Seite 68. Neubauten und Concurrenzen in Oesterreich und Ungarn. Nr. 6. Wendung bei Profanbauten besonders geeignet erweisen. — Beim vorliegenden Beispiele bedingte schon die theilweise hinter das Nachbar gebäude hineingeschobene Lage des schmalen Grundstückes eine von der gewöhnlichen abweichende Lösung des Grundrisses wie der hagade. Es gelang dem Architekten, bei möglichster Sparsamkeit an horizontalen Gliederungen und einfachster Behandlung der Mauerflächen durch bewegte Silhouette der Dachbekrönung und mannigfaltigst gestalteten farbigen Friesmustern der Fagade eine höchst malerische per- spectivische Wirkung zu verleihen. Das Haus enthält im Parterre zwei Geschäftslocale und drei Wohnungen, im ersten, zweiten und dritten Stock je drei Wohnungen; im rechten Flügel der vierten Etage befindet sich eine Wohnung und im Mitteltracte die Baukanzlei des Architekten, während der linke Gebäudeflügel zur Unterbringung der Waschküche, der Rollkammer und der Trockenböden bestimmt ist. Das flache Holzcementdach ist gegen die Strasse hin durch eine zinnengekrönte Attika maskirt; am Dache selbst, von wo sich eine wunder schöne Aussicht über die ganze Stadt darbietet, beabsichtigt Herr yaumann einen Garten anzulegen und den kleinen Fachwerkaufbau über dem Mitteltracte dazu als Garten-, resp. Aussichtshäuschen beizuziehen. — Die Baukosten des Hauses beliefen sich auf rund 145.000 Gulden. V. Tafel 45. Entwurf einer katholischen Kirche in Budapest-Steinbruch. Architekt: Edmund Lechner in Budapest. Beiliegende Abbildung stellt einen interessanten Versuch zur Anwendung byzantinischer Formen im Rahmen moderner Con- structionsweise dar. Das Gerippe des Baues ist nämlich aus Eisen gedacht, die Fächer sollten mit Monier-Füllungen versehen werden; als äussere Wandverkleidung war Pyro- granit (eine äusserst hart gebrannte Abart des Majolika aus der Fünfkirchener Fabrik des Herrn Zsolnay), als innere Verkleidung Majolika vorgeschlagen. Für die Eisen- construction waren 60.000 fl., für die Aussenverkleidung 140.000 fl., für die Innen verkleidung 100.000 fl. und für die innere Einrichtung 50.000 fl. präliminirt. — Nachdem diese Constructionsweise in Folge ihrer Neuheit bei den conservativ denkenden Stadt behörden keinen Anklang gefunden, musste Herr Lech?ier einen neuen Plan entwerfen, welcher auch dann zur Ausführung angenommen wurde, und dessen Veröffentlichung wir uns für eine unserer späteren Nummern Vorbehalten. Tafel 46, 47 und 48: Villa der Frau Gräfin Anna von Ferri in Graz, Architekt Baurath Alexander v. Wilemans in Wien. Der allen Grazern wohlbekannte Koch’sche Garten im nordöstlichen Theile des Stadtgebietes von Graz gelegen, ging 1889 in den Besitz der Frau Gräfin Anna von Ferri über, welche in demselben die Villa nebst den zugehörigen Nebengebäuden, als Portierhaus mit Gitterthor, Stallgebäude (inclusive der Adaptirung eines vorhandenen Meierhofgebäudes und Glashauses) nach den Plänen und unter Leitung des Architekten Baurathes Alexander v. Wilemans aufführen Hess. Der im Grazer Hügellande malerisch gelegene circa. 14 Joch grosse, mit alten Waldbeständen, Wiesengeländen und einem Teiche versehene Besitz gibt von seinem höher gelegenen Theile eine präch tige Aussicht auf Graz, den malerischen Schlossberg inmitten des Bildes. Es wurde deshalb die Situation der Villa so gewählt, dass durch Er weiterung eines vorhandenen kleineren Plateaus der genügende horizon tale Raum erzielt, die Vorfahrt und Eingangshalle nach Norden, die Fenster der Wohnräume, der Aussicht wegen, nach Süden gelegt werden konnten. Durch das abfallende Terrain ergab sich die Anlage eines nach Grundriss. Süden und Westen auftretenden Untergeschosses (für Küche- und Dienerräume)' darüber ein nach Norden und Osten nahezu parterre liegendes Erd geschoss, beziehungsweise Hochparterre, dann ein erster Stock und Dachzimmer in den Giebeln. Das Parterregeschoss enthält Gesellschafts und Gastzimmer, das erste Stockwerk ist der Wohnung der Besitzerin gewidmet, Ueber der gedeckten Unterfahrt befindet sich eine Loggia Vom ersten Stockwerk, beziehungsweise von einem Podeste der Nebenstiege ist durch eine Brücke (Mauerbogen) ein Ausgang zu den höher gelegenen Theilen des Parkes gewonnen. Das Gebäude ist in Verputzbau mit Sgraffitto-Decoration und sichtbarem Holzsparrengesimse aus- gefuhrt. Die Sockel sind in Pacherer Granit hergestellt, die Säulchen und sonstige Steinarchitektur in Karstmarmor. — Sämmtliche Decken- constructionen sind feuersicher in Hönel’schen Falzziegelgewölben ausgeführt worden. Für die Halle, Stiegen und einen Theil der Wohn- raume ist eine Dampfniederdruckheizung, sonst Kachelofenheizung, eingerichtet worden. Die Hauptstiege ist in Eichenholz reich profilirt mit Dachboden. Parterre. I. Stock. Messing-Balustern in den Füllungen des Geländers ausgeführt worden. (NB. In den Zeichnungen der Grundrisse nicht eingetragen.) Das Vestibül und die Salons im Hochparterregeschoss erhielten reiche Stuckdecoration an den Plafonds, Die Speisezimmer aber cassetirte Holz- pflafonds. Das Speisezimmer im I. Stock erhielt ausserdem eine ca 2 m hohe Lambris, deren Füllungen mit carmoisinrothen Peluche über zogen sind, zur Aufnahme der keramischen Sammlung der Besitzerin. Die Parterrefenster, sowie die Brücke und die östliche Terrasse, welche ein vom I. Stockwerk aus zugängliches Zelt deckt, sind mit reichen schmiedeisernen Geländern, bezw. Gittern decorirt. Die Plafonds im Hauptstiegenhause sind in origineller Weise in einer Mischung von Holzconstruction und Stuckdecoration hergestellt worden, und zwar derart, dass die Gesimse und Cassettentheilungen in braun gebeiztem Holze, die Fonds der Cassetten aber von ornamentalen Stuckreliefs gebildet werden. Die Wandflächen des Stiegenhauses sind mit Gobelins decorirt. Die Fussböden im Vestibül und Stiegenhause sind in Mosaik, die hussböden der Wohnräume mit eichenen Brettelböden, mit Mahagoniaugen belegt. Verantwortlicher Redacteur: OSKAR MARMOREK.