960-1982, Ausst.-Kat., London,
Arts Council of Great Britain in Zusammenarbeit mit
Mailand, Gruppe Editoriale Electa, 1982
The Ashiya City Museum of Art and History, Hrsg.,
Gutai shiryo-shu / Document Gutai 1954-1972, Ausst.-
Kat., Ashiya, Ashiya City Culture Foundation, 1993
Walter Aue, Hrsg., Projekte, Concepte & Actionen,
Köln, M. DuMont Schauberg, 1971
Philip Ausländer, Presence and Resistance:
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Michigan Press, 1992
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mit Mura Aureliane da Porta Metronia a Porta Latina,
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Performance: A Criticai Anthology, New York, E. P.
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Jürgen Becker und Wolf Vostell, Hrsg., Happenings,
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346
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Peter Gorsen, »Der spielbar gemachte Alltag oder die
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Bruce Nauman
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Paul Neagu
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Joshua Neustein
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Orlan
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Lygia Pape
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Giuseppe Pinot Gallizio
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Adrian Piper
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Dieter Roth
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Zorka Säglovä 1965-1992, Ausst.-Kat., Brünn, Düm
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Im Gespräch mit Alfons Schilling«, in: Falter (Wien), 20,
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Alfons Schilling: Binoculare Zeichnungen,
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Tornas Schmit
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Rudolf Schwarzkogler
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Schwarzkogler: Leben und Werk, Wien, Museum
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Hubert Klocker, »Rudolf Schwarzkogler: Action
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Rudolf Schwaakogler, Ausst.-Kat., Innsbruck,
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»Rudolf Schwarzkogler«, in: documenta 5, Ausst.-Kat.,
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Rudolf Schwarzkogler 1940-1969, Ausst.-Kat., Wien,
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Bonnie Sherk
Linda Burnham, »Between the Diaspora and the
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Alec Lambie, »Things are Not as They Seem<s in:
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Moira Roth, »Toward a History of California
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Jerome Tarshis, »Portable Park Project 1-3«, in:
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(Meine Bilder, die ich selbst nicht kenne), Nishinomiya,
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Shözö Shimamoto Networking, Nishinomiya, Art
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Ushlo Shinohara
Shinohara, Ausst.-Kat., New York, Japan House
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Kazuo Shiraga, »Ködö no yaju« (Aktionsbiest), in:
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Shiraga Kazuo no sekai-ten (Die Welt des Kazuo
Shiraga), Ausst.-Kat., Kyoto, Gallery Be-Art, 1985
Shiraga Kazuo-ten / Kazuo Shiraga, Ausst.-Kat.,
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Ugoki to koi no kiseki: Shiraga Kazuo, 1960-ten (Be -
wegung und Aktion: Kazuo Shiraga, 1960),
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Barbara T. Smith
Ruth Askey, »Meal Time Catharsis«, in: Artweek
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Peter Clothier, »Barbara Smith in Search of Identity«,
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Barbara T. Smith, »Birthdaze«, in: High Performance
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Daniel Spoerri
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Ausst.-Kat,, Paris, Musee national d’art moderne,
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Petr Stembera
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Roland Miller, »The Curtain Rises II«, in: Variant
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Wolfgang Stoerchle
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Jirö Takamatsu
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Nr. 14: Jirö Takamatsu), in: Mizue, 793, Februar 1971),
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Takamatsu Jirö-ten (Jirö Takamatsu-Ausstellung),
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Arata Tani, »Seido-ron, sono go 1: Takamatsu Jirö -
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Institution«, TI. 1: Jirö Takamatsus Herkunft - oder zur
Struktur des Ausdrucks), in: Bijutsu Techö, 375,
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Atsuko Tanaka
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Tanaka Atsuko 1960: Ten to sen no uzumaki (Atsuko
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Mark Thompson
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360
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Marchetti«, in: Flash Art (Mailand), 44-45, April 1974
361
Index
Fett gedruckte Seitenzahlen weisen auf Abbildungen
hin.
Marina Abramovic 77, 91, 94, 99, 100-101/101,
102-103, 107, 231, 233, 263, 306
Vito Acconci 77, 83, 91-92/92, 98, 107, 163,
175, 239/239, 241, 246, 263, 286
Friedrich Achleitner 169
Edith Adam 293
Theodor Adorno 195,233
Genpei Akasegawa 77-78, 142, 145, 151 /151,
153-155
Aktual-Gruppe 299
Josef Albers 164
Nikita Alekseev 167
Alighiero e Boetti 53
Bernadette Allein 36
Colette Allendy 36
Mario Amaya 275
Troes Andersen 80
Laurie Anderson 245-247
Carl Andre 163
Animais 281
Eleanor Antln 246
Rasheed Araeen 201, 221, 223/223, 311
Shusaku Arakawa 139-141, 150, 154
Neil Armstrong 110
Elans Arp 164
Antonin Artaud 164-165, 168, 170, 271
ArtePovera 21,46-53,146,165,229
H.C. Artmann 169,183
Roy Ascott 275
John Ashbury 43
J. L. Austin 247
Avanzada-Bewegung 201
Gaston Bachelard 321
Francis Bacon 55
Mowry Baden 92, 93
Enrico Baj 250, 252, 274
M. M. Bakhtin 231
Joseph Bakstejn 167
Flugo Ball 51
Mary Barnes 275
Alfred Barr 161,273
Artur Barrio 201,217/217
Roland Barthes 247, 290
Ricardo Basbaum 206
Georges Bataille 254
Georgette Battle 317
Jean Baudrillard 247
Mary Bauermeister 72
Konrad Bayer 169-170
Anne Bean 221
Liza Bear 246
Simone de Beauvoir 252, 256, 270
Max Beckmann 164
Bee Gees 241
Dick Bellamy 68
Lynda Benglis 254, 255-256
Jerzy Beres 84, 310, 311
Alban Berg 168
Joseph Berke 274-275
Michele Bernstein 250
Josephs Beuys 31, 75, 80,81-82, 83-84,114,
165, 168, 170, 185, 188, 190/190-193, 277-278
Maurice Blanchot 252
Rene Block 83
Anna und Bernhard Blume 192
Body art 36, 157, 216, 246-247, 286, 309, 322
Bokujinkai 122
Bokubi 122-123
Christian Boltanski 66
Sandro Botticelli 272, 280
Pierre Bourdieu 247
David Bowie 263
Mark Boyle 279-280, 280-281, 329-330
Stan Brakhage 271
Constantin Brancusi 225
Victor Brauner 253
George Brecht 58, 70, 71, 75, 80, 231, 277, 301
Alexander Brener 166-167
Jimmy Breslin 317
Andre Breton 252-254
Stuart Brisley 27, 201, 219, 221-222/222, 223
Ronaldo Brito 218
Joseph Brodsky 165
James Brown 265
Günter Brus 84, 175-176, 178-179,
183/183-184/184,185, 188, 190, 244, 263, 274,
290
Benjamin Buchloh 250
Erik Bulatov 166-167
Chris Bürden 36, 77, 83, 91-92, 94/94-98, 97-99,
101, 107, 163, 175, 286, 306
Linda Burnham 243
Paul Burwell 201,221
James Lee Byars 44, 53, 56, 57-58, 101
John Cage 18, 21 -22/22, 25, 27, 35, 39, 43,
44, 58-59, 61, 63, 69, 71-72, 75, 77, 80, 88,
99,101,234, 317
Alexander Calder 273
Pier Paolo Calzolari 53
Elias Canetti 169
Rudolf Carnap 168
Nicolae Ceaugescu 310
Michel de Certeau 246-247
Paul Cezanne 297
Judy Chicago 260, 266
Flenri Chopin 274
Flenning Christiansen 191
Christo 198,211,310
Peter Christopherson 270
Heinz Cibulka 293
Lygia Clark 58, 196, 198, 199, 201, 203-204/204,
205-206/206, 216-217, 225
Jimmy Cliffs 264
Bob Cobbing 275
Andrei Codrescu 310
PInchas Cohen Gan 283, 284-285
Colourfield-Malerei 163
Conceptual art 248
Erwin Corey 114
Philip Corner 233-234
Alexandra Cornilescu 310
Rosangela da Costa Motta 208
Paul Cotton 109/109-110/110, 113
COUM Transmissions (Cosey Fanni Tutti) 268-269,
270-271
Kenneth Cox 44
Cream 281
Roberto Crippa 252
Merce Cunningham 21, 44, 46, 90
Dada, -isten 72, 121, 126, 138, 165, 234, 253, 255
Salvador Dali 31,288
Ivor Davies 274
James Dean 299
Guy Debord 250, 252
Jacques Derrida 247, 266
Robert Descharnes 287
Destruction in Art Symposium (DIAS) 17, 57, 77,
273-275, 278-281,299
Barbara Dilley 108
Jim Dine 57-58, 63, 64-65, 66, 329
Frederick Douglass 266
Gianni Dovam 252
E. B. DuBois 266
Jean Dubuffet 66
Marcel Duchamp 55, 80, 165, 218, 234, 253, 255,
273
John Duncan 240,241,243-245
Dutch Provos 274, 299
Virginia Dwan 40
Mary Beth Edelson 246
Sogen Eguchi 122
Electric Light Orchestra 246
Ehrling Eng 274
Rose English 222
Werner Erhärt 246
Max Ernst 146-147, 164
Errö 252,295
Roberto Evangelista 218/218
Existentialismus 17
Valie Export 107,156, 169, 172, 175, 183, 192,
246, 250, 258, 266-267, 269
Abstrakte Expressionisten, -mus 17-18, 25, 55,
58, 88, 133, 149, 154, 161-164, 170, 289
Gestischer Expressionismus 164
Paul Falkenberg 283
The Farm (Crossroads Community) 319, 321
Lawrence Ferlinghetti 255
Karen Finley 297
Rose Finn-Kelcey 221, 223-224, 224-225
Allan Fish 256
Barry Flanagan 84,201,227
Dan Flavin 163
Sherman Fleming 264/264-266
Vilem Flusser 160, 163, 170, 176, 195
Fluxus 18, 21, 24, 47, 69-88, 142, 157, 167, 184, 188,
191, 228-229, 255, 275, 277-279, 299, 315, 317
Bill Fontana 233-234
Lucio Fontana 18, 22, 23, 24-25, 28, 36, 46, 91,
133, 198/198, 200-201
Simone Forti 88
Michel Foucault 247
TerryFox 109, 110/110-111/111, 113,238-239,306
Sam Francis 162
Robert Frank 110-111
Siegmund Freud 84,168
Howard Fried 109,112-113/113
Michael Fried 154,163-164,234
Futurismus (russischer) 165
362
Jorge Gamarra 210
Bow Gamelan 221
Cheri Gaulke 266
Gideon Gechtman 322/322-323, 324
Genbi Contemporary Art Council 122
Gilbert & George 201, 220-221/221, 246, 263
Valerij Gerlovin und Rimma Gerlovina 166,167
Richard Gerstl 168-169
Jochen Gerz 192-193, 194
Andrei Gheorghius 308
John Gibson 108
Caroi Gilligan 321
TinaGirouard 108
Kurt Gödel 168
Robert Godet 33
RoseLee Goldberg 61
Rübe Goldberg 273
Ann Goldstein 114
Caroi Goodden 108
Robert Goodnough 20
Arshlle Gorky 161
Zbigniew Gostomski 311
Dan Graham 163
Alberto Greco 200, 201/201-202, 211
Alan Greenberg 161, 163
Clement Greenberg 57, 129, 154, 227
Ted Greenwald 108
Cllve Gregory 53
Ion Grigorescu 308-309/308-309, 310
Victor Grippo 201, 210, 211
Red Grooms 58, 62, 63, 84
George Grosz 164
Boris Groys 166-168
Guerrilla Art Action Group (GAAG) 238/238
Philip Guston 162
Gutai-Gruppe 17-18, 21, 25-31, 33, 35-36, 49,
57-58, 63, 75, 84, 94, 103, 107, 121-139,
145-150, 153-157, 237-238, 288
Gutai (Zeitschrift) 27, 122 -123, 131, 133, 146
Gutai Art Exhibitions 24, 28, 31, 124, 126,
129, 138, 147, 154, 155
Gutai Art Manifeste 145-146,237
Gutai On-Stage Art Exhibition 25,131
Gutai Outdoor Exhibitions 57, 123-124, 126,
129, 131, 145-146, 148, 150
Ann Halprin 88, 109
David Mammons 27
AI Hansen 58, 77, 84, 238, 274, 312, 314, 315, 317
Suzanne Harris 108
Jane Harrison 202
Hans Hartung 164,287
Mona Hatoum 221
G. W. F. Hegel 255
Michael Heizer 163
Mel Henderson 256
Jon Hendricks 238
Jimi Hendrix 281
John Henry 265
Paul Herkenhoff 208
Lynn Hershman 259-260
Dick Higgins 58, 66. 233
Tatsumi Hijikata 78,141-142/142
Susan Miller 201-202/202, 214, 215/215-216/216,
221, 225
Joan Hills 279-280/280-281
Hi Red Center 77-78, 142,144-145/145,151, 153,
155/155, 157
Ludtwig Hoffenreich 293
Abbie Hoffman 238
Hans Hoffmann 59
Michael Holquist 231
Rebecca Horn 98,106, 107
Dom Sylvester Houedard 275
Anthony Howell 201
Tehching Hsieh 83, 84, 259
Robert Hughes 290
Pontus Hülfen 39, 72
David Hume 259
Informel 25, 31, 46, 51, 84, 126, 131-133,
139, 147,164
Yuichi Inoue 122
Eugene lonesco 78
Toshi Ishiyangai 77
Arata Isozaki 155
Mary Jane Jacob 108
MickJagger 263
Arthur Janov 244-245
Japanische Aktionskunst 138,145
Johannes Paul II (Stefan Wyszynski) 311
Jasper Johns 21, 39/39, 44, 46, 162
Joan Jonas 246
Amelia Jones 286
Asger Jorn (COBRA) 146, 250
Alain Jouffroy 252
Michel Journiac 263
James Joyce 57
Donald Judd 163
C. G. Jung 84
Ilya Kabakov 166-168
Franz Kafka 168-169
Fumio Kamei 31
Akira Kanayama 26, 27, 57, 101, 123, 126/126,
130, 131, 132,134, 146
Wassily Kandinsky 255
Immanuel Kant 258
Tadeusz Kantor 310-311/311
Allan Kaprow 8, 19-20, 25, 58/58-59/59, 60-61/61,
63, 66, 72, 78, 80, 103, 126,139, 148-149, 162,
211, 233-234, 248, 281-283, 286, 310, 315
Yoshihiro Kato 141
On Kawara 153
Ronald Kay 201
Takumi Kazekura 140, 142, 154
Tina Keane 221
MikeKelley 114,116-117/117,118
Kenneth Kemble 274
Jack Kerouac 110
Ed Kienholz 40
Martin Luther King 238, 265
Ronald B. Kitaj 55
Georgij Kizeval’ter 167
Jürgen Klauke 262-263/263, 264
Paul Klee 164,197
Yves Klein 21, 25, 27, 31, 32, 33, 34, 35/35-36,
37, 46, 71, 91, 103, 188, 200, 201-203, 237-238,
255, 286, 289, 293
Gustav Klimt 168
EranzKline 18,133,162
Ute Klophaus 80
Billy Klüver 44
Milan Knizäk 58, 274, 298-299/299, 300-301/301
Alison Knowles 232, 233-234
Sonia Knox 221
Anita Kohsen 53
Nobuaki Kojima 154
Oskar Kokoschka 84, 169
Gruppe »Kollektive Aktionen» 167/167-168,
190, 192
Willem de Kooning 107,150,162
Jeff Koons 31
Takehisa Kosugi 140-141
Attila Kotanyi 250
Jannis Kounellis 49,50-51/51,53
Marinella Kozelj 306
Edward Krasinski 311
Dmitrij Krasnopeveev 166
Karl Kraus 169
Rosalind E. Krauss 145,250
Zygmunt Krauze 311
Kurt Kren 274
Donald Krieger 114
Shigeko Kubota 157, 278-279/279
Tetsumi Kudö 139, 141/141, 150, 154, 253
Raiji Kuroda 150,155
Yayoi Kusama 58,152,154,260
Kyushu-ha 140
Leslie Labowitz 260, 261
Jacques Lacan 266
Suzanne Lacy 260,261,266
Miede Laderman Ukele 260
R. D. Laing 274
Milena Lamarovä 302
Maria Lassnig 169
John Latham 52-53/53, 54, 55, 57, 84, 201,
226, 227-229, 274
Jean-Jacques Lebel 251-252, 252-255, 274
Robert Lebel 253
John Lennon 77, 245
Leonardo da Vinci 234, 272 -273
Carlos Leppe 218-219,222
Barry Le Va 21
Howard Levine 321
Kate Linker 92
Lucy Lippard 234, 266
Literalisten 163-164
Anna Lockwood 274
Richard Long 201
Jorge Lopez Anaya 274
Morris Louis 163
Lea Lublin 198,200-201,210/210
Urs Lüfhi 263
Jean-Frangois Lyotard 247
Douglas MacArthur 27
Jan und Vit Mach 299
George Maciunas 71,80,275,277
Alastair MacLennan 221
Jackson Mac Low 58,
Gustav Mahler 168
Malcolm X. 265
Leopolde Maler 200-201, 210-211/211
Kasimir Malewitsch 161, 166-167, 204, 273
Nelson Mandela 313
Antonio Manuel 201,207
Piero Manzoni 28, 44, 46/46-47/47, 48, 49,
57, 71, 78, 101, 188, 201, 203
363
Gabriel Marcel 304
Herbert Marcuse 254
Walter de Maria 222
Tom Marion! 113-114,114-115, 255, 259, 306
Timothy Martin 114,117
Gerry Marx 317
Karl Marx 255
Kinpei Masuzawa 141, 156
Yutaka Masuzawa 139
Georges Mathieu 30, 31, 33, 35, 44, 63, 83, 132,
133, 146-147, 149, 165, 287-290, 289, 310
Henri Matisse 138
Gordon Matta-Clark 107-108/108, 109, 163, 198
Fritz Mauthner 168-169
Paul McCarthy 66, 91, 98, 101, 103,104-105/105,
107, 242, 243-245, 263
Thomas McEvilley 248
Shirley McLaine 40
Bruce McLean 201, 203/203, 220, 221, 246
Marshall McLuhans 304
David Medalla 201, 203, 213/213-214, 216, 222,
225
Cildo Meireles 217-218/218
Ana Mendieta 77
Maurice Merleau-Ponty 255
Mario Merz 53
Gustav Metzger 55, 57, 77, 84, 88/88, 184, 201,
227, 272/272-273/273, 275, 279, 281
Annette Michelson 250
Tomio Miki 149
Dorothee Miller 57,161
Marta Minujin 201,211,212
Joan Mirö 161
Yukio Mishima 141
Tatsuo Miyajima 27
Jan MIcoch 302, 303, 304, 306
Modernismus 17
Andreij Monastyrskij 167,190,192
Piet Mondrian 126, 161, 204, 207
Claude Monet 255
Meredith Monk 90
Linda Montane 258, 259, 272
Henry Moore 90
Charlotte Moorman 75, 236
Jacob Moreno 245
Yasumasa Morimura 157
ShiryuMorita 122-123,129
Robert Morris 88,89,163,255,286
Moskauer Romantischer Konzeptualismus 166-167
Robert Motherweli 162
Sadamasa Motonaga 123, 126, 130, 131, 147
W. A. Mozart 270
Otto Mühl 84, 86-87, 105, 175-176, 180-183/183,
184-185, 190, 244-245, 274, 290
Edwin Mullins 55
Alexandra Munroe 77
Saburö Murakami 27, 28/28-29, 47, 66, 77,
123/123-125/125, 126, 129/129, 146-147,
154/154, 237-238
Robert Musil 168-169
Yusuke Nakahara 151
Natsuyuki Nakanishi 77, 139,140, 141-142, 151,
153, 155
Hans Namuth 18-21, 24, 36, 229, 283, 286-287,
290
Bruce Nauman 88, 90-91/90-91, 92, 162-163
Paul Neagu 201, 203, 326-327, 326-328, 329
Neo-Dada 21,72
Neo-Dadaism Organizers 140-142,150-151,
153, 155
Joshua Neustein 316-317/317, 318/318-319
Barnett Newman 161-163
New York School 17,19, 24, 66, 84, 160-161,
164, 175
Nildo 208
Hermann Nitsch 84, 85, 170, 175-176/176, 177,
183, 185, 188, 189, 190, 244, 274, 281, 290, 293
Kenneth Noland 163
Nouveaux Realistes, -me 18, 25, 31-46, 49, 53,
72, 78, 84, 94,172,255
Jeff Nuttall 241
Kathy O'Dell 261
Brian O’Doherty 247-248
Helio Oiticica 58, 198, 199, 201, 203-204,
206/206-207/207, 211, 216-218, 225
Claes Oldenburg 38, 58, 63, 66/66-69, 68-69,
71-72, 78, 162, 253, 315
Pauline Oiiveros 266
Ongaku 141
Yoko Ono 28, 75, 7^77177, 84, 88, 245, 258,
272, 274, 278/278
Luigi Ontani 263
Dennis Oppenheim 246
Meret Oppenheim 253
Sandra Orgel 260
Orlan 99,241,256,271,272,296-297
Genesis P-Orridge 270
Raphael Montanez Ortiz 21, 80, 84, 238,
244/244-245, 274
Fred Orton 286
Hannah O’Shea 221
Paul Overy 222
Jifi Padrta 302
Nam June Paik 21, 44, 72, 74-75/75, 78, 80,
83, 101,277
Blinky Palermo 192
Gina Pane 36, 77, 91, 99/99, 107, 261, 272
Nikola Panitkov 167
Lygia Pape 198, 201, 204, 208/208-209, 217
Rosa Parks 228
Haig Paul 265
Steve Paxton 46
Nick Payne 221
Mario Pedrosa 204
Michael Peppe 245-246
Benjamin Peret 253
Peggy Phelan 235
Francis Picabia 273
Eil Picard 238
Pablo Picasso 161
Pink Floyd 281
Giuseppe Pinot Gallizio 47, 48-49/49, 58,
24&-249, 250, 252
Adrian Piper 257, 258
Giovanni Battista Piranesi 273
Michelangelo PIstoletto 50,51-53
Plato 249
Sigmar Polke 192
Gisela Pollock 286
Jackson Pollock 16,18-19/19, 20-22,
24-25, 27-28, 31, 33, 36, 58-59, 77, 84, 107,
123, 133, 139, 145-149, 154, 161-165, 175,
225, 229-230, 283, 286-287, 290
Pop art 53, 72, 162-163, 197, 275, 310, 315
Richard Powell 265
Dmitrij Prigov 167
Aviva Rahmani 260
Arnulf Rainer 169,183
Yvonne Rainer 246, 249
Otto Rank 245
Robert Rauschenberg 21-22, 36, 39/39-40, 41,
43-44/44, 45, 46, 101, 139, 162, 234, 258, 275
Charles Ray 92
Man Ray 88, 253, 255, 273
Ronald Reagan 247
Soziaier Realismus 122, 139
Antonio Recalcati 252
Lou Reed 263
Carlyle Reedy 201,203/203,222
Steve Reich 109
Wilhelm Reich 84, 254
Terry Reilly 109
Ad Reinhardt 274
Pierre Restany 31,43,260
M. C. Richard 21
Nelly Richard 201,219
Klaus Rinke 192
Jacques Riviere 165
John Roberts 222
Perry Robinson 327
Jorge Roiger 274
Sergej Romaschko 167
Barbara Rose 20-21
Ulrike Rosenbach 271-272
Harold Rosenberg 19, 129, 148, 154, 287
Rachel Rosenthal 246, 263, 266
Martha Rosler 246, 260
A. Rossi 210
Dieter Roth 274
Moira Roth 266
MarkRothko 161-162
Jerry Rubin 238
Ralph Rugoff 101
Gerhard Rühm 169
Alma Ruiz 47
Frangoise Sagan 252
Zorka Säglovä 301-302/302
Edward E. Said 121
Niki de Saint Phalle 31, 39/39-40/40, 41, 44, 46,
259, 260
Lucas Samaras 263
Alan Saret 108
Jean-Paul Sartre 252
Elaine Scarry 272, 279
Mira Schendel 201
Egon Schiele 84,168-169
Alfons Schilling 174,175-176
Peter Schjeldahl 91
Moritz Schlick 168
Carolee Schneemann 6,162,238,250,
253/253, 255, 270-271, 278, 293-295/295,
296/296-297, 315
Rebecca Schneider 296
Arnold Schönberg 72,168
364
Mira Schor 255, 266, 286-287
Rudolf Schwarzkogler 84, 98, 175-176, 183,
186-188/188, 190, 244, 290, 291-292, 293
Kurt Schwitters 55, 164, 234
George Segal 162
William C. Seitz 53
Peter Selz 273
Richard Serra 21,163
William Shakespeare 198
Miriam Shapiro 269
John Sharkey 84, 275, 281
Willoughby Sharp 246
BonnieSherk 266,319/319,321
Shözö Shimamoto 18, 24/24-25, 27-29, 40, 122,
126, 129/129, 131, 133, 135, 145-147/147, 150
Ushlo Shinohara 139-141, 148-149/149,
150-151, 154
Kazuo Shlraga 21,25/25-26, 27, 57, 103, 120,
123-126/126, 129/129, 131/131, 136-137,
145-147/147, 150, 153-154, 234, 237-238
Harry Shunk 36
Katharina Sieverding 263
Simondo 250
Situationismus 184
Barbara T. Smith 77, 105, 254, 256, 266
Owen F. Smith 71
Robert Smithson 163
Alan Solomon 46
Keith Sonnier 163
Ettore Sottsass 250
Daniel Spoerri 31,40,42-43/43,46,72
Annie Sprinkle 297
Maria Stangret 311
Rudolf Steiner 191
Stelarc (Stelios Arcadiou) 324-325, 326
Frank Stella 46,163
Petr Stembera 304/304-306, 306
Nick Stewart 221
Sidra Stich 33
Kristine Stiles 71,78
Clyfford Still 161-162,287-288
Karlheinz Stockhausen 72, 75
Igor Stravinsky 51
YasuoSumi 131
David Summers 249
Suprematismus 165,167,273
Surreaiismus, -ten 146-147, 161-162, 188, 234,
253-255
Sonja Svecovä 299
Tachismus 84,164
Jirö Takamatsu 71-IS, 142, 143, 151, 155
Shuzo Takiguchi 139,150-151
T. Vassilakis Takis 203
Hara Tamiki 237
AtsukoTanaka 29/29, 107, 123, 126, 127-128, 131,
148
Michel Tapie 25, 131 -133, 138, 147-150, 288
AntoniTäpies 133,304
James Tenney 271
Shuji Terayama 142
Mark Thompson 320-321 /321, 322
Jean Tinguely 27, 31, 36, 38/38-39/39, 40, 44, 46,
49, 55, 57, 273
Jean Toche 238
Rasa Todosijevic 306, 307
YasunaoTone 141
Yoshiaki Tono 151
Silvia Torras 274
Georg Trakl 168-169
Kerry Trengove 221, 223/223
Jan Trtilek 299
Waichi Tsutaka 122
David Tudor 21,39,75
James Turrell 109
Yozo Ukita 124
Ulay (Uwe F, Laysiepen) 99, 101/101-103, 107,
231,233,263
Per Oiof Ultvedt 46
Raoul Vaneigem 250
Regina Vater 201
Ben Vautier 38, 71/71-72/72, 73
Katherine Verdery 309-310
Jules Verne 273
Wolf Vostell 72, 78, 79, 80, 84, 165, 211,
274/274-277/277, 278, 299
John E. Walker 53, 55
Franz Erhard Walther 192-193/192-193
Lula Wanderley 225
Andy Warhol 31, 162, 166
Robert Watts 277
Anton von Webern 168
Peter Weibel 24, 77, 158, 170-171, 172, 175,
183-184, 190, 192, 266, 274
Susan Weil 36
Luis Alberto Wells 274
Franz West 172-173, 175, 183, 192
Robert Whitman 58, 66
Oswald Wiener 169-170, 172, 183-184, 190
Wiener Aktionisten, -mus 18, 21, 25, 36, 66, 84-88,
105, 165, 167-190, 244, 289-290
Wiener Gruppe 169-170,172,175,183
Wiener Kreis 168
Wiener Schule 168
Faith Wilding 246
Hannah Wilke 296, 297
Reese Williams 322
Martha Wilson 246
Richard Wilson 221
Ludwig Wittgenstein 168-169, 230-231
Robert Wittmann 299
Wols 164-165,170,310
Virginia Woolf 271
Hiroshi Yamazaki 126
Tsuruko Yamazaki 122, 124, 131, 148
Yukinori Yanagi 27
FrancesYates 198
Yomiuri independent Ausstellungen 121,138-142,
145, 149-151, 153-155, 157
Toshio Yoshida 129
Jirö Yoshihara 25, 121-131, 138-139, 145-148, 237
MIchio Yoshihara 122,124
Masunobu Yoshimura 138, 139, 141, 150, 155, 156
La Monte Young 24, 46, 58, 75, 101
Li Yuan-chia 201
Zero 123,237
Zero Dimension 141,142
Sylvia Ziranek 222
Zdenka Zizkova 299
365
Bildnachweis
Falls nachstehend nicht anders angegeben, wurden
Abbildungen mit freundlicher Genehmigung
der Personen oder Institutionen, die in den Bild -
beschriftungen genannt sind, abgedruckt.
Gerald Zugmann / MAK, S. 8; Hans Namuth, S. 16;
Geoffrey Clements, New York ©/Photograph Copy -
right © 1997; Whitney Museum of American Art,
New York, S. 22; The Ashiya City Museum of Art
and History, S. 25, 29 unten; Museum of Contem -
porary Art, Tokio, S. 27; © Yves Klein Archives,
S. 32 oben links und rechts; Courtesy Danese, New
York, S. 35; © Museum Jean Tinguely Basel und
Christian Baur, S. 38 unten links; Hickey & Robert -
son, Houston, S.38 oben; Michel Boulet/Frangois
Bastien/Canadien Centre forArchitecture, Montreal,
S. 38 unten rechts; Harry Shunk, S. 39 unten, S. 41
alle; Laurent Condominas, S. 40; Patrick Goetelen,
Genf, S. 42 oben; Squidds & Nunns, S. 45 oben,
S.68 oben; Werner Zelllen, Berlin, S.46, 81 unten;
Giovanni Ricci, Courtesy Archive Opera Piero
Manzoni, S.48 unten; © 1998 The Museum of
Modern Art, New York, S. 48 unten rechts, S. 56, 64
unten; Serpentine Gallery, London, S. 48 oben links;
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Winters, London, S. 53; Sue Ormerod, S. 54 Mitte;
John Charley, S. 54 unten; Ken Heyman, S. 60;
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alle, S. 66 alle, S. 69 rechts; © Douglas M. Parker
Studio, S. 68 unten, S. 69 links; Brian Forrest,
S. 73 alle; Dennis Murphy, S. 76 oben; George
Maciunas/Courtesy AG Gallery, New York, S. 76
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partida, S. 79 alle; Jennifer Kotter, S. 81 oben links;
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New York, S. 70 links; Marc Freidus, S. 82 oben;
Ludwig Hoffenreich, S. 86; © Solomon R, Guggen -
heim Foundation, New York (LN 164.90), S. 89;
Electronic Art Intermix, S. 91; Ben Blackwell, S. 92,
112 oben; John Wall, S. 93 unten; Visions West,
S. 93 oben; Susan Einstein, S. 98; Michael Shen,
High Performance Archive, S.84; Frangoise
Massen, S.99 oben; Sean Kelly Gallery, New York,
S.103; Gordon Matta-Clark Trust, S.108; Gianfranco
Gorgoni, New York, S.110 unten, 111,113.
The Ashiya City Museum of Art and History,
S.120, 122, 123, 125,126 alle, 127, 129 alle, 130
oben, 131, 132 oben, 142 links, 144 oben, 144
unten (Photo; Minoru Hirata), 146,147,154; Makiko
Murakami, S.123; Takamatsu City Museum of Art,
S.128; Allan Kaprow, S.130 unten; Helmut Metzner,
S.136; Museum of Contemporary Art, Tokio, S.140
beide; Fukuoka Art Museum, S.138, 149 (Photo:
Kenji Ishiguro), 156 (Photo: Takeo Ishimatsu);
Akiharu Meiji Fujikura, S.148; Photo: Nakatani
Tadao/Courtesy Tatsumi Hijikata Memorial
Archives/Theater Asbestos, S.142 rechts; Photo:
Genpei Akasegawa/Courtesy Jirö Takamatsu und
Museum of Modern Art, Tokio, S.142 Mitte und
unten; Nagoya City Art Museum, S.151; Takahiro
limura, S.144 oben; Jirö Takamatsu und Akira Ikeda
Gallery, Tokio, S.142 oben; Tokuji Murata, S.145;
Kazuo Shiraga, S.147 links; Hajime Sawatari,
S.141 alle.
Josef Tandl, S.158; Werner Schulz, S.169 rechts;
Heidi Hasieber, S.172 alle, 173 alle; Ludwig
Hoffenreich, S.177 Serie unten, 179 unten rechts,
180, 181, 183 links, 187 oben, 189 oben rechts;
Michael Tropea, S.185,186 unten; © Galerie
Stampa, Basel, S.194; F. Cibulka, S.177 oben;
Haus Sohm, S.182 unten; Emmanuel Ammon,
S.192; Peter Duerr, S.193.
Estate of Lygia Clark, S.198, 199 links, 205, 206
links, 207; Desdemone Bardin, S.199 rechts, 206
rechts; Hubert Josse, S. 205; Andrew Forrest,
S.214 unten; Jane England, S. 214 oben; Galeria
Cohn Edelstein, Rio de Janeiro, S.217 alle;
Mercedes Casanegra, S. 211 rechts; J. S. Lewinsky,
S.211 links; Anthony d’Offay Gallery, London,
S.222.
© 1998 The Museum of Modern Art, New York,
S. 226; Sean Kelly Gallery, New York, S. 231;
Timothy Feresten, New York, S. 232; © Ka Kwong
Hui, S.238, 257; Scott Hyde, S. 247; Galleria
Martano, Turin, S. 248 links, 249 alle; Serge
Veignant, S. 251 alle, 252 rechts; Courtesy Paula
Cooper Gallery © 1974 Photo: Arthur Gordon,
S.254 oben; Minnette Lehmann, S. 258 links;
© Harry Shunk, New York, S. 259 alle;
Marin Karras, S. 261; J. Wayne Higgs, S. 264,
Werner Schulz, S. 266; Peter Hummel, S. 267 oben;
© C.T.I., S. 268-69 alle; High Performance Archive,
Los Angeles, S. 271 unten; Happening Archiv,
Malpartida, S. 274, 275 links, 276, 277; Minoru
Nuzuma, S.278; George Maciunas. Courtesy Gilbert
and Lila Silverman Fluxus Collection Foundation,
S. 279; Brian Forrest, S. 280-81; The Ashiya City
Museum of Art and History, S.289; Ludwig
Hoffenreich, S.291 alle, 292 alle; David Sundberg,
S. 293; Errö, S. 294 alle, 295 alle; Lisa Kahane,
S. 296 rechts; Eustachy Kossakowski, S. 311;
© Ronald Maker a.k.a, Ronald Miglionico, S. 312,
314 alle; Vicente Saval, S. 319 unten; Nina Kuo,
S.324 oben; M. Kitagawa, S. 324 unten;
Tony Figallo, S. 325; Jane Chisholm, S. 326 rechts;
Anne Goring, 327 links; D. Hilton, S. 328.
© 1998 für die abgebildeten Werke von Martina
Abramovic, Lynda Benglis, Joseph Beuys, John
Duncan, Valie Export, Jochen Gerz, Red Grooms,
Rebecca Horn, Jasper Johns, Yves Klein, Milan
Knizäk, Piero Manzoni, Robert Morris, Bruce
Nauman, Hermann Nitsch, Jackson Pollock, Robert
Rauschenberg, Nike de Saint Phalle, Barbara T.
Smith, Daniel Spoerri, Jean Tinguely, Ben Vautier,
Wolf Vostell und Franz Erhard Walther bei VG Bild-
Kunst, Bonn, sowie bei den Künstlern oder ihren
Rechtsnachfolgern
366
Leihgeber
Institutionen
Arts Council Collection, Hayward Gallery, London
The Ashiya City Museum of Art & History
Greenville County Museum of Art
Solomon R. Guggenheim Museum, New York
Hyogo Prefectural Museum of Modern Art, Kobe
Louisiana Museum of Modern Art, Humlebaek,
Dänemark
MAK - Österreichisches Museum für angewandte
Kunst, Wien
Museum of Contemporary Art, Tokio
The Museum of Modem Art, New York
Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien
Nagoya City Museum
Staatsgalerie Stuttgart, Archiv Sohm
Takamatsu City Museum of Art
Tate Gallery, London
Toyota Municipal Museum of Art
University of California, Berkeley Art Museum
Wexner Center for the Arts, The Ohio State University
Whitney Museum of American Art, New York
Künstler, Sammler und Stiftungen
Marina Abramovic
Vito Acconci
Genpei Akasegawa
Laurie Anderson
Eleanor Antin
Rasheed Araeen
Mowry Baden
Artur Barrio
Alberto Bassi
Gerard Beaufour
Oie Bjornsdal Archiv, Dänemark
Block Collection
Mark Boyle und Joan Hills
Alexander Brauer
Stuart Brisley
Robert Delford Brown
Günter Brus
Chris Bürden
Mercedes Casanegra
Richard Casteilane, Esq.
Shashi Caudill und Alan Cravitz
Lygia Clark Estate
William Claxton
Pinchas Cohen Gan
Guy de Cointet Estate
Houston Conwill
W, L. Conwill und E V. Harrison
Archiv Conz, Verona
Paul Cotton
Jane Crawford und Gordon Matta-Clark Estate
Jim Dine
John Duncan
Felipe Ehrenberg
Thomas Erben
Roberto Evangelista
Valie Export
Sante Falconer
Wolfgang Feelisch
Frayda und Ronald Feldman
Robert Filliou Estate
Rose Finn-Kelcey
Sherman Fleming
Fondazione Lucio Fontana, Mailand
Arnold und Marie Forde
Terry Fox
Howard Fried
Barry Friedman
Sammlung Friedrichshof, Zurndorf
Gideon Gechtman
Jochen Gerz
Eva Geyer
The Carol and Arthur Goldberg Collection
Alberto Greco Estate
Ion Grigorescu
Victor Grippo
Bibbe Hansen
Maren Hassinger
Eleonore Hendricks
Jon und Joanne Hendricks
Lynn Hershman
Hess Collection
Susan Hiller
Sammlung Hoffmann
A. C. Hudgins
Julius Hummel
Jasper Johns
Kim Jones
Donald Judd Estate
Allan Kaprow
Mike Kelley
Jürgen Klauke
Yves Klein Archive
Milan Knizäk
Alison Knowles
Eustachy Kossakowski
Jannis Kounellis
Yayoi Kusama
Suzanne Lacy
Phyllis Lambert
John Latham
Uwe Laysiepen
Jean-Jaques Lebel
Lea Lublin
Gino di Maggio, Fondazione Mudima, Mailand
Ronald Maker
Leopolde Maler
Archivo Opera Piero Manzoni
Anne Marchand und Estate of Gina Pane
Tom Marion!
Cusi Masuda
Georges Mathieu
Paul McCarthy
Robert McElroy
Bruce McLean
Cildo Meireles
Gustav Metzger
Jaques Miege
Marta Minujin
Jan MIcoch
Andrej Monastyrskij
Linda Montano
Makiko Murakami
Natsuyuki Nakanishi
Peter Namuth und Hans Namuth Estate
Bruce Nauman
Paul Neagu
Senga Nengudi
Joshua Neustein
Hermann Nitsch
Projeto Hello Oiticica, Rio de Janeiro
Claes Oldenburg und Coosje van Brüggen
Reinhard Onnasch
Yoko Ono
Orlan
Raphael Montahez Ortiz
Lorenzo Pace
Lygia Pape
Tom Patchett
Hubert Peeters
Adrian Piper
Michelangelo Pistoletto
William Pope L.
Alison Radovanovic und Kerry Trengove Estate
Agnes und Jean-Pierre Rammant
Robert Rauschenberg
Carlyle Reedy
Klaus Rinke
Sergej Romaschko
Ulrike Rosenbach
Hans Ruepp
Lia Rumma
Zorka Säglovä
Niki de Saint Phalle
Vanni Scheiwiller
Alfons Schilling
Carolee Schneemann
Bonnie Sherk
Ushio Shinohara
Kazuo Shiraga
Harry Shunk
Gilbert and Lila Silverman Collection
Gilbert and Harry Silverman Fluxus Collection
Foundation
Barbara T. Smith
Sonnabend Sundell/Methodact Ltd.
Rainer Speck Sammlung, Köln
Stelarc
Petr Stembera
Jirö Takamatsu
Atsuko Tanaka
Fundaciö AntoniTäpies, Barcelona
Tatsumi Hijikata Memorial Archives, Theatre Asbestes
Mark Thompson
Rasa Todosijevic
Cosey Fanni Tutti
Dorine Van der Klei
Daniel Varenne
Ben Vautier
Wolf Vostell Estate
Franz Erhard Walther
Julian Wasser
Peter Weibel
Franz West
Estate of Hannah Wilke
Emmett Williams
Galerien
Gallery Paule Anglim, San Francisco
Galerie Bugdahn und Kaimer, Düsseldorf
Galeria Cohn Edelstein, Rio de Janeiro
Galerie Chantal Crousel, Paris
Anne de Villepoix, Paris
Anthony d’Offray Gallery, London
Thomas Erben Gallery, New York
Ronald Feldmann Fine Arts, New York
Lance Fung Gallery, New York
Gagosian Gallery, New York
Barbara Gladstone Gallery, New York
Galerie der Hauptstadt Prag, Prag
Hulton Getty Picture Gallery, London
Akira Ikeda Gallery, Tokio
Sean Kelly, New York
Galerie Rudolf Kicken, Köln
Galerie Krinzinger, Wien
Lelong Gallery, New York
Galleria Martano, Turin
Robert Miller Gallery, New York
Galerie Nelson, Paris
Galerie Georg Nothelfer, Berlin
Margarete Boeder Gallery, New York
Wendy Shafir Gallery, New York
Sonnabend Gallery, New York
Galleria Christian Stein, Mailand
John Weber Gallery, New York
Galerie Michael Werner, Köln & New York
David Zwirner Gallery, New York
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Prachtvolle Landschaften.
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