1903 ARCHITEKTONISCHE MONATSHEFTE Heft 2 Architekt: Henry Sauvage in Paris, Villa des Herrn Majorelle in Nancy. — Zu Tafel 9. — Einfache Land- und Stadthäuser (Fortsetzung.) B azu gehört vor allem die Aufstellung eines reiflich durchdachten und vor Beginn des Bauens in allen Einzelheiten festgelegten Bauprogramms seitens des Bauherrn, in dem dieser und für die Gestaltung und Anordnung der Wirtschaftsräume die Hausfrau die zu erfüllenden Wünsche und Bedürfnisse klarlegen. Freilich ist es heutzutage fast eine Seltenheit, dass der Baufachmann vom Auftraggeber eine solche Darlegung in bestimmter Form erhält. Meist — auch bei hoch gebildeten und sonst äusserst umsichtigen Bauherren — ist eine klare Uebersicht des Gewollten erst allmählich und durch vieles Fragen und Ausholen zu erlangen. In den unteren Volksschichten, namentlich bei der Bevölkerung der Landstädte ist das halb unbewusste, auf althergebrachter praktischer Ueber- lieferung beruhende Gefühl für die erprobte zweckmässige Anordnung vielfach durch missverstandene oder unreife neue Ideen wesentlich beeinträchtigt. Sehr oft fehlt es überhaupt an Verständnis für praktische Fragen. Bleibt es demnach oft genug dem Baumeister völlig überlassen, so gut es geht die einander widerstreitenden Wünsche des Bauherrn nach Mög lichkeit in Einklang zu bringen, so ergibt sich daraus für ihn um so zwingender die Notwendigkeit, nicht nur geschäfts- mässig seine Bauregeln zu befolgen, sondern sich in die An- schauungs- und Lebensweise des Auftraggebers hineinzu denken, wenn anders er eine dessen Bedürfnisse wirklich be friedigende Lösung finden will. Von der Gewandtheit und Lebenserfahrung des Architekten wird es also auch sehr wesentlich abhängen, wie weit und mit welchem Kostenaufwande eine gegebene Disposition in die Wirklichkeit übersetzt wird. Eine solche Disposition muss unter Umständen, wenn sie vollständig sein und die zweckmässigste und sparsamste Einrichtung des Hauses anbahnen soll, sich bis auf die Ver teilung der vorhandenen Möbel und Teppiche erstrecken, so bald der Besitzer auf die Beibehaltung des vorhandenen Mobiliars Wert legt. Durch die Rücksicht auf die Unter bringung desselben können sich ja besondere Raumabmes sungen oder Fenster- und Thüranordnungen ergeben. Greifen wir auch hier nur einige Beispiele heraus. Eine vergleichende Betrachtung der Grundrisse kleiner Wohnungen lässt unschwer erkennen, welche überflüssige Verschwendung an Raum nur zu oft bei der Anlage der Eingänge, Flure und Treppen getrieben wird. Wie oft fehlt ein verständnisvolles Eingehen auf die Bedürfnisse der kleinen Haushaltungen, in denen mit wenig oder gar keinen Dienstboten gerechnet werden darf, wo es also darauf an- Architekt: Baurat Radke in Düsseldorf. 5 Weinrestaurant Düsseischlösschen in Düsseldorf. — Zu Tafel 11. —