Seite 6. Nr. 1. Wh Neubauten und Concurrenzen in Oesterreich und Ungarn. Spital an Stelle des aufzulassenden St. Rochus-Spitales , ferner einige an dere Krankenanstalten, Universitätsgebäude und — last not least — die grosse Zahl der Pavillons für die Millenniums-Ausstellung, von denen mehrere wahrhaft monumental gedacht sind. Budapest, im November 1894. G ... . Aus Prag. Indem ich mir Vorbehalte, auf die in Prag herrschende Bauthätigkeit in Bälde ausführlich zurückzukommen, sei es mir vorläufig gestattet, auf den sich immer kräftiger bemerkbar machenden Wunsch zu verweisen, die Anlage der Neubauten und die damit im Zusammenhang stehende Umgestaltung der Stadt nach einem einheitlichen Regulirungs plane ausgeführt zu sehen. Dass aber dieser Plan nicht blos nach dem Amtsschimmel, sondern von feinfühligen Künstlern verfasst werde, wäre bei einer Stadt, die das Glück hatte, eine so glänzende Bauepoche durch zumachen , wie Prag in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, be sonders zu ersehnen. Der Geist der Dientzenhofer und ihrer Zeitgenossen ist in der auch noch durch eine unvergleichliche Lage begnadeten Haupt stadt Böhmens noch auf Schritt und Tritt wahrnehmbar — was aber daran Alles gesündigt wurde, ist geradezu beschämend. Die Erkenntniss, dass das Neue nicht auf Kosten des Alten und im Gegensätze zu ihm, sondern nur neben und in gutem stylistischen Einvernehmen mit ihm ge deihen könne, bricht sich auch bei den meist betheiligten Factoren, den Architekten, Bahn. Eine jüngst im böhmischen Ingenieur- und Architekten verein stattgehabte Discussion und die dabei zum Ausdrucke gelangten Ansichten lassen bei einem Wettbewerbe für die Neugestaltung Prags, die auch aus Verkehrsrücksichten vielfach wünschenswerth wäre, ganz vortreffliche Projecte heimischer Künstler erhoffen. Prag, im November 1894. O... . Architekt Karl Mayreder, Professor an der k. k. technischen Hoch schule in Wien, ist vom Wiener Stadtrath zum Vorstande der neu ge gründeten Abtheilung des städtischen Bauamtes ernannt worden, deren derzeitige Aufgabe das Studium aller jetzt in Frage kommenden Strassen- regulirungen vom ästhetisch-architektonischen Standpunkte, deren letzte Aufgabe aber die Herstellung des Entwurfes des officiellen Generalbau linienplanes ist, und zwar auf Grund der preisgekrönten Projecte des statt gehabten Wettbewerbes. Die Aufgabe ist eine grosse und es ist mit wahrer Freude zu begrüssen, dass an die Spitze dieser neuen Abtheilung ein Mann berufen wurde, der durch seine preisgekrönten Regulirungsprojecte das tiefste Verständniss für die Sache bewiesen, zugleich aber als Archi tekt genügende Proben seines feinen Gefühls und bedeutenden Könnens gegeben hat. Hoffentlich wird der neue Stadtarchitekt stark genug sein, um seinen grossen Ideen allen Kleinlichkeiten zum Trotz zum Siege zu verhelfen. Die Schaffung der neuen Würde ist übrigens geeignet, auch vom Standpunkte des Standesinteresses aus lebhaft zu befriedigen. Es fehlte auch bisher nicht an Architekten in staatlichen und städtischen Diensten; allein die Anstellung war nur mit einem sacrificio del intelletto zu erkaufen; denn auch die Architekten führen in Staats- und städtischen Diensten den Titel Ingenieur. Professor Mayreder ist — unseres Wissens nach — der erste Fachgenosse, der als Architekt in Oesterreich ein öffentliches Amt erhielt. Ueber die zulässige Verbauung von Grundstücken in Städten. In dem Entwürfe für eine neue Bauordnung für Wien, welchen das Stadt bauamt dem Stadtrathe vorgelegt hat und ebenso in dem Entwürfe des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines wird im Allgemeinen die zulässige Haushöhe von der Strassenbreite, respective die Breite des Hofes von der Gebäudehöhe abhängig gemacht, wobei die gestattete An zahl der Stockwerke sich nach der Zone richtet, in der das Gebäude steht. Abstände der Aussenmauem sind also für die Ausnützung der Bauplätze massgebend. Bei vielen städtischen Bauordnungen, besonders den älteren, ist die Flächenregel gebräuchlich, welche vorschreibt, dass nur ein bestimmter Theil der Grundstückflächen bebaut werden dürfe. Selbstverständlich erleiden diese allgemeinen Grundsätze in vielen Bau ordnungen mannigfache Modificationen und finden manchmal beide gleich zeitig Anwendung. Oberbaurath Rettig, Vorstand des Münchener Stadtbau amtes, hat dem Ausschuss für die Verbesserung der Bauordnung von München eine Denkschrift unterbreitet, in welcher eine neue Methode empfohlen wird, nämlich die, den grössten Rauminhalt zu bestimmen, welchen ein auf einem Bauplatz zu errichtendes Gebäude haben dürfe. Hierzu wird die Fläche des Grundstückes und jene des vorliegenden Strassentheiles bis zu einer Maximalstrassenbreite von 22 m addirt und mit einer fest gesetzten Zahl, den »Höhenmetern«, multiplicirt. Der so berechnete Raum inhalt ist der grösste, den die bewohnbaren Räume des Gebäudes zu sammen haben dürfen. Für die Vertheilung des so berechneten Raum inhaltes auf das Haus sammt Nebengebäuden sind solche Bedingungen massgebend, dass feuerpolizeiliche und gesundheitliche Rücksichten gewahrt werden. Auch wird die Maximalhöhe der Gebäude zur Strassenbreite in ein bestimmtes Verhältniss gesetzt, während die Wahrung der vor erwähnten Rücksichten dem Ermessen der Baupolizei überlassen bleibt. Sowohl die Neuheit der Idee, als der ausgezeichnete Ruf, den Oberbaurath Rettig als Fachmann in städtischen Baufragen geniesst, lassen seinen Vor schlag umso beachtenswerther erscheinen, als ähnliche Anregungen in letzter Zeit auch von anderer fachmännischer Seite gegeben wurden. Der Vorstand des Verbandes der deutschen Architekten- und Ingenieurvereine macht bekannt, dass der nächste Abgeordnetentag in Schwerin, die grosse Wanderversammlung des Jahres 1896 aber in Berlin erfolgt. Nachdem die Architekten seit 1874 dort nicht mehr getagt haben, werden seitens des Architektenvereins, wie seitens der Vereini gung Berliner Architekten bedeutende Vorbereitungen getroffen werden. An den beiden stattlichen Bänden des als Festschrift bestimmten Werkes »Berlin und seine Bauten« sind jetzt bereits siebzig bekannte Architekten und Ingenieure unter Oberleitung des Oberbaudirectors Wiebe und der Redacteure Borrmann und Eger durch Mitarbeit betheiligt. Nachdem neuerdings mit amerikanischen und englischen Vereinen Beziehungen zu dem deutschen Verband angeknüpft wurden, darf erwartet werden, dass die Wanderversammlung von 1896 ebenso wie der erste Architektentag in Leipzig im Jahre 1842 einen mehr internationalen Charakter tragen wird. Dieses Büffet, von dem Architekten Rudolf Krieghammer, gegen wärtig fürsterzbischöflicher Haus- und Domänen-Architekt in Kremsier, entworfen und vom Bildhauer Kästner, Professor an der Kunstgewerbe schule in Prag, geschnitzt, bildet einen Theil der Einrichtung des vom genannten Architekten erbauten Ruperti-Hauses in Heiligenblut, am Fusse des Grossglockners. Das Haus selbst lehnt sich in seiner Bauart an die alten tirolischen Bauernhäuser an. Die gesammte Einrichtung, von dem Bauleiter im Vereine mit dem genannten Bildhauer ausgeführt, kann den besten alten Holzschnitzereien an die Seite gestellt werden, weil sich in ihnen ein in modernen Kunstgewerbe - Erzeugnissen nicht immer vor handenes Stylgefühl zeigt. Eine eiserne Kirche ist das bedeutendste der jüngsten Erzeugnisse des Eisenconstructionswerkes von R. Rh. Waagner in Wien. Das Eisen ist hierbei nicht blos als Gerippe verwendet, sondern auch die dasselbe füllenden Wände sind aus starkem Eisenblech hergestellt, während die reichen Ornamente aus Gusseisen verfertigt sind. Ebenso sind Gewölbe, Dachsparren und Dacheindeckung aus Eisen. Das Gebäude ist für die bulgarische Gemeinde in Constantinopel bestimmt und von dem dortigen Architekten J. Aznavour entworfen. Es hat die übliche Form griechisch orientalischer Kirchen: drei Schiffe werden von einem Querschiffe durch kreuzt, an welches sich eine halbkreisförmige Apsis anschliesst und ist im byzantinischen Style gehalten. Die Breite der Kirche beträgt 17 m, die Gesammtlänge nahezu 32 m, die Höhe des über dem Hauptportal sich erhebenden quadratischen Thurmes, welcher in eine zwölfeckige Kuppel übergeht, ist 29 m. Auch die innere Verkleidung, die ursprünglich in farbigen Fayence-Platten hätte ausgeführt werden sollen, wird nun mehr in Gusseisen hergestellt. Das Gebäude ist gegenwärtig im Werkstätten hof der ausführenden Firma in Meidling behufs vollkommener Bearbeitung und Zusammenpassung aufgestellt und wird demnächst nach seinem Bestimmungsort transportirt, um dort auf das bereits fertiggestellte Funda ment gestellt zu werden. Das neue bayerische Nationalmuseum. Das jetzige National museum an der Maximilianstrasse zu München, nächst dem Kensington- Museum in London das bedeutendste Museum seiner Art, war auf Befehl Max’ II. in den acht Jahren von 1858—1866 erbaut worden. Allmälig wurden immer häufiger Ausbesserungen nothwendig. Zudem kam fast die Hälfte der Sammlungen wegen Platzmangels nicht völlig zur Geltung. Nachdem am 5. März 1892 im bayerischen Landtag zum ersten Mal ein Neubau angeregt worden war, wurden schon am 17. Mai die hierfür be- nöthigten, allerdings mit insgesammt 4,800.000 Mark etwas knapp be messenen Mittel in ihrer ersten Rate bewilligt. Es erregte einige Tadels kundgebungen in Architektenkreisen, als man keinen freien Wett bewerb ausschrieb und im September 1893 blos drei Entwürfe ein gereicht wurden, die von den Professoren Hauberisser, Romeis und Seidl herrührten. Der vom Cultusministerium eingesetzte Ausschuss entschied sich für den Plan von Prof. Gabriel Seidl, der inzwischen noch einmal umgearbeitet und alsdann endgiltig angenommen worden ist. Der erste Spatenstich erfolgte am 30. October d. J. Unlängst legte der Regent in feierlichster Weise den Grundstein. Nach blos vierjähriger Bauzeit soll im Juli 1898 der nicht sehr hohe, aber durch schöne Massverhältnisse wirkende, im Stil der deutschen Renaissance âus dem Anfang des 16. Jahrhunderts gehaltene Neubau fix und fertig an der neuen Prinz regentenstrasse dastehen. Da das neue Nationalmuseum eine ungefähr 9000 nA überbaute Fläche aufweisen wird, so handelt es sich jedenfalls um den bedeutendsten , seit den letzten Jahrzehnten in München unternommenen öffentlichen Neubau.